E 45120 ISSN 1869-0874 Onkologische Welt 5/2011 Gesundheitspolitik Nationaler Krebsplan Gastro-Onkologie Zielgerichtete Therapien bei GI-Tumoren Supportiv- und Palliativmedizin Onkopedia-Leitlinie VTE bei Tumorpatienten Pneumo-Onkologie Neue ASCO-Empfehlungen zum NSCLC Uro-Onkologie www.schattauer.de www.onkologische-welt.de Onkologische Welt 2011; 2: 197–248 November Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Gr He at ft- ispd Do f: wn lo ad Harnblasenkarzinome Zu diesem Heft © Schattauer 2011 Die Farbe Grau Das Deutsche Ärzteblatt hat in seiner Ausgabe vom 16. September 2011 die Diskussion aufgegriffen, was wirklich hinter dem Begriff der „personalisierten“ oder „individualisierten Medizin“ steckt. Diese Initiative war wichtig, sie greift aber zu kurz, wenn man dieses Konstrukt nur unter dem Aspekt der Effizienzsteigerung der Arzneimittelforschung und -therapie sowie deren Finanzierbarkeit betrachtet. Grundlagenforschung und translationale Forschung in der Onkologie konnten in den vergangenen Jahren eine Reihe von Biomarkern identifizieren, die für Diagnostik, Staging, Prognoseabschätzung und als Ansatzpunkte für individualisierte Therapien großen klinischen Wert haben. Diese beeindruckenden Erfolge dienen heute als Vorlage, nach denen sich auch die die anderen medizinischen Fächer richten sollen. Die Zulassungsbehörden in Europa und den USA sehen in der breiten Implementierung prognostischer und prädiktiver Marker bei der Neuzulassung von Medikamenten das neue Allheilmittel. Wohin dabei die Reise gehen soll, kann man beispielsweise dem von der EMA zur Diskussion ins Internet gestellten Entwurf zu dem Methodenpapier „methodological issues associated with pharmacogenomic biomarkers in relation to clinical development and patient selection” entnehmen. Der durch die Protagonisten der personalisierten Medizin verkündete Innovations- und Alleinvertretungsanspruch als der „Medizin der Zukunft“ provoziert – zu Recht! – Widerspruch. Die Medizin war schon immer bemüht, die Behandlung an die Situation des Einzelnen im Rahmen der Möglichkeiten anzupassen. Die neuesten Entwicklungen in der humangenetischen Analyse eröffnen über die traditionel- len Vorgehensweisen hinaus durch die Einbeziehung molekularer Marker ganz neue Optionen für prädiktive und prognostische Aussagen. Von daher ist die personalisierte Medizin eine Erweiterung der traditionellen Ansätze zum Verständnis und zur Behandlung von Krankheiten, aber mit einer deutlich größeren Präzision. Dieses Konstrukt darf jedoch nicht, wie vielfach gemacht, auf die Entwicklung immer zielgenauerer Biomarker und Pharmakotherapien reduziert werden. Mich beschleicht Unbehagen, wenn auf onkologischen Fachkongressen in extenso die Möglichkeiten einer Dritt- und Viertlinientherapie diskutiert werden, ohne dass auch nur einmal daran gedacht wird, wie viele Patienten diese Optionen überhaupt noch nützen können. Denn es gibt auch noch eine andere Dimension, die in der Diskussion um eine effizienzoptimierte personalisierte Medizin verloren zu gehen droht. Rund 80% der onkologischen Erkrankungen enden in einer palliativen Behandlungssituation, wo die zielgerichtete Therapie an ihre Grenzen stößt. Denn nicht alles, was möglich ist, muss auch sinnvoll sein, d. h. im Interesse des Patienten. Die personalisierte Medizin ist zu wichtig, um sie den Pharmakologen und den Krankenkassen allein zu überlassen. Die Wahrheit ist hier nicht weiß oder schwarz, wir wählen nicht zwischen Fortschritt und Rückschritt. Auch Grau kann bei näherer Betrachtung eine ganz attraktive Farbe sein. Dr. Alexander Kretzschmar Dr. Alexander Kretzschmar, München Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 197 Inhalt Contents 199 Zu diesem Heft 197 A. Kretzschmar Die Farbe Grau Brennpunkt Gesundheitspolitik 201 Nationaler Krebsplan – Grenzen der selbstverwaltung erreicht? Gastro-Onkologie 203 Kongressnachlese: 13. ESMO Weltkongress Gastrointestinale Tumoren Die Entwicklung zielgerichteter Therapien im Blick 212 Post-ASCO 2011: Rektumkarzinom – Capecitabin in der Neoadjuvanz Supportiv- und Palliativmedizin 213 I. Pabinger et al. Onkopedia-Leitlinie: Venöse Thrombembolien bei Tumorpatienten Onkopedia-Leitlinie in Kooperation mit der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin 223 D. Brummer; A.-K. Fladung; B.J. Connemann Tumorassoziierte Fatigue 226 Supportivtherapie: Thrombembolin, Thrombose und chronische Obstipation 228 Palliativmedizin: Fallbericht – verbesserte Alltagskompetenz nach Opioidwechsel 229 Kongressnachlese: Palliativtag 2011 in Saarbrücken – besserer interdisziplinärer Erfahrungsaustausch angestrebt 230 Forum Palliativmedizin: Tumorbedingte Durchbruchschmerzen – dem Patienten Freiheit und Autonomie wiedergeben 234 ASCO-Empfehlungen zur: Chempotherapie des fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms im Stadium IV 235 Kongressnachlese: 14th World Conference on Lung Cancer (WCLC) Personalisierte Tumortherapie auf dem Vormarsch Pneumo-Onkologie © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Inhalt Contents 200 Uro-Onkologie 241 243 244 Kongressnachlese: Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) Harnblasenkarzinome – wann adjuvante Therapie? Internationale Literatur: Postatakarzinom – verbesserte Diagnostik mit moderner Bildgebung? keine ausreichende Schmerzlinderung keine ausreichende Schmerzlinderung Stufe 1 mäßige Schmerzen Stufe 2 starke Schmerzen nicht opiathaltige Analgetika schwache Opiate + nicht opiathaltige Analgetika + adjuvante Maßnahmen + adjuvante Maßnahmen Uro-Onkolgie: metastasiertes kastrationsresistentes Prostatakarzinom, radionuklidtherapie bei Knochenmetastasen, ESMO-Leitlinien zum Harnblasenkarzinom Stufe 3 sehr starke Schmerzen starke Opiate + nicht opiathaltige Analgetika + adjuvante Maßnahmen positives Knochenszintigramm + Schmerzen = Indikation für Quadramet® Spektrum Onkologie 247 Kopf-Hals-Tumoren, tuberöse Sklerose und subependymales Riesenzellastrozytom, rezidivierendes Platin-sensibles Ovarialkarzinom Titelbild Goya y Lucientes 1746–1828, Selbstporträit mit Dr. Arrieta ©visipix.com Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Brennpunkt Gesundheitspolitik 201 Nationaler Krebsplan Grenzen der Selbstverwaltung erreicht? Nationaler Krebsplan – eine einmalige Chance Im Juni 2008 veröffentlichte die Bundesregierung gemeinsam mit der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), der Deutschen Krebshilfe (DKH) und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren (ADT) den „Nationalen Krebsplan“ mit dem Ziel, dass Krebspatienten in Deutschland zukünftig besser versorgt werden (1). Da die Neuerkrankungs- und Überlebensraten immer weiter steigen, soll besonders auf onkologische Problembereiche zum Beispiel bei Krebsfrüherkennung oder Patientenversorgung fokussiert werden. Über die Bewertung des bisher Erreichten diskutierten drei Jahre später Mitglieder der Krebsgesellschaft und zahlreiche Vertreter der Gesundheitspolitik, Kostenträger und Klinik in Berlin. Der während der Nixon-Administration – mittels des Dezember 1971 in Kraft getretenen „National Cancer Act“ – ausgerufene, staatlich initiierte „Kampf gegen Krebs“ lenkt seither enorme Finanzmittel in die Erforschung, in die Früherkennung und viele weitere Schwerpunktbereiche der Onkologie. Weitaus mehr als die Gesundheitsaktivistin Mary Lasker jemals hatte bewegen können. Jahrzehnte später, ab Beginn des 21. Jahrhunderts, entwickelte dann endlich auch die Europäische Kommission konzertierte Aktivitäten gegen den Krebs. Gründe hierfür gab und gibt es genug – beispielsweise reicht die Spannbreite der Gesamt-Krebsmortalität/100 000 je nach europäischem Land von 98 bis 182 (Frauen) resp. 151 bis 337 (Männer) (2). Auch die gerade abgeschlossene Eurocare 4-Studie zeigt dramatische Unterschiede innerhalb von Europa (3). Eines der Ziele, der 2009 schließlich gegründeten, über 100 Partner umfassenden, „European Partnership Action Against Cancer” (EPAAC) (4), ist die Förderung, Entwicklung und Koordination von Nationalen Krebsplänen. Anders als andere europäische Staaten besaß die Bundesrepublik bis 2008 keinen eigenen „Nationalen Krebsplan“, sondern formulierte diesen erst parallel zu den EU-Aktionen gegen Krebs. Der „Focus“ sah damals, mit einem Wort des DKG-Präsidenten Prof. Werner Hohenberger, Erlangen, umschrieben, „in der Onkologie das Ende der gefühlten zugunsten der bewiesenen Qualität gekommen“. Zunächst wurde der Schwerpunkt des Nationalen Krebsplans auf vier Handlungsfelder gelegt: 1. Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung 2. Weiterentwicklung der onkologischen Versorgungsstrukturen und der Qualitätssicherung 3. Sicherstellung einer effizienten onkologischen Behandlung (Schwerpunkt zunächst auf der onkologischen Arzneimitteltherapie) 4. Stärkung der Patientenorientierung/Patienteninformation. Für die Zeit ab 2011 soll dann der Handlungsbedarf in weiteren Feldern der Krebsbekämpfung bestimmt werden (insbesondere Primärprävention, Krebsforschung, umwelt-, arbeitsplatz- und verbraucherbezogener Krebsschutz). Je nach Ergebnis dieser Analysen werden zusätzliche Handlungsfelder in den Krebsplan aufgenommen. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das ebenfalls ein Partner im Nationalen Krebsplan ist, kam man überein, dass die Krebsforschung, insbesondere die Versorgungsforschung, in der ersten Phase des Krebsplans als Querschnittsthema in allen Handlungsfeldern berücksichtigt werden soll. Ob der Nationale Krebsplan bislang mehr geschafft hat als Energie und Engagement vieler Experten zu absorbieren, ob mehr erreicht wurde als was ohnehin im Rahmen anderer Initiativen bereits geplant war (zum Beispiel verstärkter Ausbau von Krebsregistern) und andere Fragen wurde in einer Podiumsrunde kontrovers diskutiert. Dr. Antonius Helou (Bundesgesundheitsministerium – BMG) In vielen Handlungsfeldern sind wir in der Konzeption gemeinsamer Programme und Umsetzungs-Empfehlungen schon sehr weit gekommen. Da aber so viele Beteiligte auf Bund- und Länderebene mitspielen, und oftmals auch rechtliche Rahmenbedingungen fehlen – Beispiel beim geplanten, einladungsbasierten Kolonkarzinom-Screening – hapert es oft noch bei der Umsetzung. Und natürlich nicht zuletzt auch an der Finanzierung durch die unterschiedlichen Akteure. Gerd Nettekoven (Deutsche Krebshilfe e.V.) Es ist schon dürftig, wenn das BMG als Initiator des Nationalen Krebsplans jetzt die Verantwortung abschieben möchte. Eigentlich müsste das Ministerium die verantwortungsvolle Rolle des Prozessmanagers übernehmen. Es ist auch oftmals keine Frage des Geldes: Zum Beispiel, wenn Patienten vermehrt in qualifizierten Zentren nach unserem Dreistufenmodell behandelt werden sollen. Benötigt ist aber ein deutlich erkennbares politisches Bekenntnis. Rolf Stuppardt (Bundesverband der Innungskrankenkassen) Wir fragen uns, wie die vom BMG angeschobene Prozesssteuerung des ja durchaus sinnvollen Nationalen Krebsplans überhaupt flächendeckend breite Relevanz bekommen kann. Den Beteiligten fehlt eine gemeinsame „strategische Intelligenz“, um diesen Plan überhaupt umzusetzen. Deshalb prognostiziere ich, dass letztlich der Staat mit Hilfe gesetzlicher Regelungen dies tun wird. Dr. Bernd Metzinger (Krankenhausgesellschaft) Neue Qualitätsstandards müssen im Krankenhausbereich zu einer Art „freiwilliger Einsicht“ führen, wenn wegen fehlender Qualität kein Marktzugang mehr möglich sein sollte (Qualitätsbewertung zum Beispiel auf Grundlage von §137a SGBV und der Daten der Krebsregister). © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Brennpunkt Gesundheitspolitik 202 Dr. Bernhard Rochell (Kassenärztliche Bundesvereinigung) Prof. Ferdinand Hofstädter (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren) Ein Problem auch beim Nationalen Krebsplan wird die Finanzierung sein. Ich glaube, dass wir deshalb Nachhilfe vom Gesetzgeber bräuchten, damit wir zum Beispiel Zielvereinbarungen treffen können, für die dann ein Teil der Gesamtvergütungen aufgewendet werden darf. Hinsichtlich der Qualität können wir viele Leistungserbringer entsprechend der Onkologievereinbarung, egal wie groß deren Nachbesserungsbedarf ist, bereits jetzt mitnehmen. Es gibt Mindestmengenregelungen, Qualitätsund Strukturanforderungen etc. Und das ist zulassungsrelevant – wer diese Kriterien nicht erfüllt, fliegt raus. Dies zeigt letztlich, was in der Selbstverwaltung möglich ist. Dr. Ulrich Weigeldt (Hausärzteverband) Letztlich glaube ich, dass die Zielsetzungen des Nationalen Krebsplanes umsetzbar sind. Klar ist aber auch, dass hierzu einiges an Druck notwendig ist, zum Beispiel vom BMG aus. Die Frage nach Gewinnern und Verlieren kann leicht etwas zynisch wirken: Wenn wir es nämlich nicht schaffen, die Ziele des Nationalen Krebsplanes zu realisieren, dann ist letztlich immer der Patient der Verlierer. Dies verpflichtet uns dazu, im Interesse der Patienten den Plan möglichst rasch umzusetzen. Dr. Johannes Bruns (Deutsche Krebsgesellschaft) Der Nationale Krebsplan gibt erstmals die einmalige Chance, ein Konzept zu entwickeln, das nicht maßgeblich von der Gewinner-Verlierer-Diskussion bei den verschiedenen Playern in der Onkologie beeinflusst ist. Bitte vergessen Sie nicht, der Nationale Krebsplan ist doch nicht die erste Initiative zur Optimierung der Onkologie: Vor 20 Jahren hatten wir noch keine Leitlinien, heute haben wir so viel neue Evidenz! Wir haben eine enorme Entwicklung in der Versorgung durch die Versorgungsstrukturengesehen (Spitzenzentren, onkologische Zentren, Organkrebszentren), die zwar nicht gesetzlich verankert sind, die aber dennoch einen enormen Einfluss auf die Versorgung haben. Die Patienten sehen dies, auch die Leistungserbringer, wodurch in Zukunft enormer Druck von außen erzeugt wird, auch Ziele des Nationalen Krebsplans umzusetzen (zum Beispiel flächendeckend Krebsregister einzurichten). Literatur 1. BMG et al. Nationaler Krebsplan. Bonn, Berlin, 2011 http://bit.ly/qjH0tn 2. NN: 1.5 Mortality from Cancer (p 34–35). In: OECD EU: Health at a Glance – Europe 2010. DOI: 10.1787/health_glance-2010-en; http://bit.ly/ np96zM 3. Projektbeschreibung Eurocare (EUROpean CAncerREgistry-based study on survival and CARE of cancer patients), 2011. IstitutoSuperiore di Sanità, Roma; Fondazione IRCCS – IstitutoNazionale per la cura e lo studio deiTumori, Milano; http://bit. ly/r1tP6r 4. European Partnership Action Against Cancer. http://epaac.eu Quelle: „Brennpunkt Onkologie – Der Nationale Krebsplan in Deutschland – Stand und Ausblick – Expertendiskussion“ in Berlin am 6.4.2011. Veranstalter: Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), Bundesgesundheitsministerium (BMG). Gerd Nettekoven (Deutsche Krebshilfe e.V.) Die Chance, so etwas wie den Nationalen Krebsplan zu initiieren, werden wir nicht noch mal bekommen. Ich sehe allerdings überhaupt nicht, dass wir hier schon auf der Zielgraden wären. Das kann ja auch gar nicht sein, weil die gesamte Initiative ja längerfristig angelegt ist. Zudem werden in nächster Zeit auch immer wieder neue Themen kommen (zum Beispiel „Versorgungssektor Ambulante Onkologie“). Deshalb brauchen wir diese Plattform, um gemeinsam auf allen Ebenen die onkologische Versorgung weiterzuentwickeln. Ich glaube, dies ist möglich. Nötig ist aber auch, dass nicht die Krebshilfe oder andere private Sponsoren, sondern das BMG eine Anschubfinanzierung realisiert, damit eine notwendige Infrastruktur für die weitere Entwicklung vorhanden ist. Rainer H. Bubenzer, Berlin Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese WCGC 2011 203 13. ESMO Weltkongress Gastrointestinale Tumoren Die Entwicklung zielgerichteter Therapien im Blick Der 13. Weltkongress zu gastrointestinalen Tumoren stand in diesem Jahr unter der Leitung von Mario Dicato, MD vom Luxembourg Medical Center und Eric Van Cutsem, MD, PhD, vom Universitätskrankenhaus Gasthuisber, Leuven, Belgien. Der Kongress thematisiert die Malignitäten aller Teile des Gastrointestinaltrakts sowie Aspekte, die im Zusammenhang mit der Betreuung von Patienten mit GI-Tumoren stehen, inklusive Screening, Diagnose und den neuesten Behandlungsoptionen für häufige und seltene Tumore, betonen Dicato und Van Cutsem in ihrem Geleitwort zum Kongress. Mehr als 3400 Teilnehmer aus 107 Nationen trafen sich zu diesem Weltkongress. Ihnen bot sich die Gelegenheit, sich in einer hohen Zahl von Sitzungen, geleitet von 64 internationalen Experten über die gesamte Themenbreite der GI-Tumoren einen aktuellen Überblick zu verschaffen. Rund 450 Abstracts zum aktuellen Forschungsstand wurden zur Publikation akzeptiert (Annals of Oncology 2011; 22: Supplement 5). Aflibercept bei mCRC Patienten mit einem metastasiertem Kolorektalkarzinom (mCRC) profitieren in der Zweitlinientherapie von Aflibercept in Kombination mit FOLFIRI. Dieses Ergebnis präsentierte Van Cutsem erstmals in Barcelona (38). In der multi-nationalen Phase-III-Studie EFC10262-VELOUR erhielten die Patienten nach Versagen einer Oxaliplatin-basierten Therapie zunächst Irinotecan/5-FU (FOLFIRI) und wurden dann randomisiert 1:1 auf Aflibercept (n = 614) oder Placebo (n = 612), gegliedert nach ±Bevacizumab. Aflibercept ist ein lösliches Fusionsprotein der extrazellulären Domäne von VEGFR-1 und VEGFR-2. Es bindet sich an VEGF-alpha und -beta sowie PIGF mit hoher Affinität und einer Halbwertszeit von 17 Tagen. Auf diese Weise imitiert es die Aktivität von Bevacizumab. Primärer Endpunkt der VELOUR-Studie war das Gesamtüberleben (OS). Das Medianes OS unter Aflibercept betrug 13,50 Monate vs. 12,06 Monate für Placebo (p = 0,0032). Der sekundäre Endpunkt progressionsfreies Überleben (PFS) betrug 6,90 vs. 4,67 Monate (p = 0,00007) zu Gunsten von Aflibercept, das Gesamtansprechen 19,8% vs. 11,1% (p = 0,0001). HCC-Therapie heute und Ansätze für die Zukunft Ziel jeder Therapie des HCC sei es, das Überleben zu verlängern, gab Jordi Bruix, Universität Barcelona, zu Beginn seines Vortrags zu bedenken. Hierbei gilt es sich zu fragen, ob es eine Standardbehandlung gibt, ob sich geeignete Patienten identifizieren lassen und ob es World Congress on Gastrointestinal Cancer absolute Kontraindikationen gibt. Aufschluss dazu gibt die klinische Forschung, wobei die Evidenz großer randomisierter placebo-kontrollierter Studien am größten ist und über kleinere Fallzahlen hin zu Fallkontrollstudien, Kohortenbeschreibungen bis zur persönlichen Meinung hin geringer wird. So bietet die Leitlinie des National Comprehensive Cancer Network, NCCN zum HCC einen Therapiealgorithmus an (1). Bruix diskutierte die Einstufung und die Behandlungsstrategie (씰Abb. 1). So ist zum Beispiel eine chirurgische Resektion die beste Option ohne Vorliegen einer Zirrhose. Die Mortalität liegt unter 1–3%. Für BCLC B Patienten ist die Transarterielle Chemoembolisation, TACE, indiziert bei einem auf die Leber begrenzten HCC ohne vaskuläre Invasion und extrahepatischer Ausdehnung. Zweitlinienoption ist Sorafenib (Nexavar®), so Bruix. Neue Substanzen zur Behandlung Leberkrebs ist die sechsthäufigste Krebserkrankung weltweit, mahnte Prof. Anrew X. Zhu, MD, PhD, Harvard Medical School. Die erste Substanz, die eine Verbesserung im Gesamtüberleben in einer Phase-III-Studie zeigen konnte, war Sorafenib (SHARP = Sorafenib HCC Assessment Randomized Protocol) (2), wobei die Patientenselektion wichtig für ein frühes wirksames Signal ist, so Zhu. Der Hauptnutzen manifestierte sich jedoch eher in einer Krankheitsstabilisierung anstelle eines Ansprechens. Ungelöste Fragen der SHARP-Studie sind: ● Welche Mechanismen liegen der Wirksamkeit von Sorafenib zu Grunde, die den klinischen Vorteil verursachen? ● Können Patienten mit Child B Zirrhose von Sorafenib profitieren? ● Resistenzmechanismen? ● Bringt Sorafenib einen Vorteil in der adjuvanten Therapie (nach Resektion, TACE usw)? ● Ist eine verbesserte Ansprechrate noch relevant für ein HCC? Zu den potenziellen Strategien für Neuentwicklungen der HCC-Therapie zählen für Zhu ● Die Entwicklung weiterer molekularer Zielsubstanzen. ● Die Kombination von Zielsubstanzen mit Chemotherapieregimen (z.B. Doxorubicin, Capecitabine, S1, GEMOX, FOLFOX). © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese WCGC 2011 204 Abb. 1 BCLC Stadien und Behandlungs-Strategie (nach: AASLD guidelines 2005 & 2010, WGO guidelines 2010, Llovet JM et al. Semin Liver Dis 1999; 19: 329–338, Bruix J, Llovet JM. Lancet 2009; 373: 614–616; Abkürzungen: BCLC = Barcelona Clinic Liver Cancer, PS = Performance Status) ● Die Kombination von molekularen Zielsubstanzen die unterschiedliche Signalübertragungswege hemmen oder die unterschiedlichen Stellen innerhalb eines Weges der Hepatokarzinogenese blockieren. Angriffspunkt VEGF(R) Eine Strategie dem HCC zu begegnen könnte die Antiangiogenese sein, da das HCC ein vaskulärer Tumor ist. Beim HCC werden erhöhte Spiegel an vascular endothelial growth factor (VEGF), beobachtet ebenso eine höhere Dichte Tab. 1 von Mikrogefäßen und erhöhte VEGFR-Expression. Letztere ist mit einem geringeren Überleben des HCC assoziiert (3). Eine ganze Reihe von Substanzen können in den VEGFR-Signalweg eingreifen (씰Tab. 1). In einer Phase-IIIStudie (4), deren Daten auf dem diesjährigen ASCO präsentiert wurden, ergab sich für Sunitinib (Sutent®) (37,5 mg tgl., 529 Patienten) vs. Sorafenib (400 mg bid, 544 Patienten) ein signifikant längeres Gesamtüberleben von knapp 2 Monaten. Das progressionsfreie Überleben und die Zeiten bis zur Progression waren nicht signifikant verschieden (씰Tab. 2). Auf VEGFR zielende Substanze beim HCC Substanz/Ziel VEGFR1 Sorafenib VEGFR2 VEGFR3 PDGFR-beta c-KIT FLT-3 Andere + + + + + RAF + + + RET Sunitinib + + Cediranib + + + + + Vatalanib + + + + + Panzopanib + + + + Vandetanib + Brivanib + + + + + + ABT-869 + TSU-68 + Angriffspunkt EGFR EGFR + FGFR + + Brivanib, in Phase-II-Studien bei fortgeschrittenem HCC an 55 Patienten in der Erstlinie und 41 Patienten in der Zweitlinientherapie ergab ein Gesamtüberleben von etwa 10 Monaten (5, 6). Linifanib, in Phase II bei 44 Patienten mit fortgeschrittenem HCC Child-Pugh A und Child-Pugh B, resultierte ebenfalls in einem Gesamtüberleben von knapp 10 Monaten (7). Ramucirumab, ein rekombinater monoklonaler humaner Antikörper, der an die extrazelluläre Domäne von VEGFR-2 bindet, erhielten in einer Phase II-Studie 42 Patienten mit fortgeschrittenem HCC Child A/B. Das Gesamtüberleben betrug 12 Monate (8). Wichtig für die weitere Entwicklung der VEGF(R) Inhibitoren nach Sorafenib sei, folgerte Zhu aus den Ergebnissen der Phase II Studien, eine bessere Wirksamkeit, dass sich die Substanzen in ihren Wirkprofilen unterscheiden und nicht überlappen sowie bessere Sicherheitsprofile aufweisen. FGFR Zirka 60–80% der HCCs sind EGFR-positiv. Beim HCC werden EGF, TGF-alpha und der Heparin Binding Epidermal Growth Factor exprimiert. Eine Deregulation von EGFR-Signalen ist assoziiert mit Tumorproliferation, erläuterte Zhu. In Phase-II-Studien konnte das Gesamt- Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese WCGC 2011 206 Tab. 2 Sunitinib beim fortgeschrittenen HCC Dosierung und Stichprobengöße 37,5 mg 2 on / 2 off (N = 34) Zhu et al. JCO 2009 Objektives Ansprechen, n (%) 1 (2,9) Krankheits Kontroll Rate 50 mg 4 on / 2 off (N = 37) Faivre et al. Lancet Oncol 2009 1 (2,7) 37,5 mg kontinuierlich (N = 45) Koeberle D et al. Oncologist 2010 1 (2,2) 52% 38% 42% Gesamtüberleben (Monate) 9,8 8,0 9,3 Zeit bis zur Progression (Monate) 4,1 Progressionsfreies Überleben (Monate) 3,9 Tab. 3 2,8 3,7 2,8 nem HCC an 22 Patienten verlängerte das Gesamtüberleben um 8,4 Monate (9). HGF/c-Met Die Rationale für dieses Ziel ist die Dysregulation, die beim HCC auftritt. Wird die Expression von c-Met eingedämmt, so ist das HCC-Wachstum in HCC-Zellen und im Tumor-Modell gehemmt, erläuterte Zhu. Erste klinische Erfahrungen gibt es zu ARQ197, einem selektiven, nicht-ATP-kompetetiven Inhibitor für MET Tyrosinkinase und Cabozantinib, einem dualen MET/VEGFR-Inhibitor (10, 11). Perspektive Kombinationstherapie Auf EGFR zielende Substanzen in Phase II Studien beim HCC Jahr Anzahl Patienten Ansprechrate (%) Median Progressionsfreies Überleben (PFS) (Monate) Median Gesamtüberleben (OS) (Monate) Erlotinib (1) 2005 38 9 3,2 13,0 Erlotinib (1) 2007 40 0 3,1 6,3 Lapatinib (3) 2009 40 5 2,3 6,2 Lapatinib (4) 2009 26 0 2,3 6,2 Cetuximab (6) 2007 32 0 1,9 12,6 Cetuximab (6) 2007 30 0 1,4 9,6 GEMOX + Cetuximab (7) 2008 45 0 4,7 9,5 GEMOX = Gemcitabin + Oxaliplatin 1. Philip Pa et al. J Clin Oncol 2005; 2. Thomas MB et al J Clin Oncol 2005; 3. Ramanathan RK et al. Cancer Chemother Pharmacol 2009; 4. Bekall-Saab T et al. Clin Cancer Res 2009; 5. Gruenwald V et al. J Clin Oncol 2007; 25(22S): Abstract 4598; 6. Zhu AX et al. Cancer 2007; 7. Asucios A et al Cancer 2008 Wird eine Doxorubicin-Therapie um Sorafenib ergänzt so konnte dies in einer Phase-II-Studie die Zeit bis zum Progress signifikant verlängern (Median 6,4 vs. 2,8 Monate, p = 0,02) ebenso wie das Gesamtüberleben (Median 13,7 Monate vs. 6,5 Monate, p = 0,006) (12). Eine PhaseII-Studie zu Bevacizumab (Avastin®) mit Erlotinib (Tarceva®) an 40 Patienten ergab für das progressionsfreie Überleben zu Woche 16 eine Rate von 62,5% und ein medianes Gesamtüberleben von 15,7 Monaten (13). Wird Everolimus mit Sorafenib kombiniert bei fortgeschrittenem HCC so lag bei 30 Patienten die Zeit bis zum Progress in einer Phase-I-Studie bei etwa 3,5 Monaten (14). Eine weitere Phase-I-Studie (17 Patienten, fortgeschrittenes HCC) kombinierte Sorafenib mit Bevacizumab (15). Zusätzlich sind weitere Zielsubstanzen/Therapieregimen in der Phase-IIIEntwicklung (씰Kasten 1). Fazit überleben mittels EGFR-Zielsubstanzen zwischen 6 und 13 Monaten im Median verlängert werden (씰Tab. 3). mTOR Substanzen und Therapieregimen in Phase III-Entwicklung ● ● Erstline Ein Schlüssel in der Wachstumsfaktor-Signalkaskade ist mTOR (mammalian Target of Rapamycin), eine intrazelluläre Serin/Thronin-Kinase. Eine Aktivierung von mTOR fördert Zellwachstum und -proliferation, Angiogenese und den Metabolismus von Krebszellen durch die vermehrte Nährstoffaufnahme und -verwertung durch die Krebszelle. Eine Phase-I/II-Studie zu Everolimus (Afinitor®) bei fortgeschritte- ● ● ● ● ● Sorafenib/Erlotinib Sorafenib/Doxorubicin Sunitinib Brivanib Linifanib (ABT-869) ● Zweitline ● ● ● Brivanib everolimus Rimacirumab ● Sorafenib ist die erste und einzige systemische Wirksubstanz, die zur Behandlung des HCC anerkannt ist. Die Angiogenese ist wichtig in der Hepatokarzinogenese und verschiedene antiangiogene Substanzen sind in der Entwicklung. Erste Evidenzen für eine Antitumoraktivität konnten gezeigt werden für Sunitinib, Bevacizumab und Linifanib (ABT 869). Andere neue Substanzen, die zum Ziel haben EGFR, c-MET/HGF, IGF/IGFR, MEK und mTOR befinden sich in unterschiedlichen Entwicklungsphasen zur Therapie des fortgeschrittenen HCC. Wenn man die der Hepatokarzinogenese zu Grunde liegenden Mechanismen besser ver- Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese WCGC 2011 ● ● 207 stehen wird, dann sollte sich auch der Einsatz zielgerichteter Substanzen verbessern lassen. Die Identifikation von relevanten Surrogatmarkern und die molekulare Klassifikation von Tumoren sind wichtig, um das Ansprechen vorhersagen zu können. Ein vernünftiges Studiendesign für Kombinationstherapien verspricht das Ergebnis für HCC-Patienten zu verbessern. Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) Neues nach Imatinib Ein Problem der Therapie mit Imatinib (Glivec®) ist die Resistenz, erklärte Prof. John R. Zalcberg, Peter MacCallum Cancer Centre, Melbourne, Australien: 14% aller GIST-Patienten zeigen eine primäre Resistenz, das heißt eine frühe Tumorprogression innerhalb von 6 Monaten nach Beginn der Imatinib-Therapie. 50% aller GIST-Patienten entwickeln einen Tumorprogress innerhalb von zwei Jahren nach Beginn einer Imatinib-Therapie, was eine sekundäre Resitenz bedeutet (16, 17). Die primäre Resistenz tritt häufiger bei den Genotypen KIT-Exon-9-Mutation, PDGFRAD842V-Mutation und nicht detektierbaren Mutationen (WT KIT/PDGFRA-Genotyp) auf. Die sekundäre Resistenz ist häufig mit dem Auftreten neuer Kinasemutationen assoziiert, erklärte Zalcberg. Ursachen für eine GIST-Progession liegen in mangelnder Compliance, Therapiepausen oder -Abbrüchen, patientenspezifischen pharmakokinetischen Faktoren, die eine subtherapeutische Wirkstoffkonzentration verursachen und in Mutationen, so Zalcberg (18, 19). Bei einer sekundären Resistenz sollte die Progression bestätigt werden, da eine wirkungsvolle Therapie nicht geändert werden sollte. Wichtig ist es auch, zunächst die Compliance des Patienten zu hinterfragen. Eine Möglichkeit ist eine Dosis-Eskalation von Imatinib. oder den TKI zu wechseln (Sunitinib oder andere TKIs). Bei Chirurgie/Ablation von lokalisierter oder fokaler Pankreatikoduodenektomie (PD) soll mit dem TKI im Anschluss weiterbehandelt werden. Das aufblasbare Kolon ist ein 2,4 m hohes begehbares Modell des Menschlichen Kolons, welches unter anderem die verschiedenen Stadien des Kolorektalkarzinomns modellhaft darstellt. Digestive Cancers Consultancy und Europacolon haben dieses Modell gemeinsam entwickelt (Foto: P. Henning). Nilotinib bei GIST Nilotinib (Tasigna®) ist hochselektiv für KIT und PDGFR-Rezeptor-Kinase und erreicht 7- bis 10-fach höhere intrazelluläre Konzentrationen als Imatinib in GIST-Zell-Linien. Für Nilotinib allein oder in Kombination mit Imatinib konnte eine Aktivität in Patienten mit fortgeschrittenen Imatinib-resistenten GIST gezeigt werden und ergab einen klinischen Vorteil für intensiv vorbehandelte GIST-Patienten. In der Drittlinien-Studie ergab sich kein signifikanter Unterschied im Progressionsfreien Überleben und im Gesamtüberleben für Nilotinib im Vergleich zu den Kontrollarmen (20). Eine Erstlinientherapie-Studie mit nicht-resezierbaren/metastatischen nicht vorbehandelten GIST-Patienten Nilotinib 400 mg/bid vs. Imatinib 400 mg/d (ENESTg1) ist vorzeitig abgebrochen worden, da sich kein Vorteil zu Gunsten von Nilotinib abzeichnete (21). Regorafenib Regorafenib, ein oraler TKI, zeigt eine inhibitorische Aktivität gegen mehrere Kinasen (inkl. KIT, PDGFR, FGFR, VEGFR2, 3, TIE-2 und B-RAF). Die Substanz resultiert in mindestens 2 bioaktiven Metaboliten mit langer Halbwertszeit (etwa 24 Stunden). Ein akademischer investigator-initiated Trial an 34 Patienten mit Regorafenib bei GIST nach Versagen von Imatinib und Sunitinib wurde dieses Jahr auf dem ASCO präsentiert und ergab einen klinischen Vorteil bei 73% der Pa- tienten (95% CI: 55%-87%) mit einem progressionsfreien Überleben von 10 Monaten (22). Sorafenib Sorafenib blockiert die RAF-Kinase, eine kritische Komponente des RAF/MEK/ERK-Signalwegs, der Zellteilung und -proliferation kontrolliert; außerdem die VEGFR-2/PDGFR-betaSignalkaskade und auf diesem Wege die Tumorangiogenese hemmt. Sorafenib wird in einer Phase-II-Studie an metatsasierten GISTPatienten untersucht, bei denen es unter Imatinib und Sunitinib zu Therapieversagen kam. Dasatinib Strukturell verwandt mit Imatinib ist das Dasatinib (Sprycel®). Es ist aktiv gegen c-KIT, ABL, SRC und PDGFR. Es verfügt über eine höhere Affinität zu c-KIT als Imatinib. In vitro ist Dasatinib aktiv gegen Loop-Mutationen wie D816V, D816Y und gegen PDGFR 842V. Die FDA hat Dasatinib freigegeben für die Imatinib-resistente CML im Juni 2006. Valatanib Der oraler TKI Valatanib (VEGFR 1–3, PDGFRalpha und -beta, KIT) ergab für Imatinib-resistente GIST in Phase II (26 Patienten) einen klinischen Benefit von 67% bei einer progressionsfreien Zeit von im Median 8,5 Monaten, erklärte Zalcberg. © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese WCGC 2011 208 Tab. 4 WHO-Kategorien der Neuroendokrinen Neoplasien (nach: [23]) Kategorie Verhalten Funktionelle Aktivität Charakteristik Neuroendokriner Tumor, NET G1 (WHO 1) benigne - geringgradig maligne* variabel Neuroendokriner Tumor, NET G2 (WHO 2) benigne - geringgradig maligne* variabel Neuroendokrines Karzinom, NEC** (WHO 3) (klein- oder großzelliger Typ) hochgradig maligne fehlend/variabel Tumorzellen zeigen einen neuroendokrinen Phänotyp Gemische adeno-neuroendokrine Karzinome, MANEC Ausgeglichene Menge an neuroendokrinen und exokrinen Tumorzellen Hyperplastische & präneoplastische Läsionen Tumor-ähnliche Läsionen *abhängig vom Stadium; **G3 per definitionem Genotyporientierter Einsatz von Sunitinib optimiert GIST-Therapie „Bei Progress unter Imatinib oder Imatinib-Unverträglichkeit ist Sunitinib die einzige zugelassene und etablierte Therapieoption bei GIST“, betonte Dr. Marcus Schlemmer, Klinikum der Universität München-Großhadern, auf einer Presseveranstaltung von Pfizer Oncology. Bei der Behandlung mit Sunitinib empfahl Schlemmer ein gezieltes Vorgehen auf der Basis der Mutationsanalyse: „Ist die Art der primären und sekundären Exon-Mutationen bekannt, kann sehr spezifisch behandelt werden. Ein Therapieansprechen ist dann wahrscheinlich – ein enormer Fortschritt in der GIST-Therapie.“ Am häufigsten mit rund 60% ist die Exon-11-Mutation des KIT-Rezeptors, gefolgt von der Exon-9-Mutation (ca. 10%), während andere KIT-Mutationen wie die der Exons 13 oder 17 selten vorkommen (34, 35). Bei etwa 19% liegt ein Wildtyp-KIT ohne nachweisbare Mutation vor. Viele Patienten, die unter Imatinib progredient werden, haben eine zusätzliche ExonMutation erworben. Es ließ sich aber zeigen, betonte Schlemmer, dass Patienten mit allen wesentlichen Primärmutationen von einer Zweitlinientherapie mit Sunitinib einen klinischen Nutzen haben (36). Laut Schlemmer erhalten Patienten mit Exon-9-Mutation als Erstlinie-Therapie Imatinib in doppelter Standarddosierung (800 mg). Für alle anderen Mutationen gilt: Bei GIST-Patienten mit einer Progression unter 400 mg Imatinib sollte die Dosis auf 2 x 400 mg/Tag erhöht werden. Es sollte erwogen werden Patienten mit gutem Performance score frühzeitig mit Sunitinib zu behandeln, da gerade diese Patienten besonders von Sunitinib profitieren (37).„Zudem weist Sunitinib im Vergleich zu 800 mg Imatinib ein akzeptables Toxizitätsprofil auf“, wie Schlemmer anführte. Neuroendokrine Neoplasien Klassifikation der Neuroendokrinen Neoplasien Zwar sind die Neuroendokrinen Neoplasien selten, jedoch steiget ihre Inzidenz, so Guido Rindi, Universita Cattolica del Sacro Cuore Policlinico A. Gemelli, Rom, Italien. Die Klassifikation der Neoplasien reflektiert das Wissen um die Tumorbiologie in verschiedene Entitäten und um die Lage des Tumors (씰Tab. 4) Die WHO 2010 Klassifikation führte ein Grading nach Anzahl der Mitosen im HPF von 2 mm2 (High Power Field = Gesichtsfeld gößter Auflösung ) und ein TNM-Staging ein (23). Die Therapie hängt grundsätzlich vom Typ der Neoplasie und der Klassifizierung ab. Everolimus bei pNET Abb. 2 Das progressionsfreies Überleben unter Everolimus ist unabhängig von den CgA-Ausgangswerten und im Vergleich zu Placebo mindestens doppelt so lang (nach: [28]). Etwa 65% der pankreatischen neuroendokrinen Tumoren (pNET) werden erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert (24), darauf verwies Frau Prof. Marianne Pavel, Charité Berlin. Die meisten pNET sezernieren Chromogranin A (CgA), einen Biomarker für allgemeine Tumorlast. Falls das CgA nicht erhöht Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese WCGC 2011 209 ist, so ist die Neuron-spezifische Enolase (NSE) ein nützlicher Biomarker (25). In der RADIANT-3-Studie konnte für den oralen mTOR-Inhibitor Everolimus ein statistisch und klinisch signifikant verbessertes progressionsfreies Überleben (PFS) von 6,4 Monaten gezeigt werden: Das mediane PFS betrug 11,0 Monate unter Everolimus vs. 4,6 Monate unter Placebo (Hazard ratio: 0,35; 95% CI, 0,27-0,45; p<0,001) (26). Everolimus bewirkt eine schnelle und anhaltende Abnahme des CgA- und NSE-Gehalts (27), die signifikant größer sind als unter Placebo: Bereits nach dem ersten Zyklus von Everolimus 10 mg reduziert sich das CgA (Ausgangswert = 1) signifikant auf 0,57-fach (95% CI, 0,45-0,73; p<0,0001). Auch das NSE reduzierte sich unter Everolimus 10 mg (0,50 nach dem 1. Zyklus, 95% CI, 0,32-0,80, p<0,0001) (28, 29). Die Grundwerte von Cga und NSE liefern eine Prognose für das progressionsfreie Überleben. Der Vorteil von Everolimus konnte für Patienten mit und ohne erhöhte Ausgangswerte für CgA und NSE gezeigt werden (26, 28). Everolimus verbessert signifikant das progressionsfreie Überleben bei Patienten mit progressiven, fortgeschrittenen pNET, unabhängig davon, ob die Biomarker CgA (씰Abb. 2) und NSE anfangs erhöht sind oder nicht, so das Ergebnis der von Pavel in Barcelona vorgestellten Studie (28). Die FDA hat im Mai 2011 Everolimus zur Behandlung von progressivem, nicht resektierbarem, lokal fortgeschrittenem oder metastatiertem pNet freigegeben, so die Expertin. Sunitinib bei pNET Sunitinib (Sutent®) ist in der Erstlinientherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms (mRCC) etabliert (30). Ebenfalls verankert ist der orale Multikinaseinhibitor in der Behandlung von gastrointestinalen Stromatumoren (GIST), nachdem eine Therapie mit Imatinib versagt hat oder von den Patienten nicht vertragen wurde (31). „In der GIST-Therapie kommt es darauf an, Sunitinib gezielt auf der Basis einer Mutationsanalyse einzusetzen“, sagte Dr. Marcus Schlemmer auf einer Presseveranstaltung von Pfizer Oncology. Wenn die Erstlinien-Therapie mit Imatinib versagt hat, biete sich bei GIST-Patienten mit Mutation des Exons 11 im KIT-Rezeptor eine Umstellung auf Sunitinib an, erläuterte der Oberarzt am Klinikum Großhadern der Universität München. Außer in Abb. 3 Das progressionsfreies Überleben unter Sunitinib bei pNET ist im Vergleich zu Placebo mehr als verdoppelt. (Nach: [32]) den etablierten Indikationen mRCC und GIST „kristallisiert sich Sunitinib auch in der Behandlung gut differenzierter fortgeschrittener pankreatischer neuroendokriner Tumoren (pNET) mit Krankheitsprogression bei Erwachsenen als wichtige Therapieoption heraus“, ergänzte Dr. Ulrich-Frank Pape, Oberarzt am Virchow-Klinikum der Charité. Die Erfahrungen mit Sunitinib in der Erstlinien-Therapie von pNET sind noch begrenzt. Jedoch spräche die in der Phase-III-Zulassungsstudie im Vergleich zu Placebo gezeigte Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (PFS) (씰Abb. 3) sowie die ebenfalls erhobenen Daten zur Lebensqualität für den Einsatz des Medikaments in der komplexen pNETTherapie, berichtete der Experte (32). Sunitinib hat im November 2010 in Europa und im Mai 2011 in den USA eine Zulassung in dieser Indikation erhalten. „Seit der Zulassung zur Behandlung progredienter, kurativ nicht resezierbarer, gut differenzierter (G1/2) pNET steht uns in dieser komplexen Indikation seit langem wieder eine neue Therapieoption zur Verfügung“, sagte Pape. Sunitinib, das mit Somatostatinanaloga zur Symptomkontrolle der unkontrollierten Hormonsekretion gut kombiniert werden könne, blockiere multiple Tyrosinkinasen, zu denen die VEGF-Rezeptoren, die PDGF-Rezeptoren alpha und beta, KIT, FLT-3, FGF-Rezeptor-1 und RET gehören (씰Tab. 1). „Daher hemmt Sunitinib das pNET-Wachstum nicht nur durch direkte Antitumoreffekte, sondern zusätzlich über antiangiogenetische Mechanismen“, wie Pape erklärte. Die Erfahrungen mit Sunitinib in der Erstlinien-Behandlung von pNET sind derzeit allerdings noch begrenzt. Sunitinib verlängert PFS bei pNETPatienten um mehr als das Doppelte In der randomisierten Phase-III-Zulassungsstudie SUN 11114 wurden Patienten mit gut differenzierten G1-oder G2-Tumoren, die für eine kurative Operation nicht in Frage kamen und vor Studienbeginn eine progrediente Erkrankung hatten, bis zur Progression mit täglich 37,5 mg Sunitinib oder Placebo behandelt. Eine Zwischenanalyse ergab eine PFS-Verlängerung auf median 11,4 vs. 5,5 Monate (HR = 0,42, p<0,001), die durch eine zentrale Auswertung bestätigt wurde (12,6 vs. 5,8 Monate, HR = 0,315, p<0,0001). Das Mortalitätsrisiko war in der Sunitinib-Gruppe vermindert (HR = 0,41, p = 0,02). Ein Update im weiteren Verlauf ergab kein signifikant verbessertes Gesamtüberleben unter Sunitinib im Vergleich zu Placebo (30,5 vs. 24,4 Monate, HR = 0,737, p = 0,1926) (33). Pape führte die numerische, aber nicht-signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens (OS) in der aktuellen Auswertung auf den Cross-over-Effekt bei Patienten der PlaceboGruppe zurück, deren Behandlung auf Grund von Progression bzw. nach dem vorzeitigen Studienabbruch (auf Empfehlung des Data Monitoring Committee nach Interimsanalyse) auf Sunitinib umgestellt worden war. Literatur 1. NCCN. Practice Guidelines in Oncology. Hepatocellular Cancer v.1.2010. Available at: www.nccn.org. 2. Llovet JM et al. 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Pressemitteilung der ESMO: „Data on the VELOR trial“. Pressegespräch „Seltene Tumore zielgerichtet therapieren: Sunitinib bei pankreatischen NET (pNET) und GIST“ am 23. Juni 2011 anlässlich des 13th World Congress on Gastrointestinal Cancer (WCGIC 2011), Barcelona von Pfizer Oncology. Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. PostASCO 2011 212 Fortgeschrittenes Rektumkarzinom Capecitabin als „Strahlensensitizer“ in der Neoadjuvanz Neben 5-FU dürfte sich Capecitabin (Xeloda®) als weiterer Standard bei der neoadjuvanten sowie der adjuvanten Behandlung des fortgeschrittenen Rektumkarzinoms etablieren. Diese Ansicht vertrat Prof. Ralf-Dieter Hofheinz, Mannheim, bei einem Pressegespräch. Seine Einschätzung basiert auf den Daten einer Phase III-Studie, die auf dem ASCO 2011 vorgestellt wurde. Dabei zeigte sich nach seinen Worten kein signifikanter Unterschied beim Gesamtüberleben (OS), jedoch mit einem deutlichen Trend zur Überlegenheit des Capecitabin-basierten Regimes. In der Studie wurden 401 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom adjuvant oder neoadjuvant mit einer Capecitabin- oder 5-FU-basierten Radiochemotherapie behandelt. Die Daten der randomisierten, stratifizierten und auf den Nachweis der Nicht-Unterlegenheit ausgelegten Studie umfassen einen Beobachtungszeitraum von fünf Jahren. Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben, als sekundäre Endpunkte waren das krankheitsfreie Überleben sowie das Sicherheitsprofil definiert. Neben der Nicht-Unterlegenheit beim OS gab es signifikante Vorteile der oralen Chemotherapie beim krankheitsfreien Überleben nach drei Jahren, ferner traten statistisch signifikant weniger Fernmetastasen auf. „Außerdem erzielte Capecitabin bei weiteren klinischen Parametern wie etwa der Lymphknoten-Negativi- tät, dem T-Downstaging und der Rate pathologisch-kompletter Remissionen tendenziell bessere Ergebnisse als 5-FU“, so der Onkologe. Für ihn gilt damit als belegt, dass Capecitabin der herkömmlichen Behandlung mit 5-FU nicht unterlegen ist und darüber hinaus sogar Vorteile für den Patienten besitzt. Der Wirkstoff scheint nach Hofheinz unter anderem die Empfindlichkeit gegenüber einer Radiotherapie zu steigern: „Wir können ihn praktisch als Strahlensensitizer nutzen“. Pluspunkt auch beim Sicherheitsprofil Für Capecitabin spricht auch das günstige Sicherheitsprofil, wobei bei den Nebenwirkun- Sport gegen Krebs – nicht teuer und sehr wirksam Groß angelegte Studien haben gezeigt, dass Sport nicht nur vorbeugend wirkt, sondern auch die Prognose der Krebserkrankung verbessert. Weitere wissenschaftliche Studien des Klinikum rechts der Isar und des Rotkreuzklinikum München werden geplant. Insbesondere angelsächsische Studien, zeigen, dass Krebspatienten, die nach der Erkrankung körperlich aktiv sind, eine deutlich bessere Prognose haben (KolonCa: Verbesserung von 14-47%; MammaCa: bis zu 40%). Sport und körperliche Aktivität sind eine effektive Therapie, in aller Regel gut verträglich und im Grunde umsonst. Die Daten entstammen großen epidemiologischen Studien mit 40 000-120 000 Teilnehmern. Es fehlen aber prospektiv randomisierte Studien, um den Zusammenhang zwi- schen körperlicher Aktivität, Sport und Prognoseverbesserung bei Tumorleiden zu erhärten. Das Klinikum rechts Isar und das Rotkreuzklinikum München bereiten jetzt dazu Studien vor. ● Eine randomisierte prospektive Multicenterstudie zur Intervention von körperlichem Training bei Patienten mit Darmkrebserkrankung ● Interventionsstudie zu Sport und Ernährung bei Patientinnen mit MammaCa oder genetischer Veranlagung gen vor allem das Hand-Fuß-Syndrom (HFS) im Vordergrund stand. Das Auftreten der Hautreaktionen ist andererseits mit einem deutlich besseren 3-Jahres-krankheitsfreien Überleben und einem besseren 5-Jahres-Gesamtüberleben assoziiert. So ist die 5-Jahres-Überlebensrate mit 91,4% besonders hoch bei Patienten, die unter Capecitabin ein HFS entwickeln. Bei Patienten, die keine Hautreaktion zeigen, liegt sie dagegen bei 68% vs. 66,6% unter 5-FU. Wichtig aber ist nach Hofheinz, dass die Patienten bei Beginn der Therapie über die Möglichkeit einer solchen Nebenwirkung aufgeklärt werden und auch darüber, dass sie in einem solchen Fall direkt vorstellig werden sollten. Denn die Behandlungsintensität muss dann etwas zurückgenommen werden, damit das HFS abklingen kann. Zu Einbußen bei den Therapieerfolgschancen kommt es Studien zufolge dadurch nicht. Christine Vetter, Köln Literatur 1. Hofheinz A et al. Capecitabine (Cape) versus 5-fluorouracil (5-FU)-based (neo)adjuvant chemoradiotherapy (CRT) for locally advanced rectal cancer (LARC): Long-term results of a randomized, phase III trial. ASCO 2011, J Clin Oncol 29: 2011 (suppl; abstr 3504). Quelle: Pressegespräch „Hohe Wirksamkeit bei mehr Lebensqualität: Xeloda® in der Therapie des metastasierten Mammakarzinoms und gastrointestinaler Tumore“ am 6. Juli 2011, Frankfurt/Main. Veranstalter: Roche Pharma AG. ● Randomisierte Interventionsstudie zur Implementierung einer Trainingstherapie für Prostata- und MammaCa-Patienten und Etablierung von Krebssportgruppen in München mit landesweiter Ausdehnung Prof. Martin Halle, Direktor der Sportmedizin am Klinikum rechts der Isar, und Prof. Michael Schoenberg, Chefarzt der Chirurgie am Rotkreuzklinikum München, sind sich einig: „Unser Ziel ist es, die Patienten aus dem „Bermudadreieck“ Fernseher, Couch und Depression herauszulocken und ihnen durch Bewegungsprogramme die Möglichkeit zu geben, aktiv gegen ihre schwere Erkrankung zu kämpfen.“ red. Quelle: Pressemitteilung Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Onkopedia-Leitlinie © Schattauer 2011 Venöse Thrombembolien bei Tumorpatienten -Leitlinie* in Kooperation mit der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin I. Pabinger1; B. Alt-Epping2; F. Demarmels Biasutti3; F. Langer4; B. Wörmann5; H. Riess6 1Klinische Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie, Universitätsklinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Wien; 2Abteilung Palliativmedizin, Universitätsmedizin Göttingen; 3Universitätsklinik für Hämatologie und Hämatologisches Zentrallabor, Inselspital, Bern; 4II. Medizinische Klinik und Poliklinik, Onkologie, Hämatologie und KMT mit der Sektion Pneumologie, Universitätsklinikum Eppendorf, Hubertus-Wald-Tumorzentrum, Universitäres Cancer Center Hamburg; 5Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, Berlin; 6Medizinische Klinik und Poliklinik mit Hämatologie/Onkologie, Campus Virchow Klinikum, Charité Universitätsmedizin Berlin Keywords Schlüsselwörter Cancer, tumour, venous thrombosis, pulmonary embolism, venous thromboembolism Krebserkrankung, Tumor, Venenthrombose, Pulmonalembolie, Venöse Thromboembolie Summary Zusammenfassung Venous thrombembolism (VTE) is one of the most frequent complication in cancer patients. The current options in prophylaxis and therapy have to be balanced against the risks of major bleeding and the burden for the patients. The Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung, the Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin and the German speaking Societies of Hematology and Oncology have recently published guidelines on VTE in cancer patients. Recommendations include diagnostics, individual prophylaxis and treatment. Venöse Thrombembolien (VTE) gehören zu den häufigen Komplikationen bei Tumorpatienten und sind ein prognostisch ungünstiges Zeichen. Die aktuellen und effizienten Möglichkeiten der medikamentösen Prophylaxe und Therapie sind abzuwägen gegen das Blutungsrisiko und die Belastungen für den Patienten. Gemeinsam mit der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung und der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin haben die deutschsprachigen Fachgesellschaften der Hämatologie und Onkologie kurzgefasste Leitlinien erarbeitet. Schwerpunkte sind die rationelle Diagnostik, Indikationen zur Prophylaxe in Abhängigkeit von den individuellen Risikofaktoren und die Differenzialtherapie. Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Ingrid Pabinger Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Innere Medizin I, Klinische Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie Währinger Gürtel 18–30, 1090 Wien Tel. +43/1/404 00 44 48 E-Mail: [email protected] Venous thrombembolism in tumour patients Onkologische Welt 2011; 2: 213–222 Nachdruck aus: Hämostaseologie 2011; 31: 281–290 doi:10.5482/ha-1147 Definition und Basisinformationen Venöse Thrombembolien (VTE) gehören zu den häufigen Komplikationen bei Tumorpatienten. Der Begriff VTE umfasst akute Venenthrombosen einschl. der Katheter-induzierten Thrombosen und Lungenembolien. Die Inzidenz klinisch diagnostizierter Ereignisse liegt bei Tumorpatienten insgesamt vier- bis siebenfach höher als bei Nicht-Tumorpatienten. Das individuelle Risiko ist abhängig von Art und Stadium der Grundkrankheit, Art und Intensität der kausalen Therapie, der supportiven Therapie, von prädisponierenden Faktoren und Komorbidität (6, 7, 14) (씰Tab. 1). Venöse Thrombembolien sind bei Tumorpatienten ein prognostisch ungünstiges Zeichen. Bei Personen ohne erkennbare Risikofaktoren können sie das erste Symptom einer bisher nicht diagnostizierten, malignen Grundkrankheit sein. Verschiedene Organisationen haben in den vergangenen fünf Jahren Empfehlungen zur Prophylaxe und Therapie von VTE allgemein (ACCP, S2– und S3-Leitlinie) und speziell bei Tumorpatienten publiziert (14, 15, 23). Risikofaktoren * Onkopedia ist ein Kooperationsprojekt von DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, OeGHO Österreichische Gesellschaft und SGH+SSH. Zahlreiche, allgemeine und tumorassoziierte Faktoren sind mit einem erhöhten RiOnkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 213 214 I. Pabinger et al.: VTE bei Tumorpatienten siko für das Auftreten venöser Thrombembolien assoziiert (1, 2, 10). Wichtige Parameter bei Tumorpatienten sind in 씰Tabelle 1 zusammengefasst. Prädisposition und Komorbidität ● ● ● Tumor ● ● ● Tumortherapie ● ● ● ● ● ● supportive Therapie ● ● ● Laborparameter ● ● ● ● ● ● ● Die diesbezüglichen Studien sind methodisch sehr unterschiedlich in Bezug auf Patientenpopulation, Datenerhebung, Art der Auswertung und Nachbeobachtungs- hereditäre Thrombophilie VTE in der Vorgeschichte internistische Komorbidität (z. B. Adipositas, Herzinsuffizienz, COPD) Tab. 1 Risikofaktoren für venöse Thrombembolien bei Tumorpatienten Tumorart: relativ höchstes Risiko bei Primärtumoren von Pankreas, Magen, Niere, Gehirn, Lunge, Ovar, Lymphom Tumorstadium: fortgeschrittenes Stadium (Metastasierung) Zeit nach Tumordiagnosestellung: höheres Risiko innerhalb von 6–12 Monaten nach Diagnosestellung Operation Bestrahlung Chemotherapie antihormonelle Therapie immunmodulatorische Therapie antiangiogenetische Therapie Transfusionen Erythropoese stimulierende Substanzen (ESA) zentraler Venenzugang (ZVK, Port) Leukozytose > 11 000/μl Thrombozytose > 350 000/μl C-reaktives Protein erhöht D-Dimere erhöht Prothrombin-Spaltprodukte erhöht Faktor VIII erhöht lösliches P-Selektin erhöht VTE: venöse Thrombembolie; COPD: chronische obstruktive Lungenerkrankung VTE Symptome Venenthrombose ● ● ● ● ● ● Lungenembolie ● ● ● ● ● ● ● Tab. 2 Schmerzen, oft belastungsabhängig verstärkte oberflächliche Venenzeichnung bläulich livide Verfärbung Schwellung von Knöchel, Unterschenkel und/oder des gesamten Beins Druckschmerz im Bereich des Verlaufs der tiefen Venen Phlegmasia caerulea dolens bei rasch progredienter Thrombosierung aller Venen mit Ödem und sekundärer Beeinträchtigung der arteriellen Blutversorgung Dyspnoe, Tachypnoe, oft belastungsabhängig akute einseitige Thoraxschmerzen, oft atemabhängig Husten Hämoptysen Tachykardie, Herzrhythmusstörungen Zyanose Stauung der Halsvenen Symptome bei Venenthrombose der unteren Extremitäten und bei Lungenembolie zeit. Viele der Parameter sind voneinander nicht unabhängig. Als Eingangskriterien für die randomisierten klinischen Studien zur Prophylaxe venöser Thrombembolien wurde bisher vor allem Parameter wie Diagnose, Alter, Hospitalisation oder Art der Therapie gewählt. Klinisches Bild Venenthrombosen Die häufigste Lokalisation venöser Thrombembolien sind Venenthrombosen der unteren Extremitäten und der Beckenvenen. Die klinischen Symptome (씰Tab. 2) können unspezifisch oder nur gering ausgeprägt sein. Thrombosen der oberen Extremitäten machen nur 1–4% der Venenthrombosen aus. Sie sind in mehr als zwei Drittel der Fälle sekundär bedingt, z. B. durch tumorbedingte Stenose oder durch zentrale Venenkatheter. Die klinische Symptomatik bei Thrombosen der Arm- und Schultervenen ist bestimmt von Schmerzen, verstärkter oberflächlicher Venenzeichnung, Verfärbung und Schwellung der betroffenen Extremität. Aufgrund lokaler Gewebeveränderungen können Thrombosen bei Tumorpatienten in fast allen anderen Körperregionen entstehen. Weitere Prädilektionsstellen sind ● Vena cava inferior und superior, ● Vena subclavia und ● Pfortader (besonders bei Tumoren des Gastrointestinaltraktes und bei myeloproliferativen Erkrankungen) sowie ● Nierenvenenthrombosen (besonders bei Nierenzellkarzinom). Lungenembolie Alle Thromboselokalisationen können zu Lungenembolien führen mit Ausnahme der Milzvenen- und Pfortaderthrombose. Die überwiegende Anzahl von Lungenembolien ist asymptomatisch. Bei Tumorpatienten werden sie oft im Rahmen von Stadienbeurteilungen und Kontrolluntersuchungen aufgedeckt. Zeichen der symptomatischen Lungenembolie sind in 씰Tabelle 2 aufgelistet. Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. I. Pabinger et al.: VTE bei Tumorpatienten Tab. 3 Diagnose Klinischer Verdacht auf VTE Bei Verdacht auf VTE ist die objektivierende Diagnostik unverzüglich einzuleiten. Eine Ausnahme können Patienten mit sehr weit fortgeschrittenem Tumorleiden und/ oder schlechtem Allgemeinzustand sein, wenn die Diagnose einer VTE nicht Therapie-relevant ist. Bei diesen Palliativpatienten ist ein individualisiertes Vorgehen nötig. Venenthrombose der unteren Extremitäten und der Beckenvenen Das Vorgehen bei Tumorpatienten entspricht dem Vorgehen bei Nicht-Tumorpatienten. Die klinische Symptomatik ist so unspezifisch, dass eine Diagnosestellung nur aufgrund der klinischen Symptomatik und des körperlichen Untersuchungsbefundes nicht ausreichend ist. Die Festlegung der klinischen Wahrscheinlichkeit erfolgt aufgrund der ärztlichen Erfahrung oder durch Anwendung eines PunkteScore (씰Tab. 3) aus anamnestischen Angaben und klinischen Befunden (씰Tab. 2). Ein diagnostischer Algorithmus ist in 씰Abbildung 1 dargestellt. Allerdings muss beim vorgeschlagenen Algorithmus bedacht werden, dass die meisten Patienten mit einer Tumorerkrankung D-DimerWerte über dem Referenzbereich aufweisen, auch wenn keine akute Thrombose vorhanden ist (25). Score zur Ermittlung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer Venenthrombose (TVT) (25) Parameter Variable Punkte aktive Krebserkrankung 1 Lähmung oder kürzliche Immobilisierung der Beine 1 Bettruhe (> 3 Tage); große Chirurgie (< 12 Wochen) 1 Schmerz / Induration entlang der tiefen Venen 1 Schwellung gesamtes Bein 1 Schwellung des Unterschenkels > 3 cm gegenüber Gegenseite 1 eindrückbares Ödem am symptomatischen Bein 1 Kollateralvenen 1 frühere, dokumentierte TVT 1 alternative Diagnose mindestens ebenso wahrscheinlich wie tiefe Venenthrombose –2 ≥2 klinische Wahr- hoch scheinlichkeit nicht hoch <2 TVT: Bein- oder Beckenvenenthrombose weiteren Beurteilung dienen Parameter des Kreislaufs (RR, Herzfrequenz) und der rechtskardialen Belastung: ● Echokardiographie, ● Troponin, ● BNP oder NT-proBNP. Andere Lokalisationen Die D-Dimer-Bestimmung ist nur für die tiefe Venenthrombose der unteren Extremität sowie Lungenembolie ausreichend validiert und bei Tumorpatienten nur ein- Lungenembolie Bei klinischem Verdacht auf eine Lungenembolie ist die Diagnostik unverzüglich einzuleiten. Auch sie wird analog dem Vorgehen bei Nicht-Tumorpatienten durchgeführt. Validierte Scores (Wells-Score und revidierter Genfer Score) für die Ermittlung der klinischen Wahrscheinlichkeit sind in 씰Tabelle 3 zusammengefasst (12, 26). Der Algorithmus zum diagnostischen Vorgehen für instabile Patienten ist in 씰Abbildung 2a dargestellt. Besonders zu berücksichtigen sind bei diesen Patienten die Prognose und das individuelle Blutungsrisiko. Den Algorithmus für stabile Patienten stellt 씰Abbildung 2b dar. Zur Abb. 1 Diagnostik bei klinischem Verdacht auf Venenthrombose (S2 Leitlinie) © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 215 216 I. Pabinger et al.: VTE bei Tumorpatienten Abb. 2 Diagnostik bei Verdacht auf Lungenembolie mit hohem klinischem Risiko a) instabiler Patient (20); b) stabiler Patient (21) *Bei niedriger klinischer Wahrscheinlichkeit (oder bei unwahrscheinlicher Lungenembolie, d. h. < 4 Punkte nach dem dichotomisierten Wells-Score) kann der Ausschluss einer Lungenembolie auch mit einem qualitativen Bedside-Test anstelle eines ELISATests erfolgen. Bei hospitalisierten Patienten ist der diagnostische Stellenwert der D-Dimer-Bestimmung gering. a) b) geschränkt aussagekräftig. Bei Verdacht auf eine andere Lokalisation sind die adäquaten bildgebenden Verfahren heranzuziehen, z. B. Sonographie, Computertomographie, Magnetresonanztomographie oder Phlebographie. Tumorsuche bei venösen Thrombembolien unklarer Genese Bei 10–15% der Patienten mit neu aufgetretener VTE ohne erkennbare Ursache wird innerhalb der folgenden 12 Monate ein Malignom diagnostiziert, bei der Mehrzahl dieser Patienten innerhalb von 4–6 Monaten nach klinischer Manifestation der VTE (3). Bei Durchführung einer sachgerecht intensivierten Tumorsuche werden deutlich mehr dieser Malignome in einem lokalen bzw. lokoregionären Stadium mit potenziell kurativer Behandlungsmöglichkeit entdeckt als wenn auf unübersehbare klinische Symptome gewartet wird. Allerdings konnte bisher nicht gezeigt werden, dass eine um- fangreiche Tumorsuche bei diesen Patienten zum Zeitpunkt des Auftretens des thrombembolischen Ereignisses zu einer Verlängerung der Überlebenszeit führt (18). Bei fehlenden anamnestischen/klinischen Hinweisen auf eine zugrunde liegende Tumorerkrankung werden für diese Patienten Untersuchungen empfohlen, deren Wert in der Früherkennung bei Patienten ohne Thrombose anerkannt sind (씰Tab. 5). und werden hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bei Tumorpatienten im Einzelnen besprochen: ● Heparin: – unfraktioniertes Heparin (UFH), – niedermolekulares Heparin (NMH), ● Vitamin-K-Antagonisten (VKA) und ● orale Faktor-Xa- oder Thrombin-Inhibitoren. Informationen zum Zulassungsstatus sind in 씰Tabelle 6 zusammengefasst. Fondaparinux Fondaparinux ist ein synthetisches Pentasaccharid, welches selektiv die Wirkung von Antihrombin gegenüber Faktor Xa verstärkt. Es wird subkutan appliziert. Seine Wirkung wurde vor allem in multizentrischen Studien zur postoperativen VTEProphylaxe, zur VTE-Therapie sowie bei Patienten mit akutem Koronorsyndrom gezeigt. Fondaparinux ist effektiv in der VTE-Prophylaxe von akut erkrankten und hospitalisierten internistischen Patienten. In der Zulassungsstudie waren auch Tumorpatienten behandelt worden. Regelmäßige Laborkontrollen zur Überprüfung der optimalen Dosierung sind nicht erforderlich. Bei schwerer Niereninsuffizienz besteht Kumulationsgefahr, die durch Dosisanpassung (Prophylaxe) oder Anti-FXa-Aktivitätsbestimmung (Therapie) berücksichtigt wird. Kritische Nebenwirkung ist die erhöhte Blutungsneigung, die Halbwertszeit ist mit 15–18 Stunden relativ lang. Das Risiko einer Thrombozytopenie ist niedrig. Prophylaxe und Therapie Heparin Tumorpatienten haben ein erhöhtes Risiko für venöse Thrombembolien. Maßnahmen zur Prophylaxe, vor allem mit Antikoagulanzien, sind in Betracht zu ziehen. Niedermolekulares Heparin (NMH) Antikoagulanzien Die folgenden Wirkstoffe (aufgeführt in alphabetischer Reihenfolge) sind für die Prophylaxe und Therapie der VTE zugelassen Aus unfraktioniertem Heparin kann durch chemische Prozesse eine Fraktion niedermolekularer Heparine gewonnen werden. Diese kürzeren Polysaccharidketten haben unterschiedliche pharmakologische Eigenschaften, u. a. eine deutlichere Verstärkung der Antithrombinaktivität gegenüber Faktor Xa als unfraktioniertes Heparin. Sie werden subkutan oder – wesentlicher seltener – intravenös appliziert. Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. I. Pabinger et al.: VTE bei Tumorpatienten Niedermolekulare Heparine sind effektiv in der Prophylaxe und Therapie venöser Thrombembolien bei Tumorpatienten. In vergleichenden Studien zur VTE-Therapie war die Thrombose-Rezidivrate bei den Tumorpatienten meist niedriger als bei Anwendung von oralen Vitamin-K-Antagonisten. Regelmäßige Laborkontrollen zur Überprüfung der optimalen Dosierung sind nicht erforderlich. Tab. 4 Ermittlung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer Lungenembolie mit dem Wells-Score (25) und revidiertem Genfer Score (12) Punkte WellsScore Variable frühere Bein- oder Beckenvenenthrombose oder Lungenembolie 1,5 frische Operation oder Immobilisation 1,5 Krebserkrankung 1 Hämoptyse 1 Herzfrequenz > 100 Schläge/Minute 1,5 klinische Zeichen einer TVT 3 alternative Diagnose unwahrscheinlicher als Lungenembolie 3 klinische Wahrscheinlichkeit* niedrig 0–4 hoch >4 Variable Alter > 65 Jahre 1 frühere Bein- oder Beckenvenenthrombose oder Lungenembolie 3 Operation oder Knochenfraktur innerhalb des vergangenen Monats 2 aktive Krebserkrankung 2 einseitiger Beinschmerz 1 Hämoptyse 2 ● Herzfrequenz 75–94 Schläge/Minute ● ≥ 95 Schläge/Minute 3 5 Schmerz bei Palpation einer tiefen Beinvene, einseitiges Ödem 4 niedrig 0–3 mittel 4–10 hoch ≥ 10 Kritische Nebenwirkung ist die erhöhte Blutungsneigung, sie ist dosisabhängig. Sehr selten ist auch eine Heparin-induzierte Thrombozytopenie Typ II (HIT II). Studien zum direkten Vergleich der verschiedenen Präparationen von niedermolekularem Heparin gibt es bei onkologischen Patienten kaum. Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz ist das Kumulationsrisiko der verschiedenen NMH unterschiedlich. revidierter Genfer Score Besonders bei therapeutischer Antikoagulation und schwerer Niereninsuffizienz sollte die Dosierung laboranalytisch ca. drei Stunden nach subkutaner Applikation überprüft werden. Unfraktioniertes Heparin Heparin bindet u. a. mit hoher Affinität an Antithrombin III (ATIII) und beschleunigt dadurch die Inaktivierung gerinnungsfördernder Serinproteasen, insbesondere Faktor II (Thrombin) und Faktor Xa. Heparin wird intravenös oder subkutan appliziert. Es ist effektiv in der Prophylaxe und der Therapie venöser Thrombembolien. In vergleichenden Studien zur peri- und postoperativen Prophylaxe war die VTE-Rate im Vergleich zu niedermolekularem Heparin in einer Metaanalyse statistisch signifikant höher. Wegen hoher interindividueller Schwankungen wird die Effektivität der Dosis mittels regelmäßiger Laborkontrolle der aPTT bzw. der Thrombinzeit überwacht. Ein entzündlicher Prozess kann die Verlässlichkeit der aPTT als Maß der Antikoagulationsintensität stören, dieses Problem ist bei der Thrombinzeit nicht vorhanden. Eine Standardisierung der unterschiedlich empfindlichen aPTT-Reagenzien ist bisher nicht erfolgt. klinische Wahrscheinlichkeit TVT: Bein- oder Beckenvenenthrombose; *dichotomisiert Tab. 5 Diagnostik bei venösen Thrombembolien unklarer Genese ● ● ● ● ● ● ● komplette körperliche Untersuchung Test auf okkultes Blut im Stuhl (Guajak-Test, FOBT) bei Personen > 50 Jahre (D) Koloskopie bei > 55-Jährigen (D), falls nicht innerhalb der vergangenen fünf Jahre ohne Befund durchgeführt Mammographie bei Frauen > 50 Jahre (D), falls nicht innerhalb der vergangenen 12 Monate durchgeführt vaginale Untersuchung bei nicht-hysterektomierten und/oder -adnektomierten Patientinnen rektale Untersuchung und PSA-Bestimmung bei Männern [S3-Leitlinie Prostatakarzinom, AWMF] gezielte, weiterführende Diagnostik bei symptomatischen Patienten (D): gültig in Deutschland; PSA: Prostata-spezifisches Antigen; FOBT: fäkaler okkulter Bluttest © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 217 218 I. Pabinger et al.: VTE bei Tumorpatienten Kritische Nebenwirkungen von unfraktioniertem Heparin sind eine erhöhte Blutungsneigung (im Vergleich zu Placebo) und die Heparin-induzierte Thrombozytopenie vom Typ II (am häufigsten innerhalb von 5–10 Tagen nach Therapiebeginn) und langfristig ein erhöhtes Osteoporoserisiko. Orale Faktor-Xa- und Thrombin-Inhibitoren tive Dosierung mittels regelmäßiger Laborkontrolle überwacht, der therapeutische Bereich liegt bei 2,0–3,0 INR. Kritische Nebenwirkungen von Vitamin-K-Antagonisten sind eine erhöhte Blutungsneigung, Lebertoxizität sowie sel- Tab. 6 Eine neue Gruppe von Antikoagulanzien sind die oralen Inhibitoren von Faktor Xa (Apixaban, Rivaroxaban) oder Thrombin (Dabigatran) (7). Regelmäßige Laborkontrollen zur Überprüfung der optimalen Dosierung sind bei diesen Medikamenten für Patienten mit normaler Nieren- bzw. Leberfunktion nicht erforderlich. Ihre Wirksamkeit wurde bisher in großen randomisierten Studien zur postoperativen Prophylaxe bei Operationen zum Gelenkersatz, beim Vorhofflimmern sowie in der Therapie der tiefen Venenthrombose und beim akuten Koronarsyndrom gezeigt. Spezifische Studiendaten für Tumorpatienten liegen bisher nicht vor. Zulassungsstatus für Medikamente der Prophylaxe und Therapie venöser Thrombembolien Wirkstoff Zulassung Anmerkungen Certoparin ja ● ● Dalteparin ja ● ● Enoxaparin ja Vitamin-K-Antagonisten ● ● Die zugelassenen Präparate gehören zur Gruppe der Kumarinderivate. Sie interferieren mit dem Vitamin-K-Metabolismus. In der internationalen Literatur ist Warfarin der Standard, in einigen europäischen Ländern werden trotz limitierter Studienlage Phenprocoumon oder Acenocoumarol eingesetzt. Vitamin-K-Antagonisten werden oral appliziert. Sie sind effektiv in der Sekundärprophylaxe venöser Thrombembolien, auch bei Tumorpatienten. Der Einsatz bei Tumorpatienten wird durch Arzneimittelinteraktionen, Leberfunktionsstörungen, verminderte Vitamin-K-Aufnahme, intestinale Resorptionsstörungen bzw. Erbrechen beeinträchtigt. In vergleichenden Studien zur Sekundärprophylaxe war zudem die Rezidivrate im Vergleich zu niedermolekularem Heparin höher. Wegen der hohen inter- und intraindividuellen Schwankungen wird die effek- tene Hautnekrosen. In der Einleitungsphase der oralen Antikoagulation werden die Vitamin-K-Antagonisten solange überlappend mit Akutantikoagulanzien gegeben, bis die INR an zwei aufeinanderfolgenden Tagen zwischen 2,0 und 3,0 liegt. Fondaparinux ja ● ● ● Heparin (unfraktioniert) ja Nadroparin ja ● ● ● ● Phenprocoumon ja ● ● Reviparin ja ● ● Tinzaparin ja ● ● Prophylaxe – peri- und postoperativ – bei nichtchirurgischen Patienten mit einem erhöhten Risiko (z. B. Atemwegs-, Herz- und Gefäßerkrankungen, Infekt, gastrointestinale oder , neurologische Krankheiten) Therapie Prophylaxe – peri- und postoperativ – bei internistischen Erkrankungen mit mittlerem oder hohem Risiko (z. B. Herzinsuffizienz, schwere Infektion, respiratorisch) Therapie (auch prolongiert bei Malignom-Patienten) Prophylaxe – peri- und postoperativ – bei akuten, schweren internistischen Erkrankungen (Herzinsuffizienz, Infekt, respiratorisch) Therapie Prophylaxe – postoperativ bei Patienten mit hohem Risiko – bei akuten, schweren internistischen Erkrankungen (z. B. Herzinsuffizienz, Infekt, respiratorisch) Therapie Therapie der oberflächlichen Thrombophlebitis Prophylaxe Therapie Prophylaxe peri- und postoperativ Therapie Prophylaxe Therapie und Sekundärprophylaxe Prophylaxe – peri- und postoperativ – bei traumatisierten, immobilisierten Patienten Therapie Prophylaxe niedriges oder mittleres Risiko (z. B. Allgemeinchirurgie) Therapie Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. I. Pabinger et al.: VTE bei Tumorpatienten Primärprophylaxe Medikamentöse Primärprophylaxe ist effektiv. Gegen den Nutzen sind die Nebenwirkungen, vor allem das erhöhte Blutungsrisiko, die Belastungen für den individuellen Patienten sowie die Kosten abzuwägen. Die Empfehlungen orientieren sich an den Ergebnissen prospektiv randomisierter Studien. Mechanische Maßnahmen haben einen Stellenwert bei Patienten mit Kontraindikationen gegen eine medikamentöse VTE-Prophylaxe (21). Ein Algorithmus ist in 씰Abbildung 3 dargestellt. Peri- und postoperativ Die medikamentöse Prophylaxe reduziert das Risiko für VTE (8). Seit Anfang der 1970er Jahre wurde die Behandlung mit unfraktioniertem Heparin durchgeführt. Niedermolekulare Heparine haben geringeres Nebenwirkungspotenzial, vor allem für die Heparin-induzierte Thrombozytopenie. Sie werden nur einmal täglich appliziert. Die randomisierten klinischen Studien mit niedermolekularen Heparinen und mit Fondaparinux wurden z. T. in Patientenkollektiven mit einem hohen Anteil von Tumorpatienten, z. T. ausschließlich bei Tumorpatienten durchgeführt. Als Indikationen werden alle chirurgischen Eingriffe (z. B. Laparatomie, laparoskopische Operation, Thorakotomie, thorakoskopische Operation) mit einer voraussichtlichen Dauer von ≥ 30 Minuten angesehen. Wenn zusätzliche patientenspezifische Risikofaktoren vorliegen, sollte auch bei kleineren Operationen, besonders bei mehrtägig eingeschränkter Mobilität, eine medikamentöse VTE-Prophylaxe erfolgen. Die Prophylaxe wird für die Dauer des stationären Aufenthaltes durchgeführt: im Durchschnitt über 6–10 Tage. Bei tumorchirurgischen Eingriffen im Abdomen und im Becken reduziert darüber hinaus eine Prophylaxe über 28–35 Tage das Risiko für venöse Thrombembolien signifikant. Akute Hospitalisation Akut hospitalisierte, internistische Patienten haben ein erhöhtes ThrombembolieRisiko. Unfraktioniertes Heparin, nieder- Abb. 3 Primärprophylaxe 1RF: Risikofaktor ist die Therapie eines Multiplen Myeloms mit Lenalidomid oder Thalidomid; akute Hospitalisation zur internistischen Betreuung; 3Tumorchirurgie mit einer voraussichtlichen Dauer über mehr als 30 Minuten; 4Kontraindikationen: Blutung, prolongierte Thrombozytopenie mit Thrombozyten < 30 000/μl; 5LMWH/UFH: niedermolekulares/unfraktioniertes Heparin 2 molekulare Heparine und Fondaparinux senken das VTE-Risiko signifikant, ohne kritische Steigerung des Blutungsrisikos. Der Anteil von Tumorpatienten in den Studien lag bei 10–15%. Bei akut hospitalisierten, Tumorpatienten wird die medikamentöse Prophylaxe für die Zeit des stationären Aufenthaltes empfohlen, wenn keine Kontraindikationen bestehen. In anderen Situationen, z. B. bei nicht akut hospitalisierten, jedoch kompromittierten oder eingeschränkt mobilen Patienten in häuslicher oder stationär-pflegerischer Versorgung, soll in Übertragung der Studien bei hospitalisierten Patienten über eine VTE-Prophylaxe in Abhängigkeit von weiteren Risikofaktoren individuell entschieden werden. Tumorpatienten mit spezifischen Risikofaktoren Antihormonelle Therapie Antihormonelle Therapie ist bei Frauen (z. B. Tamoxifen) und Männern mit einem erhöhten Risiko für venöse Thrombembolien assoziiert. Das individuelle Risiko ist abhängig vom Wirkstoff und anderen, vorbestehenden Risikofaktoren. Daten randomisierter klinischer Studien zur Wirksamkeit einer medikamentösen Prophylaxe liegen nicht vor. Sie wird bei Patienten unter antihormoneller Therapie ohne zusätzliche Risikofaktoren nicht empfohlen. Glioblastom Patienten mit Glioblastom haben ein Thrombembolierisiko von > 10%. Die primärprophylaktische Gabe von niedermole- © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 219 220 I. Pabinger et al.: VTE bei Tumorpatienten kularem Heparin senkt die Inzidenz nicht signifikant (17). Multiples Myelom: Therapie mit Lenalidomid oder Thalidomid In den ersten Studien zum Einsatz von Thalidomid oder Lenalidomid bei Patienten mit Multiplem Myelom wurden venöse Thrombembolien bei bis zu 25% der Patienten beobachtet (4, 16). Daraufhin wurde für alle Patienten eine antithrombotische Prophylaxe empfohlen. Die retrospektive Analyse der Effizienz gibt kein klares Bild, weder zu den geeigneten Substanzen noch zur erforderlichen Dosierung (4). In einer aktuellen randomisierten klinischen Studie war niedermolekulares Heparin etwas wirksamer als Azetylsalizylsäure, der Unterschied war aber nicht signifikant. In beiden Armen lag die VTE Inzidenz unter 5%. Ein zusätzlicher Risikofaktor für venöse Thrombembolien ist die Kombination der immunmodulatorischen und/oder antiangiogenetischen Substanzen mit hochdosiertem Dexamethason, siehe auch Leitlinie Multiples Myelom. Für Patienten mit Multiplem Myelom unter Therapie mit Lenalidomid oder Thalidomid wird eine medikamentöse Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin oder Azetylsalizylsäure empfohlen. Pankreaskarzinom Patienten mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom haben auch im Vergleich mit anderen Tumorentitäten eine erhöhte Rate venöser Thrombembolien. Die Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin senkt das Risiko signifikant, hat aber keinen Einfluss auf die Überlebenszeit (20). Für ambulante Patienten mit Pankreaskarzinom ohne zusätzliche Risikofaktoren wird eine medikamentöse Prophylaxe nicht empfohlen. Bei Durchführung einer Chemotherapie sollte eine medikamentöse Prophylaxe in Betracht gezogen werden. Tumorpatienten ohne zusätzliche Risikofaktoren Diese Patientengruppe definiert sich durch Abgrenzung zum Kapitel 씰Tumorpatienten mit spezifischen Risikofaktoren. Seit den 1930er Jahren gibt es Hinweise auf eine direkte oder indirekte Beeinflussung des Tumorwachstums durch Antikoagulanzien. Klinische Studien mit verschiedenen Antikoagulanzien in unterschiedlichen Dosierungen und über unterschiedlich lange Zeiträume wurden mit dem Ziel einer Verlängerung der Überlebenszeit durch die multifaktorielle Wirkung dieser Medikamente initiiert. Andere Studien haben das primäre Ziel einer Reduktion des VTE-Risikos. Während das Ziel einer Verlängerung der Überlebenszeit in den meisten Studien nicht erreicht wurde, zeigte eine Metaanalyse eine signifikante Senkung der Mortalität nach einem Jahr (14). Patienten, die mit Vitamin-K-Antagonisten behandelt wurden, hatten ein erhöhtes Risiko für schwere Blutungen. Eine Definition der Patienten, die von einer Antikoagulation profitieren, d. h. mit einem günstigen Risiko/NutzenVerhältnis, steht aus. Das Risiko für thrombembolische Komplikationen kann auch bei ambulanten Tumorpatienten durch medikamentöse Prophylaxe gesenkt werden. In der Mehrzahl der Studien ist der Unterschied aber nicht statistisch signifikant (19). Für ambulante Tumorpatienten ohne zusätzliche Risikofaktoren wird eine medikamentöse Prophylaxe nicht empfohlen. Zentrale Venenkatheter Patienten mit zentralen Venenkathetern (einschl. Portkatheter) haben ein erhöhtes Risiko für die Bildung lokaler Thrombosen. Die Inzidenz schwankt in den publizierten Studien zwischen < 5 und 20% in Abhängigkeit von den Diagnoseparametern (klinisch, bildgebend) und dem Patientenkollektiv (22). Weit mehr als die Hälfte der ZVK-assoziierten Thrombosen sind klinisch asymptomatisch. In randomisierten Studien zur Prophylaxe klinisch manifester VTE wurde weder mit VitaminK-Antagonisten noch mit niedermolekularen Heparinen eine signifikante Senkung des VTE Risikos erzielt. Für ambulante Patienten mit liegenden zentralen Venenkathetern ohne zusätzliche Risikofaktoren wird eine medikamentöse Prophylaxe nicht empfohlen. Hinweise zur Prophylaxe von ZVK-Infektionen finden sich in der 씰Leitlinie ZVK-Infektionen. Lebensende Abb. 4 Therapie und Sekundärprophylaxe (NMH/UFH: niedermolekulares/unfraktioniertes Heparin) In der Finalphase sollen sich alle Maßnahmen nach dem Behandlungsziel bestmöglicher Lebensqualität und unmittelbarer Symptomkontrolle richten. Maßnahmen der primären oder sekundären VTE-Prophylaxe sind daher in der Regel nicht mehr Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. I. Pabinger et al.: VTE bei Tumorpatienten indiziert. Bei weit fortgeschritten erkrankten Tumorpatienten, die sich jedoch nicht in der Sterbephase befinden, kann der Einsatz gerinnungshemmender Substanzen Bestandteil der Maßnahmen zur therapeutischen oder prophylaktischen Symptomkontrolle (z. B. Schmerz, Spannungsgefühl, Dyspnoe) sein (24). Dies erfordert eine häufige, bei den meisten Patienten tägliche Neubewertung der klinischen Situation und des Verhältnisses von Nutzen und Belastung, unter Einbezug des Patienten und seiner Angehörigen. Therapie ● ● Die Behandlung der akuten VTE besteht aus Primärtherapie (1–2 Wochen) und Sekundärprophylaxe (9, 11). Aus den randomisierten klinischen Studien lassen sich in Bezug auf die onkologischen Patienten folgende Empfehlungen ableiten: ● Standard in der Behandlung von Patienten mit neu diagnostizierter venöser Thrombembolie ist die Gabe von parenteralen Antikoagulanzien. Informationen zum Zulassungsstatus sind in 씰Tabelle 6 zusammengefasst. ● Heparin-Präparate sind in der Initialtherapie effektiver als Vitamin-K-Antagonisten. Beim Einsatz von VitaminK-Antagonisten werden diese initial überlappend mit Heparinen bis zum Erreichen einer therapeutischen Dosierung nach INR gegeben (씰Antikoagulanzien). ● Niedermolekulare Heparine sind den unfraktionierten Heparinen mindestens gleichwertig, in Metaanalysen wurde eine Überlegenheit gezeigt. Sie haben ein günstigeres Nebenwirkungsprofil und erfordern keine Laborkontrollen zur optimalen Dosierung. ● Fondaparinux ist niedermolekularem Heparin in der Gesamtheit aller Patienten mit Venenthrombosen gleichwertig, bei Tumorpatienten gibt es keine speziellen Studien. ● Bei Patienten mit lebens- und/oder organfunktionsbedrohlicher VTE können sehr selten zusätzliche, interventionelle Maßnahmen wie Thrombolyse, Thrombembolektomie oder die Implantation eines Vena-cava-inferior-Filters indiziert sein. Katheter-assoziierte (Zentralvenöse Katheter, Portkatheter) Thrombosen werden analog zur Beinvenenthrombose durch eine initiale voll-therapeutische Antikoagulation behandelt (22). Solange der Katheter funktioniert, korrekt liegt und nicht infiziert ist, kann er weiter benutzt werden (21). Die Sekundärprophylaxe sollte für mindestens drei Monate oder solange fortgeführt werden wie der Katheter in situ ist und danach für mindestens weitere sechs Wochen. Bei thrombotischen Katheterverschlüssen lässt sich in aller Regel die Durchgängigkeit durch lokale Applikation von Thrombolytika, z. B. 10 mg rekombinantem Gewebeplasminogenaktivator (rt-PA) oder 10 000 IE Urokinase, wieder herstellen. Eine systemische Antikoagulation ist nur bei intravenösem Thrombusnachweis indiziert. Ein Algorithmus für Therapie und Sekundärprophylaxe ist in 씰Abbildung 4 dargestellt. Sekundärprophylaxe An die Initialtherapie schließt sich übergangslos die Phase der Sekundärprophylaxe an. Aus den randomisierten klinischen Studien lassen sich in Bezug auf die onkologischen Patienten folgende Empfehlungen ableiten: ● Niedermolekulare Heparine sind effektiver in der Rezidivprophylaxe als Vitamin-K-Antagonisten. Vitamin-K-Antagonisten stellen aber eine Alternative bei Kontraindikationen gegen Heparine dar. ● Die Dauer der Sekundärprophylaxe soll drei bis sechs Monate betragen. Bei Risikopatienten mit fortbestehendem Tumorleiden kann eine Dauer über sechs Monate indiziert sein. ● Beim Auftreten venöser Thrombembolien unter effektiver medikamentöser Tumortherapie ist eine Neubewertung des Nutzen/Risiko-Verhältnis der Behandlung erforderlich. Interessenkonflikte B. Alt-Epping erklärt, dass kein Interessenkonflikt vorliegt. I. Pabinger erhielt Honorare für Tätigkeiten als Gutachterin und Beraterin der Unternehmen Bayer, Boehringer Ingelheim und Sanofi-Aventis. F. Demarmels Biasutti besitzt Aktien der Firmen Novartis und Roche. F. Langer erhielt Honorare für Tätigkeiten als Gutachter und Berater für die Unternehmen Bayer Healthcare, CSL Behring, Hexal, Leo Pharma, Novartis, Pfizer, und SanofiAventis. H. Riess erhielt Honorare für Tätigkeiten als Gutachter und Berater verschiedener Pharmaunternehmen. Literatur 1. Ay C, Pabinger I. Test predictive of thrombosis in cancer. Thromb Res 2010; 125 (Suppl 2): S12-S15. 2. Ay C, Dunkler D, Marosi C et al. 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Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 221 222 I. Pabinger et al.: VTE bei Tumorpatienten 14. Lyman GH, Khorana AA, Falanga A et al. American Society of Clinical Oncology guideline: recommendations for venous thromboembolism prophylaxis and treatment in patients with cancer. J Clin Oncol 2007; 25: 5490–5505. 15. Mandala M, Labianca R. Venous thromboembolism (VTE) in cancer patients. ESMO clinical recommendations for prevention and management. Thromb Res 2010; 125 (Suppl 2): S117-S119. 16. Palumbo A, Rajkumar SV, Dimopoulos MA et al. Prevention of thalidomide- and lenalidomide-associated thrombosis in myeloma. Leukemia 2008; 22: 414–423. 17. Perry JR, Julian JA, Laperriere NJ et al. PRODIGE: a randomized placebo-controlled trial of dalteparin low-molecular-weight heparin thromboprophylaxis in patients with newly diagnosed malignant glioma. 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Connemann Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III, Universitätsklinikum Ulm Schlüsselwörter Keywords Fatigue, Tumor, Stimulanzien, Erythropoetin Cancer, fatigue, psychostimulants, erythropoetin Zusammenfassung Summary Das Fatigue-Syndrom bei Krebspatienten ist ein häufiges Problem, das die Therapieadhärenz gefährdet. Die Pathogenese ist nach wie vor nicht ganz verstanden, jedoch scheinen physische, emotionale und medikamentöse Ursachen eine Rolle zu spielen. Dieser Artikel fasst den aktuellen Kenntnisstand bei tumor-assoziierter Fatigue zusammen und erörtert pharmakologische und supportive Maßnahmen. Fatigue is a commonly reported symptom in patients with cancer putting compliance at risk. Pathophysiology is not fully understood, physiologic complications, treatment-related adverse effects and psychological comorbidities are contributing factors. This article presents an overview of clinical trials regarding nonpharmacologic and pharmacologic interventions. Korrespondenzadresse Dr. med. Dagmar G. Brummer Universitätsklinikum Ulm Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III Leimgrubenweg 12, 89075 Ulm Tel. 0731/500–61500, Fax –61502 [email protected] Cancer-related fatigue Onkologische Welt 2011; 2: 223–225 Nachdruck aus: Nervenheilkunde 2011; 30: 610–612 Das Fatigue-Syndrom bei Krebspatienten ist ein die Lebensqualität stark beeinträchtigender Beschwerdekomplex, der mit quälender Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und ausgeprägtem Erschöpfungsgefühl einhergeht. Begleitend können Lustund Antriebslosigkeit, psychosoziale Probleme, verminderte körperliche Belastbarkeit und somatische Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Atemnot bestehen. Im Gegensatz zur gewöhnlichen Erschöpfung handelt es sich bei dem tumorassoziierten Fatigue-Syndrom (TFS) nicht um eine vorübergehende Erscheinung, sondern um einen chronischen Symptomenkomplex, der nicht oder nur unzureichend durch Schlaf oder andere Maßnahmen gelindert werden kann. Unterschätzte Auswirkungen Die Prävalenz wird in vielen Studien mit über 60% angegeben (26, 31), in den ersten Monaten einer Tumorerkrankung zum Teil mit über 90% (10). Umso erstaunlicher ist, dass diese Beschwerden von ärztlicher Seite oft wenig beachtet werden. Eine Untersuchung an 419 Patienten und 205 Onkologen konnte zeigen, dass das Symptom „Schmerz“, welches von Ärzten als sehr wichtig wahrgenommen wird, von Patienten als untergeordnet eingeschätzt wurde (33), Patienten das Fatigue-Syndrom hingegen als sehr beeinträchtigend erlebten. Viele Tumorpatienten berichten einen negativeren Einfluss auf Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und Alltagsbewältigung durch die Fatigue-Symptomatik als durch Schmerzen, Depressionen oder Übelkeit; aufgrund des TFS sei eine normale Lebensführung nicht denkbar (13). Wie wichtig es ist, das TFS in seiner Bedeutung nicht zu unterschätzen, zeigen auch die Ergebnisse einer Studie: 46% der Patienten mit TFS spielten mit dem Gedanken eines Behandlungsabbruchs und stellten die Fortführung der Therapie in Frage (20). Während noch bis zu den 80er-Jahren diese Symptomatik als mehr oder weniger unvermeidbar und in Anbetracht der lebensbedrohlichen Grunderkrankung als akzeptabel hingenommen wurde, gibt es in den letzten Jahren Bestrebungen, Patienten mit TFS durch verschiedene Maßnahmen Symptomreduktion zu ermöglichen. Mittlerweile ist das TFS in der ICD-10 als eigene Entität aufgelistet, diagnostische Methoden zur Beurteilung des Schweregrades wurden entwickelt. Eine Messung ist im Augenblick mit Selbst- und Fremdeinschätzungsbögen möglich, bei den Patientenselbsteinschätzungen werden eindimensionale und multidimensionale Fragebögen unterschieden. Am gebräuchlichsten sind der aus 30 Fragen bestehende multidimensionale Fragebogen der European Organization of Research and Treatment of Cancer (EORTC) QLQ-C30 (1) und der 47 Fragen umfassende, ebenfalls multidimensionale Functional Assessment of Cancer Treatment – Anemia-(FACT-An-)Fragebogen (35). Obwohl viele Modelle zur ätiologischen Klärung postuliert und untersucht wurden, scheinen die Auslöser bzw. Ursachen vielfältig und oft sich gegenseitig begünstigend. Letztendlich besteht Evidenz für metabolische Ursachen, endokrinologische und neurophysiologische Veränderungen und Cytokine. Nicht zuletzt scheinen chemo- und radiotherapeutische Behandlungsschemata eine Rolle zu spielen, wobei sowohl der Toxizität der Behandlung selbst als auch der Akkumulation zerstörter Tumorzellprodukte ätiologische Bedeutung zukommt (11). Diskutiert wird immer wieder die These, dass die Energieanforderungen durch die Tumorerkrankung bzw. durch die begleitend auftretende B-Symptomatik mit Fieber, Nachtschweiß und GeOnkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 223 224 D. Brummer; A.-K. Fladung; B. J. Connemann: Tumorassoziierte Fatigue wichtsverlust einen Einfluss haben (17). Auch die Verminderung der Skelettmuskelmasse, die möglicherweise durch den Tumornekrosefaktor TNF mitinduziert ist, besitzt nach Angabe einiger Autoren Bedeutung für den Erschöpfungsgrad von Tumorpatienten (32). Prädisponierende Faktoren für die Entwicklung eines TFS sind Nebenwirkungen der Krebsbehandlung, internistische Komplikationen (Anämie, Infektionen, metabolische oder endokrinologische Störungen), aber auch Schlafstörungen oder komorbide psychiatrische Erkrankungen (2). Therapiemöglichkeiten Die möglichen Behandlungsansätze umfassen unter anderem ursächliche Therapien, beispielsweise die Behandlung einer Anämie oder endokrinologischen Störung und sollten in jedem Fall zunächst voll ausgeschöpft werden. Bei Fortbestehen der Symptomatik trotz suffizienter Behandlung zugrunde liegender Ursachen sollten nicht pharmakologische und pharmakologische Therapieansätze erwogen werden. US-amerikanische Leitlinien (NCCN, National Comprehensive Cancer Network) sehen für beide Maßnahmen Evidenz, empfehlen aber immer zunächst nicht medikamentöse und ursächliche Behandlungsmethoden (29). Evidenz bezüglich nicht medikamentöser Therapieansätze besteht für körperliches Training, welches direkte Effekte auf einen Rückgang der Fatigue-Symptomatik hat; auch ausreichende und gesunde Nahrungszufuhr und ein regelmäßiger Tagesablauf mit ausreichendem Schlaf können die Ausprägung der TFS reduzieren (24). Antwort auf die Frage nach pharmakologischen Maßnahmen geben Untersuchungen an Patienten mit verschiedensten Tumorarten. In einer systematischen Metaanalyse wurden sowohl hämatopoetisch wirkende Medikamente als auch Kortikosteroide, Antidepressiva und Stimulanzien untersucht und einander gegenübergestellt (9). Die mit Abstand meisten prospektiven und placebokontrollierten Studien gibt es für die Stoffgruppe der hämatopoetischen Substanzen, die untersuchten Präparate waren Epoetin alpha und das länger wirkende Darbepoetin al- pha. Zusammenfassend und übereinstimmend konnte gezeigt werden, dass hämatopoetische Substanzen bei krebsassoziierter Anämie zu einem Anstieg der Hämoglobinwerte führen und somit ein wirksamer Therapieansatz sind. Die Symptome wie Müdigkeit, Antriebsarmut, Aktivitätsniveau bessern sich, die Besserung korreliert mit dem Anstieg der Hämoglobinkonzentration (16, 19). Zur Beurteilung der Wirksamkeit von Stimulanzien wurde am häufigsten Methylphenidat (MPH) untersucht, vereinzelt gibt es Berichte zu Amphetaminen. MPH führt im dopaminergen System über die Inhibition des präsynaptischen Dopamintransporters, an den es hochaffin bindet, zu einer Erhöhung der Dopaminkonzentration im synaptischen Spalt und ist strukturell den Amphetaminen ähnlich. Der Wirksamkeitsnachweis für Fatigue-Symptomatik bei anderen chronischen Erkrankungen, z. B. HIV oder Encephalomyelitis disseminata, wurde für MPH bereits erbracht (7, 4, 34). Fünf Untersuchungen (n = 426) wurden zur Beurteilung der Effektivität von Psychostimulanzien beurteilt, hier konnte in vier Studien eine signifikante Symptomreduktion gegenüber der Behandlung mit Placebo bei Tagesdosen von 10 bis 20 mg MPH erzielt werden (5, 8, 21, 22). Im Rahmen einer Metaanalyse von 2010, in der 31 Studien mit einer Gesamtpatientenzahl n = 4 752 miteinbezogen wurden, ergab sich bei Betrachtung aller untersuchten symptomatischen medikamentösen Therapieansätze die höchste Evidenz für MPH, wobei das Nutzen-Nebenwirkungsrisiko positiv beurteilt wurde (23). Studien zur Wirkung von Glukokortikoiden bei Tumorpatienten mit Fatigue-Symptomatik zeigten vor allem Verbesserungen im Hinblick auf das Schmerzempfinden, was zu einer mess- Fazit Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass für Patienten erfreulich die Aufmerksamkeit für dieses Krankheitsbild zugenommen hat und dass in vielen Bereichen Bestrebungen unternommen werden, optimale Behandlungsmethoden zu entwickeln. Es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen in Zukunft möglich sein werden. baren Verbesserung der Lebens- und Schlafqualität führte (6). Im Hinblick auf die klinische Überlappung zwischen Fatigue-Symptomatik und depressiver Symptomatik war es naheliegend, auch die Wirkung von Antidepressiva systematisch zu untersuchen. Für den Wirkstoff Bupropion fanden sich Hinweise auf gute Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Patienten mit Encephalomyelitis disseminata und Fatigue-Symptomatik (14, 15). Für Tumorpatienten mit Fatigue gab es zwei offene Beobachtungsstudien mit Bupropion. In diesen Untersuchungen konnten günstige Effekte vor allem auf Müdigkeit und Antriebsarmut gezeigt werden (12, 28). Die Wirkung von SSRIs wurde in zwei doppelblinden, placebokontrollierten Studien untersucht. In beiden Studien besserten sich zwar die depressiven Symptome, nicht aber die Fatigue-Symptomatik (27, 30). Auch für Modafinil, ein zentral wirkendes Stimulans, zugelassen für die Behandlung der Narkolepsie und des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms, gab es offene prospektive Untersuchungen. Die Ergebnisse waren uneinheitlich. Während in einer Gruppe von an Brustkrebs erkrankten Frauen eine Besserung gezeigt wurde (25), fand die andere Studie keine signifikanten Veränderungen der FatigueScores bei Tumorpatienten (18). Unbestritten ist zwischenzeitlich, dass die TFS ein schweres, das Leben signifikant beeinträchtigendes Krankheitsbild ist, das eine medikamentöse Behandlung rechtfertigt, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass TFS die Compliance gefährden und damit unter Umständen lebensverkürzend wirken kann. Einigkeit besteht, dass zugrunde liegende internistische oder psychiatrische Erkrankungen zunächst ursächlich zu behandeln sind. Nicht medikamentöse Maßnahmen können hilfreich sein, werden jedoch oft als unzureichend erlebt und sollten dann medikamentös ergänzt werden. Diesbezüglich beseht die höchste Evidenz für MPH, weswegen diese Therapie in der aktuellen NCCN-Leitlinie (National Comprehensive Cancer Network 2010) als Medikation erster Wahl empfohlen wird (29). Wichtig wird sein, in Zukunft prospektive, placebokontrollierte Untersuchungen an größeren Fallzahlen durchzuführen, um differenziertere Aussagen da- Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. D. Brummer; A.-K. Fladung; B. J. Connemann: Tumorassoziierte Fatigue rüber machen zu können, ob spezifische Tumorerkrankungen unterschiedlicher Behandlung bedürfen und ob die vorangegangene oder begleitende tumorsupprimierende Therapie einen Einfluss auf die Wahl des Medikaments haben sollte. Auch andere medikamentöse Optionen, wie beispielsweise Tumornekrosefaktor-blockierende Präparate lohnen eine systematische Untersuchung. Literatur 1. Aaronson N, Ahmedzai S, Bergman B. The European Organization for Research and Treatment of Cancer QLQ-C30: a quality-of-life instrument for use in international clinical trials in oncology. 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Krebspatienten haben bereits grundsätzlich ein erhöhtes VTE-Risiko, das durch eine Chemotherapie als zusätzlichem Risikofaktor noch verstärkt werden kann. Dennoch wird eine Thromboseprophylaxe bei ambulanten Tumorpatienten derzeit wegen widersprüchlicher Studiendaten nicht routinemäßig empfohlen. Das sollte sich künftig aufgrund der Daten der multinationalen Phase-III-Studie ONCOSAVE mit dem UNMH Semuloparin ändern. Semuloparin hat ein Molekulargewicht von nur 2000–3000 Da und zeichnet sich durch eine hohe anti-Faktor Xa-Aktivität bei minimaler Faktor IIa-Aktivität aus. „Aufgrund dieser Ei- genschaften hebt sich Semuloparin eindeutig von anderen Heparinen ab“, betonte George. Die Halbwertszeit der Substanz liegt zwischen 16 und 20 Stunden, sodass die einmal tägliche Gabe ausreicht. Die Bioverfügbarkeit nach subkutaner Injektion ist mit 98% sehr hoch. Für ONCO-SAVE wurden 3200 Patienten mit lokal fortgeschrittenen oder metastasierten soliden Tumoren rekrutiert, bei denen eine mindestens dreimonatige Chemotherapie initiiert wurde. „Aufgrund der hohen Patientenzahl ist ONCO-SAVE die größte Studie ihrer Art“, so George. Parallel zur Zytostase erhielten sie randomisiert Semuloparin 20 mg s.c. qd oder Placebo während der gesamten Dauer der Zytostase. Primärer Endpunkt war die Inzidenz symptomatischer tiefer Venenthrombosen (TVT) sowie tödlicher und nicht-tödlicher LE. Tumorprogression und Gerinnungsaktivierung Thrombosetherapie mit Tinzaparin bei Tumoren 25 bis 50% aller Erstereignisse einer venösen Thromboembolie (VTE) sind idiopathisch, nach zwei Jahre entwickeln 10% dieser Patienten eine Krebserkrankung (1). VTE sind wiederum zweithäufigste Todesursache bei Tumorpatienten (2). „Die Ursachen dieser Assoziation sind bislang noch nicht ganz geklärt“, erläuterte Prof. Stefan Schneider, Mannheim. So ist beispielsweise die Metastasierung ein dynamischer Vorgang, der entscheidend von der Interaktion der Tumorzelle mit der Gefäßwand abhängt. In dieser Kommunikation mit dem Endothel werden Signalmoleküle sezerniert, die Wandrezeptoren aktivieren. „Wir konnten zeigen, dass diese Moleküle der Gerinnungskaskade entstammen und ein Zusammen- hang zwischen Tumorprogression und Gerinnungsaktivierung besteht“, so Schneider. Tumorzellen exprimieren den Tissue Factor und können so Thrombin generieren. Außerdem stellen sie vasoaktive Substanzen bereit, die Endothelzellen aktivieren und sie dadurch hoch adhäsiv machen, u.a. durch Beteiligung des von-Willebrand-Faktors und des P-Selektins. Lange Fibrinfäden werden gebildet, die mit den entstandenen hohen Relative Risikoreduktion um 64% Die Studie erreichte ihr angestrebte Ziel, nämlich eine ca. 50%-ige Risikoreduktion durch das UNMH: Im Placeboarm entwickelten 3,4% aller Patienten eine symptomatische TVT oder LE, unter Semuloparin dagegen nur 1,2%. Der Unterschied entspricht einer relativen Risikoreduktion um 64% (HR 0,36; p<0,0001), die ohne gehäuftes Auftreten von Blutungen erreicht wurde. Die Rate klinisch relevanter Blutungen als primärer Sicherheitsendpunkt war gegenüber Placebo nur leicht erhöht (2,8% vs. 2,0%), schwere Blutungen waren in beiden Armen selten (1,2% vs. 1,1%). George attestierte Semuloparin daher ein günstiges Nutzen/Risiko-Profil. Eine routinemäßige VTE-Prophylaxe wird heute bereits bei operierten und hospitalisierten bzw. akut erkrankten Tumorpatienten in Leitlinien empfohlen. Aufgrund der Ergebnisse von SAVE-ONCO sollte diese Maßnahme künftig auch bei Tumorpatienten ab Beginn der Chemotherapie erwogen werden, resümierte George. Dr. Katharina Arnheim, Freiburg Quelle: Agnelli G et al. Jahrestagung 2011 der American Society of Clinical Oncology (ASCO), Oral Abstract Session “Patient and Survivor Care” am 6. Juni 2011, Chicago, Abstract LBA9014. Scherkräften Thrombozyten effektiv binden und klinisch zur Thrombose führen. Alle prothrombisch wirkenden Moleküle werden in ihrer Funktion durch Heparin gehemmt, wirken so auch anti-metastatisch, was in vitro und im Tiermodell nachgewiesen werden konnte. „Niedermolekulare Heparine verbessern so die Prognose und das therapeutische Ansprechen der Tumortherapie bei einer Vielzahl von Tumorpatienten bei vergleichsweise wenig Nebenwirkungen“, folgerte Schneider. Individuelle Risikostratifizierung nötig „Eine langfristige Antikoagulation nach thrombotischen Ereignissen ist bei Tumorpatienten dennoch bislang nicht die Regel, da es an sicheren und kosteneffektiven Konzepten fehlt“, so Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Supportivtherapie 227 Prof. Michael Spannagl, München. Spannagel betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer individuellen Risikostratifizierung, die die Genese, Lokalisation und die Anzahl der Thrombosen berücksichtigt. Den Empfehlungen der Leitlinien von 2010 zufolge wird Tumorpatienten bei akuter VTE in den ersten 3 bis 6 Monaten NMH verordnet. Im Anschluss kann auf Vitamin-K-Antagonisten umgestellt werden, doch erleiden jährlich etwa 20% der Patienten darunter ein Rezidiv und etwa 10% haben ein hohes Blutungsrisiko. „Neue Entwicklungen, wie der Einsatz von niedermolekularen Heparinen (NMH) sowohl für die Therapie der akuten VTE als auch zur Sekundärprophylaxe, wurden von den Onkologen bislang ungenügend wahrgenommen“, beklagte Prof. Rupert Bauersachs, Darmstadt. Der Überlebensvorteil wurde bereits für verschiedene NMH überprüft (Übersicht in [3]). Die im Rekrutierungsstadium befindliche CATCH-Studie (4) vergleicht nun die 6-monatige VTE-Therapie mit Tinzaparin in voller therapeutischer Dosis (innohep® 175 IU/kg) gegenüber VKA plus initial (5-10 Tage) Tinzaparin im Hinblick auf weitere Reduzierung der Rezidive. An der Studie sind mehr als 160 Zentren weltweit beteiligt; sie soll 900 Patienten einschließen. Tinzaparin zeichnet sich aus durch die vergleichsweise höchste TFPI-Freisetzung, eine relativ ausgeglichene, multifaktorielle Wirkweise und Anwendungssicherheit auch bei älteren Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion und Polypharmazie sowie einer Inaktivierung bei blockiertem renalen Eliminationsweg ohne Kumulation. Seine Wirkung im Tumorbereich ist vermutlich auch dem höchsten Molekulargewicht unter den NMH zuzuschreiben. Dr. Iris Weiche, Tübingen Chronische Obstipation Prucaloprid – Reserve-Doping für die Peristaltik Die Lebensbedingungen und Ernährungsgewohnheiten in den westlichen Industrieländern sind nach Ansicht von Priv.-Doz. Dr. Jutta Keller, Hamburg, nicht allein die Ursache für Obstipationen. Davon abzugrenzen sind Patienten mit einer „slow transit constipation“ infolge neurologischer Erkrankungen – Diabetes mellitus, M. Parkinson – oder Medikamenten-induziert, beispielsweise durch Psychopharmaka oder Opioide. Diagnostisch wegweisend sind oft die Beschreibungen der Patientinnen. „Ich kann nicht zur Toilette gehen, ich werde es nicht los“ spricht nicht für eine slow transit constipation sondern für ein rektales Entleerungsproblem. Sagt der Patient „ich kann nicht zur Toilette gehen, da ist nichts, mein Bauch quillt auf“, so deutet dies auf eine slow transit constipation hin (Hinton-Test). Prof. Michael Schemann, München, erläuterte, dass bei chronischer Obstipation die Peristaltik im Darm sensomotorisch gestört ist. Damit sie funktioniert, erfolgt eine Stimulation proximal des Bolus durch erregte und distal durch gehemmte Nervenzellen. Erst seit kurzem ist bekannt, dass Serotonin auch verantwortlich für den peristaltischen Reflex ist. Prof. Thomas Frieling, Krefeld, erinnerte daran, dass über Pressen und ein Gefühl der inkompletten Entleerung geklagt wird. 47% der Patienten sind trotz Behandlung unzufrieden. Er empfiehlt eine gründliche Anamnese, bevor eine aufwändige Diagnostik betrieben wird. Möglich ist eine probatorische Pharmakotherapie, wenn man organische Ursachen ausgeschlossen (Koloskopie) hat. Patienten, die nicht auf Medikamente ansprechen, sollte man an ein spezialisiertes Zentrum überweisen. Prof. Michael Karaus, Göttingen, berichtete, dass es zwar gute Daten für Ballaststoffe gibt. Sie verkürzen die Transitzeit und vermehren das Stuhlvolumen. Das aber ist besonders ausgeprägt bei Gesunden. Probiotika scheinen ihre Verträglichkeit zu verbessern, zeigen jedoch keine eigene Wirksamkeit. Literatur 1. Bura A et al. Incidence and prognosis of cancer associated with bilateral venous thrombosis: a prospective study of 103 patients. Thromb Haemost 2004; 2: 441–444. 2. Sorensen HT et al. Prognosis of cancers associated with venous thromboembolism. NEJM 2000; 343: 1846–1850. 3. Matzdorff A. Tumor – Chemotherapie – Thrombose. Von der Virchowschen Trias zur Onkologischen Therapie-Trias. Phlebologie 2011; 40: 251–256. 4. Long-term Innohep® treatment versus a vitamin K antagonist (Warfarin) for the treatment of venous thromboembolism (VTE) in cancer. ClinicalTrials.gov Identifier: NCT01130025. Available at: http://clinicaltrials.gov Quelle: Pressegespräch „Thrombosetherapie bei onkologischen Patienten“ am 08. September 2011 und Satellitensymposium „VTE-Therapie im Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis“ am 09. September 2011 in Frankfurt im Rahmen der DGA-Tagung; Veranstalter: LEO Pharma. Prucaloprid (Resolor®) ist ein hochaffiner und selektiver 5-HT4-Agonist. Per Film demonstrierte Schemann ein Wettrennen zwischen „gedoptem und nicht-gedoptem“ Darm: Prucaloprid transportierte schneller. Eine Tachyphylaxie sei nicht vorstellbar, so Schemann. Der Wirkstoff ist für Frauen mit chronischer Obstipation zugelassen, die auf die Stufentherapie nicht angesprochen haben. Drei Studien an 2000 therapierefraktären Patienten haben für Prucaloprid gezeigt, dass 20–30% mindestens drei vollständige Stuhlentleerungen in der Woche erreichen konnten. Die Dosis von 4 mg war dabei nicht effektiver als 2 mg. Man sollte die Patientinnen darüber informieren, dass es zu Bauch- oder Kopfschmerzen oder Durchfällen kommen kann, aber nur in den ersten 1–2 Tagen. Es gibt keine Verlängerung des QTc-Intervalls. Die 2-mg-Filmtablette sollte man über 8–12 Wochen einnehmen. Dann folgt ein Auslassversuch. Ist nach zwei Wochen kein Ansprechen auf Prucaloprid zu sehen, muss man von einem Therapieversagen ausgehen, so Karaus. Dr. med. Nana Mosler, Leipzig Quelle: Satellitensymposium „Prucaloprid: Präzisionswerkzeug am Serotoninrezeptor“ anlässlich der 66.Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungsund Stoffwechselkrankheiten, Leipizig, 16. September 2011. Veranstalter: Shire Deutschland GmbH, Berlin. © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Palliativmedizin 228 Fallbericht Verbesserte Alltagskompetenz nach Opioidwechsel Mit einem Opioidwechsel konnte eine körperliche Inaktivität sowie vollständige Bettlägerigkeit durchbrochen und die Funktionsfähigkeit sowie Aktivität deutlich gesteigert werden. Eine erfolgreiche Umstellung der Analgesie verbesserte die Gesamtsituation eines bettlägerigen Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung spürbar, wie Dr. Wolfgang Schwarz, Leiter des St. Marianus-Zentrums für Schwerkranke, Bardowick bei Lüneburg, anhand eines Beispiels zeigt. Mitte Juli 2010 wird ein 44-jähriger Patient stationär im St. Marianus-Zentrum für Schwerkranke aufgenommen. Der Patient leidet an einem metastasierten Prostatakarzinom sowie diffusen Knochenmetastasen in der Brustwirbelsäule, Lendenwirbelsäule, im Becken und im Kreuzbein. Der Tumorpatient hat bereits diverse Chemotherapien durchlaufen. Im März 2010 wurde eine pathologische Beckenfraktur mittels einer Osteosyntheseoperation stabilisiert. Beim ersten Gespräch liegt der Patient flach auf dem Rücken ohne Kopfkissen im Bett. Ein Aufstellen des Kopfteils verursacht bereits nach zwei Minuten heftige, brennende, ausstrahlende Schmerzen im Beckenbereich und an den Außenseiten beider Beine. Auch ein schmerzfreies Liegen auf der Seite ist nicht möglich. Die flache Liegeposition unterbindet längeres Lesen oder Fernsehen. Die Aufnahme sowohl flüssiger als auch fester Nahrung erfolgt im Liegen. Nach Aussagen des Patienten verbrachte er die letzten sechs Monate in dieser Position. Die vorhandene Medikation mit einem transdermalen WHO-Stufe III Opioid (225 μg Fentanyl TTS) erreicht eine insgesamt zufriedenstellende und stabile Schmerzlinderung des nozizeptiven Schmerzes in der Liegeposition (VRS 2–3). Jedoch rufen Bewegungen zum Beispiel beim Lagewechsel, bei der Körperpflege, beim Anheben des Kopfes oder auch nur beim Einnehmen einer aufrechten Sitzposition Schmerzspitzen (VAS 6–8) für rund 15 Minuten hervor. Als Komedikation erhält der Patient Zoledronsäure, ein trizyklisches Antidepressivum und ein Antikonvulsivum. Therapie und Verlauf Um die Gesamtsituation des Patienten zu verbessern, wird eine Woche nach der stationären Aufnahme eine Opioidrotation auf OROS®-Hydromorphon (Jurnista®) 48 mg (32 mg + 16 mg) durchgeführt. Die Komedikation wird unverändert beibehalten. Der Wechsel führt zu einer umfassenden Verbesserung: Der Patient kann wieder über 90 Minuten aufrecht im Bett sitzen und sich mit Lesen, Fernsehen und Computerarbeit selbst beschäftigen. Auch Laufen mit Hilfe eines Gehwagens ist zweimal am Tag für etwa 20 Minuten möglich. Darüber hinaus geht die Anzahl der Durchbruchschmerzepisoden massiv zurück. Der Patient verstirbt acht Wochen später gut schmerzkontrolliert. Fazit für die Praxis Eine Schmerztherapie ist mehr als nur eine Reduktion des Schmerzes. Sie umfasst neben somatischen Gesichtspunkten und der Schmerzlinderung auch Aspekte wie körperliche Rollenfunktion, Vitalität und Aktivität, soziale Funktionsfähigkeit, Steigerung des emotionalen Wohlbefindens und der Lebensfreude. Dieser Fall zeigt, dass eine vernünftige Grundtherapie einen Patienten aus einer scheinbar ausweglosen Situation befreien kann, indem sie sowohl die somatischen als auch die psychosozialen Aspekte umfassend verbessert und aktivierend wirkt. Und damit dem Patienten in den verbleibenden Tagen Le- Neues Kompendium Palliativmedizin „Palliativmedizin ist integraler Bestandteil jeden ärztlichen Handelns und das älteste Fachgebiet überhaupt“, beschreibt Dr. Wolfgang Schwarz, Leiter des Palliativzentrums St. Marianus, Bardowick, die Spezialisierungsrichtung in einem neuen Kompendium, das er gemeinsam mit Janssen-Cilag entwickelt hat. Darin stellt er wissenschaftliche Standards und Kenntnisse aus der Palliativmedizin dar – ergänzt durch praxisnahe Tipps. Ab sofort können die ersten drei Kapitel zu Grundlagen, Definitionen und Strukturen, SAPV- und Hospizbedürftigkeit sowie Neurophysiologie der Schmerzbahn über den Außendienst angefordert werden. Weitere Module zur Pharmakotherapie, Symptomkontrolle und Palliativ Care sind in Arbeit. red. bensqualität zurück geben kann. Denn das Ziel einer guten Schmerztherapie ist nicht alleine die Schmerzlinderung, sondern die damit zu erzielende Verbesserung der Lebensqualität. Grund für den Therapieerfolg war bei dem Patienten die Umstellung auf den stark schmerzlindernden Wirkstoff Hydromorphon in Kombination mit der OROS®-Galenik. Dies ermöglichte eine effektive Schmerztherapie über 24 Stunden bei nur einmal täglicher Einnahme. Entscheidend für den Therapieerfolg war weniger die Wirkstoffauswahl als vielmehr die Qualität der Galenik, die einen gleichmäßigen Wirkstoffspiegel und somit eine verlässliche Schmerzlinderung ermöglichte. Korrespondenzadresse Dr. Wolfgang Schwarz FA für Allgemeinmedizin mit Zusatzbezeichnung Palliativmedizin St. Marianus Zentrum für Schwerkranke Schlöpkeweg 8 21357 Bardowick Hinweis: Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Janssen-Cilag GmbH, Neuss. Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese Pavlliativmedizin 229 Palliativtag 2011 in Saarbrücken Neuropsychiatrie-Update Besserer interdisziplinärer Erfahrungsaustausch angestrebt Neue Daten zur Behandlung neuropsychiatrischer Symptome in der Palliativmedizin stellte Dr. Jürgen Guldner, Püttlingen, vor. Eine groß angelegte Expertenbefragung zum Stellenwert von Antidepressiva in der Palliativmedizin zeigte insgesamt keine hohe Evidenz für Wirkunterschiede zwischen den einzelnen Substanzen (7). Unter Berücksichtigung der Nutzen-RisikoRelation schneiden jedoch Miratazapin, Sertralin und Citalopram am besten ab. Trizyklische Antidepressiva können bei Patienten mit neuropathischen Schmerzen vorteilhaft sein. Ältere Studien haben bei palliativmedizinischen Patienten einen besonders hohen Anteil von Fällen mit einem Delir gefunden – bis 85%. Neuere Studie zeigen jedoch übereinstimmend, so Guldner, deutlich niedrigere Werte, die um 40% liegen (2, 5). Differenzialdiagnostisch muss davon ein nonkonvulsiver Status epilepticus abgegrenzt werden, der in rund 5% der Fälle mit dem Verdacht auf Delir auftritt (6). Unter dem Motto „Gemeinsam in der Vielfalt – der Mensch im Mittelpunkt“ fand Mitte September der Palliativtag 2011 der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) in Saarbrücken statt. Auf dem Palliativtag wurden zwei Projekte mit einem DGP-Förderpreis ausgezeichnet, die sich mit dem interdisziplinären Erfahrungsaustausch und der Verbesserung der Kommunikation bei der Betreuung Schwerstkranker beschäftigen. Ein Kooperationsprojekt der Universitäten Witten-Herdecke und der Universität Düsseldorf entwickelte ein interpersonelles Seminar zur Palliativversorgung alter Menschen. Dabei wurde zunächst eine Literaturrecherche zur curricularen Lehre von Kommunikation am Lebensende vorgestellt (3). Sie zeigte, dass es im deutschsprachigen Raum keine randomisierten, kontrollierten Studien über Lehrinterventionen oder offene Studien zu den Effekten zur curricularen palliativmedizinischen Lehre vorliegen. Auch die im angloamerikanischen Sprachraum gefundene Literatur hatte nur einen Evidenzgrad C. Die Recherche ergab einen deutlichen Mangel an Konsistenz über die Inhalte palliativmedizinischer Lehre im Medizinstudium und eine zu geringe formale Evaluation von Kommunikationscurricula in der Palliativmedizin. Auffällig war auch, so die Untersucher, dass der Fokus auf der Wissens- und Fertigkeitsvermittlung bei gleichzeitigem Fehlen von Konzepten zur Vermittlung einer palliativmedizinischen Haltung lag. Anhand von weiteren Experteninterviews und -evaluationen wurde eine interprofessionelle videobasierte Seminarreihe mit insgesamt acht Lehreinheiten entwickelt und durchgeführt. Die Evaluation ergab Veränderungen im Kommunikationsverhalten, beispielsweise beim Abbau von Vorurteilen und Missverständnissen durch verstärkten interprofessionellen Kontakt (4). Dieser interprofessionelle Ansatz soll weiter vertieft und zu einem generalisierbaren Lehransatz ausgebaut werden. Palliativmedizin im Großklinikum Mit einem Förderpreis der DGP wurde auch die Freiburger Forschergruppe Palliativmedizin ausgezeichnet (1). Ziel ihrer Studie war die Ermittlung des palliativmedizinischen Betreuungsbedarfs an einem Klinikum der Maximalversorgung sowie die Erstellung einer Datenbank zum quantitativen und qualitativen palliativmedizinischen Betreuungsbedarf. Mithilfe dieser Datenbank soll die Prädiktion des palliativmedizinischen Betreuungsbedarfs ermöglicht werden. Modellobjekt war das Klinikum Freiburg. Die Auswertung von insgesamt 39 849 Behandlungsfällen zeigten bei 6,9% (n = 757) einen palliativmedizinischen Betreuungsbedarf. Bei Patienten mit einem Durchschnittalter ≥65 Jahren waren es sogar 9,1%. Von den identifizierten 2757 Patienten hatten 67% (n = 1836) eine Tumorerkrankung. Bei den insgesamt 11 584 Tumorbehandlungsfällen lag in 15,8% ein palliativmedizinischer Betreuungsbedarf vor. Ein besonders hoher Betreuungsbedarf lag bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren (28,3%), malignen Melanom (26%) und Hirntumoren (18,2%) vor. Das Vorliegen einer Tumorerkrankung erhöht die Wahrscheinlichkeit eines des palliativmedizinischen Betreuungsbedarfs um den Faktor 3,63; bei Patienten in der metastasierten Situation lag die Odds Ratio beim 12-fachen des Normalwerts. Dr. Alexander Kretzschmar, München Literatur 1. Becker G et al. Palliativmedizinischer Betreuungsbedarf an einem Klinikum der Maximalversorgung: Eine epidemiologische Studie. Posterpräsentation im Rahmen des Palliativtages 2011. 2. Gagnon P et al. Delirium prevention in terminal cancer: assessment of a multicomponent intervention. Psychooncology. 2010 Dec 19. [Epub ahead of print] 3. Just JM et al. Interprofessionelle Lehre in der Palliativmedizin. Posterpräsentation im Rahmen des Palliativtages 2011. 4. Just JM et al. Palliative care for the elderly – developing a curriculum for nursing and medical students. BMC Geriatr 2010; 10: 66. 5. Leonard M et al. Symptoms of depression and delirium assessed serially in palliative-care inpatients. Psychosomatics 2009; 50(5): 506–514. 6. Lorenzl S et al. Nonconvulsive status epilepticus in palliative care patients. J Pain Symptom Manage 2010; 40(3): 460–465. 7. Rayner L et al. Expert opinion on detecting and treating depression in palliative care: A Delphi study. BMC Palliat Care 2011; 10: 10. Quelle: Palliativtag 2011 der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) vom 9. bis 10. September 2011, Saarbrücken. © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Forum Palliativmedizin 230 Bedarfstherapie bei tumorbedingten Durchbruchschmerzen – worauf es in der Therapie wirklich ankommt Dem Patienten Freiheit und Autonomie wiedergeben Durchbruchschmerz ist ein häufiges und belastendes Symptom bei Tumorpatienten. Unter der Leitung von Dr. Jutta Hübner, Frankfurt/Main, diskutierten die Teilnehmer auf dem Palliativtag 2011 in dem Symposium „Worauf es wirklich ankommt: Kooperation und Kommunikation“ über wirksame Konzepte, die Schmerzspitzen zu kupieren, um dem Patienten seine Selbstbestimmung wieder zu geben, so Hübner. Dabei profitieren die Patienten von einer frühen palliativen Intervention. Neue Studien mit deutschen Patientenkollektiven bestätigen darüber hinaus den hohen Stellenwert von Fentanyl-Buccaltabletten (Effentora®) beim Erhalt der Patientenautonomie. Eine der größten Sorgen von Patienten mit Tumorerkrankungen ist, dass sie mit dem Fortschreiten der Krankheit ihre Kräfte und damit die Kontrolle über ihr Leben verlieren. Diese Sorgen sind nicht unbegründet, denn tatsächlich schränken sich zumindest physisch, häufig auch geistig und psychisch die eigenen Möglichkeiten immer weiter ein. Gerade in der letzten Lebensphase geht es in der Palliativmedizin nicht nur um den retrospektiven Sinn mit dem Blick auf das bisher gelebte, sondern auch darum, für die Betroffenen die Sinnhaftigkeit ihres Lebens zu bewahren, betonte Hübner. Die Schmerztherapie verbindet viele dieser physischen, psychischen, sozialen und spirituellen Aspekte. In dem Satellitensymposium „Worauf es wirklich ankommt: Kooperation und Kommunikation“ kamen daher sowohl die körperliche wie auch die geistig-spirituelle Ebene einer suffizienten Schmerztherapie zur Sprache. Mehr Freiheit und Autonomie Schmerz kann für die Autonomie des Patienten ein deutlich einschränkendes Symptom sein. Die Palliativmedizin kann in dieser Situation entscheidend zur Verbesserung beitragen, unterstrich Priv.-Doz. Dr. Winfried Meißner, Chefarzt der Abteilung für Palliativmedizin und Bereichsleiter Schmerztherapie am Universitätsklinikum Jena. In der täglichen Praxis wird dieses Ziel jedoch nicht selten verfehlt. Er sieht eine Ursache in einer ungenügenden Differen- zierung zwischen einer effektiven Schmerzkontrolle durch eine Opioid-Basistherapie und der adäquaten Bedarfstherapie bei Schmerzspitzen. Dauerschmerzen über mehr als 12 Stunden sind ein klarer Hinweis auf eine ungenügende analgetische Basistherapie, nicht jedoch eine Indikation für eine Behandlung von Durchbruchschmerzen, erklärte Meißner (1). Kennzeichen tumorbedingter Durchbruchschmerzen sind spontane, temporäre Schmerzattacken trotz suffizienter Basistherapie. Die Schmerzepisoden erreichen in wenigen Minuten ihre maximale Ausprägung (mediane Zeit bis zur Spitzenintensität drei Minuten), sie sind von hoher Intensität und oft von relativ kurzer Dauer. Rund ein Drittel aller Durchbruchschmerzepisoden dauern weniger als 15 Minuten, knapp zwei Drittel 30 Minuten oder weniger (5). Oft wird der Schmerz durch eine Handlung des Patienten ausgelöst („Incidental Pain“). Dieser kann sehr intensiv sein und das auslösende Ereignis längere Zeit überdauern. Beispiele sind belastungs- und bewegungsabhängige Schmerzen bei Skelettmetastasen oder Schluckbeschwerden bei Tumoren der Speiseröhre. Darüber hinaus „sind wir zu oft in den alten Therapietraditionen verhaftet“, beispielsweise die Gabe von Morphin s.c. beim Durchbruchschmerz, beklagte Meißner. Bis dessen Wirkung eintritt, ist die Episode meist schon vorüber, seine Wirkung hält jedoch 4 Stunden an, was für die Patienten eine unnötige Wirkstoffbelastung darstellt. Zur Behandlung von Durchbruchschmerzen mit „Rapid Onset Opioids“ hat sich heute Fentanyl in verschiedenen Darreichungsformen durchgesetzt. Die Substanz hat eine etwa 100-mal höhere analgetische Potenz als die von oralem Morphin. Darüber hinaus eignet sich das Analgetikum aufgrund seiner hohen Lipophilie und dem geringen Molekulargewicht sehr gut für die Resorption über die Schleimhaut, beispielsweise als Buccaltablette. Für die Therapie von Durchbruchschmerzen mit oralen unretardierten Opioiden wird eine Einzeldosis empfohlen, die in der Regel 1/6 bis 1/10 der täglichen Opioid-Basismedikation betragen sollte. Diese Empfehlung basiert jedoch auf empirischen Überlegungen und ist nicht durch harte Studiendaten belegt. Bei den transmukosalen Fentanylpräparaten konnten die meisten kontrollierten Studien keine lineare Dosis-Wirkungs-Beziehung zur Opioid-Basismedikation finden. Daher wird meistens empfohlen, mit der niedrigsten Dosierung zu beginnen (2). Wirklich befriedigend ist diese Situation im klinischen Alltag jedoch für Meißner nicht (3, 4). Effektiv und schnell wirksam Praktische Hinweise und Erfahrungen im Umgang mit der Fentanyl-Buccaltablette, beispielsweise die Dosierungsfindung, geben zwei neue Studien, die Meißner auf dem Palliativtag in Saarbrücken vorstellte. Vor wenigen Wochen wurde eine offene Phase-IIIb/IV-Multicenterstudie zur Behandlung von Durchbruchschmerzen mit Fentanyl-Buccaltabletten abgeschlossen. Teilnehmer waren Tumorpatienten aus 135 Zentren in sieben Ländern. „Die Patientencharakteristika entsprachen denjenigen Patienten, die wir auch täglich in unserer Praxis sehen“, so Meißner. Die Patienten erhielten eine Opioid-Basistherapie mit mindestens 60 mg oralem Morphin oder einer equianalgetischen Dosis eines anderen Opioids. Der Beobachtungszeitraum betrug maximal 1 Monat. Das primäre Studienziel war der Anteil derjenigen Patienten, die mit einer Startdosis von 100 bzw. 200 μg eine adäquate Linderung ihrer Durchbruchschmerzen für zwei aufeinander folgende Episoden erreichten. Sekundäre Endpunkte waren die klinische Wirksamkeit und Verträglichkeit der Buccaltablette sowie eine globale Einschätzung der subjektiven Lebensqualität. Die Patienten er- Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Forum Palliativmedizin 231 hielten zunächst eine Startdosis von 100 oder 200 μg Fentanyl, danach wurde die Dosis auftitriert, bis eine zufriedenstellende Analgesie erreicht worden war. Daran schloss sich eine Behandlungsphase an, in der bis zu acht Durchbruchschmerzepisoden mit der in der Titrationsphase ermittelten Dosierung behandelt wurden. Eine erste Interimsanalyse basiert auf den Daten der deutschen Studienteilnehmer (n = 90). Die Statistik zeigt, dass die große Mehrheit (88,9%) der Patienten vor Studienbeginn durchschnittlich 2–4 Schmerzepisoden erlitt. Die häufigste Tumorentität war das Mammakarzinom (26,4%), davon waren 70% ambulant behandelte Patientinnen. Der Hintergrundschmerz hatte eine mittlere Intensität von 5,44 auf einer 11-teiligen numerischen Ratingskala. 42,2% der Patienten gaben eine mittlere Latenz zwischen Beginn und maximaler Schmerzstärke von 10 Minuten an. Nach der siebentägigen Titrationsphase waren die meisten Teilnehmer (41,6%) auf eine wirksame Dosierung von 200 μg Fentanyl eingestellt. Weitere 25% der Patienten benötigten 100 μg, 400 μg waren in 23% der Fälle notwendig, die beiden höchsten Dosierungen von 600 bzw. 800 μg waren nur bei 8,3 bzw. 2,1% der Teilnehmer notwendig. Die Behandlung mit der Buccaltablette empfanden insgesamt 72% der Patienten als sehr einfach handhabbar und schnell wirksam (씰Abb. 1). Der Vergleich der Patientenzufriedenheit bei der Befragung nach 2 und 4 Wochen zeigt weiter, dass die Patienten auch im Hinblick auf ihre subjektive Lebensqualität und Funktionsstatus profitierten (씰Abb. 2). Damit einher gingen auch eine Verbesserung ihrer psychischen Stimmungslage sowie ihrer sozialen Aktivitäten. Erfahrungen aus dem klinischen Alltag Diese Interimsergebnisse werden durch die vorläufigen Daten einer aktuellen prospektiven, offenen, multizentrischen, nicht-interventionellen Studie bestätigt, die im Rahmen des Risikomanagementplanes durchgeführt wurde. Der Vorteil dieser Studien ist, so Meißner, „dass die Patienten hier nicht so hochgradig selektioniert sind wie in kontrollierten, klinischen Studien“. Teilnehmer waren 440 Tumorpatienten mit Durchbruchschmerzen, die Abb. 1 Patienten-Einzelbewertung: Ergebnis der deutschen Studienkohorte einer europäischen Multicenterstudie (V2, V4 = Befragung nach 2 und 4 Wochen) Abb. 2 Lebensqualität and Funktionsstatus: Ergebnis der deutschen Studienkohorte einer europäischen Multicenterstudie (mediane Werte) Beobachtungsdauer betrug 8 Wochen. Davon erlitten 326 Teilnehmer vor Studienbeginn täglich 2–4 Schmerzattacken. Die Auswertung ergab hier eine vergleichbare Verteilung der zur Kappung der Schmerzspitzen notwendigen Dosierung. Rund ein Drittel der Teilnehmer benötigte 200 μg sowie jeweils knapp ein Viertel erhielt 100 bzw. 400 μg Fentanyl. Höhere Dosierungen (600 bzw. 800 μg Fentanyl) waren nur in rund 10% der Fälle erforderlich. Durch die Therapie mit der Fentanyl-Buccaltablette wurde die Schmerzintensität bei Durchbruchschmerzen als auch die Anzahl der Schmerzepisoden deutlich reduziert. Insgesamt 64% der Patienten berichteten in den Fragebögen über eine ausreichende Schmerzlinderung innerhalb von 10 Minuten nach der Einnahme (씰Abb. 3). Rund 80% der Patienten waren mit der Schmerzbehandlung zufrieden und bewerteten die Handhabung der Buccaltablette als „einfach“ oder „sehr einfach“ (씰Abb. 4). Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) wurden in weniger als 1% aller Patienten berichtet. Sie wurden von den Studienärzten als nicht schwerwiegend eingestuft. Neue Signale hinsichtlich des Verträglichkeits- und Sicherheitsprofils im Vergleich zur Fachinformation wurden nicht beobachtet. Fazit für die Praxis Beide Studien zeigen laut Meißner, dass die weit überwiegende Mehrheit der Patienten mit einer Fentanyl-Buccaltablette in den Dosierungen zwischen 100 und 400 μg eine deutliche Linderung der Durchbruchschmerzen verspürte. Die Handhabung wurde als sehr einfach beschrieben. Die Lebensqualität besserte sich sowohl hinsichtlich der körperlichen Funktion als © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Forum Palliativmedizin 232 auch im Hinblick auf die emotionale Befindlichkeit. Dies drückte sich auch in einer gestiegenen sozialen Aktivität aus. Welche „Titrationsphilosophie“ am besten ist, wird die endgültige Auswertung der internationalen Phase-IIIb/IVStudie zeigen, so Meißners Fazit. Interdisziplinäre Kooperation und Kommunikation Onkologische Erkrankungen münden in rund 80% aller Fälle in eine palliative Behandlungssituation. Dies ist für Dr. Bernd Oliver Maier, Leiter der Abteilung Palliativmedizin an den Dr. Horst Schmidt Kliniken, Wiesbaden, Anlass, sich über das Verhältnis der Onkologie und der Palliativmedizin sowie die Folgen für den betroffenen Patienten Gedanken zu machen. Die Palliativmedizinischen Therapiekonzepte wenden sich an Menschen mit fortschreitenden, weit fortgeschrittenen Erkrankungen mit begrenzter Lebenserwartung. Sie verfolgen das Ziel trotz Unabänderlichkeit des absehbar tödlichen Verlaufs einer Krankheit den Betroffenen eine Perspektive zu vermitteln, die neben körperlichem Wohlbefinden auch Impulse zur Sinnstiftung trotz bestehender und zu erwartender Einschränkungen gibt. Das „onkologische Palliativverständnis“ beschreibt dabei herkömmlich eine reine Behandlungsintention. Ziel ist nicht Heilung, sondern „Lebenszeit“ für den Betroffenen durch Verzögerung des Tumorwachstums zu erreichen. Das „Palliative Palliativverständnis“ beschreibt einen multiprofessionellen Ansatz, der das subjektive Befinden anstelle der objektivierbaren Befunde setzt. Aus der unterschiedlichen Sprache von Onkologen und Palliativmedizinern entsteht eine Vielzahl möglicher Missverständnisse über die Frage, wessen Aufgabe die palliative Behandlung letztlich ist. Die frühzeitige Integration der Palliativmedizin in die Onkologie ist nach Ansicht von Maier ein zukunftsweisendes Konzept. Die vermehrte interprofessionelle Kommunikation kann dazu beitragen, dass der Patient trotz einer weit fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren Erkrankung seine Situation als selbstbestimmt erfährt und er von Synergieeffekten im Hinblick auf die somatische Behandlung profitiert. Unter einer frühen Einbindung der Palliativmedizin versteht Maier den Zeitpunkt, wenn die Patienten erfahren, dass sie an einer unheilbaren Tumorerkrankung leiden. Maier sieht in dieser Situation mehrere Kommunikationsebenen. Aus der Sicht des Patienten stellt sich die Abb. 3 Beurteilung der Schmerzlinderung und der Dauer bis zur ausreichenden Schmerzlinderung (Nichtinterventionelle Studie in Deutschland) Abb. 4 Handhabbarkeit und Zufriedenheit im Patientenurteil (Nichtinterventionelle Studie in Deutschland) Information der Diagnose oft wie die Verkündigung eines Urteils dar. Dies setzt starke Emotionen frei – nicht nur beim Patienten, sondern auch, wie mehrfach nachgewiesen, beim Behandler. Eine zweite Kommunikationsebene ist die Entscheidung für die „richtige“ Therapie angesichts eines sich rasch wandelnden Therapieangebotes. Dies empfindet der Patient nicht selten ebenso als „Lotteriespiel“ wie die die Suche des Patienten nach verlässlichen Verbündeten auf seiner Reise durch die Krankheit. Maier: „Es ist leicht vorstellbar, dass in diesem Kontext die Fülle der potenziell verfügbaren Ansprechpartner nicht zwangsläufig garantiert, dass damit eine Qualität in der Patientenbegleitung gewährleistet ist.“ Vorteile auch bei harten onkologischen Endpunkten Inzwischen liegen auch Daten vor, dass die frühe Einbeziehung palliativer Interventionen in das Behandlungskonzept auch zu Vorteilen bei harten onkologischen Endpunkten wie dem Gesamtüberleben führen kann, unterstrich Maier. Er verwies auf die so genannte „TemelStudie“, die von einer Arbeitsgruppe um Prof. Jennifer Temel vom Massachusetts General Hospital in Boston/USA durchgeführt und 2010 im renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde (6). In der Studie wurde die Wirkung palliativmedizinischer Maßnahmen bei 151 Patienten mit einem fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) untersucht, wenn diese unmittelbar nach Diagnosestellung und danach während der gesamten Behandlungszeit in Anwendung kommen. Die Patienten erhielten dabei entweder eine standardisierte onkologische Behandlung plus palliativmedizinische Maßnahmen oder ausschließlich eine standardisierte onkologische Behandlung. Der Beobachtungszeitraum betrug 12 Wochen. Die Auswertung zeigte für die Palliativgruppe ein signifikant längeres Überleben von 11,6 Monaten vs. 8,9 Monaten (p = 0,002), „obwohl in der Palliativgruppe signifikant weniger Patienten eine aggressive „End-of-life“-Behandlung erhalten hatten (33% vs. 45%; p = 0,05)“, wie die Autoren betonen. Gleichzeitig verzeichnete die Palliativgruppe eine signifikant bessere Lebensqualität auf der FACT-L-Skala (p=0,03) und weniger depressive Symptome Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Forum Palliativmedizin 233 (p=0,01) als die standardisiert onkologisch behandelten Patienten. Die Studie macht deutlich, hob Maier hervor, dass der frühe Einsatz palliativer Maßnahmen nicht nur bei „weichen“ Studienendpunkten wie der Lebensqualität und Spiritualität Vorteile bringt, sondern auch bei „harten“ und in der Onkologie anerkannten Endpunkten wie dem Gesamtüberleben erfolgreich ist. Die Daten der Temel-Studie haben inzwischen eine intensive Diskussion über die zugrunde liegenden Ursachen ausgelöst. Wenngleich die Tremel-Studie bislang nicht bestätigt ist, so verleiht sie der eher auf „Common Sense“ (gesunder Menschenverstand) statt „Evidence“ (Evidenz) basierten Forderung der Palliativmedizin nach möglichst frühzeitiger Einbindung in die Behandlung der betroffenen Patienten Nachdruck. Maier hebt hier als Vermittlungsansatz vor allem den Aspekt der Kommunikation sowohl zwischen Behandlern und Patienten als auch den Behandlern verschiedener Fachbereiche untereinander hervor. „Um derartige Modelle zu entwickeln, benötigen wir eine veränderte Kommunikationskultur“, betonte Maier. Ideologische Hürden Dieser Ansatz wird auf beiden Seiten nicht nur mit Sympathie verfolgt. Zwischen Onkologen und Palliativmedizinern bestehen ideologische Differenzen, die sich auffallend gleichen. Beide Seiten werfen sich eine fehlende Expertise für das andere Fach vor und beklagen eine unzureichende Bereitschaft, diese Expertise einzuholen und entsprechend zu berücksichtigen. Zu den weiteren Hindernissen gehört die unzureichende Berücksichtigung der interprofessionellen Kommunikation in der ärztlichen Ausund Weiterbildung. Maier: „Ärzte sollten weniger Angst vor dem falschen Wort haben.“ Auf Seiten der Fachgesellschaften beklagte er das Fehlen von Leitlinien zu Therapiebegrenzung und-abbruch, mangelnde Standardisierung von Alternativangeboten sowie die Zeitintensität, die durch das geltendende Honorarsystem nicht belohnt wird. Onkologe Therapie Schmerz Sterbephase Untersuchung Progress Schmerz Schmerztherapeut Erstdiagnose Hausarzt Schmerz Schmerz Palliativmediziner Zeit Abb. 5 Die frühe Integration der Palliativmedizin in den onkologischen Behandlungspfad erleichtert dem Patienten die Orientierung und gibt dem Patienten Orientierung im Krankheitsprozess. Fragen und Bedürfnisse des Patienten erhalten einen zentralen Stellenwert. Dem Patienten mehr Orientierung geben Die frühe Integration der Palliativmedizin bereits ab dem Zeitpunkt der Erstdiagnose schafft in den Augen von Maier einen ordnenden Rahmen für Patienten und Angehörige. Denn die „Patientenkarriere“ des Umherirrens zwischen den verschiedenen Ansprechpartnern sieht in dieser Lebens- und Behandlungssituation oft sehr ungeordnet aus (씰Abb. 5). Maier: „Dadurch wird gewährleistet, dass das, was passiert, koordiniert abläuft, die wichtigen Punkte gesehen und angesprochen werden und die Patienten und ihre Angehörigen wissen, an wen sie sich wenden können.“ Er sieht dies derzeit weniger als eine Spezifität einer bestimmten Fachdisziplin als vielmehr als Maßstab der Qualität der Kommunikation und Problemhaltung. Die nachfolgende Diskussion mit dem Plenum zeigte, dass an den Kliniken sehr unterschiedliche Beteiligungs- und Kommunikationsstrukturen zwischen Onkologen und Palliativmediziniern existieren. Maier machte deutlich, dass sich Veränderungen zugunsten einer vermehrten Mitsprache der Palliativmedizin nicht „über Nacht“ erreichen lassen. Er hat an seiner Klinik die Erfahrung gemacht, dass sich allein die Anwesenheit eines palliativmedizinischen Vertreters im Tumorboard sehr positiv auf die Kommunikationskultur auswirkt. Das kann bei der Frage sein, was der Betroffene in dieser Behandlungssituation eigentlich will, bis hin zu konsiliarischen Anfragen, die eher am Rande dieser Konferenzen behandelt werden. Dr. Alexander Kretzschmar, München Literatur 1. Davies AN et al. The management of cancer-related breakthrough pain: recommendations of a task group of the Science Committee of the Association for Palliative Medicine of Great Britain and Ireland. Eur J Pain. 2009; 13(4): 331–338. 2. Hagen NA et al. A titration strategy is needed to manage breakthrough cancer pain effectively: observations from data pooled from three clinical trials. J Palliat Med. 2007; 10(1): 47–55. 3. Hanks GW et al. Morphine and alternative opioids in cancer pain: the EAPC recommendations. Br J Cancer. 2001; 84(5): 587–593. 4. Mercadante S. The use of rapid onset opioids for breakthrough cancer pain: The challenge of its dosing. Crit Rev Oncol Hematol 2011; doi:10.1016/j.critrevonc.2010.12.002 5. Portenoy RK et al. The nature of opioid responsiveness and its implications for neuropathic pain: new hypotheses derived from studies of opioid infusions. Pain 1990; 43(1): 279–286. 6. Temel JS et al. Early Palliative Care for Patients with Metastatic Non-Small-Cell Lung Cancer. N Engl J Med 2010; 363(8): 733–742 Quelle: Satellitensymposium „Worauf es wirklich ankommt: Kooperation und Kommunikation“ im Rahmen des Palliativtages 2011 der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin am 10. September 2011, Saarbrücken. Veranstalter: Cephalon GmbH, München. Hinweis: Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Cephalon GmbH, München. © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. PneumoOnkologie 234 Fortgeschrittenes nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom Neue ASCO-Empfehlungen zur Chemotherapie beim NSCLC im Stadium IV Wie soll die Chemotherapie künftig beim fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NLSCLC) aussehen? Die ASCO (American Society of Clinical Oncology) hat jetzt ihre Empfehlungen zu den klinischen Praxisrichtlinien für eine Chemotherapie beim NSCLC im Stadium IV aus dem Jahr 2009 aktualisiert (1, 2). In den aktuellen Empfehlungen wurde versucht, einige Fragen zu beantworten, die seit 2009 zur Therapie des NSCLC Stadium IV verstärkt diskutiert werden: ● Welches ist die beste Chemotherapie zur Therapie von Patienten mit einem Performance Status (PS) 2 sowie für ältere Patienten über 65 oder 70 Jahre? ● Ist Cisplatin wirksamer als Carboplatin in der Erstlinientherapie? ● Inwieweit profitieren die Patienten von einer zielgerichteten Therapie in Bezug auf das Gesamtüberleben, die Toxizität sowie die Lebensqualität/Symptombessserung? ● Welche Bedeutung hat eine Drittlinientherapie? ● Welche Bedeutung hat die Molekulargenetik bei der Versorgung von Chemotherapeutika? Neuere Daten aus mehreren Phase-III-Studien haben gezeigt, so die ASCO-Task-Force, dass bei Patienten mit NSCLC im Stadium IV, die vier Zyklen einer Erstlinien-Chemotherapie erhalten hatten und deren Erkrankung nicht fortgeschritten war, ein unmittelbarer Wechsel zu einer alternativen Chemotherapie mit einer Monosubstanz das progressionsfreie Überleben, und in manchen Fällen auch das Gesamtüberleben verlängern kann. Alternativ kann nach einer Krankheitsprogression eine Therapie mit einer Zweitliniensubstanz durchgeführt werden. Die Empfehlungen werteten insgesamt sieben kontrollierte, randomisierte Studien mit Carboxyaminoimidazol, Docetaxel, Erlotinib, Gefitinib, Gemcitabin, und Pemetrexed aus, die auf die Erstlinientherapie angesprochen hatten und bei denen direkt danach mit einer Erhaltungstherapie mit einer neuen Substanz begonnen wurde („Switch-Maintenance“ ). Was sich geändert hat Die ASCO-Task-Force leitete daraus eine Neufassung der Empfehlung A6 ab ● Bei Patienten mit NSCLC im Stadium IV soll die zytotoxische Erstlinien-Chemotherapie bei Eintreten einer Krankheitsprogression sowie bei Patienten mit stabiler Erkrankung ohne Therapieresponse nach vier Zyklen beendet werden. ● Therapieregime mit zwei Chemotherapeutika sollen über maximal sechs Zyklen verabreicht werden. ● Bei Patienten mit stabiler Erkrankung oder einer Response nach vier Zyklen kann als Folgebehandlung eine Monotherapie mit einem Chemotherapeutikum wie beispielsweise Pemetrexed bei Patienten mit NichtPlattenepithelkarzinomen sowie Docetaxel oder Erlotinib bei einer unselektierten Patientenpopulation gewählt werden. Alternativ kann nach dem Ende der zytotoxischen Chemotherapie zu einem festgelegten Zeitpunkt mit einer Zweitlinien-Chemotherapie bei einer Krankheitsprogression begonnen werden. Darüber hinaus können Patienten, die Cisplatin oder Vinorelbin erhalten, von einer Kombination mit Cetuximab profitieren. Bevacizumab eignet sich als Kombinationspartner mit Carboplatin und Paclitaxel mit Ausnahme von Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom... Bislang gibt es laut ASCO keine ausreichenden Daten, um den Einsatz von Erlotinib und Gefitinib bei Patienten mit EGFR-Mutationen in der Erstlinien- von der Zweitlinien- oder Erhaltungstherapie abzugrenzen. Keine Empfehlung wird auch gegeben bezüglich einer „SwitchMaintenance-Therapie“ bei Patienten, die in der Erstlinientherapie Cetuximab oder Bevacizumab erhalten haben. Hier gibt es zum Zeitpunkt der Aktualisierung der Empfehlungen noch keine Daten zum Gesamtüberleben. In der Drittlinientherapie wird bei Patienten mit einem PS 0–3 Erlotinib empfohlen, wenn die Patienten zuvor weder Erlotinib noch Gefitinib erhalten hatten. Keine ausreichenden Daten gibt es für eine konkrete Empfehlung pro oder contra Drittlinien-Chemotherapie. Routinemäßige molekularbiologische Typisierung? Nicht erfüllt hat die ASCO die Erwartungen einer positiven Haltung für eine molekularbiologische Typisierung, weil das NSCLC eine Reihe biologisch sehr unterschiedlicher Erkrankungen umfasst. Zum jetzigen Zeitpunkt rät die ASCO noch nicht dazu, routinemäßig eine molekularbiologische Testung durchzuführen, da es bislang keinen Nachweis gibt, dass dies zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens führt. „Für Patienten mit einer EGFR-Mutation mag Erlotinib oder Gefitinib die beste Erstlinientherapie sein, aber sie ist auch sehr gut als Zweitoder Drittlinientherapie, so die Aussage der Fachorganisation. Allerdings wird den behandelnden Ärzten geraten, bei einer Biopsie so viel Gewebe zu entnehmen, dass später weitere Untersuchungen aus wissenschaftlichem Interesse durchgeführt werden können. Dr. Alexander Kretzschmar; München Literatur 1. Azzoli CG et al. 2011 Focused update of 2009 American Society of Clinical Oncology clinical practice guideline update on chemotherapy for stage IV non-small-cell lung cancer. J Oncol Pract 2011; 29: 3825–3831. http://jco.ascopubs.org/cgi/ doi/10.1200/JCO.2010.34.2774 2. Azzoli CG et al. American Society of Clinical Oncology clinical practice guideline update on chemotherapy for stage IV non-small-cell lung cancer. J Oncol Pract 2010; 6(1): 39–43. Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese WCLC 2011 235 14th World Conference on Lung Cancer (WCLC) Personalisierte Tumortherapie auf dem Vormarsch Die 14. WCLC stand in diesem Jahr unter dem Motto „Better Care through Personalized Medical Approaches“. Entsprechend beinhaltete das Kongressprogramm zahlreiche Sitzungen zu Biomarkern, molekularer Pathologie und neuen Ansätzen der „targeted therapy“. Ähnlich wie seit einigen Jahren beim Mammakarzinom ist in letzter Zeit auch beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) eine Aufsplittung in zahlreiche molekulare Subgruppen zu verfolgen. „Wir differenzieren den Lungenkrebs heute nicht mehr allein auf Basis der Histologie, sondern zunehmend auf Basis genomischer Veränderungen, die auch therapeutische Angriffspunkte liefern“, konstatierte Prof. Pasi A. Jänne, Boston, USA. Erstes Target beim NSCLC war der EGF-Rezeptor (EGFR), gegen den der molekulare Antikörper Cetuximab sowie die Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) Erlotinib und Gefitinib entwickelt wurden. Vor einigen Jahren wurde u. a. durch Arbeiten von Jänne mit den EGFR-Mutationen ein molekularer Prädiktor für die Effektivität dieser TKIs identifiziert. Affinität zum mutierten als zum Wildtyp-(WT) EGFR besitzt, maßen sie die Aufnahme von 11C-markiertem Erlotinib in das Tumorgewebe mittels PET bei je 5 Patienten mit Wildtyp-(WT) und mutiertem EGFR. Tumoren mit positivem Mutationsstatus fielen durch eine signifikant höhere Aufnahme von [11C]-Erlotinib in den Tumor auf als Tumoren mit WT-EGFR. Auch zeigte sich eine Korrelation zwischen TKI-Aufnahme und Ansprechen: Eine Response auf Erlotinib wurde nur bei Tumoren mit starker Aufnahme festgestellt. Dagegen korrelierte die EGFR-Expression im Tumor nicht mit der Aufnahme von [11C]-Erlotinib: Eine hohe Rezeptor-Expression wiesen fünf Patienten mit mutiertem und vier Patienten mit WT-EGFR auf. „Das PET mit [11C]-Erlotinib erlaubt es uns also, mutationspositive und -negative Patienten zu unterscheiden. Die Technik er- scheint daher vielversprechend, um Patienten zu selektieren, die von der TKI-Therapie profitieren“, resümierte Bahce. EGFR-Score als prädiktiver Marker Für den Erfolg der TKI-Therapie ist die EGFR-Expression im Tumor nicht relevant. Eine neue Analyse der FLEX-Studie hat jetzt aber gezeigt, dass dieser Parameter als Prädiktor für das Gesamt-Überleben unter platinbasierter Chemotherapie plus Cetuximab herangezogen werden kann (2). Die FLEX-Studie verglich bei mehr als 1100 NSCLC-Patienten das Regime Cisplatin/Vinorelbin mit oder ohne zusätzliche Gabe des Antikörpers. Die Intent-to-treat-Analyse hatte vor einigen Jahren einen moderaten Benefit der Cetuximab-Addition mit einer Überlebensverlängerung um gut einem Monat ergeben. Die aktuelle, auf dem WCLC präsentierte Auswertung hat jetzt erstmals eine Assoziation zwischen Ausmaß der EGFR-Expression im Tumor und Überleben zeigen können: Patienten mit hohem EGFR-Score (IHC ≥200), die 31% des Gesamtkollektivs stellten, überlebten bei alleiniger Chemotherapie lediglich 9,6 Monate, bei zusätzlicher Antikörper-Gabe dagegen zwölf Monate (씰Abb. 1). Die 1-Jahres-Überlebensrate stieg von 37% im Cisplatin/Vinorelbin-Arm auf 50% im Cetuximab-Arm, die 2-Jahres-Rate von 15% auf 24%. Bei Patienten PET zur EGFR-Mutationstestung „Aktivierende EGFR-Mutationen sind bei rund 10% aller Patienten mit fortgeschrittenen Adenokarzinomen der Lunge vorhanden“, informierte Dr. Idris Bahce, Amsterdam, Niederlande. Ihr Nachweis erfordert bislang die molekularpathologische Aufarbeitung von Tumorgewebe mit Sequenzierung der Exon 19 und 21 des EGFR-Gens. Laut Bahce ist dieses Vorgehen allerdings oftmals eine Herausforderung, da bronchoskopisch gewonnene Gewebeproben für die Mutationsanalyse vielfach nicht ausreichen. Sinnvoll sei daher die Entwicklung nicht invasiver Verfahren für den Nachweis von EGFR-Mutationen. Seine Arbeitsgruppe prüfte den Stellenwert der Positronen-Emissionstomografie (PET) bei der Identifizierung von Patienten mit positivem Mutationsstatus (1). Da Erlotinib eine höhere Abb. 1 FLEX-Studie: signifikante Überlebensverlängerung durch zusätzliche Gabe von Cetuximab zur Platin-Doublette bei NSCLC-Patienten mit hohem EGFR-Score (*wenn ausgeglichen für den prognostischen Faktor: HR 0,67 [95% KI 0,52-0,87], p = 0,002). © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese WCLC 2011 236 Endsonografie ist Mediastinoskopie überlegen Tagungsort war das Amsterdam RAI Convention Centre (Foto: K. Arnheim, Freiburg) mit niedrigem EGFR-Score fand sich dagegen kein Benefit der Antikörper-Addition. Von Cetuximab profitierten Patienten mit hoher EGFR-Expression unabhängig von der Tumorhistologie: Bei Patienten mit Adenokarzinomen verlängerte sich das Gesamt-Überleben von 13,6 Monaten im Kontrollarm auf 20,2 Monate im Cetuximab-Arm. „Diese Patienten hatten also einen erheblichen Nutzen von der zusätzlichen Cetuximab-Gabe“, betonte Dr. Robert Pirker, Wien, Österreich. Ähnliches gilt für Patienten mit Plattenepithelkarzinomen: Nur zytostatisch behandelte Patienten überlebten median 8,9 Monate, zusätzlich mit Cetuximab behandelte Patienten dagegen 11,2 Monate (HR 0,62). Cetuximab ist damit die erste „targeted therapy“, die auch beim Plattenepithelkarzinom aktiv ist. Die Verträglichkeit des Cetuximab-Regimes war bei Patienten mit hohem und niedrigem EGFR-Socre vergleichbar, obwohl Patienten mit hohem Score eine deutlich höhere kumulative Dosisintensität erhielten (3). Das Nutzen/Risiko-Profil der Cetuximab-Therapie wurde damit deutlich verbessert, betonte Prof. Kenneth O’Byrne, Dublin, Irland. Fusionsgen EML4-ALK als neues Target Mit EML4-ALK wurde vor kurzem ein weiteres Schlüsselmolekül der Onkogenese beim NSCLC identifiziert, berichtete Prof. Tony Mok, Hongkong, China. Das Fusionsgen führt zur Bildung chimärer zytoplasmatischer Proteine mit kon- stitutiver Kinase-Aktivität. EML4-ALK charakterisiert eine eigenständige molekulare NSCLCSubgruppe, bei der eine gezielte Hemmung, beispielsweise mit dem oralen Inhibitor Crizotinib möglich ist. Derzeit läuft eine Phase-II-Studie, in der Crizotinib bei meist intensiv vorbehandelten ALKpositiven Patienten geprüft wird (4). Bislang wurden 136 der geplanten 400 Patienten rekrutiert. Es handelt sich überwiegend um Nie- oder Ex-Raucher (96%) und Patienten mit Adenokarzinomen (96%). Jeder zweite Patient (51%) sprach auf Crizotinib an, davon einer mit einer kompletten Remission, berichtete Prof. Gregory Riely, New York, USA. Bei einem weiteren Drittel (34%) stabilisierte sich der Tumor. Häufigste Nebenwirkung von Crizotinib sind leichte Sehstörungen (Grad 1/2) bei etwa 60% der Patienten sowie ebenfalls meist leichte gastrointestinale Beschwerden. Häufigste Nebenwirkungen vom Grad 3/4 sind erhöhte Leberwerte und Neutropenien bei 6,6% bzw. 5,1% der Patienten. Laut einer retrospektiven Analyse führt die Crizotinib-Therapie bei NSCLC-Patienten mit Rearrangements im ALK-Gen zu einer deutlichen Überlebensverlängerung (5). Während historische Kontrollen, d. h. Crizotinib-naive ALK-positive Patienten unter einer Zweit- oder Drittlinientherapie median nur sechs Monate überlebten, war der Überlebens-Median bei mit Crizotinib behandelten Patienten im gleichen Setting noch nicht erreicht. „Mit Crizotinib scheinen wir den natürlichen Verlauf des ALK-positiven NSCLC grundlegend ändern zu können“, resümierte Dr. Alice Tsang Shaw, Boston, USA. Bei Patienten mit potenziell operablem NSCLC galt die Mediastinoskopie lange als Goldstandard beim Staging. Zwei auf dem WCLC vorgestellte Studien zeigen nun, dass kombinierte Strategien mit endo-ösophagealem (EUS) und endobronchialem Ultraschall (EBUS) und anschließendem operativem Staging im Falle eines negativen Ultraschallbefunds dem alten Verfahren eindeutig überlegen sind. In der ASTER-Studie, in der 241 Patienten zu Mediastinoskopie oder zu EUS/EBUS plus eventuellem chirurgischem Staging randomisiert wurden, war die Sensitivität des endoskopischen Vorgehens mit 85% höher als die der Mediastinoskopie mit 79%. Mit einer Sensitivität von 94% schnitt das kombinierte Vorgehen allerdings am besten ab, berichtete Dr. Robert Rintoul, Cambridge, UK. Zudem war die Lebensqualität der Patienten im Endoskopie-Arm bei ähnlichen Kosten signifikant besser als die im Standardarm (6). Untermauert werden die Ergebnisse durch eine Serie von mehr als 600 Patienten, bei denen die diagnostische Aufarbeitung mittels EUS oder EBUS durchgeführt wurde. Ein invasives Restaging bei negativem Befund erfolgte durch transzervikale erweiterte mediastinale Lymphadenektomie (TEMLA), erläuterte Dr. Marcin Zielinski, Zakopane, Polen. Seine Arbeitsgruppe ermittelte eine Sensitivität von 88,9% für die sonografischen Techniken und von 98,6% für den kombinierten Ansatz mit TEMLA (7). Aufgrund dieser Daten empfahl Rintoul die Endoskopie für das initiale Staging und invasive Methoden nur als „Backup“, wenn die Endoskopie keinen Hinweis auf einen Tumor ergibt. Dr. Katharina Arnheim, Freiburg Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Bahce I et al. WCLC 2011; Abstr. 1910 Pirker R et al. WCLC 2011; Abstr. 1557 O’Byrne K et al. WCLC 2011; Abstr. O31.03 Riely GJ et al. WCLC 201; Abstr. 1618 Shaw AT et al. WCLC 2011; Abstr. 1207 Rintoul RC et al. WCLC 2011; Abstr. 840 Zielinski M et al. WCLC 2011; Abstr. 2593 Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese WCLC 2011 237 EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitoren Europäische Patienten profitieren Weitere Daten sprechen dafür, dass bei EGFR-positiven NSCLC-Patienten ein EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitor wie Erlotinib oder Gefitinib eingesetzt werden sollte. Der Nachteil vieler Studien dazu war, dass in den Untersuchungen oft nur asiatische Patienten erfasst wurden. Diesen Nachteil überwindet jetzt die zum WCLC vorgestellte EURTAC-Studie (1). In der prospektiven, randomisierten, kontrollierten Phase-III-Studie, die die 1st-Line-Therapie mit Erlotinib versus einer platinbasierten Chemotherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC mit aktivierenden EGFR-Mutationen prüft, wurden erstmals nur westliche Patienten einbezogen. Nach Auskunft von Studienleiter Prof. Radj Gervais, Caen/Frankreich, weisen bis zu 10% aller NSCLC-Patienten solche Mutationen auf. In der EURTAC-Studie bewirkte die Gabe von Erlotinib im Vergleich zu einer platinbasierten Chemotherapie eine signifikante Verlängerung der Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung und gleichzeitig erwies sich das Verträglichkeitsprofil des EGFR-Inhibitors als besser. Die Studie wurde aufgrund des gezeigten Vorteils vorzeitig beendet. Der primäre Endpunkt – das progressionsfreie Überleben (PFS) – wurde durch Erlotinib nahezu verdoppelt. Es betrug 9,4 Monate im Erlotinib-Arm und 5,2 Monate im Chemotherapie (HR: 0,37; p<0,0001). Ebenfalls beobachtet wurde ein positiver Trend zu einem verbesserten Gesamtüberleben (22,9 Monate vs. 18,8 Monate, p = 0,42). Gervais wies daraufhin, dass wahrscheinlich wie in den meisten momentan vorgelegten Firstline-Studien beim NSCLC kein signifikanter Vorteil beim Gesamtüberleben zu erwarten ist, da ein starker Crossover erlaubt war und stattfand. Resistenzen überwinden In Amsterdam wurde auch über die Entwicklung von Resistenzen gegen EGFR-Inhibitoren wie Erlotinib und Gefitinib diskutiert. Die Zeit- Literatur Amsterdams Grachten (Foto: P. Henning, Stuttgart) Sterotaktische ablative Bestrahlung (SABR) Therapieoption für ältere Patienten Häufig weisen neudiagnostizierte NSCLC-Patienten mit einem geringen Krankheitsstadium ein höheres Alter von 75 Jahre und mehr auf. Sollte man eine Behandlung anbieten, oder sich auf eine gute supportive Therapie beschränken? Einen Ausweg aus diesem Dilemma könnte die ablative sterotaktische Bestrahlung (SABR) bieten. Diese Methode – oft auch als „stereotactic body radiotherapy“ bezeichnet – kann in ambulanter Manier erfolgen und umfasst nur 3 bis 5 Bestrahlungen. Laut Dr. Suresh Senan, Amsterdam/Niederlande, ist bei den meisten dieser älteren Patienten aufgrund eines eingeschränkten Gesundheits- räume, bis solche Resistenzen entstehen, variieren von Patient zu Patient. Im Median treten diese erst nach mehr als einem Jahr auf, doch es gibt auch Betroffene, die bereits nach 2 bis 3 Monaten eine Resistenzentwicklung zeigen. Andere Lungenkrebspatienten können dagegen jahrelang erfolgreich mit EGFR-Inhibitoren behandelt werden, ohne dass es jemals zu Resistenzen kommt, berichtete Prof. Michael Boyer, Syndney/Australien (2). Neue Daten aus seiner Phase-II-Studie demonstrieren nun, dass diese Entwicklung vorangeht. In dieser aktuellen Untersuchung wurde PF299804, ein irreversibler EGFR-Inhibitor mit Erlotinib bei Patienten mit einem fortgeschrittenen NSCLC verglichen, die einen Progress schon nach einem Zyklus Chemotherapie erlitten. Die experimentelle Substanz zeigte sich Erlotinib überlegen mit einem PFS von 12,4 Monaten vs. 8,3 Monate (p = 0,012). Die meisten unerwünschten Nebenwirkungen des neuen Medikaments waren Diarrhöe und Rash. Auf der Basis dieser Ergebnisse wird momentan eine Phase-III-Studie begonnen. Bettina Reich, Hamburg zustands keine Operation mehr durchführbar. Zudem ist die normale Bestrahlung ebenfalls nur eingeschränkt einsetzbar, denn sie umfasst 1. Gervais R et al. 14th World Conference on Lung Cancer (WCLC) vom 3. bis 7. Juli 2011, Amsterdam, Abstract 733. 2. Boyer M. et al. 14th World Conference on Lung Cancer (WCLC) vom 3. bis 7. Juli 2011, Amsterdam, Abstract 1348. eine tägliche Bestrahlung über 6 oder 7 Wochen und ist mit einer hohen Rückfallrate verbunden. Daher lehnen viele Patienten diese Behandlung von Beginn an ab oder sie ist nur schlecht bei ihnen durchführbar. Die in der Presidential Session präsentierte Studie zur Klärung dieser Frage analysierte Daten aus dem niederländischen Krebsregister (1). Eingeschlossen wurden 4605 Patienten im Alter von ≥75 Jahren, die zwischen den Jahren 2001 und 2009 mit einem NSCLC im Stadium I diagnostiziert worden sind. In diesem Zeitraum stieg der Anteil der Patienten, die eine Bestrahlung erhielten, von 31,2 auf 37,7%. Gleichzeitig nahm der Anteil der unbehandelten Patienten von 31,9% auf 24,9% ab. © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese WCLC 2011 238 ausgegangen werden kann, dass rund 90% dieser Population eine SABR bekommen. „Therapeutischer Nihilismus ist es jedenfalls, den Patienten keine Behandlung zu geben, denn uns steht mit der SABR eine effektive Option auch für ältere Patienten zur Verfügung“, so Senan abschließend. Bettina Reich, Hamburg Über die Grachten konnten die Waren bequem zu den Handelshäusern transportiert werden (Foto: P. Henning, Stuttgart) Das mediane Überleben dieser Patienten stieg in dem beobachteten Zeitraum durch die Bestrahlung um 10 Monate von 16,8 auf 26,1 Monate an (p<0,0001). Senan verwies darauf, Literatur 1. Senan S et al. 14th World Conference on Lung Cancer (WCLC) vom 3. bis 7. Juli 2011, Amsterdam, Abstract 1252. Quelle: 14th World Conference on Lung Cancer, Amsterdam, 3.-7. Juli 2011 dass in den Niederlanden immerhin 70% aller Patienten im Untersuchungszeitraum mit SABR bestrahlt worden sind. Die Zahl steigt seiner Erfahrung an immer mehr an, sodass jetzt davon Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese WCLC 2011 239 Was tun nach der Erstlinientherapie des NSCLC? Die wissenschaftliche Evidenz für die Erhaltungstherapie wächst Die auf dem 14. WCLC-Kongress vorgestellten Studien verstärken die wissenschaftliche Evidenz für eine Erhaltungstherapie nach Erstlinientherapie des fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms (Non Small Cell Lung Carcinoma, NSCLC). Die Vorteile sind ein verlängertes progressionsfreies Überleben bei akzeptabler Lebensqualität und der Hoffnung auf ein verlängertes Überleben. Heute gilt die Tumorhistologie zusammen mit der Mutationsanalyse als wichtiger therapeutischer Wegweiser. Auf dem WCLC befasste sich ein von der Johns Hopkins Universität organisiertes Symposium unter dem Vorsitz von Prof. David Ettlinger, Baltimore/USA, mit den daraus entstandenen Konsequenzen für künftige Therapiealgorithmen des NSCLC. Mit der Entwicklung der gegen EGFR gerichteten „Small Molecules“ Erlotinib und Gefitinib sowie der monoklonalen VEGF-Antikörper Bevacizumab und Cetuximab haben die für Prognose und die therapeutische Entscheidung maßgeblichen Kriterien eine entscheidende Erweiterung erfahren, die heute als ein Standpfeiler einer personalisierten Therapie des NSCLC gilt (2). Allerdings gibt es hinsichtlich der Vergleichbarkeit der histologischen Studienbefunde und zur Qualitätskontrolle noch offene Fragen. Derzeit ist nur die lichtmikroskopische histologische Beurteilung, auch als Basis für eine nachfolgende Mutationsanalyse, für die Verwendung in Studien ausreichend validiert, nicht jedoch die Immunhistochemie. „Continuation Maintenance“ oder „Switch Maintenance“ Paradigmenwechsel ausgelöst, so Ettlinger. Damit hat die Histologie einen Einfluss nicht nur auf die Wahl der Erstlinientherapie, sondern auch auf die Folgetherapie. Für eine Erhaltungstherapie bieten sich laut Prof. Silvia Novello, Turin/Italien, eine „Continuation Maintenance1“ oder eine „Switch Maintenance2“ an (씰Tab. 1). Eine Fortführung der eingeleiteten platinhaltigen Kombinationstherapie über 3 oder 4 Zyklen hinaus als Variante der „Continuation Maintenance“ möchte sie aber wegen der kumulativen Toxizität nicht 1 2 Continuation Maintenance: Fortführung der begonnenen Therapie mit einer Monosubstanz, welche bereits in den ersten 4 Zyklen der primären Kombination enthalten war (z. B. Monotherapie mit Bevacizumab oder Cetuximab). Switch Maintenance: Fortführung der Therapie mit einer Monosubstanz, welche in der eingeleiteten Kombination noch nicht vorgekommen ist. Tab. 1 Zukunft der personalisierten Therapie des NSCLC Über die Behandlungsstrategie und die Prognose von Patienten mit einem NSCLC werden künftig vor allem vier Domänen entscheiden Histologische und molekulare Marker zur Typisierung und Therapiewahl (mod. nach [2]) Kategorie Wirkstoffklasse Marker Klinisch EGFR-TKI Frauen, Nichtraucher, Asiaten (?) Bevacizumab Keine Hemoptysis oder Gehirnmetastasen, Alter <70 Jahre (?) EGFR-TKI Adenokarzinome Bevacizumab Keine Plattenepithelkarzinome wg. Blutungsrisiko Pemetrexed Nicht-Plattenepithelkarzinome Pemetrexed Thymidylat-Synthetase Platinderivate ERCC1/RRM1 Gemcitabin RRM1 EGFR-TKI EGFR-Mutation (+) und FISH (-) K-ras-Mutation Cetuximab EGFR-IHC; EGFR-FISH (?) Tumorhistologie Für Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC empfiehlt die 2009 aktualisierte ASCO-Guideline bisher insgesamt 4 bis 6 Zyklen einer platinbasierten Chemotherapie, gefolgt von einem Intervall „Watch and Wait“. Die Erweiterung der diagnostischen Tumordifferenzierung hat jedoch bei der Neu-Konzeptualisierung der Therapie des fortgeschrittenen NSCLC einen empfehlen. Grundsätzlich muss man auch Grad 1/2-Toxizitäten sehr ernst nehmen, da auch sie die Lebensqualität stark einschränken können. Für die italienische Onkologin kommt es bei der Erhaltungstherapie stark auf die richtige Patientenselektion an. Die Patienten müssen die platinbasierte Erstlinientherapie gut toleriert haben, einen guten Allgemeinzustand (PS 0 oder 1) ohne relevante Toxizitäten aufweisen und den Wunsch nach einer Weiterführung der Behandlung äußern. Bei Patienten, die sich für eine Watch-and-Wait-Strategie entscheiden, muss eine engmaschige Kontrolle gewährleistet sein, um eine beginnende Progression frühzeitig zu erkennen. Ein wichtiger Meilenstein in der Untermauerung der wissenschaftlichen Evidenz für eine Erhaltungstherapie ist die Phase-III-Studie „Paramount“ (4). Paramount ist die erste prospektive randomisierte Studie einer „Continuation Maintenance“ mit Pemetrexed nach Induktion mit Cisplatin/Pemetrexed. Die Studie untersuchte die Frage, ob durch eine längere Therapiedauer, also eine Erhaltungstherapie mit geringerer Intensität, die Zeit bis zum Progress und möglicherweise auch das Gesamtüberleben verlängert werden kann (씰Kasten). Molekular © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese WCLC 2011 240 Paramount-Studie Patientenrelevante Vorteile bestätigt Die Paramount-Studie bestätigt als erste prospektive Studie einer „Continuation Maintenance1“ die Effektivität von Pemetrexed (Alimta®) nach Induktionstherapie mit Cisplatin/ Pemetrexed bei Patienten mit Nicht-Plattenepithelkarzinomen. Damit wird auch der Nutzen einer histologischen Typisierung unterstrichen. Die Patienten, die unter einer First-LineTherapie mit Pemetrexed und Cisplatin nicht progredient waren, bekamen im Anschluss randomisiert weiterhin Pemetrexed (n = 359) in der gleichen Dosierung (500 mg/m2 alle drei Wochen) bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder eine optimale supportive Behandlung (Best Supportive Care, BSC; n = 180). Das progressionsfreie Überleben wurde als primärer Endpunkt durch die Erhaltungstherapie mit Pemetrexed signifikant verlängert. Die Patienten lebten im Mittel 3,9 Monate (95% KI 3,0–4,2) ohne Progress, während die Erkrankung bei Patienten ohne Pemetrexed bereits im Mittel nach 2,6 Monaten fortgeschritten war (95% KI 2,2-2,9). Auch der Anteil der Patienten, bei denen die Erkrankung zunächst kontrolliert werden konnte, (씰Tab. 2). Darüber hinaus ist nach Ansicht der Experten ist eine Präzisierung der Indikationsstellung für die Erst- und Zweitlinientherapie mit platinhaltigen Substanzen, Pemetrexed und den neuen molekularbiologischen Therapien unter Berücksichtigung weiterer Therapie-Prädiktoren wie die molekularen Marker TS, ERCC1 (Excision Repair Cross-Complementation Group 1) und RRM1 (Ribonucleotide Reductase M1) notwendig. ERCC1 ist als prädiktiver Marker für Platinresistenz geeignet, und RRM1 bietet sich als Effektivitätsprädiktor für Gemcitabin an (1). war unter der Erhaltungstherapie signifikant höher (71,8% vs. 59,6%; p = 0,009). Daten zum Gesamtüberleben liegen noch nicht vor. Nebenwirkungen Grad 3/4 waren im Pemetrexed-Arm signifikant höher (9,2% vs. 0,6). Die Drop-Out-Rate betrug unter Pemetrexed 5,5% vs. 3,3% unter Placebo. Auf dem WCLC wurden neue Daten zur Langzeitsicherheit vorgestellt. Der Vergleich der Patienten mit >10 Zyklen Pemetrexed mit den Patienten mit <10 Zyklen verzeichnete dabei bei der Grad 3/4 Toxizität nur eine numerische Steigerung der Laborparameter (13,1% vs. 8,0%; p = 0,194), die Nicht-Laborparameter (8,3% vs. 9,1%) veränderten sich, ebenso wie die Inzidenz von Infektionen (1,2% vs. 2,9) kaum. Signifikant häufiger traten Neutropenien auf (8,3% vs. 2,2%; p = 0,015) (3) Zusätzlich wurde in Amsterdam ein Studienvergleich präsentiert, der zeigt, dass die Daten der Paramount-Induktionstherapie die Ergebnisse der JMDB-Studie zur Erstlinientherapie mit Pemetrexed/Cisplatin beim fortgeschrittenen NSCLC bestätigen (5). Beide Studien zeigen konsistente Ergebnisse hinsichtlich der Response und der Krankheitskontrolle, so die Autoren. Auch das Toxizitätsprofil war insgesamt vergleichbar, wenngleich in der JMDB-Studie wegen der höheren Anzahl von Zyklen mit Cisplatin einige Toxizitäten und der Bedarf an Antiemetika etwas höher waren. Eine weitere Option ist die Kombination neuer molekularbiologischen Therapien. Damit sollen nicht nur synergistische Effekte ausgenutzt werden, sondern auch die Überwindung von Resistenzen, beispielsweise gegen Substanzen mit EGFR als therapeutischem Target. Entscheidend ist letztlich immer die Abwägung zwischen möglichen Toxizitäten und dem Überlebensvorteil für den einzelnen Patienten, so Ettlingers Fazit. Dr. Alexander Kretzschmar, München Tab. 2 Determinanten für eine individualisierte Therapie des NSCLC TumorCharakteristika ● ● ● PatientenCharakteristika ● ● ● TNM-Stadium Histologie Tumor-Biomarkerprofil Gesundheitszustand Alter und Komorbidität Patienten-Biomarkerprofil PatientenPräferenz ● Toxizitäten ArztPräferenz ● Erfahrung mit dem Medikament Literatur 1. Bepler G et al. ERCC1 and RRM1 in the international adjuvant lung trial by automated quantitative in situ analysis. Am J Pathol 2011; 178(1): 69–78. 2. Gandara DR et al. Individualizing therapy for nonsmall-cell lung cancer: a paradigm shift from empiric to integrated decision-making. Clin Lung Cancer 2009; 10(3): 148–150. 3. Gridelli C et al. Safety, resource use, and quality of life (Qol) results from PARAMOUNT. WCLC 2011, Abstract O11.06. 4. Paz Ares L et al. PARAMOUNT: Phase III trial results of maintenance pemetrexed plus best supportive care (BSC) versus placebo plus BSC immediately following induction treatment with pemetrexed plus cisplatin for advanced nonsquamous nonsmall cell lung cancer (NSCLC). WCLC 2011, Abstract O01.05. 5. Scagliotti GV First line chemotherapy with pemetrexed plus cisplatin in advanced nonsquamous non-small cell lung cancer (NSCLC)f – a comparison of two phase 111trials. WCLC 2011, Abstract O11.06. Quellen: Satellitensymposium “Histology matters: personalized therapy for patients with NSCLC” im Rahmen der 14. World Conference of Lung Cancer (WCLC), Amsterdam, 3. Juli 2011 und Satellitensymposium “The evolution from empiric to personalized treatment – the interrelationship of histology, biomarkers, and maintenance therapy” im Rahmen der 14. World Conference of Lung Cancer (WCLC), Amsterdam, 4. Juli 2011. Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese DGU 2011 241 Harnblasenkarzinome Wann ist eine adjuvante Therapie indiziert? Auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie stellte Prof. Arnulf Stenzl, Tübingen, den derzeitigen Diskussionsstand für eine (neo)adjuvante Therapie beim lokal fortgeschrittenem Harnblasenkarzinom vor. Die aktuellen Empfehlungen der EAU und ICUD sind hier beim muskel-invasiven Harnblasenkarzinom weiterhin sehr zurückhaltend. Ein zunehmend wichtiger Orientierungspunkt ist für sie die Qualität des vorangegangenen chirurgischen Eingriffs. Der „Motor“ für die Etablierung präoperativer neo-adjuvanter und adjuvanter Therapiestrategien – topische und systemische Chemotherapie, topische Hormontherapie sowie Strahlenund physikalische Therapie – ist die makroskopisch möglichst vollständige operative Entfernung des Harnblasenkarzinoms. Stenzl: „Es geht hier um eine Verbesserung des operativen Eingriffes und Ausloten einer möglichen Heilung.“ Dies gilt auch für muskelinvasive Harnblasenkarzinome mit Lymphknotenbefall. Immerhin kann bei 25% dieser Patienten mit normalem präoperativem CT-Befund mikroskopisch bereits ein Befall von Lymphknoten nachgewiesen werden. Nicht-muskel-invasives Harnblasenkarzinom Beim nicht-muskel-invasiven Harnblasenkarzinom (Ist-T1) stellt die adjuvante Instillation mit Mitomycon C, Anthrazyklinen oder BCG dar. In einer großen Phase-III-Studie (EORTC 30911) mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 9,2 Jahren wurde die postoperative Instillation von Epirubicin, BCG allein oder in Kombination mit Isoniazid bei 837 Patienten geprüft (7). Im Langzeitverlauf konnte ein signifikanter Vorteil für die BCG-Instillation vs. Epirubicin-Instillation hinsichtlich der Rezidivrate (p<0,001), der Fernmetastasierung (p = 0,046) und dem Gesamtüberleben (OS) (p = 0,023) gezeigt werden. Dieser Vorteil wurde nicht nur für die Hochrisikogruppe gezeigt. Neue Daten zum Gemcitabin zeigen, dass diese Substanz auch in der Instillationstherapie seinen Platz hat, so Stenzl. Ein weiterer Ansatz ist die Kombination von Chemotherapeutika mit Polyglyzerolen. Derzeit wird in Phase-II-Studien geprüft, ob die- se klebrigen Substanzen ein besseres Anhaften der Chemotherapeutika an der Blasenwand ermöglichen. Eine Erhöhung der Kontaktzeit versucht man auch mithilfe der Erzeugung elektrischer Felder (EMDA, Electromotive Drug Administration). Ein weiterer Fokus ist die verbesserte Identifikation von Hochrisikopatienten, denn der EORTC-Risikoscore „ist nicht so gut wie manche denken“, so Stenzl. Der Urologe verwies auf den Versuch, die Progress- bzw. Rezidivwahrscheinlichkeit mithilfe des Genexpressionsprofils zu bestimmen. Als Kandidaten wurden in einer retrospektiven Pilotstudie mit 16 Patienten mit einem Harnblasenkarzinom Ta G2/3 bei Erstdiagnose eine Deregulierung der Genexpression von CCND3, HRAS, VEGFR2 und VEGF mit einem erhöhten Rezidivrisiko identifiziert (1). Muskelinvasives Harnblasenkarzinom Der Stellenwert der adjuvanten Chemotherapie beim lokal fortgeschrittenen muskelinvasiven Harnblasenkarzinom wird derzeit kontrovers diskutiert. Die 2011 aktualisierten EAU-Guide- Biomarker als Prognoseprädiktoren Für die zukünftige Planung von klinischen Studien ist eine Risikostratifizierung von Zystektomiepatienten anhand einer Kombination von pathologischen und/oder serologischen/molekularen Risikoparametern von besonderer Bedeutung. Ein aktuelles Beispiel für die postoperative Risikostratifizierung von Patienten nach radikaler Zystektomie ist der TNR-C-Score, so Stenzl. Er wurde als prognostischer Score auf der Basis des präoperativen Serum-CRP-Werts und etablierten pathologischen Risikofaktoren entwickelt und könnte ein leicht in der klinischen Routine zu bestimmender, serologischer Markers für das tumorspezifische Überleben nach Zystektomie sein (2). In diesem neuen Prognosemodell konnte die prognostische Aussagekraft etablierter pathologischer Risikovariablen wie lokales Tumorstadium, Lymphknotendichte und Resektionsstatus durch Hinzufügen des Serum-CRPWerts als kontinuierliche Variable signifikant erhöht werden (p = 0,01). Der präoperative Serum-CRP-Wert könnte künftig als Parameter zu einer Verbesserung der Voraussage eines lokal fortgeschrittenen Stadiums bei der Zystektomie führen und die klinische Bedeutung von prädiktiven und prognostischen Nomogrammen zum invasiven Harnblasenkarzinom weiter verbessern. Noch wichtiger als bei den oberflächlichen Harnblasenkarzinomen wären Biomarker bei muskelinvasiven Tumoren für eine individualisiertere Therapie, so Stenzl. „Wir sehen in einzelnen Studien immer wieder Patienten, die auf eine adjuvante Therapie ansprechen.“ Inzwischen arbeiten international mehrere Arbeitsgruppen am Nachweis zirkulierender Tumorzellen während der Zystektomie oder mittelbar postoperativ. Eine aktuelle Metaanalyse der bisher vorliegenden Daten ergab eine Sensitivität von durchschnittlich 35,1% (27–55%), die Spezifität zwischen 70 und 100% (∅ 89,4%) (4). Damit ist ein Screening zur Diagnosebestätigung zwar noch nicht möglich. Patienten mit einem positiven Befund haben aber um das Fünffache erhöhtes relatives Risiko eines fortgeschrittenen Harnblasenkarzinoms. Die Hoffnungen, dass ein positiver p53-Nachweis ein Prädiktor für ein Ansprechen auf eine Chemotherapie ist, wurde in der Zwischenzeit durch eine randomisierte, kontrollierte Studie widerlegt. Dagegen scheint eine FGRF3-Mutation (Fibroblast Growth Factor Receptor 3) prädiktiv für das Vorliegen eines niedriggradigen Harnblasenkarzinoms mit guter Prognose zu sein (3). © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Kongressnachlese DGU 2011 242 lines beziffern die 5-Jahres-Überlebensraten nach radikaler Zystektomie bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Tumorstadium (≥pT3aN0 bzw. pN+) trotz extendierter Lymphadenektomie nur mit 47% bzw. 34%. Lediglich etwa 50% der Patienten nach radikaler Zystektomie kommen aufgrund ihres postoperativen Allgemeinzustandes und der Nierenfunktion für eine cisplatinbasierte Chemotherapie in Frage (6). Für das muskelinvasive Harnblasenkarzinom wurden 2011 neben den EAU-Guidelines auch die revidierten Empfehlungen des International Consultation on Urological Diseases (ICUD) vorgestellt. Die ICUD-Leitlinien bewerten die Interventionen anhand des Evidenzlevels (LE) und geben eine graduierte Empfehlung ab (GR). Bei dieser Tumorentität hat man nach radikaler Zystektomie bei organbegrenzten Tumoren zwar eine gute Chance auf Rezidivfreiheit. Diese sinkt jedoch bei extravesikalem und noch mehr bei Lymphknotenbefall beträchtlich. Im Gegensatz zum neoadjuvanten Ansatz können die vorliegenden Daten laut Stenzl den prognostischen Vorteil einer adjuvanten Chemotherapie in Metaanalysen nicht endgültig bestätigen. Die initial vielversprechenden Daten einer Metaanalyse von Ruggieri et al. zeigten eine signifikante Verbesserung des OS und rezidivfreien Überlebens (RFS) nach adjuvanter Chemotherapie (OS Risk Ratio 0,74; 95% KI 0,62–0,88; p = 0,001) und RFS (RR 0,65; KI 0,54–0,78; p<0,001) (5). Die in der Folge durchgeführten Studien, darunter vier Phase- III-Studien wurden jedoch frühzeitig wegen Rekrutierungsschwierigkeiten abgebrochen oder zeigten nur einen moderaten Vorteil für eine adjuvante Chemotherapie. Aufgrund dieser methodischen und statistischen Einschränkungen fur die vorliegende Evidenz nach radikaler Zystektomie in der Hochrisikokonstellation (≥pT3 bzw. pN+) kann auch weiterhin eine adjuvanten Chemotherapie nur im Rahmen klinischer Studien empfohlen werden, wobei eine ausreichend gute Nierenfunktion (GFR>60 ml/min) und ein guter Allgemeinzustand (ECOG-Performance-Status ≤1) wichtige Voraussetzungen sind: ICUD-Evidenzlevel (LE) 2a, Empfehlungsgrad (GR) B). Keine Indikation für eine adjuvante Chemotherapie sieht die ICUD bei fraglichen positiven Schnitträndern (Rx) sowie bei N1 bei extendierter Lymphadenektomie. Dies weist darauf hin, dass sich die Guidelines stark an der Qualität des chirurgischen Eingriffes orientieren. Stenzl: „Das ist ein wichtiger Aspekt, auf den wir unser Augenmerk in Zukunft verstärkt richten werden.“ Adjuvante Radiotherapie Die Durchführung einer postoperativen Radiotherapie bietet ähnlich zur adjuvanten Chemotherapie den Vorteil, dass Risikopatienten anhand definierter pathologischer Risikofaktoren (lymphonodale Metastasierung, positiver Resektionsrand) identifiziert werden können. Ein bedeutender Nachteil einer postoperativen Be- Immer häufiger Osteoporose bei Männern Von etwa 8 Millionen Deutschen, die an Osteoporose leiden, sind etwa ein Drittel Männer – Tendenz zunehmend. „Angesichts unserer häufig älteren männlichen Patienten sind Urologen für die Risikoabklärung von Osteoporose beim Mann gefragt“, sagt Prof. Oliver Hakenberg. Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) sieht die Notwendigkeit, das Bewusstsein für Osteoporose beim Mann zu schärfen. Denn oft werde eine entsprechende Diagnose zu spät – erst nach Knochenbrüchen bei geringsten Anlässen – gestellt. Frühzeitige Kenntnis über das Osteoporoserisiko, das mit steigender Lebenserwartung zwangsläufig zunehme, ermögliche jedoch wirksame Präventionsmaßnahmen. Prof. Sabine Kliesch, Urologin und Andrologin am Universitätsklinikum Münster: „Bei Männern diagnostizieren wir mehrheitlich sekundäre Osteoporosen. Bei ihnen ist die Suche nach den krankheitsbedingten Ursachen vorrangig, um eine kausale Therapie einleiten zu können.“ Die DGU-Pressesprecherin sieht den Hypogonadismus, also den Mangel am Sexualhormon Testosteron, als einen wichtigen Risikofaktor für Osteoporose beim Mann. Besonders bei Prostatakrebs-Patienten werde ein solcher Mangel durch eine antiandrogene Therapie induziert. Da durch die Behandlung die Lebenserwartung dieser Patien- strahlung stellen zwei dosislimitierende Strukturen im kleinen Becken dar. Diese sind einerseits der Darm und die orthotope Neoblase (mit der Gefahr von strahlenbedingten Neoblasenperforationen) sowie die uretero-/urethrointestinalen Anastomosen. Aufgrund des geringen Evidenzlevels gibt die ICUD derzeit keine Empfehlung für eine adjuvanten Radiotherapie bei Patienten mit Risikofaktoren (≥pT3a; pN+; pR+) zur Verbesserung des Überlebens beim Harnblasenkarzinom ab (LE 3, GR C). Besser sieht die Datenlage beim Adenokarzinom der Harnblase aus. Hier kann nach postoperativer Radiatio des gesamten Beckens mit 50 Gy eine Verlängerung des rezidivfreien Überlebens und der lokalen Tumorkontrolle beim lymphonodal negativen, lokal fortgeschrittenen Adenokarzinom der Harnblase erreicht werden (LE 2a; GR B). Dr. Alexander Kretzschmar, München Literatur 1. Birkhahn M et al. Eur Urol. 2010; 57(1): 12–20. 2. Gakis G et al. BJU Int. 2011 Apr 20. doi:10.1111/j.1464–410X.2011.10234.x. 3. Lott S et al. Modern Pathology 2009; 22: 627–632. 4. Msaouel P et al. BMC Cancer. 2011; 11: 336. 5. Ruggeri EM et al. Cancer 2006, 106(4): 783–788. 6. Stenzl A et al. Eur Urol 2011, 59(6): 1009–1018. 7. Sylvester RJ et al. Eur Urol 2010; 57: 766–773. Quelle: Stenzl A. Adjuvante Therapie bei urologischen Tumoren. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie am 16. September 2011, Hamburg. ten deutlich zunehme, steige deren Osteoporoserisiko im Alter. Dr. Axel Schroeder, Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Urologen e.V. (BDU), empfiehlt Männern jenseits der 50, bei ihren Routineterminen beim Urologen auch ihr Osteoporoserisiko abklären zu lassen – besonders wenn sie zu den Risikogruppen gehörten oder typische Symptome zeigten. Eine Röntgen-Messung der Knochendichte gebe klaren Aufschluss. Grundsätzlich hält er für ältere Männern eine Osteoporose-Prophylaxe mit ausreichend Bewegung und einer ausgewogenen, kalziumreichen Ernährung für wichtig. Der wichtigste präventive Faktor sei jedoch regelmäßige körperliche Aktivität – und zwar je früher, desto besser. red. Quelle: Pressemitteilung der DGU zur Jahrestagung 2011 Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Internationale Literatur 243 Prostatakarzinom Verbesserte Diagnostik mit moderner Bildgebung? die unterschiedliche Diffusion der Wassermoleküle unterscheiden sich Low-risk- von Highrisk-Karzinomen. Möglicherweise bestehe hier das Potenzial für die nicht-invasive Unterscheidung hoch- und gering-differenzierter Tumoren. Dr. med. Susanne Krome, Melle Der Verdacht auf ein Prostatakarzinom ergibt sich aus den Ergebnissen von PSA, Palpation und transrektalem Ultraschall. Sensitivität und Spezifität der Methoden sind unbefriedigend. Alternativen und Kombinationen der verfügbarer Techniken sollen die Detektionsrate und die Zuverlässigkeit verbessern. Pinto et al. stellten in einer Übersichtsarbeit Studien zu den Erfahrungen mit weiterentwickelten Ultraschallmethoden, der Elastographie und funktionellen Kernspintomographien (MRT) zusammen. Die Autoren erhoffen sich zwar von allen Methoden einen diagnostischen Zugewinn, die Schnelligkeit der technischen Entwicklungen mit immer neuen Botschaften erschwere aber deren zuverlässige Einordnung. TRUS und innovative Sonographietechniken Das Hauptmanko des transrektalen Ultraschalls (TRUS) liegt in der geringen Spezifität, insbesondere beim unerfahrenen Untersucher. Zu den innovativen Sonographietechniken gehören drei- und vierdimensionale Darstellungen, die zu einer exakteren Lokalisation hypoechogener Läsionen beitragen und die Rate übersehener Karzinome reduzieren könnten. Die Kontrast-verstärkte Sonographie mit Mikrobläschen führte in Kombination mit dem Farbdoppler zu einer verstärkten Signalintensität hypervaskularisierter Gebiete. Verschiedene Studien ergaben mit diesem Verfahren eine höhere Detektionsrate mit gezielten Biopsien. Insbesondere bei Rezidivverdacht war die Methode günstig. In Untersuchungen mit dem IHI (Intermittent Harmonic Imaging) waren Regionen mit mikrovaskulärer Anreicherung des Kontrastmittels besonders betont. Eine definitive Abgrenzung zwischen gut- und bösartigen Prozessen sei aber nicht überzeugend gelungen. Die Elastographie als präbioptische Orientierungshilfe hatte eine höhere Sensitivität als der TRUS und die digital-rektale Untersuchung (93 vs. 59 und 55%). Besonders die Kombination von Elastographie und TRUS sollten in Folgestudien untersucht werden. Eine besondere Hoffnung läge in der Fusion von TRUS und MRT. Dies beträfe vor allem anteriore Karzinome, die in der „Grauzone“ des TRUS lägen. MRT und ergänzende funktionale Techniken Bei den MRT liegt der Schwerpunkt der Weiterentwicklung auf ergänzenden funktionalen Techniken. Multiparametrische Methoden beziehen anatomische, metabolische und physiologische Aspekte ein. Die MRT-Spektroskopie hatte mit ihrer Darstellung des Metabolismus eine hohe Sensitivität (95%) und hohe Spezifität (91%) für die Detektion eines Prostatakarzinoms. Dies galt aber nur in Kombination mit dem Standard-MRT. Beide Techniken allein konnten diese Werte nicht erreichen. Die Kombination war auch der Sextantenbiopsie überlegen mit einem Zugewinn insbesondere im Apexbereich. Nachteile waren die hohen Kosten, langen Aquisitionszeiten und Fehlresultate bei vorangegangenen Biopsien. Die dynamische Kontrast-MRT verbesserte in Kombination mit der MRT die diagnostische Genauigkeit (T2-Wichtung). Die Nachteile dieser Methode lägen in der ungenügenden Darstellung der Übergangszone von Patienten mit hypervaskulärer benigner Prostatahyperplasie. Auch Diffusions-MRT erhöhten die Detektionsrate. Die Technik hat eine Besonderheit: Durch Literatur 1. Pinto F et al. Imaging in prostate cancer diagnosis: present role and future perspectives. Urol Int 2011; 86(4): 373–382. Oberländer-Preis Professor Axel Semjonow ausgezeichnet Die Deutsche Gesellschaft für Urologie hat in Hamburg anlässlich ihres 63. Jahreskongresses Herrn Prof. Dr. Axel Semjonow, stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie des Universitätsklinikums Münster (UKM), den Felix Martin Oberländer-Preis für seine besonderen Verdienste um die Fort- und Weiterbildung der Urologen zur Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms verliehen. Semjonow ist seit 2003 Leiter des Prostatazentrums am UKM. Für seine Forschungen wurde er schon mehrfach ausgezeichnet, u. a. drei Mal mit dem Paul-Mellin-Preis der Nordrhein-Westfälischen Gesellschaft für Urologie sowie dem Peter-Bischoff-Preis der Norddeutschen Gesellschaft für Urologie. Der Preis erinnert an den in Dresden tätigen Urologen Felix Martin Oberländer (1851–1915), der sich in den Fachbereichen der Infektiologie und Endoskopie bleibende Verdienste erworben hat. Der Felix Martin Oberländer-Preis ist eine der bedeutendsten Auszeichnungen auf dem Gebiet der Urologie in Deutschland. red. Quelle: Pressemitteilung Münster (UKM) © Schattauer 2011 Universitätsklinikum Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. UroOnkologie 244 Metastasiertes kastrationsresistentes Prostatakarzinom Cabacitaxel in der Praxis Seit der Zulassung von Cabacitaxel (Jevtana®) im April 2011 liegen erste Erfahrungen außerhalb von klinischer Studien zur Second-line-Behandlung von Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mKRPC) vor: Intensiv vorbehandelte Patienten lassen sich bei gutem Nebenwirkungsmanagement sicher behandeln. Eine Therapie nach Docetaxelversagen muss die Taxanresistenz überwinden können, erläuterte Dr. Bernhard Heinrich, Hämatologisch-Onkolgische Praxis, Augsburg. In der Zulassungsstudie TROPIC für Cabacitaxel ergab sich für die Kombination aus Cabacitaxel + Prednison vs. Mitoxantron + Prednison bei Docetaxel-vorbehandelten Patienten im primären Endpunkt ein signifikant verbessertes Gesamtüberleben von 15,1 vs. 12,7 Monaten (p<0,0001) (1). In seiner eigenen Praxis hat Heinrich erste Erfahrungen an 5 Patienten gesammelt (씰Tab. 1). Diese Patienten erhielten zur Therapie Cabacitaxel in der StandardDosierung von 25 mg/m2 Körperoberfläche über 1 h alle 3 Wochen sowie durchgehend Prednison 5 mg 2 x 1 Tabl. Zur Prämedikation eingesetzt wurden Antihistaminikum, Dexamethason, Antiemetikum (Serotoninantagonist). Als Begleitmedikation setzt Heinrich bei allen Patienten mit >1 Vorbehandlung prophylaktisch G-CSF (Gra- Nr Alter Vorchemotherapien Symptome Metastasen 1 77 6 Knochenschmerzen Knochen 2 52 1 Knochenschmerzen Leber Lymphknoten Knochen 3 75 5 Knochenschmerzen Knochen 4 74 3 Knochenschmerzen Knochen Lymphknoten 5 75 5 Knochenschmerzen Knochen Lymphknoten Tab. 1 Patientencharakteristika aus der Praxis von Dr. Bernhard Heinrich Radionuklidtherapie bei Knochenmetastasen Den Jahren Leben hinzufügen Menschen mit Krebserkrankung leben heute länger als vor einigen Jahren. Das bedeutet auch, dass (z. B. beim Prostatakarzinom) ossäre Metastasen wahrscheinlicher werden. Für Prof. Manfred Fischer, Kassel, ist dann besonders auf die Lebensqualität zu achten, gelte es doch „den Jahren Leben hinzuzufügen“. Wie dies durch effektive Schmerztherapie (씰Abb. 1) geschehen kann, erklärte der OnkoUrologe Dr. Christian Arsov aus Düsseldorf. Etwa 50 bis 70% der Krebspatienten seien von Tumorschmerzen betroffen. Ihre Zunahme weise oft auf das Fortschreiten der lebenslimitierenden Erkrankung hin. Außerdem führen Schmerzen zur Immunosuppression. Das alles nulocyte-Colony Stimulating Factor) ein, um einer febrilen Neutropenie vorzubeugen. Alle Patienten erhielten zudem ein Rezept für Loperamid und Ciprofloxacin (analog Handhabung bei Irinotecan bei kolorektalem Karzinom) für den sofortigen Einsatz bei Durchfall. Therapieverlauf Alle 5 Patienten erhalten noch die Therapie. Sie befinden sich zurzeit im Zyklus 7, 4, 3, 3, 2. Bei 3 von 5 Patienten zeigte sich ein PSA-Rückgang um 50%. Die verbleibenden 2 Patienten sind wegen niedrigem PSA bei Therapiebeginn nicht beurteilbar. Bisher zeigen 3 von 5 Patienten eine deutliche Schmerzbesserung. Laut Heinrich ist der Schmerzrückgang häufig das erste Zeichen für die Wirksamkeit der Therapie. Selbst bei einer ungünstigen Patientenselektion (massive Vorbehandlung) wie bei diesen Patienten zeigte Cabacitaxel einen guten palliativen Effekt, begleitet von einem PSA-Rückgang und einer guten Verträglichkeit, wenn entsprechende Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, so die Erfahrungen von Heinrich. Dr. Peter Henning, Stuttgart Literatur 1. de Bono JS et al. Prednisone plus cabazitaxel or mitoxantrone for metastatic castration-resistant prostate cancer progressing after docetaxel treatment: a randomized open-label trial. The Lancet 2010; 376: 1147–1154. Quelle: Sanofi-aventis Fachpresse-Workshop „2. Expertise Prostata“ am 29. Juni 2011 in Eltville am Rhein. sei mit hohen Folgekosten verbunden. Trotzdem blieben in Deutschland zwei Drittel der Tumorschmerzpatienten unterversorgt. Laut Arsov sind hier individuelle Therapiekonzepte im Rahmen der interdisziplinären Behandlung gefragt. Dazu gehöre auch die palliative Radiotherapie singulärer ossärer Metastasen. Die Schmerztherapie mit Quadramet® 153 ( Sm-EDTMP) erklärte der Nuklearmediziner Prof. Holger Palmedo aus Bonn. Beim Prostata- und Mammakarzinom gäbe es Erfolgsraten um 80% bei schmerzhaften Knochenmetastasen mit osteoblastischer Komponente (erkennbar an der Nuklidspeicherung im Knochenszintigramm). Vorteile der effektiven Schmerztherapie mit Quadramet® sind laut Palmedo Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. UroOnkologie ● ● ● 245 der relativ schnelle Eintritt der Wirkung in ein bis zwei Wochen, eine Ansprechzeit bis zu 18 Monaten und die Schmerzreduktion, die – komplett in 25% sowie – partiell bei 75% der Patienten sei. Als Nuklearmediziner empfiehlt Palmedo den Einsatz von Quadramet besonders bei multiplen Knochenmetastasten in hormonrefraktären Stadien. Die mehrfache Wiederholung der Therapie, die Kombination mit Bisphosphonaten und/oder Chemotherapie sowie die Hochdosis sind aktuelle Ansätze. So werde beispielsweise in der randomisierten, multizentrischen Phase-III-Studie SAMDOCET bei Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom die Kombination aus 153Sm-EDTMP, Docetaxel und Prednison mit der von Docetaxel und Prednison bezüglich der Zeit bis zur Progression verglichen. In dieser Studie werden auch Ansprechen des Tumors, Gesamtüberleben, Lebensqualität, Schmerzintensität und Toxizität bewertet. keine ausreichende Schmerzlinderung keine ausreichende Schmerzlinderung Stufe 1 mäßige Schmerzen Abb. 1 Indikation für Quadramet® nach WHOStufenschema Stufe 3 sehr starke Schmerzen Stufe 2 starke Schmerzen nicht opiathaltige Analgetika schwache Opiate + nicht opiathaltige Analgetika + adjuvante Maßnahmen + adjuvante Maßnahmen starke Opiate + nicht opiathaltige Analgetika + adjuvante Maßnahmen positives Knochenszintigramm + Schmerzen = Indikation für Quadramet® Detaillierte Informationen sind zu finden unter 씰www.knochenmetastasen-info.de sowie 씰www.quadramet.de. Dr. Barbara Tshisuaka, Stuttgart Quelle: Lunchsymposium „Quadramet® – ein effektiver Weg zur Verbesserung der Lebensqualität“ am 14. April 2011 in Bregenz im Rahmen der Gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Nuklearmedizin; Veranstalter: CIS bio GmbH, Berlin © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. UroOnkologie 246 Aktualisierte ESMO-Leitlinien zum Harnblasenkarzinom Vinflunin derzeit „einzige zugelassene Therapie nach Platinversagen“ Die European Society for Medical Oncology (ESMO) veröffentlichte kürzlich ihre aktualisierten Leitlinien zu Diagnostik, Therapie und Follow-up des Harnblasenkarzinoms. Darin wurde Vinflunin (Javlor®) als die derzeit „einzige zugelassene Therapie nach Platinversagen“ aufgenommen. Die Leitlinien heben hervor, dass für die Substanz eine Phase-III-Studie mit den bislang höchsten Evidenzgrad in der Zweitlinientherapie des metastasierten Harnblasenkarzinoms vorliegt. ner multivariaten Cox-Analyse nach Adjustierung der vorab definierten prognostischen Faktoren ein statistisch signifikanter Überlebensvorteil mit einer medianen Gesamtüberlebenszeit von 6,9 Monaten vs. 4,3 Monate mit einer „Best Supportive Care“ (BSC) errechnet (HR 0,77; 95% KI 0,61–0,98; p = 0,036). Darüber hinaus belegten die Studienergebnisse, dass mit Vinflunin eine adäquate Krankheitskontrolle erreicht wurde, was sich auch in einem Erhalt der Lebensqualität und einer guter Symptombeherrschung widerspiegelte (2). Fazit für die Praxis In der Therapie des fortgeschrittenen oder metastasierten Harnblasenkarzinoms nach Platinversagen ist die Datenlage insgesamt laut ESMO-Guidelines sehr heterogen. Bisher gab es keinen therapeutischen Standard. Häufig kamen reine Supportivtherapien (BSC) oder empirisch entwickelte, palliative Behandlungen, beispielsweise Gemcitabin plus Paclitaxel oder Monochemotherapien zum Einsatz. Für die Chemotherapien bestehen jedoch keine entsprechenden Zulassungen. Die ESMO-Leitlinien weisen darauf hin, dass die Zulassungsstudie von Vinflunin die bisher einzige valide, randomisierte Phase-III-Studie mit dem höchsten, bisher erreichten Evidenzgrad für die die Behandlung von Patienten mit metastasiertem Harnblasenkarzinom bei Progress nach einer Platin-haltigen Erstlinientherapie ist. Sie betonen zudem, dass Vinflunin in Europa als einziges Medikament für diese Indikation eine Zulassung hat und es unklar ist, ob andere Substanzen in diesem Setting einen ähnlichen Benefit erzielen können (1). Vinflunin wird bereits seit 2010 von der EAU (European Association of Urology) als Standard in der Zweitlinientherapie des metastasierten Harnblasenkarzinoms bei Progression nach einer platinhaltigen Chemotherapie empfohlen (3). Mit Vinflunin steht erstmals eine wichtige Therapieoption in der metastasierten Situation zur Verfügung. Ihr hoher Stellenwert in der Zweitlinientherapie des metastasierten Harnblasenkarzinoms bei Progression nach einer platinhaltigen Chemotherapie wird durch die Aufnahme in die ESMO- und EAU-Leitlinien unterstrichen. red. Höchster Evidenzgrad in der Zweitlinientherapie In der Phase-III-Studie hatten 370 Patienten entweder den dem Mikrotubuli-Inhibitor Vinflunin und BSC oder BSC allein erhalten. Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben. Neben der Intention-to-treat (ITT)-Population wurde auch die „eligible population“ ausgewertet. Diese repräsentierte die vorgesehene Studienpopulation (Patienten mit Versagen einer platinhaltigen Erstlinientherapie) am besten. Für die „eligible population“ wurde in ei- Literatur 1. Bellmunt J et al. Bladder cancer: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol 2011; 22(Suppl 6): vi45-vi49. 2. Bellmunt J et al. Phase III trial of vinflunine plus best supportive care compared with best supportive care alone after a platinum-containing regimen in patients with advanced transitional cell carcinoma of the urothelial tract. J Clin Oncol 2009; 27: 4454–4461. 3. Stenzl A et al. Muscle invasive and metastatic bladder cancer. Im Internet unter: www.uroweb.org/gls/ pdf/07_%20Bladder%20Cancer.pdf. Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Spektrum Onkologie 247 Kopf-Hals-Tumoren Strategien zur Optimierung der konservativen Therapie In den vergangenen Jahren wurde die konservative Therapie der Kopf-Hals-Tumoren durch neue Strategien optimiert. Dazu gehören laut Prof. Jürgen Debus, Heidelberg, Kombinationstherapien (Radiochemotherapie, Radioimmuntherapie), die Intensivierung der Systemtherapie (Induktionstherapie) oder neue radioonkologische Techniken wie die intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT). Als besonders vielversprechend, insbesondere für Patienten, die auf eine konventionelle Bestrahlung nicht ausreichend ansprechen, sieht Debus die derzeit an der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie des Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrums (HIT) in Studien evaluierte Behandlung mit Schwerionenstrahlung an. Bei den meist in fortgeschrittenen Stadien befindlichen Kopf-Hals-Tumoren sind multimodale Therapiekonzepte angezeigt. Für die Therapiewahl spielt neben der Beurteilung durch das Tumorboard der Wunsch des Patienten, zum beispiel nach Organerhalt, eine entscheidende Rolle. Die Radioimmuntherapie mit Cetuximab (Erbitux®) spielt in modernen Kon- zepten eine wichtige Rolle, da sie bei besserer Verträglichkeit nach Ergebnissen der TREMPLIN-Studie (1) ebenso wirksam ist wie eine Cisplatin-basierte Radiochemotherapie. Diese Studie zeigt, so Priv.-Doz. Dr. Jürgen Krauss, Heidelberg, was die konservative Therapie vermag. Patienten mit lokal fortgeschrittenen Larynx- oder Hypopharynx-Plattenepithelkarzinomen (SCC), die nach 3 Zyklen TPF (Docetaxel, Cisplatin, 5-Fluorouracil) mindestens eine partielle Remission erreicht hatten, wurden zwischen einer Strahlentherapie plus Cisplatin (eine laut Krauss insbesondere nach TPF sehr toxische Therapie) oder Cetuximab randomisiert. Drei Monate nach Therapieende betrug der Anteil der Patienten mit Kehlkopfer- Tuberöse Sklerose und subependymales Riesenzellastrozytom Everolimus als erste zielgerichtete medikamentöse Therapie verfügbar Die Tuberöse Sklerose (TS) entsteht auf der Basis einer genetischen Störung und ist mit Fehlbildungen und meist benignen Tumoren in nahezu allen Organen assoziiert. Im Gehirn sind die Malignome für den Neurochirurgen oft nur schwer zugänglich. Für Priv.-Doz. Dr. Pablo Hernaiz Driever, Berlin, bewertete daher die Zulassung für Everolimus (Votubia®) zur Behandlung von Patienten ab drei Jahren mit TS, assoziiert mit subependymalem Riesenzellastrozytom (SEGA), auf einer Pressekonferenz als großen therapeutischen Zugewinn. Die TS ist mit einer Inzidenz von 1:6000 eine seltene Tumorentität. Die klinische Symptomatik ist laut Dr. Christoph Hertzberg, Berlin, vor allem durch epileptische Anfälle (70–80%), mentale Retardierung (30–40%) und Autismus (20–30%) geprägt. Typisch sind „weiße Flecken“ auf der Haut und faziale Angiofibrome. Bei rund 10% aller Patienten kommt es zu Hirn- halt (primärer Endpunkt) 95% vs. 93% (p = 0,63), die Wahrscheinlichkeit eines funktionellen Kehlkopferhalts nach 18 Monaten 87% vs. 82% (p = 0,68). Auch im Gesamtüberleben fand sich kein Unterschied (92% vs. 89%, p = 0,44). Derzeit prüft das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Heidelberg (NCT) in einer Studie (REACH), ob sich die Ergebnisse bei KHT durch eine Intensivierung sowohl der Systemtherapie als auch der Strahlenbehandlung weiter verbessern lassen. Wie Dr. Alexandra Jensen, Heidelberg, erläuterte, werden Patienten mit lokal fortgeschrittenen Oro-/Hypopharynx- bzw. Larynx-SCC mit IMRT in Kombination mit Chemotherapie (Carboplatin, 5-Fluorouracil, 1. + 5. Bestrahlungswoche) sowie wöchentlich mit Cetuximab behandelt. Dr. Günther Springer, Frankfurt Literatur 1. Lefebvre J et al. Sequential chemoradiotherapy for larynx preservation: results of a randomized phase II TREMPLIN study. J Clin Oncol 2011; 29 (Suppl): Abstr 5501. Quelle: Klinikworkshop „Der interdisziplinäre Behandlungsweg von Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren“ im Universitätsklinikum Heidelberg am 22. August 2011, Heidelberg. Veranstalter: Merck Serono Deutschland, Darmstadt tumoren aus Riesenzellen und Verkalkungen. Bisher behandelte man die TS (neuro)chirurgisch oder symptomatisch-medikamentös je nach klinischem Bild. Bei der TS/SEGA spielt der mTOR-Signalweg eine entscheidende Rolle, so Hertzberg. Kürzlich wurde der mTOR-Inhibitor Everolimus als Votubia® EU-weit für TS-Patienten ab drei Jahre zugelassen – als erste zielgerichtete medikamentöse Therapie. Die Zulassung basiert auf einer prospektiven, offenen, einarmigen PhaseII-Studie mit 28 Patienten (medianes Alter: 11 Jahre). Die Patienten zeigten nach sechsmonatiger Therapie mit Everolimus bei 75% der Behandelten eine signifikante Reduktion des SEGA-Volumens von mindestens 30% (p<0,001). Bei 32% verringerte sich das Tumorvolumen um mindestens 50%. Kein Patient zeigte neue Läsionen. Zudem sank unter Everolimus die Häufigkeit von epileptischen Anfällen. Eine Auswertung nach einer medianen Therapiedauer von etwa drei Jahren bestätigte, dass die © Schattauer 2011 Onkologische Welt 5/2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Spektrum Onkologie 248 Reduktion des SEGA-Volumens über diesen Zeitraum stabil blieb. Je größer der Tumor, desto besser das Ansprechen „Je größer der Tumor, desto besser das Ansprechen“, betonte Hernaiz Driever. Das bestätigt auch die EXIST-1-Studie bei 117 Patienten: Bei 35% war eine Reduktion des SEGA-Volumens um mindestens 50% messbar. Dabei war Everolimus in Tablettenform gut verträglich: Es gab keinen Studienabbrecher, die unerwünschten Effekte wurden überwiegend als Grad 1/2-Nebenwirkungen eingestuft. Die Stomatitis war häufig (<30%). Das wirft die Frage auf, ob man das Medikament lebenslang verabreichen sollte, oder aber drei Monate mit einer anschließenden Pause von drei Monaten. Dazu benötigt man jedoch Therapieerfahrungen über längere Zeiträume. Rezidivierendes Platin-sensibles Ovarialkarzinom Besserer Wirkstofftransport für Doxorubicin Pegyliert liposomales Doxorubicin (PLD; Caelyx®) bleibt eine wichtige Therapieoption beim Platin-sensiblen Ovarialkarzinom. Dies machte Prof. Uwe Wagner, Marburg, kürzlich auf einem Pressegespräch im Rahmen des AGO-Symposium „State of the Art“ in Berlin deutlich. PLD ist für die Therapie von Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom nach Versagen platinhaltiger First-Line-Chemotherapie zugelassen und wird von der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) neben anderen Therapieoptionen zur Rezidivtherapie beim Platin-sensiblen Ovarialkarzinom empfohlen (1). Wagner berichtete in Berlin über eine aktuelle Auswertung der Phase-III-Studie CALYPSO (CAeLYx in Platinum-Sensitive Ovarian Cancer). Geprüft wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit von PLD/Carboplatin gegenüber Paclitaxel/Carboplatin an insgesamt 976 Patientinnen mit platinsensiblem Ovarialkarzinom. Die Ergebnisse zeigten effektivere Wirksamkeit Initiative „Psyche hilft Körper“ Ringbuch für Patienten dokumentiert Therapie Hilfreiche Maßnahmen für den einzelnen Krebspatienten und seine Erkrankung zu finden – das ist das Anliegen von „Psyche hilft Körper“, 2009 mit Unterstützung von GlaxoSmithKline (GSK) gegründet. Der jetzt aktuell erhältliche Patientenordner „Alles im Blick“, als weiterer Baustein des Materialienangebots der Initiative entwickelt und umgesetzt, folgt ganz diesem Ansatz und bietet dem Patienten umfassende Möglichkeiten, seinen individuellen Therapieverlauf selbstständig zu dokumentieren. „Gemeinsam mit GlaxoSmithKline ist es gelungen, nach dem ‚Adressverzeichnis für Psychoonkologen‘ nun in einem weiteren Schritt dieses Ringbuch zu entwerfen. Es soll dem Krebspatienten helfen, die Übersicht über die Krankheit zu bewahren“, betont der Beirat der Initiative, dem der Psychoonkologe Alf von Kries, Prof. Ulrike Nitz, Brigitte OverbeckSchulte, Dr. Stefan Fuxius und Prof. Petra Feyer angehören, in seinem Vorwort. Das Ringbuch ermöglicht den Betroffenen, den Therapieverlauf zu organisieren. Arztbriefe, Everolimus ist nach ersten Pilotstudien möglicherweise auch zur Therapie von Akustikus-Neurinomen, pilozytischen Astrozytomen und der Neurofibromatose Typ II erfolgversprechend, so die Prognose von Hernaiz Driever. Dr. Nana Mosler, Leipzig Quelle: Pressekonferenz „Zulassung von Votubia® – neue Perspektive in der Behandlung von TSC SEGA“ am 31. August 2011, Nürnberg. Veranstalter: Novartis Oncology, Nürnberg. und bessere Verträglichkeit für die Kombination Carboplatin/PLD (2). Das progressionsfreie Überleben lag mit median 11,3 Monaten signifikant höher als mit 9,4 Monaten unter Paclitaxel/Carboplatin (p = 0,005). Die Abbruchrate aufgrund schwerer nicht-hämatologischer Nebenwirkungen war unter dem Paclitaxel-haltigem Regime signifikant höher als unter Carboplatin/PLD (15% vs. 6%, p = 0,001). Jürgen W. Setton, Chemnitz Literatur 1. Empfehlung für die Diagnostik und Therapie maligner Ovarialtumoren. Aktualisierte Empfehlungen der Kommission Ovar auf Grundlage der S2k-Leitlinie September 2010. www.ago-online.de 2. Pujade-Lauraine E et al. J Clin Oncol 2010; 28(20): 3323–3329. Quelle: Pressegespräch „Behandlung des rezidivierenden Ovarialkarzinoms – Caelyx® im Licht aktueller Empfehlungen der AGO-Kommission Ovar” im Rahmen des AGO-Symposiums „State of the Art“ am 17. Juni 2011, Berlin. Veranstalter: Janssen-Cilag, Neuss. Originalbefunde, Beipackzettel oder Notizen können praktisch abgeheftet werden. Dazu findet der Patient Artikel und Tipps zu Behandlungswegen und Therapiemaßnahmen sowie ein Glossar mit medizinischen Fachausdrücken, die ihn aus dem „Wörterdschungel herausführen“. Das Ringbuch kann kostenfrei über den behandelnden Facharzt bezogen werden. Ärzte können das Ringbuch für ihre Patienten bestellen unter www.gsk-onkolo gie.de red. Quelle: Nach Informationen von medandmore communication Onkologische Welt 5/2011 © Schattauer 2011 Downloaded from www.onkologische-welt.de on 2017-06-06 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved.