Monoklonale Antikörper (= MAK)

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Monoklonale Antikörper (= MAK)
Struktur der Antikörper:
Ein monomerer Antikörper (IgA, IgE, IgG, IGD und IgM) besteht aus je zwei schweren
und leichten Proteinketten, die über Disulfidbrücken miteinander verbunden sind.
Innerhalb dieser Proteinketten kann man einen stark konservierten Bereich von einem
variableren Bereich unterscheiden.
Die fünf (neun) Immunglobulinklassen IgG (lgG1, IgG2, IgG3, IgG4), IgA (lgA1, IgA2),
IgM, IgD, und IgE werden auf der Basis der konstanten Regionen ihrer schweren Ketten
unterschieden, die von entsprechenden Gen-Kassetten (1, 2, 3, 4, 1, 2, , , )
codiert werden.
Die sekretorische Variante der IgA-lsotypen liegt als Dimer vor.
IgM-lsotypen bilden Pentamere.
Die leichten Ketten in all diesen Immunglobulinklassen (Isotypen) werden durch zwei
Klassen ( und ) repräsentiert.
 Glykosidierung
1
Die Antikörper-Varianten der Immunglobulinklassen werden Isotypen genannt.
Innerhalb der Isotypen können weitere Varianten vorkommen, die als Allotypen bezeichnet
werden. Sie werden durch Allele codiert, die sich meist in den konstanten Bereichen der
leichten und schweren Ketten unterscheiden.
Als Idiotypen bezeichnet man Antikörper-Varianten, die sich in den variablen,
antigenbindenden Bereichen unterscheiden.
Die konservierten Bereiche sind für die Induktion der Effektorfunktionen verantwortlich
und koppeln daher die Antikörperfunktion mit wichtigen Reaktionsketten im Organismus.
Die variableren Bereiche repräsentieren die Antigen-Erkennungsdomänen
und unterteilen sich ihrerseits noch einmal in hochvariable Sequenzen, die so genannten
"complementarity determining regions" (CDR), die für die Antigenbindlung wichtig sind,
und in "framework regions" (FR), die eine bestimmte Struktur der Antigen-Erkennungsdomäne ermöglichen.
2
Therapeutisch verwendbare Antikörper:
Durch die Fusion Antikörper-produzierender Milzzellen mit Myelomzellen etablierten
Georges Köhler und Cesar Milstein die technischen Voraussetzungen, Antikörper gegen
nahezu beliebige Strukturen in unbegrenzten Mengen produzieren zu können.
Die daraus resultierenden monoklonalen Maus-Antikörper, die Hybridomas (= Hybridzellen
aus sterblichen Milz- und unsterblichen Myelomzellen) produzieren, sind jedoch selbst zu
immunogen, um wiederholt als Therapeutika eingesetzt zu werden.
Die Lösung dieses Problems und damit der Durchbruch bei den Bemühungen, Antikörper
therapeutisch zu nutzen, gelang, als man die Methoden der Gentechnologie mit den
Methoden der Hybridomatechnologie kombinierte.
Tauscht man nämlich auf DNA-Ebene die konservierten Bereiche des murinen monoklonalen
Antikörpers durch die entsprechenden Bereiche eines humanen Antikörpers gewinnt man
enorm an Verträglichkeit, ohne Kompromisse bei der hohen Selektivität einzugehen.
Je nachdem, wie viel von der murinen Sequenz im Antikörper erhalten bleibt, spricht man
von chimären oder von humanisierten Antikörpern.
3
Pharmakokinetik monoklonaler Antikörper:
Immunglobuline sind im Gegensatz zu den meisten anderen Proteinen sehr stabil.
Für IgG-Moleküle beträgt die biologische Halbwertzeit 18 – 23 Tage !
Indikationsgebiete der monoklonalen AK:
- in der antineoplastischen Therapie
- gegen „entzündliche Erkrankungen“
- Autoimmunerkrankungen, Transplantatabstoßung
- allergische Erkrankungen (Astma, COPD)
- Augenheilkunde
- Hauterkrankungen (Psoriasis, Plaque-psoriasis)
- Hypercholesterinämie
- Osteoporose
- neurologische Erkrankungen (multiple Sklerose, Alzheimer)
Monoklonale Antikörper: Suffix -MAB (monoclonal antibody)
-OMAB muriner AK
-IMAB simianer AK (primatisierter AK)
-XIMAB chimärer AK
-ZUMAB humanisierter AK
-HUMAB humaner AK
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Monoklonale AK in der antineoplastischen Therapie:
- AFLIBERCEPT: ZALTRAP®, (seit 2/2013), metastasiertes kolorektales Karzinom (MCRC)
- BEVACIZUMAB: AVASTIN®, (seit 1/2005), diverse Karzinome
- BRENTUXIMAB VEDOTIN: ADCETRIS®, (seit 10/2012), Hodgkin-Lymphom; großzelliges Lymphom
- CATUMAXOMAB: REMOVAB®, (seit 4/2009), maligne Aszites mit EpCAM-positiven Karzinomen
- CETUXIMAB: ERBITUX®, (seit 2/2007), Kolorektalkarzinom, Plattenepithelkarzinom
- IBRITUMOMAB TIUXETAN: ZEVALIN®, (seit 11/2012): follikuläres Lymphom, Non-Hodgkin-Lymphom
- IPILIMUMAB: YERVOY®, (seit 7/2011), fortgeschrittenes Melanom
- NIVOLUMAB: OPDIVO ®, (seit 06/2015), nicht-resezierbares oder metastasiertes Melanom
- OBINUTUZUMAB: GAZYVARO®, (seit 7/2014), chronische lymphatische Leukämie
- OFATUMUMAB: ARZERRA®, (seit 2/2011), chronische lymphatische Leukämie
- PANITUMUMAB: VECTIBIX®, (seit 10/2007), metastasiertes Kolon- oder Rektumkarzinom
- PERTUZUMAB: PERJETA®, (seit 3/2013), HER2-positiver metastasierter Brustkrebs
- RITUXIMAB: MABTHERA®, (seit 6/1998), Non-Hodgkin-Lymphom, chron. lymphatische Leukämie
- TRASTUZUMAB: HERCEPTIN®, (seit 8/2000), HER2-positiver metastasierter Brustkrebs
- TRASTUZUMAB EMTANSIN: KADCYLA®, (seit 11/2013), HER2-positiver metastasierter Brustkrebs
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1) Monoklonale Antikörper in der antineoplastischen Therapie:
Targets der Monoklonale Antikörper in der antineoplastischen Therapie:
- Epidermal Growth Factor Receptor (= EGFR)
EGFR ist ein transmembranöses Glycoprotein, das zur Unterfamilie der Typ-l-RezeptorTyrosinkinasen gehört, zu der auch HER 2-4 zählen.
EGFR fördert das Zellwachstum in normalen epithelialen Geweben und wird auch auf
diversen Tumorzellen exprimiert.
Der EGF-Rezeptor wird in verschiedenen Tumorarten hochreguliert und/oder in mutierter
Form vorgefunden, was dazu führt, dass die Tumorzellen unkontrolliert wachsen und sich
vermehren. In Folge kann es zu einer verstärkten Metastasenbildung kommen.
Wirkstoffe: CETUXIMAB, PANITUMUMAB
- Human Epidermal Growth Factor Receptor 2 (= HER 2)
HER 2 gehört zur Familie der epidermalen Wachstumsfaktorrezeptoren
HER 2 stimuliert die Zellproliferation über den RAS-MAP-Kinase-Weg und hemmt
den programmierten Zelltod (Apoptose) über den mTOR-Signalweg.
HER 2 spielt eine wichtige Rolle in der Behandlung und Diagnostik des Mammakarzinoms
In etwa 20 % aller invasiven Mammakarzinome ist der Rezeptor stark überexprimiert.
Wirkstoffe: TRASTUZUMAB, TRASTUZUMAB EMTANSIN, PERTUZUMAB
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- Vascular Endothelial Growth Factor Receptor (= VEGFR):
VEGFR ist eine membranständige Tyrosinkinase, die als Rezeptor für VEGF dient.
VEGF ist ein wichtiges Signalmolekül, das sowohl in der Vaskulogenese (de novo Bildung
des embryonalen Blutkreislaufes) als auch in der Angiogenese seine Wirkung entfaltet.
In vitro stimuliert VEGF die Teilung und Migration von Endothelzellen.
Eine erhöhte Expression von VEGF-A wird bei einer Reihe von Tumoren gefunden.
Auch bei der altersbedingte Makula-Degeneration ("feuchten AMD") ist eine verstärkte
Neubildung von fragilen Gefäßen in der Macula durch den VEGF zu krankheitsauslösend.
Wirkstoffe: BEVACIZUMAB, AFLIBERCEPT
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- Epithelial Cell Adhesion Molecule (= EpCAM)
EpCAM findet man an Epithelzellen wie z. B. den Zellen der Magen-Darmschleimhaut,
der Gallengänge, der Schleimhaut der Harnblase, der Bronchien, im Follikelepithel der
Schilddrüse.
Auf Plattenepithelien wie der Haut oder der Schleimhaut des Mundes ist es nicht zu finden.
Bei sich schnell teilenden Zellen wird es vermehrt gebildet. Dies erfolgt physiologisch
z.B. in der Embryonalentwicklung, allerdings auch bei sich in der Regel schnell
vermehrenden Tumorzellen.
Bei Tumorzellen kann EpCam auch von Zelltypen gebildet und an der Zelloberfläche
vorgefunden werden, die normalerweise kein EpCAM bilden, wie z.B. bei
Plattenepithelkarzinomen.
Damit stellt EpCAM ein Tumor-assoziiertes Antigen für manche Tumore dar, was zur
genauen Diagnose dieser Tumore als auch für eine spezifische Therapie genutzt wird.
Bei Tumorzellen geht eine verminderte Genexpression vom EpCAM mit einer höheren
Metastasenrate einher.
Wirkstoffe: CATUMAXOMAB
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Clusters of Differentiation (= CD)
Bei den CD-Molekülen handelt es sich meistens um membrangebundene Glykoproteine, die
teilweise zellspezifisch exprimiert werden und verschiedenste Funktionen haben können:
Einige CDs haben Rezeptor- oder Signalfunktion, während bei anderen enzymatische
Aktivität nachgewiesen werden konnte; darüber hinaus wird einigen Clustermolekülen eine
zentrale Rolle bei der interzellulären Kommunikation zugeschrieben.
Mittlerweile sind weit über dreihundert verschiedene Clusters of Differentiation (CDs)
beschrieben worden.
- CD20:
CD20 ist als Antigen, das auf der Zelloberfläche von B-Lymphozyten-Vorstadien bis zur
reifen B-Zelle sowie auf B-Zelltumoren exprimiert wird
Wirkstoffe: RITUXIMAB, OFATUMUMAB, IBRITUMOMAB, OBINUTUZUMAB
- CD30:
CD30 ist als Antigen auf der Oberfläche der malignen Zellen exprimiert und macht sie zum
Ziel für eine therapeutische Intervention:
+ Hodgkin-Lymphom (HL)und Non-Hodgkin-Lymphom (NHL)
+ Anaplastic Large Cell Lymphoma (ALCL)
+ einige maligne Melanome
+ aktivierte Lymphozyten
CD30 ist ein Mitglied der Tumornekrosefaktor-Rezeptor-Familie und
ein positiver Regulator der Apoptose (über den NF-kappaB Weg)
Wirkstoff: BRENTUXIMAB VEDOTIN
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- CD152: Cytotoxic T-Lymphocyte Antigen-4 (= CTLA-4 )
CTLA-4 ist ein wichtiges Mitglied der Immunoglobulin Superfamilie, das auf der
Oberfläche von T-Helferzellen exprimiert wird.
T-Zellen an sich benötigen zwei Signale, damit sie aktiv werden, um sich zu teilen und sich
zu differenzieren: Das erste Signal ist Antigen-abhängig, während das zweite Signal
co-stimulierend wirkt und alleine keine Reaktion durch die T-Zelle hervorruft.
Gleichzeitig jedoch veranlasst eine Aktivierung von T-Lymphozyten durch den T-ZellRezeptor eine gesteigerte Produktion des CTLA-4 Rezeptors an der Oberfläche der T-Zelle.
Der CTLA-4 Rezeptor vermittelt ein hemmendes Signal, um eine Überreaktion des
Immunsystems zu vermeiden.
Das Protein CTLA-4 stellt ein mögliches klinisches Ziel dar, um entweder die Wirkung von
CTLA-4 zu verstärken (Agonist), oder aber dessen Wirkung abzuschwächen (Antagonist).
Agonistischer Wirkstoff: IPILIMUMAB
fördert die Bekämpfung von malignen Melanomen durch das Immunsystem
Antagonistischer Wirkstoff: ABATACEPT
dämpft Autoimmunerkrankungen
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- CD 279: Programmed-Death-1-Receptor (= PD-1)
PD1 (= Programmed Death-1-Receptor) ist ein Rezeptor, der auf aktivierten T-Zellen
exprimiert wird.
Er wird auch als „Key immunocheckpoint“ bezeichnet, weil ihm eine Schlüsselstellung bei
Immunreaktionen zukommt.
Der PD1-Rezeptor wird durch die PD1-Liganden PD-L1 und PD-L2 aktiviert, die
von Tumor- und von Stromazellen gebildet werden.
Binden die Liganden an den Rezeptor, wird im Sinne einer Immunsuppression die
antitumorale Immunantwort verringert.
Bei Blockade des PD1-Rezeptors wird die T-Zell-Aktivität im Bereich des Tumors verstärkt
und damit die Immunreaktion gegen die Tumorzellen aktiviert.
Antagonistischer Wirkstoff: NIVOLUMAB
fördert die Bekämpfung von malignen Melanomen durch das Immunsystem
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CETUXIMAB: ERBITUX® 5 mg/ml-Infusionslösung, (seit 2/2007)
Target: Epidermal Growth Factor Receptor (= EGFR)
Struktur: chimärer monoklonaler Antikörper
Indikation:
- metastasierendes EGFR-exprimierendes Kolon- oder Rektumkarzinom,
wenn Irinotecan und Oxaliplatin versagt haben
- Plattenepithelkarzinom im Kopf- und Halsbereich
PANITUMUMAB: VECTIBIX®, (seit 10/2007)
Target: Epidermal Growth Factor Receptor (= EGFR)
Struktur: monoklonaler humaner Antikörper
Wirkmechanismus:
Panitumumab bindet an die Ligandenbindungsstelle von EGFR und hemmt damit die
Rezeptor-Autophosphorylierung und verlagert den Rezeptor ins Zellinnere:
- Hemmung des Zellwachstums
- Auslösung der Apoptose
- verminderte Produktion von Interleukin 8 (ein Angiogenesefaktor)
- verminderte Produktion des vasculär enendothelialen Wachstumsfaktors
Indikation:
metastasierendes EGFR-exprimierendes Kolon- oder Rektumkarzinom
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TRASTUZUMAB: HERCEPTIN®, (seit 8/2000);
Target: Human Epidermal Growth Factor Receptor 2 (= HER 2)
Struktur: humanisierten monoklonalen IgG1 Antikörper, aus CHO-Zellen
Wirkungsweise:
HER-2-Rezeptoren an der Oberfläche von Tumorzellen werden blockiert.
Der Agonist an diesen Rezeptoren ist der Epidermal Growth Factor (EGF), der zu einem
vermehrten Zellwachstum führt; er aktiviert die Tyrosinkinasen in den Zellen, welche die
Zellteilung vorantreiben.
Indikation:
- metastasierendem Mammacarcinom, deren Tumoren HER-2-Rezeptoren überexprimieren
(15-20% der Mamma-Ca-Erkrankungen).
- Metastasiertes Magenkarzinom
TRASTUZUMAB EMTANSIN: KADCYLA®, (seit 11/2013)
Target: Human Epidermal Growth Factor Receptor 2 (= HER 2)
Struktur: Trastuzumab Emtansin besteht aus zwei Molekulteilen:
- dem gegen HER2-Rezeptoren gerichteten Antikorper Trastuzumab,
einem humanisierten Anti-HER2-IgG1-Antikorper,
- dem Mikrotubuli-Hemmer Mertansine (= DM1, ein Maytansin-Derivat), der über den
stabilen Thioether-Linker MCC (4-[N-Maleimidomethyl]cyclohexan-1-carboxylat)
kovalent mit Trastuzumab verbunden ist.
Maytansinoide sind naturliche Substanzen mit extrem hoher Zelltoxizität.
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Struktur von Trastuzumab Emtansin:
Wirkungsweise:
Die Konjugation von Trastuzumab mit DM1 verleiht dem Wirkstoffkomplex einerseits
eine Selektivitat fur Tumorzellen mit Überexpression von HER2; nach der Bindung des
Antikorpers an den Membranrezeptor wird die Krebszelle für das Immunsystem besser
angreifbar. Andererseits hat das Maytansin-Derivat durch die rezeptorvermittelte
Internalisierung Zugang in die Krebszelle, wo der Mikrotubuli-Hemmer freigesetzt wird und
die Zellteilung unterbindet. Gesunde Zellen bleiben davon unberührt !
Indikation: HER2-positiver metastasierter Brustkrebs
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PERTUZUMAB: PERJETA®, (seit 3/2013)
Target: Human Epidermal Growth Factor Receptor 2 (= HER 2)
Struktur: humanisierten monoklonalen IgG1 Antikörper, aus CHO-Zellen
Wirkungsweise:
die ligandenabhängige Dimerisierung mit anderen HER-Mitgliedern – insbesondere
HER 3 wird unterbunden und die Aktivierung der nachgeschalteten Signalkaskade
verhindert; Damit fehlt das Signal für die Zellproliferation und überlebenssichernde
Vorgänge in den Tumorzellen.
Indikation: HER2-positiver metastasierter Brustkrebs
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BEVACIZUMAB: AVASTIN®, (seit 1/2005)
Target: Vascular Endothelial Growth Factor Receptor (= VEGFR)
Struktur: rekombinanter humanisierter monoklonaler Antikörper, aus CHO-Zellen
Wirkungsweise:
Die Neutralisierung der biologischen Aktivität von VEGF reduziert die Vaskularisierung von
Tumoren, normalisiert das vorhandene Tumorgefäßsystem und hemmt die Bildung neuer
Tumorgefäßsysteme, wodurch das Tumorwachstum gehemmt wird.
Indikation:
- metastasiertes Kolon- oder Rektumkarzinom
- fortgeschrittenes, metastasiertes oder rezidivierendes nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom
- Ovarialkarzinom, Eileiterkarzinom oder primären Peritonealkarzinom
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AFLIBERCEPT: ZALTRAP®, (seit 2/2013)
Target: Vascular Endothelial Growth Factor (= VEGF)
Struktur: rekombinantes Fusionsprotein, das aus den extrazellulären Anteilen des humanen
VEGF-Rezeptors 1 und 2 besteht, welche mit dem Fc-Rezeptor von humanem IgG1 gekoppelt
sind; wird aus CHO-Zellen mittels rekombinanter DNA-Technologie hergestellt
Wirkungsweise:
Aflibercept bindet die Wachstumsfaktoren VEGF-A (Vascular endothelial growth factor-A)
und PlGF (placental growth factor), welche zur Bildung von Blutgefässen und der Erhöhung
der Gefässdurchlässigkeit beitragen.
Aflibercept ist ein löslicher Rezeptor für die zwei Wachstumsfaktoren und dient als
„Lockvogel“, um sie zu inaktivieren.
Indikation:
- metastasiertem kolorektalem Karzinom (MCRC), das unter oder nach einem Oxaliplatinhaltigen Regime fortgeschritten ist
- altersbedingte Makula-Degeneration ("feuchten AMD"); "off label use"
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CATUMAXOMAB: REMOVAB®, (seit 4/2009)
Target: Epithelial Cell Adhesion Molecule (= EpCAM)
Struktur:
Monoklonaler Ratte-Maus-Hybridantikörper (IgG2), gewonnen aus einer Ratte-Maus-HybridHybridom-Zelllinie
Wirkungsweise:
- Das EpCAM-Antigen ist auf den meisten Karzinomzellen überexprimiert.
- CD3 ist auf reifen T-Lymphozyten als Bestandteil des T-Zell-Rezeptors exprimiert.
- Eine dritte funktionelle Bindungsstelle in der Fc-Region von Catumaxomab ermöglicht
die Interaktion mit akzessorischen Immunzellen über die Fcγ-Rezeptoren.
Infolge der Bindungseigenschaften von Catumaxomab werden Tumorzellen, T-Lymphozyten
und akzessorische Immunzellen in unmittelbare Nähe zueinander gebracht.
Dadurch wird eine koordinierte Immunreaktion gegen die Tumorzellen induziert,
die verschiedene Mechanismen umfasst wie z.B. :
- Aktivierung von T-Lymphozyten
- antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC)
- komplementabhängige Zytotoxizität (CDC)
- Phagozytose
Dies führt zur Zerstörung der Tumorzellen.
Indikation:
maligner Aszites mit EpCAM-positiven Karzinomen
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RITUXIMAB: MABTHERA®, (seit 6/1998)
Target: Rituximab bindet an das auf B-Zellen vorhandene CD20-Antigen hochspezifisch
Struktur: monoklonaler Antikörper, chimär (Maus, Mensch) aus CHO-Zellen
Wirkmechanismus:
Das Fab-Fragment von Rituximab bindet an das CD20-Antigen auf B-Lymphozyten und kann
immunologische Reaktionen bewirken, die eine B-Zell-Lyse vermitteln.
Es konnte auch gezeigt werden, dass die Bindung von Rituximab an das CD20-Antigen auf BLymphozyten einen durch Apoptose vermittelten Zelltod auslöst.
Indikation:
- Non-Hodgkin-Lymphom (NHL); Chronische lymphatische Leukämie (CLL)
- Rheumatoide Arthritis; Granulomatose mit Polyangiitis und mikroskopische Polyangiitis
OFATUMUMAB: ARZERRA®, (seit 2/2011)
Target: Epitop an der kleinen und großen extrazellulären Schleife des CD20-Moleküls
Struktur: humaner monoklonaler AK aus einer rekombinanten murinen Zelllinie (NS0).
Wirkmechanismus:
Für seine Wirksamkeit ist dabei wesentlich, dass das CD20-Molekül nach der Anbindung
von Ofatumumab von der Zelloberfläche weder abgelöst, noch internalisiert wird.
Der gebundene Antikörper auf der Oberfläche des B-Lymphozyten lockt das Komplementsystem an und aktiviert es, wodurch es zur Vernichtung der Tumorzellen kommt.
Indikation: chronisch lymphatischer Leukämie (CLL)
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IBRITUMOMAB TIUXETAN: ZEVALIN®, (seit 11/2012)
Target:
Oberflächenantigen CD20 von Lymphozyten
Struktur:
chimärer, monoklonaler Antikörper aus CHO-Zellen
über eine Thioharnstoffbindung kovalent gebunden
an den Chelatbildner Tiuxetan, der als Träger der
Radioaktivität dient und für die Stabilität des
transportierten Radionukleid 90Y sorgt.
Wirkmechanismus:
Das mit Yttrium-90 beladene Ibritumomab-Tiuxetan, das selbst untoxisch ist, transportiert
den zytotoxischen Betastrahler zu B-Zellen.
In einem Radius von 5 mm (250 Zellradien) werden auch benachbarte Zellen abgetötet, ein
Vorteil, weil damit auch Tumorzellen in wenig vaskularisierten Bereichen erfasst werden.
Die von der Behandlung nicht betroffenen Vorläuferzellen beginnen innerhalb von 6 Monaten
neue B-Zellen nachzubilden, wodurch sich die B-Zellanzahl nach 9 Monaten normalisiert.
Indikation:
- follikuläres Lymphom
- rezidivierendes oder refraktäres CD20- positives follikuläres Non-Hodgkin-Lymphom
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OBINUTUZUMAB: GAZYVARO®, (seit 7/2014)
Target: Oberflächenantigen CD20 von Lymphozyten
Struktur: monoklonaler Antikörper, humanisierter (Maus, Mensch) aus CHO-Zellen
Wirkmechanismus:
Obinutuzumab ist ein Typ-II-anti-CD20-Antikörper, der durch Glycoengineering des
Fc-Anteils im Vergleich zu nicht durch Glycoengineering modifizierten Antikörpern
eine höhere Affinität für Fcγ-RIII-Rezeptoren auf den Immuneffektorzellen, wie z.B. den
natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), Makrophagen und Monozyten aufweist.
Es resultiert eine verbesserte antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität (ADCC).
Indikation:
chronische lymphatische Leukämie (CLL) in Kombination mit Chlorambucil
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BRENTUXIMAB VEDOTIN: ADCETRIS®, (seit 10/2012)
Target: Oberflächenantigen CD30 auf malignen Zellen
Struktur:
Brentuximab Vedotin ist ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC).
Es besteht aus einem rekombinanten chimären Immunglobulin G1 [IgG1], das kovalent
mit dem Antimikrotubuli-Wirkstoff Monomethyl-Auristatin E (MMAE) verbunden ist.
Das chimäres Immunglobulin wird aus CHO-Zellen gewonnen
22
Wirkmechanismus:
Brentuximab Vedotin bindet selektiv an CD30 tragenden Tumorzellen, setzt das
das Zytostatikum Monomethyl-Auristatin E freisetzt und löst in den Tumorzellen
eine Apoptose aus.
Präklinische Daten deuten darauf hin, daß die biologische Aktivität von Brentuximab Vedotin
auf einem mehrstufigen Prozess beruht.
Durch Bindung des ADC an CD30 auf der Zellenoberfläche wird die Internalisierung
des ADC-CD30-Komplexes ausgelöst, der dann in das lysosomale Kompartiment
eingeschleust wird.
Innerhalb der Zelle wird durch eine proteolytische Spaltung ein klar definierter
aktiver Bestandteil, MMAE, freigesetzt.
Die Bindung von MMAE an Tubulin stört das Mikrotubuli-Netzwerk innerhalb der Zelle,
wodurch der Zellzyklus unterbrochen und ein programmierter Zelltod
der CD30- exprimierenden Tumorzelle ausgelöst wird.
Indikation:
- rezidiviertes oder refraktäres CD30-positives Hodgkin-Lymphom (HL)
- rezidiviertes oder refraktäres systemischen anaplastischen großzelligen Lymphom (sALCL)
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IPILIMUMAB: YERVOY®, (seit 7/2011)
Target: CD152 = Cytotoxic T-Lymphocyte Antigen-4 (= CTLA-4 )
Struktur: humaner monoklonaler Antikörper aus CHO-Zellen gewonnen
Wirkmechanismus:
indirekte Tumorhemmung durch verstärkte T-Zellaktivierung
Ipilimumab blockiert speziell das inhibitorische Signal von CTLA-4, was zur
T-Zell-Aktivierung, Proliferation und Lymphozyteninfiltration in Tumore und
damit zum Tumorzelltod führt.
Indikation: fortgeschrittenes (nicht resezierbares oder metastasiertes) Melanom
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NIVOLUMAB: OPDIVO®, (seit 06/2015)
Target: Programmed-Death-1-Receptor (PD-1)
Localisation: auf aktivierten T-Lymphozyten
Struktur: monoklonaler, humaner IgG4-Antikörper aus CHO-Zellen
Wirkmechanismus:
verhindert die Bindung von PD-1-Liganden, welche auf der Oberfläche von Tumorzellen
vorkommen, an die entsprechenden Rezeptoren auf T-Zellen.
Tumorzellen nutzen diesen Mechanismus zur Abwehr von T-Lymphozyten.
Durch Inhibition des PD-1-Rezeptors mittels Nivolumab kann die T-Zellaktivität nicht mehr
durch den Tumor unterbunden werden.
Indikation:
- fortgeschrittenes, nicht resezierbares oder metastasiertes Melanom
- bei Patienten mit einem Melanom, das nach IPILIMUMAB-Therapie progredient war
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Monklonale AK gegen "entzündliche Erkrankungen":
- ABATACEPT: ORENCIA®, (seit 10/2012), Rheumatoide Arthritis
- ADALIMUMAB: HUMIRA®, (seit 9/2003), Rheumatoide Arthritis; Spondyloarthritis; Psoriasis-Arthritis;
Psoriasis; Morbus Crohn
- ALEMTUZUMAB: LEMTRADA® (seit 9/2013), schubförmig-remittierender Multipler Sklerose (RRMS)
- CANAKINUMAB: ILARIS®, (seit 9/2011), Cryopyrin-assoziiertes periodisches Syndrom (CAPS)
systemischen juvenilen idiopathischen Arthritis (SJIA)
- CERTOLIZUMAB PEGOL: CIMZIA®, (seit 10/2009), Axiale Spondyloarthritis; Ankylosierende Spondylitis;
Psoriasis-Arthritis
- ETANERCEPT: ENBREL®, (seit 2/2000), Rheumatoide Arthritis; Morbus Bechterew, Plaque-Psoriasis
- GOLIMUMAB: SIMPONI®, (seit 10/2009), aktiven rheumatoiden Arthritis; Psoriasis-Arthritis;
Ankylosierende Spondylitis; Colitis ulcerosa
- INFLIXIMAB: REMICADE®, (seit 8/1999), REMSIMA®, (seit 8/2013), INFLECTRA®, (seit 10/2013)
Rheumatoide Arthritis; Spondylitis; Psoriasis-Arthritis; Psoriasis; Morbus Crohn; Colitis ulcerosa
- NATALIZUMAB: TYSABRI®, (seit 6/2006), Multipler Sklerose (MS)
- SILTUXIMAB: SYLVANT®, (seit 05/2014), multizentrische Castleman-Disease
- TOCILIZUMAB: ROACTEMRA®, (1/2009), Rheumatoide Arthritis
- USTEKINUMAB: STELARA®, (seit 1/2009), Plaque-Psoriasis; Psoriatische Arthritis
- VEDOLIZUMAB: ENTYVIO® (seit 5/2014), Colitis ulcerosa; Morbus Crohn
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2) Monoklonale Antikörper gegen "entzündliche Erkrankungen":
Targets der Monoklonale Antikörper gegen "entzündliche Erkrankungen":
- Tumor-Nektrose-Faktor alpha (= TNF)
TNF-α ist ein wichtiger Signalstoff (Zytokin) des Immunsystems, der in Zellen unter
anderem die Bildung von Entzündungsmediatoren auslösen kann.
TNF-α wird hauptsächlich von Makrophagen ausgeschüttet. Seine wichtigste Funktion ist,
die Aktivität verschiedener Immunzellen zu regeln. TNF kann den Zelltod (Apoptose),
Zellproliferation, Zelldifferenzierung und Ausschüttung anderer Zytokine anregen.
Bei entzündlichen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis liegt TNF-α in erhöhter
Konzentration vor; die Neutralisierung von TNF-α durch TNF-Blocker führt zu einer
raschen Besserung verschiedener Entzündungsparameter wie C-reaktives Protein und
Interleukin-6.
Wirkstoffe:
INFLIXIMAB, ADALIMUMAB, GOLIMUMAB, CERTOLIZUMAB PEGOL sowie das
gentechnologisch hergestellte Protein ETANERCEPT.
- Tumor-Nektrose-Faktor beta (= TNFLymphotoxin-α)
TNF ist ein Zytokin aus der TNF/TNFR-Superfamilie. Es hat viele Gemeinsamkeiten mit
TNF – teilt z. B. dessen Rezeptoren – wird aber von aktivierten Lymphozyten sezerniert.
Es ist wie TNF ein Modulator der Immunantwort.
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- CD80 und CD 86 auf antigenpräsentierenden-Zellen
T-Zellen benötigen für ihre Aktivierung zwei Signale:
+ Eine antigenpräsentierende-Zelle (APC) muss ein zum T-Zell-Rezeptor kongruentes
Peptid-Antigen präsentieren.
+ Die T-Zelle muss von Seiten der APC zusätzlich costimulierende Signale erhalten.
Besonders relevant ist hier die Interaktion zwischen CD80 oder CD86 seitens der APC
mit dem CD28-Rezeptor auf den T-Zellen (= Co-stimulatorischer Signalweg).
Fehlt die Costimulation bleibt die T-Zelle anerg oder geht sogar in Apoptose und
die T-Zell-Antwort bleibt folglich aus.
Nach erfolgreicher T-Zell-Aktivierung reguliert die aktivierte T-Zelle CTLA-4 auf ihrer
Zellmembran herauf. CTLA-4 bindet wie der CD28-Rezeptor das CD80 und CD86 auf den
APCs- jedoch mit einer viel höheren Affinität. Dieser Komplex blockiert nun die Signale,
die vom T-Zell-Rezeptor in die Zelle geleitet werden (= negative Rückkoppelung).
"Lösliches CTLA-4 Analoga" bindet ebenfalls an CD80 bzw. CD86, wodurch diese nicht
mit dem CD28-Rezeptor interagieren können. Da diese Wirkstoffe zudem mit höherer
Affinität an CD80 bzw. CD86 bindet als der CD28-Rezeptor, werden CD80 bzw. CD86
effizient aus der Bindung mit dem CD28-Rezeptor verdrängt.
Die T-Zell-Aktivierung und damit auch die T-Zell-Funktionen unterbleiben.
Die antigenspezifische Produktion von TNFα, Interferon-γ und Interleukin-2 durch
T-Lymphozyten wird unterdrückt, Autoimmunerkrankungen werden gedämpft.
Wirkstoff: ABATACEPT, BELATACEPT
28
- CD52 auf der Zelloberfläche von malignen B- und T-Lymphozyten
Das Glykoprotein CD52, ein Antigen auf der Zelloberfläche, das in hohen Konzentrationen
auf CD3-positiven T-Lymphozyten und CD19-positiven B-Lymphozyten und in niedrigen
Konzentrationen auf natürlichen Killerzellen, Monozyten und Makrophagen vorkommt.
Bei dem Proteinabschnitt von CD52 handelt es sich um ein 12 Aminosäuren langes Peptid,
das aus einem 61 Aminosäure langen Propeptid abgespalten und an Kohlenhydrate zu
einem Oberflächen-Glykoprotein gebunden wird.
Aminosäurensequenz: Gly-Gln-Asn-Asp-Thr-Ser-Gln-Thr-Ser-Ser-Pro-Ser
Antikörper gegen CD52 zerstören maligne B- und T-Lymphozyten und sind gegen
chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) und Multiple Sklerose (MS) einsetzbar.
Wirkstoff: ALEMTUZUMAB
29
- α41-Integrin auf Leukozyten
Integrine kommen auf der Oberfläche von Leukozyten vor und ermöglichen es den
Leukozyten an Bindungstellen auf der Gefäßwand anzudocken.
Entzündungen im Gewebe führen zu einer Einwanderung von weißen Blutzellen.
Bei Immunkrankheiten wie der Multiple Sklerose (MS) wirken die sonst sehr nützlichen
Zellen häufig zerstörerisch.
Integrin-Inhibitoren hemmen die Wanderungsbewegung der Leukozyten durch
die Gefäßwand in das entzündete Gewebe hinein und schützt so die Nervenzellen
vor Attacken durch fehlgeleitete zerstörerische Leukozyten.
Wirkstoff: NATALIZUMAB
- α47-Integrin von Memory-T-Lymphozyten
α4β7-Integrin wird von einer speziellen Untergruppe der Memory-T-Lymphozyten
exprimiert und ermöglicht deren Adhäsion an die Mucosazellen des Magen-Darm-Trakts
durch Bindung an das Mucosal Addressin Cellular Adhesion Molecule-1 (MAdCAM-1).
Die Einwanderung von Memory-T-Lymphozyten ins Gewebe des Magen-Darm-Trakts
verursacht eine Entzündung, die charakteristisch für Colitis ulcerosa und Morbus Crohn ist.
α4β7 Integrin-Inhibitoren hemmen die Migration der Memory-T-Lymphozyten
durch das vaskuläre Endothel in das Parenchymgewebe des Magen-Darm-Trakts.
Wirkstoff: VEDOLIZUMAB
30
- Interleukin-1-beta (= IL-1b)
Interleukin-1β gehört zu der Interleukin-1-Familie und ist eines der vielen Interleukine,
welche insgesamt zu den Zytokinen (= Entzündungsmediatoren) gezählt werden.
Es wird hauptsächlich von Monozyten produziert und ist ein zentraler Botenstoff.
Schon die Injektion weniger Nanogramm genügt, um z. B. Fieber, einen Anstieg der
neutrophilen Granulozyten, der Thrombozyten, der Akute-Phase-Proteine und des
zirkulierenden Interleukin-6 zu bewirken.
Das Cryopyrin-Assoziierte Periodische Syndrom (CAPS) schließt verschiedene
autoinflammatorische Krankheiten ein, die eine gemeinsame genetische Grundlage haben.
Der Gendefekt führt zu einer von Überproduktion IL-1b und damit zu einer systemischen
Entzündungsreaktion; Symptome: chronische Müdigkeit, Fieber, Gelenksschmerzen
CAPS ist eine seltene Erkrankung, die mit einer Häufigkeit von 1-2 Fällen auf 1 Million
Einwohner auftritt.
Interleukin-1-beta-Antikörper neutralisieren die biologische Aktivität von Interleukin-1β
Wirkstoff: CANAKINUMAB
31
- Interleukin-6 Rezeptoren
Interleukin-6 (IL-6) ist ein proinflammatorisches Zytokin, das von einer Vielzahl
verschiedener Zelltypen, wie T- und B-Zellen, Monozyten und Fibroblasten,
produziert wird.
IL-6 bindet an lösliche IL-6-Rezeptoren sowie an IL-6 Rezeptoren,
die an die Zellmembran gebunden sind.
IL-6 ist an verschiedenen physiologischen Prozessen, wie der T-Zell-Aktivierung,
Induktion der Sekretion von Immunglobulinen, Induktion der Synthese von hepatischen
Akut-Phase-Proteinen und Stimulation der Hämatopoese beteiligt.
IL-6 wird aber auch mit der Entstehung von Krankheiten in Verbindung gebracht,
einschließlich entzündlicher Erkrankungen, Osteoporose und Neoplasien.
Durch die Hemmung des IL-6 Signalweges wird die Entzündungsreaktion unterbrochen,
und die Symptome werden reduziert oder behoben.
Wirkstoff: TOCILIZUMAB, SILTUXIMAB
32
- Interleukin-12 und 23
IL-12 und IL-23 sind heterodimere Zytokine, die von aktivierten Antigen-präsentierenden
Zellen, wie Makrophagen und dendritischen Zellen, sezerniert werden.
Beide Zytokine wirken an Immunfunktionen mit:
+ IL-12 stimuliert natürliche Killerzellen (NK) und vermittelt die Differenzierung
von CD4-positiven T-Zellen zu Typ1-T-Helferzellen (TH1-Lymphozyten)
+ IL-23 induziert die Differenzierung von CD4-positiven T-Zellen zu
Typ17-T-Helferzellen (TH17-Lymphozyten)
Eine anomale IL-12- und IL-23-Regulierung wurde mit immunvermittelten Krankheiten
wie Psoriasis und psoriatischer Arthritis assoziiert.
Durch Unterbrechung der Th1- und Th17-Zytokinpfade kann ein immunsuppressiver und
entzündungshemmender Effekt erzielt werden.
Wirkstoff: USTEKINUMAB
33
INFLIXIMAB:
REMICADE®, (seit 8/1999), REMSIMA®, (seit 8/2013), INFLECTRA®, (seit 10/2013)
Target: lösliche und transmembrane Formen von TNFα, nicht aber an TNFβ
Struktur:
chimärer, human-muriner monoklonaler IgG1-Antikörper, der mittels rekombinanter
DNA-Technologie in murinen Hybridomzellen hergestellt wird
Indikation:
Rheumatoide Arthritis; Spondylitis; Psoriasis-Arthritis; Psoriasis; Morbus Crohn;
Colitis ulcerosa
ADALIMUMAB: HUMIRA®, (seit 9/2003)
Target: Tumor-Nektrose-Faktor alpha (= TNF)
Struktur: rekombinanter humaner monoklonaler Antikörper aus CHO-Zellen
Wirkmechanismus:
Adalimumab bindet spezifisch an TNF und neutralisiert dessen biologische Funktion,
indem es die Interaktion mit den zellständigen p55- und p75-TNF-Rezeptoren blockiert.
Adalimumab beeinflusst weiterhin biologische Reaktionen, die durch TNF ausgelöst oder
gesteuert werden, einschließlich der Veränderungen der Konzentrationen von für die
Leukozytenmigration verantwortlichen Adhäsionsmolekülen (ELAM-1, VCAM-1 und
ICAM-1 mit einem IC50 von 0,1 bis 0,2 nM).
Indikation:
Rheumatoide Arthritis; Spondyloarthritis; Psoriasis-Arthritis; Psoriasis; Morbus Crohn
34
GOLIMUMAB: SIMPONI®, (seit 10/2009)
Target: lösliche und transmembrane Formen von TNFα
Struktur:
Humaner monoklonaler IgG1κ-Antikörper, der mittels rekombinanter DNA-Technologie
aus einer murinen Hybridom-Zelllinie gewonnen wird
Wirkmechanismus:
Golimumab bildet sowohl mit den löslichen als auch mit den membranständigen
bioaktiven Formen von humanem TNF-alpha hochaffine, stabile Komplexe und
verhindert so die Bindung von TNF-alpha an die entsprechenden Rezeptoren.
Indikation:
aktiven rheumatoiden Arthritis; Psoriasis-Arthritis; Ankylosierende Spondylitis;
Colitis ulcerosa
35
CERTOLIZUMAB PEGOL: CIMZIA®, (seit 10/2009)
Target: Tumor-Nektrose-Faktor alpha (= TNF)
Struktur:
rekombinantes humanisiertes Antikörper-Fab'-Fragment der in Escherichia coli exprimiert
und mit Polyethylenglycol (PEG) konjugiert ist.
2 PEG-Ketten sind durch Thioetherbindung kovalent gebunden, wodurch der AK länger
im Plasma verfügbar ist.
Wirkmechanismus:
Certolizumab Pegol verfügt über eine hohe Affinität für humanen TNFα und bindet mit
einer Dissoziationskonstante (KD-Wert) von 90 pM.
Certolizumab Pegol neutralisiert selektiv TNFα (IC90 von 4 ng/ml für die Hemmung von
humanem TNFα im in vitro L929-Maus-Fibrosarkoma-Zytotoxizitätsassay), neutralisiert
aber nicht TNFβ.
Vorteil:
Durch Verwendung des Fab-Fragments und Verzicht auf den Fc-Immunglobulinanteil
Verminderung der Cytotoxicität für Monocyten und Lymphocyten und Verminderung
des allergenen Potentials.
Indikation:
Axiale Spondyloarthritis; Ankylosierende Spondylitis; Psoriasis-Arthritis
36
ETANERCEPT: ENBREL®, (seit 2/2000)
Target: TNF und TNF
Struktur:
Etanercept ist ein Dimer eines chimären Proteins, das durch Fusion der extrazellulären
Ligandenbindungsdomäne des menschlichen Tumornekrosefaktor-Rezeptor-2 (TNFR2/p75)
mit der Fc-Domäne des menschlichen IgG1 entsteht.
Es wird von gentechnologisch modifizierten CHO-Zellen produziert.
Wirkmechanismus:
Etanercept besitzt die Ligandenbindungsdomäne des humanen TNF-Rezeptors 2.
Dank dieser Ligandenbindungsdomäne ist es in der Lage, die proinflammatorischen Zytokine
Tumornekrosefaktor (TNFα) und Lymphotoxin (TNFβ) zu binden.
TNFα und TNFβ sind proinflammatorische Zytokine, die an zwei unterschiedliche
zellständige Rezeptoren binden: die p55 und p75-Tumornekrosefaktorrezeptoren (TNFR).
Der von Etanercept gebundene Tumornekrosefaktor kann nicht mehr an seinen natürlichen, an
der Zellmembran befindlichen Rezeptor binden und somit keine Entzündungsprozesse
auslösen.
Indikation:
Rheumatoide Arthritis; Morbus Bechterew, Plaque-Psoriasis
37
ABATACEPT: ORENCIA®, (seit 10/2012)
Target: CD80 und CD 86 auf antigenpräsentierenden-Zellen
Struktur:
Abatacept ist ein Fusionsprotein aus der extrazellulären Domäne des humanen
zytotoxischen T-Lymphozyten-Antigens 4 (CTLA 4), gebunden an einen
modifizierten Fc-Teil des humanen Immunglobulin G1 (IgG1).
Es wird von gentechnologisch modifizierten CHO-Zellen produziert.
Wirkmechanismus:
Abatacept blockiert den Co-stimulatorischer Signalweg zwischen antigenpräsentierenden
Zellen und T-Lymphozyten.
Abatacept ist ein "lösliches CTLA-4 Analogon", das an CD80 und CD86 bindet,
wodurch die T-Zell-Aktivierung und damit auch die T-Zell-Funktionen unterbleiben.
Die antigenspezifische Produktion von TNFα, Interferon-γ und Interleukin-2
durch T-Lymphozyten wird unterdrückt, Autoimmunerkrankungen werden gedämpft.
Indikation:
Rheumatoide Arthritis
38
ALEMTUZUMAB: LEMTRADA®, (seit 9/2013)
Target: CD52 auf der Zelloberfläche von malignen B- und T-Lymphozyten
Struktur: humanisierten monoklonalen Antikörper, aus CHO-Zellen
Wirkmechanismus:
Alemtuzumab wirkt durch antikörperabhängige, zellvermittelte Zytolyse und komplementvermittelte Lyse nach Zelloberflächenbindung an T- und B-Lymphozyten.
Die Senkung der Spiegel der zirkulierenden B- und T-Zellen durch Alemtuzumab und die
darauf folgende Repopulation können das Potential für einen Schub der multiplen Sklerose
verkleinern, was letztlich die Progression der Erkrankung verzögert.
Indikation: schubförmig-remittierender Multipler Sklerose (RRMS)
39
NATALIZUMAB: TYSABRI®, (seit 6/2006)
Target: α41-Integrin auf Leukozyten
Struktur: humanisierten monoklonalen IgG4-Antikörper,
hergestellt in einer murinen Zelllinie mittels rekombinanter DNA-Technologie
Wirkmechanismus:
Natalizumab ist ein selektiver Adhäsionsmolekül-Inhibitor und bindet an die α4-Untereinheit
von humanen Integrinen (α4ß1), die in hohem Maße auf der Oberfläche aller Leukozyten
mit Ausnahme der Neutrophilen exprimiert werden.
Durch die Unterbindung dieser molekularen Interaktionen wird die transendotheliale
Migration von mononukleären Leukozyten in entzündliches Parenchymgewebe verhindert.
und eine weitere Rekrutierung von Immunzellen in entzündetem Gewebe gehemmt.
Bei der MS kommt es zu Läsionen, wenn aktivierte T-Lymphozyten die Blut-Hirn-Schranke
(BHS) passieren. Die Interaktion zwischen α4ß1 und seinen Zielzellen ist eine wichtige
Komponente der pathologischen Entzündung im Gehirn.
Die Blockade der molekularen Interaktionen von α4ß1 mit seinen Zielzellen reduziert die
bei MS im Gehirn vorhandene Entzündungsaktivität und hemmt die weitere Rekrutierung
von Immunzellen in entzündliches Gewebe, wodurch die Bildung oder Vergrößerung von
MS-Läsionen eingeschränkt wird.
Indikation: Multipler Sklerose (MS)
40
VEDOLIZUMAB: ENTYVIO®, (seit 5/2014)
Target: α4β7-Integrin von Memory-T-Lymphozyten
Struktur: humanisierter monoklonaler IgG1-Antikörper aus CHO-Zellen
Wirkmechanismus:
Vedolizumab bindet spezifisch an das α4β7-Integrin von Memory-T-Lymphozyten.
Vedolizumab bindet nicht an das α4β1-Integrin oder an sonstige die α4-Untereinheit
enthaltenen Integrine außer an α4β7.
Damit stellt Vedolizumab die erste darmspezifische gegen ein Adhäsionsmolekül
gerichtete Therapie dar.
Indikation: Colitis ulcerosa; Morbus Crohn
41
CANAKINUMAB: ILARIS®, (seit 9/2011)
Target: Interleukin-1-beta (= IL-1b)
Struktur:
mittels rekombinanter DNA-Technologie in murinen Hybridomazellen Sp2/0 produzierter,
vollständig humaner monoklonaler Antikörper
Wirkmechanismus:
Canakinumab bindet mit hoher Affinität spezifisch an IL-1b und neutralisiert
die biologische Aktivität von humanem IL-1 beta, indem es dessen Interaktion
mit IL-1-Rezeptoren unterbindet, wodurch die durch IL-1b induzierte Genaktivierung
und Bildung von Entzündungsmediatoren verhindert wird.
Indikation:
- Cryopyrin-assoziiertes periodisches Syndrom (CAPS)
- systemischen juvenilen idiopathischen Arthritis (SJIA)
42
TOCILIZUMAB: ROACTEMRA®, (seit 1/2009)
Target: Interleukin-6-Rezeptoren
Struktur:
humanisierter, monoklonaler Antikörper der Immunglobulin-Subklasse G1 (IgG1),
Wirkmechanismus:
Tocilizumab bindet an die IL-6 Rezeptoren und verhindert so die Bindung von IL-6
an seinen spezifischen Rezeptor.
Durch die Hemmung des IL-6 Signalweges wird die Entzündungsreaktion unterbrochen
und die Symptome werden reduziert oder behoben.
Indikation:
Rheumatoide Arthritis
43
SILTUXIMAB: SYLVANT®, (seit 05/2014)
Target: lösliche Form von IL-6
Struktur: monoklonaler, chimärer IgG1-Antikörper aus CHO-Zellen
Wirkmechanismus: verhindert die Bindung von IL-6 an die entsprechenden Rezeptoren und
inhibiert dadurch Zytokin-vermittelte Effektormechanismen, z. B. Lymphozyten-Stimulation
IL-6 gilt als proinflammatorisches Zytokin und spielt bei der Mediation von
Entzündungsprozessen eine wesentliche Rolle.
Indikation: multizentrische Castleman Disease
Castleman Disease ist eine seltene lymphoproliferative Erkrankung. Es kommt zu einer
Überproduktion von Lymphozyten, wobei die multizentrische Verlaufsform durch
Hyperplasie mehrerer Organe des Lymphsystems gekennzeichnet ist.
USTEKINUMAB: STELARA®, (seit 1/2009)
Target: Interleukin-12 und 23
Struktur:
rein humaner monoklonaler IgG1κ-Antikörper, von einer murinen Myelomzelllinie produziert
Wirkmechanismus:
Ustekinumab bindet spezifisch an die gemeinsame p40-Protein-Untereinheit der humanen
Zytokine IL-12 und IL-23, die bei der Immunantwort eine Rolle spielen und
für die Entstehung der Psoriasis teilweise verantwortlich gemacht werden.
Ustekinumab wirkt dadurch immunsuppressiv und entzündungshemmend.
Indikation:
Plaque-Psoriasis; Psoriatische Arthritis
45
Monklonale AK gegen sonstige Erkrankungen":
- AFLIBERCEPT: EYLEA®, (seit 11/2012), neovaskuläre (feuchte) altersabhängige Makuladegeneration
- BASILlXIMAB: SIMULECT®, (seit3/2003), akute Transplantatabstoßung
- BELATACEPT: NULOJIX®, (seit 6/2001), Prophylaxe einer Transplantatabstoßung nach Nierentransplantation
- BELIMUMAB: BENLYSTA®, (seit 7/2011), Lupus erythematodes
- DACLIZUMAB: ZENAPAX®, (seit 2/1999), akute Transplantatabstoßung
- DENOSUMAB: PROLIA®, (seit 5/2010), Osteoporose
XGEVA®, (seit 7/2011), skelettbezogenen Komplikationen bei Knochenmetastasen
- ECULIZUMAB: SOLIRIS®, (seit 6/2007), Paroxysmaler Nächtlicher Hämoglobinurie (PNH);
Atypischem Hämolytisch-Urämischen Syndrom (aHUS)
- OMALIZUMAB: XOLAIR®, (seit 6/2009), allergisches Asthma; chronische spontane Urtikaria
- RANIBIZUMAB: LUCENTIS®, (seit 9/2014), neovaskuläre (feuchte) altersabhängige Makuladegeneration
46
3) Monoklonale Antikörper gegen "sonstige Erkrankungen":
Targets der Monoklonale Antikörper gegen "sonstige Erkrankungen":
- Interleukin-2-Rezeptor (= CD25)
Die effektive Verhütung akuter, zellulärer Abstoßungsreaktionen ist eine wesentliche
Voraussetzung des Erfolgs der Organtransplantation.
Interleukin-2 (IL-2) kommt eine zentrale Rolle bei der Abstoßungsreaktion zu, indem es
nach Antigenpräsentation in aktivierten T-Zellen zur IL-2 Produktion, vermehrter
Expression des IL-2 Rezeptors auf der Zelloberfläche und im Sinne eines positiven
”feedback” Mechanismus zu weiterer Zellproliferation, IL-2 Produktion und Expression
des IL-2 Rezeptors kommt.
Eine Reihe verschiedener monoklonaler Antikörper gegen den IL-2 Rezeptor (IL2r-mAK)
zur Verhütung dieses Mechanismus wurden in den letzten Jahren entwickelt und klinisch
eingesetzt.
Wirkstoffe: DACLIZUMAB, BASILIXIMAB
47
- CD80 und CD 86 auf antigenpräsentierenden-Zellen
T-Zellen benötigen für ihre Aktivierung zwei Signale:
+ Eine antigenpräsentierende-Zelle (APC) muss ein zum T-Zell-Rezeptor kongruentes
Peptid-Antigen präsentieren.
+ Die T-Zelle muss von Seiten der APC zusätzlich costimulierende Signale erhalten.
Besonders relevant ist hier die Interaktion zwischen CD80 oder CD86 seitens der APC
mit dem CD28-Rezeptor auf den T-Zellen (= Co-stimulatorischer Signalweg).
Fehlt die Costimulation bleibt die T-Zelle anerg oder geht sogar in Apoptose und
die T-Zell-Antwort bleibt folglich aus.
Nach erfolgreicher T-Zell-Aktivierung reguliert die aktivierte T-Zelle CTLA-4 auf ihrer
Zellmembran herauf. CTLA-4 bindet wie der CD28-Rezeptor das CD80 und CD86 auf den
APCs- jedoch mit einer viel höheren Affinität. Dieser Komplex blockiert nun die Signale,
die vom T-Zell-Rezeptor in die Zelle geleitet werden (= negative Rückkoppelung).
"Lösliches CTLA-4 Analoga" bindet ebenfalls an CD80 bzw. CD86, wodurch diese nicht
mit dem CD28-Rezeptor interagieren können. Da diese Wirkstoffe zudem mit höherer
Affinität an CD80 bzw. CD86 bindet als der CD28-Rezeptor, werden CD80 bzw. CD86
effizient aus der Bindung mit dem CD28-Rezeptor verdrängt.
Die T-Zell-Aktivierung und damit auch die T-Zell-Funktionen unterbleiben.
Die antigenspezifische Produktion von TNFα, Interferon-γ und Interleukin-2 durch
T-Lymphozyten wird unterdrückt, Autoimmunerkrankungen werden gedämpft.
Wirkstoff: ABATACEPT, BELATACEPT
48
- RANKL (= Receptor Activator of NF-κB Ligand)
RANKL ist ein 1997 entdecktes Protein aus der Familie der Tumornekrosefaktoren (TNF),
das wesentlich an der Regulation von Knochenaufbau und -abbau beteiligt ist.
RANKL wird u.a. von Osteoblasten sezerniert und bindet an den Rezeptor RANK
von monozytären Osteoklasten-Vorläuferzellen, was deren Differenzierung zu
Osteoklasten veranlasst.
Das RANK/RANKL-System ist ein biochemischer Regelkreislauf, der bewirkt, daß
der Knochenabbau mit dem Knochenaufbau in einem gesunden Gleichgewicht bleibt,
was eine Voraussetzung für die dynamische Architektur des Knochensystems ist.
Wirkstoff: DENOSUMAB
- Vascular Endothelial Growth Factor (= VEGF):
VEGF ist ein wichtiges Signalmolekül, das sowohl in der Vaskulogenese (de novo Bildung
des embryonalen Blutkreislaufes) als auch in der Angiogenese seine Wirkung entfaltet.
In vitro stimuliert VEGF die Teilung und Migration von Endothelzellen.
Eine erhöhte Expression von VEGF wird bei einer Reihe von Tumoren gefunden.
Auch bei der altersbedingte Makula-Degeneration ("feuchten AMD") ist eine verstärkte
Neubildung von fragilen Gefäßen in der Macula durch den VEGF zu krankheitsauslösend.
Wird die Bindung von VEGF an dessen Rezeptor VEGFR, eine membranständige
Tyrosinkinase, unterbunden, unterbleibt die Neovaskularisation an der Applikatinsstelle
Wirkstoff: AFLIBERCEPT
49
- B-Lymphozyten-Stimulator-Protein (= BLyS)
Das lösliche humane B-Lymphozyten-Stimulator-Protein (BLyS) ist ein Zytokin der
TNF-Superfamilie und ein wichtiger Überlebensfaktor von B-Zellen, der vorwiegend
von Neutrophilen, Monozyten und Makrophagen produziert wird.
Patienten mit systemischer Lupus erythematodes oder anderen Autoimmunerkrankungen
weisen erhöhte BLyS-Spiegel auf.
Es besteht ein Zusammenhang zwischen den BLyS-Plasmaspiegeln und der Krankheitsaktivität des systemischer Lupus erythematodes.
Wird die Bindung von BLyS an dessen Rezeptor unterbunden, resultiert eine verminderte
Bildung von autoreaktiven B-Zellen und somit eine spezifische Immunsupression.
Wirkstoff: BELIMUMAB
50
- humanes Komplementprotein C5:
Das humane Komplementprotein C5 gehört zur Gruppe der sogenannten Zymogene.
Zymogene sind Proteasen, die ihrerseits durch limitierte Proteolyse aktiviert werden.
Sie kommen normalerweise überall im Körper vor, ohne daß es zu einer Reaktion kommt.
Im Falle einer Infektion werden sie jedoch lokal aktiviert und aktivieren weitere
Zymogene durch deren Spaltung. Dadurch wird eine Kaskade von Zymogenaktivierungen
ausgelöst, wobei aus wenigen früh aktivierten Molekülen viele später aktivierte werden,
was zu einer Verstärkung der Antwort führt.
Das humane Komplementprotein C5 wird durch die C5-Konvertase, eine Serinprotease,
in C5a und C5b gespalten.
Die beiden Produkte der C5-Spaltung fungieren einerseits als Anaphylatoxin und
als chemotaktischer Lockstoff (C5a) und andererseits leiten sie auch die Bildung
des Membranangriffskomplexes ein (C5b).
Der fertige Membranangriffskomplex attackiert die Zielzelle unter anderem durch
Porenbildung in der Zellmembran und führt zu ihrer Lyse.
Wirkstoff: ECULIZUMAB
51
- Immunglobulin E (IgE):
Immunglobulin E (IgE) ist ein Antikörper, der in erster Linie Endoparasiten abwehren soll.
Er ist auch verantwortlich für Allergien.
IgE-Antikörper sind die einzigen Antikörper, die überwiegend zellgebunden vorliegen.
IgE hat die Fähigkeit, sich über Fc-Rezeptoren an Mastzellen oder basophile Granulozyten
zu binden und dort über Jahre hinweg im Körper zu bleiben.
Bindet es ein Allergen, so veranlasst es die Mastzelle, Stoffe auszuschütten, die
eine Allergie auslösen - hauptsächlich Histamin.
Wirkstoff: OMALIZUMAB
52
DACLIZUMAB: ZENAPAX®, (seit 2/1999)
Target: Interleukin-2-Rezeptor (= IL-2R, CD25)
Struktur:
rekombinanter humanisierter IgG1-anti-Tac-Antikörper, der durch rekombinante
DNA-Technologie aus einer murinen NSO-Myelom-Zelllinie unter Verwendung
eines Glutaminsynthetase (GS) Expressionssystems (NS GSO) hergestellt wird.
Wirkmechanismus:
Daclizumab bindet mit hoher Spezifität an die Alpha- oder Tac-Untereinheit des
hochaffinen IL-2-Rezeptor-Komplexes, der auf aktivierten T-Zellenexprimiert wird.
Daclizumab hemmt die IL-2-Bindung und damit die biologische Aktivität des Moleküls;
es resultiert eine Hemmung der IL-2-vermittelten Lymphozytenaktivierung, die bei
der Abstoßungsreaktion eines allogenen Transplantats eine entscheidende Rolle spielt.
Indikation: akute Transplantatabstoßung
53
BASILlXIMAB: SIMULECT®, (seit 3/2003)
Target: Interleukin-2-Rezeptor (= IL-2R, CD25)
Struktur: rekombinanter murin-/human-chimärer monoklonaler Antikörper, hergestellt in einer
Maus-Myelom-Zelllinie mittels rekombinanter DNA-Technologie
Wirkungsmechanismus:
Basiliximab bindet mit hoher Affinität (KD-Wert 0,1 nM) spezifisch an das CD25-Antigen
von aktivierten T-Lymphozyten, die den hoch affinen Interleukin-2-Rezeptor (IL-2R)
exprimieren, und verhindert damit die Bindung von Interleukin-2, dem Schlüsselsignal
für die T-Zell-Proliferation bei der zellulären Immunantwort innerhalb der Transplantatabstoßung.
Indikation: akute Transplantatabstoßung
54
BELATACEPT: NULOJIX®, (seit 6/2001)
Target: CD80 und CD 86 auf antigenpräsentierenden-Zellen
Struktur: Fusionsprotein, aus CHO-Zellen
Wirkungsmechanismus:
Belatacept bindet die Moleküle CD80 und CD86 auf Antigen-präsentierenden Zellen.
Dadurch blockiert Belatacept die CD28-vermittelte Co-stimulation von T-Zellen und
verhindert deren Aktivierung.
Aktivierte T-Zellen sind die vorwiegenden Transmitter der Immunantwort gegen
die transplantierte Niere.
Belatacept, eine modifizierte Form von CTLA-4-Ig, bindet CD80 und CD86 stärker als
das ursprüngliche CTLA-4-Molekül, von dem es abstammt.
Die erhöhte Avidität* ermöglicht das notwendige Maß der Immunsuppression, um
das immunvermittelte Versagen und die Fehlfunktion des Transplantats zu verhindern.
Indikation: Prophylaxe einer Transplantatabstoßung nach Nierentransplantation
* Die Avidität (lat. avidus, „gierig“) eines Antikörpers ist die Stärke
einer multivalenten Bindung zwischen Antigen und Antikörper.
55
DENOSUMAB:
Target: RANKL (= Receptor Activator of NF-κB Ligand)
Struktur: humaner monoklonaler IgG2-Antikörper, aus CHO-Zellen
Wirkmechanismus:
Denosumabiste ein Osteoprotegerin-Mimeticum, das mit hoher Affinität und Spezifität
an den RANKL bindet. Dadurch wird RANKL daran gehindert, seinen Rezeptor RANK
auf der Oberfläche von Osteoklasten und deren Vorläuferzellen zu aktivieren.
Durch die Unterbrechung der RANKL/RANK-Interaktion wird die Bildung, die Funktion
und das Überleben der Osteoklasten inhibiert und dadurch sowohl die Knochenresorption
im kortikalen als auch im trabekulären Knochen vermindert.
Vorteil gegenüber recombinantem Osteoprotegerin:
keine Immunsensibilisierung gegen Osteoprotegerin
Indikationen:
PROLIA® (seit 5/2010) Osteoporose, z.B. Postmenopausale Osteoporose
mit erhöhter Frakturneigung
XGEVA® (seit 7/2011) skelettbezogenen Komplikationen bei Knochenmetastasen
aufgrund solider Tumoren, z.B. nach hormoneller Kastration
bei Prostata-CA zur Minderung des Frakturrisikos
Ausreichende Versorgung mit Ca (1000 mg) und VitD (400 i.E.) ist sicherzustellen !
56
AFLIBERCEPT: EYLEA® (seit 11/2012)
Target: Vascular Endothelial Growth Factor (= VEGF)
Struktur:
Fusionsprotein aus Fragmenten der extrazellulären Domänen der humanen VEGF-Rezeptoren
1 und 2 und dem Fc-Fragment des humanen IgG1, aus CHO-Zellen
Wirkmechanismus:
Aflibercept wirkt als löslicher Köderrezeptor, der VEGF-A und PlGF mit höherer Affinität als
deren natürliche Rezeptoren bindet und so die Bindung und Aktivierung dieser artverwandten
VEGF-Rezeptoren hemmt.
Der vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor (VEGF-A) ist in vielfältiger Form an der
Angiogenese beteiligt und zwar sowohl physiologisch als auch pathologisch.
Bei der feuchte Makuladegeneration löst VEGF-A im Auge die pathologische
Neovaskularisierung und/oder die exzessive Gefäßpermeabilität samt Ödembildung aus.
Damit das Vermehrungssignal den Zellkern der Endothelzelle tatsächlich erreicht,
muss VEGF-A an die beiden Rezeptor-Tyrosinkinasen (VEGFR-1 und -2) binden.
Aflibercept fängt nun den Wachtumsfaktor VEGF-A ab und verhindert so
die Neovaskularisation an der Applikatinsstelle.
Applikation:
Injektion in den Glaskörper (= intravitreale Injektion), einmal monatlich
Indikation: altersbedingte feuchte Makuladegeneration
57
RANIBIZUMAB: LUCENTIS® (seit 9/2014)
Target: Vascular Endothelial Growth Factor (= VEGF)
Struktur:
Ranibizumab ist das Fragment eines humanisierten monoklonalen Antikörpers, das
mit Hilfe rekombinanter DNA-Technologie in Escherichia coli hergestellt wurde
Wirkmechanismus:
Ranibizumab bindet mit hoher Affinität an VEGF-A-Isoformen (wie VEGF110, VEGF121
und VEGF165) und verhindert so, dass VEGF-A an seine Rezeptoren VEGFR-1 und
VEGFR-2 bindet.
Die Bindung von VEGF-A an seine Rezeptoren induziert Endothelzell-Proliferation und
Neovaskularisation sowie vaskuläre Leckage – alles Faktoren, von denen man annimmt, daß
sie zur Progression der neovaskulären Form der altersabhängigen Makuladegeneration,
der pathologischen Myopie oder zu einer Visusbeeinträchtigung entweder infolge eines
diabetischen Makulaödems oder eines Makulaödems aufgrund eines retinalen Venenverschlusses beitragen.
Applikation:
Injektion in den Glaskörper (= intravitreale Injektion), einmal monatlich
Indikation:
altersbedingte feuchte Makuladegeneration, pathologischen Myopie, Makulaödem
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BELIMUMAB: BENLYSTA® (seit 7/2011)
Target: BLyS-Rezeptor
Struktur:
humaner monoklonaler IgG1λ-Antikörper,
mittels rekombinanter DNA-Technologie in einer Säugerzelllinie (NS0) hergestellt
Wirkmechanismus:
Benlysta blockiert die Bindung von löslichem BLyS, einem B-Zell-Überlebensfaktor,
an seinen Rezeptor auf den B-Zellen.
Benlysta bindet nicht direkt an B-Zellen, sondern hemmt durch Bindung an BLyS
das Überleben dieser Zellen, einschließlich der autoreaktiven B-Zellen, und reduziert
die Ausdifferenzierung von B-Zellen zu Immunglobulin-bildenden Plasmazellen.
Patienten mit systemischer Lupus erythematodes oder anderen Autoimmunerkrankungen
weisen erhöhte BLyS-Spiegel auf.
Es besteht ein Zusammenhang zwischen den BLyS-Plasmaspiegeln und der
Krankheitsaktivität des systemischer Lupus erythematodes.
Indikation:
autoantikörperpositiver systemischer Lupus erythematodes (SLE)
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ECULIZUMAB: SOLIRIS® (seit 6/2007)
Target: humanes Komplementprotein C5
Struktur:
humanisierter monoklonaler (IgG2/4κ) Antikörper,
durch rekombinante DNA-Technologie in der murinen Zelllinie NS0 hergestellt
Wirkmechanismus:
Eculizumab ist ein terminaler Komplementinhibitor, der spezifisch und mit hoher Affinität
an das Komplementprotein C5 bindet und dadurch dessen Spaltung in die Fragmente
C5a und C5b blockiert und die Bildung des terminalen Komplementkomplexes C5b-9
verhindert.
Eculizumab erhält die frühen Komponenten der Komplementaktivierung, die von
wesentlicher Bedeutung für die Opsonisierung* von Mikroorganismen und die Elimination
(Clearance) von Immunkomplexen sind.
Indikation:
- Paroxysmaler Nächtlicher Hämoglobinurie (PNH)
- Atypischem Hämolytisch-Urämischen Syndrom (aHUS)
* Opsonisierung bezeichnet den Mechanismus, durch den die Oberfläche von in den Körper
eingedrungenen Fremdzellen (z. B. Bakterien, Viren) mit Antikörpern und Faktoren des
Komplementsystems bedeckt wird. Nach der Opsonisierung können die Fremdzellen von
phagozytierenden Zellen des angeborenen Immunsystems, wie z. B. Makrophagen und
neutrophilen Granulozyten aufgenommen und eliminiert werden.
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OMALIZUMAB: XOLAIR® (seit 6/2009)
Target: Immunglobulin E (IgE)
Struktur:
humanisierter monoklonaler Antikörper muriner Herkunft, aus CHO-Zellen
Wirkmechanismus:
Omalizumab bindet an IgE und verhindert somit die Bindung von IgE an den hochaffinen
IgE-Rezeptor FcεRI, wodurch die Menge an freiem IgE reduziert wird, das zum Auslösen
der allergischen Kaskade verfügbar ist.
Die Behandlung von atopischen Patienten mit Omalizumab führt zu einer merklichen
Herabregulation der FcεRI-Rezeptordichte auf den Basophilen Leukozyten.
Weiterhin war die in vitro Histamin-Freisetzung aus Basophilen Leukozyten, die von mit
Omalizumab behandelten Patienten isoliert wurden, nach Stimulation mit einem Allergen um
etwa 90% reduziert im Vergleich zu den Werten vor der Behandlung.
Indikation:
Allergisches Asthma; Chronische spontane Urtikaria
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