Die Bedeutung - Unternehmensberatung schaeferei.eu

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Die Bedeutung
von Gewohnheitsmustern
Um herauszufinden, aus welcher Quelle das Beharrungsvermögen einer Verwaltung gespeist wird, muss
zunächst das „Phänomen öffentliche Verwaltung“ verstanden werden. Der öffentliche Dienst besteht aus
einem für Monopolorganisationen typischen Geflecht von starren, über Jahre und Jahrzehnte hinweg
entwickelten Regeln, Arbeitsprozessen, Gewohnheiten und Selbstverständlichkeiten, das unter relativ
stabilen Umweltbedingungen aufgebaut worden ist. Dieses Konglomerat aus strukturellen, kulturellen und
sozialen Faktoren prägt die Einstellungen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter und trägt zur Ausbildung
von Gewohnheitsmustern bei, von denen viele unter dem Einfluss von Globalisierung, Europäisierung und
schwindenden finanziellen Ressourcen zunehmend zum Problem werden. Das heißt, das sozial und kulturell
gegebene Fundament wird zum eigentlichen Reformproblem des öffentlichen Dienstes. Die darauf
entwickelten Arbeitsgewohnheiten und Einstellungen erweisen sich als nicht mehr kompatibel mit den
Anforderungen aus dem wirtschaftlichen und politischen Umfeld.
Ohne eine substanzielle Änderung dieser Gewohnheitsmuster, die die Führung und Zusammenarbeit einer
Verwaltungsorganisation definieren, wächst das Risiko, dass der öffentliche Dienst seine Aufgaben nicht
mehr bewältigen können wird. Der Erfolg in einer Reform steht und fällt dabei gerade nicht mit der
Einführung
spektakulärer
Managementwerkzeuge
oder
einer
erlebnisintensiven Euphorisierung der Mitarbeiter, sondern mit der Lösung der
Frage, wie die das Qualitätsniveau der Arbeits- und Routineprozesse
bestimmenden Gewohnheitsmuster im Alltag beeinflusst werden müssen, um
eine Optimierung des Arbeits- und Leistungsverhaltens der Belegschaft zu
Gewohnheitsmuster sind
Instinktersatz und
Entlastungsstrategie
zugleich.
erreichen. Die Arbeit an Gewohnheitsmustern erweist sich insofern als Dreh- und Angelpunkt erfolgreicher
Reformprozesse, als es die Macht der Gewohnheit ist, die zu Beginn des Veränderungsprozesses die größte
Hürde darstellt und die am Ende den langfristigen Erfolg einer Reform garantiert. Menschen sind
Gewohnheitstiere, Gewohnheiten steuern uns bis in die tagtäglichen Klein- und Kleinstentscheidungen. Sie
sind Instinktersatz und Entlastungsstrategie zugleich. Sie helfen uns, mit einem ökonomisch vertretbaren
Aufwand die zahlreichen Belastungen des Lebens in einer komplexen Gesellschaft erfolgreich zu
bewältigen. Gewohnheitsmuster sind effizient. Sie unterstützen uns dabei, rasch und routiniert die
notwendigen Alltagshandlungen von der Morgentoilette über die Bearbeitung der ersten E-Mails am
Arbeitsplatz bis hin zur Gestaltung von Fachpräsentationen zu durchlaufen, ohne das Rad jeden Tag neu
erfinden zu müssen.
Gewohnheiten stabilisieren damit in einem hohen Maße unser Handeln. Die jedem Menschen eigenen
Gewohnheitsmuster stellen außerdem sicher, dass jeder in seinem Sozialverhalten auch für andere
berechenbar erscheint: Kollege Müller führt für gewöhnlich seine Gespräche gegen 14.00 Uhr mit seinen
Mitarbeitern durch. Kollegin Meier bearbeitet tagtäglich immer um diese Zeit die Unterlagen für … Kollege
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Schulz ist nie vor 8.00 Uhr im Büro. Bei uns in der Abteilung wird in der Regel immer montags dieses und
jenes in dieser und jener Form getan.
Gute Gewohnheiten, schlechte Gewohnheiten
Menschen sind Gewohnheitsmeister. Wir gewöhnen uns schnell an eine neue Stadt, eine neue
Lebenssituation, neue Aufgaben, neue Kollegen, einen neuen Arbeitsplatz. Neue Mitarbeiter übernehmen
gerne die in ihrer neuen Umgebung geltenden Regeln und Abläufe, da die rasche Übernahme der
vorhandenen Gewohnheitsmuster und Routinen dabei hilft, mit den komplexen Problemstellungen des
Tagesgeschäftes besser zu Rande zu kommen.
Doch Gewohnheiten sind auch gefährlich, steckt doch in jeder Gewohnheit auch ein nicht zu
unterschätzendes Suchtpotenzial. Gewohnheiten machen abhängig, sie legen fest. Gewohnheiten
beschränken unsere Flexibilität im Denken und Handeln und lassen uns in ungewöhnlichen Situationen und
bei neuartigen Anforderungen ohne Vorwarnung ins offene Messer laufen. Der Entlastungsfunktion guter
Gewohnheiten steht die Last der schlechten Gewohnheiten gegenüber. Schlechte Gewohnheiten gefährden
die Gesundheit; sie belasten soziale Beziehungen; sie führen dazu, dass man an den immer gleichen
Problemen scheitert, da sie mit den gleich bleibend falschen Verhaltensmustern angegangen werden.
Für viele Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst gilt zum Beispiel der Satz: „Ich bin es gewohnt, Sachbearbeitung
allein zu gestalten.“ Tatsächlich aber können die immer komplizierter und
schwieriger werdenden Problemstellungen in Behörden häufig nur noch
Gewohnheitsmuster sind
interdisziplinär gelöst werden. Sie sind zu komplex, als dass eine
gefährlich:
Abteilung, ein Sachbearbeiter oder eine Führungskraft in der Lage wären,
Sie machen blind für neue
hierfür
adäquate
Lösungen
zu
entwickeln.
Die
Gewohnheit,
in
Herausforderungen.
fachübergreifenden Teams zu arbeiten, fehlt jedoch in Verwaltungen und muss im Rahmen der Optimierung
der Gesamtorganisation häufig erst aufgebaut werden.
Gewohnheiten stellen verinnerlichte, das heißt erlernte Handlungsstrategien dar, deren Sinn und zugrunde
liegende Motive nicht mehr bewusst sind oder hinterfragt werden. Gewohnheitsmuster am Arbeitsplatz
werden also nicht aktiv reflektiert, Mitarbeiter verhalten sich so, wie sie es gewohnt sind. Zudem zeichnet
speziell den Öffentlichen Dienst seine Fähigkeit zur hochgradigen Standardisierung von Verwaltungs- oder
Ablaufprozeduren aus. Standardisiertes Verhalten ist sozusagen ein Muss für jeden erfolgreichen
Verwaltungsangestellten. Da die berufliche Sozialisation der meisten Mitarbeiter über viele Arbeitsjahre in
derselben Organisation und oft sogar am selben Arbeitsplatz erfolgt, sind sie entsprechend rigide sozialisiert.
Mitarbeiter im Rahmen einer Verwaltungsreform nun dafür zu kritisieren, dass sie sich an den etablierten
Gewohnheitsmustern orientieren, womit sie bis hierher im Grunde alles richtig gemacht haben, ist also
unsinnig und wenig hilfreich. Die Botschaft muss vielmehr lauten: „Liebe Mitarbeiter, unter den bisherigen
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Rahmenbedingungen habt ihr euch richtig verhalten. Jetzt aber verändern sich die Rahmenbedingungen,
weshalb auch die bestehenden Führungs- und Kooperationsgewohnheiten verändert werden müssen.“
Das vorliegende Veränderungskonzept baut auf der These auf, dass die Veränderungsresistenz von
Mitarbeitern, Gruppen und ganzen Organisationseinheiten in öffentlichen Verwaltungen letzten Endes kein
Problem mangelnder Motivation darstellt, sondern der physische und psychische Ausdruck eines Zustandes
ist, den das gesamte Personal einer Behörde über das jahrzehntelange Einüben hochgradig routinisierter
Verhaltensmuster erlernt hat. Diese Veränderungsresistenz stellt dementsprechend auch keine bewusste
Entscheidung der Beteiligten dar, sondern ist schlicht die Kehrseite einer auf Wiederholung,
Standardisierung und Routinisierung erfolgreich ausgelegten Verwaltungsorganisation. Zu diesem
Erfolgreiche Reformarbeit
verändert die
Gewohnheitsmuster der
Führung und
organisationsspezifischen Trägheitsmoment kommen dann weitere, den
Status quo stabilisierende Faktoren hinzu, wie zum Beispiel andauernde
Konfliktkonstellationen
oder
aber
soziale
Bestätigungs-
und
Bestärkungsrituale nach der Devise: „Das haben wir hier schon immer so
gemacht.“
Der Schlüssel zur erfolgreichen Steigerung der Organisationsproduktivität liegt demnach eindeutig bei der
Veränderung der Gewohnheitsmuster, die das Arbeitsverhalten und die Arbeitseinstellung der Mitarbeiter
prägen. Wenn es gelingt, ineffiziente und unzureichende Gewohnheiten im Arbeitsalltag abzubauen und
zugleich effizientere und leistungsfähigere Gewohnheiten aufzubauen, kann das System Öffentlicher Dienst
erfolgreich optimiert werden, weil dadurch Informationen besser fließen, Entscheidungen adäquater und
effizienter getroffen, Personal- und Finanzressourcen zielgerichteter eingesetzt, die Arbeitsgeschwindigkeit
erhöht und der Umgang mit schwierigen Führungssituationen optimiert werden kann. So entsteht zum
Beispiel das alljährlich wieder auftauchende Problem der terminlichen Verzögerung der Haushaltsplanung in
vielen mittleren und kleinen Kommunen schlicht dadurch, dass die zuständigen Bereichs- oder
Abteilungsleiter den Prozess der wechselseitigen Abstimmung und Information erst beginnen, wenn der
Haushaltsentwurf beinahe steht. Da dies in der Regel erst Ende des Jahres oder gar zu Beginn des
folgenden Jahres der Fall ist, bleibt für eine wohlüberlegte Abstimmung keine Zeit mehr.
Der Veränderungsprozess muss also eindeutig dort angesiedelt werden, wo die eigentliche Steuerung der
Gesamtorganisation stattfindet - im unspektakulären Arbeitsalltag von Führungskräften und Mitarbeitern. In
diesem Alltag entscheidet dann nicht die große Philosophie moderner Managementtechniken darüber, was
tatsächlich geschieht, sondern die erfolgreiche Beeinflussung der „Banalität des Alltäglichen“.
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Die Arbeit mit Gewohnheitsmustern
ist der Dreh- und Angelpunkt erfolgreicher Reformprozesse
„
Gewohnheiten sind Instinktersatz und Entlastungsstrategie.
Î Gewohnheiten sind unverzichtbar: Sie stabilisieren unser Verhalten
„
Gewohnheiten besitzen ein hohes Suchtpotenzial.
Î Gewohnheiten sind gefährlich: Sie beschränken unsere Flexibilität im Denken und Handeln
Î
Die Veränderungsresistenz des Öffentlichen Dienstes ist der physische und psychische
Ausdruck eines jahrzehntelang antrainierten Verhaltensmusters, das nicht mehr in die sich
verändernde Arbeitsumwelt passt.
Die Macht der Banalität des Alltäglichen
Ein Beispiel: Herr Müller, seit fünfzehn Jahren Abteilungsleiter im Hauptamt einer großen Stadtverwaltung,
geht wie jeden Morgen pünktlich zur Arbeit, stempelt den Beginn seiner Arbeitszeit, setzt sich an seinen
Schreibtisch und sieht nach, was es heute zu tun gibt. Dies zeigen ihm die Stapel von Unterlagen an, die in
zwei großen Blöcken auf seinem Schreibtisch liegen. Also beginnt er damit, die Stapel nacheinander von
oben nach unten abzuarbeiten. Kaum hat er damit begonnen, setzen die vielen kleinen täglichen
Unterbrechungen ein in Form von Mitarbeiterrücksprachen, Anfragen anderer Abteilungsleiter und seines
direkten Vorgesetzten, telefonische oder auch persönliche Gespräche usw. Herr Müller ist ein freundlicher
und kooperativer Vorgesetzter und müht sich deswegen redlich, den Anfragen und Arbeitsaufträgen
möglichst unverzüglich nachzukommen.
Viele Abteilungsleiter in öffentlichen Verwaltungen verhalten sich wie Herr Müller, das heißt in erster Linie
als Sachbearbeiter und dann erst als Führungskraft. Sachbearbeiter beginnen ihren Arbeitstag damit,
Sachen zu bearbeiten. Führungskräfte sollten ihren Tag damit beginnen, zu führen, das heißt zu
strukturieren, zu priorisieren, zu planen, zu entscheiden. Genau diesen Führungsimpuls zeigt Herr Müller
nicht. Dabei ist dieser Führungsimpuls für die Gestaltung einer Verwaltungsreform von fundamentaler
Bedeutung. Denn wenn nicht Herr Müller als Abteilungsleiter die Arbeit seiner Abteilung strukturiert,
priorisiert, plant, entscheidet, wer dann plant, strukturiert und priorisiert die über das Routinegeschäft
hinausgehende Arbeit in der Abteilung? Dann plant, strukturiert und entscheidet eben niemand. Oder anders
formuliert: Dann planen und strukturieren und entscheiden ausschließlich die Gewohnheitsmuster und
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Spielregeln den gesamten Arbeitsprozess, und das reicht nicht aus. Denn Gewohnheiten und Regeln sind
blind, und zwar vor allen Dingen gegenüber sich verändernden Umweltanforderungen.
Bearbeitet wird, was anfällt. Fällt nichts an, wird nichts bearbeitet. Fällt viel an, wird das bearbeitet, was
jeweils oben auf dem Stapel liegt. Dieser Beschäftigungsfatalismus stellt eines der häufigsten
arbeitsorganisatorischen Gewohnheitsmuster dar, denen man in der Praxis öffentlicher Verwaltungen
begegnet. Mag das Beispiel auch überspitzt gezeichnet sein, die Tendenz ist allemal getroffen.
Noch einmal: Herr Müller ist Leiter einer ganzen Abteilung, und damit haben seine persönlichen
Arbeitsgewohnheiten und Handlungsprinzipien natürlich auch eine
Wirkung auf den Kreis der direkt oder indirekt mit ihm in
Die Veränderungsresistenz von
Verbindung stehenden Mitarbeiter. Vieles, was wichtig wäre für die
Verwaltungen ist das Ergebnis
Abteilung und vieles, was mit Vorausblick schon heute begonnen
einer jahrzehntelangen
werden sollte, um in Wochen und Monaten termingerecht erledigt
Standardisierung der
zu sein, befindet sich eben just an diesem Montagmorgen gerade
Verhaltensmuster der
nicht auf seinem Schreibtisch. Und vieles von dem, was Herr
Beschäftigten.
Müller an diesem Tag bearbeitet, weil es - wenn bisweilen auch aus unerfindlichen Gründen - auf seinem
Schreibtisch liegt, gehört womöglich überhaupt nicht durch ihn erledigt, sondern müsste an die
entsprechenden Mitarbeiter delegiert werden. Auf der anderen Seite werden neue Aufgaben, die im Rahmen
einer anstehenden Verwaltungsreform angedacht werden müssten, um in den nächsten Jahren ausgebaut
und systematisch umgesetzt und eingeführt zu werden, von Herrn Müller nicht einmal im Ansatz
berücksichtigt. Er ist es schlicht nicht gewohnt, über Dinge nachzudenken, die ihn erst in ein bis drei Jahren
betreffen werden. Für Zukünftiges ist die Verwaltungsspitze zuständig, sagt sich Herr Müller - und hat schon
heute damit nicht mehr Recht.
Anstehende Arbeitsaufgaben ohne Plan, ohne Zeitlimit, ohne Prioritätensetzung und ohne strategische
Reflexion und Abstimmung mit anderen Hierarchieebenen zu bearbeiten ist, wie erwähnt, ein fest etabliertes
Gewohnheitsmuster in öffentlichen Verwaltungen. Als Summe der vielen kleinen Alltagshandlungen und
Unterlassungen
kreiert
die
Gesamtorganisation
eine
Unmenge
von
Koordinationsproblemen,
Planungsengpässen und falschen Ressourceneinsätzen, die zu Schwach- und Schlechtleistungen führen.
Dies obwohl die Beteiligten zugleich der festen Überzeugung sind, eine aus ihrer Sicht und für ihren
Teilzuständigkeitsbereich angemessene, akzeptable und sachlich korrekte Arbeitsleistung erbracht zu
haben, womit sie im Detail womöglich sogar Recht haben. Wenn es also um die Verbesserung der
Organisationsproduktivität geht, muss an genau solchen Arbeitsgewohnheiten angesetzt werden, da hier ein
enormes Optimierungspotenzial zu finden ist.
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Gewohnheitsmuster verstehen und verändern
Das Interessante und zugleich Schwierige an der Arbeit mit Gewohnheiten ist, dass sie aktiv vergessen
werden müssen, um verändert werden zu können. Denn Gewohnheiten funktionieren wie praktizierte
Erinnerungen, die zu vergessen nur gelingt, wenn sie durch die Präsenz faktisch anderer Verhaltensweisen
oder Einstellungen überlagert werden. Ein Beispiel: „Runter mit dem Winterspeck“, lautet für viele Menschen
die Devise zu Beginn eines neuen Jahres. Mehr Sport kann eine Möglichkeit sein, diesem Vorsatz
nachzukommen. Um ihn in die Tat umzusetzen, müssen jedoch einige körperliche Gewohnheiten umgestellt
werden. Ab jetzt wird zum Beispiel unerbittlich gejoggt. Der Schwung
Die Fähigkeit zum Aufbau von
Gewohnheitsmustern ist
der guten Vorsätze hält jedoch meist nicht lange an und die meisten
fallen, von allerlei guten Begründungen begleitet wie “Schlechtes Wetter
angeboren.
heute“
Der Inhalt von
oder
„Keine
Zeit
gefunden“,
wieder
in
ihre
alten
Gewohnheitsmuster zurück und stellen ihre Laufbemühungen ein. So
Gewohnheitsmustern nicht.
weit, so normal.
Eine wirkliche Veränderung eines etablierten Gewohnheitsmusters tritt erst ein, wenn das faktisch neue
Gewohnheitsmuster die körperliche Erinnerung an den alten Zustand vollständig überlagert. Sportler kennen
dieses Phänomen. Der menschliche Körper stellt sich auf regelmäßige Belastungen ein. Er erinnert sich
sozusagen an die vorangegangenen Belastungssituationen und reagiert auf zu erwartende Belastungen
durch eine Steigerung seiner Leistungsfähigkeit. Im Sport ist dieses Phänomen als „Trainingseffekt“ bekannt.
Nach zwei bis drei Monaten hat sich der Körper auf diese Art und Weise so radikal umgestellt, dass es sich
- für einen Nichtläufer kaum nachvollziehbar! - ernsthaft unangenehm anfühlt, wenn man sich nicht alle zwei
bis drei Tage die entsprechende Dosis körperlicher Belastung gönnt. Im Grunde ist erst zu diesem Zeitpunkt
der Zustand erreicht, in dem ein neues Gewohnheitsmuster (regelmäßig joggen) sich gegenüber einem alten
Gewohnheitsmuster (regelmäßig nicht joggen) durchgesetzt hat. Ab jetzt kann das Leben gewissermaßen in
ein Leben als Nicht-Läufer und ein Leben als Läufer unterschieden werden. Wenn zudem durch konkrete
Gefahrensignale, zum Beispiel den dezenten Hinweis des Hausarztes: „Wenn Sie so weitermachen,
bekommen Sie mit fünfzig einen Herzinfarkt!“, ein Rückfall in das alte Gewohnheitsmuster deutlich erschwert
wird, kann eine äußerst stabile, mentale wie physische Verhaltensdisposition entstehen, die sich über die
Jahre hinweg als festes Gewohnheitsmuster stabilisiert.
Dieses Beispiel kann auf jedes beliebige Verhaltensmuster übertragen werden, da alle Gewohnheitsmuster
analoge psychische wie physische Aspekte beinhalten, auch wenn die Gewichtungen unterschiedlich verteilt
sein
mögen.
Rauchen,
Essen,
Konsumverhalten
jedweder
Art,
Denken,
kreativ
sein -
alle
Gewohnheitsmuster, die Menschen im Laufe ihres Lebens entwickeln, wurden einmal erlernt und können
aus diesem Grund auch wieder verlernt werden.
Erfolgreich verändert sind Gewohnheiten im Übrigen auch dann, wenn das Gewohnheitsmuster als Muster
zwar noch erhalten bleibt, die Inhalte dieses Musters jedoch erneuert oder ausgetauscht werden konnten.
Aus dem Bereich der Suchtforschung kennt man dieses Phänomen - dort wird es allerdings bislang nur unter
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negativen Vorzeichen diskutiert, und zwar als Suchtverlagerung. Jedes Suchtverhalten stellt im Prinzip ein
extrem stabiles Gewohnheitsmuster dar. Suchtverlagerung geschieht zum Beispiel dann, wenn ein
Kettenraucher das Rauchen von einem Tag auf den anderen einstellt, um im selben Moment dazu
überzugehen, eine Unmenge an Süßigkeiten zu sich zu nehmen oder aber - gesellschaftlich legitimierter,
den vorhandenen Suchtmechanismen jedoch nicht weniger analog - Marathon zu laufen oder wie ein
Verrückter zu arbeiten.
In komplexen biologischen Systemen vollzieht sich die Veränderung von Gewohnheitsmustern jedoch meist
nur unter einem für das System als relevant erlebten Anstoß von außen oder innen. Wer weiß, was aus den
Sportambitionen geworden wäre, wenn vom Hausarzt nicht der deutliche Wink mit dem Zaunpfahl des
potenziellen Herzinfarkts gekommen wäre?! Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass komplexe
lebende Systeme zunächst nach der Stabilisierung ihres Status quo streben, ist doch das oberste Ziel jedes
lebendigen Organismus der Erhalt seiner Existenz. Da nun der erreichte Status quo quasi bestätigt, dass die
Existenz bislang ausreichend gesichert wurde, ist es nur zu verständlich, wenn das System sich
Veränderungen gegenüber zunächst prinzipiell konservativ verhält. Das heißt: Ohne Störung des Status quo
verändert sich erst einmal nichts. Diese Störung kann interner oder externer Natur sein, also aus dem
Innenleben des Systems selbst kommen oder von außen einwirken. Die Störung muss jedoch immer groß
genug sein, um vom System als relevant erachtet werden zu können. Einfach formuliert: Ohne
Leidensdruck keine Veränderung. Dies gilt für die Arbeit mit Einzelpersonen genauso wie für die mit
großen Organisationen. Auch in Organisationen muss ein ausreichender Leidensdruck bestehen, da
ansonsten bei der Mehrheit der Mitarbeiter die für den Veränderungsprozess notwendigen emotionalen
Voraussetzungen für eine wirkliche Umstellung der Gewohnheitsmuster nicht gegeben sind.
Diese Regel folgt einem einfachen Erziehungsprinzip, auf das Eltern bei Bedarf instinktiv zurückgreifen.
Wenn ein Kind ein Verhalten zeigt, das Eltern nicht akzeptieren können bzw. wollen, weil es beispielsweise
durch gezielte Provokation der Geschwister den Familienfrieden stört oder die Sicherheit und Gesundheit
anderer durch Werfen mit Steinen gefährdet oder auch die eigene Sicherheit gefährdet, indem es bei Rot
über die Straße gehen will, dann intervenieren Eltern normalerweise nach folgendem Muster:
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Grundmuster einer elterlichen Intervention
1. Sie stören ihr Kind (z.B. durch lautes Schimpfen).
2. Sie geben dem Kind eine konkrete Vorgabe, wie es sich zu verhalten hat (im Unterschied zu
dem vom Kind gezeigten Verhalten).
3. A
Sie kündigen konkrete Sanktionsmaßnahmen an, falls das Kind keine hinreichende Einsicht
signalisiert und die Gefahr besteht, dass es sein falsches oder problematisches Verhalten
wieder zeigen wird (dabei müssen die Sanktionen immer orientiert sein an den Dingen, die
im Moment für das Kind einen echten Wert darstellen wie z. B. Süßigkeitsentzug,
Fernsehverbot usw.).
B
Sie honorieren bei erkennbaren Einsichtssignalen oder einer direkt beobachtbaren
erfolgreichen Verhaltensänderung das gezeigte Neu-Verhalten sofort (Lob, Belohnung
usw.).
4. Sie beobachten Ihr Kind für eine gewisse Zeit sehr genau, um bei Bedarf sofort wieder
intervenieren zu können.
5. Sie beenden die Intervention erst, wenn das Kind das gewünschte Verhalten nicht nur aus
eigenem Antrieb heraus zeigt, sondern z. B. dazu übergeht, das erworbene Handlungswissen
an Geschwister, Verwandte und Bekannte weiterzukommunizieren.
Solche Interventionsstrategien prägen auch die Arbeit in Change-Management-Prozessen, in denen es
darum geht, das Arbeitsverhalten von Mitarbeitern zu optimieren, sprich Gewohnheiten zu verändern. Auch
ein Mitarbeiter muss zunächst bei der Ausübung unangemessenen Arbeitsverhaltens gestört werden. Dann
benötigt der Mitarbeiter eine konkrete Vorgabe, wie er sich stattdessen verhalten soll. Sobald er oder sie in
der Folge das erwünschte Arbeitsverhalten zeigt, muss dies honoriert werden, sei es durch Lob, positives
Feedback oder Ähnliches. Die Führungsarbeit ist erst beendet, wenn beim Mitarbeiter klar erkennbar ist,
dass sich das neue Arbeitsverhalten etabliert hat. Im Folgenden soll nun gezeigt werden, mit welchen
Steuerungsstrategien Gewohnheiten erfolgreich verändert werden können und wie dabei der besonderen
Komplexität von Verwaltungsorganisationen Rechnung getragen werden kann.
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