THEATERARBEIT IN DER MIGRATIONSGESELLSCHAFT: kulturelle Vielfalt auf die Bühne! Fachtagung der astej am 11./12.11.2012 im Theater Biel Solothurn TOBS veranstaltet in Zusam m enarbeit m it den Theaterverbänden TPS und ACT unterstützt von der Schweizer Koalition für die kulturelle Vielfalt >>> Detailinform ationen zu den Referaten, Gesprächen und Arbeitsgruppen Sonntag 11.11. / 09.30 bis 18.00 Uhr im Theater Biel Solothurn TOBS Vortrag: Theater der kulturellen Vielfalt I Kulturpolitische Überlegungen zur Rolle der darstellenden Künste in der M igrationsgesellschaft Prof. Dr. W olfgang Schneider Das Erste Interkulturbarometer Deutschland 2012 macht das Dilemma deutlich: „Anteilig weniger offen ist die migrantische Bevölkerungsgruppe vor allem für Theateraufführungen, was insbesondere auch für die dritte Generation gilt.“ Die jüngste Studie des Zentrums für Kulturforschung belegt eindrucksvoll, dass Menschen mit Migrationshintergrund sich von den darstellenden Künsten nicht angesprochen fühlen. Den Grund dafür sieht Wolfgang Schneider in Folgendem: „Im Theater findet Migration nach wie vor nur als Marginalie statt. Produktion, Personal und Publikum sind oft migrantenfreie Zonen, die interkulturelle Wirklichkeit ist im hochsubventioniertem Stadt- und Staatstheater nicht angekommen. Freie Theater forschen dagegen beispielhaft in interkulturellen Projekten, theaterpädagogische Programme sind auf dem Weg, Beteiligungsformen zu erproben.“ Sein Vortrag beschäftigt sich deshalb mit den Fragen, wie die gesellschaftliche Verständigung über kulturelle Vielfalt in den dramatischen Künsten befördert werden, welche theaterpolitischen sowie theaterpädagogischen Konzepte den Austausch der Kulturen initiieren und wie eine solche Reform das Theater insgesamt verändern sollte. Wolfgang Schneider ist Direktor des Instituts für Kulturpolitik der Universität Hildesheim, Herausgeber von „Theater und Migration – Herausforderungen für Kulturpolitik und Theaterpraxis“ Bielefeld 2011, Vorsitzender der ASSITEJ Deutschland, Ehrenpräsident der Internationalen Vereinigung des Theaters für Kinder und Jugendliche Wolfgang Schneider ist Herausgeber der Publikation „Theater und Migration – Herausforderungen für Kulturpolitik und Theaterpraxis“, die 2011 im Transcript-Verlag erschienen ist. Bestellungen unter: transcript | Verlag für Kommunikation, Kultur und soziale Praxis [email protected] | www.transcript-verlag.de Mühlenstraße 47 | 33607 Bielefeld oder unter [email protected] 1/4 Roundtable: Theater der kulturellen Vielfalt II Künstlerische Im pulse des zeitgenössischen dram atischen Schaffens Asli Kislal, Künstlerische Leiterin von „daskunst“ Wien und Ivo Kuyl, Dramaturg an der Koninklijke Vlaamse Schouwburg Brüssel und (bis Oktober 2012) Mitglied des Leitungskollektivs im Gespräch mit Prof. Dr. W olfgang Schneider Anhand zweier konkreter Praxisbeispiele sollen die vielfältigen Aspekte des Tagungsthemas veranschaulicht werden. Die Koninklijke Vlaamse Shouwbourg Brüssel ist ein hervorragendes Beispiel, wie Stadttheaterstrukturen sich einer komplexen kulturell heterogenen Stadtgesellschaft wie Brüssel öffnen und den Auftrag von Stadttheater neu definieren können. Asli Kislal versteht ihre Theaterarbeit explizit als einen Beitrag zum zeitgenössischen Theater. Ihre Reflexionen über kulturelle Vielfältigkeit in der Theaterproduktion trifft ins Herz innovativer künstlerischer Fragestellungen. T HEMENFELD S TADTTHEATER M igration in den Stadttheatern - Strukturen, Inhalte, Praxisberichte Leitung: Dr. Azadeh Sharifi Migration ist ein Phänomen, das die sozialen, politischen und kulturellen Strukturen der europäischen Länder prägt. Seit Beginn der neueren Migrationsströmungen und Gastarbeitereinwanderung gibt es künstlerische Produktionen der EinwandererInnen. Diese finden jedoch meist in der Freien Szene statt und finden in den Institutionen nur selten Eingang. Die immensen gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre beeinflussen auch die institutionalisierten Orte der Kunst wie die Stadttheater nachhaltig. Einige Stadttheater haben sich bereits mit "interkulturellen Konzepten", "multiethnischen Ensembles" und "postmigrantischem Theater" auseinandergesetzt, anderen steht diese interkulturelle Öffnung noch bevor. Anhand von Beispielen und Praxisberichten sollen Fragestellungen und Perspektiven für ein Mainstreaming von Migration in der Institution Stadttheater aufgeworfen und diskutiert werden. Azadeh Sharifi hat am Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim über "Theater für Alle? Partizipation von Postmigranten am Beispiel der Bühnen der Stadt Köln" promoviert. Zurzeit arbeitet sie beim Forschungsprojekt "Die Rolle der Freien Theater im zeitgenössischen europäischen Theater: Strukturelle und ästhetische Veränderungen" des Internationalen Theaterinstituts (ITI) Zentrum Bundesrepublik Deutschland zum Thema "Theater und Migration. Dokumentation, Einflüsse und Perspektiven von Migration im europäischen Theater seit 1990". T HEMENFELD V ERMITTLUNG "Gut gem eint ist schlecht gem acht! - Nogos der Theaterverm ittlung" Leitung: M ariam Soufi Siavash Im Rahmen der Auseinandersetzung des Theaters mit der Migrationsgesellschaft und der Bestrebung das Theater für Menschen mit Migrationshintergrund zu öffnen, haben Projekte, in denen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte auf der Bühne stehen, derzeit Hochkonjunktur. Abseits dieser Projekte, die Menschen mit Migrationshintergrund als Darsteller beteiligen, macht sich das Theater auf die Suche nach Alternativen: Welche 2/4 weiteren Formate und Konzepte der Vermittlung existieren, um Menschen mit Migrationshintergrund Zugang zum Theater zu ermöglichen? Welche Rahmenbedingungen tragen zum Erfolg der unterschiedlichen Projekte bei? Wie kann Diskriminierung aufgrund einer Zielgruppendefinition vermieden werden? In wieweit können Momente der wirklichen kulturellen Teilhabe geschaffen werden? Anhand von Projektbeispielen und Erfahrungsberichten aus der Praxis zeigt der Workshop unterschiedliche Vermittlungsformate auf, setzt sich mit offenen Fragen auseinander und lotet Tendenzen der Vermittlungsarbeit aus. M ariam Soufi Siavash, Studium der Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis an der Universität Hildesheim, diverse interkulturelle Theaterprojekte, 2006 bis 2008 Leitung deutsch-türkisches Theater Hildesheim, 2009/2010 Theaterpädagogin Theater Oberhausen, seit 2010 Theaterpädagogin am Schauspiel Hannover. T HEMENFELD ÄSTHETISCHE K ONZEPTE Ist-Zustand und Zukunftsm usik (deutschsprachige Arbeitsgruppe) Leitung: Asli Kislal, Regisseurin, Theaterleiterin „daskunst“ Wien Hat das Theater sich in die gegebenen Realitäten der Gesellschaft integriert? Wieso ist uns manchmal die Realität fremder als die Fremden? Soll Theater interkulturell, transkulturell, international, migrantisch, postmigrantisch oder politisch sein? Wenn Menschen mit Migrationshintergrund, -Erfahrung oder -Realität auf der Bühne stehen, ist das Theater oder Sozialarbeit? Gibt es eine "Migranten-Ästhetik" im Theater? Ist Othello rassistisch? Wie können Theaterschaffende an dieses Thema heran gehen, ohne sich in "political-correctness-Panik" zu kastrieren? Mit ihrem vor sieben Jahren gegründeten, dreissigköpfigen Ensemble „daskunst“ verfolgt Asli Kislal ein zeitgenössisches, sozialkritisches Volkstheater, das sich mit diesen Fragen beschäftigt. Im Ensemble ist es nicht wichtig, woher man kommt, sondern was man mitbringt. Es geht um politisches Handeln durch Kunst ohne dabei auf bewegende Ästhetik zu verzichten. Solange die Gesellschaft in „wir“ und „sie“ trennt, will Asli Kislal in ihren Produktionen widersprüchliche, vielfältige und heterogene Bilder zu diesen Trennungen entwerfen. Le théâtre du m onde Leitung: Sim a Dakkus (französischsprachige Arbeitsgruppe) En quoi le théâtre reflète-t-il le monde d’aujourd’hui? De quelle manière et sous quelle forme tendons-nous ce miroir magique aux spectateurs? Quelle est la fonction du théâtre dans la société de migration? La Suisse, elle-même, est un exemple de diversité culturelle. Comment les différences culturelles peuvent-elles enrichir et modifier les points de vue dans le processus de création? Il s’agit non seulement d’ajuster notre regard, mais d’affirmer une esthétique théâtrale qui y réponde. Dans notre séminaire, nous aborderons différents aspects de la question et les méthodes artistiques qui permettent de formuler la réalité migratoire dans sa forme contemporaine. Sur la base d’une trentaine d’années de création où la vision globale d’un dialogue entre les cultures a été au centre de mon travail, nous pourrons voir de manière concrète les implications et les conséquences esthétiques sur un théâtre contemporain à part entière. Nous vivons dans une culture d’images, mais nous manquons singulièrement de vision. L’image parle à l’oeil, la vision parle à l’imaginaire et suscite son activité. Sim a Dakkus, Regisseurin, Leitung XANNDA Theater Lausanne 3/4 ACHTUNG: Theaterschaffende, die im Rahmen der angebotenen Workshops ihre persönliche Arbeit in die Diskussion einbringen und präsentieren möchten, setzen sich bitte im Vorfeld mit Annette Rommel ([email protected]) in Verbindung. Sonntag 11.11. / 20.00 Uhr im Théâtre de poche, Biel Original – gerçek Freie Radikale Bochum Inszenierte Lesung mit Texte und Fotos von Günfer Cölgeçen Text und Inszenierung: Günfer Cölgeçen Schauspiel: Günfer Cölgeçen und Adriana Kacijan Fotografien: Marlen Mauermann und Günfer Cölgeçen In sechs Monologen und einem Dialog erzählen Menschen von ihren multikulturellen Alltag. Sie vermitteln ihre Erfahrungen und Perspektiven über konkrete Themen wie Heirat, Religiosität, Liebe, Heimatlosigkeit und stellen Fragen zum politischen und sozialen Zusammenleben. Zu sehen ist ein inszeniertes Patchwork, das viele Aspekte des interkulturellen Alltags aufwirft und lustvoll-spielerisch die Abgrenzungsversuche und Vorurteile aller Parteien unterwandert. Im Anschluss an die Vorstellung gibt es ein Publikumsgespräch mit den Schauspielerinnen. M ontag 12.11. / 10.00 bis 13.00 Uhr Theater der kulturellen Vielfalt III Perspektiven für die Schweiz Für alle Interessierten, die das Thema Migrationsgesellschaft in konkreten Projekten oder ihrem Arbeitskontext in den nächsten Jahren verfolgen möchten, gibt es in dieser Arbeitsgruppe die Möglichkeit zur Vernetzung und Entwicklung weiterer Vorhaben und Ziele im Rahmen von Theater und Migrationsgesellschaft. Der Verein „Grenzfall – kulturelle Vielfalt auf der Bühne“ stellt als Input und Ausgangspunkt der Diskussion seine Anliegen vor. Moderation: Annette Rommel Anmeldungen bis zum 31. Oktober 2012: www.astej.ch/de/veranstaltungen/fachveranstaltungen.html Ausser den Arbeitsgruppen und der Vorstellung werden alle Referate und Gespräche simultan deutsch/französisch übersetzt. Weitere Informationen: astej, Postfach 107, 3000 Bern 7, Tel. 031 318 16 16, [email protected] Die Fachtagung kann realisiert werden mit der freundlichen Unterstützung von: Pro Helvetia, Stiftung Mercator Schweiz, Migros Kulturprozent, Migros Aare, Kanton Bern, Stadt Biel 4/4