Fütterung und Wildkrankheiten/Seuchen Inhalt ÖGT/LFZ-Tagung „Seuchen bei Wildtieren“ • Allgemeines zur Fütterung von Rot- und Rehwild Armin Deutz • Eigenarten des Rotwildes • Fütterungsstandorte • Weitere Risikofaktoren • Fütterungsbedingte Krankheiten allgem. 26. Mai 2010 Raumberg Gumpenstein • Folgen chronischer Pansenazidose • Infektionskrankheiten und Fütterung • Tuberkulose/Paratuberkulose (Beispiel Hubertusheim) • Vorbeugemaßnahmen Problem Notwendigkeit Rotwild aus menschlicher Sicht „Problem“ Wiederkäuer • emotionalisierende Art Problem Fütterungs-/Futterfehler ? ot b Krankheiten r Problem fütterungsbedingte ve s ng Problem Infektionskrankh. bei Fütterung u r e t t Problem Fütterungshygiene, -standort Fü „Problem“ Futtermittelrecht >> hohes Fehlerrisiko – Jagd – Forstwirtschaft – Naturschutz – Öffentlichkeit • wirtschaftliche Art – bei hohen Dichten – Pachtwerterhöhungen – Abschussverkäufe • „Problem“-Wildart – – – – Einfluss am Wald Krankheiten Neid teuer (Fütterung) • Art als „Kulturgut“ • Art mit Erlebniswert – z. B.: Brunft; schwer zu vermitteln, falls für Öffentlichkeit nie zu sehen Rotwild – Bedürfnisse, Eigenarten • Wildart offener/halboffener Landschaften – großräumig • Hoch sozialisierte Wildart, bildet getrenntgeschlechtliche Rudel • Artgenossen im LR sorgen für Wohlbefinden (Mindestdichte!) • fixe Einheit (Familienverband): Tier, Kalb und Schmaltier/Schmalspießer • Altersstruktur und GV von Bedeutung • 6-8 Äsungsperioden/Tag, tagaktiv • hohe Lernfähigkeit - „Intelligenz“ Langzeitgedächtnis • „Gewohnheitstiere“ – Traditionen und Wissen Und tatsächlich? • Freiflächen verschwinden bzw. anders genutzt – Zuwachsen von Freiflächen – Zunahme (Alpin)tourismus, Zersiedelung • verbleibende Freiflächen nicht nutzbar – Jagddruck – Aufschaukelung mit anderen Faktoren • Nachtaktivität • Alterstruktur – keine alten Hirsche/Tiere • Geschlechterverhältnis – zugunsten der Tiere verschoben Wilddichte • Rudelbildung – Anpassung an Steppen – mehr Augen sehen mehr • höheres Sicherheitsgefühl im Rudel – Zeitbudget für andere Verhaltensweisen erhöht • Einzeltiere/Kleinstgruppen „gestresster“ – häufigeres Sichern – rascheres Flüchten – Steigerung der Krankheitsanfälligkeit? • Wohlbefinden durch Artgenossen im Lebensraum gefördert Ein Steppentier Ein Steppentier Jagd macht das Wild scheu Äsungsflächen, Waldweide Winterlebensraum? Streifgebiete und Wanderungen Verschiedene Zielsetzungen / Schäden Streifgebietsgrößen: 150 bis 1.300 ha (Tiere) 110 bis 6.130 ha (Hirsche) • Grundbesitzer, Waldbesitzer, Landwirte Wanderungen: bis zu 150 km vor/während Brunft – Angst vor Schäden, geringe Rotwilddichten gefordert – Schäden nur dort wo Ziele (fortsliche < > jagdliche) – Angst vor der Übertragung von Krankheiten • Jäger 10 km – Bejagbarkeit, Beobachtbarkeit, alte (starke) Hirsche – Angst vor der Übertragung von Krankheiten • Behörden – Wildseuchen, Wildschäden, Waldentwicklung • Wildbiologen, Nationalparks – natürliches Verhalten und Bedürfnisse des Wildes erhalten • Bevölkerung/Tourismus – erlebbares Rotwild Standortwahl Fütterung Der Standort hat Einfluss auf • die Akzeptanz durch das Wild und • er kann wildschadensauslösend oder • auch krankheitsfördend sein Fütterung - Standortfaktoren I • Ruhe und Einstand – Wild sollte den ganzen Tag über die Möglichkeit haben die Fütterung aufzusuchen • Übersicht für das Wild • Ausreichend Platz • Trockener Boden (Infektionsdruck, Schalengesundheit) • Sonne und Wasser (viele Erreger inkl. Parasiten sind UV-empfindlich) Fütterung - Standortfaktoren II • Wind- und lawinengeschützt • Erreichbarkeit (Winter 2005/06!) • Nicht unbedingt auf Dauergrünland (Infektionsdruck!) > Reinigungsschnitte • Natürliche Beiäsung (z.B. abgewehte Almflächen, Brombeer-/Himbeer- oder Schwarzbeerflächen) • Jagdruhe im Fütterungsbereich! • Aufteilung auf kleinere Fütterungen? Rotwildfütterungen mit bis um 400 Stück Rotwild bei einer Fütterung, einzelne Stücke wandern auch mehrere Fütterungen ab Weitere Risikofaktoren • Wilddichte, Fütterungsbestand • Futterration (Azidosen!) • Verdorbene Futtermittel (z.B. Mykotoxine >> Immunsuppression) • Fütterungshygiene (Bodenvorlage) • Fütterungspraxis (unregelmäßig) • Zukauf von (Gatter)Wild in die freie Wildbahn • Entsorgung von Losung aus dem Fütterungsbereich (Miststreuer!?) • Klimawandel, Ansteigen der Waldgrenze Rehwild ist kein Rudeltier! Fütterungsbedingte Krankheiten • Pansenazidosen (akute und chronische) • Schädigungen der Pansenflora nach abrupten Futterwechseln • Mykotoxikosen • Pansenalkalose (Pansenfäulnis) • • • • > Fütterung erzeugt innerartlichen Stress Organmykosen „Mastochsensyndrom“ Fremdkörper, Schlundverstopfung Hormonelle Wirkung von Phytoöstrogenen Folgen chronischer Pansenübersäuerung • Verminderte Infektionsabwehr >>> Steigerung der Klinik von Endoparasitosen und Infektionskrankheiten • Hyperkeratose d. Pansenschlh., Ruminitis • Leberabszesse (Infektion über geschädigte Pansenschleimhaut) • Nierenläsionen, Hirnrindennekrose • Mineralstoffwechselstörungen (Hypokalzämie) • Knochenstoffwechselstörungen (Osteolyse, Osteopathie) • lebensschwache Kitze/Kälber • unregelmäßige Futteraufnahme, Organverfettung Akute Azidose, Maisfütterung, Rotwild Beispiel Rot-/Schwarzwildgatter Nierenschäden durch zuviel EW, KH (chronische Azidose > Gefäßschäden) und Mineralstoffe Nephrocalzinose Tubulonephrosen mit Eiseneinlagerung Erythrozytenanschoppung und Fibrin in Tubulus Infektionskrankheiten übertragbar im Fütterungsbereich • • • • • • • • • • • Infektion von Wildtieren Aerosol, Sputum Milch Rinder- und Vogelkot, Losung, Harn Äsung/Futter Paratuberkulose Tuberkulose Aktinomykose Pseudotuberkulose Nekrobazillose Listeriose Clostridiosen (Reh!) Moderhinke (Stein- und Mffelwild) Pneumonien (z.B. Pasteurellose) Salmonellose (S. dublin, Rind>Gams, Tirol) Lungenmykosen (staubiges Futter) Hauttuberkulose, Murau November 2006 Paratuberkulose Paratbc-Befunde am Wildtier • Abmagerung • chronische Durchfälle • vergrößerte Darmlymphknoten • abnormer Geruch • verzögerter Haarwechsel • Ödeme im Gekröse • Aszites M. avium subsp. avium und MAP, 2004, Kuhalm Abmagerung, verzögerter Haarwechsel, Durchfall Paratuberkulose, Darmlymphknoten Regional wird auch Stein- und Gamswild gefüttert!? Paratuberkulose Wildtiere (Stmk. 2002 – 08/08) Spezies gesamt Map. positiv Rotwild 127 34 Rehwild 357 99 Gamswild 69 12 Mufflon 16 5 Damwild* 4 3 Steinwild 4 3 Fuchs 106 4 Dachs 1 0 Feldhase 3 0 Schneehase 1 1 Wildkaninchen 1 0 Murmeltier 1 1 Mäuse 18 1 Vögel gesamt 9 1 717 164 Paratuberkulose, Fütterung „Hubertusheim“ • Massive klinische Probleme mit Paratbc bei Rotwild ab 2003 (Hitzesommer?) • Fälle auch bei 17-18 jähr. Stücken (Infektionsdruck) • Erhöhung des Abschusses, gezielter Abschuss krankheitsverdächtiger Stücke (auch bei Fütterung) • Intensive Beprobung von verdächtigen/ unverdächtigen Stücken • Steigerung der Fütterungshygiene • Ab 2008/09 keine klinischen Probleme mehr, deutlicher Rückgang positiver BU-Befunde Risikofaktoren (Para)Tuberkulose o o o o o o o o o o o Hygieneprobleme (z.B. Rotwildfütterung) Fütterungsfehler (chronische Azidose) Höhere Wilddichten > Infektionsdruck Zunahme Mutterkuhbetriebe, Importe Ignoranz beteiligter Gruppen Klimawandel, Waldgrenze (Parasitosen) Tropentage, Hitzeperioden (Stress, Wassermangel) Suboptimale Lebensräume, Stress (Immunsupression) Zwischenwirte und Vektoren (Seehöhe!) Farmwild (Freilassungen), Wintergatter Unwissenheit, fehlende Untersuchungen Bodenvorlage von Futtermitteln Bodenvorlage von Futtermitteln Pseudotuberkulose (Yersiniose) Erreger: Yersinia pseudotuberculosis Reservoir: Nager Vorkommen: Hase, Kaninchen, Reh, seltener Steinwild, Fuchs, Fasan; weiters Mensch Verlauf: akut (Darmentzündung, Milzschwellung) oder chronisch (tuberkuloseähnliche Organveränderungen) Faktorenkrankheit (z.B.: Hase - Ernteschock), häufig seuchenartiger Verlauf Nekrobazillose, Rachenraum, Zungengrund Aktinomykose Listeriose – Fütterung Grassilage Moderhinke Erreger: Dichelobacter nodosus + Fusobacterium necrophorum Reservoir: Hausschaf, Mufflon Infektionen bei Muffel- und Steinwild, männliche Tiere erkranken häufiger (Gewicht?, Brunft) Verlauf: Zersetzung des Schalenhornes, häufiges Liegen, "kniendes Äsen"; bei Übergreifen auf Lederhaut "Ausschuhen" möglich. Risiko: Bereich von Sulzen Risiko Klimawandel und Ansteigen der Waldgrenze Brucellosiserkrankungen (%) Häufigkeit Brucellose Rotwild Häufigkeit derder Brucellose, Fütterungsdauer (Tage) (Cross et al. 2007) Lösungsansätze I Verdacht TB/ParaTB bei Rotwild • Gesprächsbereitschaft und Sachlichkeit bewahren, Gegenseitige Schuldzuweisungen sind nicht zweckmäßig • Frühzeitige Anzeige bei Verdacht (Rd.) • Erkennen eines gemeinsamen Zieles („Zeitbombe“) • Schulungen von Jägern/Kundigen Personen zu Krankheitsbildern der TB • Untersuchungen zu sämtlichen Verdachtsfällen, Querschnitts-US • Seuchensichere Entsorgung • Ebenfalls vielgestaltig • Verdacht am lebenden Tier: Abmagerung, trockener Husten, Durchfall, struppige Decke, verzögerter Haarwechsel, Trägheit, … • Verdacht am erlegten/verendeten Tier: Abmagerung, „Tuberkel“ (kleine bis walnussgr. Knoten, schwartig, verkäsend, verkalkt in Lunge, Darm, Leber, Niere, Brust-/Bauchfell, Milz, … Artikel ANBLICK 2001 „Tuberkulose wieder zunehmend?“ Geplantes Projekt „Wildtiersurvey“ † Wildart Infektionskrankheit/Erreger Rotwild Tuberkulose, Paratuberkulose Rehwild Tuberkulose, Paratuberkulose Schwarzwild Schweinepest, Aujeszky‘sche Krankheit, Brucella suis, Tuberkulose Fuchs Tollwut, Brucella suis, Tularämie, Tuberkulose Feldhase Brucella suis, Tularämie, Leptospirose Das Gegenteil von „gut“ ist „mit guter Absicht“ Lösungsansätze II • Keine „Vertuschung“ (Verdachtsfälle) • Abschätzung der regionalen Verbreitung der Tuberkulose („hot spots“) • Schwerpunktbejagung, Hegeabschüsse • Strenge Fütterungshygiene (UV, Kalk?) • Keine gemeinsamen Salzlecken • Schaffung von Äsungsflächen im Wald, Begrünung von Forststraßen • Wenn nötig Wald-Weidetrennung • Reduktion des Rotwildbestandes wo nötig (über Kahlwild!)