5.2 Vena cava und große Venen

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5.2 Vena cava/große Venen
einem Subclavian-Steal-Syndrom verwechselt werden, während
bei venöser Symptomatik ein Lymphödem oder eine paraneoplastische Thrombose mögliche Differenzialdiagnosen sind.
V. jugularis
interna
V. subclavia
▶ Kernaussagen. Das neurovaskuläre Kompressionssyndrom der
oberen Thoraxapertur mit Thoracic-Outlet- und -Inlet-Syndrom
hat verschiedene Ursachen. Die Diagnostik basiert auf dem konventionellen Röntgenbild und, je nach arterieller oder venöser
Symptomatik, auf invasiver Arteriografie bzw. Phlebografie mit
entsprechender Provokation durch Untersuchung in Hyperabduktionsstellung.
5.2 Vena cava und große Venen
V. brachiocephalica
dextra
V. cava
superior
Vv. intercostales
posteriores
V. intercostalis
suprema
V. subclavia
V. brachiocephalica sinistra
V. intercostalis
superior dextra
V. hemiazygos
accessoria
V. azygos
V. hemiazygos
5
5.2.1 Anatomie
5.2.2 Entwicklung
Die Entwicklungsgeschichte der Venen ist komplex, mit Ausbildung einer Reihe von Anastomosen zwischen 3 Paaren großer
embryonaler Venen, der Dottervenen, der Nabelvenen und der
Kardinalvenen. Diese Entwicklung ist typischerweise in der 8.
Woche abgeschlossen. Abhängig von der Persistenz oder Regression dieser großen embryonalen Venen ist die venöse Anatomie
variabel, mit zahlreichen Varianten, insbesondere solchen der V.
cava inferior. Entwicklung der Venen:
● Aus den Dottervenen bilden sich das portalvenöse System sowie
der posthepatische Abschnitt der V. cava inferior.
● Die zunächst paarigen Nabelvenen bilden früh Verbindungen zu
den Lebersinusoiden. Während sich die rechte Nabelvene früh
zurückbildet, entwickelt sich unter Umgehung der Lebersinusoide der Ductus venosus als Verbindung zwischen linker Nabelvene und rechtem Herz. Mit der Geburt obliteriert dieser
Weg und formt die Ligg. teres hepatis und venosum.
● Die paarigen vorderen Kardinalvenen formen die systemischen
Venen der oberen Körperhälfte. Zusätzlich zu den Kardinalvenen bilden sich zwischen der 5. und der 7. Woche die jeweils
paarigen Subkardinalvenen zur Drainage der Urnieren, die Sakrokardinalvenen zur Drainage der unteren Extremität und die
V. cava
inferior
V. subcostalis
Vv. lumbales
I–IV
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Die normale Anatomie der großen thorakalen Venen umfasst die
bilateralen Vv. subclaviae und Vv. jugulares, die ab ihrem Zusammenfluss als Vv. brachiocephalicae in die rechtsseitig gelegene V.
cava superior münden. Dabei ist die retrosternal verlaufende
linksseitige V. brachiocephalica deutlich länger. Sie wird häufig
als „V. anonyma“ bezeichnet. Im Verlauf mündet die V. azygos in
die V. cava superior. Diese rechts-paravertebral verlaufende Vene
drainiert die dorsalen Anteile von Thorax und Abdomen. Linksseitig existiert als analoge Vene die V. hemiazygos, die thorakal in
variabler Höhe in die V. azygos drainiert.
Die venöse Anatomie des Abdomens wird von den beidseitigen
Iliakalvenen gebildet, die in die rechtsseitig verlaufende V. cava
inferior drainieren. In die V. cava inferior drainieren als wichtige
Zuflüsse ebenfalls die Nieren- und die Lebervenen. Weitere klinisch relevante Zuflüsse sind die Vv. ovaricae bzw. Vv. spermaticae, die rechts direkt in die V. cava inferior und links typischerweise in die Nierenvene münden (▶ Abb. 5.45). Der normale
Durchmesser der V. cava inferior liegt bei etwa 24 mm; ab einem
Durchmesser von 28 mm wird der Begriff der „Megakava“ verwendet.
V. lumbalis
ascendens
V. iliolumbalis
V. sacralis
mediana
Vv. sacrales
laterales
V. epigastrica
inferior
V. femoralis
Vv. pudendae
externae
V. iliaca communis
V. iliaca interna
V. iliaca externa
V. circumflexa
ilium profunda
V. epigastrica
superficialis
V. circumflexa
ilium superficialis
Abb. 5.45 Anatomie des venösen Systems. (Quelle: Schünke M,
Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Bd.
Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von
M. Voll/K. Wesker. 3. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2011)
Suprakardinalvenen zur Drainage der Körperwand. Die rechte
Subkardinalvene bildet schließlich das renale Segment der V.
cava inferior, während sich die linke Subkardinalvene weitestgehend zurückbildet. Die rechte Sakrokardinalvenebildet die
restliche V. cava inferior, während die Anastomose zwischen
den Sakrokardinalvenen die linke V. iliaca communis bildet. Mit
Obliteration der Kardinalvenen nimmt die Bedeutung der Suprakardinalvenen zu, die schließlich die größten Anteile von
V. azygos und V. hemiazygos formen (▶ Abb. 5.46).
5.2.3 Kongenitale Anomalien
Entsprechend dieser komplexen, weitgehend symmetrisch ablaufenden Entwicklung ist eine Reihe von Gefäßvarianten möglich
(▶ Tab. 5.10) [3]. In Ergänzung zu den eigentlichen Anomalien
der V. cava inferior sind zudem Varianten der Nierenarterien im
Sinne eines retroaortalen Verlaufs der linken Nierenvene oder
einer Ringbildung um die Aorta mit anteriorer und posteriorer
linker Nierenvene möglich. Diese Varianten sind klinisch in der
233
Große Gefäße
Stamm der
Kardinalvenen
vordere
Kardinalvene
Anastomose der vorderen
Kardinalvenen
Sinus venosus
Suprakardinalvene
Dottervene
Anastomose
zwischen
der Subkardinalund Dottervene
Subkardinalvene
hintere
Kardinalvene
5
Anastomose
der Subkardinalvenen
renales Segment
der V. cava inferior
Urniere
Lebersegment der
V. cava
inferior
linke V. renalis
linke Keimdrüsenvene
Sakrokardinalvenen
Abb. 5.46 Embryologische Entwicklung der großen Körpervenen. Schematische Darstellung.
Tab. 5.10 Übersicht über typische kongenitale Varianten und Anomalien derV. cava.
V. cava superior
●
●
●
persistierende linke V. cava superior
spiegelbildliche V.-cava-superior-Anatomie
retroaortale linke V. brachiocephalica
V. cava inferior
●
●
●
●
●
●
●
Regel stumm, können aber vor chirurgischen oder interventionellen Maßnahmen Relevanz gewinnen.
Persistierende linke Vena cava superior
▶ Kurzdefinition. Embryologisch geht die persistierende linke
V. cava superior auf eine Persistenz der linken anterioren Kardinalvene zurück. Dabei drainiert diese Vene in der Regel über den
Sinus coronarius (▶ Abb. 5.47). Sehr selten kann die Drainage
über den linken Vorhof erfolgen. Die linke V. brachiocephalica bildet häufig eine Kommunikation zwischen linker und rechter V.
cava superior. Eine persistierende linke V. cava superior hat eine
Prävalenz von bis zu 0,5 %. Die Häufigkeit nimmt bei Vorhandensein anderer kongenitaler Herzfehler auf bis zu 5 % zu.
Linksseitige und gedoppelte Vena cava
inferior
▶ Kurzdefinition. Eine isolierte linksseitige V. cava inferior tritt
bei bis zu 0,5 % der Bevölkerung auf, während die gedoppelte V.
cava inferior bei bis zu 3 % vorkommen kann. Die linksseitige V.
cava inferior verläuft links-retroperitoneal und mündet in die linke Nierenvene. Nach kranial verläuft das Gefäß orthotop auf der
rechten Seite. Bei der gedoppelten V. cava inferior bleibt zusätz-
234
linke V. cava inferior
gedoppelte V. cava inferior
Agenesie der infrarenalen V. cava inferior
V.-azygos-/V.-hemiazygos-Kontinuität
kongenitale portokavale Shunts
membranöse V.-cava-Obstruktion
retrokavaler Ureter
lich zur linken V. cava inferior die rechtsseitige V. cava inferior
bestehen. Die Kreuzungsstelle der linken V. cava inferior ist dabei
typischerweise die linke Nierenvene, kann jedoch ausnahmsweise auch weiter kaudal liegen.
▶ Zeichen in der Bildgebung. In der Phlebografie zeigt sich ein
links-paravertebral nach kranial verlaufendes Gefäß. Dies kann
bei gedoppelter V. cava inferior gelegentlich beispielsweise als
lange Iliakalvene mit hoher Iliakalvenengabel verkannt werden.
In der Schnittbildgebung ist die Diagnose einfach durch die Präsenz einer großen links-retroperitonealen Vene mit Einmündung
in die linke Nierenvene zu stellen.
▶ Klinik. Diese Varianten sind in der Regel asymptomatisch. Bedeutung kommt ihnen bei Komplikationen zu. So gibt es Berichte
über Lungenembolien trotz V.-cava-Filter bei gedoppelter V. cava
inferior durch einen weiterhin ungehinderten Abstrom der
Thromben über eine linke V. cava inferior [16]. Zudem gelten diese Varianten aufgrund der Flussveränderungen als Risikofaktoren
für Thrombosen, insbesondere bei jungen Erwachsenen.
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Nabelvene
5.2 Vena cava/große Venen
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5
Abb. 5.47 Persistierende linke V. cava superior.
a Die CT mit venöser Kontrastmittelapplikation über den linken Arm illustriert den Verlauf der mit Kontrastmittel gefüllten persistierenden linken V.
cava superior (schwarzer Stern), während die ebenfalls vorhandene rechte V. cava superior nicht kontrastiert zur Darstellung kommt (weißer
Stern).
b Die rechte V. cava superior (weißer Stern) verläuft dabei loco typico, während die links persistierende V. cava superior (schwarzer Stern) linkslateral der Pulmonalarterien verläuft.
c Weiter kaudal verläuft die links persistierende V. cava superior im Sulcus interventricularis sinistra.
d Die persistierende linke V. cava superior mündet schließlich in den Sinus coronarius.
▶ Differenzialdiagnose
Merke
H
●
Die wichtigste klinische Differenzialdiagnose einer V.-cava-inferior-Variante ist die retroperitoneale Lymphadenopathie, die nicht
mit einer venösen Variante verwechselt werden darf, u. a., da eine
Biopsie in dieser Konstellation absolut kontraindiziert ist.
Weitere Differenzialdiagnosen sind andere Varianten der V. cava
inferior, wie die gedoppelte rechte V. cava inferior.
▶ Kernaussagen. Varianten der V. cava inferior sind relativ häufig. Obgleich klinisch zumeist stumm, ist ihre Kenntnis vor Operationen und interventionellen Eingriffen relevant.
235
Große Gefäße
Bei dieser Fehlanlage ist das infrahepatische Segment der V. cava
inferior auf Höhe der Anastomose der Subkardinalvenen nicht
angelegt. Daher münden die Nierenvenen und die peripher davon gelegenen Venenabschnitte in die V. azygos, während die Lebervenen normal über das suprahepatische Segment der V. cava
inferior in den rechten Vorhof drainieren. Bei linksseitiger V. cava
inferior drainieren die Nierenvenen in die V. hemiazygos. Durch
den erhöhten Blutfluss sind die Vv. azygos und hemiazygos deutlich erweitert. Die Prävalenz dieser Variante beträgt bis zu 0,6 %.
5
▶ Zeichen in der Bildgebung. In der konventionellen Röntgenaufnahme des Thorax kann dieses Kontinuitätssyndrom aufgrund
einer Verbreiterung des Mediastinums insbesondere auf Höhe
der V.-azygos-Einmündung vermutet werden. In der axialen CT
findet sich typischerweise links- und rechts-paraaortal je ein großes Gefäß (Vv. azygos und hemiazygos) mit einem Durchmesser,
der
dem
Aortendurchmesser
ebenbürtig
sein
kann
(s. ▶ Abb. 5.50b).
▶ Klinik. In der Regel ist diese Variante asymptomatisch. Die Assoziation mit Situsanomalien, Asplenie, Polysplenie und angeborenen Herzfehlern wurde in der Literatur beschrieben. Der Variante kommt große Bedeutung vor operativen Eingriffen zu, z. B.
bei solchen am Gastrointestinaltrakt, bei denen die V. azygos
ligiert wird, oder vor kardiopulmonaler Bypass-Chirurgie. Die
Kenntnis dieser Variante erleichtert außerdem die Planung eines
Rechtsherzkatheters oder einer Pulmonalisangiografie.
▶ Differenzialdiagnose. Im konventionellen Bild kann die verbreiterte V.-azygos-Einmündung mit einem paratrachealen Tumor verwechselt werden. Auf Höhe des Zwerchfelldurchtritts ist
eine Verwechslung mit einer retrokruralen Lymphadenopathie
möglich. Eine andere Differenzialdiagnose sind Umgehungskreisläufe durch eine externe V.-cava-Kompression. Mit der heutzutage ubiquitär verfügbaren CT ist die Differenzialdiagnostik jedoch
deutlich einfacher geworden.
▶ Kernaussagen. Aufgrund des Fehlens des infrahepatischen
Segments der V. cava inferior drainieren die Nierenvenen und die
peripher davon gelegenen Venenabschnitte in die V. azygos. Dies
führt zu einer deutlichen Zunahme der Durchmesser von V. azygos und V. hemiazygos; dies ist insbesondere in der Schnittbildgebung gut zu erfassen. Diese Variante ist vor operativen und interventionellen Maßnahmen unbedingt zu beachten, damit diese
Drainagevenen erhalten bleiben.
5.2.4 Erkrankungen
Nussknackersyndrom
▶ Kurzdefinition. Das Nussknackersyndrom beschreibt die
Kompressionder linken V. renalis zwischen Aorta und A. mesenterica superior oder, selten, bei retroaortalem Verlauf dorsal der
Aorta. Dies führt zu einem venösen Druckgradienten zwischen V.
cava inferior und peripherer Nierenvene.
236
▶ Zeichen in der Bildgebung. Die Sonografie hat eine Sensitivität von 78 % mit einer Spezifität von bis zu 100 %. Die Kompression der linken Nierenvene kann auch mit anderen Schnittbildverfahren sehr gut gezeigt werden. Zusätzlich kann eine linkseitige Varikozele erkennbar sein. Ein etablierter Parameter ist die Bestimmung des Durchmessers der linken Nierenvene im Nierenhilus und am Punkt der maximalen Kompression. Im Liegen gilt ein
Verhältnis von 3:1 als pathologisch. Ebenso können sich Kollateralen im Nierenbecken ausbilden und eine Ektasie der prästenotischen Nierenvene sichtbar sein. Die Diagnose wird durch eine
i. v. Druckmessung mit dem Nachweis eines Druckgradienten von
mindestens 3 mmHg über der Stenose gesichert.
▶ Klinik. Die Klinik ist durch Flanken- oder Rückenschmerz, Hämaturie und orthostatische Proteinurie charakterisiert. Aufgrund
der Drainage der linken V. spermatica bzw. V. ovarica in die linke
Nierenarterie können eine linksseitige Varikozele bzw. ein sog.
Pelvic-Congestion-Syndrom (pelvine Druckschmerzen, Dysmenorrhö, Dysurie und Dyspareunie) weitere Symptome des
Nussknackersyndroms sein. Die spontane Rückbildung der Symptome vor allem bei Auftreten im Kindes- und Jugendalter wurde
berichtet. Die Therapie ist traditionell die chirurgische Transposition der linken Nierenvene. Zunehmend wird auch über den erfolgreichen Einsatz von Stents berichtet.
▶ Differenzialdiagnose. Die Differenzialdiagnose umfasst die
unkomplizierte Varikozele, das Steinleiden und, seltener, Tumoren oder eine Pyelonephritis. Auch das nephrotische Syndrom
und diverse gastrointestinale Erkrankungen können ein ähnliches klinisches Krankheitsbild hervorrufen.
▶ Kernaussagen. Das Nussknackersyndrom beschreibt die Kompression der linken Nierenvene mit einer konsekutiven schmerzhaften Drucksteigerung im prästenotischen Abschnitt. Bei unspezifischer Bildgebung ist die Differenzialdiagnose nach Ausschluss
anderer Ursachen mithilfe einer invasiven Druckmessung zu stellen.
May-Thurner-Syndrom
▶ Kurzdefinition. Das klassische May-Thurner-Syndrom ist das
Kompressionssyndrom der linken V. iliaca communis zwischen
rechter A. iliaca communis und LWK 5. Seltenere Varianten wurden beschrieben. Die Kombination aus venöser Kompression und
pulsatilem Stress führt zu einem Endothelschaden der komprimierten Vene. Im Rahmen von Reparaturmechanismen kommt es
zur Ausbildung intraluminaler Netze, Kanäle oder Vorsprünge
(sog. Venensporn). Dies kann über eine Flussveränderung
schließlich zur iliofemoralen Venenthrombose führen. Zwischen
20 und 50 % aller Patienten mit linksseitiger tiefer Venenthrombose weisen ein May-Thurner-Syndrom als zugrunde liegende
Pathologie auf.
▶ Zeichen in der Bildgebung. Typischerweise wird diese Entität
erstmalig durch eine tiefe Venenthrombose auffällig. Letztere
lässt sich gut mittels Ultraschall, MRT oder CT diagnostizieren
(▶ Abb. 5.48). Die Schnittbildgebung zeigt in der Regel die Einengung der linken V. iliaca communis loco typico. Auch pelvine
venöse Kollateralgefäße können sichtbar sein und weisen dann
auf die hämodynamische Relevanz einer derartigen Einengung
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Vena-azygos-/Vena-hemiazygosKontinuität
5.2 Vena cava/große Venen
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5
Abb. 5.48 May-Thurner-Syndrom.
a Das May-Thurner-Syndrom äußerst sich zumeist durch eine tiefe Beckenvenenthromboseauf der linken Seite, wie sie hier im Ultraschall als
verdicktes, nicht perfundiertes Gefäß, unmittelbar neben der Iliakalarterie gelegen, abgebildet ist.
b Die T2w MRT-Aufnahme zeigt die verdickte Vene (Stern) mit einer inhomogenen Signalanhebung, während die benachbarte Arterie aufgrund des
regelrechten starken Flusses hypointens zur Darstellung kommt (Pfeil). Arterie und Vene der Gegenseite weisen ebenfalls eine hypointense
Signalintensität auf.
c In der CT ist an der Überkreuzungsstelle von A. iliaca communis (weißer Pfeil) und thrombosierter V. iliaca communis (schwarzer Pfeil) eine
Einengung der Vene zwischen Arterie und Promontorium von LWK 5 erkennbar. Der Thrombuskopf ragt noch bis in die ansonsten durchgängige
V. cava superior.
d Nach Lyse findet sich das typische Bild eines linksseitigen Venensporns.
e Der linksseitige Venensporn wurde interventionell mittels Stent-Angioplastie therapiert.
und eine entsprechende nachgeschaltete venöse Hypertension
hin. Typische Kollateralgefäße sind die V. lumbalis ascendens sowie präsakrale, lumbale und Bauchwandvenen. Phlebografien
sollten immer in mehreren Ebenen durchgeführt werden, um die
Kompression sicher erkennen zu können.
Merke
H
●
Die i. v. Netze und Kanäle bei May-Thurner-Syndrom lassen sich
am besten mittels intravaskulären Ultraschalls direkt visualisieren.
Ein Druckgradient von mindestens 2 mmHg über der Läsion gilt
als beweisend für eine hämodynamische Relevanz und ist eine
Therapieindikation.
▶ Klinik. Das May-Thurner-Syndrom manifestiert sich typischerweise als akute iliofemorale Thrombose mit Schmerzen und
Beinschwellung. Seltener kann auch eine Lungenembolie die
Erstmanifestation darstellen. In der chronischen Phase kann sich
das Bild einer chronisch-venösen Insuffizienz mit Varizen und
Hautveränderungen bis hin zu venösen Ulzerationen entwickeln.
Die Therapie ist heutzutage im Wesentlichen interventionell, mit
pharmakomechanischer Thrombolyse und Stent-Angioplastie.
▶ Differenzialdiagnose. Die wichtigste Differenzialdiagnose ist
die spontane iliofemorale Venenthrombose. Eine mögliche andere zugrunde liegende Ursache kann eine externe Venenkompres-
237
Große Gefäße
▶ Kernaussagen. Das May-Thurner-Syndrom beschreibt ein iliokavales Kompressionssyndrom mit konsekutiver tiefer Venenthrombose. Die Bildgebung kann die iliofemorale Thrombose und
die zugrunde liegende Kompression der linken V. iliaca communis zwischen rechter A. iliaca communis und Wirbelsäule mit hoher Sensitivität und Spezifität direkt nachweisen. Die Therapie ist
regelhaft interventionell.
Vena-cava-superior-Syndrom
5
▶ Kurzdefinition. Das V.-cava-superior-Syndrom bezeichnet die
obere Einflussstauungdurch eine eingeschränkte venöse Drainage
über die V. cava superior. Die Ursachen sind vielfältig; grundsätzlich sind benigne von malignen Ursachen zu unterscheiden. Dabei
stellt eine externe Kompression durch ein Malignom die bei Weitem am häufigsten berichtete Komplikation dar.
▶ Zeichen in der Bildgebung. Die diagnostische Methode der
Wahl ist die CT, da sie schnell die gesamte V. cava superior und
Kollateralflüsse darstellen kann. Eine gute Alternative bietet die
MRT. Beide Modalitäten können die externe V.-cava-Kompression
und das Restlumen der V. cava superior direkt darstellen und
quantifizieren (▶ Abb. 5.49). Das wichtigste indirekte Zeichen ist
die Erweiterung von Kollateralgefäßen, die beim Gesunden nicht
direkt in der CT oder MRT darstellbar wären. Diese Kollateralgefäße geben auch einen Hinweis auf die hämodynamische Relevanz
einer Stenose. Eine Erweiterung der Kollateralen über V. azygos
und V. hemiazygos hat eine Sensitivität von 96 % bei einer Spezifität von 92 % für die Diagnose eines V.-cava-superior-Syndroms.
Dies ist bedeutsam, da es oftmals eine Diskrepanz zwischen klinischer Symptomatik und morphologischem Schweregrad der V.-
cava-superior-Stenose gibt. Neben Erweiterungen der Kollateralvenen beispielsweise der Brust- und Bauchwand können in der
Frühphase auch Perfusionsstörungen der Leber auftreten, die bevorzugt im Lobus quadratus lokalisiert und Ausdruck einer Kommunikation zwischen linker Pfortader und systemischen Venen
sind.
▶ Klinik. Die typischen klinischen Symptome der oberen Einflussstauung sind Hals- und Gesichtsschwellung, Dyspnoe und
Kopfschmerzen infolge eines Hirnödems, das in ausgeprägten
Fällen auch zu Vigilanzminderung führen kann. Diese Symptome
sind ausgeprägter, wenn die V. azygos von der Obstruktion mitbetroffen ist und nicht als Kollateralgefäß zur Verfügung steht.
▶ Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnostisch ist die Ursache
des V.-cava-superior-Syndroms zu klären. Die häufigste maligne
Ursache ist eine externe Kompression der V. cava superior durch
ein Bronchialkarzinom oder ein Lymphom. Seltener führen mediastinale Lymphknotenmetastasen zum V.-cava-superior-Syndrom. Benigne Ursachen umfassen die Kompression durch benigne Tumoren, wie Teratome, Thymome, ausgedehnte thorakale
Aortenaneurysmen oder Sarkoidose. Eine seltene benigne Ursache ist eine V.-cava-Kompression durch Verlagerung und Gefäßabknickung im Rahmen eines Spannungspneumothorax oder
durch Veränderungen nach Operation angeborener Herzfehler im
Kindesalter. Eine besondere Gruppe bilden Gefäßstrikturen nach
chronischer Katheteranlage, z. B. durch rezidivierende zentrale
Venenkatheter oder Dialysezugänge sowie nach Radiatio.
▶ Kernaussagen. Das V.-cava-superior-Syndrom oder die obere
Einflussstauung kommt durch eine Einengung der V. cava superior entweder durch eine externe maligne Kompression oder, seltener, infolge verschiedener benigner Ursachen zustande. Die De-
Abb. 5.49 V.-cava-superior-Syndrom.
a 63-jähriger Patient mit klinisch bestehender oberer Einflussstauung und einem bereits im konventionellen Bild erkennbaren rechts-hilären
Bronchialkarzinom.
b Die CT zeigt neben dem Tumor die fadenförmige Einengung der V. cava superior (Pfeile) als ursächlich für die Einflussstauung.
238
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sion beispielsweise durch Lymphknoten oder pelvine Tumoren
sein.
5.2 Vena cava/große Venen
tektion des V.-cava-superior-Syndroms erfolgt in der Regel mittels CT; dabei gewährleistet die Präsenz von Kollateralen über die
V. azygos eine hohe diagnostische Genauigkeit.
Vena-cava-Thrombose
▶ Kurzdefinition. Der Begriff „V.-cava-Thrombose“ bezeichnet
eine Thrombose der V. cava superior oder, deutlich häufiger, der
V. cava inferior. Sie gehört zum Krankheitsbild der tiefen Venenthrombose mit einer Inzidenz von 4–15 % bei bekannter tiefer Ve-
nenthrombose. Typische Risikofaktoren sind Immobilität, Rechtsherzinsuffizienz, Dehydrierung, Sepsis, Koagulopathien oder ein
Malignom. Flussveränderungen durch kongenitale Anomalien,
externe Kompression oder permanente V.-cava-Filter sind weitere bekannte Risikofaktoren der V.-cava-Thrombose. Zudem
kommt es regelmäßig zu Appositionsthromben bei Tumorthromben in der V. cava. Thromben können superinfizieren und das
Bild einer septischen Thrombose bieten. Typische Erreger sind
dabei Staphylococcus aureus, Streptokokken, Enterobakterien
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5
Abb. 5.50 V.-cava-Thrombose.
a Bei diesem Patienten mit einer chronischen Thrombose der V. cava inferior (Stern) kam es zu einer erheblichen Ektasie der nachgeschalteten
iliofemoralen Venen und zur Ausbildung von erheblichen Kollateralkreisläufen.
b Die tiefen Kollateralen drainieren dabei über die Vv. azygos (Pfeil) und hemiazygos (Pfeilspitze), die deutlich erweitert sind.
c Die 3D-Oberflächenerekonstruktion illustriert das Ausmaß der oberflächlichen Kollateralvenen.
239
Große Gefäße
▶ Zeichen in der Bildgebung. Im Ultraschall kann eine Raumforderung im Lumen der V. cava erkannt werden. CT und MRT zeigen eine nicht kontrastmittelaufnehmende Läsion im Gefäßlumen bzw. einen Füllungsdefekt der Vene. Die fehlende Kontrastmittelaufnahme der Raumforderung kann am besten in
Spätaufnahmen ca. 90–120 s nach Kontrastmittelgabe erkannt
werden. Der Thrombus kann von Kontrastmittel umspült sein.
Bei einer kompletten Verlegung der V. cava kommt eine ödematöse Imbibierung des Fettgewebes als Ausdruck der venösen
Stauung hinzu. Bei der akuten Thrombose ist der Gefäßdurchmesser erweitert. Im Verlauf normalisiert sich der Gefäßdurchmesser wieder. Bei der chronischen V.-cava-Thrombose kann es
zu einer kompletten Obliteration der V. cava mit einem im Extremfall nur fadenförmigen Residuum des Gefäßes kommen
(▶ Abb. 5.50). Oftmals sind auch die nachgeschalteten iliofemoralen Venen mitbeteiligt. Der Nachweis von Gaseinschlüssen ist typisch für septische Thrombosen.
5
▶ Klinik. Die typischen klinischen Symptome der akuten V.-cava-Thrombose sind die obere oder die untere Einflussstauung. Je
nach Lokalisation verursachen sie Kopfschmerzen und geschwollene Arme bzw. einen geschwollenen Hals bis zu Lidödemen oder
bilaterale Beinschwellungen und gegebenenfalls Anasarka. Tief
sitzende Rückenschmerzen können dabei ebenso wie ein Spannungsgefühl auftreten. Bei Mitbeteiligung der Beckenvenen und
unzureichender Kollateralisierung kann es bis zur Phlegmasia
coerula dolens kommen. Eine Beteiligung der Nierenvenen kann
zu Flankenschmerz und Hämaturie bis hin zur Oligurie führen.
Bei septischen Thrombosen steht die Infektsymptomatik bis hin
zum septischen Schock im Vordergrund.
eines zumeist malignen Tumors in die V. cava inferior. Benigne
Tumoren zeigen nur äußerst selten einen Einbruch in die V. cava
(▶ Tab. 5.11). Auf diese Tumorthromben können sich Appositionsthromben aufsetzen. Über Tumoreinbrüche und primäre Venentumoren auch aus anderen venösen Stromgebieten wurde berichtet; regelhaft werden beispielsweise Tumorthromben der V.
porta bei Leberzellkarzinom beobachtet.
▶ Zeichen in der Bildgebung. Die Bildgebung ähnelt derjenigen
der primären malignen Gefäßtumoren. Mit allen Bildgebungsmodalitäten lässt sich ein Füllungsdefekt der V. cava identifizieren (▶ Abb. 5.51 und ▶ Abb. 5.52). Dieser kann glatt berandet sein
oder eine irreguläre Oberfläche haben. Im Gegensatz zum unkomplizierten Thrombus sind maligne Gefäßtumoren perfundiert
und nehmen dementsprechend Kontrastmittel auf. Dies ermöglicht auch die Abgrenzung von einem Appositionsthrombus. Sekundäre, in die V cava eingebrochene Tumoren weisen einen kon-
Tab. 5.11 Ursachen für Tumorthromben in der V. cava.
Primäre/sekundäre Ursachen
Entitäten
primär
Leiomyosarkom
sekundär
●
benigne
Angiomyolipom
Phäochromozytom
i. v. Leiomyomatose
●
maligne
Nierenzellkarzinom
Wilms-Tumor
hepatozelluläres Karzinom
Thymom/Thymuskarzinom
Schilddrüsenkarzinom
adrenokortikales Karzinom
▶ Differenzialdiagnose. Der häufigste Füllungsdefekt der V. cava
inferior ist eine Pseudoläsion, die durch den Kontrastmitteleinstrom aus den Nierenvenen in die V. cava inferior vorgetäuscht
wird. In diesem Fall zeigen sich 2 Säulen kontrastierten Blutes
aus den Nierenvenen um eine zentrale Säule nicht kontrastierten
Blutes, das aus der unteren Körperhälfte einströmt. In der Spätaufnahme kommt es zu einem Ausgleich dieser Kontrastunterschiede; dies unterscheidet die Diagnose der Pseudoläsion von
der echten Thrombose. Daneben sind primäre und sekundäre
Malignome der V. cava inferior als Differenzialdiagnosen zu beachten.
Pankreaskarzinom
retroperitoneale Lymphknotenmetastasen
▶ Kernaussagen. Die Thrombose der V. cava inferior ist gut bildgebend zu erfassen. Insbesondere bei isolierter V.-cava-Thrombose ist auf mögliche Ursachen, wie externe Kompressionen oder
das Vorhandensein eines Tumors, zu achten, da diese häufig paraneoplastischer Genese sind.
Tumorthromben der Vena cava
▶ Kurzdefinition. Grundsätzlich ist zwischen primären und sekundären, sich als Tumorthromben äußernden Tumoren der V.
cava zu unterscheiden. Primäre Tumoren sind selten; es handelt
sich dabei in der Regel um Leiomyosarkome, ausgehend von der
Media (S. 227). Tumorthromben der V. cava betreffen vor allem
die V. cava inferior; es kommt dabei häufig zu einem Einbruch
240
Abb. 5.51 Maligner Tumorthrombus der V. cava inferior. Großes
hepatozelluläres Karzinom (Stern), das in die Lebervenen eingebrochen ist (Pfeile), von wo der kontrastmittelaufnehmende Tumorthrombus bis in das rechte Atrium vorwächst (Pfeilspitzen).
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und, bei infizierten Thromben der V. cava inferior, zusätzlich
Sprosspilze.
5.2 Vena cava/große Venen
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Abb. 5.52 Benigner Tumorthrombus der V. cava inferior.
a T2w Bild. Großes inhomogenes, weitgehend fettisointens imponierendes Angiomyolipom der rechten Niere (Stern) und sich von dort in die
V. cava inferior ausbreitender Tumorzapfen (Pfeile).
b Nach Fettsuppression stellt sich ein analoger Befund mit entsprechender Signalauslöschung dar (Stern: Angiomyolipom, Pfeile: Tumorthrombus).
c Die CT bestätigt den Befund mit einem fettisodensen Tumor (Stern) und dem ebenfalls fettisodensen Tumorthrombus (Pfeile).
tinuierlich fortwachsenden extravaskulären Tumoranteil auf. Damit ist die Differenzierung von anderen Entitäten zumeist gut
möglich. In der MRT lässt sich neben einer Kontrastmittelaufnahme in den T1w Sequenzen in der Regel eine erhöhte Signalintensität in T2w Bildern erkennen.
▶ Differenzialdiagnose. Die Differenzialdiagnose umfasst den
artifiziellen Füllungsdefekt und den unkomplizierten V.-cavaThrombus ebenso wie externe Kompressionen der V. cava. Im intrahepatischen Segment kann eine Tumorthrombose der V. cava
inferior auch mit Leberraumforderungen verwechselt werden.
▶ Klinik. Die Patienten werden meist durch den Primärtumor
symptomatisch, während der Tumorthrombus als zusätzlicher
Befund bei der Diagnostik des Primärtumors identifiziert wird.
Die möglichen Symptome reichen von Zeichen der venösen Stauung der unteren Extremität bis zu Dyspnoe (z. B. Lungenembolie
durch Appositionsthrombus). Relevant sind insbesondere die
embolischen Komplikationen durch Appositionsthromben. Insgesamt existiert keine spezifische klinische Manifestation primärer oder sekundärer Tumorthromben der V. cava.
▶ Kernaussagen. Tumorthromben der V. cava können von unterschiedlichen benignen und malignen Erkrankungen ausgehen.
Sie werden in der Regel im Rahmen der Stadienabklärung des Primärtumors diagnostiziert. Typisches Zeichen in der Bildgebung
ist eine Kontrastmittelaufnahme des intraluminalen Tumors bei
gleichzeitigem Nachweis eines sich per continuitatem fortsetzenden extraluminalen Tumoranteils.
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