Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin T-ZELLEN, ANTIGENPRÄSENTATION UND MHC 1/4 T-ZELLEN, ANTIGENPRÄSENTATION und MHC Vorlesung 3 MHC--Restriktion bei T-Zell-Immunreaktionen 1. Erklärendes Beispiel ¾ Die antigenspezifische Abtötung von Virus-infizierten Zielzellen durch zytotoxische T-Zellen (Tc) ist auf den MHC-Haplotyp des infizierten Tieres beschränkt (restringiert), von dem die Zellen stammten. Dies gilt für sämtliche T-Zell-Immunraktionen. 2. Darstellung des Prinzips ¾ Der T-Tellrezeptor (TCR) erkennt Antigen nur in Form von Peptiden, die ihm gemeinsam mit Molekülen „präsentiert“ werden, die vom eigenen MHC(Gen)komplex kodiert werden. Haupt-Histokompatibilitäts-Komplex (MHC) 1. Genomische Organisation ¾ Der major histocompatibility complex (MHC) umfasst eine Kette eng miteinander gekoppelter Gene (cross-over Frequenz nur 0,5 %), die für Proteine kodieren (MHC-Moleküle), die bei Antigenpräsentation und Antigenerkennung durch T-Zellen wichtig sind. Die genomische Organisation der Loci des MHC bei Mensch und Maus ist gut bekannt. Der Komplex wird speziesspezifisch HLA (Mensch) bzw. H-2 (Maus) genannt. Er wurde durch systematische Auswertung von Hauttransplantaten bei Inzuchtmäusen gefunden. 2 Alleler Polymorphismus ¾ Der MHC-Komplex ist poly-genisch, d.h. es existieren mehrere Genorte (Loci). ¾ MHC-Gene sind polymorph, d.h. für jeden Gen-Locus existieren viele Allele. ¾ Wegen der engen Kopplung der Gene werden die meisten Allel Kombinationen als „set“ (genannt Haplotyp ) vererbt. ¾ Alle Allele werden ko-dominant vererbt und die Nachkommen sind für die meisten Loci heterozygot, so dass ihre Zellen beide Allele exprimieren. 3. MHC I und II – Moleküle ¾ Klasse I Moleküle bestehen aus einer Glycoprotein-Kette mit drei extrazellulären Domänen und einem Transmembran-Segment. β2-Microglobulin ist nicht-kovalent als einzelne Domäne assoziiert. ¾ Klasse II Moleküle bestehen aus zwei nicht-kovalent assoziierten Glycoproteinen (α undβ), die durch separate Gene kodiert werden. ¾ Auch MHC-Moleküle zeigen hypervariable Regionen in den distalen Domänen. 4. Bindung von Peptiden ¾ Konservierte Peptid-„Motive“ sind für die Bindungseigenschaften der Peptide in den distalen „Bindungsgruben“ der MHC Klasse I und II Moleküle verantwortlich. Emmrich, 2007 Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin T-ZELLEN, ANTIGENPRÄSENTATION UND MHC 2/4 Intrazelluläre Antigenprozessierung 1. Zelluläre Transportvesikel ¾ Man unterscheidet: Endogene (cytosolische) Antigene/Pathogene Alle Viren und einige Bakterien, Autoantigene. Exogene (endosomale/vesikuläre) Antigene/Pathogene In angesäuerten Vesikeln sind die meisten Erreger nicht lebensfähig. Aufgenommen werden auch Bruchstücke extrazellulärer Erreger. Innerhalb angesäuerter Vesikel lebens- und vermehrungsfähig sind einige Bakterien und Parasiten z.B. Mycobakterien und Leishmanien. 2. Peptidtransport endogener Antigene ¾ Endogen synthetisierte Proteine (einschließlich viral kodierter Antigene) werden nach ihrer Degradation (durch Proteasome) über selektive Transportersysteme (TAP) in das ER geschleust und an MHC Klasse I Moleküle gebunden („eingelagert“), bevor sie an die Zelloberfläche transportiert werden. TAP = Transporter associated with Antigen Processing. 3. Degradation und Transport exogener Antigene ¾ Exogen internalisierte Antigen-Proteine werden im sauren Milieu der Endosome zu Peptiden degradiert, die im Austausch gegen die invariante Kette, assistiert von HLA-DM, in MHC Klasse II-Moleküle eingelagert und mit ihnen an die Zelloberfläche transportiert werden. 4. Antigenprozessierung/Übersicht ¾ Der T-Zellrezeptor erkennt ein Antigenpeptid, das mit MHC-Molekülen ein gemeinsames Peptid/MHC-Epitop auf der Oberfläche von Antigenpräsentierenden Zellen (APC) bildet. ¾ Antigenpeptide stabilisieren die MHC-Moleküle. Wegen ihrer relativ niedrigen Affinität (KD = 10-6 M) sind sie gegen ähnliche „Passstücke“ austauschbar. ¾ Entsprechend der Herkunft der Antigenproteine unterscheiden sich die intrazellulären Wege der Zerlegung (Prozessierung) und AntigenPräsentation. Antigenrezeptor der T-Zellen 1. Aufbau des T-Zellrezeptors ¾ Struktur Der T-Zellrezeptor (TCR) für Antigen besteht neben den Ig-ähnlichen Ketten α und β mit je zwei Domänen aus weiteren nicht-kovalent gebundenen Molekülen (γ, δ, ε, ξ), die für die Signaltransduktion durch ITAM benötigt werden. ¾ Genomische Organisation Die genomische Organisation der beiden Ketten des TCR gleicht sehr dem BCR. ¾ Genumlagerung Die mögliche Rezeptorvielfalt ist für TCR größer als für BCR. Emmrich, 2007 Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin T-ZELLEN, ANTIGENPRÄSENTATION UND MHC 3/4 Antigenpräsentation für T-Zellen 1. MHC-restringierte Antigenerkennung ¾ Prinzip Der Antigenrezeptor der T-Zellen ist (im Gegensatz zum BCR) nicht in der Lage, natives Antigen zu erkennen. Sein Epitop wird gebildet durch Anteile eines Antigenpeptids und eines MHC-Moleküls. ¾ Bindungszonen Das Epitop wird durch kurze Antigen-Peptidsequenzen gebildet, die nur im Zusammenhang mit weiteren Bindungszonen auf der Oberfläche von autologen MHC-Molekülen (Klasse I oder II) erkannt werden. TCR α- und βKette, MHC-Molekül und Peptidantigen bilden einen Komplex bei der Antigenerkennung. ¾ Die erste und zweite hypervariable Region (CDR1,2) des TCR tritt mit den αHelices der MHC-Moleküle in Kontakt, die Region mit der größten Variabilität (CDR 3) mit dem Antigenpeptid. ¾ Peptid und Nicht-Peptid-Antigene Selbst Metallionen (z.B.Nickel), die an Proteine angelagert werden und diese modifizieren, können auf diese Weise T-Zellepitope erzeugen (Nickelallergie) ! 2. MHC und Korezeptoren CD4/CD8 ¾ CD4 besitzt Affinität für MHC II – Moleküle. Daher erkennt der T-Zell-rezeptor von CD4+-T-Zellen Peptid/MHC Klasse II - Epitope, seine Erkennungsfunktion ist MHC II-“restringiert“. ¾ CD8 besitzt Affinität für MHC I – Moleküle. Daher erkennt der T-Zell-rezeptor von CD8+-T-Zellen Peptid/MHC Klasse I - Epitope, seine Erkennungsfunktion ist MHC I-“restringiert“. ¾ T-Zellen exprimieren außer den Korezeptoren CD4 und CD8 weitere Membranmoleküle wie CD2, LFA – 1, CD 28 und CD45, die Hilfsfunktionen bei der Zell-Triggerung übernehmen. 3. Peptid/MHC und TCR-Interaktion ¾ Für die Stimulation einer T-Zelle sind nur wenige T-Zellrezeptoren erforderlich (ca. 100 oder weniger, obwohl ca. 5 x 104 Rezeptoren pro Zelle vorhanden sind) und dementsprechend wenige Peptid/MHC-Epitope auf der Antigenpräsentierenden Zelle. ¾ Die Affinität des T-Zellrezeptors ist sehr gering und die Bindung von T-Zelle und APC erfordert daher Ko-Rezeptoren und weitere akzessorische Moleküle. 4. Antigen-präsentierende Zellen (APC) ¾ B-Zellen ¾ Monozyten, Makrophagen ¾ Dendritische Zellen (beste APCs) [Interdigitierende und Langerhans DC] ¾ Auch andere Zellen könnten unter Umständen Antigen präsentieren, wenn sie aktiviert werden und HLA-Klasse-II-Moleküle exprimieren. Dies kann zu Autoimmunkrankheiten führen. ¾ Zelltypische MHC-Expression Alle kernhaltigen Zellen tragen MHC-I Moleküle. Am stärksten ist die Expression auf hämatopoetischen Zellen. MHC-Klasse II-Moleküle kommen nur auf wenigen Zelltypen vor, können jedoch bei einigen durch Zytokine (z.B. Interferon γ) aufreguliert werden. Emmrich, 2007 Vorlesung Immunologie 6. Semester Humanmedizin T-ZELLEN, ANTIGENPRÄSENTATION UND MHC 4/4 Entwicklung der T-Zellen 1. Differenzierung im Thymus ¾ Immunkompetente TCR+, CD4+ oder CD8+ T-Zellen Im Thymus erwerben unreife T-Vorläufer-Zellen den T-Zell-Rezeptor-komplex (TCR/CD3) und die Differenzierungsmarker CD4 und CD8. Allerdings verlassen weniger als 5% der entstandenen Zellen den Thymus als reife TZellen. Sie werden demnach in gewisser Weise selektiert. ¾ Zwei wichtige Fragen Wie ist das Phänomen der MHC-Restriktion für T-Zell-Immun-Reaktionen erklärbar ? Und warum werden wir nicht alle angesichts dieser physiologischen „Selbstreaktivität“ massiv von Autoimmunkrankheiten geplagt? ¾ Der Thymus als T-Zellsieb Man nimmt an, dass der Thymus wie ein Sieb für reife T-Zellen wirkt und nur bestimmte Zellen in die Peripherie entlässt. Das Sieb könnte zweistufig sein, so dass zunächst nur Zellen passieren, die ein MHC-restringiertes Repertoire ausgebildet haben (positive Selektion). Dann müssen allerdings noch diejenigen Zellen ausgesiebt werden, die autologe Peptide erkennen (negative Selektion). 2. Positive und negative Selektion ¾ Wahrscheinlicher Ablauf Positive Selektion. Alle T-Zellrezeptoren die Peptid/MHC-Epitope im Thymus erkennen, geben ihren T-Zellen damit ein (positives) Überlebenssignal. Alle nicht derart ausgewählten T-Lymphozyten sterben im Thymus ab. Es entsteht auf diese Weise ein MHC-restringiertes Repertoire, wobei nur Antigenpeptide beteiligt sind, die im Thymus vorkommen. Negative Selektion. Um die Überzahl der ausgewählten autoreaktiven und daher potenziell gefährlichen T-Zellen zu eliminieren, werden sie - ebenfalls im Thymus - selektiert. Es wird angenommen, dass hochaffin ligierte T-Zellen eliminiert werden und nur niedrigaffin erkennende in die Peripherie gelangen. Das MHC-restringierte Repertoire ist weitgehend von autoreaktiven Zellen gesäubert. CD4+-T-Zellen sind zumeist Helferzellen, CD8+-T-Zellen überwiegend Killerzellen. ¾ Abschließende Betrachtung Die Eigenschaft von CD4+ T-Zellen stets immer MHCII-restringiert zu erkennen und von CD8+ T-Zellen immer MHCI-restringiert zu erkennen, wird festgelegt, sobald der T-Zellrezeptor auf der Zelloberfläche erscheint und Antigen-Peptid entweder zusammen mit MHC Klasse II - oder zusammen mit MHC Klasse I - Molekülen erkennt. Viele Immunologen gehen davon aus, dass die positive Selektion zuerst, d. h. beim Eintritt der T-Zellen in die Thymusrinde (Cortex) durch Kontakt mit Epithelzellen und die negative Selektion anschließend beim Durchwandern des Markes (Medulla) durch Kontakt mit Knochenmark-abhängigen Zellen stattfindet. Emmrich, 2007