„Abgeschlepptes Auto in Trier“ F leiht sich den Wagen

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Prof. Dr. Gerhard Robbers
Polizeirecht Sommersemester 2008
„Abgeschlepptes Auto in Trier“
F leiht sich den Wagen seines Nachbarn N aus, um an einem sonnigen Sonntag
Vormittag nach Trier zu fahren. In Trier angekommen, findet F keinen Parkplatz, da es in
Trier wegen des guten Wetters von Touristen wimmelt. Nach einer langen Suche
entdeckt er eine freie Fläche vor einer Ausfahrt. Das an der Ausfahrt angebrachte Schild
„Feuerwehrausfahrt“ (Halteverbot) übersieht er. Er geht davon aus, dass er vor einer
privaten Betriebsausfahrt parke und an einem Sonntag schon niemand durch das Auto
behindert werde.
Nachdem F den Wagen auf dieser freien Fläche geparkt und sich entfernt hat, bemerken
zwei Polizeibeamten den vor der Feuerwehrausfahrt geparkten PKW. Sie versuchen
vergeblich, den Fahrer des PKW im Gerätehaus und in der Nachbarschaft ausfindig zu
machen. Schließlich beauftragen sie das Abschleppunternehmen A, den PKW zu
entfernen, nachdem sie den Halter des PKW, N, den sie über Funk herausgefunden
haben, telefonisch nicht erreicht haben.
Einige Tage später erhält N einen Kostenbescheid von der zuständigen Behörde. Darin
wird er aufgefordert, seinen PKW gegen Zahlung von Abschleppkosten in Höhe von 125
€ abzuholen.
Sie sind der Rechtsanwalt des N, der den Kostenbescheid für rechtswidrig hält. N fragt
Sie, was er gegen den Kostenbescheid unternehmen könne.
Zusatzfrage: Der von der Polizei beauftragte private Abschleppunternehmer A
beschädigt fahrlässig das Auto des N beim Abschleppvorgang. Dadurch entsteht dem N
ein Schaden i.H.v. 2.000,- €. Da A insolvent ist und den Schaden des N nicht begleichen
kann, fragt N Sie, ob er vom „Staat“ Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der
Amtshaftung verlangen kann.
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Lösungsskizze
Die einzige sachgerechte Option in diesem Falle ist die Einleitung eines Widerspruchsverfahrens. Das
Widerspruchsverfahren beurteilt sich nach § 68 ff. VwGO. Erforderlich ist wie bei einer
verwaltungsgerichtlichen Klage, dass der Widerspruch zulässig und begründet ist.
A. Zulässigkeit des Widerspruchs
I.
Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges, § 40 I 1 VwGO analog
¾ Analoge Anwendung des $ 40 I 1 VwGO, da sich § 40 VwGO auf gerichtliche Streitigkeiten bezieht.
¾ öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art i.S.d. § 40 I 1 VwGO (+), da N sich
gegen einen Kostenbescheid wendet, für den die streitentscheidenden Normen aus dem Polizeirecht
stammen.
¾ abdrängende Sonderzuweisung (-), hier präventiver Aufgabenbereich der Polizei (Gefahrenabwehr)
II. Statthaftigkeit des Widerspruchs
¾ gegen einen bereits erlassenen Verwaltungsakt (VA), der noch nicht seine Erledigung gefunden
hat
¾ Kostenbescheid = VA gem. § 1 I LVwVfG i.V.m. § 35 S. 1 VwVfG (+)
¾ Ausgeschlossen in den Fällen des § 68 I 2 VwGO
III. Widerspruchsbefugnis, § 42 II VwGO analog
¾ Analoge Anwendung, da § 42 II VwGO ausweislich der Normüberschrift grds. nur auf Anfechtungs- und
Verpflichtungsklagen anwendbar ist
¾ plausible Behauptung, dass der VA rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen
Rechten verletzt ist (Für Erwägungen bzgl. Zweckmäßigkeit sind keine Angaben im Sachverhalt
enthalten).
IV. Förmliche Ordnungsgemäßheit der Widerspruchseinlegung, § 70 VwGO
a) bei der Behörde, die den VA erlassen hat oder
b) bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat:
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Dies ist hier ebenfalls die Erstbehörde gem. § 73 I 2 Nr. 2, da gem. § 92 II 1 POG das Ministerium des
Innern und für Sport die Dienstaufsicht über die Polizeipräsidien (§ 76 II POG) wahrnimmt.
c) schriftlich oder zur Niederschrift
d) innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des VA
B. Begründetheit des Widerspruchs
Der Widerspruch ist begründet, soweit der Kostenbescheid rechtswidrig und der Widerspruchsführer N
dadurch in seinen Rechten verletzt ist.
Ausweislich des § 68 I 1 VwGO ist neben der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes auch seine
Zweckmäßigkeit Bestandteil des Widerspruchsverfahrens. Für eine Zweckmäßigkeitskontrolle enthält der
Sachverhalt nicht genügend Angaben.
I.
Ermächtigungsgrundlage
Aufgrund des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes bedürfen belastende Verwaltungsakte stets einer
gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.
1. Abgrenzung:
a) § 25 III 1 POG (Kosten der Sicherstellung und Verwahrung)
b) §§ 63, 83 LVwVG (Kosten der Ersatzvornahme)
c) §§ 61 II, 63, 83 LVwVG (Kosten der Ersatzvornahme im Sofortvollzug)
d) § 6 II POG (Kosten der unmittelbaren Ausführung)
Entscheidend für die Abgrenzung ist der Zweck der Vorschrift und ob ein Grundverwaltungsakt
gegenüber dem Betroffenen ergangen ist.
zu a) Kosten der Sicherstellung und Verwahrung, § 25 III 1 POG
Dazu müsste es sich bei der Abschleppmaßnahme um eine Sicherstellung i.S.d. §§ 22 ff. POG handeln.
Sicherstellung ist die Beendigung des Gewahrsams des bisherigen Inhabers der tatsächlichen
Sachherrschaft unter Begründung hoheitlichen Gewahrsams zum Zwecke der Gefahrenabwehr 1 . Dabei
muss es der Polizei vom Zweck der Maßnahme her darauf ankommen, die Sache in Verwahrung zu haben
und andere von jeder Einwirkungsmöglichkeit auszuschließen.
1
Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn 251.
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Der Polizei kommt es hier jedoch darauf an, die verkehrswidrige Situation zu beseitigen, indem sie das
Fahrzeug entfernt. Zweck der Maßnahme ist daher nicht, den Kfz-Halter oder Fahrer von der
Einwirkungsmöglichkeit auszuschließen. Eine Sicherstellung kommt als Abschleppmaßnahme nicht in
Betracht 2 , so dass § 25 III 1 POG als Eingriffsgrundlage ausscheidet.
zu b)
§ 57 I POG i.V.m. §§ 63, 83 LVwVG (Kosten der Ersatzvornahme)
§ 63 LVwVG setzt zunächst eine vertretbare Handlung voraus. Vertretbar ist eine Handlung, die an Stelle
des Verpflichteten zulässigerweise auch ein Dritter vornehmen kann. Darunter fällt auch die Befolgung
eines Wegfahrgebotes, das im Wege der Ersatzvornahme durch Abschleppen erfüllt wird.
Als Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung setzt die Ersatzvornahme grundsätzlich zunächst das
Vorliegen eines wirksamen VA vor Beginn der Vollstreckung voraus. Neben Anordnungen von
Polizeibeamten sind auch Verkehrszeichen Verwaltungsakte (sog. Allgemeinverfügungen, § 35, 2
VwVfG 3 ), die den Regelungsgehalt des Wegfahrgebotes enthalten können, so z.B. die
Halteverbotsschilder. Bei Schildern ist die Bekanntgabe des VA i.S.d. 41 III VwVfG ist auch dann gegeben,
wenn die individuelle Kenntnisnahme des Fahrers fehlt, er das Schild aber hätte wahrnehmen können 4 .
Gegenüber N ist jedoch keine polizeiliche Anordnung ergangen, den Wagen wegzufahren, da N telefonisch
nicht erreichbar war. Des weiteren kommt das Anbringen des Schildes an der Ausfahrt als Bekanntgabe
der Allgemeinverfügung gegenüber N nicht in Betracht, da dieser nicht Fahrer des KFZ war. Mangels
Grundverfügung greift § 57 POG i.V.m. §§ 63, 83 LVwVfG nicht unmittelbar.
zu c)
§§ 61 II, 63, 83 LVwVG (Kosten der Ersatzvornahme im Sofortvollzug)
Als Ermächtigungsgrundlage für den Kostenbescheid kommen §§ 61 II, 63, 83 LVwVG in Betracht, wenn
eine Ersatzvornahme im Wege des sofortigen Vollzugs ohne vorhergehenden VA erfolgt ist.
P : Abgrenzung zur unmittelbaren Ausführung nach § 6 POG 5 :
2
anders in den Fällen, in denen die Polizei verhindern will, dass das verkehrsgefährdende Kfz benutzt wird, z. B.
wegen abgefahrener Reifen; Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn. 252.
3
Vgl. BVerwG NVwZ 1988, 623.
4
BVerwG NJW 1997, 1021; OVG Rheinland Pfalz, NVwZ-RR 1989, 299.
5
Knemeyer Rn 343; Jochum/Rühle Polizei- und Ordnungsrecht, J 54 f.; Schoch JuS 1994, 363; Stein/ Paintner,
Fälle und Erläuterungen zum Polizei- und Ordnungsrecht, S.56 u. 129 m.w.N.
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Beim sofortigen Vollzug geht es um den Einsatz eines Zwangsmittels ohne vorausgehenden Grund-VA. Er
hat also willensbeugende oder willensbrechende Funktion, weshalb sich die Regelung auch systematisch
im Verwaltungsvollstreckungsrecht befindet.
Bsp.: Der Störer ist zwar erreichbar und wäre auch in der Lage, die Störung zu beseitigen, aufgrund seines
erkennbar entgegenstehenden Willens ist er jedoch dazu nicht bereit.
Demgegenüber betrifft die unmittelbare Ausführung nach § 6 POG, die ebenfalls keinen Grund-VA
voraussetzt, das Tätigwerden der Polizei anstelle des Störers in den Fällen, in denen eine
Inanspruchnahme des nach §§ 4, 5 POG Verantwortlichen zur Beseitigung der Gefahr nicht möglich ist,
weil z.B. der Betroffene - wie hier - nicht erreichbar ist. Die unmittelbare Ausführung ist systematisch in die
Vorschriften über die Störereigenschaft der §§ 4 ff. POG eingeordnet, bei denen es auf einen
entgegenstehenden Willen nicht ankommt. Nur die Überwindung eines solchen Willens ist aber Zwang, so
dass die Ersatzvornahme im Sofortvollzug keine Eingriffsgrundlage für die Polizei gegenüber N darstellt.
Dabei ist davon auszugehen, dass er bei Anwesenheit zur Beseitigung der Störung bereit wäre.
zu c)
§ 6 II POG (Kosten der unmittelbaren Ausführung)
Die durchgeführte Maßnahme (Abschleppen und Verwahren) stellt eine unmittelbare Ausführung dar i.S.d.
§ 6 I 1 POG, so dass die Ermächtigungsgrundlage für den Bescheid über die Kosten der Maßnahme in § 6
II POG zu finden ist.
2. Formelle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides
a) Zuständigkeit der Behörde (+)
b) Verfahren (von einer Anhörung gem. § 28 I VwVfG ist auszugehen)
c) Form (+)
3. Materielle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides
Der Kostenbescheid nach § 6 II POG ist rechtmäßig, wenn die unmittelbare Ausführung rechtmäßig
gewesen ist. Dazu müssen zunächst alle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen einer fiktiven Grundverfügung
erfüllt sein.
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a) Rechtmäßigkeit eines fiktiven Grundverwaltungsaktes
aa) Ermächtigungsgrundlage:
- Standardmaßnahme (-)
- daher § 9 I i.V.m. § 1 I POG
bb) formelle Rechtmäßigkeit
-
Zuständigkeit der uniformierten Polizei (Eilzuständigkeit gem. § 1 VI POG)
-
Verfahren (Anhörung, Gefahr im Verzug § 28 II Nr. 1 VwVfG)
cc) materielle Rechtmäßigkeit
(1) Gefahr für die öffentliche Sicherheit
Gefahr 6 ist ein Zustand, der nach verständiger, auf allgemeiner Lebenserfahrung beruhender Beurteilung
in näherer Zeit (bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens) den Eintritt eines
Schadens für die öffentliche Sicherheit und/ oder Ordnung erwarten lässt.
Die öffentliche Sicherheit 7 umfasst
(a) den Bestand des Staates und seiner Einrichtungen,
(b) die objektive Rechtsordnung,
(c) die Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Vermögen
(d) sog. kollektive Rechtsgüter (z.B. öffentliche Wasserversorgung, Volksgesundheit)
Unter öffentlicher Ordnung 8 wird verstanden "die Gesamtheit jener ungeschriebenen Regeln für das
Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Beachtung nach den jeweils herrschenden
Zeitanschauungen
als
unerlässliche
Voraussetzung
eines
geordneten
staatsbürgerlichen
Gemeinschaftslebens betrachtet wird" .
Die öffentliche Sicherheit ist beeinträchtigt, da ein Verstoß gegen die geschriebene Rechtsordnung vorliegt,
§ 12 I Nr. 8 StVO: "Das Halten ist unzulässig vor und in amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrten".
Die öffentliche Ordnung ist hier nicht betroffen.
6
Knemeyer Polizei- und Ordnungsrecht Rn 87.
Schoch JuS 1994, 570.
8
siehe zum Begriff: Schoch, JuS 1994, 574; Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, Rn 102.
7
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(2) Störereigenschaft des N
(a) Handlungsstörer gem. § 4 POG (-)
N hat das Fahrzeug nicht selbst vor der Feuerwehrzufahrt geparkt. Handlungsstörer wäre F.
(b) Zustandsstörer gem. § 5 POG (+)
- tatsächlicher Inhaber der Sachherrschaft (§ 5 I 1) über das Auto, ist nicht N (sondern F)
- der Berechtigte einer Sache (§ 5 II), das ist N, Eigentümer i.S.d. BGB.
F übt die Sachherrschaft über das Auto mit dem Willen des Eigentümers N aus. N hat insoweit
Einwirkungsmöglichkeiten auf die mit seinem Willen von F ausgeübte Sachherrschaft an der Sache und
deshalb Verantwortung für den Zustand der Sache. Also ist auch N Zustandsstörer.
(c) Ermessensfehlerfreie Störerauswahl (§ 3 POG) (+)
Störermehrheit: Hier stellt sich die Frage, wem gegenüber eine polizeiliche Grundverfügung mit dem Inhalt,
den Wagen beiseite zu fahren, hätte ergehen können.
Bei der Auswahl ist der Zweck des Polizeirechts zu berücksichtigen: Effektivität der Gefahrenabwehr, d.h.
die Behörde hat gegenüber demjenigen Störer einzuschreiten, der die Gefahrenlage am schnellsten und
wirksamsten beseitigen kann 9 .
Da der Fahrer nicht aufzufinden war, wäre es am effektivsten gewesen, den Halter anhand des
Nummernschildes zu ermitteln und ihn zum Wegfahren aufzufordern, so dass der fiktive Grund-VA dem N
gegenüber hätte ergehen können.
(3) Besondere Voraussetzungen des § 6 POG
Die Polizei durfte im Wege der unmittelbaren Ausführung vorgehen, wenn die Beseitigung der Störung
nicht oder nicht rechtzeitig durch Maßnahmen gegen einen Störer erfolgen konnte. Der Fahrer A war nicht
aufzufinden und der Halter N nicht erreichbar. Die Beamten hatten auch keine Anhaltspunkte, dass der
Verantwortliche demnächst erscheinen werde. Eine Beseitigung durch einen Störer war damit nicht
möglich. Im Hinblick darauf, dass die öffentliche Sicherheit schon beeinträchtigt war und das Auto vor der
Feuerwehrausfahrt ein erhebliches Verkehrshindernis darstellt, lag auch die eine unmittelbare Ausführung
rechtfertigende Eilbedürftigkeit vor.
dd) Kein Verstoß gegen sonstiges Recht durch die unmittelbare Ausführung
-
Verhältnismäßigkeit (+), § 2 POG
9
vgl. dazu Schoch, JuS 1994, 1028 m.w.N.
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-
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Richtige Ermessensausübung (+), § 3 POG
b) Der die unmittelbare Ausführung war somit rechtmäßig.
c) Ermessensfehler hinsichtlich des Kostenbescheides sind nicht ersichtlich
d) Der Kostenbescheid ist somit rechtmäßig, und der N ist durch ihn nicht in seinen Rechten
verletzt.
4) Der Widerspruch ist unbegründet.
Zusatzfrage:
I. Anspruch aus Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB
1. Konstruktion der Anspruchsgrundlage
-
einheitliche Anspruchsgrundlage
-
Staat haftet an Stelle des Beamten
-
§ 839 BGB als anspruchsbegründende Norm
-
Art. 34 GG als anspruchsverlagernden Norm
2. Voraussetzungen
a. Beamter (+)
-
Beamter im haftungsrechtlichen Sinne: Haftungstatbestand erfasst den gesamten Bereich hoheitlicher
Tätigkeit
-
Amtspflichtwidriges Verhalten der Polizei nicht ersichtlich; Handlung einer Privatperson
-
Problem: haftungsrechtliche Zurechnung von Handlungen einer Privatperson, die vom Staat zur
Erfüllung öffentlicher Aufgaben herangezogen wurde
-
Beleihung? (-), da die Beleihung die Wahrnehmung hoheitlicher Kompetenzen voraussetzt, die dem A
durch oder aufgrund eines Gesetzes zur selbständigen und eigenverantwortlichen Wahrnehmung im
eigenen Namen übertragen worden sind.
-
Verwaltungshelfer? (+);
Werkzeugtheorie (abzulehnen, da Gefahr der „Flucht ins Privatrecht“);
BGH: Bereich der Eingriffsverwaltung hoheitliches Handeln anzunehmen, wenn ein privater, nicht
beliehener Unternehmer, der vom Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben durch privatrechtlichen Vertrag
herangezogen wurde, in Ausübung dieses Auftrags einen Schaden verursacht
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Wertungen wie die „Sachnähe der übertragenen Tätigkeit zu dieser Aufgabe“ sowie der „Grad der
Einbindung des Unternehmens in den behördlichen Pflichtenkreis“
Entscheidend ist im Lichte des Rechtsgedankens des § 278 BGB, ob der Private mit Wissen
und Wollen des zuständigen Hoheitsträgers in Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten für
den Hoheitsträger gegenüber Dritten tätig wurde
=> (+) Erfüllung der unmittelbaren Ausführung
b. Handeln in Ausübung der hoheitlichen Tätigkeit (+)
=> Schädigung im Rahmen der unmittelbaren Ausführung (Abschleppen)
c. Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht (+)
Amtspflicht, deliktische Schädigungen zu unterlassen => hier: verletzt
d. Kausaler Schaden (+)
Schaden i.H.v. 2.000,- € infolge der Schädigung während des Abschleppens
e. Verschulden (+), da fahrlässig
f. Ausschluss?
§ 839 Abs. 1 S. 2 BGB: anderweitige Ersatzmöglichkeit (-), da der Abschleppunternehmer A
zahlungsunfähig
g. Anspruchsgegner
Anvertrauenstheorie: Haftung derjenigen Körperschaft, die dem handelnden Amtsträger die hoheitliche
Aufgabe anvertraut hat.
3. Ergebnis: N hat einen Anspruch aus Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB gegen
4. Rechtsfolge: Schadensersatz in Geld (2.000 ,- €)
II. Sonstige Ansprüche
Denkbar:
Verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis (positive Forderungsverletzung, § 280 BGB analog)
Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff
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