t Gelsenkirchen · Iserlohn · Siegen · Ausgabe 01 | 2016 click in Das Kundenmagazin für effiziente Diagnostik HIV Update und Verlaufskontrolle Labordiagnostik Lues, Chlamydien, Gonorrhoe und HIV Qualitätsmanagement Kontrolle und kontinuierliche Verbesserung click in kultur Labor am Hygiene-Institut t Editorial Denn wir wissen, was wir tun … Editorial Liebe Ärzte, liebe Kollegen, die Bedeutung von sexuell übertragbaren Infektionen sowohl in der Diagnostik als auch der Therapie hat in den letzten Jahren aufgrund von steigenden Infektionsraten und Resistenzentwicklungen erneut zugenommen. Neben einem veränderten Sexualverhalten und mangelnder Prävention haben auch die vermehrte Testung auf STIs sowie verbesserte Nachweisverfahren die Statistik beeinflusst. In den folgenden Fachbeiträgen stellen wir Ihnen aktuelle Möglichkeiten der STI-Diagnostik vor und geben Ihnen ein Update zu Therapie und Verlaufskontrolle speziell bei HIV-Infektionen. Verbesserte antiretrovirale Therapien und ein erweitertes Monitoring haben die Betreuung von HIV-Patienten verändert. Einen thematischen Bogen zur Kultur versuchen wir in dieser Ausgabe gar nicht erst zu spannen, sondern legen Ihnen Ausstellungen nahe, die sich den Geheimnissen und Wundern der Natur auf ganz unterschiedliche Weise nähern. Beeindruckende Installationen abstrakter bis expliziter Art laden den Betrachter ein, Strukturen zu entdecken und die Schönheit der Natur aus einer eigenen Perspektive wahrzunehmen. Herzliche Grüße, Labormedizin t www.hygel.de Mikrobiologie Krankenhaushygiene Dr. med. Astrid Dirkes-Kersting Service 3 Gelsenkirchen Iserlohn Siegen t Ihr Labor für effiziente Diagnostik t Impressum t Inhalt Inhalt Editorial 3 Impressum4 Telefon: 0209 - 15 86 - 0 Fax: 0209 - 15 86 - 106 E-Mail: [email protected] www.hygel.de Redaktion Dr. med. Astrid Dirkes-Kersting, V. i. S. d. P. Florian Gather 5 HIV – Update und Verlaufskontrolle 6 Rechtzeitige Diagnostik verbessert Prognose 9 Verlaufskontrolle während der antiretroviralen Therapie 10 Was bei älteren HIV-Patienten zu beachten ist 11 Labordiagnostik – Lues, Chlamydien, Gonorrhoe und HIV 12 CT/NG Diagnostik 16 Syphilis Diagnostik 18 Schnelltests für die STI-Diagnostik 20 Qualitätsmanagement – Kontrolle und kontinuierliche Verbesserung 24 Druck www.hitzegrad.de Das Labor der kurzen Wege 28 Copyright Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers. click in kultur 30 „Wunder der Natur“ im Gasometer Oberhausen 32 Tomás Saraceno – in orbit 36 Impressum Herausgeber Laborbetriebsgesellschaft Dr. Dirkes-Kersting und Dr. Kirchner mbH Rotthauser Straße 19 45879 Gelsenkirchen Inhalt Fotografie Laborbetriebsgesellschaft Dr. Dirkes-Kersting und Dr. Kirchner mbH Konzeption und Gestaltung www.visuell-marketing.com „Wahlverwandtschaften“40 click in kultur Bettina Brakelmann 4 5 HIV Update und Verlaufskontrolle t HIV t HIV HIV Update und Verlaufskontrolle Die Anzahl der HIV-Neuinfektionen ist in Deutschland, nach einem kurzen Zwischentief in den Jahren 2010 und 2011, weiterhin konstant steigend. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, wobei ein Grund auch in den verbesserten Therapiemöglichkeiten und der damit verbundenen höheren Lebenserwartung liegen dürfte. So ist inzwischen bei HIV-positiven Rauchern, die langfristig in antiretroviraler Behandlung sind, der Verlust an Lebensjahren durch das Rauchen höher als durch HIV (AIDS. 2015 Jan 14; 29(2): 221–229, Published online 2015 Jan 7. PMCID: PMC4284008; Smoking and life expectancy among HIV-infected individuals on antiretroviral therapy in Europe and North America). Mit Hilfe der aktuellen Kombinationspräparate ist es häufig möglich, die Viruslast langfristig niedrig zu halten und die Medikation zu reduzieren. Rechtzeitige Diagnostik verbessert Prognose Bei der Vorbeugung von HIV-Infektionen gibt es in der Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes nach wie vor Schwierigkeiten. Das äußerst anpassungsfähige und widerstandsfähige HI-Virus befällt bestimmte T-Helferzellen und produziert mit deren Hilfe ständig neue Virenzellen. Diese Zellen haben eine wichtige Funktion für die Steuerung der körpereigenen Abwehrkräfte. Je weniger Helferzellen, desto höher das Infektionsrisiko für opportunistische Infektionen. Eine Helferzellzahl von mehr als 500 bis 600 pro Mikroliter Blut gilt im Allgemeinen als ausreichend, bei weniger als 350 Helferzellen ist der Beginn einer HIV-Therapie indiziert, falls Begleiterkrankungen vorliegen. Bei älteren Patienten fängt kann unter Umständen ein früherer Therapiebeginn zu empfehlen sein. Verfügt das Blut des Patienten über weniger als 200 Helferzellen je Mikroliter Blut, besteht ein hohes Risiko für aidsdefinierende Erkrankungen wie zum Beispiel bestimmte Infektionen, die zu schweren Pneumonien führen können, sowie Tumore. Wird mit einer HIV-Therapie begonnen wird, steigt die Zahl der Helferzellen wieder an und das Risiko für aidsdefinierende Erkrankungen verringert sich. Durch die hohe Variabilität des Virus treten bereits bei demselben infizierten Menschen unterschiedliche Virus-Varianten auf, was unter anderem eine Resistenz-Entwicklung zur Folge hat. Da mittlerweile bei rechtzeitiger Feststellung einer HIV-Infektion die Chancen auf die Entwicklung einer wirkungsvollen Therapiestrategie deutlich verbessert sind, ist eine frühe und verlässliche HIV-Diagnostik entscheidend für eine günstige Prognose. Bei möglichen Symptomen einer akuten Infektion sind innerhalb eines Zeitfensters von ca. 12 Wochen nach einer Risikoexposition Antikörper- bzw. Antigen-Suchtests möglich. Nach einem positiven und bestätigten HIV-Suchtest müssen bei der Erstvorstellung eine Vielzahl von Parametern kontrolliert werden. Neben einem Differentialblutbild und umfassender Diagnostik verschiedener klinisch-chemischer Parameter (Na, K, Ca, Phosphat, Cholesterin, Triglyceride, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin, Glukose, GOT, GPT, CHE, GGT, Bilirubin, alkalische Phosphatase, Kreatinin, eGFR, Harnsäure, Harnstoff, Lipase, Gesamteiweiß, Eiweißelektrophorese, TSH basal, Quick, PTT, CRP) müssen insbesondere folgende Werte bestimmt werden: · Lymphozytensubpopulationen (mindestens CD4, CD4%, CD8, CD8%, CD4/CD8 ratio) ·HIV-PCR · Genotypische Resistenzbestimmung einschließlich Bestimmung des HIV-Subtyps · HLAB5701 (bei möglichem Einsatz von Abacavir) · Hepatitis A IgG, HBs-Ag, HBs-Ak, HBc-Ak, HCV-Elisa · Lues -, Toxoplasmose - ,CMV-, Varizella Virus · TB (ELISPOT) 8 Im weiteren Verlauf müssen therapienaive Patienten kontinuierlich beobachtet werden: Bei asymptomatischen Patienten: alle 3 Monate ·Differentialblutbild · Klinische Chemie: Na, K, Ca, Phosphat, GOT, GPT, CHE, GGT, Bilirubin, alkalische Phosphatase, Kreatinin, eGFR, Harnsäure, Harnstoff, Lipase, Gesamteiweiß, CRP · alle 6-12 Monate Klinische Chemie: Cholesterin, Triglyceride, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin, Glukose · Lymphozytensubpopulationen (mindestens CD4, CD4%, CD8, CD8%, CD4/CD8 ratio) ·HIV-PCR · HCV-Elisa (jährlich, häufiger bei Risiko, klinischen Beschwerden oder Transaminasenanstieg) · HBs-Ak (Erfolgskontrolle nach Impfung) · Lues Serologie (jährlich, häufiger bei Risiko oder klinischen Beschwerden) Ergänzend vor Therapie-Indikation – falls noch nicht erfolgt: · Genotypische Resistenzbestimmung einschließlich Bestimmung des HIV-Subtyps · HLAB5701 bei möglichem Einsatz von Abacavir · Tropismustest bei geplantem Einsatz eines CCR5-Antagonisten 9 t HIV t HIV Verlaufskontrolle während der antiretroviralen Therapie Um die aktuelle Viruslast und damit den Therapieerfolg einer ART (Anti-Retroviralen Therapie) zu überprüfen, werden regelmäßige PCR-Tests durchgeführt. Für ein effizientes Monitoring von Viruslast und begleitenden Infektionen sind folgende Untersuchungen regelmäßig vorzunehmen: Nach Therapieeinleitung oder Therapieumstellung · Monatlich, bis die HIV-RNA unterhalb der Nachweisgrenze liegt: ·Differentialblutbild · Klinische Chemie: wie zuvor · Urin-Teststreifen Untersuchung ·Lymphozytensubpopulationen ·HIV-PCR · Spiegelmessung von Protease-Inihibitoren, NNRTI, Integrase-Inhibitoren und /oder CCR5-Blockern bei V.a. Therapieversagen, Toxizität, MedikamentenWechselwirkungen 10 Was bei älteren HIVPatienten zu beachten ist Stabiler Patient unter laufender ART Alle 3 Monate, häufiger bei V. a. Therapieversagen und klinischen Beschwerden ·Differentialblutbild · Klinische Chemie: wie zuvor · Urin-Teststreifen Untersuchung · Lymphozytensubpopulationen (mindestens CD4, CD4%, CD8, CD8%, CD4/CD8 ratio) ·HIV-PCR · HCV-Elisa (jährlich, häufiger bei Risiko oder klinischen Beschwerden) · Lues Serologie (jährlich, häufiger bei Risiko oder klinischen Beschwerden Ein besonderes Risiko stellen bei älteren Patienten die häufig auftretenden Komorbiditäten dar. Durch die langjährige Entzündungsreaktionen steigt das Risiko für Erkrankungen wie · AIDS-definierende und nicht-AIDS-definierende Malignome · Kardiovaskuläre Erkrankungen · Knochenerkrankungen (Osteoporose + Osteomalazie) mit erhöhtem Frakturrisiko ·Nierenerkrankungen · Diabetes Mellitus ·Lebererkrankungen · Hormonelle Veränderungen (Hypogonadismus) · Neurokognitive Funktionseinschränkungen: HIV-assoziierte neurokognitiven Störungen (HAND) Durch die damit verbundenen Therapien kommt es häufig zu chronischer Medikamententoxizität und pharmakologischen Interaktionen mit der HIV-Therapie. Um negative Auswirkungen frühzeitig so weit wie möglich einschränken zu können, empfehlen sich regelmäßige Screenings. Screening Diagnostik Diabetes mellitus Nüchtern-BZ, Urin-Status, HbA1c Kardiovaskuläres Risiko Gesamt-HDL-, LDL-Cholesterin, Triglyzeride Nierenfunktionsstörung Na, K, Ca, Serum-Phosphat, Kreatinin, MDRD, Cystatin C, Urin-Status, -Sediment Knochenstoffwechsel Ca, Phosphat, Alk. Phosphatase (Knochen), Vitamin D3, ggf. PTH DXA (Dual-Röntgen-Absorptiometrie) Koinfektionen mit HBV und HCV Blutbild, ALT, AST, GGT, Alk. Phosphatase, Bilirubin, Quick, PTT, AFPHCV-PCR als Monitoring vor und während einer HCV-Therapie, HBV-PCR für Indikationsstellung und Monitoring bei Therapie Malignomscreening Diagnostik Zervixkarzinom. F ≥ 20 Jahre (J.) Jährliche Gynäkologische Genitaluntersuchung, Abstrich und zytologische Untersuchung Mammakarzinom. 50–69 Jahre Mammographie alle 2 Jahre Prostatakarzinom Jährliche rektal-digitale Tastuntersuchung ab dem 45. Lebensjahr Analkarzinom und HPV-induzierte Vorläuferläsionen Jährliche genitoanale Inspektion und Palpation; ggf. Analabstriche, bei auffälligen Befunden Anoskopie Kolonkarzinom Ab dem 50. Lebensjahr jährliche Stuhluntersuchung auf okkultes Blut Ab dem 55. Lebensjahr Koloskopie 11 Labordiagnostik Lues, Chlamydien, Gonorrhoe und HIV t Labordiagnostik t Labordiagnostik Labordiagnostik Lues, Chlamydien, Gonorrhoe und HIV 7000 Thomas Meyer 6000 Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE); [email protected] 5000 Die WHO berichtet von einer weltweiten Zunahme sexuell übertragbarer Infektionen (STI) in den letzten Jahren. Die häufigsten bakteriellen STI Erreger sind Chlamydia trachomatis CT) und Neisseria gonorrhoeae (NG) mit einer Inzidenz von jeweils ca. 106 Millionen Fällen pro Jahr (1). Die aktuellen Daten des ECDC zeigen einen Anstieg der CT Infektionen in Europa von 191.000 im Jahr 2004 auf 385.000 im Jahr 2013 und der NG Infektionen von 34.000 auf 53.000 im gleichen Zeitraum. Die Daten von 2013 entsprechen einer Inzidenz von 181.8/100.000 bzw. 16.9/100.000 Einwohner (2). CT und NG Infektionen unterliegen in Deutschland nur im Bundesland Sachsen einer Meldepflicht. Die dort erhobenen Zahlen beschreiben ebenfalls eine Zunahme der Infektionen in den letzten 10 Jahren. 2011 betrug die Neuinfektionsrate von CT und NG Infektionen 95/100.000 Einwohner bzw. 13.7/100.000 Einwohner (3). Hochgerechnet auf ganz Deutschland ergibt sich eine Inzidenz von ca. 11.000 NG und 81.000 CT Infektionen. Die tatsächliche Anzahl liegt aber vermutlich höher, da viele Infektionen aufgrund des asymptomatischen Verlaufs nicht erfasst werden. Im Gegensatz zu CT und NG sind Syphilis und HIV Infektionen in ganz Deutschland meldepflichtig. Die vom RKI erfassten Daten zeigen auch hier eine Zunahme der NeuInfektionen in den letzten Jahren (Abbildung 1). 14 Die Zunahme der detektierten STI beruht auf verschiedenen Faktoren, die neben verändertem Sexualverhalten, mangelnder Prävention und die vermehrte Testung mit verbesserten Nachweisverfahren beinhalten. Insbesondere die Anwendung molekularbiologischer Techniken (Nukleinsäure-Amplifikationstests – NAATs) hat zu einer deutlichen Verbesserung der Sensitivität und Spezifität der STI Diagnostik geführt. Aktuelle NAATs basieren meistens auf dem Prinzip der Polymerase Kettenreaktion (PCR) und verwenden Fluoreszenz-markierte Sonden, mit denen Amplifikationsprodukte bereits während der Reaktion (real time) detektiert werden können. Die Testdauer wird dadurch deutlich reduziert. In Kombination mit automatisierten Nukleinsäure-Extraktionssystemen können Ergebnisse heute innerhalb weniger Stunden generiert werden. Darüber hinaus ermöglichen real time PCR Analysen eine Quantifizierung der Erreger und die gleichzeitige Analyse mehrerer Erreger in sog. Multiplex Assays. Die hohe Leistungsfähigkeit molekularer Nachweisverfahren bedeutet aber nicht, dass klassische mikrobiologische Verfahren, wie die Kultur und Mikroskopie, oder serologische Methoden in der STI Diagnostik heute nicht mehr benötigt werden. 4000 3000 2000 1000 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 HIV 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Syphilis Abbildung 1: gemeldete HIV und Syphilis Infektionen in Deutschland 2001-2014, basierend auf den Daten des Robert-Koch-Instituts, Berlin 15 t Labordiagnostik t Labordiagnostik CT/NG Diagnostik NAATs haben die höchste diagnostische Sensitivität zum Nachweis von CT und NG Infektionen (4,5), bei einer sehr hohen Spezifität, die der der Kultur entspricht. Sie gelten als Methode der Wahl in der diagnostischen Abklärung von CT Infektionen, sowie von NG Infektionen bei asymptomatischen Patienten (4,6). Dementsprechend bieten viele kommerzielle Hersteller sog. Duplex-Assays an, mit denen beide Erreger gleichzeitig nachgewiesen werden können. Bei Männern ist die Sensitivität in Urethralabstrichen und Erststrahlurin vergleichbar, so dass Urin aufgrund der leichteren Gewinnung als Untersuchungsmaterial bevorzugt wird (7). Bei Frauen ist die Nachweisrate in Abstrichproben höher als im Urin (8). Daher sind für die NAAT Diagnostik bei Frauen vaginale, zervikale oder kombinierte zerviko-vaginale Abstriche besser geeignet (9). Kommerzielle NAATs sind für rektale und pharyngeale Abstrichproben zwar nicht zugelassen, werden aufgrund der im Vergleich zur Kultur höheren Empfindlichkeit aber auch für diese Proben empfohlen (6,10). In vielen Vergleichsstudien findet sich eine hohe Übereinstimmung der Ergebnisse verschiedener NAAT (11,12). Gelegentlich abweichende Resultate sind auf die unterschiedliche analytische Sensitivität einzelner Tests, die Effizienz der Nukleinsäure-Isolierung und die Variabilität der Erreger zurückzufüh- 16 ren (13). Die Bedeutung der Variabilität der Chlamydien wurde durch die 2006 entdeckte schwedische Variante verdeutlicht, die infolge einer Deletion in der Zielregion einiger kommerzieller PCR Tests von diesen nicht mehr erfasst wurde (14). Genetische Veränderungen können zudem durch Rekombination von Genabschnitten auftreten, wenn Wirtszellen gleichzeitig mit mehr als einem Stamm infiziert sind (15,16). Eine wichtige diagnostische Verbesserung stellt die Implementierung einer zweiten Zielregion dar (dual-target assays), wodurch neu auftretende Varianten detektiert werden können, in denen eine der Zielregionen infolge von Deletionen oder Rekombinationen nicht mehr amplifiziert wird (17). Die genomische Variabilität ist auch bei Gonokokken stark ausgeprägt. Der Verlust der Zielsequenz kann falsch negative Ergebnisse verursachen; falsch positive Ergebnisse können durch Kreuzreaktion mit apathogenen Neisserien auftreten. Aufgrund der natürlichen Kompetenz zur Transformation können kommensale Neisserien die DNA gleichzeitig anwesender Gonokokken aufnehmen (z.B. im Rachen) und in ihr Genom einbauen. Positive NAAT Ergebnisse in pharyngealen und rektalen Proben sollten daher mit einem zweiten Test bestätigt werden (6). Ein Nachteil der molekularen Diagnostik besteht darin, dass bei positiven Befunden keine Aussagen zur Antibiotika-Resistenz möglich sind. Während für CT kaum Hinweise auf Resistenzen gegen antibiotische Substanzen vorliegen, hat die Suszeptibilitätstestung der Gonokokken im Hinblick auf die weltweite Zunahme von Resistenzen gegen zahlreiche Antibiotika, inkl. Cephalosporinen der dritten Generation, eine große Bedeutung (18). Bei klinischem Verdacht auf eine Gonorrhoe oder Nachweis einer Gonokokken-Infektion durch NAAT sollte daher immer versucht werden vor Therapiebeginn eine Kultur anzulegen und ggf. ein Antibiogramm zu erstellen. Resistenzdaten in Deutschland sind über das Gonokokken-Resistenz-Netzwerk (GORENET) verfügbar, das vom RKI in Zusammenarbeit mit dem Konsiliarlabor für Gonokokken gegründet wurde. In Tabelle 1 ist die Häufigkeit von Resistenzen bei Gonokokken-Stämmen angegeben, die 2014 in Deutschland isoliert wurden. Da die Sensitivität der Kultur durch die begrenzte Lebensfähigkeit der Erreger außerhalb des Wirtsorganismus stark beeinträchtigt wird, ist die Entwicklung molekularer Methoden der Resistenztestung von großem Interesse. Für eine Reihe von Resistenzen sind die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen bekannt, so dass der Nachweis entsprechender Resistenzdeterminanten durch molekulare Verfahren prinzipiell möglich ist (19). Zurzeit können diese Verfahren die kulturelle Analyse jedoch nicht ersetzen, da keine exakten MHK Werte bestimmt werden können und zudem eine große Anzahl verschiedener Resistenzdeterminanten berücksichtigt werden muss (18). Serologische Methoden spielen in der Gonokokken Diagnostik keine Rolle. Sie sind ebenfalls nicht geeignet um akute, lokale CT Infektionen nachzuweisen, da die Antikörperantwort in der Regel erst nach mehreren Wochen nachweisbar wird. Bei chronischen und invasiven CT Infektionen (PID, LGV, reaktive Arthritis) können serologische Verfahren aber zur diagnostischen Abklärung beitragen. In diesen Fällen liegt in der Regel eine ausgeprägte Immunantwort vor, und die Erreger sind in Abstrichproben oftmals nicht mehr nachweisbar. Ein Problem der Interpretation Antikörper-positiver Befunde stellt die Kreuzreaktivität mit apathogenen Chlamydien dar. Eine Verbesserung der Chlamydien Serologie könnte durch die Verwendung immunogener Spezies-spezifischer Proteine erreicht werden. Bestimmte Antikörperkonstellationen sind möglicherweise auch als Marker für chronisch-invasive Infektionen geeignet (20). 17 t Labordiagnostik t Labordiagnostik 1. Screening TPHA, TPPA, EIA, CLIA negativ t keine Infektion seronegative Frühphase positiv 2. Bestätigung FTA-ABS Test, IgG EIA, IgG Westernblot negativ t unspezifische Reaktion Frühphase Syphilis Diagnostik Die Labor Diagnostik der Syphilis beruht primär auf serologischen Untersuchungen, die als Stufen-Diagnostik durchgeführt werden (21). Dazu wird zunächst ein Screening mittels TPHA, TPPA, EIA oder Chemilumineszenz-Immunoassay durchgeführt. Bei positivem Reaktionsausfall erfolgt eine Bestätigung, die mit dem FTA Abs Test oder Westernblot durchgeführt werden kann (ggf. auch TPHA, TPPA oder EIA, wenn diese nicht als Suchtest verwendet wurden), sowie die Bestimmung von IgM- und Lipoid-Antikörpern (VDRL, RPR) als Aktivitätsmarker (Abbildung 2). positiv 3. Aktivität Aktivitätsmarker IgM, Lipoid AK negativ t abgelaufene Infektion latente Infektion T. pallidum Antikörper sind in der Regel erst ca. 3 Wochen nach Infektionsbeginn nachweisbar. Bei negativem Suchtest ist in klinischen Verdachtsfällen daher zur Abklärung eine serologische Kontrolle erforderlich. Gegebenenfalls kommt auch der Direktnachweis durch Dunkelfeldmikroskopie (DFM) oder PCR in Betracht. Für die DFM sind Reizsekret aus dem Ulkus des Primaraffektes oder Abstrichmaterial aus nässenden Effloreszenzen des Sekundärstadiums geeignet, da hier in der Regel hohe Erregerkonzentrationen vorliegen. Abstriche aus der Mundhöhle und dem Rektum sind aufgrund der in diesen Proben häufig vorliegenden apathogenen Treponemen für die Mikroskopie nicht geeignet. PCR Analysen haben eine höhere Sensitivität als die DFM. Sie beträgt im Primär- und Sekundärstadium bis zu 95% bzw. 80% (21). Durch die Auswahl T. pallidum spezifischer Zielregionen besitzt die PCR eine sehr hohe Spezifität so dass auch orale und anorektale Proben analysiert werden können. Die PCR Analyse von Blutproben ist dagegen wenig aussagekräftig, da nur in einem kleineren Teil der Fälle Erreger DNA im Blut nachweisbar ist (22). positiv behandlungsbedürftige Infektion Therapieverlauf · · Lipoid AK-Titer Ausgangswert 3–4 Wochen nach Therapiebeginn Titer-Abnahme um 4 Stufen innerhalb eines Jahres Abbildung 2: Serologische Stufendiagnostik der Syphilis 18 19 t Labordiagnostik t Labordiagnostik Schnelltests für die STI-Diagnostik Neben einer hohen Testgenauigkeit ist die Dauer bis zur Befundmitteilung von großer Bedeutung in der STI Diagnostik. NAATs, kulturelle und serologische Analysen erfolgen in der Regel in einem zentralen Labor und erfordern daher einen Probentransport und eine Befundübermittlung an den Kliniker, die zu einer verzögerten Behandlung positiver Patienten führt. Unabhängig von diesen logistischen Anforderungen sind sog. Point-of-care (POC)-Tests, die an Ort und Stelle durchgeführt werden können und mit denen Ergebnisse innerhalb weniger Minuten vorliegen, so dass bei positiv getesteten Patienten unmittelbar therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden können. Inzwischen sind für nahezu alle STI Erreger Schnelltests verfügbar, die aber nur selten einer ordentlichen Testevaluation unterzogen wurden. Viele Schnelltests sind immunchromatographische Tests, die auf der Lateral Flow-Technologie basieren, dessen Prinzip in Abbildung 3 dargestellt ist. Schnelltests für CT und NG detektieren Antigene der Erreger in Abstrichproben oder Urin, haben aber eine im Vergleich zur Kultur und PCR deutlich niedrigere Sensitivität und Spezifität (23-25). Die systematische Evaluierung von Chlamydien Schnelltests im Rahmen des britischen HTA-Programms ergab, dass Schnelltests weder im Screening asymptomatischer Personen noch bei klinischen Verdachtsfällen für die Chlamydien-Diagnostik geeignet sind (25). Mit einem molekularen Schnelltest (GeneXpert, Cepheid) ist die Untersuchung einzelner Proben auf Chlamydien und Gonokokken in ca. 90 Minuten möglich. Dieser PCR-basierte Schnelltest unterscheidet sich von Antigen-basierten Schnelltests in Bezug auf die diagnostische Genauigkeit und ist den Standard PCRs hinsichtlich Sensitivität und Spezifität nicht unterlegen (26). Damit bei positivem Testergebnis eine hohe Behandlungsrate erreicht wird, ist es aber erforderlich, dass die Patienten bereit sind 90 min zu warten. Weitere molekulare Schnelltests werden in Kürze verfügbar sein, mit denen Ergebnisse schneller vorliegen. Mit dem Io POC-Test Chlamydia von Atlas Genetics, der auf PCR in mikrofluiden Systemen und elektrochemischer Detektion der PCR Produkte basiert, sollen Ergebnisse in ca. 30 min vorliegen (27). Antigen in der Patientenprobe Gold-markierter Antigen-spezifischer Antikörper Im Gegensatz zu CT und NG basieren Schnelltests für Syphilis und HIV üblicherweise auf dem Nachweis von Antikörpern, die in Gesamtblut, Plasma, Serum oder Kapillarblut aus der Fingerbeere bestimmt werden können (28,29). Entsprechend der aktuellen AWMF Leitlinie können POC-Tests für die Syphilis Diagnostik eingesetzt werden, wenn sie eine mit den konventionellen Suchtests vergleichbare Sensitivität und Spezifität haben (21). Probleme bei der Ergebnis-Interpretation ergeben sich durch die visuelle Auswertung. Schwach reaktive Banden, die zum Teil erst nach längerer Zeit sichtbar werden unterliegen einer stark subjektiven Bewertung. Des Weiteren ist bei positiver Reaktion keine Differenzierung zwischen abgelaufener und therapiebedürftiger Infektion möglich. Kapillarfluss Immobilisierter Antigen-spezifischer Capture-Antikörper Immobilisierter Kontrollantikörper (anti Gold-markierter AK) Abbildung 3: Prinzip des immunchromatographischen Schnelltests (Lateral Flow Assay) 20 Mehrere CE-markierte und von der FDA zugelassene HIVSchnelltests sind für die HIV Diagnostik gut geeignet. Sie ha- ben eine hohe Sensitivität und Spezifität, die mit aktuellen Labortests (4. Generations-EIA) vergleichbar ist (28). Einige HIV-Schnelltests sind neben Blut auch für orale Flüssigkeiten zugelassen. Die Sensitivität ist in diesen Proben aber deutlich niedriger als in Blutproben (31). In der Frühphase der Infektion sind HIV-Schnelltests den serologischen Standardverfahren unterlegen, da sie meistens nur Antikörper, aber kein Antigen detektieren. Aber auch mit einem Combo-Schnelltest (Determine), der HIV Antikörper und p24-Antigen detektiert, waren akute Infektionen zu einem geringeren Anteil nachweisbar, als mit einem 4. Generations-EIA (Abbott Architect) (30). Ein negatives Schnelltestergebnis schließt eine frische HIV-Infektion daher nicht aus und erfordert ggf. eine Kontrolluntersuchung. Bei einem reaktiven Ergebnis ist, wie bei einem 4. Generations-EIA, die Bestätigung mit einem Standardtestverfahren erforderlich. t Fortsetzung auf der nächsten Seite 21 t Labordiagnostik t Labordiagnostik Referenzen 1. WHO 2012: Global incidence and prevalence of selected curable sexually transmitted infections – 2008 http://apps.who.int/iris/bitstream/10665/75181/1/9789241503839_eng.pdf 2. European Centre for Disease Prevention and Control. Sexually transmitted infections in Europe 2013. Stockholm: ECDC; 2015 3. Ehrhardt I. Epidemiologische Aspekte bei Neisseria gonorrhoeae- und Chlamydia trachomatis-Infektionen, unter besonderer Berücksichtigung der Meldedaten aus Sachsen. Der Mikrobiologe 2012; 4: 111-19 4. Papp JR, Schachter J, Gaydos CA et al. Recommendations for the laboratory-based detection of Chlamydia trachomatis and Neisseria gonorrhoeae – 2014. MMWR Recomm Rep 2014;63:1-19 Seit 2015 sind auch zwei PCR-basierte HIV Schnelltests verfügbar. Der Test von Alere (qHIV 1/2 Detect) basiert auf einer Multiplex real time PCR mit der HIV 1, HIV 2 und Subtyp O in ca. 60 min. detektiert und differenziert werden können. In einer in Madagaskar bei Kindern HIV-positiver Mütter durchgeführten Studie erzielte der Test eine hohe Übereinstimmung (825/827 Proben) mit dem als Vergleichstest verwendeten Roche Cobas TaqMan Assay (32). Weitere CE-markierte PCR-Schnelltests sind für das GeneXpert System entwickelt worden, mit denen eine qualitative oder quantitative HIV-1 Bestimmung in ca. 90 Minuten durchgeführt werden kann. Nach Applikation der Probe wandert diese zunächst in das Konjugat-Feld. Dort werden Antigen-spezifische Goldnanopartikel-markierte Antikörper solubilisiert, die evtl. in der Probe vorhandene Antigene binden. Diese Immunkomplexe wandern im Chromatographiefeld weiter und werden von immobilisierten Antigen-spezifischen Antikörpern festgehalten. Ein zweiter Immobilisierter Antikörper der gegen konstante Regionen des Gold-markierten Antikörpers gerichtet ist dient als Kontroll-Antikörper. Die Bindung der Gold-markierten AK wird als rote Bande sichtbar (T: Testlinie, C: Kontroll-Linie). 6. Bignell C, Ison C, FitzGerald M (2012) United Kingdom national guideline for gonorrhea testing. British Association of Sexual Health and HIV. http://www.bashh.org/documents/4490. pdf 7. Gaydos CA, Quinn TC (2005) Urine nucleic acid amplification tests for the diagnosis of sexually transmitted infections in clinical practice. Curr Opin Infect Dis 18:55-66 8. Michel CE, Sonnex C, Carne CA et al. (2007) Chlamydia trachomatis load at matched anatomic sites: implications for screening strategies. J Clin Microbiol 45:1395-1402. 9. Schachter J, McCormack WM, Chernesky MA et al. (2003) Vaginal swabs are appropriate specimens for diagnosis of genital tract infections with Chlamydia trachomatis. J Clin Microbiol 41:3784-3789 Tabelle 1: Antibiotikaresistenzen bei Gonokokken in Deutschland (2014) Anzahl sensibel intermediär resistent Ceftriaxon 253 253 (100%) – 0 (0%) Cefixim 251 247 (98.4%) – 4 (1.6%) Azithromycin 253 129 (51.0%) 96 (37.9%) 28 (11.1%) Penicillin 253 48 (19%) 128 (50.6%) 77 (30.4%) Ciprofloxacin 253 68 (26.9%) 0 (0%) 185 (73.1%) Die Analysen erfolgen im Rahmen des Gonokokken Resistenz Netzwerks (GORENET) an Stämmen, die 2014 in Deutschland isoliert wurden. Die Resistenztestung wurde mit E-Tests im Konsiliarlabor für Gonokokken (Vivantes Klinikum, Berlin-Neukölln) durchgeführt. Interpretation nach EUCAST 4.0 (MHK-Werte in mg/L): Ceftriaxon: S ≤ 0.12, R > 0.12; Cefixim: S ≤ 0.12, R > 0.12; Azithromycin: S ≤ 0.25, R > 0.5; Penicillin: S ≤ 0.06, R > 1; Ciprofloxacin: S ≤ 0.03; R > 0.06 22 5. Cook RL, Hutchison SL, Østergaard L, Braithwaite RS, Ness RB Systematic review: noninvasive testing for Chlamydia trachomatis and Neisseria gonorrhoeae.Ann Intern Med. 2005;142:914-925. 10.Schachter J, Moncada JLiska S et al. (2008) Nucleic acid amplifications tests in the diagnosis of chlamydial and gonococcal infections of the oropharynx and rectum of men who have sex with men. Sex Transm Dis 35:637-642 11.Marshall R, Chernesky M, Jang D et al. Characteristics of the m2000 automated sample preparation and multiplex real-time PCR system for detection of Chlamydia trachomatis and Neisseria gonorrhoeae. J Clin Microbiol 2007;45:747-751 12.Cheng A, Qian Q, Kirby JE. Evaluation of the Abbott RealTime CT/NG assay in comparison to the Roche Cobas AmplicorCT/NG assay. J Clin Microbiol 2011;49:1294-1300 23.van Dommelen L, van Tiel FH, Ouburg S et al. Alarmingly poor performance in Chlamydia trachomatis point-of-care testing. Sex Transm Infect 2010;86:355-359 13.Chernesky MA, Jang DA, Luinstra K et al. High analytical sensitivity and low rates of inhibition may contribute to detection of Chlamydia trachomatis in significantly more women by the APTIMA Combo 2 assay. J Clin Microbiol 2006;44:400-405 24.Hurly DS, Buhrer-Skinner M, Badman SG et al. Field evaluation of the CRT and ACON chlamydia point-of-care tests in a tropical, low-resource setting. Sex Transm Infect 2014;90:179-184. 14. Ripa T, Nilsson PA. A Chlamydia trachomatis strain with a 377-bp deletion in the cryptic plasmid causing false negative nucleic acid amplification tests. Sex Transm Dis 2007;34.255-256. 25.Hislop J, Quayyum Z, Flett G et al. Systematic review of the clinical effectiveness and cost-effectiveness of rapid point-of-care tests for the detection of genital chlamydia infection in women and men. Health Technol Assess 2010;14(29) 15.Samboona N, Wan R, Ojcius DM et al. Hypervirulent Chlamydia trachomatis clinical strain is a recombinant between lymphogranulkoma venereum (L2) and D lineages. mBio 2011;2:ee00045-11 26.Gaydos CA, van der Pol B, Jett-Gohenn M et al. Performance of the Cephaid CT/NG Xpert rapid test for detection of Chlamydia trachomatis and Neisseria gonorrhoeae. J Clin Microbiol 2013;51:1666-1672 16. Harris SR, Clarke IN, Seth-Smith HMB. Whole genome analysis of diverse Chlamydia trachomatis strains identifies phylogenetic relationships masked by current clinical typing. Nature Genetics 2012;44:413-420. 27. Huang W, Gaydos CA, Barnes MR et al. Comparative effectiveness of a rapid point-of-care test for detection of Chlamydia trachomatis among women in a clinical setting. Sex Transm Infect 2013;89:108-114 17.Möller JK, Pedersen LN, Persson K. Comparison of the Abbott RealTime CT new formulation assay with two other commercial assays for detection of wild-type and new variant strains of Chlamydia trchomatis. J Clin Microbiol 2010;48:440-443 28.Gaydos C, Hardick J. Point of care diagnostics for sexually transmitted infections: perpectives and advances. Expert Rev Anti Infect Ther 2014;12:657-72 18.Unemo M, Shafer WM (2014) Antimicrobial resistance in Neisseria gonorrhoeae in the 21st century: past, evolution and future. Clin Microbiol Rev 27:587-613.2014 19.Goire N, Lahra MM, Chen M et al. (2014) Molecular approaches to enhance surveillance of gonococcal antimicrobial resistance. Nat Rev Microbiol 12:223-229 20.Budrys NM, Gong S, Rodgers AK et al. Chlamydia trachomatis antigens recognized in women with tubal factor infertility, normal fertility, and acute infection. Obstet Gynecol. 2012;119:1009-16 21.AWMF Leitlinie 059-002. Diagnostik und Therapie der Syphilis (2014) http://www.awmf. org/uploads/tx_szleitlinien/059-002l_S2k_Diagnostik_Therapie_Syphilis_2014_07.pdf 29.Tucker JD, Bu J, Brown LB et al. (2010) Accelerating worldwide syphilis screening through rapid testing: a systematic review Lancet Infect Dis 10:381-386 30.Pilcher CD, Louie B, Facente S et al. Performance of rapid point-of-care and laboratory tests for acute and established HIV infection in San Francisco. PLoS One 2013;8:e80629. Doi:10.1371/journal.pone.0080629 31. Jaspard M, Le Moal G, Saberan-Roncato M et al. Finger-stick bhole blood HIV-1/-2 home-used tests are more sensitve than oral fluid-based in-home HIV tests. PLoS One 2014;9:e101148. Doi:10.1371/journal.pone.0101148 32.Jani IV, Meggi B, Mabunde N et al. Accurate early infant HIV diagnosis in primary health clinics using a point-of-care nucleic acid test. J Acquir Immune Defic Syndr 2014;67e1-e4 22.Gayet Ageron A, Lautenschlager S, Ninet B et al. (2013) Sensitivity, specificity and likelyhood ratios of PCR in the diagnosis of syphilis: a systematic review and meta-analysis. Sex Transm Infect 89:251-256 23 Qualitätsmanagement Kontrolle und kontinuierliche Verbesserung t Qualitätsmanagement t Qualitätsmanagement Qualitätsmanagement Kontrolle und kontinuierliche Verbesserung In einem hochspezialisierten und so verantwortungsvollen Umfeld, wie der medizinischen Labordiagnostik, sind höchste Qualitätsstandards auch über gesetzliche Vorgaben hinaus von herausragender Bedeutung. Um unseren Einsendern die bestmögliche Diagnostik und einen optimalen Service bieten zu können, legen wir einen besonderen Fokus auf die Sicherung unserer hohen Arbeitsqualität und das Voranbringen ständiger Verbesserungen. Aus diesen Gründen ist ein verlässliches Qualitätsmanagement unverzichtbar für unsere erfolgreiche Laborarbeit. Alle Laboratorien an unseren verschiedenen Standorten arbeiten aktiv an der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen mit. Das versetzt uns in die Lage, in einigen Bereichen als Referenzinstitut zu fungieren. Unsere Abteilung Qualitätsmanagement arbeitet kontinuierlich mit großem Aufwand daran, unseren hohen Standard zu sichern und weiter zu verbessern. Durch regelmäßige Weiterbildungen werden unsere Mitarbeiter immer auf den jeweils aktuellsten Stand im klinisch-technischen und im medizinischen Bereich gebracht, um zuverlässige und effiziente Diagnostik auf der Höhe der Zeit für unsere Einsen- 26 der zu ermöglichen. Ein wirkungsvolles Instrument zum Entwickeln zügiger und hilfreicher Lösungen sind zum Beispiel die regelmäßigen Treffen von Projektgruppen, wie unserem Qualitätszirkel, in dem wir wöchentlich aktuelle Entwicklungen in unserer Arbeit besprechen und konkrete Verbesserungen beschließen. Die Sicherung und Optimierung der Servicequalität für unsere Einsender in dem besonders komplexen Themenfeld der Probenlogistik wird in der Projektgruppe „Logistik“ konstruktiv in einem interdisziplinären Team vorangebracht. Darüber hinaus gibt es stets aktuelle Projektteams, die sich akuten QM-Themen stellen. Durch die Teilnahme an Laborvergleichen und internationalen Ringversuchen findet zudem eine externe Qualitätssicherung statt. Durch ständige Vergleiche und die Kontrolle von außen stellen wir sicher, dass unsere Arbeit durch konstruktives Feedback von externen Stellen auf höchstem Niveau bleibt. Bei der internen Qualitätssicherung befolgen wir nicht nur selbstverständlich die Richtlinien der Bundesärztekammer (RiliBÄK), sondern legen großen Wert darauf, klar darüber hinaus zu gehen. Als sichtbares und belegbares Merkmal unseres Qualitätsanspruchs sind unsere Laboratorien durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) an den Standorten Gelsenkirchen, Iserlohn und Siegen für medizinische Laboruntersuchungen nach DIN EN ISO 15189 akkreditiert. Die am Standort Gelsenkirchen ansässige Abteilung Krankenhaushygiene ist nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiert. Unter anderem durch diese regelmäßige, standardisierte Prüfung unserer Arbeitsabläufe, Mitarbeiter, Dokumentation und Angebote für unsere Einsender werden unsere ständigen Verbesserungsmaßnahmen ermöglicht und kontrolliert. Unsere Fremdleistungen bieten wir in Kooperation mit renommierten Partnern an und legen auch bei der Auswahl dieser Partnerinstitute größten Wert auf ein zuverlässiges und funktionierendes Qualitätsmanagement. Dieser hohe Anspruch an die Qualitätssicherung ist für uns eine Grundlage unserer Arbeit und entspricht unserem Selbstverständnis als zuverlässiger Partner für niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser. 27 t Qualitätsmanagement t Qualitätsmanagement Das Labor der kurzen Wege Kontaktliste Zu einem optimalen Service für unsere Einsender gehört nicht nur eine zuverlässige Diagnostik, sondern auch schnelle Abwicklung und Flexibilität. Deshalb arbeiten wir ständig daran, unsere Arbeitsabläufe zu optimieren und die Wege kurz zu halten – sowohl in der Probenlogistik als auch bei unseren Entscheidungen. Geschäftsführung Dr. med. Astrid Dirkes-Kersting Tel.: (0209) 1586-400 Fax: (0209) 1586-106 Dr. med. Georg Kirchner Tel.: (02371) 8256-21 Fax: (02371) 8256-50 Mit unserem eigenen Kurierdienst fahren wir derzeit auf über 30 Touren Praxen, Krankenhäuser und Gesundheitsämter an – die meisten täglich, einige zweimal am Tag – um einen schnellen und sicheren Transport der Proben gewährleisten zu können. Als Labor mit überwiegend regionaler Ausrichtung erreicht uns so das Probenmaterial umgehend und ohne lange Transport- oder Wartezeiten. Die interne Probenlogistik für mehrere tausend Proben pro Tag ist immer wieder eine große Herausforderung, die wir dank eines starken Teams und moderner, automatisierter Prozesse täglich meistern. Auf diesem Weg unterstützen wir unsere Einsender bei der Laborarbeit, indem wir Arbeitsschritte aus der Praxis in unser Labor verlagern. Zusätzliche Serviceangebote, wie die elektronische Auftragsübermittlung über Order Entry oder der Abruf von Befunddaten über LabApp und OnlineBefund können darüber hinaus die Abwicklung erleichtern. Die kurzen Wege finden Sie bei uns jedoch nicht nur im Handling Ihrer Proben. Wir legen großen Wert darauf, Sie jederzeit mit persönlicher und kompetenter Beratung zu unterstützen, wenn Fragen oder Probleme auftauchen. Für medizinische Rückfragen sind bei uns in den Abteilungen durchgängig Akademiker vor Ort, die Ihnen auch gerne bei der Befundinterpretation helfen. Bei vielen Fragen rund um Ihre eingereichten Untersuchungen oder auch zur Abrechnung steht Ihnen unser Einsender-Service telefonisch zur Seite. Unser Außendienst berät Sie im persönlichen Gespräch und ist Ihr erster Ansprechpartner, wenn es zum Beispiel um neue Serviceangebote, Ihre individuellen Praxisprofile oder Ihre persönlichen Wünsche rund um unsere Zusammenarbeit geht. Wir legen großen Wert darauf, dass Sie mit der Qualität unserer Arbeit und unserem Service, unserer Betreuung zufrieden sind. Wenn Sie Fragen haben, können Sie sich gerne an eine der folgenden Stellen wenden: Befundauskunft & Probenentnahme Fax: (0209) 1586-237 Fax: (02371) 8256-50 Tel.: (02371) 8256-0 / 26 Dr. med. Susanne Buchbinder, Leitung Tel.: (0209) 1586-415 Serologie / Virologie Fax: (0209) 1586-274 Außendienst Swetlana Weinmeister, Leitung Tel.: (0209) 1586-199 Gelsenkirchen: Fax: (0209) 1586-521 Dr. rer.-nat. Janina Kreuz Tel.: (0209) 1586-330 Silvia Gruda Tel.: (0209) 1586-223 Julia Heidel Tel.: (0209) 1586-330 Andrea Hövelmann Tel.: (0209) 1586-225 Krankenhaushygiene Iserlohn & Siegen Fax: (0271) 2345-850 Dr. rer.-nat. Dorothee Krause-Finkeldey Tel.: (0209) 1586-212 Brigitte Rodrigues Tel.: (0271) 2345-836 Mobil: (0176) 1586 1014 Dr. med. Michael O. Völker Tel.: (0209) 1586-240 Gelsenkirchen Klinische Chemie Fax: (0209) 1586-237 Fax: (0209) 1586-477 Kommunikation / Presse Fax: (0209) 1586-521 Florian Gather Tel.: (0209) 1586-357 EDV / elektr. Befundübermittlung Dr. med. Brigitte Molitor, Leitung Tel.: (0209) 1586-435 Fax: (0209) 1586-106 Tel.: (0209) 1586-999 Dr. rer. nat. Matthäus Janczyk Tel.: (0209) 1586-414 Zentrale Befundabfrage Dipl.-Biologin Dagmar Preusse Tel.: (0209) 1586-425 Dipl.-Biologe Maik Rohr Tel.: (0209) 1586-335 Mobil: (0175) 1201767 Mikrobiologie Fax: (0209) 1586-269 Dr. med. Ricarda Plogmann-Pietsch, Leitung Tel.: (0209) 1586-148 Dr. med. Heike Tix Tel.: (0209) 1586-149 Dr. rer.-nat. Ingolf Elles Tel.: (0209) 1586-161 Dr. med. Alexander Kirov Tel.: (0209) 1586-302 Dipl.-Biologin Meike Küting Tel.: (0209) 1586-303 28 Molekularbiologie Gelsenkirchen: Tel. 1: (0209) 1586-120 Tel. 2: (0209) 1586-121 Iserlohn Mikrobiologie Fax: (02371) 8256-50 Hedwig Matejek, Leitung Tel.: (02371) 8256-0 Klinische Chemie & Serologie Fax: (02371) 8256-50 Probenannahme Fax: (02371) 8256-60 Birgit Kissing Tel.: (02371) 8256-0 Qualitätsmanagement Fax: (02371) 8256-50 Nicole Blum Tel.: (02371) 8256-0 Siegen Ärztliche Leitung Fax: (0271) 2345-850 Rolf Hackler Tel.: (0271) 2345-818 Klinische Chemie / Serologie Fax: (0271) 2345-853 Simone Neubert Tel.: (0271) 2345-824 Mikrobiologie Dipl.-Biologe David Wellen, Leitung Tel.: (0271) 2345-820 Miriam Zurkan Tel.: (0271) 2345-829 Renée Stötzel Tel.: (0271) 2345-819 Qualitätsmanagement Anke Müller Tel.: (0271) 2345-841 Verwaltung / Sekretariat Fax: (0271) 2345-850 Dorothee Weber Tel.: (0271) 2345-811 Empfang Barbara Schäfer Tel.: (02371) 8256-0 Fax: (0271) 2345-853 Tel.: (0271) 2345-80 Sekretariat der Geschäftsführung Zentrale Befundabfrage Fax: (02371) 8256-50 Siegen: Tel.: (0271) 2345-835 Bianca Schüngel Tel.: (02371) 8256-0 29 click in kultur „Wunder der Natur“ Gasometer Oberhausen Tomás Saraceno – in orbit K21 Ständehaus, Düsseldorf „Wahlverwandschaften“ Lehmbruck Museum, Duisburg t Kultur „Wunder der Natur“ im Gasometer Oberhausen Autorin: Bettina Brakelmann DIE WELT IST SCHÖN Die Natur ist der größte Künstler – dieser Spruch ist so banal wie wahr. Welch überaus komplexes und intelligentes System hinter der Schöpfung steht, veranschaulicht die diesjährige große Ausstellung im Oberhausener Gasometer, die am 11. März startet. Die „Wunder der Natur“ sind – jenseits biologischer Finessen – vor allem eines: wunderschön. Insgesamt 140 großformatige Fotos und 22 begleitende Videos zeigen eindrucksvoll, was unseren Planeten von allen anderen unterscheidet: die Existenz von Leben. Tiere und Pflanzen machen sich in den tiefsten Tiefen und höchsten Höhen breit. Einige von ihnen sind riesengroß, wie etwa der Blauwal oder der Elefanten, andere so mikroskopisch winzig wie die Zwergwespe. Im Pflanzenreich reicht die Spanne von millimeterkleinen Zwergwasserlinsen bis zum über 100 Meter hohen Mammutbaum. Und sogar weit unten in der Tiefsee, in die kein Lichtstrahl mehr vordringt, haben Forscher jüngst jahrmillionenalte Mikroben entdeckt, deren Zellen sich nur alle 100 bis 500 Jahre teilen. All diese Lebewesen haben etwas gemeinsam: Sie haben Strategien entwickelt, um ihr Überleben zu sichern. Das beginnt bereits bei ihren raffinierten, mitunter sogar akrobatischen sexuellen Ritualen. Wir werden in dieser Ausstellung Zeugen des fragilen Aktes zweier Ameisen, der atemberaubenden Anschmiegsamkeit von Schnecken, der tänzerischen Balz von Paradiesvögeln oder der großen Grazie des „Vorspiels“ von Kranichen, das jedes Ballett in den Schatten stellen dürfte. Auch bei der Aufzucht des Nachwuchses lassen sich die Tiere so einiges einfallen: Skorpione zum Beispiel tragen ihre Brut 14 Tage schützend direkt am Körper, und der Kardinalsbarsch saugt seine Kinder einfach vorübergehend ins Maul, wenn Gefahr im Verzug ist. Den faszinierenden Familienbeziehungen etwa von Elefanten oder Affen, aber auch von unscheinbaren Insekten ist in der Ausstellung ein eigenes Kapitel gewidmet; weitere Themen sind Fressen und gefressen werden, Strategien des Jagens und Überlistens oder Mimikri. Die Aufnahmen sind bis zu 2 x 6 Meter groß und so detailscharf, dass der Betrachter das Gefühl bekommt, Teil der auf dem Bild dargestellten Szenerie zu sein. Noch authentischer werden die „Wunder der Natur“ durch 30-Sekunden-Video-Ausschnitte aus exzellenten Naturfilmen, die das Motiv des Fotos in bewegten Bildern aufgreifen, etwa wenn eine Kolonie von 80.000 Kranichen über dem Himalaya aufsteigt oder sich riesige Schwärme von Delphinen durch die Fluten des Ozeans pflügen. So manche Überraschung hält auch das Pflanzenreich bereit: In der Tat beweisen verschiedene Fotos, dass Pflanzen durchaus miteinander kommunizieren. Eine Makroaufnahme macht sogar sichtbar, wie ein Blatt atmet! Dass auch die Beobachtung der Natur eine Frage der Perspektive ist, wird am Beispiel von Farben erläutert: Gezeigt wird ein und dieselbe Blume gleich dreimal: so wie ein Mensch sie sieht, wie eine Biene sie sieht und wie ein Schmetterling sie sieht. Welche Sichtweise ist hier jetzt objektiv? t Fortsetzung auf der nächsten Seite 32 t Kultur Wie jedes Jahr können sich die Besucher auch in der 2016er-Ausstellung wieder auf ein unvergleichliches Raumerlebnis in dieser „Kathedrale der Industrie“ freuen. Highlight im 100 Meter hohen Luftraum des Gasometers ist eine im Durchmesser 20 Meter große Erdkugel. Bewegte, hoch auflösende Satellitenbilder werden detailgenau auf die Erdkugel projiziert. Möglich machen das zwölf Projektionsgeräte der allerneusten Generation, die Bilder in einer nie dagewesenen Qualität erzeugen können. Wer mit dem Panoramaaufzug hoch zum Dach des Gasometers fährt, hat einen Blick auf unseren Heimatplaneten, den sonst nur Astronauten haben. Man sieht Wolkenfelder und -strudel vorüberziehen, den Wechsel von Tag und Nacht, Helligkeit und Dunkelheit, den Wandel der Jahreszeiten. Für diese Installation hat sich der Gasometer das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahhrt (DLR) und damit bestes wissenschaftliches Know-how mit ins Boot geholt. Auf das Konto der DLR geht die Animation, die auf die Erdkugel projiziert wird und die aus global verfügbaren Satellitendaten generiert wurde. Verbindendes Spannungselement aller Exponate der Oberhausener Schau ist zunächst einmal das beeindruckte Staunen des Betrachters, der das Gezeigte in dieser Form zuvor noch nicht gesehen hatte. Die Neugier, das Mehr-wissen-wollen, das aus diesem Staunen erwächst, wird umgehend durch die Begleitvideos und erklärende Schrifttafeln befriedigt. Wieder einmal ist es dem Team um Kurator Prof. Peter Pachnicke gelungen, eine ebenso spektakuläre wie lehrreiche und unterhaltsame Ausstellung auf die Beine zu stellen, die die Grenzen zwischen Kunst und (Natur) wissenschaft mühelos überschreitet und familienfreundliche Aufklärung im besten Sinne bietet. Wunder der Natur Gasometer Oberhausen 11. März bis 30. Dezember 2016 Öffnungszeiten: Di.–So. 10–18 Uhr www.gasometer.de Fotos 01 „Macaque (Macaca nigra), close-up of eyes and brow“ – Foto: Tim Flach / Getty Images 02 Gasometer mit Plakat zur Ausstellung – Foto: Gasometer Oberhausen 03 „Face to Face“ – Foto: Bence Máté Photography 04 Montage „Wunder der Natur“ – Foto: Gasometer Oberhausen/Thomas Wolf/DLR 35 t Kultur Tomás Saraceno – in orbit Autorin: Bettina Brakelmann WOLKENKUCKUCKSHEIM Fünfundzwanzig Meter in die Tiefe zu schauen, ist nicht jedermanns Sache – vor allem, wenn man keinen festen Boden, sondern nur ein löcheriges Netz unter den Füßen hat: Die Installation „In Orbit“ des Künstlers Tomás Saraceno ist nichts für Höhenängstliche. Was da oben so filigran unter dem gewaltigen Glasdach des Ständehauses zu schweben scheint, wiegt in Wirklichkeit über drei Tonnen. Dass diese Installation hält, verdankt sie drei Disziplinen: dem Ingenieurswesen, der Architektur und nicht zuletzt der Kunst. In der Tat löst dieses Werk, dessen Planung mehr als drei Jahre gedauert hat, die Grenzen zwischen Kunst und Wissenschaft auf. Tomás Saraceno, der 1973 in Argentinien geboren wurde und heute in Berlin lebt, beobachtet seit langem sehr genau bestimmte Phänomene der Natur. Was ihn besonders faszinierte, war die Verbindung von Funktionalität, Schönheit und Stärke eines Spinnennetzes – und so wurde die Grundidee hinter „In Orbit“ geboren. In drei Schichten, auf einer Fläche von insgesamt 2500 Quadratmetern, liegen Netze übereinander, auf Abstand gehalten durch sogenannte Sphären: mit Luft gefüllte Riesenkugeln, durchsichtig oder verspiegelt, mit bis zu 8,50 Meter im Durchmesser. „Eine offene kosmisch gewebte Struktur, die sich verdichtet, verzweigt und an ihren Rändern wieder in Linien mündet“, so Saraceno. Maximal zehn Personen dürfen dieses Gebilde gleichzeitig betreten. Für die Dauer ihres Verweilens in der Installation verschmelzen sie zu einer Gemeinschaft, in der alle aufeinander achten und ihr Verhalten abstimmen müssen. Denn das Geflecht ist sensibel, die kleinste Bewegung des einen hat Auswirkungen auf alle anderen. Und so bewegen sich die Besucher vorsichtig und federnd wie durch ein Wolkengebirge, sie nehmen den Raum durch Vibration und Bewegung wahr. Die Schwerkraft scheint aufgehoben in diesem schwingenden Netz von Beziehungen, Nervenbahnen und Resonanzen. Man denkt einerseits unwillkürlich an Modelle des Universums, an Planeten oder Moleküle, und andererseits wirken die Besucher wie kleine gefangene Fliegen in einem riesigen, dreidimensionalen Spinnennetz. Ob man die Installation selbst betritt oder sie sich von unten bzw. von der Seite anschaut, man entwickelt auf jeden Fall eine emotionale Beziehung zu diesem Kunstwerk, so sehr zieht es den Betrachter in seinen Bann. Es fordert die Selbstwahrnehmung jedes einzelnen heraus, unabhängig davon, ob man das Netz mit einem Gefühl der Sicherheit oder des Gefangenseins verknüpft. Die Qualität dieser Installation liegt – wie immer – im Auge des Betrachters und hängt an stählernen Fäden. Tomás Saraceno – in orbit K21 Ständehaus, Düsseldorf bis Juni 2016 Öffnungszeiten: Di. – Fr. 10 – 18 Uhr; Sa., So. 11 – 18 Uhr www.kunstsammlung.de Fotos © Studio Tomás Saraceno 2013. © Kunstsammlung NRW 36 t Kultur t Kultur „Wahlverwandtschaften“ Autorin: Bettina Brakelmann DIE CHEMIE STIMMTE – EINE RETROSPEKTIVE Als Goethe im Jahre 1809 seinen Roman „Wahlverwandtschaften“ schrieb, hatte er dabei durchaus Hintergedanken. Ganz ähnliche Assoziationen bewogen anno 2015 die Kuratorin Marion Bornscheuer, einer Ausstellung im Lehmbruck Museums den gleichen Namen zu geben. In dem berühmten literarischen Werk geht es um das Schicksal zweier Paare, die sich „überkreuz“ ineinander verlieben, einen Konflikt zwischen Leidenschaft und Vernunft ausfechten und schließlich daran zerbrechen. Doch ursprünglich stammt der Begriff aus den Naturwissenschaften und bezeichnet das anziehende und abstoßende Verhalten von chemischen Verbindungen. Eben solche spannenden Beziehungen und Wechselwirkungen kennzeichneten die Duisburger Ausstellung. Gezeigt wurden Werke von 43 Künstlerinnen und Künstlern. Etwa die Hälfte von ihnen stammt aus Duisburg, die andere wurde von den einheimischen Teilnehmern vorgeschlagen. Auswahlkriterium war eine „Wahlverwandtschaft“, also eine spannende Verbindung miteinander. Kaum waren die Exponate in den Museumsräumlichkeiten aufgebaut, stellte sich heraus, dass zuweilen ganz andere Werke gut zueinander passten, als zuvor gedacht – womit die hintergründige Idee der Ausstellung voll erfüllt wurde. Hauptsache die Chemie stimmt! Denn wie immer bei Gemeinschaftsausstellungen entscheidet das Zusammenspiel aller künstlerischen Positionen über die gesamte künstlerische Qualität. Und hier: volle Punktzahl für Duisburg! Das Spektrum der ausgestellten Arbeiten war denkbar breit: von Fotografien über Skulpturen bis zu Installationen, von konzeptionellen bis zu humorigen Beiträgen war alles vorhanden. Stellvertretend für alle beteiligten Kunstschaffenden sei hier die Arbeit von Ulrike Waltemathe genannt. Die Duisburgerin hat in ihrer Kunst ein spielerisches Verhältnis zu biologischen Modellen entwickelt, zu Themen wie Viren, Genmanipulation, Mutation und Züchtung. Humorvoll und unerschrocken ist sie biologischen Vorgängen auf der Spur. So hat sie für sich das „experimentelle Häkeln“ entdeckt, das das Zellwachstum, das langsame Entstehen von Gewebe simulieren soll. Schon durch kleinste Mutationen entstehen völlig neue Gebilde. Ulrike Waltemathe benutzt für ihre Objekte in erster Linie Alltagsmaterialien wie Wattestäbchen, Büstenhalter, Badekappen, Gummihandschuhe, Trinkhalme oder Pipettenspitzen. So auch in der Duisburger Schau, bei der sie ihre Arbeiten „botanische Modelle biomorpher Auswüchse in der Kunst“ und „Schaumgebilde“ präsentierte. Wahlverwandtschaften Lehmbruck Museum, Duisburg bis 31. Januar 2016 Öffnungszeiten: Mi. 12 – 18, Do. 12 – 21, Fr. + Sa. 12 – 18, So. 11 – 18 Uhr www.lehmbruckmuseum.de Fotos 01 „Schaumgebilde“ 02 „Botanische Modelle biomorpher Auswüchse in der Kunst“ 40 41 42 43 365 Tage im Jahr Klarheit schaffen … t Labormedizin Mikrobiologie Krankenhaushygiene Service 44 www.hygel.de Gelsenkirchen Iserlohn Siegen t Ihr Labor für effiziente Diagnostik