Charakter des Stückes immer wieder von einer penetrant für Musik und Tanz Köln, wo er seit 2000 auch als Prodekan dazwischen spielenden Posaune zerstören lässt. Der zweite und von 2007-2009 als Dekan tätig war; 2009 erfolgte seine Satz zeichnet sich durch getragene, klagende Klänge in den Wahl zum Rektor. Reiner Schuhenn zählt zu den gefragten Holzbläsern aus, unterbrochen von bedrohlichen, chroma- Chor- und Orchesterdirigenten in Deutschland, was seine tisch ansteigenden Streicherklängen. Versteht man diesen rege Konzerttätigkeit in Zusammenarbeit mit zahlreichen Satz als Verbeugung gegenüber den Opfern und dem Leiden Ensembles, Chören, Orchestern, namhaften Solisten und des Krieges, bekommt die muntere Melodie, mit der die Kla- Musik-Akademien dokumentiert. rinette das folgende Scherzo des dritten Satzes eröffnet, eine obszöne Dimension, welche die Erwartung einer triumphalen Das Orchester Huldigung des Herrschers anklagt. Unterstrichen wird dies Das Aachener Studentenorchester e. V. wurde 1989 durch durch die Verwendung von fis-moll im marschartigen Trio des studentische Eigeninitiative gegründet. Es ist ein Laienorche- dritten Satzes, einer Tonart, die seit der Romantik für den Tod ster, das zwar von der RWTH unabhängig ist, aber trotzdem steht. Der vor dem Finale eingeschobene vierte Satz kombi- vorwiegend aus StudentInnen der Aachener Hochschulen niert martialische Bläserklänge – wiederum eine Annäherung besteht. Die große sinfonische Besetzung des Orchesters an das Motiv des Kriegs – mit einem elegischen Thema, das erlaubt es, auch romantische Werke aufzuführen, die zu spie- vom Fagott vorgetragen wird. Das Intervall, mit dem dieses len ein Laie später kaum mehr die Gelegenheit haben wird. Thema beginnt, eine kleine Sexte, ist wiederum voller Symbolik und steht seit dem Barock für Schmerz. Nahtlos leitet Unsere nächsten Konzerte: das Fagott schließlich in den fünften Satz über. Dieses Finale Wintersemester 2013/2014 stolpert von einer Groteske zur nächsten. Dabei nimmt die Musik zwar gelegentliche Anläufe zu großen Klängen, bricht Programm Do, 11.07.2013, 19:30 Uhr Sa, 13.07.2013, 19:30 Uhr Aula I der RWTH Aachen Templergraben 55 Do. 23. Januar und Sa. 25. Januar 2014 diese aber stets wieder ab oder führt sie bis in schwindelnde Höhen weiter. Spätestens jetzt konnten die Machthaber nicht mehr ignorieren, was ihnen da vorgespielt wurde: Anstelle der erwarteten Triumphmusik bekamen sie eine Persiflage auf das sich selbstgefällig feiernde System, eine Mischung aus bayerischer Blaskapelle und Zirkusmusik - und mussten es sich auch noch gefallen lassen, zum Schluss ebenso abrupt Das bedankt sich für die freundliche Unterstützung der Proben bei: Walter Mengler, Philipp Stümke und Saman Maroofi Gefördert durch: wie lieblos vor die Tür gesetzt zu werden. Der Dirigent Reiner Schuhenn wurde 1962 in Weingarten/Württemberg geboren. Er studierte Germanistik, Philosophie, Schulmusik und Kirchenmusik in Stuttgart und Wien, unter anderen bei Bernhard Ader, Dieter Kurz, Helmut Wolf, Otmar Suitner, Peter Kontakt: Aachener Studentenorchester e.V. Planyavsky und Sergiu Celibidache. Nach umfangreicher Martin Klasen, Trichtergasse 20 Tätigkeit als Kantor, Dirigent und Lehrbeauftragter an ver- 52064 Aachen, Tel.: 0176/28085027 schiedenen Hochschulen erfolgte 1999 seine Berufung als E-Mail: [email protected] Professor für Chor- und Orchesterleitung an die Hochschule http://www.aso.rwth-aachen.de Aachener Studentenorchester Musikalische Leitung: Reiner Schuhenn Peter Iljitsch Tschaikowsky (1840-1893) von Dur in Moll gewendet, symbolisch untergeht. Den Sieg „1812“ Ouvertüre Solennelle, op. 49 von Kirchenglocken der russische Sieg verkündet wird. Den Sergej S. Prokofjew (1891-1953) Auszüge aus der Oper „Krieg und Frieden“, op. 91 Walzer - Allegro, ma non troppo Mazurka - Animato Finale - Allegro fastoso - Andante maestoso Dmitri Schostakowitsch (1906-1975) Sinfonie Nr. 9, op. 70 Allegro - Moderato - Presto - Largo - Allegretto-Allegro verkündet das Eingangsthema, mit dem unter dem Klang W ie in nur wenigen Künstlern zeigt sich in der Person Dmitri Schostakowitschs die groteske Janusköp- figkeit der stalinistischen Kulturpolitik. Bereits mit seiner Abschluss bildet die russische Zarenhymne, die bis 1917 Nati- ersten Sinfonie, seiner Examensarbeit, erlangte er internati- onalhymne des russischen Zarenreiches war. onalen Ruhm. Sein Lehrer und Förderer Alexander Glasunov D bekannte zwar, er fände die Musik schrecklich, weil er sie beim ie dreiaktige Oper „Krieg und Frieden“ begann Sergej Lesen der Partitur nicht hören könne. Das sei aber unwich- Prokofjew unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs. tig, weil die Zukunft nicht ihm, Glasunov, sondern „diesem Erschüttert über den deutschen Überfall auf die Sowjetunion Jungen“ gehöre. Für Schostakowitsch folgten Jahrzehnte 1941 beschloss er, ein Nationaloper zu schreiben, die sein Bei- zwischen höchsten Auszeichnungen und tiefster Verdam- trag zum Sieg in dem von Stalin in Anlehnung an den Krieg mung, verbunden mit der ständigen Angst, als Volksfeind gegen Napoleon ausgerufenen „Großen Vaterländischen verhaftet und exekutiert zu werden. Dies lag gleichermaßen Krieg“ sein sollte. Als Vorlage wählte er das gleichnamigen an der paranoid auf die Person Stalins fixierte Kulturpolitik Epos von Leo Tolstoi, das er zusammen mit seiner späteren der Sowjetunion, deren Erwartungen der Komponist oftmals Ehefrau Mira Mendelson für die Oper bearbeitete. 1943 hatte nicht erfüllte, wie auch an der Kritik und dem Spott, die Scho- er die Arbeit an der Oper abgeschlossen, doch verhinder- stakowitsch in seine Kompositionen einstreute. Schostako- ten öffentliche Diskussionen über Inhalt und Stil der Oper witschs 9. Sinfonie weckte eine Vielzahl von Erwartungen: eine Aufführung und zwangen Prokofjew zu zahlreichen Nach den vorhergegangenen Kriegssinfonien, insbesondere Änderungen an Partitur und Libretto. 1946, drei Jahre nach der heroischen 7., „Leningrader“ Sinfonie, erwartete man Abschluss der Komposition, konnte zumindest ein Teil der von dem zweifachen Träger des Stalin-Preises nun eine tri- jotr Tschaikowski schrieb die Ouverture solennelle Oper in Leningrad aufgeführt werden. Zuletzt verfügte ein umphale Hymne zu Ehren der siegreichen Sowjetunion und P „1812“ als Auftragskomposition für die feierliche Ein- offizieller Parteibeschluss der Kommunistischen Partei über ihres Diktators, welche die 9. Sinfonie des (Deutschen) Bee- weihung der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau. Der Bau weitere Änderungen, nachdem Prokofjew 1948 gemeinsam thoven übertreffen sollte. Tatsächlich enthielten erste Skiz- dieser Kathedrale war unter Zar Alexander I. im Jahre 1817 als mit Schostakowitsch des „Formalismus“ bezichtigt und zu zen neben der orchestralen Besetzung auch einen Chor. Die Dank für den Sieg über Napoleon begonnen worden. 1881 größerer Volkstümlichkeit aufgefordert worden war. Als im Besucher der Uraufführung erlebten jedoch eine groteske sollte sie fertiggestellt und eingeweiht werden. Aus diesem Mai 1953 die Oper endlich in Florenz uraufgeführt wurde, war Persiflage auf eine Sinfonie. Diese Provokation trug maß- Anlass schrieb Tschaikowski eine Battaglia, ein musikalisches Prokofjew bereits zwei Monate tot. Die Oper verkürzt den grö- geblich dazu bei, dass Schostakowitsch 1948 unter dem Vor- Schlachtengemälde, das den Sieg im „Vaterländischen Krieg“ ßeren Teil des Romans Tolstois im ersten Akt auf eine knappe wurf des „Formalismus“ ein faktisches Berufsverbot erhielt, darstellen sollte. Tschaikowski selbst beschrieb sie als „laut Darstellung der Liebesgeschichte zwischen Andrei und Nata- obwohl er seit Uraufführung der 9. Sinfonie einen weiteren und lärmend“ und ohne künstlerischen Wert. Dennoch ist scha sowie Pierre, und endet mit dem Aufmarsch der fran- Stalinpreis, den Leninorden sowie eine Auszeichnung als sie eines der populärsten Stücke Tschaikowskis. Die Ouver- zösischen Armee. Der zweite Akt beschreibt die Schlacht bei „Volkskünstler der Russischen Sowjetrepublik“ erhalten ture beginnt mit den feierlichen Klängen eines orthodoxen Borodino, die mit dem Rückzug der russischen Armee und hatte. Wie Tschaikowskis „1812“ stehen der erste und der Gottesdienstes, wonach die russischen Truppen aufgestellt der Preisgabe Moskaus endet. Der dritte Akt nimmt schließ- letzte Satz in der „heroischen“ Tonart Es-Dur. Insbesondere werden. In der folgenden Darstellung der ersten Schlach- lich die Handlung des ersten Akts mit der Gefangennahme im Kopfsatz hält sich Schostakowitsch streng, geradezu skla- ten tritt allerdings die Marseillaise als Sinnbild für die fran- Pierres während der Plünderung Moskaus und dem Tod And- visch, an die Sonatenhauptsatzform; sogar die Exposition zösischen Erfolge bis zur Besetzung von Moskau hervor. Als reis wieder auf und endet mit der Verkündung des Sieges wird wiederholt. Formal erfüllte er also die Erwartungen, die Gegenthema stellt Tschaikowski sodann einen russischen durch Marschall Kutusow. Das Aachener Studentenorchester an ihn gestellt wurden. Musikalisch ist der Kopfsatz jedoch Volkstanz vor, der in der folgenden zweiten Schlachtdarstel- spielt zwei Ballettmusiken - einen Walzer und eine Mazurka - vor allem laut, kompositorisch bewusst einfallslos und gera- lung mit der Marseillaise streitet bis letztere schließlich, nun aus dem ersten Akt sowie das Finale der Oper. dezu unverschämt kurz, zumal Schostakowitsch Aufbau und