V2 www.picozone.nl Die Aggregat 4 (A4) war die Typenbeseichnung der weltweit ersten voll funktionsfähigen Großrakete, die in Deutschland entwickelt und produziert wurde. Sie kam im Zweiten Weltkrieg zum Einsatz. Bekannt wurde diese Boden-Boden-Rakete unter dem ihr von Joseph Goebbels im Oktober 1944 gegebenen Propagandanamen Vergeltungswaffe 2, kurz V2; die Starteinheiten von Wehrmacht und SS nannten sie schlicht Das Gerät. Von der nationalsozialistischen Propaganda wurde gegen Ende des Zweiten Weltkrieges zusätzlich der Begriff Wunderwaffe geprägt. Oft wurde zunächst auch die Bezeichnung Geheimwaffe verwendet. Die Aggregat 4 wurde als ballistische Artillerie-Rakete großer Reichweite konzipiert und 1944/45 in großer Zahl eingesetzt. Die V2 konnten nur Sprengstoffmischungen verwendet werden, deren Zündtemperatur über 200 °C lag. AufBau Die A4-Rakete war 14 Meter hoch und hatte eine Masse von 13,5 Tonnen. Die einstufige Rakete bestand aus etwa 20.000 Einzelteilen. Der Rumpf (5) bestand aus Spanten und Stringern, die mit dünnem Stahlblech beplankt waren. Die Technik bestand aus vier Baugruppen: Spitze mit Gefechtskopf (1) Geräteteil mit Steuerung (2), (3) Mittelteil mit Alkoholtank (4) und Sauerstofftank (6) Heckteil mit Schubgerüst, Raketenmotor, Schubdüse, Strahlruder (16) und Luftrudern (17). Steuerung Für die Stabilisierung und Steuerung sorgte das Leitwerk mit den Luftrudern, welche aber erst bei höherer Geschwindigkeit wirkten. Kurz nach dem Start waren die direkt im Gasstrom liegenden vier Strahlruder aus Graphit für die Stabilisierung zuständig. Alle Ruder wurden von Servomotoren bewegt, die ihre Steuerinformationen von den Kreiselinstrumenten (Gyroskopen) im Geräteteil erhielten. Je ein Kreisel war für die Quer- und Seitenachse vorgesehen. Wenn die Rakete vom eingestellten Kurs abwich, wurde das von den Gyroskopen registriert und die Servomotoren der Strahlund Luftruder zur Korrektur des Kurses angesteuert. Die beim Start eingestellte Zeitschaltuhr Sprengstof Die etwa 738 kg Sprengstoff einer Amatol-Mischung waren in der Raketenspitze untergebracht. Da sich diese während des Flugs durch die Reibung aufheizte, Leistung. Der Dampf wurde durch die katalytische Zersetzung von Wasserstoffperoxid mittels Calciumpermanganat erzeugt. Zur Förderung des flüssigen Wasserstoffperoxids war komprimierter Stickstoff nötig, der in mehreren Druckbehältern mitgeführt wurde. Die Kreiselsteuerung und das präzise und daher sehr aufwändig zu fertigende Pumpenaggregat waren die beiden teuersten Bauteile der A4. Die Rakete erreichte nach einer Brenndauer von etwa 60 Sekunden ihre Höchstgeschwindigkeit von etwa 5500 km/h (etwa Mach 5). Da der gesamte Flug bei einer Reichweite von 250 bis 300 km nur 5 Minuten dauerte, gab es damals keine Abwehrmöglichkeit gegen diese Waffe. Die Raketenentwicklung in der Heeres-Versuchsstelle Peenemünde war von Anfang an von militärischen Anforderungen geprägt: Seit März 1936 bestand ein Anforderungsprofil für eine Rakete, die eine Tonne Sprengstoff über 250 Kilometer befördern sollte. Entwickelt wurde die Aggregat 4 von einer Gruppe von Wissenschaftlern und Ingenieuren um Wernher von Braun, dem technischen Direktor der Heeresversuchsanstalt Peenemünde (HVA), der auch Klaus Riedel und Arthur Rudolph angehörten. Verantwortlicher Leiter und Kommandeur der HVA war in diesem Zeitraum Walter Dornberger. Die Vorgängermodelle der Aggregat 4 waren nur teilweise erfolgreich: Aggregat 1 explodierte beim Brennversuch in Kummersdorf-West, Aggregat 2 absolvierte 1934 zwei erfolgreiche Starts auf Borkum Entwickelung und Aggregat 3 hatte vier Fehlstarts im Dezember 1937. Erst der direkte Nachfolger Aggregat 5 war ab 1938 erfolgreich. Die Aggregat 4 wurde seit 1939 entwickelt und erstmals im März 1942 getestet. Am 3. Oktober gelang ein erfolgreicher Start, bei dem sie mit einer Spitzengeschwindigkeit von fast Mach 5 (4824 km/h) eine Gipfelhöhe von 84,5 km erreichte. Am 20. Mai 1944 wurden Teile einer abgestürzten A4 von Mitgliedern der Polnischen Heimatarmee sichergestellt. Die wichtigsten Teile wurden zusammen mit den in Polen vorgenommenen Auswertungen in der Nacht vom 25. Juli zum 26. Juli 1944 von einer Dakota der RAF, die in der Nähe von Żabno gelandet war, nach Brindisi ausgeflogen (Operation Most III). Von dort aus kamen die Teile nach London. Nach dem ersten Luftangriff auf die militärischen Anlagen bei Peenemünde am 17. August 1943 (Operation Hydra) wurden Sie war außerdem das erste von Menschen konstruierte Objekt, das die Grenze zum Weltraum (nach Definition der FAI mehr als 100 km Höhe) durchstieß. viele Schießübungen der A4 mit scharfem Sprengkopf vor allem zur Ausbildung der Raketeneinheiten durchgeführt. Anfangs in Blizna verlegte man die Übungen aufgrund der näherrückenden Sowjet-Front in die Tucheler Heide bei Bromberg. Die Bevölkerung um Blizna wurde dabei rücksichtslos den A4und V1-Einschlägen ausgeliefert. Auf Flugblättern warnte man vor Ort lediglich vor gefährlichen Kraftstoffbehältern, die aber keine Bomben wären. Hier, wie auch in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde (einschließlich der Greifswalder Oie), erfolgten noch bis zum 21. Februar 1945 Starts von Versuchsraketen. Bordbatterie der Accumulatoren Fabrik Hagen und die Schaltbatterie befanden sich im Geräteraum. Sie versorgten die Steuerung und die anderen Geräte sowie die Ruderanlage während des Fluges mit der benötigten Energie. antrieb Die Aggregat 4 war eine Flüssigkeitsrakete und wurde mit einem Gemisch aus 75-prozentigem Ethylalkohol und Sauerstoff angetrieben. Unter der Leitung des Ingenieurs Walter Thiel wurden das beste Mischungsverhältnis der Treibstoffe, die Einspritzdüsenanordnung sowie die Formgebung des Raketenofens ermittelt. Eine Pumpenbaugruppe war nötig, welche die großen Mengen an Alkohol und flüssigem Sauerstoff in die Brennkammer fördern konnte, um die erforderliche Schubkraft des Triebwerks zu erzeugen. Zum Antrieb dieser Doppelpumpe diente eine integrierte Dampfturbine von 500 PS sorgte dafür, dass der Neigungswinkel der Kreiselplattform nach drei Sekunden Brennzeit so verändert wurde, dass die Rakete aus der Senkrechten in eine geneigte Flugbahn überging. Der Neigungswinkel war so eingestellt, dass sich je nach zu erzielender Entfernung eine entsprechende Flugbahn ergab. Vor dem Start musste die Rakete auf ihrem Starttisch exakt senkrecht gestellt und so gedreht werden, dass eine besonders markierte Flosse in Zielrichtung zeigte. Zum Erreichen einer besseren Zielgenauigkeit wurde in den Versuchsraketen auch eine Funksteuerung erprobt, die aber wegen ihrer Störanfälligkeit im späteren Einsatz nicht verwendet wurde. Die kybernetische Kontrolle wurde von einem für die damalige Zeit sehr fortschrittlichen an Bord installierten Analogrechner (dem sogenannten 'Mischgerät') übernommen. Die zweiteilige