Modulation des zellulären Immunsystems bei Patienten mit

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5
Diskussion
Die
hier
vorliegende
Dissertation
zeigt,
dass
eine
kardiale
Resynchronisationstherapie bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz innerhalb
des Beobachtungszeitraumes von sechs Monaten
-
die Anzahl an frühaktivierten (CD69+) T-Helfer- und zytotoxischen TZellen in Relation zu den Gesamtlymphozyten signifikant verringert und
-
zu einer signifikanten Verbesserung der LVEDD und der LVEF führt.
Hinsichtlich der linksventrikulären, echokardiographisch erfassten systolischen
Funktion kommt die hier vorliegende Arbeit zu gleichen Ergebnissen wie bisherige
internationale, randomisierte Untersuchungen, dass die CRT zu einer Zunahme der
LVEF und zu einer Reduktion des LVEDD führt [1, 93, 7, 70, 21, 64]. Sie basieren
am ehesten auf dem bereits in Kapitel 1.3 beschriebenen Reverse Remodeling unter
CRT und sind auch bei Patienten mit leichtgradiger Herzinsuffizienz im NYHAStadium I/II zu beobachten [92].
Diese Arbeit ist jedoch die erste, die den Einfluss einer CRT auf TLymphozytensubpopulationen untersucht, sodass ein Vergleich der auf diesem
Gebiet erzielten Messergebnisse nicht möglich ist.
Bisherige
Studien
konnten
aber
einen
Abfall
peripherer
Marker
der
Immunaktivierung unmittelbar beziehungsweise drei bis sechs Monate nach
Implantation eines biventrikulären Herzschrittmachers nachweisen. Rubaj et al.
beschrieben, dass bereits 48 Stunden nach Umschalten einer rechtsventrikulären in
eine biventrikuläre Schrittmacherstimulation die Konzentration der zirkulierenden
proinflammatorischen Zytokine TNF-α und Il-6 signifikant abnimmt [85]. Lappegård
und Bjørnstad wiesen eine signifikante Abnahme von Il-6 im Plasma sechs Monate
nach CRT-Beginn nach [59]. Theodorakis et al. zeigten, dass eine dreimonatige CRT
zu einer signifikanten Abnahme zirkulierenden TNF-α und Il-6 sowie der löslichen
TNF-α-Rezeptoren 1 und 2 führt und dass diese Veränderungen bis drei Monate nach
Beendigung der CRT erhalten bleiben [97].
In diesem Zusammenhang konnten zwei voneinander unabhängige Studien die
Verbindung zwischen der TNF-α-Konzentration im peripheren Blut und aktivierten
44
T-Lymphozytensubpopulationen aufzeigen. So wiesen Yndestad et al. nach, dass bei
Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz ischämischer und nicht-ischämischer
Genese im Vergleich zur herzgesunden Kontrollgruppe der Anteil an frühaktivierten
CD69+ sowie an CD25+ T-Helferzellen (CD4+) und CTL (CD8+) unter den
zirkulierenden Gesamtlymphozyten erhöht ist und dass die T-Lymphozyten von
herzinsuffizienten Patienten geneseunabhängig eine erhöhte Genexpression von unter
Anderem TNF-α aufweisen [113]. Weiterführend konnten Satoh et al. zeigen, dass
der Gehalt TNF-α-produzierender T-Helferzellen im peripheren Blut von Patienten
mit milder bis schwerer chronischer Herzinsuffizienz (NYHA II–IV) positiv mit der
Konzentration von zirkulierendem TNF-α korreliert [86].
Die Ergebnisse dieser beiden Studien sprechen dafür, dass aktivierte T-Helferzellen
maßgeblich an der bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz nachweisbaren
erhöhten TNF-α-Konzentration und dadurch an der Pathogenese und Progression der
Erkrankung beteiligt sind. Denn wie in Kapitel 1.4.5 beschrieben, lösten in
Tierexperimenten
intrinsisch
beziehungsweise
iatrogen
erhöhte
TNF-α-
Konzentrationen strukturelle und funktionelle Veränderungen am Herzen aus, die
denen bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz ähneln [13, 55, 10]. Des
Weiteren besteht eine positive Korrelation zwischen TNF-α-Spiegel im peripheren
Blut, dem NYHA-Stadium und der Prognose der Herzinsuffizienz [83, 40] sowie der
Mortalität [24]. Insbesondere die Konzentration des löslichen TNF-α-Rezeptor-1 im
Plasma ist einer Studie von Rauchhaus et al. zufolge ein starker und genauer
Prädiktor für den Krankheitsverlauf [83].
Weiterhin besteht ein Zusammenhang zwischen hohen TNF-α-Spiegeln und der
Aktivierung neurohumoraler Systeme [20]. Daher wurde die Neutralisierung
beziehungsweise Inaktivierung von zirkulierendem TNF-α mit Infliximab, einem
monoklonalen TNF-α-Antikörper, beziehungsweise mit Etanercept, löslichem TNFα-Rezeptor, als Therapieoption bei chronischer Herzinsuffizienz in Betracht gezogen.
Randomisierte Studien mit diesen Immunologika zeigten im Beobachtungszeitraum
und zum Teil darüber hinaus jedoch keine Verbesserung beziehungsweise eine
dosisabhängige Verschlechterung der Symptome mit erhöhten Hospitalisierungs- und
Mortalitätsraten [19] und wurden aus diesen Gründen teilweise vorzeitig
abgebrochen [4, 67].
Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass erhöhtes TNF-α nicht die Hauptursache für
das Aufrechterhalten und das Fortschreiten einer Herzinsuffizienz ist, sondern
45
lediglich einen Beitrag dazu leistet. Des Weiteren zeigten transgene Mäuse ohne
TNF-α-Rezeptoren und dadurch blockierter TNF-α-Wirkung in Tierversuchen eine
erhöhte Rate und Ausdehnung von myokardialen Apoptosen nach akuten
ischämischen Ereignissen, so dass von einer kardioprotektive Wirkung von TNF-α in
physiologischen Konzentrationen ausgegangen werden muss [57].
Da die medikamentöse Beeinflussung eines einzigen Immunmarkers keine Erfolge
zeigte, konzentrieren sich neuere Studien auf eine Modulation des Immunsystems
mit Verstärkung der natürlichen anti-inflammatorischen Prozesse [98]. Dazu zählen
die
Immunadsorption
(IA),
intravenöse
Immunglobuline
(IVIG)
und
die
Immunmodulationstherapie (IMT).
Die IA verringert bei Patienten mit (post-) inflammatorischer DCM die Zahl
spezifischer zirkulierender Autoantikörper gegen myokardiale Strukturproteine und
führt zu strukturellen und funktionellen Verbesserungen im Bereich des linken
Ventrikels [22]. Bulut et al. wiesen bei Patienten mit inflammatorischer DCM eine
signifikante Zunahme der LVEF und Reduktion des LVEDD sechs Monate nach
einmaliger,
fünftägiger
IA
nach.
Durchflusszytometrische
Analysen
der
zirkulierenden T-Lymphozytensubpopulationen vor und bis sechs Monate nach IA
zeigten in dieser Studie eine signifikante Zunahme regulatorischer T-Zellen
(CD4+CD25+CD127low)
und
eine
Abnahme
frühaktivierter
(CD69+)
und
kostimulierter (CD28+) T-Helferzellen und CTL im peripher-venösen Blut. Die
Veränderungen im Bereich des zellulären Immunsystems könnten laut Bulut et al.
zur Verbesserung der myokardialen Funktion und zur Erhaltung des erniedrigten
Spiegels zirkulierender kardiotoxischer Autoantikörper nach IA beitragen [15].
Wie auch in der letztgenannten Studie wird die IA häufig mit IVIG kombiniert.
Staudt et al. zeigten 2001, dass eine Kombination aus IA und IVIG bei Patienten mit
DCM die LVEF erhöht, kardiale Autoantikörper gegen β-adrenerge Rezeptoren senkt
und zu einer Reduzierung der Gesamtleukozytenzahl im Myokard führt. Als Korrelat
für Letzteres wiesen sie eine Reduktion CD3-positiver T-Lymphozyten und unter
ihnen eine Reduktion der Anzahl an T-Helfer- und zytotoxischer T-Zellen nach [90].
Die alleinige Therapie mit IVIG führte in einer Studie von Gullestad et al. bei
Patienten mit Herzinsuffizienz jeglicher Genese zu einer signifikant erhöhten LVEF
und
einer
Verringerung
zirkulierender
proinflammatorischer
Zytokine
bei
gleichzeitiger Konzentrationserhöhung zirkulierender anti-inflammatorischer Marker,
46
wie Il-10, Il-1-Rezeptorantagonisten und löslichen TNF-α-Rezeptoren [36]. Der
Mechanismus der Immunmodulation durch IVIG ist bislang nicht genau geklärt.
Vermutet werden eine mögliche Neutralisation mikrobieller Antigene oder eine
Beeinträchtigung der Apoptose [22].
Bei der IMT wird in einer dem Patienten entnommenen Blutprobe durch oxidativen
Stress die Apoptose der darin befindlichen Zellen induziert und diese Blutprobe dem
Patienten wieder intramuskulär injiziert. Das Immunsystem reagiert auf diese
apoptotischen Zellen, indem es die Menge der zirkulierenden proinflammatorischen
Zytokine senkt und eine systemische anti-inflammatorische Immunantwort einleitet
[30], was der bei chronischer Herzinsuffizienz vorherrschenden Dysbalance
zwischen pro- und anti-inflammatorischen Zytokinen entgegenwirkt [100]. In der
ACCLAIM-Studie zur IMT zeigte sich eine Verringerung der Hospitalisations- und
Mortalilätsrate bei Patienten im NYHA-Stadium II und bei Patienten jeden NYHAStadiums ohne Myokardinfarkt in der Vorgeschichte [99]. Inwieweit diese
Mechanismen auch für andere Formen der systolischen Herzinsuffizienz, als für die
post-inflammatorische Kardiomyopathie zutreffen, ist aktuell unklar.
Die bereits in Kapitel 1.2 erwähnten klassischen, in der Herzinsuffizienztherapie zum
Einsatz kommenden Medikamente zeigten in Studien ebenfalls einen, wenn auch
teilweise nur geringen, Einfluss auf das Immunsystem. So zeigt sich unter einer
Therapie mit AT1-Blockern ein Konzentrationsabfall des zirkulierenden TNF-α und
Il-6 im peripheren Blut [105]. Eine Studie mit ACE-Hemmern wies einen Abfall der
Konzentration und der Aktivität von Il-6 nach [37]. Ergebnisse tierexperimenteller
Studien mit verschiedenen β-Blockern zeigten einen Abfall myokardialer und
zirkulierender Zytokine wie TNF-α und Il-6, konnten jedoch in Studien mit
Herzinsuffizienzpatienten nicht einheitlich bestätigt werden [22]. Carvedilol, ein βBlocker mit zusätzlicher antagonistischer Wirkung an α1-Rezeptoren, senkt
signifikant die TNF-α- und Il-6-Konzentration. Zusätzlich führt es zu einer
Steigerung der LVEF im Vergleich zu Herzinsuffizienzpatienten ohne CarvedilolEinnahme [58]. Weiterhin zeigt sich unter Carvedilol-Therapie eine signifikant
geringere Expression von HLA-DR auf T-Lymphozyten als unter der Therapie mit
reinen β-Rezeptor-Blockern [87].
Da in der hier vorliegenden Studie die medikamentöse Therapie vor und während des
Beobachtungszeitraumes nicht verändert wurde, ist es unwahrscheinlich, dass die
47
beobachteten Veränderungen der echokardiographischen Parameter und des
zellulären Immunsystems auf die Medikation zurückzuführen sind, sodass bei diesen
Veränderungen von Effekten der CRT ausgegangen werden kann.
Durch das Einbeziehen einer Kontrollgruppe mit Implantation eines DDD-Systems
in das Studiendesign kann weiterhin ausgeschlossen werden, dass die in der CRTGruppe aufgezeigte Reduzierung zirkulierender frühaktivierter CD4- und CD8positiver T-Lymphozyten auf dem operativen Eingriff und der Implantation eines
Schrittmachers im Sinne einer Fremdkörperreaktion basiert. Denn das Prozedere
beider Operationsverfahren unterscheidet sich im Wesentlichen nur durch die
Implantation einer dritten Sonde bei der CRT und in der DDD-Gruppe konnten keine
signifikanten Veränderungen in der Zusammensetzung und der Zahl der
zirkulierenden T-Lymphozytensubpopulationen beobachtet werden. Des Weiteren ist
hervorzuheben, dass die rechtsventrikuläre DDD-Schrittmacherstimulation eine
unphysiologische Erregungsausbreitung mit primärer Erregung des rechten
Ventrikels bewirkt. Sie führt auf lange Sicht zu strukturellen und funktionellen
Veränderungen des linksventrikulären Myokards mit konsekutiver Verschlechterung
der linksventrikulären systolischen Funktion und der Symptomatik [85]. Albertsen et
al. haben in diesem Zusammenhang in einer Langzeitstudie zeigen können, dass
Herzinsuffizienzpatienten nach dreijähriger rechtsventrikulärer DDD-Stimulation
eine signifikante Verringerung der LVEF sowie ein ungünstiges linksventrikuläres
Remodeling mit Zunahme der systolischen Volumina und Ausdünnung des Septums
aufweisen. Im Gegensatz dazu zeigten sich diese Parameter in der CRT-Gruppe nach
dreijähriger Therapie weitgehend unverändert. Die LVEF war in der CRT-Gruppe
nach drei Jahren sogar tendenziell erhöht [3].
Diese Beobachtungen und die Tatsache, dass die CRT nicht unmittelbar in
immunologische oder neurohumorale Prozesse eingreift, sprechen dafür, dass die in
der hier vorliegenden Studie gezeigten Veränderungen des zellulären Immunsystems
auf die unter der CRT verbesserte kardiale Auswurfleistung gemessen an den weiter
oben genannten echokardiographischen Parametern zurückzuführen sind.
Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass durch die unter CRT verbesserte kardiale
Leistungsfähigkeit mit erhöhter Ejektionsfraktion die Gewebsperfusion verbessert
wird. Dies wirkt der systemischen Hypoxie, lokalen Gewebsischämien und dem
48
Gewebsödem mit konsekutiver Bakterientranslokation ins Interstitium entgegen,
welche als potentielle Ursachen für die Aktivierung des Immunsystems und die
Freisetzung von Zytokinen bei der chronischen Herzinsuffizienz vermutet werden
[59, 68].
Diese Hypothese wird von zwei verschiedenen Untersuchungen aus den neunziger
Jahren gestärkt, die zeigten, dass eine mechanische Unterstützung der Zirkulation mit
einem biventrikulären Herzunterstützungssystem (Berlin Heart) beziehungsweise
einem linksventrikulären Untersützungssystem (LVAD) zu einer Verringerung von
Markern der Immunaktivierung, wie TNF-α und Il-6, in Plasma und Myokard führt
[39, 103].
Die Frage, wie genau die CRT das Immunsystem beeinflusst, kann mit dieser Arbeit
nicht beantwortet werden. Weiterführende Studien mit größeren Patientenkollektiven
sind notwendig, um die hier gezeigten Ergebnisse im Bereich der TLymphozytensubpopulationen zu verifizieren.
Dabei erscheint es sinnvoll, in einer solchen Studie zwischen Patientenkollektiven
mit ischämischer und nicht-ischämischer Genese der chronischen Herzinsuffizienz
zu differenzieren, da es hier weithin Unterschiede im Bereich der TLymphozytensubpopulationen gibt. So weisen Patienten mit nicht-ischämischer
DCM im Vergleich zu Herzinsuffizienzpatienten mit ischämischer Genese und
Herzgesunden vermehrt aktivierte (HLA-DR+) T-Helferzellen auf [84]. Und auch
der Gehalt zytotoxischer T-Zellen scheint geneseabhängig zu sein, da Patienten mit
chronischer Herzinsuffizienz auf dem Boden einer Myokarditis oder einer KHK
signifikant mehr CTL aufweisen als Patienten mit idiopathischer DCM [50]. Zudem
gibt es Unterschiede im Ausmaß der Verbesserung der linksventrikulären
Herzfunktion sechs beziehungsweise neun Monate nach CRT-Beginn: Patienten mit
nicht-ischämischer Herzinsuffizienz zeigen eine mehrfach höhere Verbesserung
echokardiographischer Parameter, wie linksventrikulärer Volumina und LVEF, als
Patienten mit ischämischer Herzinsuffizienz [93, 64]. Diesbezüglich stellten St John
Sutton et al. fest, dass es nach zwölf Monaten CRT bei Patienten mit ischämischer
Herzinsuffizienz im Vergleich zu Patienten mit nicht-ischämischer Herzinsuffizienz
zu
einer
Abschwächung
des
Reverse
Remodelings
gemessen
an
echokardiographischen Parametern kommt [94]. Die Abschwächung basiert
wahrscheinlich
auf
einem
unaufhaltsamen
Fortschreiten
der
ischämischen
49
Grunderkrankung mit erneuter Zunahme des linksventrikulären Volumens [16]. In
einer Studie von 2009 zeigten St John Sutton et al. weiterhin, dass dies auch für
Patienten im NYHA-Stadium I/II gilt [92]. In diesem Zusammenhang ergab eine
Studie von Castellant et al., dass es einzig in der Gruppe der CRT-Patienten mit
nicht-ischämischer Herzinsuffizienzgenese sogenannte Hyperresponder gibt. Als
Hyperresponder bezeichnen Castellant et al. Patienten, bei denen es unter der CRT
im Zeitraum zwischen sechs und 24 Monaten nach Implantation zu einer
Wiederherstellung der linksventrikulären Funktion und zu einer LVEF ≥50% kommt
[18].
Zusammenfassend zeigt die hier vorliegende Arbeit, dass die unter CRT verbesserte
linksventrikuläre Herzfunktion mit einer Reduktion der Konzentration zirkulierender
frühaktivierter
T-Lymphozyten
Verbesserung
der
einhergeht.
systemischen
Dies
Perfusion
mit
spricht
dafür,
einem
dass
eine
Rückgang
der
Immunaktivierung bei chronischer Herzinsuffizienz verbunden ist.
50
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