Die Bedeutung von Gewohnheitsmustern Um herauszufinden, aus welcher Quelle das Beharrungsvermögen einer Verwaltung gespeist wird, muss zunächst das „Phänomen öffentliche Verwaltung“ verstanden werden. Der öffentliche Dienst besteht aus einem für Monopolorganisationen typischen Geflecht von starren, über Jahre und Jahrzehnte hinweg entwickelten Regeln, Arbeitsprozessen, Gewohnheiten und Selbstverständlichkeiten, das unter relativ stabilen Umweltbedingungen aufgebaut worden ist. Dieses Konglomerat aus strukturellen, kulturellen und sozialen Faktoren prägt die Einstellungen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter und trägt zur Ausbildung von Gewohnheitsmustern bei, von denen viele unter dem Einfluss von Globalisierung, Europäisierung und schwindenden finanziellen Ressourcen zunehmend zum Problem werden. Das heißt, das sozial und kulturell gegebene Fundament wird zum eigentlichen Reformproblem des öffentlichen Dienstes. Die darauf entwickelten Arbeitsgewohnheiten und Einstellungen erweisen sich als nicht mehr kompatibel mit den Anforderungen aus dem wirtschaftlichen und politischen Umfeld. Ohne eine substanzielle Änderung dieser Gewohnheitsmuster, die die Führung und Zusammenarbeit einer Verwaltungsorganisation definieren, wächst das Risiko, dass der öffentliche Dienst seine Aufgaben nicht mehr bewältigen können wird. Der Erfolg in einer Reform steht und fällt dabei gerade nicht mit der Einführung spektakulärer Managementwerkzeuge oder einer erlebnisintensiven Euphorisierung der Mitarbeiter, sondern mit der Lösung der Frage, wie die das Qualitätsniveau der Arbeits- und Routineprozesse bestimmenden Gewohnheitsmuster im Alltag beeinflusst werden müssen, um eine Optimierung des Arbeits- und Leistungsverhaltens der Belegschaft zu Gewohnheitsmuster sind Instinktersatz und Entlastungsstrategie zugleich. erreichen. Die Arbeit an Gewohnheitsmustern erweist sich insofern als Dreh- und Angelpunkt erfolgreicher Reformprozesse, als es die Macht der Gewohnheit ist, die zu Beginn des Veränderungsprozesses die größte Hürde darstellt und die am Ende den langfristigen Erfolg einer Reform garantiert. Menschen sind Gewohnheitstiere, Gewohnheiten steuern uns bis in die tagtäglichen Klein- und Kleinstentscheidungen. Sie sind Instinktersatz und Entlastungsstrategie zugleich. Sie helfen uns, mit einem ökonomisch vertretbaren Aufwand die zahlreichen Belastungen des Lebens in einer komplexen Gesellschaft erfolgreich zu bewältigen. Gewohnheitsmuster sind effizient. Sie unterstützen uns dabei, rasch und routiniert die notwendigen Alltagshandlungen von der Morgentoilette über die Bearbeitung der ersten E-Mails am Arbeitsplatz bis hin zur Gestaltung von Fachpräsentationen zu durchlaufen, ohne das Rad jeden Tag neu erfinden zu müssen. Gewohnheiten stabilisieren damit in einem hohen Maße unser Handeln. Die jedem Menschen eigenen Gewohnheitsmuster stellen außerdem sicher, dass jeder in seinem Sozialverhalten auch für andere berechenbar erscheint: Kollege Müller führt für gewöhnlich seine Gespräche gegen 14.00 Uhr mit seinen Mitarbeitern durch. Kollegin Meier bearbeitet tagtäglich immer um diese Zeit die Unterlagen für … Kollege SCHÄFER : BERATUNGSUNTERNEHMEN BEYERSTRASSE 58 TELEFON 0731-37 952-0 OFFICE@SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN:DE 89077 ULM TELEFAX 0731-37 952-29 WWW.SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN.DE Schulz ist nie vor 8.00 Uhr im Büro. Bei uns in der Abteilung wird in der Regel immer montags dieses und jenes in dieser und jener Form getan. Gute Gewohnheiten, schlechte Gewohnheiten Menschen sind Gewohnheitsmeister. Wir gewöhnen uns schnell an eine neue Stadt, eine neue Lebenssituation, neue Aufgaben, neue Kollegen, einen neuen Arbeitsplatz. Neue Mitarbeiter übernehmen gerne die in ihrer neuen Umgebung geltenden Regeln und Abläufe, da die rasche Übernahme der vorhandenen Gewohnheitsmuster und Routinen dabei hilft, mit den komplexen Problemstellungen des Tagesgeschäftes besser zu Rande zu kommen. Doch Gewohnheiten sind auch gefährlich, steckt doch in jeder Gewohnheit auch ein nicht zu unterschätzendes Suchtpotenzial. Gewohnheiten machen abhängig, sie legen fest. Gewohnheiten beschränken unsere Flexibilität im Denken und Handeln und lassen uns in ungewöhnlichen Situationen und bei neuartigen Anforderungen ohne Vorwarnung ins offene Messer laufen. Der Entlastungsfunktion guter Gewohnheiten steht die Last der schlechten Gewohnheiten gegenüber. Schlechte Gewohnheiten gefährden die Gesundheit; sie belasten soziale Beziehungen; sie führen dazu, dass man an den immer gleichen Problemen scheitert, da sie mit den gleich bleibend falschen Verhaltensmustern angegangen werden. Für viele Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst gilt zum Beispiel der Satz: „Ich bin es gewohnt, Sachbearbeitung allein zu gestalten.“ Tatsächlich aber können die immer komplizierter und schwieriger werdenden Problemstellungen in Behörden häufig nur noch Gewohnheitsmuster sind interdisziplinär gelöst werden. Sie sind zu komplex, als dass eine gefährlich: Abteilung, ein Sachbearbeiter oder eine Führungskraft in der Lage wären, Sie machen blind für neue hierfür adäquate Lösungen zu entwickeln. Die Gewohnheit, in Herausforderungen. fachübergreifenden Teams zu arbeiten, fehlt jedoch in Verwaltungen und muss im Rahmen der Optimierung der Gesamtorganisation häufig erst aufgebaut werden. Gewohnheiten stellen verinnerlichte, das heißt erlernte Handlungsstrategien dar, deren Sinn und zugrunde liegende Motive nicht mehr bewusst sind oder hinterfragt werden. Gewohnheitsmuster am Arbeitsplatz werden also nicht aktiv reflektiert, Mitarbeiter verhalten sich so, wie sie es gewohnt sind. Zudem zeichnet speziell den Öffentlichen Dienst seine Fähigkeit zur hochgradigen Standardisierung von Verwaltungs- oder Ablaufprozeduren aus. Standardisiertes Verhalten ist sozusagen ein Muss für jeden erfolgreichen Verwaltungsangestellten. Da die berufliche Sozialisation der meisten Mitarbeiter über viele Arbeitsjahre in derselben Organisation und oft sogar am selben Arbeitsplatz erfolgt, sind sie entsprechend rigide sozialisiert. Mitarbeiter im Rahmen einer Verwaltungsreform nun dafür zu kritisieren, dass sie sich an den etablierten Gewohnheitsmustern orientieren, womit sie bis hierher im Grunde alles richtig gemacht haben, ist also unsinnig und wenig hilfreich. Die Botschaft muss vielmehr lauten: „Liebe Mitarbeiter, unter den bisherigen SCHÄFER : BERATUNGSUNTERNEHMEN BEYERSTRASSE 58 TELEFON 0731-37 952-0 OFFICE@SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN:DE 89077 ULM TELEFAX 0731-37 952-29 WWW.SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN.DE Rahmenbedingungen habt ihr euch richtig verhalten. Jetzt aber verändern sich die Rahmenbedingungen, weshalb auch die bestehenden Führungs- und Kooperationsgewohnheiten verändert werden müssen.“ Das vorliegende Veränderungskonzept baut auf der These auf, dass die Veränderungsresistenz von Mitarbeitern, Gruppen und ganzen Organisationseinheiten in öffentlichen Verwaltungen letzten Endes kein Problem mangelnder Motivation darstellt, sondern der physische und psychische Ausdruck eines Zustandes ist, den das gesamte Personal einer Behörde über das jahrzehntelange Einüben hochgradig routinisierter Verhaltensmuster erlernt hat. Diese Veränderungsresistenz stellt dementsprechend auch keine bewusste Entscheidung der Beteiligten dar, sondern ist schlicht die Kehrseite einer auf Wiederholung, Standardisierung und Routinisierung erfolgreich ausgelegten Verwaltungsorganisation. Zu diesem Erfolgreiche Reformarbeit verändert die Gewohnheitsmuster der Führung und organisationsspezifischen Trägheitsmoment kommen dann weitere, den Status quo stabilisierende Faktoren hinzu, wie zum Beispiel andauernde Konfliktkonstellationen oder aber soziale Bestätigungs- und Bestärkungsrituale nach der Devise: „Das haben wir hier schon immer so gemacht.“ Der Schlüssel zur erfolgreichen Steigerung der Organisationsproduktivität liegt demnach eindeutig bei der Veränderung der Gewohnheitsmuster, die das Arbeitsverhalten und die Arbeitseinstellung der Mitarbeiter prägen. Wenn es gelingt, ineffiziente und unzureichende Gewohnheiten im Arbeitsalltag abzubauen und zugleich effizientere und leistungsfähigere Gewohnheiten aufzubauen, kann das System Öffentlicher Dienst erfolgreich optimiert werden, weil dadurch Informationen besser fließen, Entscheidungen adäquater und effizienter getroffen, Personal- und Finanzressourcen zielgerichteter eingesetzt, die Arbeitsgeschwindigkeit erhöht und der Umgang mit schwierigen Führungssituationen optimiert werden kann. So entsteht zum Beispiel das alljährlich wieder auftauchende Problem der terminlichen Verzögerung der Haushaltsplanung in vielen mittleren und kleinen Kommunen schlicht dadurch, dass die zuständigen Bereichs- oder Abteilungsleiter den Prozess der wechselseitigen Abstimmung und Information erst beginnen, wenn der Haushaltsentwurf beinahe steht. Da dies in der Regel erst Ende des Jahres oder gar zu Beginn des folgenden Jahres der Fall ist, bleibt für eine wohlüberlegte Abstimmung keine Zeit mehr. Der Veränderungsprozess muss also eindeutig dort angesiedelt werden, wo die eigentliche Steuerung der Gesamtorganisation stattfindet - im unspektakulären Arbeitsalltag von Führungskräften und Mitarbeitern. In diesem Alltag entscheidet dann nicht die große Philosophie moderner Managementtechniken darüber, was tatsächlich geschieht, sondern die erfolgreiche Beeinflussung der „Banalität des Alltäglichen“. SCHÄFER : BERATUNGSUNTERNEHMEN BEYERSTRASSE 58 TELEFON 0731-37 952-0 OFFICE@SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN:DE 89077 ULM TELEFAX 0731-37 952-29 WWW.SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN.DE Die Arbeit mit Gewohnheitsmustern ist der Dreh- und Angelpunkt erfolgreicher Reformprozesse Gewohnheiten sind Instinktersatz und Entlastungsstrategie. Î Gewohnheiten sind unverzichtbar: Sie stabilisieren unser Verhalten Gewohnheiten besitzen ein hohes Suchtpotenzial. Î Gewohnheiten sind gefährlich: Sie beschränken unsere Flexibilität im Denken und Handeln Î Die Veränderungsresistenz des Öffentlichen Dienstes ist der physische und psychische Ausdruck eines jahrzehntelang antrainierten Verhaltensmusters, das nicht mehr in die sich verändernde Arbeitsumwelt passt. Die Macht der Banalität des Alltäglichen Ein Beispiel: Herr Müller, seit fünfzehn Jahren Abteilungsleiter im Hauptamt einer großen Stadtverwaltung, geht wie jeden Morgen pünktlich zur Arbeit, stempelt den Beginn seiner Arbeitszeit, setzt sich an seinen Schreibtisch und sieht nach, was es heute zu tun gibt. Dies zeigen ihm die Stapel von Unterlagen an, die in zwei großen Blöcken auf seinem Schreibtisch liegen. Also beginnt er damit, die Stapel nacheinander von oben nach unten abzuarbeiten. Kaum hat er damit begonnen, setzen die vielen kleinen täglichen Unterbrechungen ein in Form von Mitarbeiterrücksprachen, Anfragen anderer Abteilungsleiter und seines direkten Vorgesetzten, telefonische oder auch persönliche Gespräche usw. Herr Müller ist ein freundlicher und kooperativer Vorgesetzter und müht sich deswegen redlich, den Anfragen und Arbeitsaufträgen möglichst unverzüglich nachzukommen. Viele Abteilungsleiter in öffentlichen Verwaltungen verhalten sich wie Herr Müller, das heißt in erster Linie als Sachbearbeiter und dann erst als Führungskraft. Sachbearbeiter beginnen ihren Arbeitstag damit, Sachen zu bearbeiten. Führungskräfte sollten ihren Tag damit beginnen, zu führen, das heißt zu strukturieren, zu priorisieren, zu planen, zu entscheiden. Genau diesen Führungsimpuls zeigt Herr Müller nicht. Dabei ist dieser Führungsimpuls für die Gestaltung einer Verwaltungsreform von fundamentaler Bedeutung. Denn wenn nicht Herr Müller als Abteilungsleiter die Arbeit seiner Abteilung strukturiert, priorisiert, plant, entscheidet, wer dann plant, strukturiert und priorisiert die über das Routinegeschäft hinausgehende Arbeit in der Abteilung? Dann plant, strukturiert und entscheidet eben niemand. Oder anders formuliert: Dann planen und strukturieren und entscheiden ausschließlich die Gewohnheitsmuster und SCHÄFER : BERATUNGSUNTERNEHMEN BEYERSTRASSE 58 TELEFON 0731-37 952-0 OFFICE@SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN:DE 89077 ULM TELEFAX 0731-37 952-29 WWW.SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN.DE Spielregeln den gesamten Arbeitsprozess, und das reicht nicht aus. Denn Gewohnheiten und Regeln sind blind, und zwar vor allen Dingen gegenüber sich verändernden Umweltanforderungen. Bearbeitet wird, was anfällt. Fällt nichts an, wird nichts bearbeitet. Fällt viel an, wird das bearbeitet, was jeweils oben auf dem Stapel liegt. Dieser Beschäftigungsfatalismus stellt eines der häufigsten arbeitsorganisatorischen Gewohnheitsmuster dar, denen man in der Praxis öffentlicher Verwaltungen begegnet. Mag das Beispiel auch überspitzt gezeichnet sein, die Tendenz ist allemal getroffen. Noch einmal: Herr Müller ist Leiter einer ganzen Abteilung, und damit haben seine persönlichen Arbeitsgewohnheiten und Handlungsprinzipien natürlich auch eine Wirkung auf den Kreis der direkt oder indirekt mit ihm in Die Veränderungsresistenz von Verbindung stehenden Mitarbeiter. Vieles, was wichtig wäre für die Verwaltungen ist das Ergebnis Abteilung und vieles, was mit Vorausblick schon heute begonnen einer jahrzehntelangen werden sollte, um in Wochen und Monaten termingerecht erledigt Standardisierung der zu sein, befindet sich eben just an diesem Montagmorgen gerade Verhaltensmuster der nicht auf seinem Schreibtisch. Und vieles von dem, was Herr Beschäftigten. Müller an diesem Tag bearbeitet, weil es - wenn bisweilen auch aus unerfindlichen Gründen - auf seinem Schreibtisch liegt, gehört womöglich überhaupt nicht durch ihn erledigt, sondern müsste an die entsprechenden Mitarbeiter delegiert werden. Auf der anderen Seite werden neue Aufgaben, die im Rahmen einer anstehenden Verwaltungsreform angedacht werden müssten, um in den nächsten Jahren ausgebaut und systematisch umgesetzt und eingeführt zu werden, von Herrn Müller nicht einmal im Ansatz berücksichtigt. Er ist es schlicht nicht gewohnt, über Dinge nachzudenken, die ihn erst in ein bis drei Jahren betreffen werden. Für Zukünftiges ist die Verwaltungsspitze zuständig, sagt sich Herr Müller - und hat schon heute damit nicht mehr Recht. Anstehende Arbeitsaufgaben ohne Plan, ohne Zeitlimit, ohne Prioritätensetzung und ohne strategische Reflexion und Abstimmung mit anderen Hierarchieebenen zu bearbeiten ist, wie erwähnt, ein fest etabliertes Gewohnheitsmuster in öffentlichen Verwaltungen. Als Summe der vielen kleinen Alltagshandlungen und Unterlassungen kreiert die Gesamtorganisation eine Unmenge von Koordinationsproblemen, Planungsengpässen und falschen Ressourceneinsätzen, die zu Schwach- und Schlechtleistungen führen. Dies obwohl die Beteiligten zugleich der festen Überzeugung sind, eine aus ihrer Sicht und für ihren Teilzuständigkeitsbereich angemessene, akzeptable und sachlich korrekte Arbeitsleistung erbracht zu haben, womit sie im Detail womöglich sogar Recht haben. Wenn es also um die Verbesserung der Organisationsproduktivität geht, muss an genau solchen Arbeitsgewohnheiten angesetzt werden, da hier ein enormes Optimierungspotenzial zu finden ist. SCHÄFER : BERATUNGSUNTERNEHMEN BEYERSTRASSE 58 TELEFON 0731-37 952-0 OFFICE@SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN:DE 89077 ULM TELEFAX 0731-37 952-29 WWW.SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN.DE Gewohnheitsmuster verstehen und verändern Das Interessante und zugleich Schwierige an der Arbeit mit Gewohnheiten ist, dass sie aktiv vergessen werden müssen, um verändert werden zu können. Denn Gewohnheiten funktionieren wie praktizierte Erinnerungen, die zu vergessen nur gelingt, wenn sie durch die Präsenz faktisch anderer Verhaltensweisen oder Einstellungen überlagert werden. Ein Beispiel: „Runter mit dem Winterspeck“, lautet für viele Menschen die Devise zu Beginn eines neuen Jahres. Mehr Sport kann eine Möglichkeit sein, diesem Vorsatz nachzukommen. Um ihn in die Tat umzusetzen, müssen jedoch einige körperliche Gewohnheiten umgestellt werden. Ab jetzt wird zum Beispiel unerbittlich gejoggt. Der Schwung Die Fähigkeit zum Aufbau von Gewohnheitsmustern ist der guten Vorsätze hält jedoch meist nicht lange an und die meisten fallen, von allerlei guten Begründungen begleitet wie “Schlechtes Wetter angeboren. heute“ Der Inhalt von oder „Keine Zeit gefunden“, wieder in ihre alten Gewohnheitsmuster zurück und stellen ihre Laufbemühungen ein. So Gewohnheitsmustern nicht. weit, so normal. Eine wirkliche Veränderung eines etablierten Gewohnheitsmusters tritt erst ein, wenn das faktisch neue Gewohnheitsmuster die körperliche Erinnerung an den alten Zustand vollständig überlagert. Sportler kennen dieses Phänomen. Der menschliche Körper stellt sich auf regelmäßige Belastungen ein. Er erinnert sich sozusagen an die vorangegangenen Belastungssituationen und reagiert auf zu erwartende Belastungen durch eine Steigerung seiner Leistungsfähigkeit. Im Sport ist dieses Phänomen als „Trainingseffekt“ bekannt. Nach zwei bis drei Monaten hat sich der Körper auf diese Art und Weise so radikal umgestellt, dass es sich - für einen Nichtläufer kaum nachvollziehbar! - ernsthaft unangenehm anfühlt, wenn man sich nicht alle zwei bis drei Tage die entsprechende Dosis körperlicher Belastung gönnt. Im Grunde ist erst zu diesem Zeitpunkt der Zustand erreicht, in dem ein neues Gewohnheitsmuster (regelmäßig joggen) sich gegenüber einem alten Gewohnheitsmuster (regelmäßig nicht joggen) durchgesetzt hat. Ab jetzt kann das Leben gewissermaßen in ein Leben als Nicht-Läufer und ein Leben als Läufer unterschieden werden. Wenn zudem durch konkrete Gefahrensignale, zum Beispiel den dezenten Hinweis des Hausarztes: „Wenn Sie so weitermachen, bekommen Sie mit fünfzig einen Herzinfarkt!“, ein Rückfall in das alte Gewohnheitsmuster deutlich erschwert wird, kann eine äußerst stabile, mentale wie physische Verhaltensdisposition entstehen, die sich über die Jahre hinweg als festes Gewohnheitsmuster stabilisiert. Dieses Beispiel kann auf jedes beliebige Verhaltensmuster übertragen werden, da alle Gewohnheitsmuster analoge psychische wie physische Aspekte beinhalten, auch wenn die Gewichtungen unterschiedlich verteilt sein mögen. Rauchen, Essen, Konsumverhalten jedweder Art, Denken, kreativ sein - alle Gewohnheitsmuster, die Menschen im Laufe ihres Lebens entwickeln, wurden einmal erlernt und können aus diesem Grund auch wieder verlernt werden. Erfolgreich verändert sind Gewohnheiten im Übrigen auch dann, wenn das Gewohnheitsmuster als Muster zwar noch erhalten bleibt, die Inhalte dieses Musters jedoch erneuert oder ausgetauscht werden konnten. Aus dem Bereich der Suchtforschung kennt man dieses Phänomen - dort wird es allerdings bislang nur unter SCHÄFER : BERATUNGSUNTERNEHMEN BEYERSTRASSE 58 TELEFON 0731-37 952-0 OFFICE@SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN:DE 89077 ULM TELEFAX 0731-37 952-29 WWW.SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN.DE negativen Vorzeichen diskutiert, und zwar als Suchtverlagerung. Jedes Suchtverhalten stellt im Prinzip ein extrem stabiles Gewohnheitsmuster dar. Suchtverlagerung geschieht zum Beispiel dann, wenn ein Kettenraucher das Rauchen von einem Tag auf den anderen einstellt, um im selben Moment dazu überzugehen, eine Unmenge an Süßigkeiten zu sich zu nehmen oder aber - gesellschaftlich legitimierter, den vorhandenen Suchtmechanismen jedoch nicht weniger analog - Marathon zu laufen oder wie ein Verrückter zu arbeiten. In komplexen biologischen Systemen vollzieht sich die Veränderung von Gewohnheitsmustern jedoch meist nur unter einem für das System als relevant erlebten Anstoß von außen oder innen. Wer weiß, was aus den Sportambitionen geworden wäre, wenn vom Hausarzt nicht der deutliche Wink mit dem Zaunpfahl des potenziellen Herzinfarkts gekommen wäre?! Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass komplexe lebende Systeme zunächst nach der Stabilisierung ihres Status quo streben, ist doch das oberste Ziel jedes lebendigen Organismus der Erhalt seiner Existenz. Da nun der erreichte Status quo quasi bestätigt, dass die Existenz bislang ausreichend gesichert wurde, ist es nur zu verständlich, wenn das System sich Veränderungen gegenüber zunächst prinzipiell konservativ verhält. Das heißt: Ohne Störung des Status quo verändert sich erst einmal nichts. Diese Störung kann interner oder externer Natur sein, also aus dem Innenleben des Systems selbst kommen oder von außen einwirken. Die Störung muss jedoch immer groß genug sein, um vom System als relevant erachtet werden zu können. Einfach formuliert: Ohne Leidensdruck keine Veränderung. Dies gilt für die Arbeit mit Einzelpersonen genauso wie für die mit großen Organisationen. Auch in Organisationen muss ein ausreichender Leidensdruck bestehen, da ansonsten bei der Mehrheit der Mitarbeiter die für den Veränderungsprozess notwendigen emotionalen Voraussetzungen für eine wirkliche Umstellung der Gewohnheitsmuster nicht gegeben sind. Diese Regel folgt einem einfachen Erziehungsprinzip, auf das Eltern bei Bedarf instinktiv zurückgreifen. Wenn ein Kind ein Verhalten zeigt, das Eltern nicht akzeptieren können bzw. wollen, weil es beispielsweise durch gezielte Provokation der Geschwister den Familienfrieden stört oder die Sicherheit und Gesundheit anderer durch Werfen mit Steinen gefährdet oder auch die eigene Sicherheit gefährdet, indem es bei Rot über die Straße gehen will, dann intervenieren Eltern normalerweise nach folgendem Muster: SCHÄFER : BERATUNGSUNTERNEHMEN BEYERSTRASSE 58 TELEFON 0731-37 952-0 OFFICE@SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN:DE 89077 ULM TELEFAX 0731-37 952-29 WWW.SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN.DE Grundmuster einer elterlichen Intervention 1. Sie stören ihr Kind (z.B. durch lautes Schimpfen). 2. Sie geben dem Kind eine konkrete Vorgabe, wie es sich zu verhalten hat (im Unterschied zu dem vom Kind gezeigten Verhalten). 3. A Sie kündigen konkrete Sanktionsmaßnahmen an, falls das Kind keine hinreichende Einsicht signalisiert und die Gefahr besteht, dass es sein falsches oder problematisches Verhalten wieder zeigen wird (dabei müssen die Sanktionen immer orientiert sein an den Dingen, die im Moment für das Kind einen echten Wert darstellen wie z. B. Süßigkeitsentzug, Fernsehverbot usw.). B Sie honorieren bei erkennbaren Einsichtssignalen oder einer direkt beobachtbaren erfolgreichen Verhaltensänderung das gezeigte Neu-Verhalten sofort (Lob, Belohnung usw.). 4. Sie beobachten Ihr Kind für eine gewisse Zeit sehr genau, um bei Bedarf sofort wieder intervenieren zu können. 5. Sie beenden die Intervention erst, wenn das Kind das gewünschte Verhalten nicht nur aus eigenem Antrieb heraus zeigt, sondern z. B. dazu übergeht, das erworbene Handlungswissen an Geschwister, Verwandte und Bekannte weiterzukommunizieren. Solche Interventionsstrategien prägen auch die Arbeit in Change-Management-Prozessen, in denen es darum geht, das Arbeitsverhalten von Mitarbeitern zu optimieren, sprich Gewohnheiten zu verändern. Auch ein Mitarbeiter muss zunächst bei der Ausübung unangemessenen Arbeitsverhaltens gestört werden. Dann benötigt der Mitarbeiter eine konkrete Vorgabe, wie er sich stattdessen verhalten soll. Sobald er oder sie in der Folge das erwünschte Arbeitsverhalten zeigt, muss dies honoriert werden, sei es durch Lob, positives Feedback oder Ähnliches. Die Führungsarbeit ist erst beendet, wenn beim Mitarbeiter klar erkennbar ist, dass sich das neue Arbeitsverhalten etabliert hat. Im Folgenden soll nun gezeigt werden, mit welchen Steuerungsstrategien Gewohnheiten erfolgreich verändert werden können und wie dabei der besonderen Komplexität von Verwaltungsorganisationen Rechnung getragen werden kann. SCHÄFER : BERATUNGSUNTERNEHMEN BEYERSTRASSE 58 TELEFON 0731-37 952-0 OFFICE@SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN:DE 89077 ULM TELEFAX 0731-37 952-29 WWW.SCHAEFER-BERATUNGSUNTERNEHMEN.DE