Diplomarbeit Die verschiedenen Schilddrüsenerkrankungen und

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Diplomarbeit
Die verschiedenen Schilddrüsenerkrankungen und
ihre aktuellen medikamentösen Therapien
eingereicht von
Peter Samuel
Geb.Dat.: 03.06.1987
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktor der gesamten Heilkunde
(Dr. med. univ.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt am
Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie
unter der Anleitung von
Univ.-Prof.i.R. Mag.pharm. Dr.phil. Eckhard BEUBLER
Ort, Datum: Graz, 06.08.2013
Unterschrift:
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne
fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet
habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen
als solche kenntlich gemacht habe.
Graz, am 06.08.2013
Unterschrift:
I
Vorwort
Endokrinologie hat mich schon immer fasziniert. Da die Schilddrüse ein
hormonproduzierendes Organ ist und ich mich schon immer für sie interessiert
habe, habe ich mich entschieden, sie hier genauer vorzustellen. Ich selbst habe im
6.Studienjahr auf der Endokrinologiestation am LKH Graz gearbeitet. In der
Schilddrüsenambulanz bekam ich dann die verschiedenen
Schilddrüsenerkrankungen samt ihrer Diagnostik und Therapie beigebracht. Ich
durfte bei Blutabnahmen, Schilddrüsensonographien, -punktionen und
Szintigraphien dabei sein und teilweise auch persönlich durchführen. Auch bei der
Wahl der verschiedenen Therapieschemata konnte ich meinen Teil dazu
beitragen. Alles in allem war dieses Praktikum sehr lehrreich und interessant für
mich. Damit Patienten einen allgemeinen Überblick über die verschiedenen
schilddrüsenspezifischen Pharmaka bekommen, habe ich mich entschieden eine
Diplomarbeit darüber zu verfassen.
Die Fragestellung dieser Arbeit ist für Männer und Frauen gleichermaßen
bedeutsam. Daher wird zwischen den Geschlechtern nicht unterteilt. Zur
Vereinfachung wird jedoch die männliche Form beziehungsweise die
geschlechtsneutrale Formulierung verwendet. Wenn nicht ausdrücklich darauf
hingewiesen wird, um welches Geschlecht es sich handelt, sind beide
Geschlechter gleichermaßen betroffen.
II
Danksagungen
Es gibt viele Menschen, denen ich hier gerne danken möchte. Im Laufe der
Erarbeitung dieser Diplomarbeit sind mir viele Menschen zur Seite gestanden.
Natürlich kann ich hier nicht alle erwähnen, dennoch sei allen, die mich hierbei
tatkräftig unterstützt haben, gedankt.
Zuallererst möchte ich Univ.-Prof.i.R. Mag.pharm. Dr.phil. Eckhard BEUBLER,
vom Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie, herzlichst danken. Er
ist mir als Betreuer ständig zur Seite gestanden. Schon die Themenvergabe und
das Erstellen eines Konzeptformulares sind komplikationslos über die Bühne
gelaufen. Überhaupt war das Betreuungsverhältnis ein sehr Positives. Hierbei sei
auch mein Zweitbetreuer zu erwähnen: ao. Univ.-Prof. Dr.med.univ. Josef
DONNERER, auch vom Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie.
Ihm gebührt mein voller Dank.
Am Erfolg dieser Diplomarbeit sind auch meine Familie und meine Freunde
mitverantwortlich. Sie waren stets für mich da und haben mich immerfort motiviert
und inspiriert. Auch gilt mein Dank allen Studenten, die mich auf meinem Weg als
cand. med. begleitet haben.
III
Zusammenfassung
Einleitung: Um die Diagnose "Schilddrüsenerkrankung" besser zu verstehen, wird
vorerst auf die Anatomie, Histologie und Physiologie der Schilddrüse näher
eingegangen. Vor allem die Schilddrüsenhormone werden genau betrachtet. Dann
wird die Pathologie und Pathophysiologie der Schilddrüse beschrieben. Nach
Aufzählung der verschiedenen Erkrankungen, Symptome und die dafür
erforderlichen diagnostischen Untersuchungen, folgt schließlich die Auflistung der
einzelnen Therapieschemata. Diese ändern sich ständig! Darum ist es wichtig,
sich auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen. Speziell in Zeiten wie diesen,
wo Schilddrüsenerkrankungen zunehmen. Es werden also die Medikamente
genauer vorgestellt. Wirkungen, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen,
Indikationen, Kontraindikationen, Pharmakodynamik und Pharmakokinetik eines
jeden einzelnen Medikamentes sollen hier genauer durchleuchtet werden. Durch
die Zusammenschau der aktuellen Therapiemöglichkeiten bekommt der Patient
einen Überblick über die neuesten Behandlungsvarianten.
Methodik: Die Kernfrage der Arbeit besteht aus der Zusammenschau von
Literaturen, über das Thema "Schilddrüsenerkrankungen und ihre aktuellen
Therapien". Die Fragestellung lautet also: " Wie therapiert man
Schilddrüsenerkrankungen heute nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft?"
Gegebenfalls wird auf verschiedene Therapiemöglichkeiten der ein- und
derselben Schilddrüsenerkrankung näher eingegangen. Dabei wird die
Grundlagenliteratur (Anatomie, Histologie, Physiologie, Pathologie,
Pathophysiologie, Innere Medizin, Pharmakologie, Austria Codex) verwendet und
ein Zugang zu PubMed (evtl. für Studien/Reviews) für die Internetrecherche
benötigt. Auch wird versucht, die bestmögliche Therapie herauszufinden, bzw.
unterschiedliche Therapien gegenüberzustellen. Die Frage ist von Bedeutung, da
Schilddrüsenerkrankungen in der Gesamtbevölkerung zunehmen. Ich habe mich
für eine Literaturrecherche entschieden, weil die Schilddrüse als Organ ein sehr
Wichtiges ist. Die Hormone die sie sezerniert, können beispielsweise bei
Unterfunktion oder Überfunktion beträchtliche Symptome hervorrufen.
Resultate/Diskussion: Das Ergebnis, das in dieser Arbeit zu erwarten wäre, ist
eine Übereinstimmung der aktuellen Schilddrüsentherapien. Gibt es keine
IV
Übereinstimmung, wird darauf näher eingegangen und versucht die jeweiligen
Pros und Kontras gegeneinander abzuwägen und eine persönliche Meinung
abzugeben.
V
Abstract
Introduction: To understand the diagnosis „thyroid disease“ better, it will be
elaborated on anatomy, histology and physiology of the thyroid gland for now.
Especially the thyroid hormones will be examined. Then the pathology and
pathophysiology will be described. After the enumeration of the various diseases,
symptoms and the therfore required diagnostic examinations, finally the listing of
the individual therapy shemes follows. These therapy schemes change constantly!
Therfore it is important to bring oneself up-to-date. Precisely in times like these,
where thyroid diseases increase. So the drugs will be particularly introduced.
Effects, side effects, interactions, indications, contraindications,
pharmacodynamics, pharmacokinetics of every single drug should receive a
thorough examination here. By the synopsis of the currrent therapy possibilities,
the patient gets an overview of the latest treatment varieties.
Methods: The crucial question of the paper is made up of the synopsis of
literatures, about the theme: „Thyroid diseases and their current therapies“. The
interrogation reads as follows: „How does one treat thyroid diseases by the current
state of scientific knowledge?“ Where necessary, it will be elaborated on the
various therapy possibilities of one and the same thyroid disease. Thereby the
basic literature (anatomy, histology, physiology, pathology, pathophysiology,
internal medicine, pharmacology, Austria Codex) will be used and an access to
PubMed (perhaps for studies/reviews) for the internet research will be required..
Also it will be tried to figure out the optimal therapy, respectively to contrast the
diverse therapies. The question is of importance, because thyroid diseases
increase in the entire population. I have chosen the literature research, because
the thyroid as an organ, is a very important one. The hormones, which it secretes,
can, for example in the case of hypofunction or hyperfunction, evoke considerable
symptoms.
Results/Discussion: The outcome, which may be expected in this paper is an
accordance of the recent thyroid therapies. If there is no accordance, it will be
elaborated on this, it will be tried to weigh the pros and cons and to hand out a
personal opinion.
VI
Inhaltsverzeichnis
Eidesstaatliche Erklärung………………………………………………………………I
Vorwort……………………………………………………………………………………II
Danksagung…………………………………………....………………………………..III
Zusammenfassung……………………………………………………………………..IV
Abstract…………………………………………………………………………………..VI
1
2
Einleitung ......................................................................................................... 1
1.1
Anatomie der Schilddrüse ......................................................................... 1
1.2
Histologie der Schilddrüse......................................................................... 2
1.3
Physiologie der Schilddrüse ...................................................................... 4
1.3.1
Regulation der Hormonsekretion ........................................................ 6
1.3.2
Wirkungen der Schilddrüsenhormone................................................. 6
1.3.3
Calcitonin ............................................................................................ 7
Spezieller Teil .................................................................................................. 8
2.1
Euthyreote Jodmangelstruma ................................................................... 8
2.1.1
Diagnostik der euthyreoten Jodmangelstruma ................................. 10
2.1.2
Therapie ........................................................................................... 11
2.1.3
Therapie der euthyreoten Jodmangelstruma .................................... 15
2.2
Hyperthyreose ......................................................................................... 20
2.2.1
Morbus Basedow (Immunhyperthyreose, Graves’ disease) ............. 21
2.2.2
Toxischer Knotenkropf ...................................................................... 22
2.2.3
Toxisches Adenom (autonomes Adenom) ........................................ 23
2.2.4
Diagnostik der Hyperthyreose........................................................... 23
2.2.5
Therapie der Hyperthyreose ............................................................. 25
2.3
Hypothyreose .......................................................................................... 34
2.3.1
Autoimmunthyreoiditis Hashimoto (chronisch lymphozytäre
Thyreoiditis, Struma lymphomatosa) ............................................................. 36
2.3.2
Diagnostik der Hypothyreose ............................................................ 37
2.3.3
Therapie der Hypothyreose .............................................................. 40
3
Anmerkungen ................................................................................................ 48
4
Literaturverzeichnis ....................................................................................... 49
VII
Glossar und Abkürzungen
A………………………………………………………………………………………Arteria
N……………………………………………………………………………………..Nervus
T4………………………………………………………………………………..…Thyroxin
T3…………………………………………………………………………….Trijodthyronin
rT3…………………………………….……………………….....Reverses Trijodthyronin
μg……………………………………………………………………………...Mikrogramm
I- ……………………………………………………………………………...………..Jodid
Na+……………………………………………...................................................Natrium
NIS……………………………………………………………..Natrium-Jodid-Symporter
Cl-………………………………………………………………..…………………. Chlorid
PDS…………………………………………………………………………………Pendrin
TPO……………………………………………………………….……Thyreoperoxidase
NADPH……………………………………..… Nicotinamidadenindinukleotidphosphat
H2O2…………………………………………………………….…….Wasserstoffperoxid
MIT…………………………………………………………..Monojodinierte Tyrosylreste
DIT…………………………………………………………...….Dijodinierte Tyrosylreste
VIII
TSH…………………………………………………Thyreoidea stimulierendes Hormon
TBG………………………………………………………....Thyroxinbindendes Globulin
TRH……………………………………………....……Thyreotropin-Releasing-Hormon
kDa……………………………………………………………………………….Kilodalton
cAMP……………………………………………....Zyklisches Adenosinmonophosphat
ADH…………………………………….…………………….…Antidiuretisches Hormon
VLDL……………………………………………………..….Very low density lipoprotein
Ca2+……………………………………………………………….……………….Kalzium
IGF…………………………………………………………..…..Insulin-like growth factor
FGF…………………………………………………...………….Fibroblast growth factor
Cmax………………………………………………………………….Blutspiegelmaximum
tmax………………………………………….………Zeit bis zum maximalen Blutspiegel
AUC…………………………………………………………………Area under the curve
CYP…………………………………………………………...……….Cythochrom P 450
IgG……………………………………………………………….………Immunglobulin G
HLA…………………………………………………………….Human leukocyte antigen
CD4/8……………………………………………………….Cluster of differentiation 4/8
IX
TRAK…………………………………..……….Thyreotropin-Rezeptor-Autoantikörper
GNAS……………………………………..Guanine nucleotide binding protein (G
protein), alpha stimulating activity polypeptide
ZNS………………………………………………………...…...Zentrales Nervensystem
131
I………………………………………………………………….……………….131Jodid
Gy………………………………………………………………………...…………….Gray
fT4 /fT3……………………….…………………….Freies Thyroxin/freies Trijodthyronin
TPO-Ak……………………………………………………Thyreoperoxidase-Antikörper
Tg-Ak…………………………………………………….……Thyreoglobulin-Antikörper
CK…………………………………………………………………………....Kreatinkinase
X
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Histologischer Aufbau der Schilddrüse…………………………......….3
Abbildung 2: Biosynthese von T4 und T3…………………………………………........5
Abbildung 3: Knotenkropf aus einem Jodmangelgebiet…………………...……….10
Abbildung 4: Ursachen einer Hyperthyreose………………………………………...20
Abbildung 5: Prätibiales Myxödem…………………………….………………...……22
Abbildung 6: Ursachen einer Hypothyreose……………….…………………...……35
Abbildung 7: Schnittfläche einer Hashimoto-Schilddrüse………………………….37
XI
1 Einleitung
Bevor hier auf die Therapien der verschiedenen Schilddrüsenerkrankungen näher
eingegangen wird, soll die Schilddrüse noch einmal genau beschrieben werden.
Dabei werden Anatomie, Histologie und Physiologie genauer unter die Lupe
genommen.
1.1 Anatomie der Schilddrüse
Die Schilddrüse, auch Thyroidea oder Glandula thyroidea genannt, ist eine
innersekretorische Drüse. Sie ist rotbraun und leicht höckerig. Außerdem besteht
sie aus zwei birnenförmigen Lappen, dem Lobus sinister und dem Lobus dexter,
die durch den Isthmus, ein schmales Querstück, miteinander verbunden sind.
Häufig steigt auch noch ein Lobus pyramidalis vom Isthmus vor dem Kehlkopf
aufwärts. Dieser befestigt sich am Zungenbein durch einen Bindegewebsstreifen.
Natürlich besitzt die Schilddrüse auch eine innere und äußere Organkapsel. Die
innere Kapsel schickt Septen in die Tiefe der Schilddrüse. Dadurch wird sie in
Läppchen (Lobuli) unterteilt. Die äußere Kapsel, die aus mehreren Lamellen
besteht, wird auch als Capsula fibrosa bezeichnet. Sie ist dafür verantwortlich,
dass die Drüse an Kehlkopf und Luftröhre haftet. Vom Isthmus der Schilddrüse bis
zum Ringknorpel ziehen stärkere bandartige Züge. Durch lockeres
Verschiebegewebe ist die Thyroidea mit der Umgebung verbunden. Dadurch folgt
die Drüse allen Bewegungen des Kehlkopfes. Im Zwischenraum der zwei Kapseln
befinden sich die Schilddrüsengefäße und die Epithelkörperchen. Die Thyroidea
ist großen Gewichts- und Volumenschwankungen unterworfen, sodass keine
Normwerte ausgemacht werden können. [1]
Normalerweise ist die Schilddrüse am Hals weder sichtbar noch tastbar.
Halbkreisförmig umfasst die Schilddrüse die Luftröhre (Trachea). Dabei liegt das
Verbindungsstück beider Lappen, der Isthmus, vor dem 2. – 4. Trachealring. Die
Spitzen der Schilddrüse können den unteren Winkel des Trigonum caroticum
erreichen. Die zwei Seitenlappen lagern sich dem Schildknorpel bis zur Linea
obliqua, dem Ringknorpel und den 6 oberen Luftröhrenringen auf. [1] Die
Thyroidea liegt hinter dem mittleren Blatt der Halsfaszie (Lamina pretrachealis).
Die untere Begrenzung dieses Organes stellt die obere Brustkorböffnung dar. [2]
1
Die arterielle Blutversorgung der Schilddrüse funktioniert zum einen über die A.
thyroidea superior, die wiederum der A. carotis externa entspringt. Zum anderen
erfolgt die Blutversorgung über die Arteria thyroidea inferior, die aus dem Truncus
thyrocervicalis hervorkommt. Eine unpaare A. thyroidea ima kann in 10 %
bestehen. Diese stammt direkt aus der Aorta oder aus dem Truncus
brachiocephalicus. Der venöse Abfluss erfolgt sowohl über die Vena thyroidea
superior und den Venae thyroideae mediae in die Vena jugularis interna, als auch
über den Plexus thyroideus impar und die Vena thyroidea inferior in die Vena
brachiocephalica sinistra. Nodi lymphoidei findet man in der Thyroidalregion an.
Die Innervation der Drüse erfolgt parasympathisch und sensorisch durch Äste des
N. laryngeus superior und des N. laryngeus inferior. [3]
1.2 Histologie der Schilddrüse
Ungefähr 24 Tage nach der Befruchtung ist die Anlage der Schilddrüse erkennbar.
Es ist als mediane Verdickung des Endoderms am Boden des primitiven Pharynx,
ungefähr auf der Höhe des zweiten Schlundbogens, zu sehen. Genau diese
Verdickung erstreckt sich nach unten, unter der Bildung einer
Schilddrüsenknospe. Diese wächst in die Länge und kommt ventral vor dem
Zungenbein und dem Schildknorpel zu liegen. Zumindest bis zur 6. Woche ist das
Lumen der Schilddrüsenanlage eng. Diese Anlage bildet den Ductus thyroglossus,
über den sie sich mit der Zungenoberfläche verbindet. Bevor diese Knospe sich in
zwei Lappen unterteilt, wird sie kompakt und beginnt mit der histologischen
Differenzierung als mediane Schilddrüsenanlage. Während sich die rechte und
linke Knospenspitze ausdehnt und über den Schildknorpel wächst, bleibt der
mittlere Abschnitt im Wachstum zurück und bildet den Isthmus. In der 7. Woche
hat die Schilddrüse ihre endgültige Form erreicht. Dabei sollte sich der Ductus
thyroglossus zurückgebildet haben. Die proximale Öffnung dieses Ductus bleibt
aber weiter als Foramen caecum am Zungengrund bestehen. Wie bereits oben im
Anatomiekapitel erwähnt, kann aus dem Ductus thyroglossus noch ein Lobus
pyramidalis bestehen bleiben, der über Bindegewebe und glatte Muskulatur mit
dem Zungenbein in Verbindung stehen kann. Die Zellansammlung der
Schilddrüsenanlage lockert sich auf und formiert sich zu epithelialen Zellsträngen.
Dies ist möglich, weil aus dem umgebenden Mesenchym gefäßreiches
Bindegewebe einwächst. In der 8. Woche werden diese Zellstränge zu Zellhaufen
2
unterteilt. In diesen Zellen selbst bilden sich dann intrazelluläre Kanälchen
(Canaliculi), die mit Mikrovilli ausgekleidet sind. Zwischen benachbarten Zellen
verschmelzen diese Lumina zu einem großen Drüsenlumen. In der 10. Woche
kann man dann schon Kolloid und aktives Schilddrüsenhormon feststellen. Die
Zellen bilden also ein einschichtiges Epithel, das das Kolloid umgibt und die Form
adulter Schilddrüsenfollikel hat. Inzwischen sind die Abkömmlinge der 6.
Schlundtasche, des Telopharyngealkörpers, zwischen den Follikeln angekommen
und bilden die parafollikulär angeordneten, Calcitonin-produzierenden C-Zellen. [4]
Wie gesagt ziehen von der Capsula fibrosa Septen in das Innere der Schilddrüse
und unterteilen sie in Läppchen. Jedes dieser Läppchen besitzt zahlreiche Follikel.
Diese sind kugelig und haben ein Durchmesser von ungefähr 50 – 900 μm.
Außerdem sind sie von einschichtigem Epithel begrenzt. Dabei variiert die Größe
je nach Funktionszustand der Epithelzellen. Bei Hormonproduktion oder
Rückresorption des Hormones aus dem Follikellumen sind die Epithelzellen aktiv
und hochprismatisch. Während der Hormonspeicherung im Inneren des Follikels
ist jedoch das Follikelepithel abgeplattet. Der homogen strukturlos erscheinende
Inhalt der Follikel ist Kolloid (siehe Abbildung 1). Es besteht aus den von den
Epithelzellen gebildeten Hormonen, die Bestandteile des Proteins Thyroglobulin
sind. Zwischen den vielen Follikeln befindet sich Bindegewebe beziehungsweise
Stroma. Des Weiteren ist jeder Follikel von einer Basalmembran und einem
Kapillarnetz umgeben. Die parafollikulären C- Zellen sind größer und heller als die
Epithelzellen der Follikel. Diese kommen sowohl im Bindegewebe zwischen den
einzelnen Follikeln als auch zwischen den Follikelepithelzellen vor. [5,6,7]
Abbildung 1: Histologischer Aufbau der Schilddrüse [8]
3
1.3 Physiologie der Schilddrüse
Wie oben bereits erwähnt, speichert die Schilddrüse ihr Hormon extrazellulär im
Kolloid des Follikels. Dabei ist das Hormon Thyroxin (T4) das Hauptprodukt.
Dieses Hormon wird nur in der Schilddrüse hergestellt. Im Blut wird es an
Plasmaproteine gebunden und durch Dejodierung zum T3 (Trijodthyronin)
umgewandelt. Im Vergleich zu T4 ist T3 hundertfach aktiver. Außerdem wird das T4
auch zum biologisch unwirksamen reverse T3 (rT3) umgewandelt. T3 kann zu
kleinen Teilen auch von der Schilddrüse freigesetzt werden. Wenn sich das aktive
T3 an einen T3 – Rezeptor bindet, dann wirkt es direkt auf die Transkription ein. In
einigen Organen und Geweben des Organismus gibt es verschiedene DejodaseIsoenzym-Systeme, die die Aktivierung und Inaktivierung der
Schilddrüsenhormone steuern. Die Schilddrüse ist sehr von der Jodzufuhr
abhängig. Jod kann nur durch die Nahrung aufgenommen werden. Dieses dient
dann ausschließlich der Herstellung von Schilddrüsenhormonen. Da man am Tag
nicht immer die gleiche Menge Jod zu sich nimmt, gibt es eine Autoregulation und
ein System der Jodökonomie, um eine normale Schilddrüsenfunktion zu
gewährleisten. Idealerweise sollte man am Tag ungefähr 100 – 200 μg Jod zu sich
nehmen. Bevor in Österreich das Salz jodiert wurde, gab es einen erheblichen
Jodmangel in der Bevölkerung. Jodid (I-) wird durch ein Na+ - Jodid –
Symporterprotein (NIS) an der basolateralen Membran (Blutseite) in die
Epithelzelle aufgenommen. Dieser Transport ist spezifisch, hat ein Ende und ist
kompetitiv inhibierbar. Folgende Anionen können diesen Transport hemmen:
Perchlorat, Pertechnat, Thiocyanat. Gebe es einen Jodmangel, funktioniert dieser
Symport vermehrt. An der apikalen Seite wird I- mit Cl- ausgetauscht und gelangt
somit in das Kolloid. Möglich macht das der Anionenaustauscher Pendrin (PDS).
Gebe es dieses Pendrin nicht, könnte unter Umständen ein Struma entstehen. Im
Kolloid wird das Jod in die Seitenkette der zahlreichen Tyrosylreste des
Thyroglobulins eingebaut. Davor muss jedoch das Jodid durch die
Thyreoperoxidase (TPO) zu elementarem Jod oxidiert werden. Eine NADPHOxidase stellt das dazu benötigte H2O2 zur Verfügung. Bei der Jodination
entstehen zum einen monojodinierte (MIT) und zum anderen dijodinierte (DIT)
Tyrosylreste. Zwei von den dijodinierten Tyrosylresten werden zu T4 – Resten
kondensiert. Jedoch bleibt ein Teil der MITs und DITs unkondensiert. Die
Thyreoperoxidase ist ein integrales Membranprotein an der apikalen Seite der
4
Epithelzellen, auch Thyreozyten genannt. Wegen den vehement zellschädigenden
Reaktionsbedingungen an der apikalen Membran, findet die Kopplungsreaktion im
Kolloidraum statt. Dabei kann die Schilddrüsenfunktion aufgrund des
Hormonvorrats im Kolloid, bis zu 2 Monaten ohne Jodaufnahme gewährleistet
werden. Wird die Schilddrüse durch das Thyreoidea stimulierende Hormon (TSH),
das in der Hypophyse gebildet wird, stimuliert, werden die Hormone durch
Endozytose in die Epithelzellen wieder aufgenommen. Lysosomale Proteasen
bauen dann das Hormon Thyreoglobulin ab, wodurch T4 und in geringen Mengen
T3 frei wird (siehe Abbildung 2). Die größte Menge von T3 entsteht jedoch in der
Schilddrüsenzelle, in der Leberzelle oder in anderen Geweben durch Dejodierung
von T4. In das Blut wird T3 und T4 im Verhältnis von 1:10 abgegeben. [9]
Abbildung 2: Biosynthese von T4 und T3 [10]
Wie gesagt wird T4 nur in der Schilddrüse produziert und im Plasma an 3
verschiedene Plasmaproteine gebunden: Thyroxinbindendes Globulin (TBG),
Transthyretin und Albumin. Zu 1% kommt dieses Hormon im Plasma frei vor. T3
und T4 wirken jedoch nur in freier Form. Die Halbwertszeit des gebundenen T4
beträgt 7 Tage. Das Trijodthyronin (T3) entsteht extrathyreoidal in den Leberzellen
durch Dejodierung von T4. Daher befinden sich mehr als 80% des gesamten T3
5
Körperpools intrazellulär. Die Bindungsaffinität von Trijodthyronin an den
Plasmaproteinen ist geringer als die des Thyroxins. Die Halbwertszeit im Plasma
ist auch kürzer. Diese beträgt einen Tag. Jedoch wird nicht nur das T3 aus dem T4
in der Körperperipherie gebildet, sondern auch das reverse T3 (rT3). Ob jetzt T3
oder rT3 gebildet wird, hängt von der Art der Dejodase ab. Dabei unterliegen die
verschiedenen Isoenzyme der Dejodase einer für bestimmte Organe spezifischen
Regulation. [9]
1.3.1 Regulation der Hormonsekretion
Ein Regelzentrum im Hypothalamus kontrolliert die Konzentrationen von Thyroxin
und Trijodthyronin im Blut. Fallen die Werte der Schilddrüsenhormone ab, bewirkt
das eine verstärkte pulsatile Abgabe des Thyreotropin-Releasing-Hormons (TRH,
Thyroliberin, Thyreoliberin) im Hypothalamus. Dieses stimuliert wiederum durch
Aktivierung der Phospholipase C beziehungsweise durch Steigerung der
zytosolischen Kalziumkonzentration, die Ausschüttung von Thyreotropin in der
Adenohypophyse. Thyreotropin (TSH = Thyreoidea-stimulierendes Hormon) ist ein
Glykoprotein mit einer Molekülmasse von 28 kDa. Es fördert cAMP-vermittelt die
Jodaufnahme in der Glandula thyreoidea. Auch aktiviert es die Jodierung von
Tyrosin und die Kondensation von MIT beziehungsweise DIT zu Trijodthyronin
oder Thyroxin. Des Weiteren setzt TSH die Schilddrüsenhormone aus der
Speicherform Thyroglobulin durch Proteolyse frei und induziert ihre Ausschüttung
in die Blutbahn. Die Durchblutung der Schilddrüse und die Proliferation der
Epithelzellen werden auch durch TSH gefördert. Es gibt externe Reize, die für die
Hormonkonzentration eine große Rolle spielen. Kälte, psychische und physische
Belastungen stimulieren die TRH Sekretion. ADH jedoch wirkt hemmend auf die
Bildung von TRH. Bezüglich TSH kann man Folgendes sagen: Östrogene fördern
die Sekretion. Dopamin, Glucokortikoide und Somatostatin dagegen hemmen die
Sekretion eben dieses Hormones. [11] T4 aber vor allem T3 hemmt die TRHSekretion im Hypothalamus. Auch verringert sich die TRH-Rezeptordichte in der
Hypophyse, was eine verminderte Ausschüttung von TSH, T3 und T4 zur Folge
hat. Diesen Effekt nennt man negative Rückkopplung. [12]
1.3.2 Wirkungen der Schilddrüsenhormone
Die Schilddrüsenhormone regen die Proteinsynthese an. Dies ist für eine geistige
und körperliche Entwicklung unerlässlich. Vor allem die Entwicklung des Intellekts
6
ist stark von diesen Hormonen abhängig. So tragen diese während der
Hirnentwicklung für das Auswachsen von Dendriten und Axonen, sowie die
Bildung von Synapsen und Myelinscheiden einen wichtigen Teil bei. T3/T4
stimulieren, über Erhöhung der Somatotropinbildung/-freisetzung, das
Längenwachstum des Knochens, die Herstellung von Enzymen,
Transportproteinen und Rezeptoren. Sie fördern die Glucoseabsorption im Darm
die Glykogenolyse in der Leber. Des Weiteren fördern sie auch die
Glukoneogenese und die Glykolyse in verschiedenen Organen. Durch die
Stimulation der Lipolyse steigern sie die Fettsäurekonzentration im Blut. Der
Abbau von VLDL und der Umbau von Cholesterin in Gallensäuren werden auch
durch sie stimuliert. T3/T4 steigern den Umsatz von der
Bindegewebsgrundsubstanz Glykosaminoglykan und die Umwandlung von Karotin
in Vitamin A. Peripher führen die Schilddrüsenhormone zu einer Vasodilatation.
Sie sensibilisieren das Herz für Katecholamine. Dadurch steigt die Herzfrequenz
und die Herzkraft nimmt zu. Dies ist unter anderem auch auf die gesteigerte
Expression von β-Rezeptoren zurückzuführen. Die Hormone steigern den
systolischen und erniedrigen den diastolischen Blutdruck. Außerdem werden
durch sie der renale Blutfluss, die glomeruläre Filtrationsrate und die tubuläre
Transportkapazität in der Niere gesteigert. In der Haut stimulieren sie die Aktivität
der Schweiß- und Talgdrüsen, sie steigern auch die Darmmotilität und die
neuromuskuläre Erregbarkeit. Durch T3/T4 erhöht sich der Energieverbrauch.
Dadurch steigt der Grundumsatz, der die Temperaturregulation zu verstärkter
Wärmeabgabe zwingt. [10]
1.3.3 Calcitonin
Die Bildung dieses Hormons erfolgt vorwiegend in den parafollikulären Zellen (CZellen) der Schilddrüse. Es ist ein Peptidhormon, das bei erhöhtem
Kalziumspiegel im Blut ausgeschüttet wird. Jedoch ist es für die Regulation des
Kalziumhaushaltes von untergeordneter Bedeutung. Im Blut ist Calcitonin der
direkte Gegenspieler des Parathormons. Steigt der Kalziumspiegel im Blut an, so
wird Calcitonin ausgeschüttet, um ihn zu senken. Dieses Hormon steigert die
Ausscheidung von Kalzium und Phosphat in den Nieren. Auch hemmt es die Ca2+Mobilisierung aus den Knochen. Es stimuliert die Osteoblasten zum Einbau von
Kalzium und Phosphat in die Knochen und hemmt die Osteklastenaktivität. [13]
7
2 Spezieller Teil
Da die Grundlagen der Schilddrüse bereits erklärt worden sind, sollen hier die
verschiedenen Erkrankungen und ihre medikamentösen, schilddrüsenspezifischen
Therapien genauer beschrieben werden. Dabei wird auf die Pathologie,
Pathophysiologie, Pharmakologie sowie Diagnostik und Therapie der einzelnen
Erkrankungen eingegangen. Operative Verfahren werden jedoch nicht im Detail
beschrieben sondern nur erwähnt.
2.1 Euthyreote Jodmangelstruma
Das Wort Struma kommt aus dem Lateinischen und heißt Drüsenschwellung.
Dabei meint man eine Vergrößerung der Schilddrüse, die nicht neoplastischen
Ursprungs ist und die von der geschlechtsspezifischen Norm abhängt. Eine
Struma kann sich bei den verschiedensten funktionellen
Schilddrüsenerkrankungen äußern. Dabei kann sie in der Schilddrüse solide,
einseitig, beidseitig oder diffus auftreten. Früher waren Frauen häufiger betroffen
als Männer. Heute gleichen sich die Werte an. Dabei spielt Jodmangel eine
erhebliche Rolle. Es ist die häufigste Ursache einer Struma. Auf der ganzen Welt
leiden ungefähr 200 Millionen Menschen an einer Jodmangelstruma. Vor allem in
den Ländern, die vom Meer weit entfernt sind, treten diese Kröpfe auf. So auch bei
uns in Österreich. Nicht nur die Alpenregion sondern auch die Anden- und
Himalajaregion ist betroffen. Dabei spricht man von einer endemischen Struma,
wenn mindestens 10 % der Bevölkerung eines Gebietes Kröpfe aufweisen. Die
Zahl der Kröpfe hat aber rasant abgenommen, seit man die Jodierung des
Speisesalzes eingeführt hat. In manchen Ländern ist es sogar gesetzlich
vorgesehen jodiertes Speisesalz zu verkaufen (Schweiz). Dieser Umstand wird
deswegen auch Jodsalzprophylaxe genannt. Täglich sollte ein Erwachsener 180 200 μg aufnehmen. Die Tagesdosis für Schwangere oder Stillende ist ein wenig
höher: 230-260 μg. In Österreich und der Schweiz gelingt das im Großen und
Ganzen, jedoch findet man bei 30 % der erwachsenen Menschen in Deutschland
eine Struma oder einen Knoten. Man kann jedoch weder ein Nord-Süd-Gefälle
noch eine besondere Betroffenheit des weiblichen Geschlechtes feststellen. [14]
Die Pathogenese des Kropfes ist nicht nur auf einen Mechanismus
zurückzuführen. Und obwohl zum Beispiel 2 Menschen in einem Jodmangelgebiet
leben, kann einer von ihnen gesund sein und der andere eine Struma aufweisen.
8
Das heißt, dass die genetische Komponente eine bedeutende Rolle spielt. [15]
Jod ist nicht nur für die Bildung von Schilddrüsenhormonen, sondern auch indirekt
für das Wachstum der Thyreozyten (Epithelzellen) verantwortlich. Wenn genügend
Jod vorhanden ist, entstehen jodierte Abkömmlinge von essenziellen Fettsäuren
(Jodlactone) in der Epithelzellmembran. Diese inhibieren die Proliferation der
Thyreozyten über eine Inhibierung der Proteinkinase C. Es gibt andere
Jodfettsäuren, zum Beispiel das Jodhexadecanal, die spezifische Funktionen
hemmen. Ist aber wenig bis gar kein Jod vorhanden, so fällt diese Inhibierung weg
und es kommt somit zur Hyperplasie der Schilddrüse. [16] Die Wirkung von TSH
auf den Follikelepithelzellen ist bei Jodmangel verstärkt. Der autokrine
Wachstumsfaktor IGF-1 wird vermehrt exprimiert. Das wiederum ruft eine
Proliferation der Thyreozyten hervor, was letztendlich auch zum Kropf führt. [17]
Auch werden parallel parakrine Wachstumsfaktoren, wie das FGF, von den
Thyreozyten exprimiert. Dadurch wird das Wachstum der Bindegewebszellen
angeregt. Es entsteht auch eine Hyperplasie der Glandula thyreoidea. Im Laufe
der Zeit kann eine solche diffuse Schilddrüsenvergrößerung zu Knoten führen. [18]
Morphologie: Bei der Struma kommt es zunächst zu einer Hypertrophie, danach
zu einer Hyperplasie der Follikelepithelzellen. Zuerst kann die Schilddrüse diffus
vergrößert sein und ein Gewicht von bis zu 150 g erreichen. Bei der beginnenden
euthyreoten Struma sind die Follikel klein und das Kolloid gering. Später werden
die Follikellumina erweitert und die Epithelzellen flachen ab. Man spricht dann von
einer diffusen Kolloidstruma. Das Gewicht der Thyroidea kann dann 500 g
erreichen. Dieser Prozess läuft in den verschiedenen Regionen der Schilddrüse
unterschiedlich schnell ab. Dadurch kommen unterschiedlich große Follikel
zustande. Besteht so eine diffuse Struma für längere Zeit, so entsteht aus ihr fast
immer eine irreversible Knotenstruma (siehe Abbildung 3). In der Knotenstruma
selbst können kleine oder große Follikel, unregelmäßig stark ausgeprägte und
verteilte Fibrosen, Blutungen mit Hämosiderinablagerungen, Verkalkungen oder
Zysten vorkommen. Studien haben gezeigt, dass mindestens 60 % der Knoten
monoklonalen Ursprungs sind, sodass sie damit Neoplasien entsprechen. [14]
9
Abbildung 3: Knotenkropf aus einem Jodmangelgebiet [14]
2.1.1 Diagnostik der euthyreoten Jodmangelstruma
Meistens sind Strumen unauffällig, solange die Schilddrüsenfunktion noch erhalten
ist. Blutet es jedoch in eine Zyste oder in einen Knoten ein, so kann es lokal zu
einem Schmerz und einer Schwellung kommen. Bei der Palpation einer diffusen
Struma findet man eine symmetrisch vergrößerte, nicht druckschmerzhafte weiche
Drüse ohne tastbaren Knoten. Dabei definiert man eine Struma sonographisch.
Beträgt das Schilddrüsenvolumen beim Mann mehr als 25 ml und bei der Frau
mehr als 18 ml, so spricht man von einer Struma. Ist die Schilddrüse stark
vergrößert, kann sie die Trachea und den Ösophagus beeinträchtigen. Wenn sich
die Vergrößerung hinter dem Sternum befindet, spricht man von einer
retrosternalen Struma. Bei dieser Art von Struma kann das Pemberton-Zeichen
auftreten. Dieses äußert sich folgendermaßen: Ohnmachtsanfälle mit
Gesichtsschwellung und oberer Einflussstauung der externen Jugularvenen,
sobald man die Arme hebt. Dadurch wird die Schilddrüse in die Thoraxapertur
eingezogen. Entstehen diese Symptome werden eine
Lungenfunktionsuntersuchung, ein CT oder MRT zur Abklärung einer
retrosternalen Struma durchgeführt. Außerdem sollen Schilddrüsenfunktionstests
vorgenommen werden, um eine Hyper- oder Hypothyreose auszuschließen. Vor
allem beim Jodmangel kann es passieren, dass das Gesamt -T4 erniedrigt ist und
die T3- beziehungsweise TSH-Werte normal sind. Niedrige Jodspiegel im Urin (<
10
10 μg/dl) bekräftigen die Diagnose eines Jodmangels. Eine
Schilddrüsenszintigraphie ist im Allgemeinen nicht erforderlich. Erkennt man
mittels Palpation oder Sonographie Knoten, führt man eine Feinnadelpunktion
durch. Dabei sollte der auffälligste Knoten, mit Hinweisen auf Malignität,
Mikroverkalkungen, Echoarmut und Hypervaskularisation punktiert werden. [19]
2.1.2 Therapie
Bevor hier näher auf die Therapie der euthyreoten Struma eingegangen wird, soll
die Pharmakodynamik und Pharmakokinetik näher beschrieben werden.
Pharmakodynamik
Sie ist das Wissen über Wirkungen von Arzneimitteln auf den menschlichen
Organismus. Dabei erfüllt das Arzneimittel eines oder mehrere der folgenden
Zwecke:
x
Krankheiten heilen, lindern oder vorbeugen
x
körpereigene Wirkstoffe replizieren
x
Krankheitserreger oder körperfremde Stoffe eliminieren
x
Funktionen des Körpers und der Psyche beeinflussen
x
zur Diagnostik verwendet werden
Weiters wirken die Arzneimittel (Pharmaka) auch auf Zielproteine. Solche sind:
x
Enzyme
x
Transportproteine
x
Ionenkanäle
x
Rezeptoren
Leider wirken die Arzneimittel nicht immer spezifisch, sodass mit Nebenwirkungen
gerechnet werden muss. Da die Zielproteine in den verschiedenen Organen
vorhanden sein können, muss mit unerwünschten Nebenwirkungen gerechnet
werden. Daher ist es wichtig, den genauen Wirkmechanismus eines Pharmakons
zu kennen, um Wirkung, Nebenwirkung, und Kombinationsmöglichkeiten mit
11
anderen Arzneimitteln besser abschätzen zu können. Je nach Arzneimittel variiert
der Wirkmechanismus.
Dabei können Arzneimittel:
x
einen körpereigenen Stoff ersetzen und am selben Ort wie dieser angreifen
x
als Vorstufe eines körpereigenen Stoffes verabreicht werden und durch
Umwandlung im Körper aktiviert werden
x
die Wirkung eines körpereigenen Stoffes am Rezeptor hemmen
x
den Abbau eines körpereigenen Stoffes hemmen
x
die Inaktivierung körpereigener Stoffe hemmen
x
die Synthese eines körpereigenen Stoffes hemmen
x
die Aktivität eines Enzyms hemmen
x
die Aktivität eines Enzyms stimulieren
Zwischen Dosis und Wirkung eines Arzneimittels besteht ein Zusammenhang.
Dieser Zusammenhang wird am besten durch eine Dosis-Wirkungskurve
veranschaulicht. Man kann eine Dosiswirkungskurve für den gewünschten Effekt
und für den tödlichen Effekt eines Arzneimittels erstellen. Der Abstand zwischen
diesen beiden Kurven heißt „ therapeutische Breite“. Je größer dieser ist, desto
sicherer ist die Substanz.
Pharmakokinetik
Dieses Fach versucht zu erklären, wie sich die Konzentration eines Pharmakons
im menschlichen Organismus in Abhängigkeit von der Zeit verändert. Dabei
spielen Resorption, Verteilung, Biotransformation (Metabolismus) und
Ausscheidung eine wichtige Rolle. Bevor diese hier jedoch näher erläutert werden,
soll hier kurz auf einige, für die Pharmakokinetik wichtige, Ausdrücke eingegangen
werden.
Blutspiegel: Dieser Begriff veranschaulicht die zeitliche Änderung der
Konzentration eines Arzneimittels im Blut. Aus diesem Begriff lässt sich auch die
Resorptionsgeschwindigkeit, das Blutspiegelmaximum (Cmax), die Zeit bis zum
maximalen Blutspiegel (tmax) und die Ausscheidungsgeschwindigkeit berechnen.
12
Letztere wird auch Halbwertszeit genannt. Diese ist die Zeit, in der die
Konzentration im Blut auf die Hälfte des vorher gemessenen Wertes absinkt.
Dabei ist die Halbwertszeit mit der Wirkungsdauer nicht gleichzusetzen. Denn
obwohl ein Arzneimittel aus dem Blut verschwinden kann, kann es immer noch am
Rezeptor wirken.
Fläche unter der Blutspiegelkurve ( Area under the curve, AUC): Trägt man
die Konzentrationen eines Arzneimittels zu verschiedenen Zeiten auf, erhält man
eine Blutspiegelkurve des Arzneimittels. Hier gilt die Fläche unter der
Blutspiegelkurve als Maß für die Arzneistoffmenge, die im systemischen Kreislauf
verfügbar ist.
Bioverfügbarkeit: Dieser Begriff bezeichnet den Anteil eines applizierten
Arzneimittels, der im allgemeinen Blutkreislauf erscheint. Eine intravenöse Gabe
beispielsweise hat eine Bioverfügbarkeit von 100%, weil der gesamte Arzneistoff
ins Blut übergeht. Dies kann man von oralen Arzneimitteln nicht behaupten.
Bioäquivalenz: Vergleicht man 2 Arzneistoffe miteinander, so sind sie
bioäquivalent, wenn sie bei identer Dosis einen annähernd gleichen
Blutspiegelverlauf aufweisen und damit auch die AUC ident ist.
Verteilungsvolumen: Dieses Volumen ist eine fiktive Größe. Sie soll
veranschaulichen, auf welches Volumen sich eine bestimmte Dosis eines
Pharmakons verteilt hätte, wäre der menschliche Körper ein homogenes Medium.
Die Einheit dieser Größe ist: Liter/Kilogramm Körpergewicht.
First pass effect: Dies ist ein Maß für die Menge des Arzneistoffes, die nach
Aufnahme aus dem Magen-Darmtrakt bei der ersten Leberpassage
verstoffwechselt wird.
Plasmaproteinbindung: Pharmaka sind in differentem Ausmaß an
Plasmaproteine gebunden. Dabei stellt diese Proteinbindung nicht nur eine
Transportfunktion sondern auch eine Art Depotwirkung dar.
13
Resorption: Darunter versteht man die Aufnahme eines Pharmakons vom Ort der
Verabreichung in den Blutkreislauf. Die bedeutendsten Aufnahmeorte sind: Haut,
Muskelgewebe, Atmungstrakt, Mundschleimhaut und Magen-Darmtrakt.
Verteilung: Nach der Aufnahme wird das Arzneimittel im ganzen Körper verteilt.
Nach den Eigenschaften des Pharmakons verteilt sich ein Arzneistoff in
Lipidstrukturen oder in wässrigen Körperarealen.
Elimination: Darunter versteht man alle Prozesse, die zur Entfernung eines
Pharmakons aus dem menschlichen Organismus beitragen. Die Elimination
beinhaltet den Abbau, die Verstoffwechselung und alle Arten der Ausscheidung
eines Pharmakons. Dabei bedeutet Verstoffwecheslung (Metabolismus), die
biochemische Umwandlung eines Arzneimittels in eine unwirksame wasserlösliche
Form. Die wichtigste Ausscheidungsform ist die renale Elimination, sofern der
Metabolit wasserlöslich ist.
Metabolismus: Die Umwandlung und Verstoffwechselung der Arzneistoffe erfolgt
vorwiegend in der Leber und in der Darmmukosa. Dabei unterscheidet man zwei
Haupttypen: 1) nicht-synthetische Reaktionen (Phase I), 2) synthetische
Reaktionen (Phase II)
1) Nicht synthetische Reaktionen: Diese umfassen Oxidation, Reduktion,
Hydrolyse, Desaminierung und Dealkylierung. Diese Vorgänge finden mit Hilfe
sogenannter Cytochrom P 450 (CYP) Enzyme statt.
2) Synthetische Reaktionen: Hier werden Pharmaka oder Phase I – Metabolite
unter Mithilfe von Phase II – Enzymen mit körpereigenen Stoffen wie
Glucuronsäure, Schwefelsäure, Glycinsäure oder Essigsäure konjugiert. Dabei
entstehen wasserlösliche Verbindungen wie Ester, Amide oder Glucuronide.
Dadurch werden die verschiedenen Pharmaka unwirksam und
ausscheidungsfähig gemacht.
Clearance: Diese Größe bezeichnet die totale Elimination aus dem Organismus
(totale Clearance). Es ist ein fiktives Maß. Sie stellt das Volumen der
14
Kreislaufflüssigkeit in Millilitern dar, welches in der Zeiteinheit (pro Minute) durch
die Funktion aller Ausscheidungsorgane von einem Arzneistoff befreit wird. [20]
2.1.3 Therapie der euthyreoten Jodmangelstruma
Da bei diesem Krankheitsbild keine Hormonveränderungen vorliegen (euthyreot),
wird hier Jod als Therapeutikum verabreicht. In Österreich heißt der
Handelsname: Jodid® `Merck` 100 μg – Tabletten. Wie bereits oben erwähnt,
besteht ein täglicher Jodbedarf von 180 μg – 200 μg. In der Schwangerschaft und
in der Stillzeit beträgt er mehr (230-260 μg). Ist die Jodzufuhr unzureichend, kann
eine Jodprophylaxe mit 5 g jodiertem Kochsalz täglich erforderlich sein. Diese
entspricht einer Zufuhr von 100 μg Jod. Ist dies nur schwer zu erreichen kann man
alternativ Kaliumjodidtabletten täglich in einer Dosis von 100 μg -200 μg
schlucken. Ziel der medikamentösen Therapie ist die Verkleinerung der Thyroidea.
Durch diese Therapie bildet sich der Kropf zurück. Nach 6-12 Monaten lässt sich
eine Volumenreduktion der Schilddrüse von 25-40% feststellen. Danach ist eine
Rezidivprophylaxe mit 100 μg Jodid/Tag erstrebenswert. Sind die Patienten jung
oder die Strumen klein bis mittelgroß und diffus, ist diese Therapie sehr
erfolgversprechend.
Sind die Patienten allerdings über 40 Jahre oder schwanger so ist es sehr
wahrscheinlich, dass sich auch ein Hormonmangel eingestellt hat. Daher ist es
wichtig hier eine Kombination aus Jodid und Thyroxin zu verabreichen. Durch die
zusätzliche Gabe von Thyroxin nimmt der TSH-Spiegel ab. Es kommt damit zu
einer Rückbildung der Zellhypertrophie und zu einer verminderten Durchblutung.
Um eine effektive Rückbildung von Hypertrophie und Hyperplasie zu
gewährleisten, sind sowohl eine Reduktion des TSH-Spiegels als auch eine
Erhöhung des Jodgehaltes in der Schilddrüse erforderlich. Neuere klinische
Studien bestätigen die Effektivität dieses Therapieschemas bei Jugendlichen und
Erwachsenen bis zum 40. Lebensjahr. Solange die Therapie läuft, sollte der TSHSpiegel gemessen werden. Dieser sollte im unteren Normbereich liegen (0,3-1,2
μU/ml). In Österreich gibt es hier wiederum nur ein Präparat: Jodthyrox®.
Sind die Strumen sehr groß und damit ein Störfaktor für die Funktion benachbarter
Organe, ist eine Operation notwendig. Gibt es aber Kontraindikationen für eine
Operation, muss eine Radiojodtherapie in Erwägung gezogen werden. [21,22]
15
In der Zusammenschau der verschiedenen pharmakologischen Literaturstellen,
konnte feststellt werden, dass die Therapie der euthyreoten Struma ident ist.
Lediglich eine Monotherapie mit Levothyroxin wurde aus einigen Quellen
herausgefiltert. Diese Therapie ist aber nicht kausal. Die Hyperplasie der Glandula
thyreoidea bleibt von dieser Monotherapie unbeeinflusst, der Jodmangel besteht
weiterhin. Aus klinischen Daten geht daher hervor, dass eine Monotherapie mit
Levothyroxin nicht ausreichend ist. [22, 23]
Anbei soll auf die 2 Jodpräparate eingegangen werden, die in Österreich im
Handel sind. Dabei werden Wirkungen, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen,
Indikationen, Kontraindikationen, Pharmakodynamik und Pharmakokinetik
genauer durchleuchtet.
Jodid® `Merck` 100 μg
Eine Tablette enthält 130,8 μg Kaliumjodid. Das entspricht 100 μg Jod. Sonstige
Bestandteile sind: Magnesiumstearat, mikrokristalline Cellulose, hochdisperses
Siliciumdioxid, Maisstärke, Cellulosepulver und Lactosemonohydrat. [24]
Wirkung: Eine Jodsubstitution beendet den Grund einer euthyreoten
Jodmangelstruma. Der intrathyreoidale Jodgehalt wird normalisiert und damit eine
Verkleinerung des Kropfes hervorgerufen. [22]
Indikation: Dieses Medikament ist für die Behandlung des Jodmangelkropfes bei
Neugeborenen und Kindern zugelassen.
Kontraindikation: Diese sind: Manifeste Hyperthyreose, latente Hyperthreose bei
einer Dosierung über 150 μg Jodid/Tag, autonomes Adenom der Schilddrüse
sowie fokale und diffuse Schilddrüsenautonomien und Überempfindlichkeit
gegenüber dem Wirkstoff oder einem der sonstigen Bestandteile. Vor der
Verabreichung dieses Medikamentes ist also eine gezielte Diagnostik wichtig.
Dabei sollen diffuse oder fokale Autonomien ausgeschlossen werden, weil sonst
bei einer Gabe von Jodid über 150 μg/Tag eine Hyperthyreose verursacht werden
kann.
16
Wechselwirkung: Behandelt man gleichzeitig den Patienten mit Lithium und
hohen Jodiddosen (>1mg/Tag) können eine Struma und eine präbeziehungsweise klinische Hypothyreose entstehen.
Nebenwirkung: Wie bereits erwähnt kann bei großen autonomen Arealen der
Schilddrüse eine Hyperthyreose manifest werden, wenn man mehr als 150 μg
Jodid/Tag zu sich nimmt. Sind Patienten disponiert für eine
Autoimmunerkrankung, können sich Thyreoperoxidaseantikörper entwickeln.
Pharmakodynamik: Nachdem die Epithelzellen der Schilddrüsenfollikel Jodid
aufgenommen haben, folgt eine Oxidation durch das Enzym Thyreoperoxidase
(TPO). Dadurch entsteht elementares Jod. Ein Teil des Tyrosinrestes des
Glykoproteins Thyreoglobulin wird an Position 3 und 5 des aromatischen Ringes
jodiert. Durch oxidative Kondensation verbinden sich die jodierten Tyrosinreste
zum Thyroningerüst. Es entstehen dabei Thyroxin und Trijodthyronin.
Physiologische Jodidmengen (bis 300 μg/ Tag) beugen einer euthyreoten
Jodmangelstruma vor.
Pharmakokinetik: Das anorganische Jodid wird nach Nahrungsaufnahme fast
vollständig im Dünndarm resorbiert. Das Verteilungsvolumen beträgt im Mittel 23
Liter (38% des Körpergewichts). Der Serumspiegel liegt bei etwa 0,1-0,5 μg/dl.
Jod wird in der Glandula thyroidea, der Brustdrüse, dem Magen und den
Speicheldrüsen angereichert. Im Speichel, Magensaft und in der Muttermilch ist
Jod im Vergleich zum Plasma in 30-facher Konzentration vorhanden. Indikator für
die ausreichende Jodidzufuhr ist der Jodidgehalt im Urin (Einheit: μg/g Kreatinin).
Dieser korreliert mit der täglichen, nahrungsbedingten Jodidzufuhr. [24]
Jodthyrox®
Eine Tablette enthält 100 μg Levothyroxin-Natrium und 131 μg Kaliumjodid
(enthalten 100 μg Jod). Sonstige Bestandteile sind: mikrokristalline Cellulose,
Gelatine, Croscarmellose-Natrium und Magnesiumstearat. [24]
17
Wirkung: Durch die zusätzliche Gabe von Thyroxin nimmt der TSH-Spiegel ab.
Es kommt damit zu einer Rückbildung der Zellhypertrophie und zu einer
verminderten Durchblutung. Um eine effektive Rückbildung von Hypertrophie und
Hyperplasie zu gewährleisten, sind sowohl eine Reduktion des TSH-Spiegels
mittels Thyroxin, als auch eine Erhöhung des Jodgehaltes in der Schilddrüse
erforderlich. [22]
Indikation: Dieses Präparat ist für die Behandlung der Struma mit bestehendem
Jodmangel und zur Rezidivprophylaxe nach Operation einer Jodmangelstruma
geeignet.
Kontraindikation: Diese sind: Autonome Areale beziehungsweise Adenome der
Schilddrüse, Struma nodosa, Hyperthyreose jeglicher Genese, nicht kompensierte
Nenbennierenrindeninsuffizienz, Myokardinfarkt, Angina pectoris, Myocarditis,
Pancarditis, tachykarde Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen, echte
Jodallergie, Dermatitis herpetiformis Duhring und Überempfindlichkeit gegen einen
der Wirkstoffe oder einen der sonstigen Bestandteile. Auch können
Schilddrüsenhormone die Glucoseresorption sowie Insulinsekretion und –
empfindlichkeit beeinflussen. Daher ist es wichtig den Blutzuckerspiegel, in der
Initialphase der Therapie mit Jodthyrox®, regelmäßig zu kontrollieren.
Wechselwirkung: Jodthyrox® kann den Effekt von Cumarinderivaten erhöhen. Es
kann daher zu einer verstärkten Blutgerinnungshemmung kommen. Wie oben
bereits erwähnt kann die Einnahme von Levothyroxin zu einer Veränderung der
Glucoseresorption führen. Es kann auch die Wirkung von Antidiabetika
vermindern. Eine Dosisanpassung ist daher erforderlich. Auch die Wirkung von
Digitalispräparaten kann verringert werden.
Folgende Wirkstoffe können die Wirkung von Levothyroxin verstärken: Salicylate,
Dicumarol, Furosemid (in hohen Dosen), Clofibrat und Phenytoin.
Folgende Wirkstoffe können die Wirkung von Levothyroxin vermindern:
Ionenaustauscher (Colestyramin, Colestipol), aluminiumhaltige Arzneimittel,
Eisensalze, Calciumcarbonat, Sevelamer, Tyrosinkinaseinhibitoren (Imatinib,
18
Sunitinib), Sertralin, Chloroquin/Proguanil, Barbiturate, Carbamazepin, Östrogene.
Amiodaron, Propylthiouracil, Glucokortikoide, β-Sympatholythika und jodhaltige
Kontrastmittel hemmen die periphere Konversion von T4 zu T3. Zusätzlich kann
Amiodaron eine Hyper- beziehungsweise Hypothyreose hervorrufen.
Nebenwirkung: Normalerweise entstehen bei sachgemäßer Verwendung von
Levothyroxin keine Nebenwirkungen. Erhöht man aber die Dosis zu schnell
können Symptome, wie sie bei der Hyperthyreose vorkommen, auftreten. Diese
können sein: Tachykardie, Palpitationen, kardiale Arrythmien, Angina pectoris,
Fieber, Erbrechen, Menstruationsstörungen, Pseudotumor cerebri, Tremor,
Hyperhidrosis, erhöhte Nervosität, Gewichtsabnahme, Diarrhoe, Kopfschmerzen,
Muskelschwäche und Muskelkrämpfe.
Pharmakodynamik: Das Schilddrüsenhormon, welches in Jodthyrox® enthalten
ist, entspricht von der Wirkung her, dem endogen produzierten T4. In der
Schilddrüse werden die Hormone T4 und T3 gebildet und gelangen ins Blut im
Verhältnis 10:1. T4 wird in der Peripherie zu T3 konvertiert. Dieses T3 ist viel
wirksamer als das T4. Der zelluläre Wirkmechanismus der Schilddrüse besteht in
der Proteinsynthese und in der Enzymaktivierung. Bei physiologischer
Hormonwirkung kommt es zu einem Zellwachstum und einer – differenzierung,
Steigerung des Energieumsatzes, Temperaturregulation und Beschleunigung der
Stoffwechselprozesse. Durch die Erhöhung des Hormonspiegels mittels
Jodthyrox®, wird der TSH-Spiegel im Blut durch einen negativen
Feedbackmechanismus erniedrigt. Durch die Gabe von Levothyroxin nimmt TSH
also ab und die Vergrößerung der Schilddrüse geht zurück. Die Struma bildet sich
zurück. Pharmakodynamik von Jodid: (siehe Jodid ’Merck’ 100 μg)
Pharmakokinetik: Dieses Präparat wird auf nüchternem Magen eingenommen.
Levothyroxin wird im Dünndarm mit einer biologischen Wirksamkeit von 76- 85%
resorbiert. Nach 5-6 Stunden ist die Levothyroxinkonzentration im Blut am
höchsten. Der Wirkungseintritt erfolgt nach 3-5 Tagen. Im Blut liegt Levothyroxin
zu 99,7% an Serumproteinen gebunden vor. Die Halbwertszeit von T4 beträgt 7
Tage. Bei Hyperthyreose beträgt sie 6 Tage und bei Hypothyreose 8 Tage. Das
Verteilungsvolumen beträgt ungefähr 10 – 12 Liter. 1/3 des gesamten
19
extrathyreoidalen Thyroxins findet man in der Leber an. Das wirksamere T3
entsteht durch enzymatische Dejodierung von T4. Inaktiviert werden die
Schilddrüsenhormone in der Leber durch Konjugation. Über den Urin und den
Stuhl werden die Abbauprodukte ausgeschieden. Die gesamte Clearancerate von
Levothyroxin beträgt 1,2 l Plasma/Tag. Pharmakokinetik von Jodid: (siehe Jodid
’Merck’ 100 μg) [24]
2.2 Hyperthyreose
Eine Hyperthyreose ist eine erhöhte Sekretion der Schilddrüsenhormone T3 und
T4. In Gebieten, wo die Jodversorgung adäquat ist, ist die häufigste Ursache einer
Hyperthyreose der Morbus Basedow (Immunhyperthyreose). Herrscht jedoch
Jodmangel so ist die häufigste Ursache ein toxischer Knotenkropf. Ein toxisches
(autonomes) Adenom der Schilddrüse kann auch Ursache einer persistierenden
inadäquat erhöhten Sekretion von Thyroxin und Trijodthyronin sein (siehe
Abbildung 4). Die Hyperthyreose kommt zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr
gehäuft vor. Die Prävalenz beträgt 1-3% bei der Frau und 0,1% beim Mann.
Abbildung 4: Ursachen einer Hyperthyreose [14]
20
2.2.1 Morbus Basedow (Immunhyperthyreose, Graves’ disease)
Diese Erkrankung ist eine generalisierte Autoimmunerkrankung die thyreoidale
und extrathyreoidale Manifestationen hat. Thyreoidal ist Morbus Basedow durch
eine Hyperthyreose und einer diffusen Struma gekennzeichnet. Extrathyreoidal
entsteht eine endokrine Orbitopathie, ein Myxödem und eine Akropathie. Die
primäre Ursache dieser Erkrankung ist jedoch nicht geklärt. Klar ist, dass die
Entstehung von einer Immunhyperthyreose multifaktoriell bedingt ist. Neben einer
genetischen Prädisposition aufgrund einer Überexpression von HLA-B8 und HLADR3, tragen andere Faktoren zur Krankheitsentstehung bei. So zum Beispiel eine
Reihe von immunologischen Mechanismen, psychosoziale Faktoren und
Umwelteinflüsse wie: Nikotinabusus, Jodkontamination, virale Infektionen,
negativer Stress, immunstimulierende Medikamente (Interferon-Gamma oder
Interleukin-2) oder Selenmangel.
Bei prädisponierten Personen ist wahrscheinlich ein Autoimmunprozess durch
eine Immunantwort gegen virale oder bakterielle Antigene für diese Krankheit
verantwortlich. Dabei ähneln diese Antigene den Antigenen in der Schilddrüse, wie
zum Beispiel der humane TSH-Rezeptor. Funktioniert die Selbsttoleranz dieser
Antigene nicht mehr, können aktivierte autoreaktive Lymphozyten (CD4- und CD8T-Lymphozyten) über bestimmte Adhäsionsmoleküle in die Schilddrüse gelangen.
Dort erkennen diese T-Lymphozyten Schilddrüsenantigene, die von dendritischen
Zellen, Makrophagen, B-Lymphozyten und HLA-DR-exprimierenden
Follikelepithelzellen präsentiert werden. Von T-Lymphozyten wird dann
anschließend eine humorale Immunantwort in die Wege geleitet, die zur
Ausreifung von Plasmazellen und zur Bildung spezifischer Antikörper gegen
Schilddrüsenantigene führt. Solche Antigene wären dann die TSH-Rezeptoren, die
Thyreoperoxidase und das Thyreoglobulin. Der Antikörper gegen den TSHRezeptor heißt TRAK. Je nach Bindungsaffinität und –spezifität kann dieser TRAK
den TSH-Rezeptor stimulieren oder blockieren. Stimulierende TRAK aktivieren
verschiedene intrazelluläre Signalwege. Dadurch wird die Jodaufnahme, die
Bildung und Freisetzung von Schilddrüsenhormonen T3 und T4 sowie das
Schilddrüsenwachstum stimuliert. [14,18]
21
TSH-Rezeptoren sind auch auf Präadipozyten und Fibroblasten der Orbita
vorhanden. Durch TRAK werden auch diese stimuliert. Dadurch kommt es zu
einer Hypertrophie und Hyperplasie des retroorbitalen Fettgewebes mit der Folge
eines Exophthalmus. Die Fibroblasten werden auch zu einer gesteigerten
Glykosaminoglykansynthese angeregt, was zu einer Volumenzunahme nicht nur
des Retroorbitalgewebes sondern auch des prätibialen Gewebes führt. Dies nennt
man Myxödem (siehe Abbildung 5). [25]
Abbildung 5: Prätibiales Myxödem [14]
Morphologie: Die Glandula thyreoidea ist diffus vergrößert und verstärkt
vaskularisiert. Schneidet man die Schilddrüse, so ist diese Schnittfläche weiß und
rotbraun. Unter dem Mikroskop findet man eine diffuse Hyperplasie des
Parenchyms. Die Follikel sind klein und die Follikelepithelzellen hochzylindrisch.
Im Bindegewebe kann man lymphozytäre Infiltrate und Lymphfollikel feststellen.
2.2.2 Toxischer Knotenkropf
Diese Erkrankung weißt darauf hin, dass sich autonome Areale/Knoten im
multinodösen Kropf befinden. Man spricht daher auch von einer disseminierten
Autonomie. Dabei sind nicht alle Knoten hyperfunktionell. Manche sind normoandere wiederum hypofunktionell. Jedoch überwiegen im toxischen Knotenkropf
die hyperfunktionellen Knoten. Die Pathophysiologie ist noch nicht völlig geklärt,
allerdings können aktivierende Punktmutationen im TSH-Rezeptorgen oder des
GNAS-Gens zur Entstehung von hyperfunktionellen Arealen/Knoten führen.
22
2.2.3 Toxisches Adenom (autonomes Adenom)
Ein Adenom ist ein gutartiger Tumor. Die Follikelepithelzellen sind differenziert.
Allerdings produziert dieses Adenom Schilddrüsenhormone, ohne adäquate
Kontrolle durch TSH. Das bedeutet, dass auch in Abwesenheit von TSH,
überschießend T3 und T4 gebildet werden. Dies kommt daher, weil die Zellen
durch Mutationen aktivierte TSH-Rezeptoren besitzen. Bis jetzt sind 55
aktivierende Punktmutationen des TSH-Rezeptorgens bekannt. Auch bei
Mutationen des GNAS1-Gens kommt es zur übermäßigen Produktion und
Sekretion von Schilddrüsenhormonen.
Neben den oben erwähnten häufigen Ursachen gibt es auch seltenere Ursachen
einer Hyperthyreose. Diese wären: Amiodaron-induzierte Hyperthyreose, Jodinduzierte Hyperthyreose, iatrogene Schilddrüsenhormonzufuhr (Thyreotoxicosis
factitia), Schilddrüsenkarzinome, TSH-produzierendes Hypophysenadenom,
Chorionkarzinom. Eine transiente Hyperthyreose entsteht nach Radiojodtherapie
oder bei einer subakuten Thyreoiditis (Thyreoiditis de Quervain). [14,18]
2.2.4 Diagnostik der Hyperthyreose
Anbei soll näher auf die Diagnostik der 3 Hauptursachen der Hyperthyreose
eingegangen werden. Diese wären Morbus Basedow, toxischer Knotenkropf und
autonomes Adenom.
Diagnostik des Morbus Basedow
Die Symptome der Hyperthyreose kommen aus der Wirkung der
Schilddrüsenhormone zustande. Allgemeine Symptome einer Hyperthyreose sind:
Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen, Schwitzen, Wärmeintoleranz,
Gewichtsabnahme, nächtlich auftretendes Herzrasen und Tachyarrhythmien.
Neben den allgemeinen Symptomen der Hyperthyreose können bei einem Morbus
Basedow folgende Symptome hinzukommen: Merseburger-Trias:
Exophthalmus, Struma, Tachykardie. Seltener, jedoch mitunter typisch für die
Immunhyperthyreose ist das prätibiale Myxödem. Mögliche Komplikation eines
Morbus Basedow ist die thyreotoxische Krise. Diese kann ausgelöst werden
durch:
23
x
Jodexposition bei vorbestehender funktioneller Autonomie (zum Beispiel
jodhaltige Kontrastmittel, Medikamente)
x
Intensive Manipulation am Halsbereich
x
Operationen bei einem Morbus Basedow Patienten, der präoperativ nicht
euthyreot eingestellt war
x
Exsikkose
Die thyreotoxische Krise ist lebensbedrohlich. Da der Patient in solch einer
Situation viel Wasser verliert, führt dies zu einer starken Gewichtsreduktion.
Weiters können Erbrechen, Durchfälle, Schweißausbrüche, Pulsanstieg (auf 140160 Schläge/min) und Körpertemeraturanstieg (auf 41°C) vorkommen. Auch
Symptome des zentralen Nervensystems, wie Erregungszustände,
Halluzinationen, delirantes Zustandsbild bis zum thyreotoxischen Koma können
auftreten.
Anhand der Anamnese und der Inspektion kann man eine Immunhyperthyreose
feststellen, solange die Symptome eindeutig sind. Jedoch dienen die
Laborparameter der Bestätigung. Ist der Morbus Basedow manifest, findet man
erhöhte periphere Schilddrüsenhormonspiegel (freies T3 und freies T4). TSH ist
jedoch supprimiert. Sind auch noch die TSH-Rezeptor-Autoantikörper (TRAK)
positiv, ist die Diagnose eines Morbus Basedow gesichert. Die ThyreoperoxidaseAntikörper fallen aufgrund der generalisierten Autoimmunerkrankung ebenfalls
häufig positiv aus. Leider kann der Antikörpernachweis, trotz bestehender
Immunhyperthyreose, negativ ausfallen. In der Schilddrüsensonographie findet
man ein diffuses, echoarmes Bild vor. Kann weder ein Exophthalmus noch eine
Antikörperpositivität festgestellt werden, hilft eine Kombination aus Sonographie
und Szintigraphie weiter. Bei fokaler Autonomie beispielsweise kann die
Szintigraphie zeigen, ob es sich um einen warmen oder kalten Knoten handelt.
Diagnostik des autonomen Adenoms und des toxischen Knotenkropfes
Normalerweise macht weder der toxische Knotenkropf noch das autonome
Adenom Beschwerden. Lediglich bei größeren Adenomen kann man lokal einen
Druck verspüren. Treten vegetative Symptome, Tachykardien, Herzarrhythmien
auf, ist an ein autonomes Adenom oder an einen toxischen Knotenkropf als
mögliche Ursache zu denken. Außerdem können allgemeine Symptome einer
24
Hyperthyreose auftreten (siehe Diagnostik des Morbus Basedow). Diagnostisch
sind Anamnese, Inspektion und Schilddrüsenparameter von Bedeutung. Dabei
sind freies Thyroxin und freies Trijodthyronin erhöht. Das TSH ist erniedrigt. Da es
sich im Gegensatz zur Immunhyperthyreose nicht um einen Autoimmunprozess
handelt, sind die Schilddrüsenantikörper negativ. Sonographisch zeigt sich das
autonome Adenom echoarm. Im Zentrum dieses Adenoms kann ein echofreier
Bezirk vorliegen. Dabei handelt es sich um eine zystische Umwandlung des
Gewebes. Ein toxischer Knotenkropf stellt sich in der Sonographie inhomogenfleckig dar. Um zu sehen ob ein Adenom oder mehrere Knoten hormonell aktiv
sind, eignet sich die Schilddrüsenszintigraphie. Dabei werden hormonell aktive
Areale als „heiße“ und hormonell inaktive (minderspeichernde) Bereiche als „kalte“
Knoten bezeichnet. Im Falle eines autonomen Adenoms oder eines toxischen
Knotenkropfes handelt es sich also um einen heißen oder mehrere heiße Knoten!
Bei der Szintigraphie wird ein Isotop mit kurzer Halbwertszeit verabreicht (zum
Beispiel 99mTechnetium-Pertechnetat). Dieses wird wie Jodid von den
Follikelepithelzellen aufgenommen und gespeichert. Der Vorgang wird mit einer
Gammakamera in ein Bild umgesetzt. Ist die Speicherung unregelmäßig und die
Schilddrüse massiv umgebaut, dient die Suppressionsszintigraphie der Detektion
von autonomen Arealen. Dabei gibt man für 7 Tage Trijodthyronin in einer
Tagesdosis von 60 μg. Durch negatives Feedback wird TSH supprimiert und in
gesunden Follikelepithelzellen werden vermindert Schilddrüsenhormone
produziert. Da dieses Prinzip bei autonomen Arealen nicht wirkt, ist der
anschließende 99mTechnetium-Pertechnetat-Uptake der gleiche. Dadurch kann
man gesundes Gewebe vom pathologischen Gewebe unterscheiden. [26]
2.2.5 Therapie der Hyperthyreose
Ziel der Therapie einer Hyperthyreose ist die Normalisierung der gesteigerten
Hormonproduktion. Dabei stehen drei Therapiemöglichkeiten zur Verfügung.
x
Thyreostatische Therapie
x
Radiojodtherapie
x
Operative Therapie
25
Symptomatisch können β-Adrenorezeptorantagonisten dagegen helfen, die
Tachykardie in den Griff zu bekommen. Außerdem gibt es einige βAdrenorezeptorantagonisten, die durch Hemmung der 5’-Dejodase die periphere
Konversion von T4 zu T3 verhindern, wie zum Beispiel das β-Propranolol. Treten
auch ZNS-Störungen auf, wie etwa Schlafstörungen, Nervosität oder Unruhen,
kann man Benzodiazepine verabreichen. Allerdings ist hierbei das
Abhängigkeitspotential bei längerer Einnahme zu beachten.
Thyreostatische Therapie
Drei unterschiedliche Wirkmechanismes liegen der thyreostatischen Therapie zu
Grunde.
1) Thioamidthyreostatika: Diese reduzieren die Herstellung von
Schilddrüsenhormonen durch Hemmung der Thyreoperoxidase (TPO) in
den Follikelepithelzellen. TPO wird normalerweise für die Jodierung von
Tyrosinresten im Thyreoglobulin verwendet.
2) Monovalente Anionen wie das Perchlorat hemmen den Natrium-JodidSymporter (NIS) und damit in weiterer Folge, aufgrund des Jodidmangels in
der Schilddrüse, die Synthese von Schilddrüsenhormonen.
3) Jod/Jodid hemmt in hohen Dosen die Abgabe von Schilddrüsenhormonen
aus den Follikelepithelzellen.
1) Die Wirkungen der verschiedenen Thyreostatika sind reversibel. In
Österreich gibt es von den Thioamidthyreostatika Thiamazol (Thiamazol®
Sandoz 20 mg Tabletten) und Propylthiouracil (Prothiucil® Tabletten).
Früher gab es auch noch das Carbimazol, das nach seiner Resorption
durch Abspaltung einer Carboxy-Gruppe zu Thiamazol umgewandelt
wurde. Die Initialdosis von Thiamazol bis zum Errreichen einer Euthyreose
beträgt 10-40 mg/Tag. Die Erhaltungsdosis zur Rezidivprophylaxe beträgt
2,5-10 mg/Tag. Bei Propylthiouracil beträgt die Initialdosis 100-500 mg/Tag
und die Erhaltungsdosis: 50-200 mg/Tag. Dies sind Richtdosen. Welche
Dosen man genau verschreibt, hängt von der klinischen Aktivität und der
Jodbelastung ab. So ist die Dosis bei geringer klinischer Aktivität und
fehlender Jodbelastung kleiner als bei hoher klinischer Aktivität und hoher
26
Jodbelastung. Der Vollständigkeit halber, soll hier noch erwähnt werden,
dass eine Kombinationstherapie mit Levothyroxin möglich ist, um
hypothyreote Zustände zu vermeiden. Die volle Wirkung der Thyreostatika
entwickelt sich erst nach einer Latenzzeit von 2-6 Wochen. Empfohlen wird
eine Therapiedauer von 1-2 Jahren. Tritt danach ein Rezidiv auf, ist an eine
Radiojodtherapie oder an eine Operation zu denken. Leider kann diese
Therapie den Autoimmunprozess des Morbus Basedow nicht kausal
behandeln. Für das autonome Adenom und den toxischen Knotenkropf gilt,
dass eine Therapie mit Thioamidthyreostatika nur für wenige Wochen
eingesetzt wird, bis sich ein euthyreoter Zustand eingestellt hat. Denn bei
funktionellen Autonomien ist mit einer Spontanremission nicht zu rechnen.
Nach Erreichen einer Euthyreose wird eine Radiojodtherapie oder eine
Operation geplant.
2) Perchlorat mit dem Handelsnamen „Irenat® Tropfen“ hat eine geringe
therapeutische Breite. Außerdem ist die Zuverlässigkeit seiner Wirkung
geringer als bei den Thioamidthyreostatika. Besteht eine Unverträglichkeit
gegenüber Thiamazol und Propylthiouracil, so kann man auf Perchlorat
umsteigen. Die wichtigste und häufigste Indikation ist die Hemmung der
Jodidaufnahme bei unvermeidbarer Gabe hoher Jodiddosen, wie zum
Beispiel bei der Gabe jodhaltiger Kontrastmittel. Vor allem dann, wenn
bereits eine Autonomie vorherrscht. Die Tagesdosis beträgt 1g
Natriumperchlorat (1ml = 300mg Natriumperchlorat). Spätestens 2 Stunden
vor einer jodhaltigen Kontrastmitteleinnahme soll Perchlorat eingenommen
werden. Danach soll die Therapie mit Irenat® (300mg) für 10-14 Tage in
Kombination mit Thiamazol 20 mg fortgeführt werden.
3) Wird Jod/Jodid in hohen Dosen verabreicht, kommt es zu einer raschen
Blockade der Schilddrüsenhormonsekretion. Diese Therapie wird auch
Plummerung genannt. Jedoch hält diese paradoxe Wirkung nur wenige
Tage an. Sobald der Patient euthyreot ist, muss an eine operative Therapie
gedacht werden. Herrscht jedoch eine jodinduzierte Entgleisung vor, ist
diese Art von Therapie strengstens untersagt. Nebenbei sei auch erwähnt,
dass Lithiumsalze früher zur Therapie der Hyperthyreose eingesetzt
wurden. Allerdings ist dies heute, wegen der geringen therapeutischen
Breite und der hohen Toxizität, nicht mehr der Fall.
27
Radiojodtherapie
Diese Art von Therapie ist effektiv und sehr kompliaktionsarm. Die
Strahlenexposition des restlichen menschlichen Organismus ist ziemlich gering.
Besonders bei Vorliegen einer Autonomie, ist diese Art von Therapie der goldene
Standard. Der ß- und Ɣ- Strahler 131Jodid (131I) wird im Speziellen von den
autonomen Arealen der Schilddrüse aufgenommen. Die normalen
Follikelepithelzellen nehmen dieses Radiojod nur geringfügig auf. Daher bleiben
diese ziemlich unbeschädigt. Sowie bei den Thiamidthyreostatika, tritt die Wirkung
der Radiojodtherapie erst nach einer Latenzzeit (2-3 Monaten) auf. Bis kurz vor
der Radiotherapie soll mit Thyreostatika behandelt werden. Nach der
Radiojodtherapie kann bis zum Wirkungseintritt (einige Tage später) auch ein
Thyreostatikum verabreicht werden. Jedoch ist die Ko-Therapie mit
Perchlorat oder Jodid kontraindiziert. Eine Herddosis von 200-400 Gray
(Gy) sollte erreicht werden. Es gibt drei Radiotherapeutika, deren Namen
zwar im Austria Codex (Fachinformation 2012/13) aufscheinen, jedoch laut
Erläuterung nicht im Handel erhältlich sind. Daher können sie hier nur
namentlich erwähnt, jedoch nicht genauer beschrieben werden:
x
CAPSION® Iod-131 Kapsel zur Therapie XL
x
NATRIUMJODID® (131I) `BSM` Kapsel T XL
x
THERACAP® 131 XL
Operation
Die operative Entfernung der Schilddrüse, auch Thyreoidektomie genannt,
ist der Radiojodtherapie in folgenden Fällen überlegen:
x
bei großen Kröpfen
x
bei gleichzeitig vorhandenen kalten Knoten
x
bei gleichzeitig vorhandenen Zysten
x
für eine schnelle mechanische Entlastung
Bei Verdacht auf einen bösartigen Tumor der Schilddrüse (Malignom) wird primär
chirurgisch vorgegangen. Um nach der Operation verbliebenes
28
Schilddrüsengewebe zu beseitigen, wird die Radiojodtherapie angewendet. Ist die
Schilddrüse entfernt, wird eine lebenslange Substitution mit Levothyroxin
notwendig sein.
In der Zusammenschau der verschiedenen pharmakologischen Bücher konnten im
Bezug auf die Therapiemöglichkeiten einer manifesten Hyperthyreose keine
Unterschiede gefunden werden. [21,22,23,27,28]
Anbei sollen die drei in Österreich erhältlichen Thyreostatika: Thiamazol® Sandoz
20 mg Tabletten, Prothiucil® Tabletten und Irenat® Tropfen beschrieben werden.
Auf die Jod/Jodid-Präparate ist bereits im Kapitel 2.1.3 Therapie der euthyreoten
Jodmangelstruma eingegangen worden.
Thiamazol® Sandoz 20 mg Tabletten
Eine Tablette enthält 20 mg Thiamazol. Sonstige Bestandteile sind: Lactose
Monohydrat (25 mg), Calciumhydrogenphosphat, Maisstärke, Saccharose (10
mg), Talkum, Eisenoxid gelb. [29]
Wirkung: Thiamazol reduziert die Herstellung von Schilddrüsenhormonen durch
Hemmung der Thyreoperoxidase (TPO) in den Follikelepithelzellen. Diese wird
normalerweise für die Jodierung von Tyrosinresten im Thyreoglobulin verwendet.
[22]
Indikation: Zugelassen ist dieses Präparat für alle Formen der Hyperthyreose, der
Thyreotoxikose und der thyreotoxischen Krisen. Weitere Anwendungsgebiete sind:
Morbus Basedow, autonome Adenome, Vorbehandlung zu einer geplanten
Radiojodtherapie, Vorbehandlung zur Strumareduktion, Intervalltherapie nach
einer Radiojodtherapie, bis diese vollständig ihre Wirkung entfaltet.
Kontraindikation: Thiamazol darf nicht angewendet werden: Bei
Überempfindlichkeit gegen eben diesen Wirkstoff oder einen der sonstigen
Bestandteile, bei Blutbildveränderungen wie Granulozytopenie, bei
Hyperthyreosen mit retrosternaler Struma oder trachealer Obstruktion, weil eine
höhere Dosis von Thiamazol zur Schilddrüsenvergrößerung und damit zur
29
Verschlechterung des Zustandes führen kann. Weiters darf es bei vorbestehender
Cholestase, vorbestehender vegetativer Dysregulation nicht angewendet werden.
Wechselwirkung: Besteht ein Jodmangel, wirkt Thiamazol besser, bei
Jodüberschuss jedoch schlechter. Daher ist die gleichzeitige Gabe von Jod
kontraindiziert.
Nebenwirkung: Sehr häufig (≥1/10) kommt es zu allergischen
Hauterscheinungen. Im Laufe der Therapie bilden diese sich aber zurück. Häufig
(≥1/100, <1/10) kommt es zu Gelenksschmerzen, die einige Wochen nach der
Behandlung auftreten können. Gelegentlich (≥1/1000, <1/100) kann es zu
Leukopenie, Granulozytopenie, Agranulozytose und Anämie führen. Damit
verbunden sind Rachenbeschwerden, Temperaturanstieg, Diarrhoe, Übelkeit
Erbrechen, Stomatits, Pharyngitis. In seltenen Fällen (≥1/10000, <1/1000) sind
Polyneuritiden, Kopfschmerzen, Hypogeusien, Anosmien und
Geschmacksstörungen beobachtet worden. Sehr selten (<1/10000) wurden
Thrombozytopenien, Panzytopenien und generalisierte Lymphadenopathien
festgestellt. Hypothyreosen (bei Überdosierung), Strumen, akute
Speicheldrüsenschwellungen, cholestatische Ikteren, toxische Hepatitiden,
Haarausfall, medikamenteninduzierter Lupus erythematodes und
Gewichtszunahme können auch selten auftreten.
Pharmakodynamik: Thiamazol hemmt den Einbau von Jod in die Tyrosinreste
des Thyreoglobulins durch Hemmung der Thyreoperoxidase (TPO). Dadurch wird
die Neusynthese von Schilddrüsenhormonen eingestellt. Die Hyperthyreose wird
somit ausgeglichen. Allerdings dauert es bis die Wirkung eintritt, weil die
Schilddrüsenhormone, die bereits produziert worden sind, durch Thiamazol nicht
beeinflusst werden.
Pharmakokinetik: Nach der oralen Einnahme von Thiamazol, wird es fast
vollständig im Darm resorbiert. Die maximale Plasmakonzentration ist nach 1 bis 2
Stunden erreicht. Thiamazol wird in der Schilddrüse angereichert und dort
verstoffwechselt. Aber nicht nur dort, sondern auch in der Leber. Ausgeschieden
30
wird es vorwiegend über die Nieren. Die Eliminationshalbwertszeit von Thiamazol
beträgt 3 bis 6 Stunden. [29]
Prothiucil® Tabletten
Eine Tablette enthält 20 mg Propylthiouracil. Weitere Bestandteile sind
Milchzucker, Maisstärke, Talkum, Siliciumoxid, Magnesiumstearat. [30]
Wirkung: Propylthiouracil reduziert die Herstellung von Schilddrüsenhormonen
durch Hemmung der Thyreoperoxidase (TPO) in den Follikelepithelzellen. Diese
wird normalerweise für die Jodierung von Tyrosinresten im Thyreoglobulin
verwendet. Jedoch dauert es auch hier bis die Wirkung eintritt, weil das noch
vorhandene Schilddrüsenhormondepot erst aufgebraucht werden muss. [22]
Indikation: Dieses Präparat wird angewendet bei Hyperthyreosen hervorgerufen
durch Morbus Basedow, Thyreotoxikosen, zur Vorbereitung von
Thyreoidektomien.
Kontraindikation: Bei Überempfindlichkeit gegen Propylthiouracil oder eines der
sonstigen Bestandteile, substernaler Struma, schweren Leberfunktionsstörungen,
ernsten Knochenmarksdepressionen, Blutbildveränderungen oder trachealer
Obstruktion ist die Verwendung von Propylthiouracil kontraindiziert.
Wechselwirkung: Jod und jodhaltige Arzneimittel vermindern die Wirkung des
Propylthiouracils. Die Wirkung von Cumarinen oder Propranolol wird jedoch durch
das gleichzeitige Einnehmen von Propylthiouracil verstärkt.
Nebenwirkung: Vor allem am Beginn der Therapie kann es zu Nebenwirkungen
kommen, die nach und nach abklingen. Nach Absetzen der Therapie sind sie
reversibel. Mögliche Nebenwirkungen, die auftreten können, sind: Allergische
Reaktionen wie Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut (Pruritus, Exantheme).
Selten kommt es zu Arzneimittelfieber, Gelenksschmerzen, gastrointestinalen
Störungen (Übelkeit, Erbrechen), Kopfschmerzen, Störungen des Geschmacksund Geruchsempfindens. Wird eine hohe Dosis eingenommen, kann es zu
31
Hypothyreose mit vermehrter TSH Bildung kommen. Dadurch kann eine Struma
entstehen. In Einzelfällen wurden folgende Nebenwirkungen beschrieben:
Hepatitis, Lupus erythematodes, Vasculitis, Lymphadenopathie,
Thrombozytopenie, Neutropenie, Agranulozytose, hämolytische Anämie,
interstitielle Pneumonie, Periarteritis nodosa, Neuropathien, periphere Ödeme
oder Alopezie. [30]
Pharmakodynamik: Propylthiouracil hemmt den Einbau von Jod in die
Tyrosinreste des Thyreoglobulins durch Hemmung der Thyreoperoxidase (TPO).
Dadurch wird die Neusynthese von Schilddrüsenhormonen eingestellt. Die
Hyperthyreose wird somit ausgeglichen. Allerdings dauert es bis die Wirkung
eintritt, weil die Schilddrüsenhormone, die bereits produziert worden sind, durch
Propylthiouracil nicht beeinflusst werden. Ferner verringert Propylthiouracil die
periphere Konversion von Thyroxin zu Trijodthyronin.
Pharmakokinetik: Die Resorption von Propylthiouracil im Darm, erfolgt rasch und
vollständig nach oraler Gabe. Die Plasmahalbwertszeit von Propylthiouracil
beträgt 1,5 - 2 Stunden. Daher muss die Tagesdosis auf bis zu 6 Einzelgaben
verteilt werden. Es passiert die Plazenta und geht in die Muttermilch über.
Allerdings ist die Konzentration in der Muttermilch geringer als es die
Konzentration von Thiamazol sein würde, würde man diesen Wirkstoff einnehmen.
Propylthiouracil wird in der Schilddrüse angereichert. In der Schilddrüse wird es
durch Schwefeloxidation und in der Leber durch Glucuronidierung inaktiviert.
Vorwiegend wird es renal und weniger biliär eliminiert. [22,27]
Irenat® Tropfen
1 ml (21 Tropfen) dieser Flüssigkeit enthält 300 mg Natriumperchlorat. Weitere
Bestandteile sind: Ammoniumchlorid, Magnesiumchlorid, Calciumchlorid,
gereinigtes Wasser. [24]
Wirkung: Perchlorat hemmt den Natrium-Jodid-Symporter (NIS) und damit in
weiterer Folge, aufgrund des Jodidmangels in der Schilddrüse, die Synthese von
Schilddrüsenhormonen. [22]
32
Indikation: Natriumperchlorat wird angewendet zur Therapie von jodinduzierter
Hyperthyreose, zur Therapie von Amiodaron-induzierter Schilddrüsenüberfunktion,
zur Blockade der Schilddrüse bei szintigraphischen Untersuchungen anderer
Organe mit radioaktivem Jod, bei latenter Schilddrüsenüberfunktion und
gleichzeitiger notwendiger Anwendung von jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln.
Kontraindikation: Bei Überempfindlichkeit gegen Natriumperchlorat oder einen
der sonstigen Bestandteile, basedowifizierte Knotenstrumen, Struma retrosternalis
oder bei bereits zuvor schon bekannten Blutbildveränderungen unter
Natriumperchlorat-Gabe, ist die Einnahme von Prothiucil® kontraindiziert. Auch ist
die Verabreichung von Natriumperchlorat während der Plummerung (Gabe von
hohen Jodiddosen) zur Operationsvorbereitung strengstens untersagt.
Wechselwirkung: Perchlorat inhibiert dosisabhängig die Radiojod- oder die
99m
Technetium-Pertechnetat-Aufnahme. Die gleichzeitige Gabe von Perchlorat
und Thiamazol beziehungsweise Propylthiouracil verstärkt den thyreostatischen
Effekt. Jedoch vermindert die gleichzeitige Jodgabe die Wirkung von Irenat®.
Nebenwirkungen: Das Auftreten von Nebenwirkungen hängt von der Dosis ab.
Häufig (≥1/100, <1/10) kommt es zu Leukopenie, Lymphadenopathie, Übelkeit,
Erbrechen, Mundtrockenheit, pharingitischen Reizungen, flüchtigem Exanthem,
Purpura, fieberhaften Athralgien, Arzneimittelfieber, Hyperthyreose. Zu
Eosinophilie, Agranulozytose, leichten Muskelkrämpfen, Brennen in den Füßen,
Schwere im Kopf, Durchfall, Ikterus oder Juckreiz kann es gelegentlich (≥1/1000,
<1/100) kommen. Eine Panzytopenie und/oder eine allergische Reaktion
kann/können in seltenen Fällen (≥1/10000, <1/1000) auftreten. Sehr selten
(<1/10000) jedoch kommt es zu Thrombozytopenie, aplastischer Anämie,
Leberschädigung, nephrotischem Syndrom, Akne, Haarausfall, generalisierter
Dermatitis, Urtikaria und Erythema nodosum.
Pharmakodynamik: Perchlorat inhibiert die Jodaufnahme in die Schilddrüse
kompetitiv. Außerdem schwemmt es Jodid aus der Schilddrüse aus, sodass die
Jodisation der Tyrosinreste nicht stattfinden kann. Auch die Wiederverwendung
von extrathyreoidalem Jod nach Dejodierung der Schilddrüsenhormone wird
33
gehemmt. Analoges gilt für das Jod, das nach jodhaltiger Kontrastmittel- oder
99m
Technetium-Pertechnetat-Aufnahme frei wird. Dieses Jod wird auch kompetitiv
an der Aufnahme in die Schilddrüse gehindert. Perchlorat fördert sogar noch die
renale Ausscheidung von Jod.
Pharmakokinetik: Innerhalb weniger Minuten wird Perchlorat im MagenDarmtrakt resorbiert. Der Wirkungeintritt an der Schilddrüsenzelle erfolgt schnell.
Die Hemmung der Jodaufnahme hält bei einer Einzelgabe nur wenige Stunden an.
Daher ist es erforderlich täglich mehrere Male Perchlorat einzunehmen. So kann
ein konstanter Serumspiegel gewährleistet werden. Die Halbwertszeit des
Perchlorats beim Menschen ist nicht genau bekannt. Die maximale
Perchloratkonzentration in der Schilddrüse wird nach 4 Stunden erreicht.
Perchlorat bindet sich an Albumin. Ohne Verstoffwechselung wird es schnell,
unverändert und fast vollständig über die Nieren eliminiert. Nach ungefähr 72
Stunden ist dieser Wirkstoff zu >95 % ausgeschieden. Eine Elimination aus der
Schilddrüse dauert jedoch einige Wochen. [24]
2.3 Hypothyreose
Bei der Hypothyreose unterscheidet man zwischen der primären und der
sekundären Hypothyreose. Die pathologische Ursache liegt bei der primären
Hypothyreose in der Schilddrüse. Sekundäre Hypothyreose bedeutet, dass der
Grund für diese Funktionsstörung in der Hypophyse oder im Hypothalamus
anzufinden ist. Beim Letzteren fehlt die Stimulation der Schilddrüse durch
Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) oder durch Thyreotropin- ReleasingHormon (TRH). Im Allgemeinen führt die Hypothyreose zu einem hypometabolen
Zustand, hervorgerufen durch eine inadäquat niedrige Hormonsekretion. Tritt dies
vor der Geburt oder beim Kleinkind auf, so bildet sich ein Kretinismus. Im
Erwachsenenalter dagegen entsteht ein Myxödem. Frauen bekommen häufiger
als Männer eine Hypothyreose. Die Prävalenz bei Frauen beträgt 5-10% und bei
Männern 0,5-2%. Für die Hypothyreose sind zwei Ursachen verantwortlich:
1) Funktionelle Störungen der T3-/T4-Synthese und –Sekretion
2) Reduktion des Schilddrüsengewebes
34
Zu den funktionellen Störungen zählen:
x
Jodmangel
x
Eiweißretentionskrankheit (fehlerhafte Faltung von Thyreoglobulin)
x
Genetische Defekte bei der Herstellung von Thyroxin und Trijodthyronin
x
TRH- bzw. TSH-Ausfall von Hypothalamus/Hypophyse
x
Periphere Resistenz gegen T3 und T4
Zur Reduktion des funktionellen Schilddrüsengewebes gehören:
x
Autoimmunthyreoiditis Hashimoto
x
Operative Resektionen
x
Röntgenbestrahlung, Radiojodbehandlung
x
Agenesie, Aplasie
x
Hypoplasie
Dabei ist die häufigste Ursache einer funktionellen Störung ein Jodmangel. Bis zu
90% aller Jodmangelkröpfe gehen mit einer subklinischen Hypothyreose einher.
Die häufigste Form der Schilddrüsenparenchymreduktion ist die
Autoimmunthyreoiditis Hashimoto (siehe Abbildung 6). [14]
Abbildung 6: Ursachen einer Hypothyreose [14]
35
Die Hypothyreose aufgrund von peripherer Schilddrüsenhormonresistenz ist sehr
selten. Hierbei sind verschiedene Organe unempfindlich gegenüber Thyroxin und
Trijodthyronin. [31,32]
Da wie oben erwähnt die zwei häufigsten Ursachen einer Hypothyreose
Jodmangel und Autoimmunthyreoiditis Hashimoto sind und auf den Jodmangel
bereits im Kapitel 2.1 näher eingegangen worden ist, soll hier die HashimotoThyreoiditis genauer beschrieben werden.
2.3.1 Autoimmunthyreoiditis Hashimoto (chronisch lymphozytäre
Thyreoiditis, Struma lymphomatosa)
Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei dieser Erkrankung um einen
Autoimmunprozess. Dabei findet eine ausgedehnte Zerstörung des
Schilddrüsengewebes statt. Im Alter von 30 – 50 Jahren kommt die Struma
lymphomatosa gehäuft vor. Frauen sind jedoch zehnmal häufiger betroffen als
Männer. Da man heute vermehrt jodiertes Kochsalz verwendet, ist die
Autoimmunthyreoiditis Hashimoto die häufigste Ursache einer Hypothyreose. Bis
dato ist die Ursache der Erkrankung noch nicht völlig geklärt. Fest steht, dass in
diesem Prozess sowohl zytotoxische T-Zellen als auch Antikörper beteiligt sind.
Dabei sind die Antikörper gegen Folgendes gerichtet:
x
Thyreoperoxidase (TPO)
x
Thyreoglobulin
x
Follikelepithelzellmembran
x
Schilddrüsenhormone Thyroxin und Trijodthyronin
x
Andere Fraktionen des Kolloids außer Thyreoglobulin
Diese Erkrankung tritt familiär gehäuft auf. Sie ist mit dem HLA-DR5-Genotyp
assoziiert. Dabei tritt bei dieser genetischen Gegebenheit, öfter als bei der
Normalbevölkerung, ein generalisierter Autoimmunprozess auf. Außerdem kann
es nebenbei zu einer Zerstörung der Nebennieren, Langerhans-Inseln und der
Belegzellen der Magenschleimhaut kommen.
36
Morphologie: Im Frühstadium lagert sich entzündliches Infiltrat in die Schilddrüse
ein. Dabei ist die Glandula thyreoidea symmetrisch vergrößert. Sie fühlt sich derb
an, ist jedoch nicht mit der Umgebung verwachsen. Schneidet man in diese
Schilddrüse hinein, bekommt man eine grau-weiße Schnittfläche zu sehen (siehe
Abbildung 7).
Abbildung 7: Schnittfläche einer Hashimoto-Schilddrüse [14]
Unter dem Mikroskop sieht man ein dichtes über die gesamte Schilddrüse
verteiltes lymphoplasmazelluläres Infiltrat (B- und T-Lymphozyten) mit
Makrophagen. Sehr oft bilden sich auch noch Lymphfollikel mit Keimzentren aus.
Die Schilddrüsenfollikel sind destruiert und zerfließen zu Zellsträngen. Vor allem
bei der Autoimmunthyreoiditis Hashimoto sieht man eine onkozytäre Metaplasie
der Follikelepithelzellen des restlichen Parenchyms. Diese sind durch eine
Zellvergrößerung und ein eosinophiles Zytoplasma gekennzeichnet. Im
Spätstadium verkleinert sich die Schilddrüse. Da das Schilddrüsenparenchym
zerstört wird, entwickelt sich nach und nach eine Schilddrüsenunterfunktion. Diese
kann sich über Monate beziehungsweise Jahre verschlimmern. In 10% der Fälle
fibrosiert die Schilddrüse und das entzündliche Infiltrat bildet sich zurück.
2.3.2 Diagnostik der Hypothyreose
Da sich die Schilddrüsenunterfunktion langsam entwickelt, hat der Patient vorerst
keine Symptome. Erst wenn die Unterfunktion gravierend wird, verspürt der
Patient subjektiv seinen hypometabolen Zustand. Allgemeine Symptome sind:
37
Müdigkeit, Antriebsminderung, Konzentrationsunfähigkeit, gesteigertes
Schlafbedürfnis, Kälteempfindlichkeit beziehungsweise –intoleranz, Obstipation.
Über Geschmacks- und Geruchsstörungen ist auch berichtet worden. Außerdem
verspüren manche Patienten eine Abnahme der Hörfähigkeit. Eine allgemeine
Verlangsamung fällt weiters auf. Gewichtszunahme, Zyklusstörungen,
Libidoverlust, brüchige Haare und Nägel, Lidödeme und eine verwaschene, raue
Sprache können auch vorkommen. Die Haut ist kühl, schuppend, trocken und
blassgelb. In schweren Fällen können Schwellungen der Haut auftreten. Daraus
kann sich ein generalisiertes Myxödem entwickeln. Im Unterschied zum kardial
bedingten Ödem, lassen sich Myxödeme nicht eindellen. Bei der Auskultation und
der Pulsmessung lässt sich teilweise eine Bradykardie feststellen. Die Patellarund Achillessehnenreflexe laufen nicht prompt sondern träge ab. Ältere Patienten
weisen bei Hypothyreose Allgemeinsymptome wie Adynamie, Obstipation,
depressive Verstimmung, Stenokardien und Kälteempfindlichkeit auf, weswegen
man die Altershypothyreose leicht übersieht.
Nach der Anamnese, der Inspektion und der Palpation wird die Diagnose der
Hypothyreose durch eine laborchemische Hormonbestimmung gesichert. Will man
sich vergewissern, ob eine primäre Hypothyreose vorliegt oder nicht, muss man
den TSH-Wert bestimmen. Ist dieser normal, besteht keine primäre Hypothyreose.
In diesem Fall ist auch die Bestimmung von Thyroxin und Trijodthyronin
überflüssig. Ist der TSH-Wert jedoch erhöht muss zum Nachweis einer primären
Hypothyreose auch das freie Thyroxin (fT4) gemessen werden. Bei der
sekundären Hypothyreose jedoch müssen sowohl TSH-Wert als auch die
Schilddrüsenhormone bestimmt werden, weil bei einer sekundären Hypothyreose
der TSH-Wert im Normbereich liegen kann. In der Praxis werden meistens TSHWert und Schilddrüsenhormone gleichzeitig bestimmt. Für die Diagnose der
Hypothyreose ist die Bestimmung von Trijodthyronin ungeeignet, weil durch eine
Erhöhung des TSH-Wertes peripher vemehrt T4 zu T3 konvertiert wird. Das
Trijodthyronin bleibt damit für längere Zeit im Normbereich. Ist der TSH-Wert
erhöht, die Schilddrüsenhormonkonzentration aber noch im Normbereich, spricht
man von einer präklinischen oder latenten Hypothyreose. Im Laufe der Erkrankung
entwickelt sich eine Schilddrüsenunterfunktion bei gesteigertem TSH-Wert. Tritt
dies ein, so spricht man von einer manifesten Hypothreose. Um die Ursache einer
38
primären Hypothyreose zu klären, werden die Thyreoperoxidase-Antikörper (TPOAK) und die Antikörper gegen Thyreoglobulin (Tg-AK) bestimmt. Sind diese
zusätzlich zu den erniedrigten Schilddrüsenhormonen positiv, so handelt es sich
um eine immunologisch-entzündliche Genese der Hypothyreose. Weiters kann ein
Blutbild eine normo- beziehungsweise hypochrome Anämie aufweisen. Das
Gesamtcholesterin kann aufgrund des hypometabolen Zustandes erhöht sein. Die
Kreatinkinase (CK) kann als Folge der Myxödemmyopathie massiv erhöht sein.
Röntgenologisch kann sich ein Myxödemherz zeigen. Dieses weist eine Linksherzund eine Rechtsherzdilatation auf. Auch kann sich bei ausgeprägter Hypothyreose
ein Perikarderguss ausbilden. Im EKG findet man eine Niedervoltage und ein
Fehlen der T-Zacken an. Ist die primäre Hypothyreose gesichert, ist die
Sonographie die Methode der Wahl. Bei der Autoimmunthyreoiditis Hashimoto
beispielsweise erkennt man eine echoarme, schlecht gegen die Umgebung
abgrenzbare Schilddrüse. Im Spätstadium lässt sich kaum noch
Schilddrüsenparenchym nachweisen. Die Feinnadelpunktion, die lymphozytäre
Infiltrate als Ausdruck eines entzündlich-destruierenden Prozesses nachweisen
kann, ist heute durch die Schilddrüsenantikörperbestimmung und die Sonographie
verdrängt worden. Für die Diagnostik der Schilddrüsenunterfunktion kann meist
auf die Schilddrüsenszintigraphie verzichtet werden. Ein geringer oder fehlender
Tracer-Uptake wäre für die Hypothyreose charakteristisch.
Bei adäquater Substitution von synthetischen Schilddrüsenhormonen, bleibt der
Patient euthyreot. Voraussetzung dafür ist jedoch die lebenslange und
gewissenhafte Einhaltung der Substitution.
Eine sehr seltene Komplikation der Hypothyreose ist das hypothyreote Koma.
Dieses kann entstehen, wenn Patienten unzureichend therapiert oder die
Hypothyreosen für lange Zeit nicht erkannt worden sind. Kommen dann noch
Belastungsfaktoren wie Traumen oder Infekte hinzu, führt das zur
Dekompensation. Narkosen bei operativen Eingriffen oder Sedativa bei
Schmerzen können auch ein hypothyreotes Koma begünstigen. Durch die
Hypoventilation entsteht eine Hyperkapnie, die lebensbedrohlich sein kann. Diese
sollte mit einer künstlichen Beatmung behandelt werden. [33]
39
2.3.3 Therapie der Hypothyreose
Die Therapie der Hypothyreose besteht in der Gabe von Thyroxin (Levothyroxin)
oder Trijodthyronin (Liothyronin). Es gibt auch Kombinationspräparate der beiden
Hormone, die zur Verfügung stehen. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass das
T4, das Mittel der Wahl ist. Thyroxin wird peripher zu Trijodthyronin dejodiert.
Außerdem hat T3 eine kürzere Halbwertszeit, daher müssten 5-6 Dosen pro Tag
verabreicht werden. Bei Zuständen einer peripheren Schilddrüsenhormonresistenz
oder einer Schwäche der Konversion von Thyroxin zu Trijodthyronin, wird T3
eingesetzt. Verwendet man ein Kombinationspräparat, so steigt der
Trijodthyroninspiegel im Serum an, weil wie oben erwähnt, zusätzlich Thyroxin zu
Trijodthyronin konvertiert wird. Bei höherer Dosierung des
Kombinationspharmakons kann es also zu unerwünschten Nebenwirkungen
kommen. Generell sollte nur Thyroxin verwendet werden. T4 wird meistens oral in
Form einer Tablette eingenommen. Da die gleichzeitige Einnahme von T4 mit der
Nahrung die Resorption von Thyroxin vermindert, sollte die Tablette 30-60
Minuten vor dem Frühstück auf nüchternem Magen eingenommen werden. Die
Enddosis die bei der Substitution erreicht werden sollte, liegt zwischen 75 μg –
100 μg. Damit man unerwünschte Wirkungen vermeidet, sollte stufenweise
begonnen werden. Zuerst sollten 25 μg – 50 μg eingenommen werden. Nach
ungefähr 2- bis 4- wöchigen Abständen sollte die Dosis um 25 μg- 50 μg pro Tag
gesteigert werden, bis 75 μg beziehungsweise 100 μg/ Tag (manchmal sogar bis
200 μg) erreicht werden. Im Mittel beträgt die Erhaltungsdosis 1,6 μg/kg/Tag. Bei
älteren oder kardial vorgeschädigten Patienten, sollte die Intialdosis 12,5 μg – 25
μg betragen. Die Dosissteigerung erfolgt langsamer in 12,5 μg – beziehungsweise
25 μg – Schritten alle 4 Wochen. In der Schwangerschaft ist der
Levothyroxinbedarf erhöht.
Eine konnatale Hypothyreose muss spätestens nach 2-3 Wochen postpartal
erkannt und behandelt werden, damit eine normale geistige und körperliche
Entwicklung stattfinden kann. Bei Frühgeborenen beträgt die Initialdosis 25 μg, bei
reifen Neugeborenen 50 μg. Nach dem ersten Lebensjahr wird 50 – 75 μg
Levothyroxin/ Tag verabreicht. Dann wird eine Erhaltungsdosis von 100 – 150
μg/m2 Körperoberfläche/Tag angestrebt.
40
Beim hypothyreoten Koma werden 500 μg T4 intravenös appliziert. Ab dem 2. Tag
sollten 100 μg Thyroxin pro Tag intravenös injiziert werden.
Nach einer Thyreoidektomie oder einer Radiojodtherapie wegen eines papillären
oder follikulären Schilddrüsenkarzinoms muss lebenslang eine
Thyroxinsubstitution vorgenommen werden. Da man den TSH-Spiegel
supprimieren will, um ein erneutes Wachstum zu verhindern, müssen 150 – 300
μg Levothyroxin/Tag eingenommen werden.
Als Therapiekontrolle dienen der TSH-Wert und der fT3-Wert im Serum. Dabei darf
der TSH-Normbereich (0,3-2,5 mU/l) nicht unterschritten und der fT3-Normbereich
(2,5-6 pg/l) im Serum, nach T4 Substitution, nicht überschritten werden.
In der Zusammenschau der verschieden Literaturen konnten auch bei der
Therapie der Hypothyreose im Großen und Ganzen keine Unterschiede gefunden
werden. [21,22,23,27,28]
Nun soll auf die verschiedenen Schilddrüsenhormonpräparate eingegangen
werden. Laut Austria Codex Fachinformation 2012/13 gibt es drei
Thyroxinpräparate:
x
Euthyrox® -Tabletten (25 μg, 50 μg, 75 μg, 88 μg, 100 μg, 112 μg, 125 μg, 137
μg, 150 μg, 175 μg, 200 μg)
x
L-Thyroxin „Henning“ ® -Tabletten (25 μg, 50 μg, 75 μg, 100 μg, 125 μg, 150
μg)
x
Thyrex® -Tabletten (25 μg, 50 μg, 75 μg, 100 μg, 125 μg, 160 μg)
Daneben gibt es 2 Kombinationspräparate:
x
Novothyral® -Tabletten
x
Combithyrex® -Tabletten (mite, forte)
In Österreich ist auch ein T3-Präparat im Handel erhältlich:
41
x
Trijodthyronin „Sandoz“ ® 25 Gamma-Tabletten
Euthyrox®
1 Tablette Euthyrox enthält eine dieser Dosen an Levothyroxin-Natrium: 25 μg, 50
μg, 75 μg, 88 μg, 100 μg, 112 μg, 125 μg, 137 μg, 150 μg, 175 μg, 200 μg. Andere
Bestandteile sind: Maisstärke, Croscarmellose, Natrium, Gelatine, LactoseMonohydrat, Magnesiumstearat. [34]
Wirkung: Das synthetische Levothyroxin wirkt gleich wie es das endogen
produzierte Thyroxin tut (siehe Kapitel 1.3.2 Wirkungen der
Schilddrüsenhormone).
Indikation: Euthyrox® 25 μg-200 μg hat folgende Anwendungsgebiete: Therapie
der gutartigen Struma bei normaler Funktionslage, Prophylaxe einer
Rezidivstruma nach Resektion einer euthyreoten Struma,
Schilddrüsenhormonsubstitution bei Hypothyreose, Suppressionstherapie bei
malignen Schilddrüsentumoren.
Kontraindikation: Gegenanzeigen für eine Euthyrox® -Gabe sind:
Überempfindlichkeit gegen Levothyroxin-Natrium oder eines der sonstigen
Bestandteile, unbehandelte Nebennierenrindeninsuffizienz, unbehandelte
Hypophyseninsuffizienz, unbehandelte Hyperthyreose, akuter Myokardinfarkt,
akute Myokarditis, akute Pankarditis. Während der Schwangerschaft darf
Levothyroxin-Natrium mit Thyreostatika nicht kombiniert werden. Koronare
Herzinsuffizienz, Angina pectoris, Arteriosklerose, Bluthochdruck, tachykarde
Herzrhythmusstörungen und eine bestehende, nicht behandelte
Schilddrüsenautonomie sind weitere Kontraindikationen für den Gebrauch dieses
Präparates. Diese müssen vorerst behandelt werden, bevor man mit dieser
Therapie beginnt.
Wechselwirkung: (siehe Wechselwirkung bei Jodthyrox®)
Nebenwirkung: (siehe Nebenwirkung bei Jodthyrox®)
42
Pharmakodynamik: (siehe Pharmakodynamik Jodthyrox®)
Pharmakokinetik: (siehe Pharmakokinetik Jodthyrox®) [34]
L-Thyroxin „Henning“® -Tabletten
1 Tablette enthält eine der angegebenen Dosen an Levothyroxin-Natrium: 25 μg,
50 μg, 75 μg, 100 μg, 125 μg, 150 μg. Sonstige Bestandteile sind: Maisstärke,
vorverkleisterte Maisstärke, mikrokristalline Cellulose, Natriumcarbonat,
Natriumthiosulfat 5 H2O, hochdisperses Siliciumdioxid, hydriertes Rizinusöl. [24]
Wirkung: (siehe Kapitel 1.3.2 Wirkungen der Schilddrüsenhormone)
Indikation: Angewendet wird dieses Präparat zur: Substitution bei Hypothyreosen
jeglicher Genese, Therapie der gutartigen Struma mit euthyreoter Funktionslage,
Prophylaxe eines Rezidivkropfes nach erfolgter chirurgischer Entfernung oder
Radiojodtherapie eines euthyreoten Kropfes, Zusatzmedikation zu Thyreostatika
bei Hyperthyreose, Suppressiontherapie eines bösartigen Schilddrüsentumors
nach Thyreoidektomie (partiell, total).
Kontraindikation: (siehe Kontraindikation Euthyrox®)
Wechselwirkung: (siehe Wechselwirkung Jodthyrox®)
Nebenwirkung: (siehe Nebenwirkung Jodthyrox®)
Pharmakodynamik: (siehe Pharmakodynamik Jodthyrox®)
Pharmakokinetik: (siehe Pharmakokinetik Jodthyrox®) Der einzige Unterschied
zu Jodthyrox® ist, dass der maximale Plasmaspiegel des L-Thyroxin „Henning“ ® in
2-3 Stunden erreicht ist. [24]
43
Thyrex®
1 Tablette enthält eine dieser folgenden Dosen an Levothyroxin-Natrium: 25 μg,
50 μg, 75 μg, 100 μg, 125 μg, 160 μg. Sonstige Bestandteile sind: Zitronensäure
wasserfrei, Natriumedetat, Magnesiumstearat, Talkum, Guarkernmehl,
Carboxymethylstärke-Natrium (Typ A), Mannitol (E421). [29]
Wirkung: (siehe Kapitel 1.3.2 Wirkungen der Schilddrüsenhormone)
Indikation: Anwendungsgebiete dieses Präparates wären: Primäre und
sekundäre Hypothyreosen, euthyreote Strumen, Thyreoiditis, Rezidivprophylaxe
und –therapie nach Strumektomie, Zusatztherapie bei behandeltem
Schilddrüsenmalignom.
Kontraindikation: (siehe Kontraindikation Euthyrox®)
Wechselwirkung: (siehe Wechselwirkung Jodthyrox®)
Nebenwirkung: (siehe Nebenwirkung Jodthyrox®)
Pharmakodynamik: (siehe Pharmakodynamik Jodthyrox®)
Pharmakokinetik: (siehe Pharmakokinetik Jodthyrox®) [29]
Novothyral® -Tabletten
1 Tablette enthält 100 μg Levothyroxin-Natrium und 20 μg Liothyronin-Natrium.
Sonstige Bestandteile sind: Lactose-Monohydrat, Maisstärke, Gelatine,
Croscarmellose-Natrium, Magnesiumstearat. [30]
Wirkung: (siehe Kapitel 1.3.2 Wirkungen der Schilddrüsenhormone)
44
Indikation: Novothyral wird verabreicht bei: Non- oder Low-Respondern unter LThyroxin-Therapie bei allen Formen der Hypothyreose, bei Patienten mit einer
Störung der Konversion von T4 zu T3 in der Körperperipherie.
Kontraindikation: (siehe Kontraindikation Euthyrox®)
Wechselwirkung: (siehe Wechselwirkung Jodthyrox®)
Nebenwirkung: (siehe Nebenwirkung Jodthyrox®)
Pharmakodynamik: (siehe Kapitel 1.3 Pysiologie der Schilddrüse, 1.3.1
Regulation der Hormonsekretion, 1.3.2 Wirkungen der Schilddrüsenhormone,
Pharmakodynamik Jodthyrox®)
Pharmakokinetik: Für Liothyronin (T3) gilt: Bei nüchternem Magen und oraler
Einnahme von Liothyronin wird es im oberen Dünndarm zu 78%- 95% resorbiert.
Die Plasmaproteinbindung beträgt 99,70%. Dabei ist die Protein-Hormonbindung
nicht kovalent, sodass das Hormon rasch in seiner freien Form übergehen kann.
Die Plasmahalbwertszeit von T3 beträgt einen Tag. Bei Hyperthyreose ist diese
verkürzt und bei Hypothyreose verlängert. In der Schwangerschaft oder bei
Östrogentherapie ist die Proteinbindungskapazität erhöht, bei Leberzirrhose
(wegen der Hypoproteinämie) oder durch Medikamenteneinfluss (Glucokortikoide,
β-Rezeptorenblocker oder jodältige Medikamente) ist die Bindungskapazität
vermindert. Die Wirkung tritt nach 12-48 Stunden ein und dauert etwa 3-5 Tage.
Die Elimination erfolgt renal aber auch enteral nach Konjugation in der Leber. Die
gesamte metabolische Clearance-Rate von Liothyronin beträgt 24 l/die/70 kg.
Pharmakokinetik von Levothyroxin-Natrium: (siehe Pharmakokinetik Jodthyrox®)
[30]
Combithyrex mite/forte® -Tabletten
1 Tablette Combithyrex mite® enthält 50 μg Levothyroxin-Natrium und 12,5 μg
Liothyronin-Natrium. Dagegen enthält die Combithyrex forte®-Tablette 100 μg
Levothyroxin-Natrium und 25 μg Liothyronin-Natrium. Sonstige Bestandteile
45
wären: Zitronensäure, Dinatriumedetat, Magnesiumstearat, Talk, Guarkernmehl,
Carboxymethylstärke, Mannit. [35]
Wirkung: (siehe Kapitel 1.3.2 Wirkungen der Schilddrüsenhormone)
Indikation: Dieses Präparat steht für folgende Pathologien zur Verfügung:
Primäre und sekundäre Hypothyreosen, euthyreote Strumen, Rezidivprophylaxe
und –therapie nach Kropfentfernung, Begleitmedikation zur thyreostatschen
Therapie von Hyperthyreosen, Thyreoiditis, Zusatztherapie bei behandeltem
Schilddrüsenkarzinom.
Kontraindikation: (siehe Kontraindikation Euthyrox®)
Wechselwirkung: (siehe Wechselwirkung Jodthyrox®)
Nebenwirkung: (siehe Nebenwirkung Jodthyrox®)
Pharmakodynamik: (siehe Kapitel 1.3 Pysiologie der Schilddrüse, 1.3.1
Regulation der Hormonsekretion, 1.3.2 Wirkungen der Schilddrüsenhormone,
Pharmakodynamik Jodthyrox®)
Pharmakokinetik: (siehe Pharmakokinetik Novothyral®) [35]
Trijodthyronin „Sandoz“ ® 25 Gamma-Tabletten
1 Tablette enthält 25 μg Liothyronin (T3) als Natriumsalz. Sonstige Bestandteile
wären: Zitronensäure wasserfrei, Dinatriumedetat, Magnesiumstearat (E 572),
Talk, Guarkernmehl, Carboxymethylstärke, Natrium, Mannit. [29]
Wirkung: (siehe Kapitel 1.3.2 Wirkungen der Schilddrüsenhormone)
Indikationen: Verwendet wird dieses Präparat zur Überbrückung der
hypothyreoten Phasen vor einer Radiojodtherapie bei Schilddrüsenkarzinom, zur
Substitutionstherapie einer Hypothyreose bei nachgewiesener oder vermuteter T4
46
zu T3 Konversionsschwäche, -störung. Üblicherweise wird hierbei auch ein
Levothyroxin-Natrium verabreicht. Allgemein ist eine ausschließliche
Dauertherapie mit T3 ungeeignet.
Kontraindikation: (siehe Kontraindikation Euthyrox®)
Wechselwirkung: (siehe Wechselwirkung Jodthyrox®)
Nebenwirkung: (siehe Nebenwirkung Jodthyrox®)
Pharmakodynamik: (siehe Kapitel 1.3 Pysiologie der Schilddrüse, 1.3.1
Regulation der Hormonsekretion, 1.3.2 Wirkungen der Schilddrüsenhormone,
Pharmakodynamik Jodthyrox®)
Pharmakokinetik: (siehe Pharmakokinetik Novothyral®) [29]
47
3 Anmerkungen
Verwendet man diese Schilddrüsentherapeutika, unter Berücksichtigung aller
Parameter mit Bedacht, so verläuft die Therapie meist komplikations- und
nebenwirkungsarm. Allerdings sei hier erwähnt, dass viele Patienten
Schilddrüsenhormone missbräuchlich verwenden, um eine Gewichtsreduktion
herbeizuführen. Da eine Hyperthyreose, also eine vermehrte
Schilddrüsenhormonproduktion, zu Gewichtsabnahme führt, glauben viele
Menschen mit euthyreoter Stoffwechsellage, dass sie durch die Einnahme von
Thyroxin im physiologischen Bereich abnehmen. Dies ist aber nicht der Fall. Noch
schlimmer ist es, wenn Patienten supraphysiologische Dosen von T4 zu sich
nehmen. Diese Dosen können schwere und sogar lebensbedrohliche
Nebenwirkungen, wie sie oben beschrieben wurden, nach sich ziehen. Für die
Gewichtsreduktion sind andere Medikamente viel besser geeignet.
Schilddrüsenhormone sollten wirklich nur im Rahmen einer
Schilddrüsenüberfunktion eingenommen werden.
Studien haben auch gezeigt, dass Sojaprodukte die intestinale Aufnahme von
Levothyroxin vermindern. Daher müssen hypothyreote Veganer und Vegetarier,
deren Ernährung hauptsächlich aus Sojaprodukten besteht, besondere Vorsicht
walten lassen. Vor allem ist zu Beginn oder nach Beendigung einer sojahaltigen
Ernährung eine Dosisanpassung notwendig. Es sollte daher stets nach den
Ernährungsgewohnheiten der hypothyreoten Patienten gefragt werden.
48
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