VO Germanistische Sprachwissenscha

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Vorlesung von: Franz Patocka
Mitschrift von: Christian Riedl
VO Germanistische Sprachwissenschaft – Schnittstellen
Wintersemester 2015/2016
VO Germanistische Sprachwissenschaft – Schnittstellen
Franz Patocka
1. Einheit (21.10.2015)
• Der Einschreibeschlüssel für Moodle lautet „patschnitt15“.
• Die Materialien und die Skriptumsauszüge auf Moodle reichen für die Prüfung nicht aus.
• Die Vorlesung umfasst vier Blöcke:
o Psycholinguistik (Wie hängen Sprache und Gehirn zusammen?)
o Sprachtypologie (Wie lassen sich Sprachen und Varietäten einteilen?)
o Variationslinguistik (Wie variiert Sprache?)
o Soziolinguistik (Wie hängen Sprache und Gesellschaft zusammen?)
Psycholinguistik
• Definition: „Psycholinguistik ist die Wissenschaft von den psychischen Vorgängen beim Erlernen der Sprache und
bei ihrem Gebrauch.“
• Definition: „Psycholinguistik ist die Wissenschaft vom sprachlichen Handeln und Erleben. Sie befasst sich damit, wie
Menschen ihre Gedanken sprachlich ausdrücken und wie Menschen sprachliche Ausdrücke in Gedanken umsetzen.“
• Definition: „Psycholinguistik ist die Untersuchung der Abläufe des sprachlichen Verhaltens und seiner Voraussetzungen aus der Perspektive der Sprechorgane, der Wahrnehmung, der Gedächtnisvorgänge, des Denkens, des Gefühlslebens, der sozialen Orientierung usw.“
• In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich die Sprachwissenschaft umorientiert.
• Damit rückte der Mensch als denkendes und sprachlich handelndes Wesen in den Vordergrund.
• Das bedeutet, dass sich die Linguistik nicht mehr nur mit der sprachlichen Struktur beschäftigte.
• Es geht nun um die Frage, was sich in der menschlichen Psyche bei der Sprache tut.
• Die Erkenntnis, dass Sprache etwas mit psychischen Prozessen zu tun hat, ist trivial.
• Erst seit den 60er- bis 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts ist die Psycholinguistik wissenschaftlich etabliert.
• Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der „Kognitiven Wende“ in der Linguistik.
• Man betrachtet die Sprache nicht mehr nur aus systemische Perspektive, sondern auch aus psychischer Perspektive.
• Der Kognitivismus relativierte den Behaviorismus in Psychologie (Lernpsychologie) und Linguistik.
• Der Kognitivismus löste den Behaviorismus jedoch nicht vollkommen ab.
• In Folge des Kognitivismus werden wir auch über den Nativismus sprechen.
• Die Kognitive Wende in Psychologie und Linguistik war die Grundlage der Psycholinguistik.
• Behaviorismus kommt vom englischen Wort behavior – ‘Verhalten’.
• Behaviorismus und Kognitivismus sind Lerntheorien, die zueinander in Konkurrenz stehen.
• Abgesehen von der Psychologie führte das auch zu konkurrierenden Perspektiven in der Linguistik.
• Beim Behaviorismus handelt es sich um eine „Richtung der amerikanischen Verhaltensforschung, die nur direkt beobachtbares Geschehen als Gegenstand wissenschaftlicher Psychologie zulässt“ (DUDEN ONLINE 2015).
• Laut Behaviorismus ist Lernen ein konditionierter Reflex, der durch Adaption (Anpassung) erworben wird.
• Laut Kognitivismus ist Lernen ein Resultat von Informationsaufnahme und -verarbeitung.
• Der Behaviorismus läuft drauf hinaus, dass das Gehirn ein passiver Behälter sei, der Daten lagert.
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Vorlesung von: Franz Patocka
Mitschrift von: Christian Riedl
VO Germanistische Sprachwissenschaft – Schnittstellen
Wintersemester 2015/2016
• Der Kognitivismus meint, das Gehirn sei ein System, das die aufgenommenen Daten verarbeitet.
• Das Gehirn bewertet Daten, vergleicht neue mit alten Daten, zieht Schlüsse, entwirft, verwirft usw.
• Die Psycholinguistik lernte eine ganze Menge von der digitalen Datenverarbeitung von Computern.
• Das, was Computer können, ist von jenem inspiriert, was die Wissenschaft vom kognitiven System lernt.
• Auch die modernsten Computer sind qualitativ dem menschlichen Gehirn unterlegen.
• Quantitativ sind Computer zwar besser, qualitativ aber schlechter als das menschliche Gehirn.
• Ein Computer kann etwa keine Sprache lernen wie es ein Mensch tut und kreativ mit ihr umgehen.
• Die Frage, die sich stellt ist, was Wissen eigentlich ist.
• Laut Behaviorismus ist Wissen eine korrekt ablaufende Relation zwischen In- und Output.
• Wissen stellt sich dann ein, wenn der Input zu richtigem Abruf und richtiger Verwendung führt.
• Laut Kognitivismus laufen bei Wissen wichtige kognitive Prozesse im Gehirn ab.
• Das Gehirn vergleicht, gleicht ab, bewertet, bewertet neu, hypothetisiert, relativiert, verwirft usw.
• Die Grammatiktheorie der Nativismus ist stark vom Kognitivismus inspiriert.
• Der Nativismus ist dem Generativismus verknüpft (Stichwort: Generative Grammatik).
• Der Begriff Nativismus deutet auf etwas Angeborenes hin.
• Den Beginn dieser Auffassung des menschlichen Spracherwerbs stellte eine Rezension von NOAM CHOMSKY dar.
• CHOMSKY schrieb eine lange Rezension über ein Werk des Behavioristen BURRHUS F. SKINNER (Verbal Behavior, 1957).
• CHOMSKY gilt als Begründer der Generativen Grammatik (GG).
• In den USA kennt man CHOMSKY als Regime- und Politikkritiker, der auch zum Vietnamkrieg Stellung nahm.
• Die Wiener Germanistik betreibt die Generative Grammatik nicht sehr ausführlich.
• Das hat damit zu tun, dass sie sehr kompliziert und nicht sehr traditionell ist.
• Die Schwierigkeit dieser Theorie verdankt sich auch ihrer komplizierten Terminologie.
• Im Generativismus geht es um folgende zwei Fragen:
o Wie ist sprachliches Wissen im Gehirn organisiert? (Sprachstruktur)
o Wie nimmt das Gehirn sprachliches Wissen auf? (Spracherwerb)
• Der radikale Behaviorismus sagt, dass alle Leistungen auf Lernvorgänge zurückgehen.
• Er sagt, dass es sich beim Spracherwerb um einen universalen Mechanismus des Lernens handelt.
• Der Lernmechanismus ist ein universaler Mechanismus, der nicht nur den Spracherwerb betrifft.
• Der Behaviorismus meint, dass Kinder Sprache lernen, indem sie ihre Umgebung (z. B. die Eltern) imitieren.
• Richtige Imitationen werden direkt oder indirekt belohnt und dadurch verstärkt.
• Der Nativismus nach CHOMSKY meint, die sprachliche Kreativität des Menschen laufe dem Behaviorismus zuwider.
• Wäre Sprache nur ein einfacher Lernvorgang, ließe sich auch niemals etwas wirklich Neues äußern.
• Der Behaviorismus meint, dass der einzelne Mensch die Sprache durch die Außenwelt aufnimmt.
• Der Nativismus meint, dass etwas Angeborenes diesen Input stützen muss.
• Der Input ist jedoch notwendig, da ohne Input nichts zu lernen ist.
• Der sprachliche Output (die Kreativität) ist größer als der sprachliche Input (Gehörtes und Gelesenes).
• So schnell wie ein Kind seine Muttersprache lernt, muss es eine angeborene Universalgrammatik (UG) geben.
• In ca. vier Jahren erlernt ein Kind die Grundlagen der Grammatik seiner Muttersprache.
• Das Kind muss also über angeborene grammatikalische Prinzipien verfügen, um das zu schaffen.
• Bei diesen grammatikalischen Prinzipien handelt es sich um eine genetische Disposition.
• Der Input ist zu dürftig und zu unzuverlässig, um eine natürliche Grammatik nur durch Daten zu erlernen.
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Wintersemester 2015/2016
• Dem Kind begegnen nicht nur grammatische, sondern auch ungrammatische, unvollständige usw. Inputdaten.
• Das Kind bekommt nicht nur wohlgeformte Sätze präsentiert und verfügt über keine negative Evidenz.
• Negative Evidenz bedeutet, dass das Kind aktiv über falsche sprachliche Daten reflektiert.
• Trotz fehlender negativen Evidenz lernt es bis zum 4. oder 5. Lebensjahr die muttersprachliche Grammatik.
• Laut dem Nativismus verfügt jeder Mensch über ein angeborenes „Sprachorgan“.
• Der Nativismus nennt dies Language Acquisition Device (LAD), das mit dem Input die Kerngrammatik formt.
• Der Nativismus spricht in diesem Zusammenhang auch von einer „Universalgrammatik“ (UG).
• Die Universalgrammatik ist eine Gruppe von angeborenen grammatikalischen Prinzipien.
• Wenn alle dieselbe Universalgrammatik haben, stellt sich die Frage, warum es verschiedene Sprachen gibt.
• Die genetische Ausstattung ist zwar dieselbe, die grammatikalischen Prinzipien sind aber keine strengen Regeln.
• Die grammatikalischen Prinzipien folgen eher folgender Struktur: „Wenn Typ A, dann Typ B“.
• Die Universalgrammatik kann man sich als „Prinzipienbaum“ vorstellen, der sich immer weiter aufzweigt.
• Die Struktur Subjekt–Verb–Objekt (SVO) einer Sprache lässt andere, ähnliche Prinzipien erwarten.
• In SVO-Sprachen ist es üblich, dass das Substantiv auch vor dem Adjektiv steht.
• Trotz einer Universalgrammatik gibt es viele verschiedene Individualgrammatiken.
• Die Universalgrammatik gibt mögliche Weichenstellungen (Parameter) vor.
• Die Struktur der Weichenstellungen macht die Individualgrammatiken aus.
• Die Stimmen gegen den Behaviorismus waren und sind vielfach lauter.
• Die Kritik am Behaviorismus wurde (zum Teil auch von CHOMSKY) weit überzogen.
• Der Behaviorismus meint, dass es sich beim Sprachlernen um Nachahmung handelt.
• Der Kognitivismus bzw. Nativismus meint, dass das Sprachlernen über angeborene Anlagen erfolgt.
• Der Mensch verfügt über vier Wissenssysteme:
o enzyklopädisches Wissen bzw. Sachwissen (durch Erfahrung und Lernen angeeignetes Wissen)
z. B. „Was ergibt 2 plus 2?“, „Was ist die Hauptstadt von Tschechien?“, „Wie viele Beine hat ein Hund?“
o interaktionales Wissen (adäquate Interaktionen mit anderen, um das eigene Ziel zu erreichen)
z. B. soziale Umgangsformen; das „Wie“ (Ausdruck) des Kommunizierens im Gegensatz zum „Was“ (Inhalt)
o Wissen über „globale Textstrukturen“ (adäquate Gestaltungsmittel für mündliche und schriftliche Texte)
z. B. Anpassung der Formulierung ein und desselben Inhalts an den außersprachlichen Zusammenhang
o sprachliches Wissen (Produktion und Rezeption grammatischer Äußerungen)
z. B. Sprechende sind imstande, grammatische Sätze zu produzieren und zu rezipieren
• Der Begriff sprachliches Wissen ist besonders im Kognitivismus und im Nativismus von Bedeutung.
• Sprachliches Wissen äußert sich auch in Form von Kreativität.
• Das meint die Produktion von Sätzen, denen die Sprechenden vorher noch nie begegneten.
• Mit eine begrenzten Anzahl von Regeln lassen sich unendlich viele grammatische Sätze bilden/verstehen.
• Beim Spracherwerb geht es um die Frage, wie sprachliches Wissen erworben wird.
• Der Behaviorismus meint, dass es einen allgemeinen Lernmechanismus gibt (der nicht nur für Sprache gilt).
• Der Nativismus meint, dass es einen angeborenen Lernmechanismus (ein Modul) für Sprache gibt.
• Spracherwerb spielt sich laut Behaviorismus analog zu anderen Lernmechanismen ab (abhängig).
• Spracherwerb spielt sich laut Kognitivismus parallel zu anderen Lernmechanismen ab (unabhängig).
• Beim Behaviorismus braucht man viele Inputdaten.
• Beim Nativismus braucht man nicht viele Inputdaten.
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Vorlesung von: Franz Patocka
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• Der Behaviorismus meint, dass der Spracherwerb von Kind zu Kind verschieden und unterschiedlich schnell sei.
• Der Nativismus meint, dass der Spracherwerb bei allen Kindern gleich ablaufe und ähnlich schnell sei.
• Der Nativismus nimmt an, dass es fixe Phasen des Erstspracherwerbs gibt.
o pränatale Phase (vorgeburtliche Phase; ca. 3.–4. Monat bis Geburt)
o präverbale Phase (vorsprachliche Phase; ca. Geburt bis 1.–3. Woche nach der Geburt)
o Gurr-Phase (ca. 2.–3. Monat)
o expansive Phase (ca. 3.–6. Monat)
o Phase des kanonischen Lallens/Babbel- oder Brabbel-Phase (6.–9. Monat)
o Phrase der ersten Wörter (9.–14. Monat)
o Ein-Wort-Phase/Phase der Holophrasen (12.–18. Monat)
o Zwei-Wort-Phase (18.–24. Monat)
o Mehr-Wort-Phase (ab dem 24. Monat)
o Phase zunehmender Komplexität (2,5–4 Jahre)
o nahezu vollständiger Spracherwerb (ab 4. Jahr)
• Ein Fötus kann ca. ab dem 3. bis 4. Monat auf laute Umweltgeräusche reagieren.
• In der pränatalen Phase kann die Stimme der Mutter die Aufmerksamkeit des Kindes erregen.
• In der präverbalen Phase kommt es zu lautem Schreien und zu differenzierteren Klangmustern.
• In der Gurr-Phase kommt es zu ersten Silbenstrukturen, Gurr-Lauen und Vokalimitationen.
• In der expansiven Phase werden die produzierten den realen Sprachlauten immer ähnlicher.
• Die Babys spielen mit ihrer Stimme und probieren das Potenzial ihres Stimmapparates aus.
• Die Kinder produzieren eher Vokale denn Konsonanten.
• In der Babbel-Phase senkt sich der Kehlkopf ab, womit sich das Repertoire an Sprachlauten erweitert.
• Hier kommt es auch zur ersten systematischen Produktion von Konsonanten und deren Kombination mit Vokalen.
• In dieser Phase kommt es auch zu Reduplikationen von Silben (z. B. mama, baba, dada usw.)
• Das Kind beginnt in der Folge die Sprachmelodie der Menschen in seiner Umgebung nachzuahmen.
• In der Phase der ersten Wörter kommt es neben dem Babbeln zur Produktion der ersten Wörter.
• Nach dem ersten Lebensjahr hat das Kind einen Wortschatz von etwa 100 Wörtern.
• Ab der Mitte des zweiten Lebensjahres lernt das Kind pro Tag ca. 10 neue Wörter.
• In der Ein-Wort-Phase stehen einzelne Wörter für einen kompletten Sinnzusammenhang (Holophrasen).
2. Einheit (28.10.2015)
• Literatur: THORSTEN ROELKE: Variationstypologie (2003)
• Die Bedeutung der Holophrasen ist von der jeweiligen Situation abhängig.
• In der Zwei-Wort-Phase kommt es zu Zwei-Wort-Sätzen.
• Die Ausdrucksfähigkeit verbessert sich, aber es gibt noch keine Verbalflexion.
• In der Mehr-Wort-Phase kommt es zu einfachen Sätzen und zu ersten Flexionen über Hypergeneralisation.
• Auch die Wort- und Satzgliedstellung entspricht immer mehr der Grammatik.
• Ab dem 4. bis 5. Lebensjahr ist der Grammatikerwerb nahezu abgeschlossen.
• Das Lexikon (der Wortschatz) wird das ganze Leben lang erweitert und hat mit der Grammatik wenig zu tun.
• Bei der Grammatik lässt sich auf die Prinzipien der UG zurückgreifen.
• Das Lexikon ist stark auf den sprachlichen Input angewiesen und hängt vom klassischen Lernen ab.
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• Ohne verbalen Input kann es keinen Wortschatz-Erwerb geben.
• Da der Spracherwerb schon mit ca. 4 bis 5 Jahren abgeschlossen ist, muss es laut Nativismus eine UG geben.
• Neben Grammatik und Lexikon braucht es noch andere Komponenten, um adäquat zu kommunizieren.
• Um als soziales Wesen adäquat kommunizieren zu können, braucht es Interaktions- und Textstruktur-Wissen.
• Hierbei kommen das interaktive Wissen und das Wissen um „globale Textstrukturen“ zum Tragen.
• Es lässt sich sowohl Bitte, gib mir das Salz! als auch Salz her! sagen.
• Beides ist grammatisch sowie lexikalisch korrekt, aber nichts situations- und personenadäquat.
• Aus den grammatischen und lexikalischen Varianten sind situations- und personenadäquate Varianten auszuwählen.
• Die Wörter grammatikalisch und grammatisch sind voneinander zu unterscheiden.
• Das Wort grammatikalisch bedeutet ‘auf die Grammatik bezogen’.
• Die Wörter grammatisch, Grammatikalität und Grammatizität bedeuten ‘den Regeln der Grammatik folgend’.
• Grammatisch bedeutet „der Grammatik gemäß“, „den Regeln der Grammatik entsprechend“ oder ‘nach den Regeln
der Grammatik korrekt gebildet’ (DUDEN ONLINE 2015).
• Das Wort grammatisch bedeutet also ‘grammatikalisch korrekt’ und nicht bloß ‘grammatikalisch’.
• Ungrammatische Ausdrücke werden mit vorgestelltem *, fragwürdige Ausdrücke mit vorgestelltem ? gekennzeichnet.
• Grammatisch und ungrammatisch bezieht sich auf die Grammatikalität (Wohlgeformtheit) von Ausdrücken.
• Akzeptabel und inakzeptabel bezieht sich auf die Dekodierbarbeit (Verständlichkeit) von Ausdrücken.
• Die Linguistik gebraucht die Wörter (un-)grammatisch und (in-)akzeptabel aber auch oft als Synonyme.
• Suprasegmentale Komponenten (z. B. Intonation) und pragmatische Komponenten (du vs. Sie) sind auch wichtig.
• In diesem Zusammenhang spielen auch die Konversationsmaximen eine Rolle.
• Die Frage ist, welche Unterschiede sich zwischen Erst- und Fremdspracherwerb zeigen.
• Kinder, die sich in einer fremdsprachlichen Umgebung befinden, greifen die Sprache sehr schnell auf.
• Während der Erstspracherwerb unbewusst verläuft, verläuft der Fremdspracherwerb bewusst.
• Die Leichtigkeit des Spracherwerbs hängt mit dem Lebensalter zusammen.
• Es gibt eine „kritische Phase“, innerhalb derer das mühelose Erlernen einer Sprache möglich ist.
• Diese kritische Phase endet etwa mit dem 10. Lebensjahr.
• Bis dahin sind die Mechanismen des Erstspracherwerbs noch da.
• Danach sind diese Mechanismen abgebaut oder reduziert und müssen durch Lernen kompensiert werden.
• Zum einen gibt es den „gesteuerten Zweitspracherwerb“ bzw. das „gesteuerte Zweitsprachlernen“.
• Der Begriff gesteuertes Zweitsprachlernen gibt das Thema der heutigen Vorlesung besser wieder.
• Der gesteuerte Zweitspracherwerb geschieht in Kursen, unter Zuhilfenahme von Materialien usw.
• Diese Art von Zweitspracherwerb ist mit irgendeiner Art von Unterricht verbunden.
• Sprachen, die ähnliche Strukturen wie die Muttersprache aufweisen, bereiten weniger Probleme.
• Flektierende Sprachen sind für Deutschsprachige leichter zu erlernen als für Englischsprachige.
• Deutschsprachige können z. B. Norwegisch schneller erlernen als Chinesisch.
• Auch die Muttersprache selbst kann ein Hindernis sein.
• Das Wissen um die eigene Sprache schlägt sich negativ im Zweitsprachlernen nieder.
• In diesem Zusammenhang spricht man von Interferenz (‘Überlagerung’).
• Interferenz ist die Übertragung sprachlicher Regeln von der Erstsprache in die zu erlernende Sprache.
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• Nichtzulässige Übertragungen führen zu Fehlern auf allen sprachlichen Ebenen.
o Phonetik/Phonologie: a bad bed (bad und bed sind auf Englisch unterschiedlich auszusprechen)
o Morphologie: fish (Sg.) – *fishes (Pl.) statt fish (Pl.)
o Syntax: *I have you yesterday seen. vs. Ich habe dich gestern gesehen.
o Lexik: *I become a steak. für Ich bekomme ein Steak.
• Zum anderen gibt es den „ungesteuerten Zweitspracherwerb“ bzw. das „ungesteuerte Zweitsprachlernen“.
• Dieser Zweitspracherwerb geschieht ohne formalen Unterricht.
• Diese Art von Zweitspracherwerb ist auch in unserem Kulturkreis unter den Migrant_innen zu beobachten.
• Da es keine Korrekturinstanz gibt, ist der Einfluss vonseiten der Erstsprache besonders groß.
• Der Verlauf des ungesteuerten Zweitspracherwerbs gestaltet sich unterschiedlich.
• Sprecher_innen einer germanischen oder slawischen Muttersprache finden mehr muttersprachliche Strukturen.
• Sprecher_innen ostasiatischer oder afrikanischer Sprachen finden nur wenige muttersprachliche Strukturen.
• Unterschiede gibt es auch im persönlichen Engagement (auch ohne Unterricht kann man sich bemühen).
• Außerdem gibt es so etwas wie sprachliches Talent (manchen Menschen fällt Sprachenlernen leichter).
• Die bloße Dauer des Sprachkontaktes ist von sekundärer Bedeutung.
• Es gibt auch Gemeinsamkeiten zwischen gesteuertem und ungesteuertem Zweitspracherwerb.
• Im Verlauf des Zweitspracherwerbs entstehen „Interimsgrammatiken“ (Lernendenvarietäten).
• Diese Grammatiken stehen auf einer Stufe zwischen dem Beherrschen und Nichtbeherrschen der Grammatik.
• Die erste Basisvarietät ist in Flexion und Syntax vereinfacht und stimmt bei allen Lernenden überein.
• Bei den meisten Lernenden bleibt der Erwerb auf einer Zwischenstufe stehen (Fossilisierung).
• Fossilisierung bedeutet, dass der Zweitspracherwerb auf einer Zwischenstufe stehenbleibt.
• Die Fossilisierung lässt sich allerdings durch erneutes Aufgreifen des Sprachenlernens überwinden.
Sprache und Gehirn (WERNICKE-Areal, BROCA-Areal und Gyrus angularis)
• Die Annahme, dass Sprache im Gehirn zu verorten ist, stellt die Wissenschaft vor große Herausforderungen.
• Sprache ist nicht nur in einem einzigen Gehirnareal verortet, sondern in mehreren Arealen.
• Es gibt jedoch mehrere abgrenzbare Gehirnareale, die besondere Aufgaben übernehmen.
• Zwei Gehirnareale sind von besonderer Wichtigkeit: BROCA-Areal und WERNICKE-Areal.
• Beide Areale sind in der linken Gehirnhälfte lokalisiert.
• Das hat auch zu Spekulationen über die laterale Lokalisation der Sprachverarbeitung geführt.
• Die Areale wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entdeckt.
• Durch Läsionen innerhalb dieser beiden Areale haben sich Erkenntnisse gewinnen lassen.
• Das WERNICKE-Areal befindet sich in der linken Gehirnhälfte und hat mit dem Sprachverständnis zu tun.
• Es gibt auch in der rechten Gehirnhälfte ein Areal, mit dem das WERNICKE-Areal in Austausch steht.
• Bei WERNICKE-Aphasie bleibt die Sprachproduktion erhalten, aber das Sprachverständnis (Inhalt) ist beeinträchtigt.
• Die WERNICKE-Patient_innen können zwar flüssig sprechen, produzieren jedoch inhaltsleeres Geplapper.
• Ursache einer WERNICKE-Aphasie ist häufig ein Insult (Schlaganfall), der dieses Areal in Mitleidenschaft zieht.
• Das BROCA-Areal hat mit dem grammatikalischen Wissen zu tun.
• Bei BROCA-Aphasie bleibt das Sprachverständnis erhalten, aber die Sprachproduktion ist beeinträchtigt.
• Die Betroffenen sprechen langsam, machen viele Pausen, haben reduzierte Syntax, lassen Präpositionen aus usw.
• Bei der BROCA-Aphasie spricht man auch von Telegrammstil und von Agrammatismus.
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Vorlesung von: Franz Patocka
Mitschrift von: Christian Riedl
VO Germanistische Sprachwissenschaft – Schnittstellen
Wintersemester 2015/2016
• WERNICKE-Patient_innen sind sich ihrer eigenen Sprachstörung nicht bewusst.
• BROCA-Patient_innen sind sich ihrer eigenen Sprachstörung bewusst und versuchen, sie in den Griff zu bekommen.
• Es gibt auch noch eine Reihe anderer Gehirnareale, die ebenfalls mit Sprache zu tun haben.
• Auch der Gyrus angularis hat mit der Sprachverarbeitung zu tun.
• Läsionen im Gyrus angularis (engl. Angular Gyrus) führen zu Wortfindungs- und Lesestörungen.
3. Einheit (04.11.2015)
Zusammenhang von Sprache und Denken (SAPIR-WHORF-Hypothese)
• Es geht um die Frage, inwieweit die Sprache das Denken bestimmt.
• Die Frage ist, ob und wenn ja, inwieweit die Weltwahrnehmung von der Sprache abhängt.
• Die SAPIR-WHORF-Hypothese geht auf die Forscher EDUARD SAPIR und BENJAMIN WHORF zurück.
• Sie besagt, Sprache sei nicht nur gedankenreproduzierend, sondern auch wahrnehmungsdeterminierend.
• Sprache gibt also nicht nur Gedanken wieder, sondern bestimmt auch die Wahrnehmung.
• Die Sprache bildet nicht nur die Wirklichkeit ab, sondern stellt die Wirklichkeit auch selbst her.
• Die jeweilige Sprache ist für die Art und Weise der Wirklichkeitswahrnehmung verantwortlich.
• WHORF meint, „dass Menschen, die Sprachen mit sehr verschiedenen Grammatiken [und Wortschätzen] benützen, zu
verschiedenen Beobachtungen und verschiedenen Bewertungen äußerlich ähnlicher Beobachtungen kommen.“
• Die unterschiedlichen Grammatiken und Lexika führen zu verschiedenen Beobachtungen und Bewertungen.
• Laut der SAPIR-WHORF-Hypothese formt die Sprache das Denken.
• Ein Beispiel für die SAPIR-WHORF-Hypothese ist der Vergleich deutscher und kymrischer Farbbezeichnungen.
• Kymrisch ist eine keltische Sprache, die in Wales gesprochen wird.
• Die kymrisch Sprechenden können wegen des reduzierten Repertoires die Farbe Grau nicht bezeichnen.
• Angeblich haben die Inuit viele verschiedene Wörter für unterschiedliche Arten von Schnee.
• Die radikalste Interpretation der SAPHIR-WHORF-Hypothese ist mit Sicherheit nicht haltbar.
• Heute nimmt man komplexe Interdependenzen zwischen Sprache und Denken an.
• Die Ansicht, das Denken sei ein Produkt der Sprache, ist heute kaum noch vertreten.
Sprache bei Mensch und Tier
• Tiere besitzen keine Sprachfähigkeit im eigentlichen Sinn.
• Versuche mit Primaten und Meeressäugern (z. B. Delphine) erbrachten keine befriedigenden Ergebnisse.
• Sprachfähigkeit im eigentlichen Sinn besitzt nur der Mensch.
• Versuche mit Primaten liefern Aufschlüsse über evolutionäre Entwicklungen.
• Sprache muss bestimmten Definitionskriterien genügen, um als Sprache zu gelten.
• Mit diesen Definitionen lässt sich eine Reihe von angeblichen „Tiersprachen“ bereits ausschließen.
• Sprache ist ein lautliches Zeichensystem, drückt Sachverhalte aus und lässt begriffliche Abstraktionen zu.
• Begriffliche Abstraktion bedeutet, dass mit Pferd nicht nur ein bestimmtes, anwesendes Pferd gemeint ist.
• Abstraktion ist die Loslösung vom Hier und Jetzt (z. B. nicht ein bestimmtes Pferd, sondern irgendein Pferd).
• Tiere haben erstaunliche Fähigkeiten im Sprachverstehen, aber eingeschränkte Fähigkeiten zur Sprachproduktion.
• Die Frage ist, was Tiersprachen von menschlichen Sprachen unterscheidet.
• Menschliche Sprache zeichnet sich durch zweifache Gliederung aus.
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• Das bedeutet, dass sich komplexe Ausdrücke aus folgenden Elementen zusammensetzt:
o bedeutungstragende Elemente (Morpheme)
o bedeutungsunterscheidende Elemente (Phoneme)
• Tiersprachen lassen zwar die morphologische Ebene erkennen, nicht aber die phonologische Ebene.
• Tiersprachliche Äußerungen sind oft nur Signalreflexe und keine willkürlichen Signalprodukte.
• Die Bedeutung der artspezifischen Signale (z. B. von Bienen und Walen) ist den Individuen einer Spezies angeboren.
• Tiere können einzelne Elemente nicht je nach Situation kombinieren (außer eingeschränkt einzelne Affenarten).
• Tiere verfügen über keine metasprachliche Kompetenz.
• Metasprachliche Reflexion bedeutet, mit Sprache über die Sprache zu sprechen.
• Das Gegenteil der Metasprache (Reden über Sprache) ist die Objektsprache (Reden über Dinge).
• In der Linguistik ist die Unterscheidung in Metasprache (normaler Text) und Objektsprache (Beispiele) wichtig.
• Linguistische Publikationen stellen objektsprachliche Elemente oft in Kursivdruck dar.
Sprachrezeption und -produktion (Verhörer, Versprecher und Tip of Tongue-Phänomen)
• Literatur: JÜRGEN MEIBAUER: Schnittstellen der germanistischen Linguistik
• Bei der Sprachrezeption geht es um die Frage, was die anderen mit dem Gesagten meinen.
• Der Weg läuft vom empfangenen Sprachsignal (Hören/Sehen) zur Verarbeitung des Sprachsignals.
• Die Sprachrezeption läuft von außen nach innen (von der Umwelt auf den Menschen; Sprachwahrnehmung).
• Die Sprachproduktion läuft von innen nach außen (von dem Menschen in die Umwelt; Spracherzeugung).
• Die Sprachproduktion ist komplexer als die Sprachrezeption.
• Das Bild von Sendende–Nachricht–Empfangende ist zu einfach.
• Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dieses Modell komplexer darzustellen.
• In beiden Forschungsrichtungen spielen Fehlleistungen eine große Rolle.
• Bei Verhörern handelt es sich um fehlerhafte Analysen sprachlicher Sequenzen.
• Die Frage ist, wie die Hörenden die Lautsequenz der Sendenden sinnvoll aufteilen.
• Beim Hören von Lautereignissen kann der Mensch sofort feststellen, ob es sich um menschliche Sprache handelt.
• Das gelingt den Hörenden auch, wenn sie die Sprache selbst nicht sprechen oder kennen.
• WERNICKE-Aphasiker_innen haben auch beim Sprachverstehen Probleme.
• Der persönliche Filter suggeriert uns Interpretationen, welche die Sprechenden nicht intendierten.
• Es gibt viele Ansätze, die zu erklären versuchen, was bei der Sprachproduktion genau geschieht.
• Auch in diesem Fall ist die Forschung dankbar für die verschiedenen Fehler in der Sprachproduktion.
• Versprecher sind nicht immer bloße Ausrutscher, sondern sie lassen tief blicken (FREUD’sche Versprecher).
• Auch in diesem Bereich sind die Erkenntnisse der Patholinguistik von großer Bedeutung.
• Man benötigt aber auch Sprechende mit gesunder sprachlicher Entwicklung.
• Das Tip of Tongue-Phänomen (TOT-Phänomen) bezeichnet die Blockade bei der Wortfindung.
• Es handelt sich meist um vergleichsweise seltene sprachliche Zeichen.
• Der Gyrus angularis lässt sich mit Wortfindungsstörungen in Verbindung bringen.
• Beim Auf-der-Zunge-Liegen lässt sich meist ein seltenes Wort nicht finden.
• Einzelne sprachliche Eigenschaften des Zeichens lassen sich meist abrufen (Anfangsbuchstabe, Einzellaute usw.).
• Die relative Frequenz des Auftretens von Wörtern spielt beim TOT-Phänomen eine Rolle.
• Bei tatsächlichen Wortfindungsstörungen spielen andere Parameter eine Rolle.
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Sprachtypologie
• In der Sprachtypologie geht es darum, die Weltsprachen nach bestimmten Kriterien zu klassifizieren.
• Das Problem beginnt mit der Definition des Begriffes Sprache und der Unterscheidung von Sprache und Dialekt.
• Auf der Welt gibt es (je nach Quelle) 6 000 bis 7 000 Sprachen.
• Die historische und genetische Verwandtschaft von Sprachen hat mit Sprachtypologie wenig zu tun.
• Die Sprachtypologie klassifiziert die Weltsprachen mithilfe gezielter Fragestellungen.
• Sie klassische Sprachtypologie geht auf AUGUST W. SCHLEGEL zurück:
o analytische Sprachen (syntaktische Mittel, Hilfswörter, Infos in verschiedenen Wörtern)
o synthetische Sprachen (morphologische Mittel, Wortveränderungen, Infos im gleichen Wort)
• Analytische Sprachen arbeiten mithilfe syntaktischer Mittel (mit Hilfswörtern).
• Synthetische Sprachen arbeiten mithilfe morphologischer Mittel (mit Wortveränderungen).
• Bei den analytischen Sprachen steckt die Information in verschiedenen Wörtern (z. B. Ich bin gegangen.)
• Bei den synthetischen Sprachen steckt die gesamte Information in einer Wortform (z. B. Ich ging.)
• Sanskrit (Altindisch) und Latein sind typisch synthetische Sprachen.
• Morphosyntaktische Relationen werden in analytischen und synthetischen Sprachen unterschiedlich ausgedrückt.
• Das Deutsche steht zwischen den Ausprägungen analytische Sprache und syntaktische Sprache.
• Die Forschung sagt vorher, dass sich die Anzahl der Sprachen stark reduzieren wird.
• Die meisten Sprachen lassen sich zu Sprachfamilien zusammenfassen.
• Der Begriff Sprachfamilie bezieht sich auf die gemeinsame Herkunft der Sprachen.
• Viele Sprachen stehen aber isoliert da, da es keine gesicherten Verwandten gibt.
• Die germanischen Sprachen sind eine Subfamilie (Deutsch, Englisch, Schwedisch, Dänisch, Niederländisch usw.)
• Isolierte Sprachen sind z. B. Baskisch, Japanisch und Koreanisch.
• Es lässt sich auch nicht genau sagen, welche Sprachfamilien es gibt.
• Es ist schwierig, aufgrund morphologischer und phonologischer Ähnlichkeiten sichere Zuordnungen zu treffen.
• Dass Sprachen wie Sanskrit und Kymrisch genetisch auf eine Sprache zurückgehen, ist schwierig nachzuweisen.
• Die Frage ist, was Sprachtypologie ist.
• Universalienforschung sucht nach Strukturmerkmalen, die allen (oder den meisten) Sprachen gemeinsam ist.
• Substantielle Universalien sind Universalien, die für alle (oder zumindest die meisten) Sprachen gelten.
• Universelle Implikationen sind kausale Relationen (Wenn-dann-Beziehungen) für bestimmte Fragen.
• Das bedeutet, wenn in einer Sprache eine Erscheinung vorkommt, dann tritt auch eine andere Erscheinung auf.
• Universelle Implikationen treten aber nicht immer auf und sind in jedem Fall zu erklären.
• Sprachtypologie sucht nach differenzierenden Strukturmerkmalen und die daraus ergebenden Sprachtypen.
• Definition: „Diejenige sprachwissenschaftliche Disziplin, die sich mit einem Vergleich von Sprachen unter besonderer
Berücksichtig systematischer gegenüber genealogischen oder regionalen Gesichtspunkten befasst, ist die Sprachtypologie.“ (ROELCKE 2011: 12)
• Neben dem Paar analytisch vs. synthetisch gibt es z. B. auch eine Wortstellungstypologie.
• In der Sprachtypologie spielen nicht Genealogie und Regionalität, sondern die Systematik eine Rolle.
4. Einheit (11.11.2015)
• Bei der Sprachtypologie geht es darum, die Weltsprachen nach verschiedenen Kriterien einzuteilen.
• Die Frage ist, nach welchen Kriterien sich die Zusammengehörigkeit der Weltsprachen beschreiben lässt.
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VO Germanistische Sprachwissenschaft – Schnittstellen
Wintersemester 2015/2016
o Wortsprachen vs. Silbensprachen (Wortprofilierung vs. Silbenprofilierung)
o Genealogie (geschichtliche Zusammengehörigkeit, Herkunft, Abstammung)
o Wortstellung (SOV, SVO usw.)
o synthetische Sprachen vs. analytische Sprachen (morphologische Mittel vs. syntaktische Mittel)
• Die Sprachtypologie hat verschiedene Klassifikationskriterien:
o Geographie (Gebietsbildung: Sprachbünde)
o Genealogie (Sprachgeschichte: Sprachfamilien)
o Typologie (formale Charakteristika)
• Ein Sprachbund ist etwa Standard Average European (SAE).
• Für das SAE wurden knapp 40 Sprachen im Hinblick auf 12 systematische Merkmale untersucht.
• Dabei geht es nicht um genalogische Verwandtschaft, sondern um Übereinstimmungen bei benachbarten Sprachen.
• Es gibt auch andere Sprachbünde (wie z. B. den Balkan-Sprachbund und den Donau-Sprachbund).
• Sprachen, bei denen das Subjektpronomen fakultativ ist, nennt man Pro drop-Sprachen.
• Das Italienische ist eine Pro drop-Sprache (Ti amo. [unmarkiert] vs. Io ti amo. [markiert])
• Die Unterteilung in Kentum- und Satem-Sprachen geht auf das indogerm. Wort für ‘hundert’ zurück.
• Im frühen Indogermanischen gab es ein palatales [kj] und ein normales [k].
• Im Westen hat es sich zu verschiedenen Versionen von kentum entwickelt.
• Im Osten hat es sich zu verschiedenen Versionen von satem entwickelt.
• In der eigentlichen Sprachtypologie geht es um die Klassifikation nach formalen Charakteristika.
• Formale Charakteristika finden sich etwa auf der Lautebene.
• Die Weltsprachen unterscheiden sich im Konsonanten- und Vokalinventar (größte vs. kleinste Inventare).
• Das Hawaiianische hat nur ein geringes Inventar; eine Sprache in Botswana hat ein sehr großes Inventar.
• Sie unterscheiden sich auch in den Lautverbindungen innerhalb von Silben (Silbenstruktur).
• Im Slawischen gibt es etwa Konsonantenverbindungen, die es im Deutschen nicht gibt (z. B. <кт> vs. <kt>).
• Das Japanische hat eine strenge KV-Abfolge; im Georgischen gibt es ein Wort, das aus 7 Konsonanten besteht.
• Sie unterscheiden sich auch nach der Intonation (z. B. nach freiem und festem Wortakzent und Satzmelodie).
• Das Finnische und das Ungarische haben einen festen Wortakzent auf der ersten Silbe.
• Das Polnische hat einen festen Wortakzent auf der vorletzten Silbe (Penultima-Betonung).
• Das Deutsche hat keinen vorhersagbaren Wortakzent und ist – wie in vielen Fällen – ein Mischtyp.
• Im Zusammenhang mit der Intonation muss man auch über Tonsprachen sprechen.
• In Tonsprachen wirken die Tonverläufe (nicht die absolute Tonhöhe) bei Vokalen bedeutungsverändernd.
• Das Deutsche benutzt Tonverläufe, um verschiedene Satzarten voneinander zu unterscheiden.
• Die Kennzeichnung grammatischer Kategorien und Relationen:
o Inkorporation (einverleibende/polysynthetische Sprachen)
o Isolation (amorphe Sprachen; keine Flexion oder vokalische Wechsel)
o Agglutination
o Flexion
• In isolierenden Sprachen lassen sich die Wörter selbst nicht verändern (z. B. flektieren oder vokalisch verändern).
• Grammatikalische Relationen werden durch die Satzstellung oder Funktionswörter ausgedrückt.
• Isolierende Sprachen haben eine fixe Wortstellung, da es keine morphologischen Markierungen gibt.
• Isolierende Sprachen sind etwa Vietnamesisch, Thai, Chinesisch, Englisch, Bulgarisch und Mazedonisch.
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• In inkorporierenden Sprachen nimmt ein Satzteil (meistens das Prädikat) andere Satzteile in sich auf.
• Bei diesen Sprachen kommt es zu Satzwörtern – d. h., ein Wort steht für einen ganzen Satz.
• Ich kann dein Immer-und-ewig-an-allem-Herumnörgeln nicht mehr hören. ist ebenfalls eine Inkorporation.
• Inkorporationsmöglichkeiten gibt es auch in Sprachen, die selbst nicht dem inkorporierenden Typ angehören.
• Inuit- und Ainu-Sprachen, das Baskische und Indianersprachen sind inkorporierende Sprachen.
• Agglutinierende Sprachen zeichnen sich durch unveränderliche Stämme aus
• An die unveränderlichen Stämme treten unselbstständige und klar abgrenzbare Affixe.
• Es gibt keine irreguläre Allomorphie – d. h. keine verschiedenen Morphe, die für dasselbe Morphem stehen.
• Vertreterinnen sind uralische Sprachen, finnougrische Sprachen, Turksprachen, Swahili usw.
• In vielen agglutinierenden Sprachen gibt es Vokalharmonie (z. B. im Finnischen und im Ungarischen).
• Die Affixe sind zwar eindeutig abgrenzbar, aber der Vokal passt sich an den Stammvokal an.
• Das bedeutet, dass sich der Suffixvokal dem Stammvokal annähert (z. B. ungar. kör-ök, kert-ek und ház-ak).
• In den flektierenden Sprachen kommt es zu Formveränderungen in den Wortstämmen und/oder in den Affixen.
• Die Affixe der flektierenden Sprachen sind polyfunktional; jene der agglutinierenden Sprachen monofunktional.
• Die Wurzelflexion flektierender Sprachen zeigt sich etwa in Ablaut (gehen – ging) und Umlaut (Mann – Männer).
• Der Ablaut ist ein Vokalwechsel in wurzelverwandten Wörtern.
• Der Umlaut ist die Veränderung eines Vokals wegen folgenden Lauten (z. B. germ. i-Umlaut im ahd. gast > gesti).
• Wurzelflektierende Sprachen weisen Konsonantenfolgen auf, die sich mit verschiedenen Vokalen füllen lassen.
• Eine wurzelflektierende Sprache ist etwa das Arabische.
• Isolierende Sprachen entwickeln sich über agglutinierende Sprachen zu flektierenden Sprachen und wieder zurück.
• Das Problem bei dieser Ansicht ist, dass man sie wegen der langen Zeiträume nicht nachweisen kann.
5. Einheit (18.11.2015)
• Viele Bereiche der Sprachtypologie beschränken sich nicht nur auf die deutsche Sprache.
• In der eigentlichen Sprachtypologie geht es um die Einteilung nach formalen Charakteristika.
• Nach diesen formalen Charakteristika können sich Sprachen ähnlich sein, die genealogisch verschieden sind.
• Sprachen lassen sich nach dem Tempus-, Aspekt-, Genus- und Modussystem gliedern.
• Im Folgenden werden wir über die Wortstellungstypologie sprechen.
• Die Wortstellungstypologie nimmt eine Untergliederung nach den Satzgliedern Subjekt, Verb und Objekt vor.
• Nimmt man Subjekt, Verb und Objekt als Konstituenten her, kann es sechs Wortstellungstypen geben:
o SVO (Kühe fressen Gras.; z. B. Deutsch, Englisch, Finnisch, Estnisch, Chinesisch, Suaheli, slawische Sprachen)
o VSO (Fressen Kühe Gras.; z. B. Samoanisch, Kymrisch, klassisches Arabisch)
o SOV (Kühe Gras fressen.; z. B. Hindi, indogermanische Sprachen in Indien, Türkisch, Japanisch, Koreanisch)
o VOS (Fressen Gras Kühe.; selten; Problemfall; z. B. Malagasy)
o OSV (Gras Kühe fressen.; selten; Problemfall; z. B. Kabardinisch)
o OVS (Gras fressen Kühe.; selten; Problemfall; z. B. Hischkajana, Klingonisch)
• Nach JOSEPH GREENBERG geht es um die Grundstellung (unmarkierte Stellung) von S, V und O.
• Man bezweifelt heute, dass die Wortstellung im Aussagesatz die unmarkierte Stellung darstellt.
• Die Wortstellungstypen VOS, OSV und OVS sind kaum belegt und heute sehr selten vertreten.
• SVO, VSO und SOV haben die Regel „Subjekt vor Objekt“ gemeinsam.
• In der modernen Forschung spricht man nur noch von VO-Sprachen (SVO und VSO) und OV-Sprachen (SOV).
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• Bei den Wortstellungstypen VO und OV handelt es sich um vereinfachte und handliche Typen.
• Mit der Klassifikation als VO- oder OV-Sprache gehen bestimmte andere Erscheinungen einher.
• Das Objekt stellt eine nähere Bestimmung (Operator) und das Verb ein Bestimmendes (Operand) dar.
• Dabei ergeben sich grundlegende Relationstypen, die nicht immer alle auch erfüllt sind.
• Bei VO-Sprachen spricht man auch von zentrifugalen oder emissiven Sprachen.
• Das Muster für VO-Sprachen (emissive Sprachen) ist Paul liebt Maria.
• Bei OV-Sprachen spricht man auch von zentripetalen oder rezeptiven Sprachen.
• Das Muster für OV-Sprachen (rezeptive Sprachen) ist Paulus Mariam amat.
• In VO-Sprachen ist zu erwarten, dass das Adjektiv hinter dem Nomen steht: Hänschen klein, Röslein rot.
• In OV-Sprachen ist zu erwarten, dass das Adjektiv vor dem Nomen steht: der kleine Hans, die weiße Rose.
• In VO-Sprachen ist zu erwarten, dass das Genitivattribut hinter dem Nomen steht: die Katze des Nachbarn.
• In OV-Sprachen ist zu erwarten, dass das Genitivattribut vor dem Nomen steht: Ninas Katze, des Nachbarn Katze.
• In VO-Sprachen ist zu erwarten, dass es Präpositionen gibt: entlang des Flusses, wegen der Uni, vor der Schule.
• In OV-Sprachen ist zu erwarten, dass es Postpositionen gibt: den Fluss entlang, der Uni wegen, der Schule halber.
• Das Deutsche verhält sich in Bezug auf die AN-Stellung rezeptiv, in allen anderen Bezügen jedoch emissiv.
• Das Urindogermanische (vor ca. 5 000 Jahren) war eine OV-Sprache (SOV-Sprache).
• Die meisten indogermanischen Sprachen im indoiranischen Bereich haben diesen Wortstellungstyp beibehalten.
• Die keltischen Sprachen am Westrand haben den Wortstellungstyp zu VSO gewechselt.
• Keltische Sprachen sind etwa Irisch, Gälisch, Schottisch, Kymrisch, Bretonisch und Kornisch.
• Viele sind in Europa zu SVO-Sprachen geworden (z. B. die slawischen Sprachen und mitunter auch das Deutsche).
• Es gilt aber als gesichert, dass der ursprünglich indoeuropäische Wortstellungstyp SOV war.
• Im Deutschen hat der unmarkierte Aussagesatz SOV-Stellung: Der Mann liebt die Frau.
• Im Deutschen hat die markierte Nebensatz SOV-Stellung: … weil der Mann die Frau liebt.
• Die SOV-Stellung im deutschen Nebensatz kann sowohl etwas Althergebrachtes oder eine spätere Festigung sein.
• Zwischen dem Englischen und dem Deutschen bestehen deutliche Unterschiede in Bezug auf die Nebensatz-Stellung.
• Das Englische hat sowohl im Aussage- als auch im Nebensatz die SVO-Stellung:
o Michael [S] loves [V] computer games [O].
o … because Michael [S] loves [V] computer games [O].
• Das Deutsche hat im Aussagesatz die SVO-Stellung und im Nebensatz die SOV-Stellung:
o Michael [S] liebt [V] Computerspiele [O].
o …weil Michael [S] Computerspiele [O] liebt [V].
• Im Grunde sind im Deutschen alle sechs Wortstellungstypen möglich:
o SVO: Der Hund beißt den Briefträger. (Aussagesatz)
o VSO: Beißt der Hund den Briefträger? (Entscheidungsfrage-Satz)
o OSV: … weil der Hund den Briefträger beißt. (Nebensatz-Stellung)
o VOS: Beißt den Briefträger [oder: ihn] der Hund? (markierte Variante)
o OSV: … weil den Briefträger [oder: ihn] der Hund beißt. (markierte Variante)
o OVS: Den Briefträger beißt der Hund. (markierte Variante)
• Obwohl alle Wortstellungstypen möglich sind, lässt sich nicht von einer freien Wortstellung sprechen.
• Es lässt sich nicht von einer freien Wortstellung sprechen, weil die Abweichungen markiert sind.
• Es gibt eine ganze Reihe von einschränkenden Kriterien, welche die Wortstellung genauer bestimmen.
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• Völlig frei ist eine Wortstellung dann, wenn es keine bestimmenden Regeln gibt.
• Es ist zu bezweifeln, dass irgendeine natürliche Sprache über eine völlig freie Wortstellung verfügt.
• Die Zweitstellung des finiten Verbs im Deutschen gibt es erst seit der Zeit des Althochdeutschen.
• Das ist aber eine wackelige Aussage, da es von früheren Sprachstufen keine gesicherten Belege gibt.
• Die sprachtypologische Unterscheidung in Wort- und Silbensprachen ist ein relativ moderner Ansatz.
• Literatur: DAMARIS NÜBLING: Historische Sprachwissenschaft des Deutschen (42013)
• Es gibt Silben- und Wortsprachen sowie Misch- und Zwischenformen.
• Bei Silbensprachen steht die Optimierung der Silbenstruktur im Vordergrund.
• Optimierung bedeutet, dass es im Idealfall zu einem regelmäßigen Konsonant-Vokal-Wechsel kommt.
• Beispiel aus dem Italienischen:
o Che gelida manina, se la lasci riscaldar.
o KV KVKVKV KVKVKV, KV KV KVKV KVKKVKKVK.
• Bei Wortsprachen steht die Optimierung der Wortstruktur im Vordergrund.
• Optimierung bedeutet, dass sich im Idealfall die einzelnen Wörter klar voneinander abgrenzen lassen.
• Beispiel aus dem Deutschen:
o Leise rieselt der Schnee, still und starr ruht der See.
o KVKV KVKVKK KVK KKV, KKVK VKK KKVK KVK KVV KV.
• Man geht davon aus, dass sich das Deutsche von einer Silben- zu einer Wortsprache entwickelte.
• Silbensprachen: Spanisch, Italienisch, Französisch, Japanisch, Althochdeutsch usw.
o gute Silbenstruktur (regelmäßiger KV-Wechsel)
o simple Silbenstruktur
o Silbenstruktur unabhängig von der Silbenstellung (betonte und unbetonte Silben sind gleich komplex)
o einheitliches Vokalsystem, das für alle Silben gleichermaßen gilt (gleich viele Vokalarten)
o Epenthese (Vokal- und Konsonanteneinschübe zur Optimierung der syllabischen Struktur)
Vokalepenthese (um Konsonantenhäufungen zu vermeiden)
Beispiel: ahd. (früher) perg > ahd. (später) pereg – ‘Berg’
Konsonantenepenthese (um Hiatus zu vermeiden)
Beispiel: ahd. (früher) bûan > ahd. (später) bûwan – ‘bauen’
o schwacher, undeutlicher Wortakzent
o Vollvokale in allen Silben (in Stamm- und Nebensilben)
o hohe Silbenzahl (lange Wörter ohne Konsonantenhäufungen)
o Vorteile für die Sprechenden (die Laute sind leicht zu produzieren)
o Nachteile für die Hörenden (die Wörter sind schwierig abzugrenzen)
• Wortsprachen: Neuhochdeutsch usw.
o gute Wortstruktur (markieren der Wortgrenzen)
o komplexer Silbenbau (Strauch, du knirschst)
o Silbenstruktur abhängig von der Silbenposition (unbetonte Silben sind eher simpel)
o differenziertes Vokalsystem je nach betonten oder unbetonten Silben (betonte Silben mehr Vokale)
Beispiel: ahd. sálbôta > mhd. salbete > nhd. salbte, ahd. ungawitiri > mhd. ungewitere > nhd. Ungewitter
o Epenthese (Vokal- und Konsonanteneinschübe zur Optimierung der morphemischen Struktur)
Vokalepenthese (um Hiatus zu bilden)
Beispiel: mhd. bûr > nhd. Bauer
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Konsonantenepenthese (um Wortränder zu markieren)
Beispiel: mhd. saf > nhd. saft, mhd. nieman > nhd. niemand
o starker, deutlicher Wortakzent
o Vollvokale in Stammsilben
o reduzierte Vokale in Nebensilben
o geringe Silbenzahl (kurze Wörter mit Konsonantenhäufungen)
o Vorteile für die Hörenden (die Wörter sind leicht abzugrenzen)
o Nachteile für die Sprechenden (die Laute sind schwierig zu produzieren)
6. Einheit (25.11.2015)
• Charakteristika des Deutschen finden sich auf folgenden sprachlichen Ebenen:
o Phonetik/Phonologie
o Syntax
o Morphologie
o Variation
• Die typologischen Eigenschaften des Deutschen beziehen sich auf die deutsche Standardsprache.
• Standardsprache ist die mündliche Realisierung der Schriftsprache.
• Die phonologischen und phonetischen Eigenschaften des Standards gelten nur eingeschränkt für den Substandard.
• Darum darf man die typologischen Eigenschaften des Standards nicht auf alle Varietäten verallgemeinern.
• Phonetik teilt sich in die Disziplinen der artikulatorischen, der akustischen und der auditive Phonetik.
• Im deutschen Sprachraum steht die artikulatorische Phonetik im Zentrum der Phonetik.
• Artikulation (Herstellung der Laute), Akustik (Übertragung der Laute), Audition (Wahrnehmung der Laute).
• Die akustische Phonetik setzt sich mit Transmission der Sprachlaute auseinander (z. B. Höhe, Frequenz, Lautstärke)
• Die auditive Phonetik setzt sich mit der Rezeption der Sprachlaute auseinander (z. B. Ohr, Psycholinguistik)
• Die artikulatorische Phonetik setzt sich mit der Produktion der Sprachlaute auseinander (z. B. Mundraum)
• Die Phonologie beschäftigt sich mit dem System der Sprachlaute und beschäftigt sich mit den Phonemen.
• Phone sind konkrete Elemente, die sich durch die kleinste mögliche Lauterscheinung auszeichnen.
• Phoneme sind abstrakte Elemente, denen die wahrnehmbaren Laute zuzuordnen sind („virtuelle Schubladen“).
• Phoneme sind die kleinsten Einheiten einer Sprache, welche Bedeutungen unterscheiden (z. B. leben vs. laben).
• Obwohl sich unbegrenzt viele Phone bilden lassen, lassen sie sich nur einer begrenzten Phonemanzahl zuordnen.
• Das Phoneminventar ist von Sprache zu Sprache unterschiedlich.
• Die deutsche Standardsprache weist folgende vokalische Charakteristika auf:
o Unterscheidung zwischen Monophthongen und Diphthongen (nicht alle Sprachen unterscheiden zwischen Monophthongen und Diphthongen; bei Diphthongen handelt es sich nicht um zwei Monophthonge/Vokale; bei Monophthongen ändert sich die Vokalqualität über die Artikulationsdauer nicht; bei Diphthongen ändert sich die Vokalqualität über die Artikulationsdauer; bei Diphthongen beschreiten die Artikulationsorgane einen Weg von einem Anfangs- zu einem Endpunkt; die phonetische Transkription verschriftlicht nur die Anfangs- und die Endpunkte; zwischen diesen Endpunkten befindet sich jedoch ein phonetisches Kontinuum)
o phonologisch distinktive Vokallänge (die phonologisch distinktive Vokallänge bezieht sich auf die Monophthonge; die Vokallänge macht einen Bedeutungsunterschied aus; z. B. rate vs. Ratte, lahm vs. Lamm; die phonologisch distinktive Vokallänge gibt es nur in der deutschen Standardsprache; es gibt auch Sprachen ohne phonologisch distinktive Vokallänge; diese Sprachen nennen sich isochrone Sprachen; die Bedeutungsunterscheidung nach
Vokallänge gab es schon im Indogermanischen; in den romanischen und slawischen Sprachen hat sich diese indogermanische Längenunterscheidung nicht erhalten)
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o ungerundete vs. gerundete Palatalvokale (palatale Vokale sind jene Vokale, die vorn im Mundraum gebildet werden, z. B. i und e; vorn bedeutet, dass der höchste Punkt der Zungenwölbung vorm im Mundraum liegt; palatal
bedeutet, dass die Vokale am harten Gaumen gebildet werden; gerundet bedeutet, dass sich die Lippen runden; ü
und ö sind gerundete Palatalvokale; ü und ö sind Vokale, die es in anderen Sprachen in dieser Form nicht gibt; in
diesem Punkt umfasst die deutsche Standardsprache ein „exotisches“ formales Charakteristikum; Ungarisch, Französisch und Türkisch haben etwa auch hohe und mittlere Palatalvokale)
o Tonhöhe nicht phonologisch (Unterschiede in der Tonhöhe tragen keine Bedeutung; die Tonhöhe geht immer
auch mit dem Verlauf der Tonhöhe einher; Chinesisch ist eine typische Sprache mit phonologischem Verlauf der
Tonhöhe; aber nicht nur das Chinesische, sondern auch viele afrikanische Sprachen weisen phonologische Verläufe
der Tonhöhe auf)
• Die kürzeren Vokale liegen in der deutschen Standardsprache tiefer als die längeren Vokale.
• Die velaren Vokale sind im Deutschen eher gerundet (das Sächsische weist Velarvokale ohne Lippenrundung auf).
• Die Lunge ist kein Artikulationsorgan, aber sie stellt den Luftstrom für die Artikulation bereit.
• Die Luftröhre ist auch kein Artikulationsorgan, aber sie leitet den Luftstrom zu den Artikulationsorganen.
• Artikulationsorgane und -orte:
o Stimmritze/Glottis (glottale Laute)
o Rachenraum/Pharynx (pharyngale Laute)
o Gaumenzäpfchen/Uvula (uvulare Laute)
o weicher Gaumen, Gaumensegel/Velum (velare Laute)
o harter Gaumen/Palatum (palatale Laute)
o Gaumenrand, Zahndamm/Alveolen (alveolare Laute)
o obere Schneidezähne/Dentes (dentale Laute)
o Lippen/Labia (labiale Laute)
o Zungenspitze/Apex (apikale Laute)
o Zungensaum/Korona (koronare Laute)
o vorderer Zungenrücken/Dorsum anterius (anterodorsale Laute)
o hinterer Zungenrücken/Dorsum posterius (posterodorsale Laute)
o Zungenwurzel/Radix (radikale Laute)
• Das Velum ist beweglich und hilft mit, den Luftfluss durch den Mund- und den Nasenraum zu steuern.
• Fließt ein Teil der Luft durch den Mund- und ein anderer Teil durch den Nasenraum, entstehen Nasale.
• Vokale sind immer stimmhaft, wobei die Flüsterstellung eine Ausnahme bildet, bei der es zur Annäherung kommt.
• Zungenstellung, Lippenrundung und Öffnung/Verschluss des Nasenraumes spielen bei der Artikulation eine Rolle
• Konsonanten sind stimmhafte oder stimmlose Laute, bei denen es zu einer Behinderung des Luftstroms kommt.
• Bei der Artikulationsweise kann es zu einer Engebildung oder zu einer Verschlussbildung kommen.
• Bei der Engebildung kommt es zu Frikativen (Reibelauten).
• Bei der Verschlussbildung lässt sich nach der Verschlussöffnung weiter unterscheiden:
o Verschluss mit folgender oraler Öffnung (Plosive/Verschlusslaute)
o Verschluss mit Öffnung und folgender Engebildung (Affrikaten/Verschlussreibelaute)
o Verschluss mit gesenktem Gaumensegel (Nasale/Nasenlaute)
o Verschluss mit seitlicher Engebildung (Laterale/Seitenlaute; zu den Liquiden gehörig)
o Verschluss mit intermittierendem Verschluss (Vibranten/Schwing- oder Zitterlaute; zu den Liquiden gehörig)
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• Eine Möglichkeit der Behinderung ist die Engebildung, bei der Frikative (Reibelaute) entstehen.
• Das [h] bildet ebenfalls eine Enge, da der Luftstrom nicht wie beim Atmen ungehindert fließen kann.
• Eine andere Möglichkeit der Behinderung ist die Verschlussbildung, bei der Verschlusslaute entstehen.
• Die deutsche Standardsprache weist folgende konsonantische Charakteristika auf:
o relativ wenige Nasale (z. B. kein [ɲ])
o relativ viele Obstruenten (Plosive, Frikative, Affrikaten und Glottisschlag)
o Fortes und (phonologisch distinktive) Lenes (stimmlose Konsonanten vs. stimmhafte Konsonanten)
o Auslautverhärtung (stimmhafte Konsonanten werden im Auslaut stimmlos; [b], [d], [g] > [p], [t], [k])
• Die deutsche Standardsprache weist folgende syllabische Charakteristika auf:
o relativ komplexe Silbenstrukturen (z. B. du strolchst: KKKVKKKK)
o reduzierter Vokalismus in Nebensilben (im Vergleich z. B. zu Latein, Althochdeutsch und Mittelhochdeutsch)
o keine Vokalharmonie (keine qualitative Vokaladaption in Abhängigkeit von Nachbarvokalen, z. B. ungar. kertek vs.
körtök; beim althochdeutschen i-Umlaut handelt es sich um eine Art von Vokalharmonie: ahd. lamb – ‘Lamm’, ahd.
lembir – ‘Lämmer’; das nachfolgende i bestimmt die Vokalqualität des vorangehenden Vokals; der althochdeutsche
i-Umlaut war nicht nur auf den Plural beschränkt, sondern spielte auch in der Kasusmarkierung eine Rolle, z. B.
älteres ahd. lamb – ‘Lamm’, lembires – ‘des Lammes’, lembire – ‘dem Lamm’ vs. späteres ahd. lamb – ‘Lamm’,
lamb(ir)es – ‘des Lammes’, lemb(ir)e – ‘dem Lamm’; die Umlaute beschränkten sich im Laufe der Geschichte auf
den Plural; das ist darauf zurückzuführen, dass die Kategorie Plural gegenüber der Kategorie Genus in ihrer Wichtigkeit zugenommen hat; Stichwort: Kasusnivellierung bei gleichzeitiger Numerusprofilierung)
• Die deutsche Standardsprache weist folgende prosodisch-intonatorischen Charakteristika auf:
o Wortakzent auf Stammsilbe
o Akzentzählung (konstante Abstände zwischen betonten Silben)
o Satzmelodie ist funktional gesteuert (z. B. Deklarativ-, Imperativ- und Fragesatz; Satzmelodien im Deutschen: fallend, terminal: Aussage-/Deklarativsatz; steigend, interrogativ: Entscheidungsfragen; weiterführend, progredient:
relativer Hochton an der Fuge zwischen Haupt- und Nebensatz; nicht jeder Aussagesatz weist in der alltäglichen
Rede eine terminale Intonation auf; die Bezeichnung interrogative Satzmelodie für die steigende Satzmelodie ist
irreführend, da diese Melodie nicht auf Fragesätze beschränkt ist und nicht alle Fragesätze diese Melodie aufweisen)
7. Einheit (02.12.2015)
• Die deutsche Standardsprache weist folgende charakteristische Wortbildungsarten auf:
o Komposition (Zusammensetzung aus mehreren verschiedenen Wörtern; Beispiele für die Komposition: Lehrbuch < lehren + Buch, Kant-Studien < Kant + Studien und Liederschreiberin < Lieder + Schreiber; es gibt zwei Unterarten der Komposition: Determinativkomposita und Kopulativkomposita; bei den Determinativkomposita legt
das Bestimmungswort das Grundwort fest; das Bestimmungswort ist die erste Komponente; das Grundwort ist die
zweite Komponente; Beispiele für Determinativkomposita: Pelzmantel < Pelz + Mantel, Füllfeder < füllen + Feder
und Trinkflasche < trinken + Flasche; bei den Kopulativkomposita vereint das Kompositum die Semantik beider
Komponenten zu gleichen Teilen; die Reihenfolge der Komponenten ist konventionell festgelegt; die Kopulativkomposita werden auch Additivkomposita genannt; Beispiele für Kopulativkomposita: nasskalt < nass + kalt, Strumpfhose < Strumpf + Hose und Dichtersänger < Dichter + Sänger; ein Determinativkompositum besteht immer aus
genau zwei Komponenten; Grund- und Bestimmungswort können zwar ebenso komplexe Wörter sein, aber das
Kompositum selbst besteht immer aus Grund- und Bestimmungswort; ein Kopulativkompositum besteht aus min-
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destens zwei Komponenten; Kopulativkomposita können aber auch aus mehreren Komponenten bestehen; Beispiele für Kopulativkomposita mit mehr als zwei Komponenten: rot-weiß-rot < rot + weiß + rot und schwarz-rotgold < schwarz + rot + gold; die Wortbildungsart der Komposition ist im Gegenwartsdeutschen äußerst produktiv;
es gibt Ad-hoc-Bildungen, die sich in keinen gegenwärtigen Wörterbüchern finden; Beispiel für eine solche Adhoc-Bildung: Verhinderungsminister < Verhinderung + Minister; in anderen Sprachen ist die Komposition weniger
oder gar nicht produktiv; solche Sprachen sind etwa die romanischen Sprachen; Beispiel für die syntaktische Realisation im Französischen: franz. jus d’orange – wörtl. ‘Saft der Orange’ vs. dt. Orangensaft; gäbe es die Wortbildungsart der Komposition im Deutschen nicht, müssten die Komposita ebenfalls mit syntaktischen Mitteln ausgedrückt werden)
o Kontamination (Verschmelzung aus verschiedenen Wörtern; Beispiele für die Kontamination: Kurlaub < Kur +
Urlaub, Indiskretin < indiskret + Kretin; Telephant < Telephon + Elephant; Kinder und die Werbung spielen sehr
gern mit Kontaminationen)
o Derivation (Ableitung eines Wortes durch Affixe; die meisten Abhandlungen behandeln den Begriff Derivation als
Oberbegriff für Präfix-, Suffix- und Zirkumfixbildung; einige Abhandlungen verwenden den Begriff Derivation nur
für die Suffixbildung; Beispiele für Präfixbildungen: aufgehen < auf- + gehen, vergehen < ver- + gehen und begehen <
be- + gehen; die neuere Forschung unterscheidet Partikelverben und Präfixverben; Partikelverben bilden in manchen syntaktischen Stellungen zwei syntaktische Wörter, wie z. B. im Satz: Die Sonne geht am Morgen auf. vs. *Die
Sonne aufgeht am Morgen.; Präfixverben bleiben in allen syntaktischen Stellungen ein syntaktisches Wort, wie z. B.
im Satz: Die Zeit vergeht einfach nicht. vs. *Die Zeit geht einfach nicht ver.; Beispiele für Suffixbildung: Sport + -lich >
sportlich; Sport + -ler > Sportler; Beispiele für Zirkumfixbildung: ge-…-de + Land > Gelände; Bildungen wie unsportlich sind keine Zirkumfixbildungen, da in der Genese immer genau zwei Komponenten zusammentreten:
1. Sport + -lich > sportlich, 2. un- + sportlich > unsportlich; bei der Derivation kann sich auch die Wortart ändern;
die Wortart muss sich allerdings nicht ändern; z. B. sind bei Sportler < Sport + -ler sowohl Sportler als auch Sport
Substantive; Suffixe determinieren die Wortart; Suffixe sind also wortartdeterminierend; Präfixe determinieren die
Wortart nicht; Präfixe sind also nicht wortartdeterminierend)
o Konversion (Überführung in eine andere Wortart ohne Affigierung und Stammänderung; Beispiele für Konversion: Kraft [Substantiv] > kraft [Präposition], Fisch [Substantiv] > fischen [Verbstamm], gehen [Infinitiv] > Gehen
[substantivierter Infinitiv] und soll [3. Person Singular] > Soll [Substantiv]; wenn aus verschiedenen Wortarten ein
Verb entsteht, ist nicht die Verbendung, sondern der Verbstamm von Bedeutung, da die Endung nicht der Wortbildung, sondern der Flexion angehört; ein Beispiel dafür ist Fisch [Substantiv] > fisch- [Verbstamm])
o Abbreviation (Abkürzung; z. B. EDV < elektronische Datenverarbeitung, EEG < Elektroenzephalogramm, NATO <
North-Atlantic Treaty Organization, UNESCO < United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization,
Bus < Omnibus, Cello < Violoncello, Uni < Universität; bei manchen Abkürzungen spricht man die Namen der Buchstaben aus; manche Abkürzungen spricht man als Wort aus)
• Das Deutsche macht reichhaltigen Gebrauch von den möglichen Wortbildungsarten.
• Es ist möglich, diese Arten kreativ und produktiv zu gebrauchen.
• Wortbildung und Flexion sind beides Teilbereiche der Morphologie
• Bei der Wortbildung entsteht ein neues Wort (Bedeutungsveränderung).
• Bei der Flexion entstehen neue Wortformen desselben Wortes (Bedeutungsgleichheit).
• Ein Simplex (Pl.: Simplizia) ist ein Wort, das nicht durch Wortbildung verändert wurde.
• Ein komplexes Wort ist ein Wort, das durch die Wortbildung verändert wurde.
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Wintersemester 2015/2016
• Das Standarddeutsche weist folgendes Inventar an grammatikalischen Kategorien auf:
o grammatikalische Kategorien, die durch Flexion (Abwandlung; Konjugation und Deklination) auszudrücken sind:
Verben
• Person (Pl.: Personen; 3 Personen: 1., 2., 3. Person)
• Numerus (Pl. Numeri; 2 Numeri: Singular, Plural)
• Genus verbi/Diathese (Pl.: Genera verbi/Diathesen; 2 Genera verbi/Diathesen: Aktiv, Passiv)
• Tempus (Pl.: Tempora; 6 Zeitformen: Präsens, Präteritum, Perfekt, Plusquamperfekt, Futur I, Futur II)
• Modus (Pl.: Modi; 3 Modi: Indikativ, Imperativ, Konjunktiv)
Substantive/Nomen
• Genus (Pl.: Genera: 3 Genera: Maskulinum, Femininum, Neutrum)
(in anderen Sprachen gibt es andere Genera-Einteilungen; im Deutschen gibt es etwa Femininum, Maskulinum und Neutrum; in den romanischen Sprachen gibt es nur Femininum und Maskulinum; in den
skandinavischen Sprachen gibt es dagegen das Genus commune und das Neutrum; im Englischen gibt
es dagegen gar kein Genus im eigentlichen Sinne; das Englische markiert kein Genus am Substantiv; es
gibt aber einige Ausnahmen, wie z. B. actor vs. actress, landlord vs. landlady und emperor vs. empress)
• Numerus (Pl.: Numeri: 2 Numeri: Singular, Plural)
(in anderen Sprachen gibt es weitere Numeri; Beispiele für andere Numeri: Dualis – Zweiheit/Zweizahl,
z. B. im Slowenischen, im Urindogermanischen und im Griechischen, Trialis – Dreiheit/Dreizahl, z. B.
in den ozeanischen Sprachen, Paucalis – geringe Anzahl, z. B. im Arabischen)
• Kasus (Pl.: Kasus: 4 Kasus: Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ)
(in anderen Sprachen gibt es weitere Modi; diese Modi weisen eigene Paradigmen auf; sie werden synthetisch oder analytisch gebildet; Beispiele für andere Modi: Optativ – erfüllbarer Wunsch, z. B. im Türkischen, Involuntativ – Versehen, z. B. westkaukasische Sprachen, Energikus – nachdrückliche Behauptung, z. B. im Arabischen)
Adjektive
• Komparation (3 Steigerungsstufen: Positiv/Grundstufe, Komparativ/Mehrstufe, Superlativ/Meiststufe)
• schwache vs. starke Flexion (Genus, Numerus, Kasus)
• Die Entscheidung darüber, ob das Deutsche eine VO- oder eine OV-Sprache ist, hängt vom Syntaxmodell ab.
• Im Hinblick auf die Oberflächensyntax handelt es sich um einen Mischtyp.
• Im Hinblick auf die Tiefensyntax könnte es sich auch um eine OV-Sprache handeln.
Varietätenlinguistik
• Die Varietätenlinguistik interessiert sich für verschiedene Ausprägungen von Sprache.
• Eine Varietät ist eine Sprachform, die durch ein außersprachliches Merkmal festgelegt ist.
• Eine sprachliche Varietät ist eine Ausprägung einer Sprache auf einer der Dimensionen der sprachlichen Variation.
o Alter: Gerontolekte, Jugendsprache (nicht nur auf Alters-, sondern auch für Jugendsprachen)
o Fächer: Fach- und Wissenschaftssprachen
o Funktion: Funktiolekte (Alltags-, Literatur-/Dichtungs-, Fach-/Wissenschafts-, Behörden-, Presse-, Werbesprache)
o Geschlecht: Genderlekte, Sex(o)lekte (Sex[o]lekt ist ein veralteter Begriff, da er sich nur auf das biologische Geschlecht bezieht; Genderlekt ist der modernere Begriff, da er sich auf der soziale/kulturelle Geschlecht bezieht; den
Begriff Sex[o]lekt gegenüber Genderlekt aufzugeben, ist durchaus sinnvoll)
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Vorlesung von: Franz Patocka
Mitschrift von: Christian Riedl
VO Germanistische Sprachwissenschaft – Schnittstellen
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o Gruppe: Soziolekte (die sozial definierten Varietäten nennt man auch diastratisch definierte Varietäten; die Soziolinguistik beschäftigt sich mit Soziolekten; eine einheitliche Terminologie zu finden, ist schwierig, da das Wort diastratisch je nach Zusammenhang auch anders zu verstehen ist; Soziolekte in weiterem Sinne sind geschlechts-,
alters- und gruppenspezifische Varietäten; Soziolekte beziehen sich nicht nur auf „Unter-“, „Mittel-“ und „Oberschicht“)
o Individuum: Idiolekte (die Schnittmenge der Idiolekte ergibt eine Varietät)
o Medium: Mediolekte (in den Mediolekten geht es um den Gegensatz zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit;
es ist aber zwischen Konzeption/Planung und Realisierung/Umsetzung zu unterscheiden; vorgelesene Vorträge
sind konzeptionell schriftlich und medial mündlich; Kurznachrichten sind konzeptionell mündlich und medial
schriftlich; es gibt ein Kontinuum zwischen konzeptioneller und medialer Mündlichkeit und Schriftlichkeit)
o Raum: Standardsprachen, Umgangssprachen, Regiolekte, Verkehrsdialekte, Basisdialekte (räumlich definierte Varietäten nennt man auch diatopisch definierte Varietäten; das traditionelle Modell geht von folgenden Varietäten
aus: Standardsprachen, Umfangssprachen, Verkehrsdialekten und Basisdialekten; das Modell reicht von überregional bis zu kleinlandschaftlich; das Vier-Stufen-Modell ist sehr österreichlastig bzw. ostösterreichlastig)
o Situation: Situolekte
• Der Varietäten- und der Lekt-Begriff decken einander großteils.
• Nicht alle möglichen Varietäten haben auch Lekt-Namen.
• Zwischen den verschiedenen Varietäten bestehen vielfältige Beziehungen und Verbindungen.
8. Einheit (09.12.2015)
Diatopisch definierte Varietäten (Hochsprache vs. Dialekt, deutsche Dialekte)
• Im Allgemeinen unterscheidet man Standardsprachen, Umgangssprachen, Verkehrsdialekte und Basisdialekte.
• Das Varietätenkontinuum geht von überregionaler Gültigkeit zu kleinlandschaftlicher Gültigkeit.
• Standardsprachen haben die größte geographische Reichweite.
• Basisdialekte haben die kleinste geographische Reichweite.
• Es gibt nicht nur unterschiedliche Dialekte, sondern auch unterschiedliche Standards.
• Schriftsprache wird nur geschrieben, Standardsprache wird sowohl geschrieben als auch gesprochen.
• Die Standardsprache ist die mündliche Umsetzung der Schriftsprache.
• Es heißt nicht „Ich rede Schriftsprache“, sondern „Ich rede nach der Schrift“.
• Die Standardsprachen weisen die größte wechselseitige Verstehbarkeit auf.
• Die Basisdialekte weisen die kleinste wechselseitige Verstehbarkeit auf.
• Die kommunikative Reichweite bezieht sich auf den Grad der störungsfrei ablaufenden Kommunikation.
• Innerhalb desselben Dorfes ist das kein Problem, zwischen den Dörfern kann es schon Probleme geben.
• Im Bereich der Verkehrsdialekte und der Umgangssprachen wird die kommunikative Reichweite größer.
• Die Standardsprachen weisen die größte kommunikative Reichweite auf.
• Im späten 16. und im 17. Jahrhundert kam es zu einer sprachlichen Einigung.
• Diese sprachliche Einigung war die Voraussetzung für die Ausbildung einer Schrift- und einer Standardsprache.
• Diese sprachliche Einigung war einige Zeit durch Reformation und Gegenreformation behindert.
• MARTIN LUTHER initiierte die Reformation im 16. Jahrhundert, und im Süden kam es zur Gegenreformation.
• Die Auseinandersetzung wurde nicht nur über Konfessionen, sondern auch über die Sprache ausgetragen.
• Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren die konfessionellen und sprachlichen Schranken weitgehend beseitigt.
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Vorlesung von: Franz Patocka
Mitschrift von: Christian Riedl
VO Germanistische Sprachwissenschaft – Schnittstellen
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• Im katholischen Teil (im oberdeutschen Raum) wurde die ostmitteldeutsche Varietät scharf zurückgewiesen (Süden).
• Im katholischen Teil sprachen besonders die Jesuiten von der „Sprache der Ketzer“.
• Im protestantischen Teil (im mitteldeutschen Raum) wurde die oberdeutsche Varietät zurückgewiesen (Norden).
• Unter MARIA THERESIA und JOSEPH II. kam es im 18. Jahrhundert zu einer Annäherung der beiden Regionen.
• Die Unterschiedlichkeit der Sprachen war keine gute Voraussetzung zur Ausbildung eines gemeinsamen Standards.
• Es gab etwa folgende Unterschiede (im 17. Jahrhundert; kein Prüfungsstoff):
o mhd. Diphthonge ie, ue und uo im Mitteldeutschen monophthongiert: liebe gute Brüder
o mhd. Diphthonge ie, ue und uo im Oberdeutschen weiterhin diphthongiert: liabe guate Brüada
o Senkung von bestimmten Vokalen im Mitteldeutschen: Sonne, König
o Beibehaltung der Höhe bestimmter Vokale im Oberdeutschen: Sunn, Kenig
o Umlautung von u im Mitteldeutschen: Brücke, Rücken
o keine Umlautung von u im Oberdeutschen: Bruckn, Ruckn
o mhd. î, ei fallen im Mitteldeutschen zusammen (mhd. wît, breit > md. weit, breit).
o mhd. î, ei bleiben im Oberdeutschen getrennt (mhd. wît, breit > od. weit, brait).
• Diese Unterschiede verschwanden in der Schrift- und der sich herausbildenden gesprochenen Standardsprache.
• Es kam aber zu keiner völligen Angleichung der Standardvarietäten.
• Die Unterschiede beeinträchtigen die gegenseitige Verstehbarkeit durchschnittlich nur in geringem Maße:
o phonologische bzw. phonetische Unterschiede (keine Beeinträchtigung)
(z. B. Vokalismus und Konsonantismus in Nebensilben)
o morphologische Unterschiede (keine Beeinträchtigung)
(z. B. Schweinebraten vs. Schweinsbraten, Rinderbraten vs. Rindsbraten, Krane vs. Kräne)
o lexikalische Unterschiede (große Beeinträchtigung)
(z. B. Topfen vs. Quark, Obers vs. Sahne, Semmel vs. Brötchen, Karotte vs. Möhre)
o syntaktische Unterschiede (teilweise Beeinträchtigung)
(z. B. sich ausgehen vs. Ø; …, dass nur ich es hören habe können vs. …, dass nur ich es habe hören können; )
o pragmatische Unterschiede (teilweise Beeinträchtigung)
(z. B. viertel 12 Uhr vs. viertel nach 11 Uhr, Perfekt- vs. Präteritumsgebrauch, Tschüss-Gebrauch)
• Regiolekte und Umgangssprachen sind landschaftsgebundene Varietäten unterhalb des Standards (Substandard).
• Sie sind von den jeweiligen Dialekten geprägt, aber auf die Standardsprache ausgerichtet.
• Definition: Dialekt ist „ein Sprachsystem, das (a) zu anderen Systemen ein hohes Maß an Ähnlichkeit aufweist, sodass eine zumindest partielle wechselseitige Verstehbarkeit möglich ist, (b) regional gebunden in dem Sinne, dass die
regionale Verbreitung dieses Systems nicht das Gebrauchsgebiet eines anderen Systems überlappt, (c) keine Schriftlichkeit bzw. Standardisierung im Sinne offiziell normierter orthographischer und grammatikalischer Ebene aufweist.“ (HADUMOD BUSSMANN 1990)
• Frau BUSSMANNs Dialekt-Definition ist aus verschiedenen Gründen diskutierbar:
o Zu a: Sprechende aus Tirol und Norddeutschland verstehen einander nicht einmal teilweise.
o Zu b: Das Kriterium ist sehr mathematisch, sagt aber im Grunde nichts aus.
o Zu c: Es gibt Bestrebungen, schweizerische Dialekte zu kodifizieren, sowie schriftlose Sprachen.
• Definition: Dialekt ist eine „untergeordnete, lokal bis regional gebundene, privat bis halböffentlich und damit beschränkt gebrauchte, der Schriftsprache mehr oder minder fernstehende, meist wenig geschätzte, entwicklungsgeschichtlich auf natürlichem Weg aus einem Protosystem hervorgegangene Sprachform.“ (PETER WIESINGER 1980)
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VO Germanistische Sprachwissenschaft – Schnittstellen
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• Gegenüberstellung von Hochsprache und Dialekt (nach HEINRICH LÖFFLER 2003):
o Kriterium der Sprachbenutzenden (außersprachliches Kriterium)
Welche Bevölkerungskreise/Personen verwenden welche Sprachschicht?
Hochsprache: Mittel- und Oberschicht, höhere Beamte, Unternehmende, akademische Berufe des öffentlichen
und kulturellen Lebens
Dialekt: Unterschicht, also Arbeiter_innen, Bäuer_innen, Handwerker_innen, kleine Angestellte, Personen
mit geringer Schuldbildung
Diese Zuweisungen sind ideologisch problematisch, wenn auch teilweise zutreffend.
Die Unterteilung in Unter-, Mittel- und Oberschicht wird oft mit dem Grad der Schuldbildung verbunden.
Im alemannischen Sprachraum ist es etwa möglich, in allen Lebensbereichen im Dialekt zu sprechen.
Auch in anderen Sprachräumen als dem alemannischen Sprachraum ist der Dialekt nicht so eingeschränkt.
Diese Kriterien lassen sich auf einzelne Personen nicht genauso umlegen.
o Kriterium des Verwendungsbereiches (außersprachliches Kriterium)
In welchen situativen Konstellationen wird was verwendet?
Hochsprache: öffentlicher Bereich, überörtlicher Bereich; mündliche und schriftliche Rede, Literatur, Kunst,
Wissenschaft; öffentliche Rede, feierliche Anlässe, Gottesdienst, Schule
Dialekt: familiär-intimer Bereich, örtlicher Bereich, Arbeitsplatz; mündlicher Sprachgebrauch
Die Zuweisungen sind ideologisch weniger problematisch.
o Kriterium der räumlichen Erstreckung (außersprachliches Kriterium)
Wie weit erstreckt sich der jeweilige Geltungsbereich?
(Das ist die „klassische“ diatropische Fragestellung.)
Hochsprache: überörtlich, räumlich nicht begrenzt, nicht landschaftsspezifisch
Dialekt: orts- und raumgebunden, landschaftsspezifisch
o Kriterium der kommunikativen Reichweite (außersprachliches Kriterium)
Wie weit reicht die ohne Probleme ablaufende Verständigungsmöglichkeit?
Hochsprache: unbegrenzte, optimale kommunikative Reichweite; größter Verständigungsradius
Dialekt: begrenzte, minimale kommunikative Reichweite; geringer Verständigungsradius
o Kriterium der sprachgeschichtlichen Entstehung (außersprachliches Kriterium)
Wie stehen Dialekt und Hochsprache sprachgeschichtlich zueinander?
Die sprachgeschichtliche Entstehung im Deutschen ist ein komplexer Gegenstand.
Andere Hochsprachen (Schrift- und Standardsprachen) lassen sich auf einen Dialekt zurückführen.
Die Entstehung anderer Hochsprachen lief vollkommen anders ab als jene der deutschen Hochsprache.
Die französische und die englische Standardsprache lassen sich auf einen bestimmten Dialekt zurückführen.
Diese Sprachen lassen sich auf ein einziges Protosystem zurückführen und daraus ableiten.
Das Protosystem ist ein Dialekt, der wegen seines Prestiges in der Skala aufsteigen konnte.
Die deutsche Schrift- und Standardsprache ist auf völlig anderen Grundlagen entstanden.
Es handelt sich um ein kompliziertes „Gemenge“ aus verschiedenen Herkunftsorten.
Es gab im deutschen Sprachraum niemals nur ein bestimmtes kulturelles Zentrum.
Es gab kein Prestigezentrum, dessen Dialekt zur Norm aufsteigen konnte.
Die deutsche Hochsprache lässt sich nicht auf ein einziges Protosystem zurückführen.
Da das Deutsche mehrere Mittelpunkte hat, handelt es sich um eine plurizentrische Sprache.
Manche Regionen treten als Gebersprachen jedoch stärker hervor als andere.
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Die deutschen Dialekte lassen sich – grob gesagt – sehr wohl auf ein bestimmtes Protosystem zurückführen.
In dieser Entwicklung kam es zu keinen größeren regulierenden und normierenden Eingriffen.
Die Dialekte sind historisch „linearer“ beschreibbar als die deutsche Schrift- und Standardsprache.
Das Beispiel weit und breit zeigt, dass die Hochsprache nicht auf ein einziges Protosystem zurückgeht.
Im Dialekt gab es keine bewussten Eingriffe in die Sprachentwicklung.
In der Hochsprache gab es sehr wohl bewusste Eingriffe in die Sprachentwicklung.
o linguistische Kriterien (innersprachliches Kriterium)
Wie lassen sich die beiden Varietäten „innersprachlich“ voneinander abheben?
Defizithypothese (von BASIL BERNSTEIN, heute überholt):
• Hochsprache: optimale Besetzung aller grammatikalischen Ebenen, maximales Inventar aller grammatikalischen Kategorien, z. B. ein stark ausgebautes Tempussystem; reicherer Wortschatz; syntaktische Vielfalt mit
allen Möglichkeiten der logischen Verknüpfung usw.
• Dialekt: dürftige Besetzung aller grammatikalischen Ebenen: es fehlen ganze Kategorien wie z. B. im Oberdeutschen das Präteritum der Verben; reduzierter Wortschatz; wenige syntaktische Pläne; weniger Möglichkeiten der logischen Strukturierung; z. B. nur wenige hypotaktische Konjunktionen usw.
• Unterschiede im Sprachsystem lassen sich nicht mit sozialen Parametern verknüpfen.
• Dialektsprechende verfügen nicht über restringierte kommunikative Möglichkeiten.
• Der Dialekt ist kein defektives Sprachsystem.
• Die These, Dialektsprechende würden über einen restringierten Kode verfügen, gilt heute als überholt.
• Die These, der Dialekt wäre ein defizitäres System, gilt heute als überholt.
• Wer heute noch die Defizithypothese vertritt, wird heutzutage nicht mehr ernstgenommen.
• Je größer das beherrschte Varietätenspektrum ist, desto einfacher kann sich jemand verständigen.
Differenzhypothese (von WILLIAM LABOV, modern):
• Heute herrscht die Differenzhypothese vor.
• Sie besagt, dass beide Varietäten alle kommunikativen und sprachlichen Bedürfnisse befriedigen können.
• Die Varietäten unterscheiden sich aber in den angewandten sprachlichen Mitteln.
• Sowohl Dialekt- als auch Standardsprechende können sich problemlos miteinander verständigen.
JAN GOOSSENS’ These (1977)
• Hochsprache: Ich gehe jetzt nach Hause. (Regel: nach Hause statt heim)
• Umgangssprache: Ich geh jetzt heim. (Regel: heim statt haam)
• Verkehrsdialekt: I geh jetzt haam. (Regel: gehe statt hoam)
• Basisdialekt: I geh hiatz hoam.
• Zwischen den Varietäten von Hochsprache bis Basisdialekt liegen Regeln.
• Dabei handelt es sich etwa um phonologische, morphologische und lexikalische Regeln.
• Es gibt bestimmte Regeln, die von einer zur anderen Varietät führen.
• Dialekt und Standard unterscheiden sich durch eine maximale Anzahl von Regeln.
• Die Regeln werden immer mehr, je weiter man von einem Pol zum anderen Pol wandert.
• Es stellt sich das Problem, dass sich diese Regeln nur sehr schwer beschreiben lassen.
• Es ist aber nicht möglich, auf Basis dieser Regeln vom einen System in das andere System zu wechseln.
• Es gibt eine Reihe von Zwischenstufen auf der Skala der sprachlichen Varietäten (Varietätenkontinuum).
• Die Unterschiede zwischen Dialekt und Standard lassen sich durch Regeln genau beschreiben.
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• In der Praxis sind diese Regeln nur schwer vollständig und unzweifelhaft zu erfassen und zu formulieren.
• Im Varietätenkontinuum gibt es keine genaue Abgrenzung zwischen den verschiedenen Varietäten.
• Meist muss man keinen Schalter umlegen, um zwischen Dialekt und Standard zu wechseln.
• Besonders im niederdeutschen Dialektraum muss sehr wohl ein Schalter umgelegt werden.
9. Einheit (16.12.2015)
Dialekte im deutschen Sprachraum
• Die deutschen Dialekte lassen sich nicht auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückführen.
• Es gibt kein einheitliches sprachliches Protosystem, aus dem sich die Dialekte entwickelten.
• Es gibt eine ganze Reihe von gebenden Landschaften.
• Die Einteilung der deutschen Dialekte hat auch mit politischen-nationalen Verhältnissen zu tun.
• Obwohl Niederdeutsch und Niederländisch sehr ähnlich sind, zählen sie als verschiedene Sprachen/Dialekte.
• Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam es zu einer Einschränkung der deutschen Dialektlandschaft.
• Der deutsche Dialektraum der Gegenwart ist kleiner als der deutsche Dialektraum vor dem Zweiten Weltkrieg.
• Der nördlichere Teil wird als Niederdeutsch, der südlichere Teil als Hochdeutsch bezeichnet.
• Aus diesem Grund ist der Begriff Hochdeutsch nicht dazu geeignet, den Begriff Standardsprache zu umschreiben.
• Aus stammesgeschichtlichen Gründen gibt es seit alters her eine Zweiteilung in Hoch- und Niederdeutsch.
• Zwischen dem Nieder- und dem Hochdeutschen gibt es eine scharfe Dialektgrenze.
• Der Hauptunterschied zwischen den nieder- und den hochdeutschen Dialekten liegt im Konsonantismus.
• Südlich der Benrather Linie wurde die 2. Lautverschiebung ([Alt-]Hochdeutsche Lautverschiebung) durchgeführt.
• Die Benrather Linie ist die maken/machen-Isoglosse und teilt den nieder- und den hochdeutschen Dialektraum.
• Die Linien werden danach benannt, in der Nähe welches Ortes sie in etwa den Rhein überqueren.
• Dabei kam es zu einem wichtigen Wandel bei den Konsonanten.
• Die germanischen Verschlusslaute [p], [t], [k] und [b], [d], [g] wurden zu anderen Konsonanten verschoben.
• [p], [t], [k] > [pf], [ts], [kχ] (Affrikaten; engl. pound vs. dt. Pfund, engl. tide vs. dt. Zeit, krank > kchronkch)
Affrikaten bestehen aus einem Plosiv und einem Frikativ, wobei der Plosiv in den Frikativ hinein geöffnet wird.
• [p], [t], [k] > [ff], [ʒʒ], [χχ] (geminierte Spiranten/Frikative; engl. hope, water, make vs. dt. hoffen, Wasser, machen)
Bei geminierten Spiranten oder Frikativen handelt es sich um gelängte Reibelaute.
• Sowohl die 1. als auch die 2. Lautverschiebung betrifft nur die Plosivlaute.
• Bei der 1. und der 2. Lautverschiebung handelt es sich also korrekterweise um eine Plosivverschiebung.
• Weitere Merkmale des Niederdeutschen (abgesehen von der [Nicht-]Durchführung der 2. Lautverschiebung):
o Nasalschwund vor Frikativen: fîf, gôs (hd. fünf, Gans, engl. five, goose)
o maskulines Personalpronomen hê (hd. er, engl. he)
o das Fragewort wie lautet wô (hd. wie, engl. how)
o Einheitsplural im Präsens der Verben wnd. wir/ihr/sie gebet, ond. geben (hd. wir geben – ihr gebt – sie geben[t])
• Das Niederdeutsche geht schon seit der Frühen Neuzeit zurück.
• Wegen des Rückganges unternimmt man verschiedene Erhaltungsmaßnahmen des Niederdeutschen.
• Das Hochdeutsche gliedert sich in das nördlichere Mitteldeutsche und das südlichere Oberdeutsche.
• Auch das Mittel- und das Oberdeutsche sind in weitere Dialekträume untergliedert.
• Die Speyrer Linie, die das Mittel- und das Oberdeutsche voneinander trennt, ist die Appel/Apfel-Isoglosse.
• Das Mitteldeutsche gliedert sich in das West- und das Ostmitteldeutsche.
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• Auch das West- und das Ostmitteldeutsche lassen sich in weitere dialektale Kleinräume untergliedern.
• Wichtige städtische Zentren im westmitteldeutschen Dialektraum sind Köln, Trier und Frankfurt.
• Wichtige städtische Zentren im ostmitteldeutschen Dialektraum sind Erfurt, Leipzig und Dresden.
• Neben diesen Städten hatten auch andere Städte (sprach-)historische Bedeutung.
• Die 2. Lautverschiebung wurde nicht in allen Teilen des hochdeutschen Dialektraumes gleichmäßig durchgeführt.
• Die Staffellandschaft am Rhein (der Rheinische Fächer) zeigt Teilschritte der 2. Lautverschiebung.
• Das Oberdeutsche umfasst die folgenden drei Dialektgruppen: Ostfränkisch, Alemannisch und Bairisch.
• Unterscheidungsmerkmale zwischen dem Mittel- und dem Oberdeutschen:
o Monophthongierung der mhd. Diphthonge ie, üe, uo im Md. (z. B. liebe gute Brüder)
o Beibehaltung der Diphthongierung der mhd. Diphthonge ie, üe, uo im Od. (z. B. liabe guate Brüada)
o Im gesamten md. Raum bleibt westgerm. pp von der 2. Lautverschiebung unberührt (z. B. Appel und Schlappen).
o Das Od. hat die 2. Lautverschiebung konsequenter durchgeführt als das Md.
o Im Od. starb das dialektale Präteritum bald nach 1500 aus (z. B. ich ging > ich bin gegangen).
o Im Md. lebte das dialektale Präteritum nach 1500 weiter (z. B. ich ging > ich ging).
o Im Md. ist {-chen} das native Diminutivsuffix (z. B. {-ken}).
o Im Od. ist {-lein} das native Diminutivsuffix (z. B. {-la}, {-li}, {-l} und {-erl}).
• Fast das gesamte österreichische Staatsgebiet liegt im bairischen Sprachraum (mit Ausnahme von Vorarlberg).
• Der bairische Sprachraum schreibt sich mit <ai>, das Bundesland hingegen mit <ay>.
• Auf dem österreichischen Staatsgebiet liegen das Mittelbairische, das Südmittelbairische und das Südbairische.
• Das Südmittelbairische ist ein breiter Übergangsraum zwischen dem Mittel- und dem Südbairischen.
• Im Osten von Vorarlberg und im Westen von Tirol liegt ein Übergangsraum zwischen Alemannisch und Südbairisch.
• Das Südbairische weist Merkmale auf, die darauf hindeuten, dass es ein konservativer Dialektraum ist.
• Das Südbairische weist aber auch einige Neuerungen auf.
10. Einheit (13.01.2016)
Soziolinguistik
• Soziolinguistik ist in den 50er-Jahren in den USA entstanden.
• Etwa in den 60er-Jahren hat sie ihren Platz in der deutschen Linguistik gefunden.
• Je nach theoretischer Auffassung lässt sich der Gegenstandsbereich eng oder weit fassen.
• In der Soziolinguistik geht es um Sprache und Sprachen in der Gesellschaft.
• Die Aspekte Sprache und Sprechhandlungen in der Gesellschaft umfassen so gut wie alles.
• Soziolinguistik lässt sich auch als Teilbereich der Pragmatik sehen (Sprache als Handlung).
• Jene Frage, welche die Soziolinguistik beantworten möchte, lautet nach JOSHUA FISHMAN: Wer spricht was wie und
wann mit wem unter welchen sozialen Umständen und mit welchen Absichten und Konsequenzen?
• Der Name BASIL BERNSTEIN ist untrennbar mit den Ursprüngen der Soziolinguistik verbunden.
• Er stellte in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts die Defizithypothese auf.
• Diese Hypothese besagt, dass Angehörige der Unterschicht im Vergleich zu Angehörigen der Mittel- und Oberschicht
über einen restringierten Kode verfügen.
• Die Defizithypothese besagt, dass Angehörige der Unterschicht in Form eines restringierten Kodes kommunizieren.
• Das bedeutet, dass Angehörige der Unterschicht in qualitativ schlechterer Sprache kommunizieren.
• Angehörige von Mittel- und Oberschicht kommunizieren im Vergleich dazu in Form eines elaborierten Kodes.
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Vorlesung von: Franz Patocka
Mitschrift von: Christian Riedl
VO Germanistische Sprachwissenschaft – Schnittstellen
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• Restringierter Kode:
o wenig syntaktische Variation, strukturell voraussagbarer
o kurze, grammatisch einfache, oft unvollständige Sätze
o begrenzter Wortschatz (v. a. bei Adjektiven und Adverbien)
o seltener Gebrauch von Passiv oder Agensabgewandtheit
• Elaborierter Kode:
o viel syntaktische Variation, dadurch weniger voraussagbar
o grammatisch komplexe Sätze (Satzgefüge)
o umfangreicher Wortschatz, differenzierte Auswahl
o häufiger Gebrauch von Passiv oder Agensabgewandtheit
• Weitere Merkmale des elaborierten Kodes:
o komplexe Satzstrukturen; vollständige Sätze
o Konjunktionen werden häufig und vielfältig eingesetzt
o Passiv wird bevorzugt
o wenige Personalpronomina, mehr I statt we, mehr one
o mehr logische, zeitliche und räumliche Präpositionen
o mehr Adjektive und mehr „ungewöhnliche“ Adjektive (z. B. elaboriert)
o mehr Adverbien und mehr „ungewöhnliche“ Adverbien
o mehr komplexe Verb-Erweiterungen (Objektserweiterungen)
o mehr Sprechpausen
o mehr verschiedene Wörter
• Laut BERNSTEIN besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Sprachverhalten und Klassenzugehörigkeit.
• Er meinte, die kognitive Entwicklung sei beim elaborierten Kode wesentlich besser.
• Er wollte, dass Kindern aus der Unterschicht soziale Fördermaßnahmen zukommen.
• Damit sollte den Angehörigen der Unterschicht der berufliche Werdegang erleichtert werden.
• In der deutschsprachigen Forschung sprach man bei der sprachbezogenen Chancenungleichheit von Sprachbarrieren.
• Diese Sprachbarrieren sind angeblich ebenfalls mit der Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht verknüpft.
• Die sprach- und bildungspolitischen Veränderungen führten allerdings zu keinen wesentlichen Änderungen.
• Die angeblichen Sprachbarrieren konnten nicht oder nur eingeschränkt bestätigt werden.
• Heute ist man sich darüber einig, dass nicht alles der sozialen Klassenzugehörigkeit angelastet werden kann.
• Nach der Publikation seiner Thesen setzte eine heftige Kritik an BERNSTEINs Defizithypothese ein.
• Ein wichtiger Kritiker von BERNSTEINs Defizithypothese war WILLIAM LABOV.
• Er konnte Unterschiede der schwarzen Unterschicht zur weißen Mittel- und Oberschicht nachweisen.
• Er konnte jedoch nicht nachweisen, dass der Kode der schwarzen Unterschicht qualitativ defizitär wäre.
• LABOVs Sichtweise wird im Unterschied zur Defizithypothese als Differenzhypothese bezeichnet.
• Es gibt Unterschiede in Bezug auf die Verwendung einzelner sprachlicher Mittel.
• Mit einem restringierten Kode lässt sich die Wirklichkeit nicht vollständig abbilden.
• Mit dem restringierten Kode lässt sich dasselbe ausdrücken wie mit dem elaborierten Kode, nur mit anderen Mitteln.
• Nur, weil es eine geringere Anzahl an Alternativen gibt, bedeutet das nicht, dass sich nicht alles ausdrücken lässt.
• Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Sprachverwendung und kognitiven Fähigkeiten bzw. Intelligenz.
• In den 60er- und 70er-Jahren wurde auch der Dialekt in die Diskussion eingebracht.
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Vorlesung von: Franz Patocka
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• Auch der Dialekt wurde zu jener Zeit mit dem restringierten Kode in Verbindung gebracht.
• Mittlerweile setzte sich das Bewusstsein durch, dass es nicht um Defizite, sondern um Differenzen geht.
• Soziolekte sind gruppenspezifische Varietäten, wobei unter Gruppe verschiedenes zu verstehen ist.
• Die eigentlichen Soziolekte lassen sich in transitorische, temporäre und habituelle Soziolekte gliedern.
• Transitorische Soziolekte sind Sprachformen, die nur zeitweise gesprochen werden (längere Lebensphasen).
• Transitorische Soziolekte sind z. B. Kindersprache (die Zeit des ersten Sprechens bis zum Beginn der Schulzeit), Schüler_innen-/Jugendsprache (die Zeit bis zum Ende der beruflichen Ausbildung), Erwachsenensprache (die Zeit der Berufsausübung und Kindererziehung) und Senior_innen-Sprache (die Zeit nach der Berufsausübung)
• Die Schüler_innen-/Jugendsprache ist oft Gegenstand der Forschung.
• Bei der Jugendsprache lässt sich nicht von einer eigenen Varietät sprechen.
• Ein Problem ist, dass sich der Begriff Jugend nicht so einfach definieren lässt.
• ERWIN K. SCHEUCH schrieb den Aufsatz Die Jugend gibt es nicht.
• Er meint, dass sich unter Jugend verschiedenes verstehen lässt.
o Jugend als biologisch definierte Altersphase bei Einsetzen der Pubertät.
o Jugend als sozial definierte Altersphase mit gesetzlich festgelegter Teilreife und verschiedenen Übergangsriten.
o Jugend als sozial definierte Altersgruppe der 13- bis 25-Jährigen, die mit Peer Groups in Verbindung steht.
o Jugend als Subkultur.
o Jugendgruppen als Problemgruppen.
o Jugend im Sinne der Teilhabe von Menschen zu spezifischen Organisationsformen.
• Will man die Jugendsprache erforschen, muss man sich für einen Jugend-Begriff entscheiden.
• Literatur: PETER SCHLOBINSKI: Jugendsprache (1993).
• Jugendsprache ist ein komplexes Varietätenbündel, für das sich nur punktuelle Feststellungen treffen lassen.
• Es lassen sich keine allgemeinen Aussagen zur Jugendsprache treffen.
• Die Forschung zur Jugendsprache kommt ohne Empirie nicht aus.
• Das pädagogische Engagement im Bereich Kindersprache ist ebenso groß wie das deskriptive Interesse.
• Die Erwachsenensprache war kaum jemals ein spezifisches Forschungsthema.
• Die Forschung bemerkte, dass Erwachsene weniger als Gruppe als vielmehr als Individuen erscheinen.
• Das hängt nicht nur, aber zu einem großen Teil von der berufsbedingten Mobilität zusammen.
• Sie verfügen über eine größere Bandbreite an situationsadäquaten Registern.
• Sie zeichnen sich über eine mögliche Kommunikationsfähigkeit mit einer großen Anzahl von Partner_innen aus.
• Switchen ist ein bewusstes Ändern der Varietät im Hinblick auf die Kommunikationspartner_innen.
• Die Alters-/Senior_innen-Sprache ist ebenfalls stark vom Individuum abhängig.
• Bei den meisten Senior_innen zeigt sich kein Unterschied zwischen Erwachsenen- und Senior_innen-Sprache.
• Obwohl altersbedingte Abbauvorgänge zu berücksichtigen sind, gibt es keine eigentliche Senior_innen-Sprache.
• Vormals (beruflich) mobile Senior_innen ziehen sich im Alter auf eine spezifische dialektale Varietät zurück.
• Sie verlernen das Sprechen des Standards nicht, aber Shifting und Switching sind im Alter weniger notwendig.
• Temporäre Soziolekte sind Sprachformen, die ein Mensch zu bestimmten Zeiten gebraucht (kürzere Lebensphasen).
• Es gibt etwa Forschung zur Militär-/Soldat_innen-Sprache, Nachtleben, Hobbys, Prostitution usw.
• Habituelle Soziolekte sind Sprachformen, die mit bestimmten Gewohnheiten in Zusammenhang stehen.
• Besonders Frauen- und Männersprache stehen im Interesse der Forschung.
• OTTO JESPERSEN äußerte sich als einer der ersten zu einer Sprache der Geschlechter.
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Vorlesung von: Franz Patocka
Mitschrift von: Christian Riedl
VO Germanistische Sprachwissenschaft – Schnittstellen
Wintersemester 2015/2016
• Laut JESPERSEN unterscheiden sich diese Varietäten in Wortschatz, Stil, Syntax und Gedankenführung.
• Frauen: feinere, verhüllte und mittelbare Bezeichnungen; geringerer Wortschatz; in Zusammenhang mit der weniger
gründlichen und weniger umfassenden Erziehung; familienorientiert; Parataxe; unvollendete Sätze; unvollständige Gedankenführung; konservativer; weniger für Neuerungen aufgeschlossen
• Männer: öffentlichkeitsorientiert; Hypotaxe
• JESPERSENs Thesen wurden erst in den 70er-Jahren kritisiert.
• Zwei verschiedene Stränge: deskriptives Lager vs. kritisches Lager.
• Ziel des deskriptiven Ansatzes ist es, den Sprachgebrauch wertfrei zu beschreiben.
• Ziel des sprachkritischen Ansatzes ist es, den Sprachgebrauch durch gezielte Maßnahmen zu verändern.
• Zu den habituellen Soziolekten sind auch die Sondersprachen zu rechnen.
• Dazu zählen etwa die Gaunersprachen bzw. das Rotwelsche.
• Die Abgrenzung zu anderen Sprachen äußert sich vor allem in lexikalischen Besonderheiten.
• Auch das Jiddische, die internationale Umgangssprache der europäischen jüdischen Gemeinschaft, zählt dazu.
11. Einheit (20.01.2016, keine Mitschrift)
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