Zwischenwasser Vlbg

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Gemeinde Bundesland Seehöhe Zwischenwasser
Vorarlberg
502 bis 2004 m
Website der Gemeinde
www.zwischenwasser.at
Gemeindefläche 22,63 km²
Einwohnerzahl 3.300
Hauptwohnsitze3.123
Zweitwohnsitze
177
Gästebetten 450
Agenda-21-Gemeinde
Klimabündnisgemeinde
e5-Gemeinde
Global Marshall Plan Gemeinde
Bauberatung
Gestaltungsbeirat
Architektur Teil des Gemeindeleitbildes
Regelmäßige Erstellung von
Ortsentwicklungskonzepten
Gemeindeeigene Auszeichnungen für
gutes Bauen an die Bauherren
(Passivhausbauweise, Außenraum)
seit 2007
Auszeichnungen
→ Vorarlberger Holzbaupreis 1998 für
den Frödischsaal
→ Bauherren Preis der Zentralvereinigung
der Architekten Österreichs 2002
für Auf­bahrungsraum
und Friedhofserweiterung
→ Vorarlberger Holzbaupreis 2003, Preis
für das Probelokal Musikverein sowie
Auszeichnung für Ferienhaus S.
→ Arge Alp Preis 2004 für das Projekt
‚Phänomen Zwischenwasser’
→ Neues Bauen in den Alpen 2006,
Auszeichnung für die Frödischbrücke
→ Energieeffizienteste Gemeinde in
Europa 2009
LandLuft Baukultur-Gemeindepreis
Hauptpreisträger 2009
Zwischenwasser
Vlbg
Schwarzplan
Zwischenwasser
200 m
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LandLuft Informationen
Meilensteine Baukulturaktivitäten
Jahr
Entwicklung
→ Fachbeirat für Architektur und
Gemeindeentwicklung (seit 1992)
→ Motivation zu neuen Projekten durch
Exkursionen
→ Durchführung von Wettbewerben für
alle öffentlichen Gestaltungsaufgaben
sowie Räumliche Entwicklungsleitbilder
(Externe Jury und Gemeinderat)
→ Auswahl der Planer durch Wettbewerbe
→ Überregionale mediale Wirkung
(Beteiligung an internationaler
Wanderausstellung 'Konstruktive
Provokation')
1984 1. Korrektur des Flächenwidmungsplanes in Richtung strukturelle
Gemeindeentwicklung
1988
Planung und Errichtung der ersten solar beheizten Schule
1989 2. Korrektur des Flächenwidmungsplanes (Umwidmung Bauerwartungsfläche in Freihaltefläche Landwirtschaft)
1990
Fertigstellung der 1. Österreichischen Solarschule
1991 3. Korrektur des Flächenwidmungsplanes (Bauland wird Freihaltefläche Landwirtschaft)
1994
Frödischsaal (Sporthalle und Veranstaltungssaal mit Biomasseheizung und
Nahwärmenetz)
1997 Gründung Interessensgemeinschaft Erneuerbare Energien
1998 Gründungsmitglied e5 Programm (Energieeffiziente Gemeinden)
Errichtung einer privaten Reihenhausanlage in Passivbauweise
1998
Wettbewerb Probelokal Musikverein
1999
Fertigstellung 1.Österreichische Passivhaussiedlung (private Bauherrn)
2001
Wettbewerb Aufbahrungsraum und Friedhofserweiterung
Sanierung der Sennerei zum Mehrzweckhaus (Lebensmittelladen,
Kinderspielgruppe, Kulturraum, Feuerwehrgarage, Notwohnung)
2002
Fertigstellung Probelokal für den Musikverein
2003
Erweiterung Frödischbrücke
Fertigstellung Verabschiedungsraum und Friedhofserweiterung
2004 Solarhaus Frick
Sanierung Mitdafinerhus (Privatinitiative)
2007
Markierung Ortseinfahrt und Langsamfahrzone durch Straßenkreuzungsumbau
2008 Energieleitbild Zwischenwasser
Konzept für Erhaltung und Sanierung Armenhaus (öffentliche Nutzung)
2009
Wettbewerb Räumliches Entwicklungsleitbild für das gesamte Ortsgebiet
Zahlreiche private Familienhäuser
Zwischenwasser
Vorarlberg
Baukulturelle Entwicklung
Zwischenwasser / Vlbg
Ortsentwicklung
als Gemeinschaftswerk
v.l.n.r. Josef Mathis Bürgermeister
Leopold Drexler Gemeinderat
Josef Kühne Bauamtsleiter
Johannes Welte Gemeinderat
Robert Nesensohn Unternehmer
Hermelinde Rietzler Gemeinderätin
Rudolf Fritsch Musikverein
Wilfried Bartsch Landesraumplaner
In der Vorarlberger Gemeinde Zwischenwasser, die am Rande
des Rheintals zwischen den Flüssen Frutz und Frödisch liegt,
beginnt die Baukultur lange vor dem Bauen – sie beginnt bei
der Raumordnung. 1978, als das Credo „Wachstum“ lautete,
waren große Flächen der Gemeinde, die aus den drei Ortschaften Muntlix, Batschuns und Dafins besteht, als Bauland
oder Bauerwartungsland gewidmet. Wären diese Flächen tatsächlich bebaut worden, hätte das eine dramatische Zersiedelung bewirkt und für die Gemeinde untragbare Kosten für die
Erschließung bedeutet. Als Josef Mathis im Jahr 1980 Bürgermeister wurde, war eine seiner ersten Amtshandlungen, die
Änderung des Flächenwidmungsplans in die Wege zu leiten.
„Wir haben damit eine langfristig geordnetere Bebauung und eine bessere Zentrumswirkung in den Ortschaften erreicht“, erklärt er.
Das Verfahren dauerte viele Jahre und führte zu Klagen des
Landesvolksanwaltes beim Verfassungsgerichtshof, die jedoch
abgewiesen wurden. Die klare und mutige Entscheidung der
Gemeinde zum „Rückbau“ habe die Gemeindepolitik langfristig aufgewertet, resümiert Josef Mathis. Sie hat auch die
Voraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung und eine
außergewöhnliche Baukultur gesetzt.
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Zwischenwasser / Vlbg
LandLuft Baukultur-Gemeindepreis 2009
Initiativen willkommen
Vieles, was in den vergangenen 30 Jahren in Zwischenwasser geschehen ist, hat mit der klaren und vorausschauenden Denkweise
von Bürgermeister Mathis zu tun, aber auch mit den besonders
engagierten Bürgern. Den Ursprung hat dieses Phänomen in
den 1970er Jahren, erinnert sich Josef Mathis. Damals sei eine
Umfahrungsstraße geplant gewesen und in diesem Zusammenhang hätten sich viele Bürger artikuliert. Die Umfahrungsstraße
wurde letztlich nicht gebaut, doch es sei die Erkenntnis entstanden, dass man Probleme mit den Bürgern gemeinsam besser
lösen kann. Mathis: „Es ist manchmal mühsamer, aber langfristig
nachhaltiger und besser.“
Volks-Schule im wahrsten Sinne
Solarschule Dafins
Planung Hermann Kaufmann, Sture
Larsen, Walter Unterrainer
Baujahr 1990
Architektur soll
den Menschen,
der Landschaft
und dem Ortsbild
dienen.
Wilfried Bartsch Landesraumplanung Vlbg.
Eine der ersten Initiativen für eine neue Baukultur war jene für
die Volksschule in der Ortschaft Dafins. Dafins ist der kleinste
Ort von Zwischenwasser und hat rund 400 Einwohner. Die alte,
einklassige Volksschule wurde 1972 geschlossen, fortan wurden
die Kinder aus Dafins mit kleinen Bussen in die gemeinsame
Schule nach Muntlix gebracht. Dem Homöopathie-Arzt Leopold
Drexler, der 1982 nach Dafins gezogen war, gefiel das gar nicht.
Als sich sein ältester Sohn dem Schuleintrittsalter näherte, fragte
er in der Ortschaft, ob jemand eine Initiative zur Neugründung
einer Volksschule in Dafins unterstützen würde. Nach einigem
Zögern fand sich eine Gruppe Interessierter, die ihr Anliegen der
Gemeinde unterbreiteten und dort grundsätzlich auf Zustimmung stießen. Es wurde ein Bauplatz gefunden und ein Architektenwettbewerb durchgeführt, aus dem Hermann Kaufmann
und Walter Unterrainer als Sieger hervorgingen. Erst nach dem
Wettbewerb wurde entschieden, die Schule mit Sonnenenergie
zu heizen. Dafür konnte der Entwurf von Kaufmann und Unterrainer beibehalten werden, Architekt Sture Larsen fügte
den Solarteil hinzu.
Wilfried Bartsch
Landesraumplanung Vlbg.
Leopold Drexler
Arzt und Gemeinderat
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LandLuft Baukultur-Gemeindepreis 2009
Robert Nesensohn
Initiator Osangbrückensanierung
Zwischenwasser / Vlbg
Revitalisierung Dorfladen Sennerei
Planung Marte.Marte Architekten
Baujahr 2003
Der Entwurf war also fertig, allein, die Gemeinde hatte nicht
genügend Geld für den Bau. In Zwischenwasser gibt es nur wenige Gewerbebetriebe und deshalb nur geringe Einnahmen. Man
habe deshalb den in der Schule eingeplanten Kindergarten und
dann auch noch den Turnraum streichen wollen, erzählt Leopold
Drexler. Mehr als 50 Bewohner erklärten sich deshalb bereit,
beim Bau selbst anzupacken und damit die Kosten zu reduzieren.
Drexler: Wir sagten: „Stellt uns den Rohbau hin, den Ausbau
machen wir.“ 1990 konnte die zweiklassige Volksschule eröffnet
werden. Sie ist die erste solar beheizte Schule Österreichs und
erhielt 1992 den Staatspreis für Energieforschung.
Brücken schlagen
Die Schul-Initiative gründete in Dafins auch einen Kulturverein,
der sich unter anderem mit der Geschichte des Ortes beschäftigte. Eines der historischen Kleinode ist die Osangbrücke – eine
überdachte Fachwerkbrücke aus Holz, die über den Mühltobel
führt. Die Brücke, die ursprünglich land- und forstwirtschaftlich
genutzt wurde, diente zuletzt nur noch Wanderern und verfiel
zusehends. „Einige Bürger konnten sich dafür begeistern, die
Brücke originalgetreu zu sanieren, obwohl viele der Meinung
waren, dass man sie nicht mehr braucht“, erzählt Robert Nesensohn, der die Arbeiten koordinierte. Der große Vorteil sei gewesen, dass sich viele Leute im Ort mit Holz auskennen würden
und man unter den Freiwilligen einen Baumeister, Forstarbeiter
und andere Fachleute hatte. Durch den engagierten Einsatz kann
der Wanderweg, der über die Brücke führt, seit einigen Jahren
wieder begangen werden.
Brunnengestaltung Dafins
Planung Marte.Marte Architekten
Baujahr 2009
Ein Geschäft ist auch
ein Treffpunkt, ein Ort der
Kommunikation.
Derart ermutigt, ging man in Dafins im Jahr 2002 gleich das
nächste Projekt an: den Umbau der alten Sennerei zum Mehrzweckhaus mit Lebensmittelgeschäft, Kinderspielgruppe, Mitdafinerhus
Planung Marte.Marte Architekten
Baujahr 2004
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Zwischenwasser / Vlbg
LandLuft Baukultur-Gemeindepreis 2009
Kulturraum, Feuerwehrgarage und Notwohnung. Robert Nesensohn war vom Flair des alten Gebäudes begeistert und stellte
wieder seine Arbeitskraft zur Verfügung: „Wir konnten der Gemeinde zeigen, dass wir nicht nur von Bürgerbeteiligung reden,
wir tun es.“
Frödischsaal-Mehrzweck­gebäude mit Gastwirtschaft
Planung Hermann Kaufmann
Christian Lenz
Baujahr 1994
Bürgermeister Josef Mathis: „Wir sind eine Gemeinde mit mehr
als 3000 Einwohnern und haben praktisch kein Lebensmittelgeschäft, weil es in der näheren Umgebung viele Lebensmittelmärkte gibt und die Mobilität dorthin kein Problem ist. Deshalb haben
wir die Geschäfte, die wir hatten, verloren.“ Wenn es im Ort kein
Geschäft gebe, fehle jedoch die soziale Komponente, denn ein
Geschäft sei auch ein Treffpunkt, ein Ort der Kommunikation.
Die Gemeinde hat deshalb das Haus gekauft und den Bürgern
zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Diese haben es in unzähligen
Arbeitsstunden von Grund auf renoviert. Das Lebensmittelgeschäft, das jetzt im Erdgeschoß untergebracht ist, wird von einem
Kaufmann aus der Umgebung mit finanzieller Unterstützung
des Landes Vorarlberg betrieben und hat ein paar Stunden pro
Woche geöffnet.
Mit den Bürgern
gemeinsam kann man
Probleme besser
und nachhaltiger lösen.
Josef Mathis Bürgermeister
mit dem markanten Holzbau das Ortsbild aufgewertet und ein kommunikatives Zentrum geschaffen, das 1998 mit dem Vorarl­
berger Holzbaupreis ausgezeichnet wurde. In den Bau wurde
auch eine Biomasse-Heizung integriert, die mit Holz aus den
gemeindeeigenen Wäldern bestückt wird. Mit dieser Heizung
können im Ortszentrum von Muntlix alle öffentlichen Gebäude
und mehrere Privathäuser mit Wärme versorgt werden. Josef
Mathis: „Das war uns damals schon wichtig, weil die regionale
Wertschöpfung eine zentrale Rolle in der nachhaltigen Gemeindearbeit spielt. Angesichts der Entwicklung des Ölpreises haben
wir damit auch schon viel Geld gespart.“
Passivhauswohnanlage
Planung Walter Unterrainer
Baujahr 1997
Erneuerbare Energieträger
Die Volksschule in Dafins war nicht nur in Sachen Bürgerbeteiligung, sondern auch in Sachen erneuerbare Energieträger ein
Meilenstein für Zwischenwasser. 1994 wurde der nächste gesetzt:
In der Ortschaft Muntlix wurde der Frödischsaal errichtet, der als Sporthalle und Veranstaltungssaal genutzt wird. Die Architekten Hermann Kaufmann und Christian Lenz haben Mittlerweile gibt es in Zwischenwasser mehrere Biomasseheizanlagen und Solaranlagen, eine Photovoltaik-Anlage, ein solar­
beheiztes Schwimmbad, Passivhaus-Reihenhäuser und energie­
effiziente Einfamilienhäuser. Zwischenwasser ist seit 1998 eine
so genannte „e5-Gemeinde“, also Mitglied eines Programms für
energieeffiziente Gemeinden, Mitglied beim Klimabündnis und
unterstützt die „Global Marshall Plan-Initiative“, die sich für eine
Weltwirtschaft einsetzt, die mit Umwelt, Gesellschaft und Kultur
in Einklang steht. Es gibt ein Carsharing-Auto in der Gemeinde,
ein Nachttaxi, gute Busverbindungen, eine Mitfahr-Plattform und
sogar ein Elektrofahrrad zum Ausleihen. „Wir sind der Meinung,
dass eine Gemeinde die beste Ebene ist, um CO2-Vermeidung,
Klimaschutz und derlei mehr aktiv zu leben und den Bürgern zu
zeigen, wie man solche Dinge umsetzen kann“, sagt Josef Mathis.
Die Bemühungen zeigen Wirkung: Zwischenwasser hat nicht nur
zahlreiche Preise für Architektur- und Energie-Projekte erhalten,
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Zwischenwasser / Vlbg
LandLuft Baukultur-Gemeindepreis 2009
Unsere Idee war, wenn wir
mithelfen, können wir das
Projekt realisieren.
Johannes Welte Unternehmer und Gemeinderat
Urnenmauer
Planung Marte.Marte Architekten
Baujahr 2002
Johannes Welte Unternehmer und
Gemeinderat
Hermelinde Rietzler Bäuerin und
Gemeinderätin
Verabschiedungsraum und
Friedhofserweiterung
Planung Marte.Marte Architekten
Baujahr 2002
sondern auch eine vorbildliche CO2-Bilanz: Der CO2-Ausstoß der
Haushalte inklusive Mobilität ist in den vergangenen acht Jahren
um 6,7 % gesunken, während er in Österreich jährlich steigt.
Nicht jammern, handeln
Fast könnte man den Eindruck gewinnen, dass Dinge, die in
anderen Gemeinden ein Problem sind, in Zwischenwasser längst
gelöst sind. Ganz so ist es natürlich nicht, doch der Wille vieler
Bürger, zu handeln statt zu jammern, ist erstaunlich. Nehmen
wir die Frage „Wohnen und Betreuung im Alter“: In Dafins haben
sechs Bürger, darunter Leopold Drexler, im Jahr 2004 das alte
Ferienheim gekauft, auf eigene Kosten saniert und daraus ein
Wohnhaus mit Betreuungsmöglichkeiten und Gemeinschaftsräumen für ältere Menschen gemacht. Das „Mitdafinerhus“, wie es
jetzt genannt wird, ist ein Beispiel für eine gelungene Revitalisierung alter Bausubstanz und für qualitätsvolles Wohnen im Alter,
außerdem belebt es gemeinsam mit der gegenüberliegenden
„Sennerei“ das Ortszentrum.
Oder nehmen wir die Frage „Leistbarkeit von guter Architektur“:
Als im Jahr 2001 der Friedhof in Batschuns erweitert werden
musste, schrieb die Gemeinde einen Wettbewerb für eine neue
Totenkapelle, eine Urnenwand und die Begrenzungsmauern
aus. Das Siegerprojekt von Stefan und Bernhard Marte war aus
gestampftem Lehm geplant – sehr schön, aber auch arbeitsintensiv und deshalb teuer. Die Projektgruppe wollte den Entwurf, der
2002 den Bauherrenpreis der Zentralvereinigung der Architekten
erhielt, aber unbedingt umsetzen. Gemeinderätin Hermelinde
Rietzler hatte deshalb die Idee, im Ort nach freiwilligen Helfern
zu suchen, was ihr auch gelang. An so manchem Nachmittag
stand sie sogar selbst an der Mischmaschine und mischte auf
Anweisung des Lehmbau-Fachmanns Martin Rauch Lehm und
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LandLuft Baukultur-Gemeindepreis 2009
Architektur ist
keine
Geschmackssache.
Josef Mathis Bürgermeister
Zwischenwasser / Vlbg
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LandLuft Baukultur-Gemeindepreis 2009
Farbe oder fuhr an Wochenenden, wenn es zu regnen begann,
schnell auf die Baustelle, um die Wände abzudecken. „Mir selber
hat das sehr viel gebracht“, sagt sie, „denn ich habe den Kontakt
mit Herrn Rauch sehr geschätzt, der uns auf der Baustelle sehr
viel erzählt hat.“
Johannes Welte, damals Polizist, ließ sich sogar karenzieren und
arbeitete drei bis vier Monate lang fast jeden Tag mit. Ihn habe
die Sache mit dem Lehm so fasziniert, weil der Baustoff direkt
von der Baustelle kam und man mit kurzen Wegen und wenig
Aufwand ein so schönes Ergebnis erzielen konnte. Den Anstoß
für seinen immensen Einsatz hatte ihm ein paar Monate davor
ein Bericht im deutschen Fernsehen geliefert: „Darin sind einige
Eltern vor einer desolaten Schule gestanden und haben sich
darüber aufgeregt, dass der Zustand der Schule so schlecht sei.
Ich habe mir gedacht, die könnten mal einen Kübel Farbe und einen Besen in die Hand nehmen und selbst etwas tun.“ Johannes
Welte hat bald nach dem Friedhofsbau seinen Job als Polizist aufgegeben und sich mit einer Erdbau-Firma selbstständig gemacht.
„Architektur ist keine Geschmackssache“
Rudolf Fritsch
Obmann Musikverein
Aber nicht immer sorgt moderne Architektur in Zwischenwasser
für so große Begeisterung. Als der Musikverein „Cäcilia Batschuns“ nach jahre-, ja, jahrzehntelanger – Suche nach einem größeren
Probelokal endlich von der Gemeinde ein eigenes Haus bekommen
sollte, noch dazu ein sehr markantes Gebäude der Architekten
Marte.Marte, waren viele Vereinsmitglieder enttäuscht, erinnert
sich der damalige Obmann Rudolf Fritsch: „Den Leuten hat das
Flachdach nicht gefallen und über die Fassade haben sie gesagt:
‚In 5 Jahren machen wir da Schindeln drauf, weil das hält sicher
nicht.‘“ Trotzdem haben alle mitgearbeitet, um der Gemeinde
Baukosten sparen zu helfen. Sie seien einfach froh gewesen,
endlich einen Raum für die Proben zu bekommen, sagt Fritsch.
Heute meint er, das Haus sei architektonisch und akustisch sehr
gut gelungen. Bisher hat auch niemand heimlich Schindeln aufgenagelt – geschweige denn, dass das notwendig gewesen wäre.
Zwischenwasser / Vlbg
Probelokal für den Musikverein
Planung Marte.Marte Architekten
Baujahr 2001
Weil der Verein kein
Geld hatte, haben wir
unsere Hilfe beim Bau
angeboten.
Rudolf Fritsch Obmann Musikverein
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LandLuft Baukultur-Gemeindepreis 2009
Dorfzentrum Batschuns
Planung Marte.Marte Architekten
Baujahr 2008
„Architektur ist keine Geschmackssache“, betont Bürgermeister
Josef Mathis. Deshalb hat die Gemeinde 1992 einen Fachbeirat
bestehend aus wechselnden zwei Architekten eingerichtet, der
die Baubehörde berät. Er habe 1991 einen Vortrag von Roland
Gnaiger zu diesem Thema gehört, sagt Mathis, das habe ihn
bewogen, der Gemeindevertretung einen Architekturbeirat zu
empfehlen. Die Gemeinde Zwischenwasser hat keine Bebauungsverordnung, was bedeutet, dass jedes Bauvorhaben individuell
an seinem jeweiligen Standort zu beurteilen ist. „Das ermöglicht
der Architektur, sich zu entwickeln“, sagt Josef Mathis – und
das sei gut. Aber welche Form des Bauens ist in Zwischenwasser erwünscht oder welche wird vom Bauausschuss abgelehnt?
Die Antwort ist für Josef Mathis einfach – und gleichzeitig sehr
schwierig: „Wir wollen vor allem keine uniformierte Architektur.“
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Gemeinde Bundesland Seehöhe Haslach an der Mühl
Oberösterreich
531 m
Website der Gemeinde
www.haslach.at
Gemeindefläche Einwohnerzahl Hauptwohnsitze
Zweitwohnsitze
Gästebetten 12,43 km²
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Dorferneuerungsgemeinde
Agenda-21-Gemeinde
Klimabündnisgemeinde
Ortsplaner
Bauberatung
Arbeitsgruppe für Baukultur
Architektur Teil des Gemeindeleitbildes
Regelmäßige Erstellung von
Ortsentwicklungskonzepten
Auszeichnungen
→ European Public Sector Award der
Bertelsmann Stiftung
→ Denkmalpflegepreis des
Landes OÖ 2007
→ Die innovativste Gemeinde
Österreichs 2007
→ Seniorenfreundlichste Gemeinde
Österreichs 2008
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LandLuft Baukultur-Gemeindepreis
Preisträger 2009
Haslach
an der Mühl
OÖ
Schwarzplan
Haslach
200 m
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