Trauma

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19.03.12
CAS Forensisch Psychiatrische Pflege ‚Trauma und Traumafolgen‘ Heinz Marty Fachpsychologe SBAP in Klinischer Psychologie, Psychotherapie und No=allpsychologie Ablauf §  Trauma DefiniBon §  Unterschiedliche Betroffenheit/ReakBonen §  Traumaformen §  Mögliche SymptomaBk nach Belastung §  Trauma und Forensik §  Strukturelle DissoziaBon §  Krankheitsbilder 1
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Psychotrauma -­‐ Defini@on „Ein psychisches Trauma ist ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen SituaBonsfaktoren und den individuellen BewälBgungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht, und so eine dauerhaSe ErschüTerung des Selbst-­‐ und Weltverständnisses bewirkt.“ (Fischer, Ridesser, Lehrbuch der Psychotraumatologie) Traumaerfahrung Ein Psychotrauma enthält: §  Existenzielle Bedrohung §  Die HeSigkeit/Intensität übersteigt die persönlichen Anpassungs-­‐ und BewälBgungsmöglichkeiten. §  Intensives Erleben von Angst, Panik, Entsetzen, Verzweiflung, ÜberwälBgung, Ohnmacht, Schmerz ... §  Intensives Gefühl, ausgeliefert zu sein, dem Ende nahe zu sein. §  Maximale Hilflosigkeit bei gleichzeiBg minimalen Handlungsmöglichkeiten. 2
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Abgrenzung ... ist nicht unbedingt ein Psychotrauma: §  Frustrierende Erfahrung (intensive Gefühle wie Ärger, Trauer, Wut, Neid, EnTäuschung, Eifersucht, Angst, Verlust, Zurückweisung u.a) §  Ein belastendes Erlebnis §  Eine schmerzliche Kränkung oder ein Verlust §  Ein dysfunkBonales Beziehungsmuster oder eine belastende InterakBon §  Eine konflikthaSe innere Spannung §  ....... Häufigkeit: Trauma@sche Ereignisse/PTBS Häufigkeit von traumatischen Stressoren und PTBS
Mindestens einmal im Leben
Posttraumatische
Belastungsstörung 9%
Traumatische Ereignisse
Frauen 92%
Traumatische Ereignisse
Männer 87%
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Breslan et al. 1998
3
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Building Block Effect Je mehr Traumata ein Mensch erlebt hat, desto wahrscheinlicher ist es, dass dieser Mensch traumaBsiert wird. Ab einer besBmmten Menge leiden alle Personen unter dem klinischen Bild einer PTSD. N=3500
Schauer, M., Neuner, F., Karunakara, U., Klaschik, C., Robert, C., Elbert, T. (2003) Betroffene §  Primär TraumaBsierte §  Vom Ereignis selbst und unmiTelbar betroffen §  Sekundär TraumaBsierte §  Anblick oder Hilfe §  TerBär TraumaBsierte §  Nicht vor Ort 4
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PTBS-­‐Epidemiologie §  Berufsfeuerwehr NRW* §  Polizei St.Gallen* §  Rega CH* §  Bergführer §  Intensiv-­‐Pflege** 18,2% 13,5% 6,3% 2,7% 7,0% * Ehlert (div.) ** Teegen & Müller (2000) Risikofaktoren für PTBS (Michaela Huber, 2005)
§  Faktoren vor dem belastenden Ereignis: §  Resilienz... §  Geringe soziale Unterstützung §  Schicksalsschläge §  Introversion oder extrem gehemmtes Verhalten §  Schlechte körperliche oder psychische Gesundheit §  Faktoren während des belastenden Ereignisses: §  Länge und Ausmass der traumaBschen Einwirkung §  SubjekBves Bedrohungsgefühl §  andere damit verbundene Traumata §  Faktoren nach dem belastenden Ereignis: §  Fortgesetzte negaBve Lebensereignisse §  Mangelnde Anerkennung des Traumas durch andere §  Sekundäre Stressfaktoren (Angst vor dem Täter, Zerstörung des Heimes u.a.) §  Mangelnde soziale Unterstützung 5
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Fazit zu PTBS Die meisten Menschen erholen sich nach einem Trauma ohne fremde Hilfe! Die PosTraumaBsche Belastungsstörung ... ... ist eine inadäquate, aber natürliche Verarbeitung von Erlebtem. ... ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen. ... kann in jedem Lebensalter auSreten. ... verläuS ohne entsprechende Behandlung chronisch. ... kann phasenweise in der Intensität der SymptomaBk verschieden sein. ... ist eine belastende und behindernde Erkrankung. Traumazange Existenziell bedrohliches Ereignis Bindungssystem Flucht no flight – no fight Kampf Hilflosigkeit
Ohnmacht „freeze“ Ausgeliefertsein Unterwerfung Trauma DissoziaBon Erinnerungsfragmente (K.Vavrik, Wien, ergänzt) 6
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Symptome? §  Jedes Symptom ergibt Sinn: §  Von anderen ist der Sinn oS nicht zu erkennen. §  Die Frage lautet: Wofür ist ein Symptom da, was bringt es? §  Freeze (Vermeidung) è Todstellreflex §  Flight (Hyperarousal) è Flucht §  DissoziaBon è nicht erleben müssen §  Depression... Einschätzung §  Ebenen: kogniBv, emoBonal, physiologisch, behavioral §  Methoden: Verfahren, Informanden, Befragungen §  Situa@onal: Lebensbereiche, Abhängigkeiten, Zustände §  Individuell: Individuum, StörungsrepräsentaBon §  Behandlungsbezogen: IntervenBonen, Therapieangebot 7
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Lebenslauf Bindung GeneBk Live entents KonsBtuBon Resilienz Vulnerabilität SituaBon/Lebensphase Bewäl@gung/Ressourcen §  Unterschiedliche Strategien zur StressbewälBgung §  Unterschiedliche Ressourcen, Resilienz §  Individuelle DisposiBon oder Vulnerabilität §  Soziales Netzwerk §  Beziehungen §  Lebensverlauf §  ... 8
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Bindungssystem §  Der Mensch wird mit einem angeborenen Bedürfnis nach Bindung geboren. §  Das Bindungssystem ist besBmmend für das zwischen-­‐ menschliche Verhalten. §  Das Bindungssystem besBmmt das Verhalten (auch nach einem belastenden Ereignis). §  Das Bindungssystem wird bei Krisen aktuell. §  Menschen mit einem sicheren BindungssBl finden schneller zur Normalität zurück. Bindungsverhalten/Störungsbilder §  Feinfühligkeit §  Empathie §  Dialog §  Affektverhalten §  Affektdifferenzierung (Was spüre ich?) §  AffektregulaBon (Wie kann ich das steuern?) §  AffektabsBmmung (Kontext, Dialog, Umgang) §  Persönlichkeitsstörungen sind Bindungsstörungen 9
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Bindungss@le Untersuchungen von Mary Ainsworth Sichere Bindung Die Kinder können Nähe und Distanz der Bezugsperson angemessen regulieren. Unsicher-­‐vermeidende Bindung Die Kinder zeigen eine Pseudounabhängigkeit von der Bezugsperson. Sie zeigen auffälliges Kontakt-­‐Vermeidungsverhalten und beschäSigen sich primär mit Spielzeug im Sinne einer Stress-­‐KompensaBonsstrategie. Unsicher-­‐ambivalente Bindung Die Kinder verhalten sich widersprüchlich-­‐anhänglich gegenüber der Bezugsperson. Desorganisierte Bindung Die Kinder zeigen deutlich desorienBertes, nicht auf eine Bezugsperson bezogenes Verhalten. Bindungsstörungen Persönlichkeitsstörungen sind Bindungsstörungen. §  Unsicher-­‐vermeidender BindungssBl §  Unsicher-­‐ambivalenter BindungssBl Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis werden durch das Bindungsverhalten bes@mmt. §  Desorganisierter BindungssBl 10
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Lebensgeschichte §  Kenntnis der Lebensgeschichte ist für die diagnosBsche Einschätzung unabdingbar. §  Die Abläufe erkennen und mit dem PaBenten zusammen verstehen. §  Traumanetzwerke erkennen, um die Folgen zu verstehen. §  Genaue Kenntnisse der SymptomaBk der verschiedenen Störungsbilder und deren Überschneidung mit anderen Störungsbildern. Dissozia@on §  Der Begriff Dissozia@on beschreibt laut DefiniBon des DSM-­‐IV die Unterbrechung der normalerweise integraBven FunkBonen des Bewusstseins, des Gedächtnisses, der IdenBtät oder der Wahrnehmung der Umwelt (wikipedia) §  Formen: §  DissoziaBve Amnesie §  DissoziaBve Fuge §  DissoziaBver Stupor §  Trance und Besessenheitszustände §  DissoziaBve Bewegungsstörungen §  DissoziaBve Krampfanfälle §  DissoziaBve Sensibilitäts-­‐ und Empfindungsstörungen §  SonsBge dissoziaBve Störungen 11
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Assozia@on vs. Dissozia@on §  Assoziieren: zusammenfügen, verknüpfen. §  Dissoziieren: trennen, in Fragmente zerspliTern. §  Wir dissoziieren UnwichBges und Brisantes. §  Reizüberflutung ausblenden = dissoziieren §  AlltagsdissoziaBon §  Jemanden treffen, den man eigentlich kennen müsste: §  Wie heisst er/sie schon wieder? §  Woher kenne ich ihn/sie? §  Sich in etwas verBefen: §  Beim Lesen eines Buches rundherum alles vergessen. Formen von Dissozia@on §  Gefühl, neben sich zu stehen oder sich von aussen selbst zu beobachten (DepersonalisaBon) §  Gefühl, die Umgebung stark verändert zu erleben (DerealisaBon) §  Amnesien inklusive Fuge Fuge: Sich an einem Ort wiederfinden und nicht wissen, wie man dorthin gekommen ist. §  IdenBtätsveränderungen §  DDNOS §  DIS §  Borderline §  ... §  Strukturelle DissoziaBon (Michaela Huber) 12
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Ar@kel: Studien §  DissoziaBve Phänomene bei StraSätern sind wenig untersucht. §  66–77% erhöhte DissoziaBonswerte im Normvergleich. §  Prävalenz dissoziaBver SymptomaBk bei StraSätern 21–49% §  DissoziaBve Phänomene: §  psychisch kranke StraSäter > Gefängnisinsassen §  Eigene StraSat wird als traumaBsch erlebt: §  PosTraumaBsche Belastungsstörung §  DissoziaBve SymptomaBk §  10 Studien (1948–2001, N 563, Mörder) §  31–40% dissoziaBve Amnesie während der Tat §  23% dissoziaBve Amnesie nach der Tat Dissozia@on van der Kolk et al. §  Primäre DissoziaBon §  UnmiTelbare ReakBon auf das Trauma. §  Einengung der Wahrnehmung. §  Neurobiologische StressreakBon §  Sekundäre DissoziaBon §  Spaltung zwischen dem erlebenden und dem beobachtenden Ich. §  En=remdungserleben (DerealisaBon, DepersonalisaBon) §  ... 13
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Studie: Dudeck et al. §  Lässt sich das Konzept der sekundären DissoziaBon auf den Vorgang der StraSat im Sinne einer ‚peritraumaBschen DissoziaBon‘ bei forensischen PaBenten übertragen? §  Wie häufig kommen dissoziaBve Symptome im Kontext der StraSat vor? SBmmen die Befunde der Fremdbeurteilung mit den Ergebnissen der Selbstbeurteilung überein? §  Ist die dissoziaBve Psychopathologie während der Tat eng mit der allgemeinen Psychopathologie assoziiert? Studie: Dudeck et al. §  N 19 (m: 17, w: 2) §  Alle Teilnehmer haTen eine Persönlichkeitsstörung Cluster B §  7 Borderline-­‐Persönlichkeitsstörung §  6 narzissBsche Persönlichkeitsstörung §  5 anBsoziale Persönlichkeitsstörung §  1 histrionische Persönlichkeitsstörung §  Die SymptomaBk dieser Persönlichkeitsstörungen beinhaltet: §  DramaBsches, launisches oder emoBonales Verhalten? §  Ergebnisse: §  14 Probanden mit mindestens einem klinisch relevanten Symptom §  5 Probanden keine dissoziaBve SymptomaBk §  1 Proband gab an, an allen abgefragten Symptomen zu leiden. §  Wesentlich: 74% wiesen eine dissoziaBve SymptomaBk während der Tat auf. 14
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Delinquenz... ...als Spannungsabfuhr und StressregulaBon auf Borderlineniveau. ...als eine Form der Selbstschädigung. PeritraumaBsche DissoziaBon als MiTel zur Neutralisierung der durch die StraSat entstandenen unerträglichen Affekte. Trauma und Forensik Trauma@sierung und Behandlungsbedür^igkeit bei Langzeitgefangenen in Europa §  April 2007 bis April 2009 §  Forschung zu Langzeit-­‐Strafvollzug §  1055 Probanden aus elf Ländern §  Traumavariablen mit der PDS und die BehandlungsbedürSigkeit miTels des BSI erfasst. §  Im MiTel drei Traumata pro Proband = hoch traumaBsierte PopulaBon. §  Nahezu 14% entwickelten eine PosTraumaBsche Belastungsstörung. §  Jeder sechste Gefangene berichtete über selbstverletzendes Verhalten und mindestens einen Suizidversuch. §  Depressive Symptome waren in der Beschreibung führend. §  Zusammenfassend: BehandlungsbedürSigkeit zur Besserung und Minimierung der Rückfallwahrscheinlichkeit. Dudeck, Dr. Manuela, 2009 15
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Persönlichkeitsstörungen §  Viele Studien belegen, dass weit über 90% der Menschen mit einer Persönlichkeitsstörungsdiagnose frühe Traumata erlebt haben. §  Unbehandelbarkeit: Hypothese: §  Herkömmliche Behandlungen berücksichBgen das Trauma-­‐ erleben nicht. §  Da frühkindliche Traumaerfahrungen nicht in den Hippo-­‐ campus gelangen, sind sie bewusstseinsfern. §  Bindungsstörungen benöBgen viel Zeit, die man als Behandler oS nicht hat. §  ... Trauma und Behinderung §  56% der Frauen und 44% der Männer mit einer geisBgen Behinderung waren Opfer sexueller Übergriffe. (Fuery, 1994) §  Von 200 Kindern und Erwachsenen, die an der Tavistock Klinik in London behandelt wurden, wurden 70% im Verlauf ihres Lebens sexuell misshandelt. §  64% der Frauen und 50% der Männer werden ein-­‐ oder mehrmals im Laufe ihres Lebens sexuell ausgebeutet. (Zemp, Basel, 1996) §  ValenB, Hein & Schwarz gehen davon aus, dass mehr als 95% der Menschen mit einer Behinderung mehr als 10 Übergriffe erlebt haben. 16
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Big-­‐T-­‐Trauma Ereignis, das als katastrophal oder als verheerend erlebt wird. §  Kriegshandlungen §  Angriffe auf Leib, Leben, emoBonale oder soziale Existenz §  Sexueller Missbrauch, VergewalBgung §  Folter, Kidnapping §  Raubüberfall, Gewalt §  Naturkatastrophen §  Schwere Unfälle §  Krankheit, medizinische Eingriffe §  Plötzlicher Verlust sozialer Sicherheit oder vertrauter Menschen Small-­‐t-­‐Trauma Verletzungen, die durch ihre QuanBtät traumaBsieren §  TraumaBsierung durch die Häufigkeit §  Wiederkehrende Erlebnisse §  DemüBgung, grosse Peinlichkeit §  Scham und Hilflosigkeit §  Verrat §  Erhöhte Vulnerabilität §  toxisches Familienklima §  Misshandlungen §  Sexueller Missbrauch §  ... 17
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Typologie Traumtyp Akzidentelle Traumata (zufällig) Zwischenmenschliche Traumata Big-­‐T-­‐Traumata einmalig, unerwartet, lebensbedrohend §  Verkehrsunfälle §  Berufsbedingtes Erleben (z.B. Polizei, Pflege u.a.) §  Arbeitsunfälle §  Kurz dauernde Naturkatastrophen §  Kriminelle Gewalt §  Körperliche Gewalt §  VergewalBgung §  Zivile Gewalterlebnisse (z.B. Banküberfall) Small-­‐t-­‐
Traumata §  Lang andauernde Naturkatastrophen §  Technische Katastrophen (z.B. GiSgaskatastrophen) §  Früher sexueller Missbrauch §  Frühe Misshandlungen §  GeiselhaS §  Krieg §  InhaSierung §  Massenvernichtung Reinszenierung Wenn eine traumaBsche Erfahrung nicht integriert wird: §  Ist man gezwungen, diese zu wiederholen §  Oder sie zu reinszenieren (Pierre Janet, 1902) 18
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Traumanetzwerke Tsunami Misshandlung in der Kindheit Tod der geliebten GrossmuTer Stress SymptomaBk Gehirn §  Amygdala ist die Bibiliothekarin, die entscheidet, ob InformaBonen wichBg sind oder nicht: §  Alle Sinneseindrücke gehen zuerst zur Amygdala §  EmoBonale Bewertung (posiBv, negaBv oder nicht wichBg) §  Droht Unheil, wird sofort Abwehr mobilisiert §  Hippocampus ist die Poststelle des Gehirns: §  Alle InformaBonen der verschiedenen sensorischen Systeme §  SchniTstelle zwischen Kurzeit-­‐ und Langzeitgedächtnis §  Triage der InformaBonen (Dinglichkeit, WichBgkeit, Neuigkeit) 19
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Übliche Informa@onsverarbeitung implizites Gedächtnis Hirnrinde/Cortex Pförtner/Thalamus Informa@onsverarbeitung bei Stress Adrenalin/Noradrenalin Cor@sol implizites Gedächtnis Hirnrinde/Cortex Pförtner/Thalamus 20
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Informa@onsverarbeitung bei trauma@sierenden Situa@onen Adrenalin/Noradrenalin Cor@sol
Cor@sol implizites Gedächtnis Hirnrinde/Cortex Pförtner/Thalamus Erinnerungsfragmente §  FragmenBerte Speicherung im impliziten Gedächtnis (Amygdala) §  Unfassbarkeit, Entsetzen, ZerspliTerung der Erfahrung §  Keine explizite Speicherung via Hippocampus §  Bedeutungskontext fehlt, zusammenhangslose Erinnerung §  KogniBver Bearbeitung unzugänglich §  Unveränderte, Ursprüngliche Erlebnisqualität §  Auch nach Jahren §  EmoBonale Überflutung §  Durch äussere Reize (Flashbacks u.a.) §  StressreakBonen §  Hyperarousal... §  Albträume 21
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Traumagedächtnis §  Bilder, Geräusche, Gerüche §  Gesicht des Peinigers §  Geruch von Feuer §  Tsunami §  KogniBon §  Bewertungen („jetzt sterbe ich“ usw.) §  EmoBon §  Angst, Wut, Scham usw. §  Körperempfindungen Traumagedächtnis: Aron Sabo §  Bilder, Geräusche, Gerüche §  Streit, bedrohende Atmosphäre §  KogniBon §  Bewertungen („jetzt sterbe ich“, „jetzt werde ich entmannt“) §  EmoBon §  Angst, Wut, Scham usw. §  Körperempfindungen §  ? 22
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Gehirn §  DeprivaBon bei Waisenhauskindern: §  DurchschniTlicher IQ von 70 §  Deutlich kleineres Hirnvolumen §  Allgemeine Wachstumsverzögerung §  Schwere Entwicklungsstörungen §  Ausreichende Ernährung und Versorgung allein reicht nicht aus. §  Kinder brauchen für eine gesunde psychische Entwicklung auch Bindungspersonen, die ihre emoBonalen Bedürfnisse befriedigen. (R.Spitz, 1910) Veränderungen §  Bei frühkindlichen TraumaBsierungen §  Hippocampus ist unterentwickelt §  Brücke zwischen den Hemisphären ist kleiner §  Kleineres Hirnvolumen §  Weniger Synapsen §  Amygdala ist grösser 23
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Traumaphasen §  Schockphase §  Erste Stunden bzw. Tage nach dem Ereignis §  Überleben -­‐ Sozialer Bruch §  Phase der erhöhten Vulnerabilität §  Wochen bis Monate §  Erschöpfung, Intrusionen §  Spontanverarbeitung §  Konsolidierungsphase §  Erholungsphase oder §  Chronifizierung der Traumaphysiologie Verhaltenschema §  Traumaschema §  Kampf, Flucht, Lähmung, Unterwerfung ... §  Kompensatorisches Schema §  Vermeidung §  ÜberkompensaBon §  Kontraphobisches Verhalten §  VikBmisierung anderer (Zuschreibung Opferrolle) (K. Vavrik, Wien) 24
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Schweregrad §  Art des Traumas §  HeSigkeit (subjekBves Erleben) §  Zeitpunkt (Alter, Entwicklung) §  Dauer der TraumaexposiBon §  Häufigkeit – RetraumaBsierung §  Geheimhaltungsdruck (nicht darüber sprechen können) §  PeritraumaBsche DissoziaBon §  OrienBerungs-­‐ oder Kontrollverlust §  DerealisaBons-­‐ und DepersonalisaBonserleben §  Amnesien, Wahrnehmungsverzerrungen Schweregrad §  Persönliche Faktoren §  Umgang mit StresssituaBonen §  Aktuelle Verfassung §  Nähe zum Täter (emoBonal, räumlich) §  GrundorienBerung (Religion, Familie, Umgang mit Gefühlen) §  Soziale Faktoren §  Beziehungsnetz §  Vertraute Menschen §  Soziale Sicherheit 25
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Verarbeitung Besonders schwer zu verarbeitende Traumata: §  Dauern sehr lange. §  Wiederholen sich häufig. §  Beinhalten zwischenmenschliche Gewalt. §  Der Täter ist ein nahe stehender Mensch. §  Das Opfer mochte den Täter. §  Das Opfer fühlte sich an der Tat mitschuldig. §  Die Persönlichkeit des Opfers ist noch nicht gefesBgt oder gar gestört. §  Das Erleben beinhaltet neben körperlicher und seelischer auch sexuelle Gewalt. §  Mehrere Täter sind beteiligt. §  Das Opfer hat viele DissoziaBonen während und nach dem Trauma. §  Niemand hilS dem Opfer. §  Niemand spricht mit dem Opfer nach der Tat darüber. (Michaela Huber) Mögliche Traumasymptome §  DepersonalisaBon/DerealisaBon §  DissoziaBon §  Intrusionen (Wiedererleben) §  Vermeidung und En=remdung §  Hyperarousal §  Andauern von Wut und Ärger §  EmoBonale Taubheit §  Wendung der Wut gegen die eigene Person §  Selbstverletzung, Suizidvorstellungen, -­‐gedanken 26
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Traumasymptome §  Intrusion (Wiedererleben) §  Gefühle der Ohnmacht §  Gefühle der Hilflosigkeit §  Gefühle der Verzweiflung §  Hyperarousal (Übererregung) §  KonstrikBon (Vermeidung) §  EmoBonale Taubheit, Rückzug §  Innere Leere/Lähmung §  Freudlosigkeit, Interesselosigkeit §  Depression Intrusionen §  Wiedererleben des Traumas §  Wiederkehrende belastende Träume §  Plötzliche und lebhaSe Flashbacks §  Intensive psychische Belastung §  Intensive körperliche ReakBonen bei KonfrontaBon mit Hinweisreizen 27
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Vermeidung und Eneremdung Konstrik@on §  Vermeidung traumarelevanter Gedanken, Gefühle oder Gespräche §  Vermeidung traumarelevanter AkBvitäten, Orte oder Personen §  Amnesien §  Intereresseverlust §  Gefühle der Losgelöstheit und En=remdung von anderen §  Eingeschränkte Bandbreite des Affektes §  Gefühl einer eingeschränkten ZukunS Hyperarousal/Übererregung §  Ein-­‐ und Durchschlafschwierigkeiten §  IrriBerbarkeit und Wutausbrüche §  Erhöhte Impulsivität §  KonzentraBonsprobleme §  Übermässige Wachsamkeit §  Übermässige SchreckreakBonen 28
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Weitere kogni@ve und emo@onale Veränderungen Auf die eigene Person bezogen Auf Mitmenschen bezogen §  Gefährdung, Vulnerabilität §  Misstrauen §  Hilflosigkeit §  En=remdung §  Beschämung §  Ärger, Wut, Aggression, Rache §  En=remdung §  ‚Unangepasste‘ EmoBonen §  Ärger, Wut, Aggression, Rache §  Scham §  Schuldgefühle vs. Schuld §  Ekel §  Schamgefühle §  gestörte InBmität §  Ekel §  Verminderte Selbstachtung Dissozia@on Weiss et al., Marmar et al. §  PeritraumaBsche DissoziaBon §  SchutzfunkBon, um körperliche oder seelische Qualen nicht wahrzunehmen. §  Zustand, der dem Bewusstsein nicht zugänglich ist. §  PosTraumaBsche DissoziaBon §  Auch lange nach der traumaBsierenden SituaBon. §  Durch sogenannte Trigger auslösbar. §  Gefühl, neben sich zu stehen. §  Erinnerungslücken, Zeitverlust. §  Unempfindlich gegen Schmerzen. §  Seh-­‐, Hör-­‐, Geruchs-­‐ und/oder Geschmacksveränderungen. 29
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Strukturelle Dissozia@on §  APN (Alltags-­‐Ich nach dem Trauma) §  Anscheinend normale Persönlichkeit §  Trauma-­‐nahe EmoBonen (EP) sind abgespalten §  EPs werden dissoziiert §  EP (Trauma-­‐nahe Parts) §  EmoBonale Persönlichkeitsanteile §  Abspaltung der EPs von der APN dient dazu, ... ... die subjekBve nicht ertragbare Wucht der traumaBschen Erinnerung zu schubladisieren. ... das Trauma irgendwie zu überleben und zu ertragen. Primär Sekundär TerBär PosTraumaBsche Belastungsstörung Angststörungen Depressionen Borderline DESNOS u.a. DissoziaBve IdenBtätsstörung APN können Täter-­‐ Introjekte sein Mit freundlicher Genehmigung von Michaela Huber www.michaela-­‐huber.com 30
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Selbstheilungsversuche §  Selbstverletzung §  Selbstbetäubung (SuchtmiTelmissbrauch) §  Zwangsrituale §  Exzessives Sich-­‐spüren-­‐wollen (Extremsport u.a.) §  Todessehnsucht §  Reinszenierung alter TraumasituaBonen §  Gewaltausbrüche Reak@onen anderer... §  Verständnis §  Beruhigen und Verharmlosen §  „Das wird schon wieder gut.“ §  Ungeduld und IrritaBon §  „Hör auf zu jammern.“ §  Appell §  „Dass du uns das antust.“ „Du solltest dich schämen.“ §  Ausgrenzung §  Aggression §  „Die ist hysterisch“ 31
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Traumafolgen Traumatisches Ereignis
Anpassungsstörung F43.2
Bewältigung
Akute Belastungsreaktion F43.0
Depression, Angst, Sucht,
Somatisierung, Dissoziation
Integration
Kompensation
PTBS
F43.1
Persönlichkeitsveränderungen
Komplexe PTBS
Persönlichkeitsstörungen
Traumafolgestörungen §  Akute BelastungsreakBon (Stunden bis Tage) §  Anpassungsstörung (Wochen bis sechs Monate) §  PosTraumaBsche BelastungsreakBon §  PosTraumaBsche Belastungsstörung §  Komplexe PosTraumaBsche Belastungsstörung §  DESNOS (Disorder of Extrem Stress Not Otherwise Specified) §  Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung §  Nicht näher bezeichnete dissoziaBve Störung (NNBDS) §  DissoziaBve Störung, nicht näher spezifiziert §  DDNOS (DissociaBve Disorder Not Otherwise Specified) §  DissoziaBve IdenBtätsstörung (DIS) §  DID (DissociaBve IdenBty Dosorder) 32
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Traumafolgestörungen bei Kindern §  Verhaltensstörungen (Störung des Sozialverhaltens, ADHS usw.) §  Störungen im Bereich des Lernens und des Gedächtnisses §  Selbstverletzungen, Suizidalität §  Zwangshandlungen §  Störungen in der AffektregulaBon §  Suchtverhalten §  Borderline-­‐Störung §  DissoziaBve IdenBtätsstörung, MulBple Persönlichkeit, ego state disorder Symptomverständnis ADHS §  Unaufmerksamkeit §  Störung in der InformaBonsverarbeitung (Wahnehmungsblockaden) §  DissoziaBve Phänomene §  Impulsivität §  Flucht-­‐ oder Kampfimpulse §  HyperakBvität §  DesorienBere Bindungsmuster, Bindungsstörungen §  Anhaltender Hyperarousel (K.Vavrik, Wien) 33
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Poshrauma@sche Belastungsreak@on §  Angstzustände, erhöhte SchreckhaSigkeit §  Albträume, Schlafstörungen §  Häufiges Wiedererleben von Teilen des Traumas (Bilder, Schmerzen) §  Vermeidung von Trauma-­‐Reizen §  Empfindungslosigkeit, Lostgelöstsein, Einsamkeit §  En=remdung, Kontaktscheue §  Umwelt, Körper und Gefühle nicht richBg wahrnehmen – dissoziieren §  KonzentraBons-­‐ und Leistungsstörungen §  Gereiztheit, Impulsdurchbrüche (Michaela Huber, 2010) Akute Belastungsreak@on ICD-­‐10 F43.0 DSM-­‐IV 308.3 Angststörungen (differenzierter beschrieben)
§  Vorübergehend §  Beträchtlicher Schweregrad §  Aussergewöhnliche seelische oder körperliche Belastung §  TraumaBsches Ereignis oder §  Änderung im sozialen Beziehungsnetz oder der sozialen Stellung §  Vulnerabilität oder BewälBgungsmechanismen spielen eine Rolle §  Traumasymptome §  Aufmerksamkeitsschwierigkeiten §  DesorienBertheit §  ÜberakBvität, panische Angst §  körperliche Symptome §  Amnesie u.a. §  Symptome rasch rückläufig, nach drei Tagen nur noch minimal vorhanden 34
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Anpassungstörung ICD-­‐10 F43.2 §  Zustände von subjekBvem Leiden und emoBonaler BeeinträchBgung §  Nach belastenden Lebensereignissen oder auch nach schwerer körperlicher Krankheit §  Individuelle DisposiBon oder Vulnerabilität spielen eine grosse Rolle §  Belastendes Ereignis oder Lebenskrise muss eindeuBg nachgewiesen sein §  Symptome §  Depressive SBmmung, Angst, Besorgnis §  Gefühl, unmöglich zurechtzukommen, vorauszuplanen oder in der gegenwärBgen SituaBon for=ahren zu können §  Einen Monat nach dem Ereignis §  Zumeist nicht länger als sechs Monate Poshrauma@sche Belastungsstörung ICD-­‐10 F43.1 §  Aussergewöhnliche Bedrohung, katastrophenarBges Ausmass §  Selbst erlebt oder Zeuge davon §  Small-­‐t-­‐Traumata sind nicht enthalten §  Symptome §  Wiedererleben (Nachhallerinnerungen, Flashbacks) §  Träume, Schlaflosigkeit §  Vermeidungssymptome (Betäubtsein, emoBonale Stump}eit, Vermeiden von SituaBonen) §  u.a. §  Selten kommt es zu dramaBschen, akuten Ausbrüchen (Angst, Panik) §  Aggression §  Latenz = Wochen bis selten mehr als sechs Monate (neu: nach zwei Jahren) §  Chronischer Verlauf bei wenigen PaBenten (dann dauernde Persönlichkeitsveränderung (F 62.0) diagnosBzieren = problemaBsch) 35
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Komplexe PTBS DESNOS (Disorder of extrem Stress not otherwise specified)
§  Störung der Affekte und Impulse §  Wut wird zu starker Wut §  Angst wird zu existenzieller Angst §  Existenzielle Verzweiflung (Depression, Suizid) §  Grosse Probleme in der ImpulsregulaBon §  Störung der Selbstwahrnehmung §  SBgmaBsierung §  Schuld, Scham §  Unzureichende Selbs=ürsorge §  Störung in der Beziehung zu anderen Menschen §  SomaBsierungsstörung §  Veränderung von Lebenseinstellungen (Michaela Huber) Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung F 62.0 §  Andauernde, wenigstens über zwei Jahre bestehende Persönlichkeitsänderung. §  Diese kann einer Belastung katastrophalen Ausmasses folgen. §  Die Belastung muss extrem sein, dass die Vulnerabilität der betreffenden Person als Erklärung für die Bef greifende Auswirkung auf die Persönlichkeit nicht in Erwägung gezogen werden muss. §  Die Störung ist gekennzeichnet durch ... ... eine feindliche oder misstrauische Haltung gegenüber der Welt. ... sozialen Rückzug, Gefühle der Leere oder Hoffnungslosigkeit. ... ein chronisches Gefühl der Anspannung wie bei ständigem Bedrohtsein und En=remdungsgefühl. §  Persönlichkeitsänderungen nach ... ... andauerndem Ausgesetztsein lebensbedrohlicher SituaBonen (z.B. Opfer von Terrorismus) ... andauernder GefangenschaS mit unmiTelbarer Todesgefahr ... Folter ... Katastrophen ... KonzentraBonslagererfahrungen 36
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Dissozia@ve Störung ICD-­‐10 F44.X §  F44.0 dissoziaBve Amnesie §  F44.1 dissoziaBve Fuge §  F44.2 dissoziaBver Stupor §  dissoziaBve Amnesie §  Zielgerichtete Ortsveränderung §  Aufrechterhaltung der einfachen Selbs=ürsorge §  Bewegungslosigkeit §  Katatonie? §  F44.3 Trance und Besessenheitszustände §  F44.4 – 7 dissoziaBve Störung der Bewegung und der Sinnesempfindungen §  F44.8 sonsBge dissoziaBve Störungen §  F44.9 nicht näher bezeichnete dissoziaBve Störung Dissozia@ve Iden@tätsstörung (DIS) DSM-­‐IV 300.14 ICD-­‐10 F44.81 mul@ple Persönlichkeitsströrung §  Anwesenheit von zwei oder mehreren unterscheidbaren IdenBtäten oder Persönlichkeitszuständen. §  Mindestens zwei dieser übernehmen wiederholt die Kontrolle über das Verhalten der Person. §  Eine Unfähigkeit, sich an wichBge persönliche InformaBonen zu erinnern. §  Ausschluss von IntoxikaBon oder medizinischen Krankheitsfaktoren. 37
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Literatur Biner M. (2008). Neben der Spur – Vorlesungsunterlagen. Bad Bentheim: Eylarduswerk Brauchle G. (2008). Vorlesungsskript in No5allpsychologie. Zürich: SBAP Dilling H., Mombour W., Schmidt M.H. (2005). Interna;onale Klassifika;on psychischer Störungen – ICD-­‐10, Kapitel V. Bern: Huber Hausmann C. (2003). Handbuch No5allpsychologie und Traumabewäl;gung, Wien: Facultas Huber M. (2005, 2.Auflage). Trauma und die Folgen. Paderborn: Junfermann Huber M. (2010). Diagnos;k und Behandlung dissozia;ver Störungen – Vorlesungsunterlagen. Illnau: SITT Möller H.J., Laux G., Kap}ammer H.P. (2005). Psychiatrie und Psychotherapie. Heidelberg: Springer Payk T.R. (2007, 2.Auflage). Psychopathologie – vom Symptom zur Diagnose. Heidelberg: Springer Rogers C.R. (1973, 2000). Entwicklung der Persönlichkeit. StuTgart: KleT-­‐CoTa Van der Hart O., Nijenhuis E.R.S., Steele K. (2006). Das verfolgte Selbst. Paderborn: Junfermann 38
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