Versuch 2: Zentrifugation

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VERSUCH 2: ZENTRIFUGATION
THEORETISCHE GRUNDLAGEN
DIE AUFTRIEBSKRAFT (GESETZ
DES
ARCHIMEDES)
Ein Körper, der in eine Flüssigkeit eingetaucht wird, zeigt einen scheinbaren Gewichtsverlust.
Die Ursache ist eine Kraft, die der Gravitationskraft FG (= Gewichtskraft) entgegenwirkt: die
Auftriebskraft FA. Mit zunehmender Tiefe nimmt der hydrostatische Druck in einer Flüssigkeit
zu, daher wirkt auf einen in die Flüssigkeit gebrachten Körper auf seine Oberseite ein geringerer
Druck als auf seine Unterseite. Diese Druckdifferenz bewirkt den Auftrieb, wie sich an einem
rechtwinkeligen Körper mit der Höhe ∆ h zeigen lässt (Abb. 10).
Allgemein gilt für den hydrostatischen Druck p:
p= ρ L gh
h = Höhe, Entfernung von der Oberfläche
ρL = Dichte der Flüssigkeit
g = Erdbeschleunigung (= 9,81 ms-2)
FA
∆h
FG
Abb. 10: Auftriebskraft FA
Auf die Oberseite des Körpers in Abb. 10 wirkt der hydrostatische Druck:
punten = ρ L g h2
und auf die Unterseite:
punten = ρ L g h2
Da h1 < h2 ist auch p oben < p unten.
Es ergibt sich ein resultierender Druck ∆p, der nach oben gerichtet ist
∆ p = punten − poben
= ρ L g ( h2 − h1 )
= ρL g∆h
29
VERSUCH 2: ZENTRIFUGATION
Die Fläche A des Körpers bestimmt mit dem Druck die resultierende Kraft FA (Auftriebskraft, da
nach oben gerichtet)
uur
FA = A ∆ p
= ρ L g A∆ h
Das Volumen der verdrängten Flüssigkeit ist gleich groß wie das des eintauchenden Körpers,
nämlich V = A.∆h Die Masse der verdrängten Flüssigkeit ist daher mL = ρ L A ∆ h . Die
Gravitationskraft FG der verdrängten Flüssigkeit (FG = mL g) ist also dem Betrag nach, aber nicht in
der Richtung, gleich der statischen Auftriebskraft FA :
FA = − ρ L g VL
= − mL g
SEDIMENTATION
Ein Körper sinkt (sedimentiert) in einer Flüssigkeit, wenn die auf ihn wirkende Gravitationskraft
FG größer ist als die Auftriebskraft FA. Eine solche Sedimentation erfolgt immer dann, wenn die
Dichte des Körpers größer ist als die Dichte des Lösungsmittels. Dieser Zusammenhang lässt sich
ebenfalls aus dem Archimedischen Gesetz herleiten: In der Flüssigkeit wirkt auf eine Partikel der
Masse mp die Gravitationskraft FG
FG = mp g
und die Auftriebskraft FA, die der Gravitationskraft entgegengesetzt ist:
FA = mL g
Da das Volumen Vp =
mp
ρp
des eingetauchten Körpers und das Volumen VL =
mL
der von ihm
ρL
verdrängten Flüssigkeit gleich sind, folgt:
Vp = VL
mp
ρp
=
mL
ρL
mL = m p
ρL
ρp
Die Sedimentationskraft FS ergibt sich aus der Summe von Gravitations- und Auftriebskraft, die
einander entgegengerichtet sind.
uur uur uur
FS = FG + FA
= m p g − mL g
Es folgt:
30
PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE
uur
FS = mp g − mL g
= mp g − mp
ρL
g
ρp

ρ 
= mp g  1 − L 

ρ p 

Diese
Sedimentationskraft
FS
bewirkt
Sedimentationsgeschwindigkeit v =
das
Absinken
eines
Teilchens
mit
der
dx
. Anfänglich ist diese Bewegung beschleunigt, wobei mit
dt
zunehmender Geschwindigkeit die Reibungskraft FR = f
dx
proportional ansteigt. Sobald die
dt
Reibungskraft gleich der Sedimentationskraft ist, stellt sich eine gleichförmige Bewegung
(Sedimentationsgeschwindigkeit) ein.
FR = FS
f

dx
ρ 
= mp g  1 − L 

dt
ρ p 

Der Proportionalitätsfaktor f = 6 π η r ist der Reibungskoeffizient für kugelförmige Moleküle
mit dem Radius r (Stokes). η = Viskosität des Lösungsmittels.
dx mp g 
ρ 
=
 1 − L 
dt 6π η r 
ρp
ρ pVg 
ρ 
=
 1 − L 
6π η r 
ρp
Vg
=
ρL− ρp
6π η r
(
Aus der Sedimentationsgeschwindigkeit
)
dx
lässt sich also die mittlere Masse der Partikel
dt
ermitteln.
Für das Verhalten einer Partikel im Lösungsmittel gilt:
ρ
L
= ρ
P
FS = 0 Schweben (Gleichgewicht)
ρ
L
< ρ
P
FS > 0 Sinken
(Sedimentation)
ρ
L
> ρ
P
FS < 0 Steigen
(Auftrieb)
Partikel sedimentieren also immer dann, wenn sie eine relativ größere Dichte besitzen als das
Lösungsmittel, sie reichern sich also in Bodennähe an. Eine höhere Partikelkonzentration wird
durch Diffusionsbewegungen begrenzt, so dass mit der Sedimentation nur dann Material
31
VERSUCH 2: ZENTRIFUGATION
angereichert wird, wenn die Diffusionsgeschwindigkeit wesentlich geringer ist als die
Sedimentationsgeschwindigkeit. Im Schwerefeld der Erde ist dies für große Partikel wie z.B. bei
der Blutsenkung der Fall, kleine Partikel können jedoch auch angereichert werden, wenn die
Gravitationskraft entsprechend vergrößert wird.
DIE ZENTRIFUGALKRAFT
ALLGEMEINES
dϕ
um ein Zentrum 0 im Abstand r rotierender
dt
Ein mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω =
Körper der Masse m (Bahngeschwindigkeit v =ω r) erfährt eine zum Zentrum hin gerichtete
Radial- oder Zentripetalbeschleunigung a:
az = ω 2 r
Für einen mit dem System rotierenden Beobachter bewegt sich der Körper beschleunigt radial
nach außen. Auf den Körper wirkt die radial nach außen gerichtete Zentrifugalkraft FZ:
Fz = m az
= mω 2 r
Zwischen der Bahngeschwindigkeit v und der Winkelgeschwindigkeit ω besteht folgender
Zusammenhang:
v= ωr
für ω = konst. gilt:
ω = 2π ν
= 2π
Upm
60
Upm
=
ν = Umlauffrequenz
TRENNUNG
VON
TEILCHEN
IN EINER
Umdrehungen
pro
Minute
ZENTRIFUGE
In einer Zentrifuge bewegt sich eine Partikelsuspension mit konstanter Winkelgeschwindigkeit
auf einer Kreisbahn. Dabei wirkt auf eine Partikel der Masse mP die Zentrifugalkraft FZ :
Fz = mp ω 2 r
Die Partikel der Masse mP verdrängt Flüssigkeit der Masse mL. Dies bewirkt eine Auftriebskraft FA,
die dem Betrag nach gleich, der Richtung nach aber entgegengesetzt der Zentrifugalkraft auf die
verdrängte Flüssigkeitsmasse mL ist:
FA = mL ω 2 r
32
PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE
Die Sedimentationskraft FS ergibt sich wiederum aus der Summe von Zentrifugalkraft FZ und
Auftriebskraft FA.
FS = FZ − FA

ρ 
= mp  1 − L  ω 2 r

ρ p 

Unter der Wirkung der Resultierenden FZ + FA bewegt sich die Partikel mit der Geschwindigkeit
dr
in radialer Richtung und wird dabei durch den Reibungswiderstand der umgebenden
dt
Flüssigkeit abgebremst.
Die Reibungskraft
FR = f
dr
dt
ist wiederum der bewegenden Kraft entgegengerichtet.
Für stationäre Sedimentation lautet das Kräftegleichgewicht:
FZ + FA + FR = 0
ω 2 r mp − ω 2 r mL − f
(m
DER
G
p
)
dr
= 0
dt
− mL ω 2 r = f
dr
dt
- WERT
Fällt ein Körper frei, d.h. wirkt auf ihn lediglich die Gravitationskraft FG, so fällt er mit der
Fallbeschleunigung g, die durch die Erdanziehung hervorgerufen wird.
g=
FG
mp
In unseren geographischen Breiten ist g = 9,81 m/s2. In Zentrifugen werden durch Erhöhen der
Umlauffrequenz höhere Beschleunigungswerte erreicht, wodurch schnellere Sedimentation
erfolgt.
Die sich ergebenden Werte bezieht man auf 'ein g' und spricht von einer Zentrifugation bei
'x × g'.
Beispiel: ν= 100 Umdrehungen pro Sekunde; r = 0,1 m Abstand vom Drehzentrum
33
VERSUCH 2: ZENTRIFUGATION
ω = 2π ν
= 2 ⋅ 3, 142 ⋅ 100 s− 1
= 6, 28 × 10 2 s− 1
a= ω 2r
= 39, 44 × 10 4 s− 2 ⋅ 0,1m
=39, 44 × 10 3 m 2
s
Das entspricht :
39440 m
s2 = 4020 × g
9, 81 m 2
s
DIE SVEDBERG - KONSTANTE
Theodor Svedberg, ein schwedischer Chemiker, konstruierte 1925 erstmals als Hilfsmittel für
seine Untersuchungen über Kolloide eine Ultrazentrifuge. Mit ihr bestimmte er die Masse von
Riesenmolekülen. Bei der Bestimmung der relativen Molekülmasse verwendet man seither eine
Sedimentationskonstante (sK Svedberg-Konstante), die sich aus dem Quotienten der
Absinkgeschwindigkeit
dr
und der Zentrifugalbeschleunigung ω2 r ergibt und die die Einheit s
dt
hat:
sK =
dr 1
dt ω 2 r
Mit der Angabe der Sedimentationskonstanten charakterisiert man Moleküle oder Partikel bereits
eindeutig, selbst wenn ihre Diffusionskonstante D und ihre Dichte unbekannt sind. In der
Molekularbiologie haben viele der untersuchten Moleküle Sedimentationskonstanten im Bereich
von 10-13 s. Man hat daher die Einheit "Svedberg" eingeführt:
1 Svedberg = 1 S = 10-13 s
und charakterisiert Moleküle mit ihrem "S-Wert". Beispiele: Die beiden Ribosomenuntereinheiten
bei Prokaryonten haben S-Werte von:
30 × 10-13s
sK = 30 S
50 × 10-13s
sK = 50 S
Da die Sedimentationskonstante unter verschiedenen Bedingungen bestimmt werden kann, sind
gewisse Vereinheitlichungen notwendig. Meist wird die Sedimentationskonstante auf einen Wert
korrigiert, den man erhalten würde, wenn das Medium die Dichte und Viskosität von Wasser bei
20  C hätte. Die Korrektur wird mit folgender Gleichung vorgenommen.
34
PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE
s20° ,W =
(
η θ , L ρ p − ρ 20° ,W
(
η 20° ,W ρ p − ρ θ , L
)
)
Sθ,L
: unkorrigierte Sedimentationskonstante in einem Medium bei der Temperatur T
ηθ,L
: Viskosität des Mediums bei der Zeltrifugationstemperatur
η20,W
: Viskosität des Wassers bei 20  C
ρp
: Dichte der Teilchen in Lösung
ρθ,L
: Dichte des Mediums bei Zentrifugationstemperatur
ρ20,W
: Dichte des Wassers bei 20  C
BEISPIELE
FÜR
BESTIMMUNG
ANWENDUNGEN
DER RELATIVEN
DER
SEDIMENTATIONSKONSTANTEN
MOLEKÜLMASSE
Für die Masse einer Partikel ergibt sich:
mp = f
= f
dr 1
1
ρ
dt 1 − L ω 2 r
ρp
sK
ρ
1− L
ρp
Für kugelförmige Partikel wird der Reibungskoeffizient f = 6 π η r angeben (Stokes, 1856). In der
Regel ist die Form eines Moleküls jedoch nicht bekannt. Man drückt daher den
Reibungskoeffizienten f durch den experimentell bestimmbaren Diffusionskoeffizienten D aus.
f=
RT
N AD
NA = Avogadrokonstante = 6,023 × 1023 mol-1
R = Allgemeine Gaskonstante
T = absolute Temperatur (Kelvin)
Die relative Molekülmasse Mr berechnet sich zu:
Mr = mp N A
Eingesetzt und umgeformt ergibt sich die Svedberg-Gleichung:
35
VERSUCH 2: ZENTRIFUGATION
Mr =
BESTIMMUNG
DER
RT sK
D 1− ρ L
ρp
KLÄRZEIT
Die Klärzeit ist die Zentrifugationszeit, die benötigt wird um ein Teilchen mit einem bestimmten
Sedimentationskoeffizienten vollständig zu sedimentieren. Die Integration der umgeformten
Gleichung in den Grenzen t1 und t2 ergibt:
dr 1
dt ω 2 r
dr
sKω 2 dt =
r
t2
r1
1
2
∫t sKω dt = r∫ r dr
1
0
sK =
sK ω
2
( t2 − t1 ) =
ln r2 − ln r1
sK =
ln r2 − ln r1
ω 2 ( t2 − t1 )
t2 - t1 ist die Zeitdauer, die die Teilchen benötigen, um von Position r1 bis zu r2 zu gelangen.
Daraus lässt sich weiterhin ableiten:
∆ tsK =
ln r2 − ln r1
= K
ω 2 3600
∆t : Zentrifugationszeit in Stunden
K : Rotorkonstante
ZENTRIFUGATIONSTECHNIKEN
DIFFERENTIELLE ZENTRIFUGATION
Die Trennung von Zellorganellen durch differentielle Zentrifugation ist eine der
grundlegendsten und gebräuchlichsten Zentrifugationsverfahren. Dabei wird ein Gemisch von
Partikeln (z.B. ein Zellhomogenat) stufenweise höheren Zentrifugalbeschleunigungen bei
schrittweise verlängerten Zentrifugationszeiten ausgesetzt. Dabei werden die Komponenten mit
großen S-Werten angereichert, während der Überstand langsamer sedimentierende Partikel mit
kleineren S-Werten enthält. Die Sedimente (Pellets), die man nach jedem Zentrifugationsschritt
erhält, sind jedoch stets mit langsamer sedimentierenden Komponenten verunreinigt, so dass vor
einer weiteren Untersuchung das Pellet mit frischem Lösungsmittel resuspendiert und
anschließend erneut zentrifugiert werden sollte.
36
PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE
(a)
(b)
(c)
Abb. 11:
Differentielle Zentrifugation. (a) Vor der
Zentrifugation
enthält
die
Lösung
Partikel
zweier
Größenklassen (b) Während der Zentrifugation wandern die
größeren
Partikel
schneller
zum
Boden
des
Zentrifugenröhrchens (c) Ausbildung eines Pellets aus großen
Partikeln, das mit kleinen Partikeln verunreinigt ist. Der
Überstand ist rein und enthält nur kleine Partikel
Im Allgemeinen ist bei der differentiellen Zentrifugation die Verwendung eines Festwinkelrotors
vorteilhafter als die eines Ausschwingrotors.
Drehachse
Feststellschraube 30°
Rotordeckel
Zentrifugenröhrchen
mit Deckel
Rotor
Abb. 12: Aufbau eines Festwinkelrotors
In Festwinkelrotoren befinden sich die Zentrifugenröhrchen in einem festen Winkel (zwischen
14°und 40°) zur Rotationsachse. Durch das Zentrifugalfeld bewegen sich die Partikel nur über
kurze Distanzen in horizontaler Richtung bis sie an die Wand des Zentrifugenröhrchens stoßen.
Unter geeigneten Bedingungen bildet sich an der Außenwand des Zentrifugenröhrchens ein
kompaktes Pellet.
37
VERSUCH 2: ZENTRIFUGATION
Subzelluläre Fraktionierung
Zellhomogenisat in isotoner
Saccharoselösung (300 mM)
15 min
1000 g
Überstand
20 min
10000 g
Überstand
60 min
100000 g
Differentielle
Zentrifugation
nukleäres
Pellet
0,8 M
mitochondriales
Pellet
0,5 M
t
in
d
g
se
ro
ch
a
S
Plasma
membran
2,0 M
Zellkerne
1,7 M
mikrosomales
Pellet
0,5 M
Dichtegradientenzentrifugation
Mitochondrien
Golgi & Endsomen
Lysosomen
Plasmamembranvesikel
ER-Vesikel
2,0 M
Ribosomen
Abb. 13: Allgemeines Schema zur subzellulären Fraktionierung eines Säugergewebes,
z.B. der Leber. Die Zahlen geben die molare Saccharosekonzentration im oberen bzw.
unteren Bereich des Gradienten an.
DICHTEGRADIENTEN-ZENTRIFUGATION
Bisher wurde vorausgesetzt, dass die Sedimentation in einem homogenen Medium stattfindet.
Die gleichmäßige Wanderung der Partikel in einer Ultrazentrifuge wird jedoch durch
mechanische Vibrationen, Wärmegradienten und Konvektionen gestört. Diese Störungen können
durch Zentrifugation in einem Dichtegradienten verringert werden. Geeignete Substanzen zur
Bildung eines Gradienten sind Saccharose, Glyzerin, Cäsiumchlorid, Cäsiumsulfat und weniger
gebräuchliche Stoffe wie Ficoll und Metrizamid. Der Gradient kann entweder mit einem
Gradienten-Mischer vorgeformt bzw. von Hand aufgetragen werden oder bei der Zentrifugation
selbst gebildet werden. Der Gradient ist am Boden des Zentrifugenröhrchens am dichtesten und
nimmt mit der Höhe an Dichte ab. Die Wahl der Eigenschaften des Gradienten hängt vom
gewünschten Verwendungszweck ab. Man kann die Dichtegradienten-Zentrifugation in die
Zonen-Zentrifugation und die isopyknische Zentrifugation einteilen.
38
PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE
DICHTEGRADIENTEN-DIFFERENTIAL-
ODER
ZONENZENTRIFUGATION
Das Charakteristische der Dichtegradienten-Differentialzentrifugation (rate zonal method) ist die
Wanderung der Partikel durch einen stabilisierenden, sehr flachen Gradienten, dessen maximale
Dichte nicht größer sein darf als die des am wenigsten dichten sedimentierenden Materials.
Während der Zentrifugation wandern die Partikel mit einer Geschwindigkeit durch den
Gradienten, die von Größe und Form der Partikel, Zentripetalbeschleunigung sowie Dichte und
Viskosität des Mediums abhängt. Enthält die Probe, die auf den vorgeformten Gradienten
aufgeschichtet wird, eine Mischung verschiedener Partikel, so wandert jede Partikelklasse
unabhängig von den anderen durch den Gradienten und eine Trennung der Partikel kann selbst
dann erzielt werden, wenn die Unterschiede in den S-Werten nur gering sind.
Abb. 14: Zonen-Zentrifugation
Die Zentrifugation muss also abgebrochen werden, bevor die ersten Partikel den Boden des
Zentrifugenröhrchens erreicht haben. Diese Methode eignet sich gut für Substanzen, die sich
zwar in der Größe, aber nicht in der Dichte voneinander unterscheiden.
Zonen-Zentrifugationen werden bevorzugt in Swing-out-Rotoren durchgeführt. Swing-outRotoren zeichnen sich dadurch aus, dass sich die Zentrifugenröhrchen (bzw. Becher) vor der
Zentrifugation in vertikaler Position befinden und während der Zentrifugation um 90° (relativ
zur Rotorachse) in die horizontale Lage ausschwenken. Im Gegensatz zu Festwinkelrotoren ist
die Konvektion von Flüssigkeiten in Swing-out-Rotoren herabgesetzt (d.h. Verminderung von
Wandeffekten). Zudem ist der längere Weg, den die Partikel während der Sedimentation
zurücklegen, vorteilhaft für die Auftrennung. Die Isolierung der Chloroplasten im
Praktikumsversuch erfolgt ebenfalls nach dieser Methode. Zur Auftrennung des Materials
verwendet man in diesem Fall einen diskontinuierlichen Saccharosegradienten (30%, 35%, 50%).
I SOPYKNISCHE ZENTRIFUGATION
Die Technik der isopyknischen Zentrifugation dient der Trennung von Partikeln
unterschiedlicher Dichte. Wie bei der Zonen-Zentrifugation ist ein Dichtegradient nötig, aber im
Unterschied dazu übersteigt hier die maximale Dichte des Gradientenmaterials die der Partikel.
Zwei Typen von Dichtegradienten sind möglich: vorgeformte und solche, die sich bei der
Zentrifugation unter dem Einfluss eines Zentrifugalfeldes ausbilden. In beiden Gradiententypen
werden die Partikel solange wandern, bis sie in den Bereich des Gradienten gelangen, an dem die
Dichte des Gradientenmaterials der Dichte der Partikel entspricht. Hier sedimentieren die
Teilchen nicht weiter, da sie praktisch auf einer Unterlage schwimmen, die eine größere Dichte
als sie selbst besitzt.
39
VERSUCH 2: ZENTRIFUGATION
Abb. 15: Isopyknische Zentrifugation
Die so ermittelte Partikeldichte wird auch Buoyant-Dichte genannt. Buoyant-Dichten variieren
entsprechend dem Medium, in dem sie bestimmt werden, da verschiedene Medien die Hydration
unterschiedlich beeinflussen.
In der Praxis verwendet man als Gradientenmaterial Schwermetallsalzlösungen (z.B. CsCl,
Cs2SO4, KBr), die solange zentrifugiert werden, bis sich ein Sedimentations-DiffusionsGleichgewicht eingestellt hat. Gleichzeitig unterliegt auch die Verteilung der zu trennenden
Moleküle einem Sedimentations-Diffusions-Gleichgewicht. Damit sich dieses Gleichgewicht
einstellt, muss die Zentrifugation lange genug und mit höherer Geschwindigkeit durchgeführt
werden.
Nach der Auftrennung verschiedener Moleküle oder Organellen in einem Dichtegradienten
schließt sich die Gradientenfraktionierung an, entweder durch Austropfen (bottom unloading),
durch Auspumpen (top unloading) oder durch Unterschichten mit einer Flüssigkeit hoher Dichte
mittels einer Pumpe wobei, das verdrängte Gradientenmaterial ein Spektralphotometer passiert,
bevor es in Fraktionen gesammelt wird (upward displacement).
a
b
Abb. 16: Gradientenfraktionierung:(a,b)
Auspumpen.
40
c
Austropfen
(c)
PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE
ANALYTISCHE ULTRAZENTRIFUGE
Seit ihrer Entwicklung in den 30er Jahren spielte die analytische Ultrazentrifuge eine wichtige
Rolle bei der Betrachtung theoretischer Aspekte der Sedimentation, der Bestimmung der
Sedimentations-Konstanten und der Untersuchung von Makromolekülen. Moderne analytische
Ultrazentrifugen, gekoppelt mit Computersystemen, ermöglichen darüber hinaus das Studium
der molekularen und hydrodynamischen Eigenschaften von Partikeln.
Das zu untersuchende Material befindet sich in Messzellen, welche nur ein geringes
Fassungsvermögen von 0,4 bis 1 ml haben. Zudem besitzen sie zwei parallel angeordnete Fenster,
die den Durchgang von Licht ermöglichen. Die Zellen, die insgesamt aus sehr vielen Einzelteilen
bestehen, werden in den Rotor eingesetzt. Die Richtung der Sedimentation des Materials ist
senkrecht zum Lichtstrahl, wobei die Verteilung der Partikel durch die Änderung der optischen
Eigenschaften der Lösung festgestellt werden kann. Die für analytische Ultrazentrifugen
verwendeten optischen Systeme gliedern sich in drei Typen:
1. Absorption (das zu trennende Material absorbiert Licht einer bestimmten Wellenlänge)
2. Schlierenoptische Systeme messen Änderungen im Brechungsindex des Mediums, wie
sie durch Änderung der Konzentration verursacht werden.
3. Interferenz
Referenzzelle
Beleuchtungsoptik
Probenzelle
Scanoptik
Photomultiplier
Abb. 17: Aufbau einer Ultrazentrifuge
41
VERSUCH 2: ZENTRIFUGATION
0,4
0,3
A280
0,2
0,1
0,0
-0,1
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
r
Abb. 18: Wanderung der Partikelfront während
eines Sedimentations-Geschwindigkeits-Laufes
CHLOROPLASTEN
Chloroplasten kommen nur in pflanzlichen Zellen vor. Sie zählen zu den großen Zellorganellen
und haben ein Doppelmembransystem. Chloroplasten sind die Orte der Photosynthese. Die
Vorgänge laufen mittels der Chlorophylle a und b ab, die in der inneren Membran eingelagert
sind. Diese innere Membran stülpt sich zur Oberflächenvergrößerung ein und bildet einzeln
liegende Stromathylakoide oder durch deren Übereinanderlagerung Granathylakoide, die in
ihrer Gesamtheit als Grana bezeichnet werden. In der Grundsubstanz (Matrix oder Stroma)
befinden sich Ribosomen, Lipidtröpfchen, Stärkekörner und eine ringförmige DNA.
Chloroplasten bilden sich aus Proplastiden unter dem Einfluss von Licht. Neben den
Chlorophyllen, die das langwellige rote Licht absorbieren und dadurch die Blätter grün
erscheinen lassen, sind in der inneren Membran noch gelbe und rote Carotinoide eingelagert, die
im Herbst die Buntfärbung der Blätter bewirken.
EXPERIMENTELLER TEIL
Pro Person ca. 20 g Pflanzenmaterial (Blattspinat, Löwenzahn) vor Versuchsbeginn sammeln und
mitbringen!
VERSUCHSABLAUF
42
•
Puffer, Medien und Gradientenlösung herstellen
•
Probegradient herstellen
•
Aufarbeitung des Pflanzenmaterials
•
Gradient herstellen
•
Zentrifugation und währenddessen Besprechung der theoretischen Grundlagen
•
Besprechung der vorgefundenen Banden
PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE
•
Mit einer Pasteurpipette aus jeder Bande Material entnehmen und unter dem
Auflichtfluoreszenzmikroskop betrachten.
Wichtig: alle Geräte und Materialien unbedingt auf Eis stellen und die Aufarbeitung bis zur ersten
Zentrifugation schnell und sorgfältig durchführen!
DURCHFÜHRUNG
Puffer, Medien und Gradientenlösungen:
1. Herstellung der Stammlösung:
144 ml Na2HPO4 (0.1 M) + 56 ml KH2PO4 (0.1 M) ergeben 200 ml Phosphatpuffer, pH 7,4
(MG, relative Molekülmasse: Na2HPO4 × 2 H2O: 178, KH2PO4: 136).
2. Isolationsmedium für Chloroplasten:
195 ml Phosphatpuffer (0,1 M) + 20 g Saccharose ergeben eine 0.3 M Saccharoselösung
(MG Saccharose: 342).
3. Herstellung einer 1 mM Pufferlösung:
5 ml Phosphatpuffer 1:100 mit H2O verdünnen. Daraus werden dann die
Gradientenlösungen und das Medium zum Resuspendieren der Chloroplasten hergestellt.
4. Resuspendiermedium:
150 ml Phosphatpuffer (1 mM) + 15.4 g Saccharose ergeben eine 0.3 M Saccharoselösung.
5. Herstellung der Gradientenlösungen (Angaben in Gewichtsprozent)
35%ige Saccharoselösung: 70 g Sacch. auf 130 g Phosphatpuffer (1 mM);
Dichte 1,1318 g cm-3
40%ige Saccharoselösung: 80 g Sacch. auf 120 g Phosphatpuffer (1 mM);
Dichte 1,1513 g cm-3
50%ige Saccharoselösung: 100 g Sacch. auf 100 g Phosphatpuffer (1 mM);
Dichte 1,1870 g cm-3
43
VERSUCH 2: ZENTRIFUGATION
Tabelle 1: Dichte einiger Zellorganellen
AUFARBEITUNG
DES
Partikel
Dichte [g/cm-3]
Mikrosomen
1,13 - 1,15
Chloroplasten
(Bruchstücke)
1,16 - 1,18
Mitochondrien
1,17 - 1,21
intakte Chloroplasten
1,20 - 1,25
Peroxisomen
1,25 - 1,27
Zellkerne
1,32
PFLANZENMATERIALS
Das kühl gestellte Pflanzenmaterial (Löwenzahn, Spinat; ca. 60 g mit Mittelrippen) wird mit dest.
Wasser gewaschen und von den Mittelrippen befreit (Mittelrippen sind chloroplastenarm und
sklerenchymatisches Gewebe der Mittelrippen wirkt sich störend bei der Homogenisation aus).
Bei der Aufarbeitung im Mörser wird das Pflanzenmaterial mit Isolationsmedium und Seesand
zerrieben und anschließend schnell!!! über Mull gefiltert. Der "Extrakt" wird auf 2
Zentrifugengläser verteilt (austarieren) und ca. 9 min bei 4.000 Upm abzentrifugiert. Der
Überstand wird in einem Zug weggeleert und der Bodensatz mit 4 ml Suspensionsmedium
resuspendiert. Die gesammelten Suspensionen werden kühl aufbewahrt, bis je 1 ml davon auf
den endgültigen Gradienten aufgetragen werden.
44
PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE
a
b
Abb.
19:
Gradientenherstellung
unterschichten (b) überschichten.
(a)
Die Herstellung des Gradienten erfolgt nach Methode (b), wobei 10 ml 50 %ige Saccharoselösung
mit jeweils 10 ml 40 - bzw. 35 %iger Saccharoselösung überschichtet wird. Die Zentrifugation der
Gradienten erfolgt dann bei 3000 Upm (45 min). Nach der Zentrifugation werden aus den
entstandenen Banden vorsichtig mit einer Pasteur-Pipette Probenentnommen und im
Auflichtfluoreszenz-Mikroskop untersucht.
LITERATUR
1. Cooper, T. G.: Biochemische Arbeitsmethoden, Walter de Gruyter, Berlin, 1981
2. Laskowski, W., Pohlit, W.: Biophysik, Thieme TB Band II, Stuttgart, 1974
3. Lichtenthaler, Pfister: Praktikum der Photosynthese, Quelle und Meyer, Heidelberg, 1978
4. Strasburger, E.: Lehrbuch der Botanik, G. Fischer Verlag, Stuttgart, New York, 1983
45
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