Bildschirmsinfonien – Vom Sound der Computerspiele. Ein Corso-Spezial von Raphael Smarzoch Redaktion: Adalbert Siniawski Sendedatum: 5. Juni 2017 Atmo 1 Dead Space Spielszene (0:10) Spielbeschreiberin 1 Cluster und Dissonanzen. Elektronisch verfremdete Orchesterklänge. Lärm. Ich erkunde die Ishimura. Ein riesiges und unheimliches Bergbau-Raumschiff. Atmo 2 Dragon Age Inquisition (0:10) Spielbeschreiberin 2 Aufgeregte Streicher begleiten Kämpfe in einer Schneelandschaft. Ein heroisches Soundscape von sinfonischer Größe. Schwerter prallen auf Rüstungen, Zaubersprüche erklingen. Atmo 3 Anno 2205 Spielbeschreiberin 3 Blick von oben auf eine leere Welt. Ich muss eine Stadt bauen mit Häusern, Kernkraftwerken, Fabriken und Straßen. Zu sanften Orchesterklängen entsteht eine futuristische Siedlung, die immer größer wird. Ziel des Spiels: die Kolonisation des Mondes. Ansager Bildschirmsinfonien – Vom Sound der Computerspiele. Eine Sendung von Raphael Smarzoch Musik 1 Anno 2205 O-Ton 1 Tilman Sillescu Normalerweise schaue ich so ein bisschen nach Hollywood-Soundtracks, die mir gut gefallen müssen, und das habe ich in dem Fall auch gemacht. Ich habe mir so ein bisschen „Gravity“, „Interstellar“ von Hans Zimmer, habe mir so ein paar Soundtracks auch reingezogen. Ich lass mich dann so ein bisschen berieseln mit Musik, die für so ein Setting von anderen gemacht worden ist und nehme Sachen unbewusst auf und habe die dann irgendwie so ein bisschen drin im Hinterkopf, während ich selbst etwas komponiere. Erzähler 1 Der Komponist Tilman Sillescu von der Firma Dynamedion, die sich auf die Komposition von Computerspiel-Soundtracks spezialisiert hat, schrieb die Musik zu dem Spiel „Anno 2205“, einer Städtebausimulation, die in der Zukunft spielt. Sillescu entwickelte den Soundtrack an seinem Computer und ließ ihn dann anschließend von einem Orchester einspielen. O-Ton 2 Jon Everist There's a reason why orchestral music is still widely used in lots of different medias. There's nothing more emotive than live instruments, live players. That's something that you can get close to replicating with samples and stuff. but the human ear can hear that. there's nothing better I think for eliciting emotion than a room full of talented musicians. Overvoice: Orchestrale Musik wird nicht grundlos in verschiedenen Medien eingesetzt. Es gibt nichts, das mehr die Gefühle anspricht als Live-Instrumente und Live-Spieler. Man kann das zwar mit Samples nachbilden, aber das menschliche Gehör hört das. Es gibt nichts Besseres, um Emotionen hervorzurufen als ein Raum mit talentierten Musikern. Erzähler 2 Erklärt Jon Everist, der die Musik für „Necropolis“ oder „Shadow Run Hong Kong“ komponierte. Heutzutage sind Orchestersoundtracks in Games nichts Ungewöhnliches mehr. Das war aber nicht immer so. Computerspiele klangen früher ganz anders. Den Sound alter Games kann man im Berliner Computerspielemuseum hören. Andreas Lange, Leiter des Museums, steht vor einem schwarzen Objekt, aus dem seltsame Töne kommen. (0:18) Atmo 4 Museum O-Ton 3 Autor Das ist so eine Art Holzkasten mit einer gelben Bedienoberfläche und so zwei Knöpfen, zwei Drehrädern…. O-Ton 4 Andreas Lange …das Pong-Spiel ist ja auch ikonographisch für Videospiele überhaupt geworden, weil es eben der erste große Erfolg Anfang der 1970er Jahre war, der als Automat vor allen Dingen erfolgreich geworden ist. Und das ist ein Zweispielerspiel. Man hat einen Balken rechts, man hat ein Balken links und ein Ball in der Mitte und muss eigentlich so eine Art tischtennisähnliches Spiel spielen. Man darf den Ball nicht verpassen, man muss seinen Schläger im richtigen Rhythmus hoch und runter steuern und derjenige, der als erster 15mal hat den Ball durchgehen lassen, der ist der Verlierer. Wir hören ihn gleich mal, wenn ich ihn jetzt anmache, wie das sich damals anhörte. (Pong Sounds) Das sind jetzt genau drei Töne in dem Automaten drin. Ball treffen, Bande und Ball nicht treffen. Jetzt lass ich mal durch. (STÖRGERÄUSCH)- O-Ton 5 Autor O.K., Das war jetzt: der Ball ist nicht durch (STÖRGERÄUSCH) O-Ton 6 Andreas Lange Also, wir treffen jetzt und dann ist er noch immer an der Bande dazwischen. Musik 2 Mega Man OST (0:10) Erzähler 3 Musik in Computerspielen wurde mit der Zeit zwar anspruchsvoller, dennoch mangelte es an Rechenpower für komplexere Klangentwürfe wie das Beispiel „Mega Man“ aus dem Jahre 1987 verdeutlicht. Die Sounds entsprachen der grobkörnigen Pixelgrafik und wurden oftmals nur von einer Person programmiert. Dabei spielte die musikalische Vorbildung des Spieleentwicklers keine Rolle. (0:15) O-Ton 7 Tilman Sillescu: Es war damals wirklich gang und gäbe, dass irgendwelche Programmierer oder Freunde des Programmierers haben dann die Musik geschrieben. Es war überhaupt nicht notwendig, studiert zu haben, wirklich kompetent in dem Bereich zu sein. Dennoch sind originelle Sachen entstanden. Ich will das gar nicht abwerten. Das ist nur wirklich eine andere Welt. Und die Sachen haben damals natürlich super gepasst zu der Optik der Computerspiele, weil die Optik war ja auch damals noch sehr unperfekt. O-Ton 8 Andreas Lange Genauso ist es. Da war gar kein Budget da für einen extra Komponisten. Es war aber auch kein Bewusstsein da am Anfang, und es war auch kein Speicherplatz da, um wirklich komplexere Komposition ins Spiel einzuspielen. Insofern mussten also diese ganz frühen Sounds quasi wie Hardware-Hacks oft aus der Hardware heraus erzeugt werden. Erzähler 4 Musik komponieren bedeutete damals Programmieren. Über bestimmte Befehle konnte der Computer in einen Klangerzeuger verwandelt werden. Später wurden auch spezielle Soundchips eingesetzt, die Töne erzeugten. O-Ton 9 Karen Collins It was really about the technology and what the limitations were and what you can do with the technology at the time. So going back to 1985, you only have three channels of sound, you can only fit so many notes in, you can only do so much with it. A style kind of evolved from that. Overvoice Frühe Computerspielmusik war sehr abhängig von der Technologie und ihren Beschränkungen. 1985 konnte man nur drei Klangkanäle nutzen und deswegen auch nur eine gewisse Anzahl von Noten in der Musik unterbringen. Daraus entwickelte sich ein eigener Stil. Erzähler 5 Musikwissenschaftlerin und Game-Sound-Expertin Karen Collins zufolge erfreut sich dieser Stil auch heute noch einer großen Beliebtheit. In den sogenannten Chiptunes leben die 8-bit-Sinfonien und Lo-Fi-Computerhymnen vergangener Tage fort. Produzenten experimentieren mit alter Originalhardware oder komponieren mit digitalen Emulatoren nostalgische Retro-Soundtracks. (0:15) Musik 3 Chiptune (0:10) Erzähler 6 Jenseits dieser Nischenkultur herrscht allerdings ein ganz anderer Standard. Die virtuellen Welten sind kaum noch von der Realität zu unterscheiden und erstrahlen in hochauflösenden Bildern. Mit der grafischen Aufwertung ging auch eine Veränderung der Musik einher: Synthetische Sounds wurden gegen bombastische Orchestersoundtracks eingetauscht, so wie man sie auch aus Hollywood-Filmen kennt. (0:20) Atmo 5 Uncharted IV Spielbeschreiberin 4 Ich bin Nathan Drake, Hobby Archäologe und waghalsiger Abenteuer. Ich habe mich heimlich mit meinem Bruder und meinem alten Weggefährten Sully in ein Luxusanwesen hereingeschmuggelt. Dort wird auf einem Schwarzmarkt für exotische Fundstücke eine ganz besondere Statue versteigert. Meine Freunde und ich wollen das Objekt aber nicht kaufen, sondern heimlich stehlen. Natürlich läuft nichts nach Plan. Wie so oft in Drakes Abenteuern. Wir fliegen auf und müssen flüchten. Eine Schießerei bricht aus. Die Begleitmusik erinnert mich einen James Bond Film. Eindrücke aus dem Computerspiel Uncharted IV. (0:30) Musik 4 Spielszene aus Uncharted IV O-Ton 10 Tilman Sillescu Die Gemeinsamkeiten zwischen Film und Videospielmusik ist auf jeden Fall die Ästhetik, was auch sehr wichtig ist. Die Ästhetik ist fast immer sehr ähnlich. Wenn du einen Sandalenfilm hast, oder du hast eben ein Spiel wie „Ryse: Son of Rome“, dann orientiert sich die Ästhetik an ganz bestimmten Gesichtspunkten, und das ist fast sogar deckungsgleich. Welche Instrumente benutzt du, welche Emotionen versuchst du zu kreieren? Erzähler 7 Mittlerweile beobachtet man aber eine ganz andere Entwicklung: Musik in Computerspielen orientiert sich zwar noch immer an Film-Soundtracks. Heutiges Hollywood Kino beginnt aber auch wie Computerspiele zu klingen. O-Ton 11 Karen Collins Using a strong theme, creating mood, creating sense of character. these aspects are the same and basically the difference is just the implementation. The sound effects that they choose are very over the top. and film has been going in that direction for a while, but games rather than a gun shot they use canon sound, it is just so over the top, much more real then could possibly be real. sort of a kind of hyperreal approach to what they are presenting. they are trying to give you this real world, but the sound effects were just so surreal, they were just beyond real. Overvoice Man verwendet ein starkes Thema, kreiert Atmosphäre und ein Gespür für Charaktere. Diese Aspekte sind identisch, lediglich ihre Implementierung ist anders. Die Sound-Effekte, die verwendet werden, sind so übertrieben. In Spielen wird anstelle eines Pistolenschusses ein Kanonenschuss verwendet. Das passiert mittlerweile auch in Filmen. Es klingt viel realer als es in Wirklichkeit ist. Es ist eine hyperreale Darstellung. Sie versuchen, die reale Welt abzubilden, aber die Soundeffekte sind so surreal, sie sind echter als echt. O-Ton 12 Autor Ich bin bei Michael Schwendler in seinem Studio, und Michael Schwendler ist Sounddesigner bei Dynamedion und wird mir jetzt ein paar Eindrücke aus seiner Arbeit zeigen, wie das Sounddesign für Computerspiele funktioniert. Warum wird eigentlich dieses „larger than life“ in Computerspielen so eingesetzt? Wieso diese unglaubliche Klangpräsenz, dass die Klänge echter als echt klingen? O-Ton 13 Michael Schwendler Diese überspitzte Darstellung der Realität, das hat sich durch die Filmindustrie entwickelt, dass einfach die Sounds, wenn man sie so hören würde, nicht spektakulär genug sind, die einfach nicht diesen Kick erzeugen, dass man mit dem Geräusch versucht eine Emotion auszulösen. Stichwort, immersiv, dass man in die Computerwelt reingezogen wird und dass man einfach auch so eine Art, so ein Erlebnis hat, wenn man das hört und sieht, dass das audiovisuell einen mitnimmt. O-Ton 14 Autor Würden die Klänge jetzt nicht so hochgeboostet werden, dann würde diese Immersion nicht entstehen können? O-Ton 15 Michael Schwendler Genau, wenn ich ein Computerspiel spiele und sehe vor mir ein Gebäude einbrechen, und dann habe ich ein lautes Geräusch und der Bass rumpelt, das nimmt mich ganz anders mit. Hier haben wir ein Beispiel, das soll jetzt ein einstürzendes Gebäude sein, das kurz vor dem Einsturz ist. Das Ächzten und Quietschen des Metalls ist zu hören, dann gibt es eine Art Explosion und das Gebäude fällt in sich zusammen. Ich spiele es mal ab. Atmo 6 Sound des einstürzenden Gebäudes. O-Ton 16 Autor Und der Sound besteht aus… Wir schauen hier gerade auf den Bildschirm… aus wie viel Spuren? O-Ton 17 Michael Schwendler Aus zehn verschiedenen Spuren und keine davon ist quasi eine Aufnahme von einem einstürzenden Gebäude, sondern das sind alles Sounds, die designed wurden, um dann in der Menge die Illusion zu erzeugen, dass tatsächlich ein Gebäude einstürzt. Ich kann mal kurz die einzelnen Layer, so nennen wir das, abspielen, dass man vielleicht einen Eindruck kriegt, woraus der Sound so besteht. Ich kann vielleicht auch kurz erklären, was wir da gemacht haben. Atmo 7 Klangschicht 1 O-Ton 18 Michael Schwendler (Spricht über Sound) Das, zum Beispiel, sind jetzt Pflastersteine, die wir in einem Eimer geschüttelt haben und dann haben wir den Sound runtergepitched. Das heißt, die Abspielgeschwindigkeit wird runtergedreht und dadurch wird der Sound viel tiefer klingend und auch länger und dadurch entsteht dieses tiefe Voluminöse. O-Ton 19 Autor Ich hätte jetzt gedacht, das wäre ein Gewitter. O-Ton 20 Michael Schwendler Ah ok. Atmo 8 Klangschicht 2 O-Ton 21 Michael Schwendler Das soll jetzt simulieren, dass quasi Steine zerbersten. Das müssten meines Wissens, ich glaube, Nussschalen sein, die auch wieder runtergepitched werden oder zerbrechendes Holz. Atmo 9 Klangschicht 3 O-Ton 22 Michael Schwendler (Spricht über Sound) Das ist so der Hauptsound, würde ich mal behaupten. Das ist eine Mischung aus morschem Holz und auch wieder zerbrochenen Nussschalen. Dann gibt es Glas für die zerberstenden Glasscheiben. (SOUND IM HINTERGRUND) Da war ein Kollege auf einem Recyclinghof und hat das Abkippen von einem Glaslaster quasi aufgenommen. O-Ton 23 Autor Das bedeutet, wenn wir uns jetzt noch mal diesen Gesamtklang anhören, wenn der jetzt in so einem Computerspiel eingesetzt werden würde, dann haben wir es in Spielen niemals, wenn ein Gebäude einstürzt, ist das niemals der Klang eines einstürzenden Gebäudes, sondern immer eine Mixtur aus zig unterschiedlichen Klängen, die gar nichts mit dem Hauptklang zu tun haben? O-Ton 24 Michael Schwendler Nicht zwangsläufig aber sehr wahrscheinlich. Dass ein Sound aus mehreren Schichten besteht, ist eigentlich Standard, ob man jetzt wirklich total artfremde Geräusche dazu verwendet oder eine wirkliche Aufnahme von einem zusammenstürzenden Gebäude hat, kann man sicherlich auch, aber wir haben jetzt nicht die Möglichkeit ein zusammenstürzendes Gebäude aufzunehmen, deswegen haben wir uns quasi drum rum gemogelt. Atmo 11 Everybody’s Gone to the Rapture Spielbeschreiberin 5 Ein kleines Dorf, irgendwo in der englischen Grafschaft Shropshire. Etwas Seltsames ist hier passiert. Ich sehe keine Menschenseele weit und breit. Alles ist verlassen. Inmitten von weiten Landflächen und sonnendurchfluteten Wäldern stehen kleine pittoreske Häuser und romantische Holzhütten. Die perfekte Gegend für lange Spaziergänge. Ich erkunde diese Gegend. Sie wird von seltsamen Lichtwesen bewohnt. Die Spielwelt wirkt echt. Vögel zwitschern. Insekten summen. Der Wind rauscht durch die Bäume. Es fühlt sich tatsächlich so an, als würde ich in einem Wald stehen. Eindrücke aus Everybody’s Gone to the Rapture. (0:32) O-Ton 25 Autor Interessant finde ich aber auch, wenn man jetzt in einer Umgebung ist, so ein Ambiente hat: Man hört Hunde bellen, eine Tür knarzt, solche Sachen, man hört Wind, Blätter rascheln, und in der Natur gibt es ja auch keine Wiederholungen in dem Sinne. Ein Bach wird immer anders klingen, Blätterrascheln auch. Wie wird so etwas erzeugt? O-Ton 26 Michael Schwendler Das ist eine Mischung aus Loops, aus sich wiederholenden Klangteilen und aus einzelnen Sounds, die dann zusammengespielt werden. Wenn ich jetzt einen Wald zum Beispiel vertonen müsste, dann würde ich einmal einen Loop, eine Klangschleife verwenden, die mindestens mal eine Minute lang sein sollte und keine allzu spezifischen Einzelgeräusche beinhalten sollte. Und die Mischung erzeugt dann die Illusion, dass man sich quasi in einem lebendigen Wald befindet, wo niemals das gleiche Geräusch zu hören ist. O-Ton 27 Jon Everist If you heard something, whatever, it is a lawnmower, like repeating itself over and over again in the same way, you'd be like what the hell is going on right now. This is bizarre. And I think it is the same in games, you just kind of pick up on this weird audio cues internally and it can take you out. specially in big games that are kind of meant to be played for a long period of time it can weigh on you hearing the same sort of thing over and over again. Overvoice Wenn man beispielsweise einen Rasenmäher hört, dessen Geräusch sich unentwegt wiederholt, wird man sich sehr wundern. Das ist bizarr. Genauso ist es in Computerspielen auch. Man achtet auf seltsame Klang-Einsätze. Sie können den Spielfluss unterbrechen. Besonders in großen Spielen, die man über eine lange Zeit spielt, kann das Hören der gleichen Geräusche sehr ermüdend sein. O-Ton 28 Michael Schwendler Ich weiß ja nicht, was der Spieler macht. Wenn man jetzt zum Beispiel zehnmal hintereinander schießt, dann sollte nicht zehnmal derselbe Sound kommen. Im Film ist das unkritischer, weil man einen linearen Verlauf hat. Man kann das Geräusch setzen, man kann genau planen wie die Vertonung erfolgt. Im Spiel ist das nicht so, weil es halt komplett interaktiv ist. Musik 5 Ryse: Son of Rome O-Ton 29 Garry Schyman In a game the amount of time it takes for one player to get from one room to the next can be anywhere from a minute to ten minutes. so in a game we never know how long one player's experience will be. So we attempt to create the music in a way so that it can be interactive so that it almost feels as if the player's experience is being scored. Overvoice Im Spiel kann die Zeit, die ein Spieler braucht, um von einem Raum in den nächsten zu gehen, zwischen einer und zehn Minuten betragen. Wir wissen nicht, wie lange ein Spielerlebnis dauern kann. Wir versuchen, die Musik so zu gestalten, dass sie interaktiv ist und beide Spielsituationen untermalen kann. Es fühlt sich beinahe so an, als ob die Spielerlebnisse live vertont würden. Erzähler 8 Erklärt der Komponist Garry Schyman, der die Musik für die erfolgreiche „Bio Shock“Reihe schrieb. Wie eine Musik komponiert wird, die sich dynamisch an das Spielgeschehen anpasst, erklärt Tilman Silescu anhand des Soundtracks für das Computerspiel „Ryse: Son of Rome“. In dem Hack&Slay-Spiel begibt sich der römische Legionär Marius Titus mit Schwert und Schild in einen langen und blutigen Kampf, um den Mord an seinem Vater zu rächen. Seine Reise führt ihn auch ins Englische Dover. (0:50) O-Ton 30 Tilman Sillescu Wir haben hier das Dover Fight Theme. Du bist als Spieler in Dover gelandet, und wenn du ankommst, läuft erstmal, warte mal, ich mache sie mal alle auf... Dann läuft erstmal der Ambient-Layer... (MUSIK SPIELT) Also sehr ruhig, du bist noch nicht ganz sicher, was erwartet dich, schleichst da so ein bisschen durch und guckst, bist gerade angekommen am Hafen und wenn du auf einmal Feinde siehst irgendwo, dann ändert sich der Layer (NEUE MUSIK SPIELT). O-Ton 31 Autor Ah, OK, dann kommt das dann praktisch dazu. O-Ton 32 Tilman Sillescu Das wird übergeblendet. Die Ambient-Musik geht dann weg und das wird übergeblendet. Das passt aber noch gut genug zu dem anderen, dass man das Gefühl hat, das ist irgendwie passend. Wenn du anfängst zu kämpfen, wird es noch ein bisschen härter (KAMPFMUSIK SPIELT). Das ist das gleiche Musikstück, aber es ist einfach stärker instrumentiert, wenn du dann richtig im Kampf bist, dann geht es einfach noch ein bisschen dramatischer (DRAMATISCHE KAMPFMUSIK). Diese Stücke sind alle deckungsgleich komponiert, die laufen quasi leise nebeneinander her die ganze Zeit und je nachdem, was du gerade erlebst… Zum Beispiel, du hast einen Feind, dann hast du den Feind besiegt, dann wechselt die Musik ganz smooth in den Ambient-Layer, und dann merkst du das gar nicht richtig. Erzähler 9 Jeder Gamer wird beim Spielen eine andere Musik hören. Der Komponist legt lediglich die Rahmenbedingungen fest, die dann durch das individuelle Spielverhalten immer neu interpretiert werden. Der Spieler wird quasi selbst zum Komponisten und das Spiel zu seinem Instrument. (0:12) O-Ton 33 Karen Collins People have called players virtuosos. I mean because you need a certain level of finger dexterity to be able to play some of these games really well. So I think that there's definitely an overlap between how your muscle memory works along.. between playing a game and playing an instrument I think they are very similar in the sense that the muscle memory would work very similar. if you were an expert player of super mario brothers and I asked you to play through level 1 just using your mind... if you played that a hundred times just liked you play a song hundreds time you could probably physically be moving your thumb and finger while you are mentally playing this game in the way that you would change whatever chords you're playing on your elft hand if you're a guitar player. I think that theres a lot of similarities there between playing an instrument and playing a game. Overvoice Spieler wurden schon oft als Virtuosen bezeichnet. Man braucht ein gewisses Maß an Fingerfertigkeit, um manche dieser Games richtig gut zu spielen. Es gibt definitiv Überschneidungen zwischen der Arbeitsweise des Muskelgedächtnisses beim Computerspielen und beim Spielen eines Instruments. Falls man einen Experten für Super Mario Brothers bitten würde, das erste Level aus dem Gedächtnis heraus zu spielen, und er das Spiel schon hunderte Male gespielt hat, so wie man auch hunderte Male einen Song gespielt hat, dann könnte er seine Daumen und Finger so bewegen, als ob er das Spiel tatsächlich spielen würde. Das würde er auf eine Art machen wie man Akkorde mit der linken Hand beim Gitarre spielen wechselt. Es gibt sehr viele Gemeinsamkeiten zwischen dem Spielen eines Instruments und eines Computerspiels. Atmo 12 Proteus Atmo Spielbeschreiberin 6 Am fernen Horizont ist Land in Sicht. Ich schwebe über dem Wasser und bewege mich darauf zu. Das märchenhafte Festland weckt Neugierde und Lust, es zu erkunden. Auf dem Festland angekommen, merke ich, dass es aus lauter Klängen besteht. Jede Bewegung löst einen Sound aus. Bäume, Gräser, Pfade, Berge – alles klingt. Die Musik verändert sich je nachdem, wo ich bin gerade bin ist, in welche Richtung ich blicke oder welche Objekte ich erforsche. Seltsame Tiere leben in dieser Welt. Krabbenähnliche Wesen und Lebensformen, die wie Frösche oder Hasen aussehen. Sie springen weg, wenn ich in ihre Nähe komme und machen dabei niedliche Geräusche. Eindrücke aus dem Spiel “Proteus”. (0:35) O-Ton 34 David Kanaga Motives are triggered by the movement in a sense, it's sort of like all the different parts of the environment are constantly emanating music. and when you walk through them you get to hear that music. It's almost like it is a painting of music and if you're in one color of paint and if you're in a different color of paint you hear a different loop. it's like a big swimming pool that the player gets to swim through. In a sense triggering but in a sense it is just listening to what's already there. Overvoice Bestimmte Motive werden durch die Bewegungen des Spielers ausgelöst. Es ist so, als ob unterschiedliche Teile der Umgebung Musik ausstrahlen würden. Und wenn man durch sie hindurch läuft, hört man die Musik. Es ist wie ein Musikgemälde. Man befindet sich zunächst in einer Farbe. Wenn man eine andere betritt, hört man einen anderen Loop. Es ist wie ein großes Schwimmbad, das der Spieler durchschwimmt. Er löst musikalische Ereignisse aus, lauscht aber auch den Dingen, die bereits zu hören sind. Erzähler 10 David Kanaga schrieb die Musik für Proteus. Das Spiel wurde vom Programmierer Ed Key entwickelt. Kanaga erforscht schon seit einigen Jahren die Möglichkeiten interaktiven Musizierens mit Computerspielen. Seine Ausflüge in die Klangwelt von Proteus können auf dem Album Proteus Suites gehört werden. Heutzutage spielen in Deutschland mehr als 40% der Bevölkerung. Ein interaktiver Umgang mit Musik wird für diese Menschen immer selbstverständlicher. O-Ton 35 Karen Collins I don't know how that is going to impact us or our relationship to music, I think it definitely has already changed our relationship to music in that sense that we want to be involved with our music in ways that people were happy to just listen to music in the past and now they have tried more interactive formats. Overvoice Ich weiß nicht, wie das unser Hörverhalten oder Verhältnis zur Musik beeinflussen wird. Ich denke aber, dass es bereits passiert ist. Wir wollen heutzutage mehr ins Musikhören einbezogen werden. Früher waren die Leute glücklich, einfach nur Musik hören zu können. Mittlerweile werden interaktive Formate ausprobiert. Erzähler 11 Der Spieler wird in Proteus zum Komponisten, der seinen eigenen Soundtrack interaktiv gestaltet. Nicht nur die Filmemacher greifen auf die Möglichkeiten der Games zurück, auch zur Musikbranche ergeben sich Schnittstellen: Die Musikerin Björk entwickelte begleitend zu ihrem Album Biophilia aus dem Jahr 2011 eine interaktive App, mit der es ihren Fans möglich ist, über die Steuerung visueller Daten ihre Tracks zu remixen oder selber Musik zu machen. Biophilia ist auch ein Computerspiel, mit dem man intuitiv ohne musikalische Vorkenntnisse Musik komponieren kann. Fans werden in Zukunft eigene Versionen eines Tracks erstellen können. (0:12) O-Ton 36 Tilman Sillescu Die Idee ist natürlich interessant, dass man die Möglichkeit eventuell dem User geben könnte, bei einem ganz normalen Poptrack, dass man sagt, du kannst auch die Spuren einzeln kaufen, Schlagzeug, Bass und sonst irgendetwas und du kannst dann die BPM zahlen bei den Spuren vielleicht irgendwie anpassen und die Tonarten stehen vielleicht drin und dann kannst du irgendwie die Bassbegleitung eines AC/DC-Songs auf einen Michael-Jackson-Song produzieren und kannst bunt rummischen. Das ist eine interessante Geschäftsidee. Erzähler 12 Musik wird in Zukunft nicht mehr nur passiv konsumiert, sondern durch die Hörer aktiv mitgestaltet. Produzenten werden ihre Musik so konzipieren, dass sie sich dynamisch an die Bedürfnisse ihrer Fans anpassen kann. (0:12) O-Ton 37 Jon Everist I think Pandora might do it and maybe Spotify does it too. They have programs that analyze what you're listening now and see if that is in 60bpm and f-minor, so the next song is gonna be in relative key or something like that and a similar... it's kind of like the virtual dj, computerized dj adapting it to what you're currently listening to. Overvoice Streamingdienste wie Pandora oder vielleicht auch Spotify machen das schon. Sie haben Programme, die analysieren, was man hört. Falls ein Track 60BMP hat und in F-Moll ist, wird der nächste Song vielleicht in einer benachbarten Tonart sein. Es ist wie ein virtueller DJ, der sich an dem orientiert, das gerade gehört wird. Erzähler 13 Alben werden nicht mehr auf gewöhnlichen Speichermedien wie CDs, Schallplatten oder Kassetten veröffentlicht werden, sondern vermehrt als interaktive Apps, die erlauben, Instrumente ein- oder auszublenden oder sie mit anderen Klangerzeugern zu ersetzen. Einzelne Abschnitte eines Stücks werden sich problemlos austauschen lassen und können sogar ganz weggelassen werden. Das Musikalbum wird kein abgeschlossenes Kunstwerk mehr sein, sondern in vielen unterschiedlichen Variationen im Internet kursieren. Musik in Computerspielen zeigt schon heute wie so etwas möglich ist. (0:30) Absager Bildschirmsinfonien – Vom Sound der Computerspiele. Eine Sendung von Raphael Smarzoch Sprecher: Joachim Aich, Katharina Wolter, Bettina Scholmann Ton und Technik: Thomas Widdig Redaktion: Adalbert Siniawski Eine Produktion des Deutschlandfunks 2017