Powerpoint-Vortrag ab Seite 6 Periphere Nervenläsionen und funktionelle Auswirkungen Thema des heutigen Vortrages sind eher nicht so häufig vorkommende Nervenläsionen. Die Inzidenz bei Unfallverletzten am Beispiel der oberen Extremitäten liegt bei 4 - 6 %. Etwa 1/4 davon sind iatrogen verursacht. Die Häufigkeit von Nervenläsionen steigt mit der Schwere der Verletzung. Die peripheren Nerven an der Extremität sind unterschiedlich häufig betroffen. Am häufigsten liegen in der unfallchirurgischen Praxis vor Läsionen des Nervus radialis gefolgt von Schäden des Plexus brachialis sowie des Nervus ulnaris. Der erste Schritt zur erfolgreichen Behandlung einer Nervenläsion ist zunächst einmal die Äußerung des Verdachtes, dass eine solche vorliegen könnte. Die Untersuchung in der Situation der Unfallambulanz gestaltet sich häufig schwierig. Der Patient steht häufig unter Schock, leidet unter starken Schmerzen, die betroffene Extremität ist geschwollen und fühlt sich taub an. Für eine systematische Prüfung beispielsweise der groben Kraft ist der Verletzte in der Regel ebenfalls schlecht zu motivieren. Es ist daher für den erstbehandelnden Unfallarzt wesentlich hier eine gezielte Untersuchung vorzunehmen hinsichtlich bekannter Prädeliktionsstellen. Das Risiko für Nervenverletzungen ist allgemein dort hoch, wo der Nerv nah am Knochen verläuft, durch muskuläre oder bindegewebige Engpässe verläuft und hier insbesondere nicht ausweichen kann. An der oberen Extremität ist hier beispielsweise zu nennen der Verlauf des Nervus radialis am Humerus oder aber auch die seltenere Schädigung des Medianusnerven mit Läsion des Nervus interosseus anterior. Diese Störung wird häufig auch deshalb übersehen, da hier keinerlei Sensibilitätsstörungen auftreten. Für das Verständnis des Verlaufes einer Nervenschädigung ist es wichtig die verschiedenen Stadien der Degeneration und Regeneration zu kennen. Ein peripherer Nerv reagiert auf eine Verletzung im Prinzip gleichförmig. Unmittelbar nach der Läsion kommt es zum Zerfall der Markscheiden von der Verletzungsstelle an nach distal gerichtet. Wir nennen diesen Vorgang WALLER-Degeneration. Nach etwa 10 Tagen kommt es am Zielorgan zu einer Denervierungsatrophie. Es kommt zu einem Einwandern von Mikroglia und Makrophagen. Die Axone sprossen neu aus. Es kommt zu einer bandartigen Anordnung der Schwann-Zellen. Im günstigen Fall kommt es zu einer Re-Neurotisation. In den Fällen, in denen eine Kontinuität nicht wieder hergestellt wird, bilden sich in der Regel sogenannte Neurome, welche im Verlauf die bekannten Schwierigkeiten bereiten können. In der Literatur sind verschiedene Klassifikationssysteme für den Schweregrad der Nervenläsionen gebräuchlich. Für das neurologische Fachgebiet wird in der Regel zurückgegriffen auf die Klassifikation von SEDDON. Hierbei bedeutet Neuroapraxie eine lediglich funktionelle Störung der Nervenweiterleitung, beispielsweise durch eine regionale Demyelinisierung oder sonstige Prozesse an der Nervenmembran (Ionenpumpen etc.). Bei der Axonotmesis kommt es zu einer Unterbrechung der Kontinuität des Nervens mit anschließend eintretender Waller’scher Degeneration. Die endoneuralen Strukturen bleiben erhalten und der Nerv ist im Prinzip weiterhin regenerationsfähig. Während der Überbrückungsphase wächst der Nerv etwa um 1/4 mm pro Tag, danach etwa 3 - 4 mm pro Tag. Als Mittelwert wird hier allgemein von einer Regenerationsstrecke von 1 mm pro Tag ausgegangen. Bei der Neurotmesis kommt es zu einer kompletten Unterbrechung der Kontinuität des Nerven. Es sind hier operative Maßnahmen unumgänglich. Hinsichtlich der operativen Optionen sind zu nennen: Neuroraphie/-koaptation, Resektion und Transplantation, externe Neurolyse, intrafaszikuläre Neurolyse sowie nach Ablauf von maximal 18 Monaten (an der Extremität) Durchführung der bekannten Ersatzoperation (Muskelverlagerung). Bei der Diagnostik einer Nervenläsion spielt die klinisch-neurologische Untersuchung und Anamnese weiterhin eine führende Rolle. Die MRT-Untersuchung und sonographische Untersuchung des weiteren. Aus neurologischer Sicht wesentlich ist die elektrophysiologische Untersuchung, insbesondere auch hinsichtlich der Prognose der vorliegenden Nervenschädigung. Zu den eher häufiger gesehenen Nervenläsionen zählt die Schädigung des Plexus cervicobrachialis. Es werden hier unterschieden offene vs. geschlossene Läsion, untere vs. obere Läsion, supraklavikulare vs. infraklavikulare Läsion sowie komplette vs. inkomplette Läsion. Insbesondere werden hier häufig sehr schwerwiegende geschlossene Verletzungen gesehen beim Typ der Avulsionsverletzung (Motorradunfall). Differentialdiagnostisch entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang die Frage nach dem Vorliegen eines Nervenwurzelausrisses. Positive Zeichen für das Vorliegen eines Nervenwurzelausrisses sind blutiger Liquor, Rückenmarksyndrome, das Vorliegen eines HORNER-Syndroms (Beteiligung des Halssympaticus), eine erhaltene Schweißsekretion in analgetischer Hautzone, im Myelogramm leere Wurzeltaschen sowie unter Umständen erhaltene sensible Nervenaktionspotentiale. Eine ebenfalls eher seltene Komplikation bei Verletzungen im Bereich des Schultergürtels ist die isolierte Läsion des Nervus thoracicus longus. Es kommt hierbei zu dem typischen Bild einer Flügelschulter bzw. Scapula alata. Zu berücksichtigen ist hier allerdings, dass auch bei anderen Nervenläsionen ähnliche motorische Ausfälle vorkommen. Auch bei Muskelerkrankungen oder beispielsweise bei der neuralgischen Schulteramyotrophie können ähnliche Störungsbilder resultieren. Eine ebenfalls seltener gesehene Komplikation hinsichtlich des Nervus radialis ist das sogenannte Supinatorsyndrom. Es kommt hierbei zu einer Kompression des Ramus profundus (Nervus radialis) im Bereich des vorderseitigen Unterarmes. Intraoperativ findet man bei etwa 30 % der Erwachsenen eine sogenannte FROHSE-Arkade, ein bindegewebiges Band, welches sich zwischen den beiden Köpfen des Musculus spinator aufspannt. Die Schädigung kann, außer als Folge von Verletzungen, insbesondere auch durch repetitive Bewegungen beim Tennisspielen, Geigespielen etc. auftreten. Eine Sonderform stellt die nicht selten auftretende rein algetische Form dar. Es fehlen hier in der Regel neurologische Defizite. Die Schmerzen sind häufig sehr beeinträchtigend und beziehen sich auf den gesamten Unterarm und die Hand und sind nicht auf das autonome Gebiet des Radialisnerven beschränkt. Nach der vorliegenden Literatur ergibt sich in ca. 85 % postoperativ eine Besserung. Eine ebenfalls seltener auftretende Läsion des Nervus medianus ist das sogenannte Interosseus-anterior-Syndrom (Kiloh-Nevin-Syndrom). Es handelt sich hierbei um eine Neuropathie des distalen Medianusnerven am Vorderarm. Dieser Nerv innerviert nur die Flexoren des Daumens sowie den II. und III. Finger sowie den Musculus pronator quadratus. Der Patient kann bei Aufforderung mit Daumen und Zeigefinger „kein schönes O“ vormachen. Eine sensible Störung liegt bei diesem Nervenschaden in typischer Weise nicht vor. Wesentlich für die Diagnose und prognostische Vorhersagen ist weiterhin die elektrophysiologische Diagnostik. Auf die Möglichkeiten der Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit bzw. auch für den Nachweis einer frischen neurogenen Schädigung oder auch der Beurtei- lung einer stattfindenden Reinnervation der neurogen geschädigten Muskulatur sei in diesem Zusammenhang hingewiesen. Bei der Abschätzung des Regenerationstempos eines verletzten Nerven hilfreich ist das sogenannte Hoffmann-Tinel-Zeichen (allerdings keinesfalls beweisend), des weiteren die Kraftprüfung der Kennmuskulatur. Klinisch-neurologisch untersuchbar ist des weiteren die Wiederkehr der Empfindungsqualitäten, wobei hier eine Rückkehr der Funktion in der Reihenfolge Schmerz vor Temperatur vor Berührung häufig ist. Hinsichtlich der bildgebenden Verfahren bei Läsionen peripherer Nerven ist zunächst die Aussage zu treffen, dass diese bei hoher Sensibilität nach wie vor eine geringe Spezifität haben. Nachgewiesen werden können im MRT insbesondere Veränderungen in den umgebenden Weichteilstrukturen sowie auch Veränderungen in der denervierten Muskulatur. Es kommt hier in den entsprechenden STIR-Sequenzen zu typischen Aufhellungen der betroffenen Muskulatur. Die direkten Darstellungsmöglichkeiten geschädigter Nerven sind demgegenüber aufgrund der gegenwärtig zur Verfügung stehenden technischen Optionen noch weniger zufriedenstellend. Immerhin gelingt es beispielsweise in Tierversuchen durch Markierung mit Kontrastmittel beispielsweise den durchtrennten Ischiadicusnerv einer Ratte in seinem Verlauf darzustellen. Auch die sogenannte WALLER-Degeneration ist beispielsweise durch Markierung von Makrophagen mittels supraparamagnetischer Eisenoxyde im Tierversuch (Untersuchungen von Bendszus et al) zumindest im experimentellen Stadium möglich. Gewisse diagnostische Möglichkeiten ergeben sich auch bei der Ultraschalldiagnostik peripherer Nerven, wobei hier mit Hilfe hochauflösender Sonden (13 MHz-Sonde) globale Einschätzungen, etwa zum Vorliegen eines Neuroms oder aber einer narbigen Einschnürung nervaler Strukturen, möglich sind. Differentialdiagnostisch in Erwägung zu ziehen ist bei plötzlich auftretenden Nervenausfällen auch die entzündliche Variante im Sinne einer neuralgischen Schulteramyotrophie (PARSONAGE-TURNER-Syndrom). Die Epidemiologie dieser Störung liegt bei 1,64 auf 100.000 (Zahlen aus den USA). Die Ätiologie ist ungeklärt, es wird ein Imunprozess angenommen, welcher sich gegen Nervengewebe, insbesondere im Bereich des Plexus cervicobrachialis, richtet. Die Klinik besteht in Form von heftigsten Schmerzen im Schulter-Oberarm-Bereich. Es ist meist der obere Plexusbereich betroffen, in 30 % kommt die Störung auch beidseits vor. Beweisend ist im EMG der Nachweis einer axonalen Läsion ohne wesentliche Markscheidenschädigung. Hinsichtlich der Prognose ist in etwa 90 % von einer weitestgehenden Remission auszugehen. Bezüglich der nach Einschätzung des Berichterstatters zu häufig gestellten Diagnose eines Thoracic-outlet-Syndroms ist neben der üblicherweise vorfindbaren Beteiligung des unteren Primärstranges mit Sensibilitätsstörungen und motorischen Ausfällen im Bereich der Wurzeln C8 und Th1 insbesondere auch eine vaskuläre Form bekannt mit Kompression der Arteria subclavia bei Elevation des Armes. Beweisend ist hier letztlich lediglich die angiographische Untersuchung in Funktionsstellung. Die üblichen klinischen Provokationsmanöver, z.B. ADSON-Manöver, sind unzuverlässig. Auch die radiologische Untersuchung, etwa nach dem Vorliegen einer Halsrippe, muß den Umstand berücksichtigen, dass eine Halsrippe etwa bei bis zu 1 % der Bevölkerung ohne weitergehende pathologische Bedeutung gefunden wird. Eine Nervenstörung im Bereich der unteren Extremität, welche differentialdiagnostisch häufig Probleme machen kann, ist das Kompressionssyndrom des Nervus cutaneus femoris lateralis (Meralgia paraesthetica). Der Nerv verläuft am Leistenband in einer physiologischen Enge, umgeben von knöchernen und fibrösen Strukturen. Im Rahmen der Evolution zum Zweibeiner ist es im Bereich der Leistenstrukturen bezüglich dieses Nerven zu einer ungünstigen Verlaufsrichtung gekommen. Betroffen sind meistens Erkrankte im Erwachsenenalter, Män- ner 3mal häufiger als Frauen. Bei etwa 10 % der Betroffenen tritt die Störung beidseitig auf. Klinisch ist das Syndrom gekennzeichnet durch äußerst unangenehme Parästhesien an der Vorder-/Außenseite des Oberschenkels. Das umgekehrte Zeichen nach LASEGUE ist oft positiv, eine Entlastung oder Besserung der Beschwerden ist in der Regel durch Anbeugen in der Hüfte zu erreichen. Bezüglich der Prognose ist festzuhalten, dass in etwa 25 % eine spontane Remission eintritt. In anderen Fällen sind die Beschwerden anhaltend, wobei allerdings auch hier häufig das Ausmaß der Parästhesien abnimmt und an deren Stelle ein Taubheitsgefühl verbleibt. Nur selten ist eine OP-Indikation gegeben, wobei hier sowohl eine Neurolyse als auch eine Resektion möglich sind. Eine diagnostisch häufig ebenfalls schwer einzuordnende Störung an der unteren Extremität ist das sogenannte Tarsaltunnel-Syndrom. Es hier zu unterscheiden ein vorderes von einem hinteren Tarsaltunnel-Syndrom sowie hinsichtlich des hinteren Tarsaltunnels eine obere und eine untere Form. Bei dem hinteren Tarsaltunnel-Syndrom im Bereich des Innenknöchels ist häufig eine operative Maßnahme indiziert mit Spaltung des Retinaculum musculi flexorum (RMF). Häufig kommen hierbei gestaute Gefäße (Vena tibialis posterior) zur Darstellung, der Nerv selbst entzieht sich häufig auch intraoperativ einem direkten Zugang. Ein operativen Vorgehen sollte möglichst rasch nach Diagnosestellung erfolgen, da ansonsten eine rasche Entwicklung des nur noch teilweise reversiblen Störungsbildes resultiert mit Atrophie der Fußsohlenmuskulatur, Zehendeformität sowie Schweißsekretionsstörungen und hyperpathischen Störungen im Bereich der Fußsohle. Zur differentialdiagnostischen Abklärung neuropathischer Schmerzen vs. dem sogenannten Morbus SUDECK (CRPS I) kann benannt werden: Eine Schädigung des Nervensystems ist Voraussetzung. Zeichen einer Nervenverletzung liegen vor, wie Taubheitsgefühle, Lähmungen, Reflexabschwächung, trophische Störungen. Charakteristisch, aber nicht spezifisch sind: a) Allodynie, d.h. primär nicht schmerzhafte Reize führen zu Schmerzen. b) Hyperpathie, d.h. schmerzhafte Reize werden verstärkt wahrgenommen. Hinsichtlich der Schmerzsyndrome lassen sich bei der peripheren Nervenläsion folgende Störungen abgrenzen: Schmerzhafte Neurome. Territoriale Schmerzen. Deafferentierungsschmerzen (z.B. Phantomschmerz). CRPS II (Kausalgie). Differentialdiagnostisch ist bei den genannten Störungsbildern immer auch an das Vorliegen einer sogenannten somatoformen Schmerzstörung zu denken, welche diese Störungsbilder imitieren kann. Auch ist die Befundkonstellation, bei der es nach ursprünglichem Vorliegen einer organischen Nervenläsion im weiteren Verlauf dann zu einer eher somatoformen Störung kommt ist durchaus nicht selten vorfindbar. Hinsichtlich der sogenannten Kausalgie, also dem chronisch-regionalen Schmerzsyndrom vom Typ II, lassen sich abgrenzen: Autonome Störungen (generalisierte Schwellung, zu warme oder zu kalte Extremität, verändertes Schwitzen, Hypertrichose). Motorische Störungen (eingeschränkte Beweglichkeit, Verminderung der groben Kraft, Tremor) und Sensibilitätsstörungen (Spontanschmerz, gestörtes Hautschmerzempfinden, gestörtes Berührungsempfinden, Bewegungs- und Belastungsschmerz). Die Störung ist vom sogenannten Sudeck-Syndrom insbesondere abzugrenzen durch das Vorliegen einer initial stattgehabten Nervenschädigung. Zusammenfassend kann somit hinsichtlich der angesprochenen Themengebiete folgendes Fazit gezogen werden: Läsionen peripherer Nerven sind häufig. In vielen Fällen bestimmen sie die langfristige Prognose. Fortschritte in der Bildgebung werden die Behandlung peripherer Nervenläsionen nachhaltig beeinflussen. Die erfolgreiche Behandlung setzt das enge Zusammenwirken von Unfall-/Handchirurgen sowie Neurologen und Therapeuten voraus. Die Behandlung ist häufig erheblich kompliziert durch komplexe regionale und durch funktionelle Schmerzsyndrome. Dr. E. Hampel Arzt für Neurologie/Psychiatrie Dipl.-Psychologe Periphere Nervenläsionen und funktionelle Auswirkungen E. Hampel BUK-Hamburg Neurotraumatologisches Zentrum Nervenläsionen der oberen Extremität • Inzidenz bei Unfallverletzten 4 – 6 % • Ca. ¼ davon iatrogen verursacht • Häufigkeit von Nervenläsionen steigt mit Schwere der Verletzung • Häufigkeit : N. radialis > Plexus brachialis > N. ulnaris 1 Nervenläsionen der Extremitäten Traumatische Nervenläsionen Anatomische Schwachstellen Nervenläsionen der Extremität Stadien der Degeneration und der Regeneration WALLERDegeneration Denervierung 10-21 Tage Proliferation Schwann-Zellen 2 Nervenläsionen der Extremität Kategorien: Schweregrad Seddon Sunderland Neurapraxie Grad I Millesi A Regeneration: Grad II ¼ bis 4mm/d. Axonotmesis Grad III B Grad IV Neurotmesis Grad V C Nervenläsionen der oberen Extremität Therapie operativ • Neuroraphie/Koaptation • Resektion/Transplantation • Externe Neurolyse • Interfaszikuläre Neurolyse • Muskelverlagerung (Ersatzoperationen) 3 Nervenläsionen der Extremität Traumatische Nervenläsionen Diagnostik • Klinische neurologische Untersuchung • Bildgebung (MRT/Sonographie) • Elektrophysiologie (EMG/NLG) Nervenläsionen der Extremität 4 Nervenläsionen der oberen Extremität Plexus brachialis offen – geschlossen untere – obere supraklavikulär – infraklavikulär komplett - inkomplett Typisch: Avulsiuonsverletzung Nervenläsionen der oberen Extremität Plexus brachialis 5 Nervenläsionen der oberen Extremität Plexus brachialis Positive Zeichen eines Nervenwurzelausrisses: •blutiger Liquor •Rückenmarkssyndrome •Horner-Syndrom •Erhaltene Schweißsekretion in analgetischer Hautzone •Im Myelogramm leere Wurzeltaschen •Erhaltene sensible Nervenaktionspotentiale Nervenläsionen der oberen Extremität N. thoracicus longus 6 Supinatorsyndrom N. Radialis R. profundus Arkade von FROHSE Nervenläsionen der oberen Extremität N. radialis Supinatorloge:„algetische“ Form 7 Nervenläsionen der oberen Extremität N. medianus hohe N. medianusläsion Interosseus anterior Syndrom KILOH-NEVIN Akutes KTS N. interosseus anterior N. MEDIANUS 8 Elektrophysiologische Diagnostik Nervenleitgeschwindigkeit Traumatische Nervenläsionen Amplitudenreduktion: Leitungsblock Nervenläsionen der Extremität Elektromyographie • Pathologische Spontanaktivität • Muskelaktionspotentiale • Interferenzmuster 9 Nervenläsionen der Extremität Elektromyographie • Pathologische Spontanaktivität • Muskelaktionspotentiale • Interferenzmuster Nervenläsionen der Extremität Abschätzung des Regenerationstempos: • Hoffmann-Tinel-Zeichen • Kraftprüfungen der Kennmuskeln • Wiederkehr der Empfindungsqualitäten (Schmerz > Temperatur >Berührung) • Neurophysiologische Funktionsuntersuchungen im Abstand von 6-8 Wochen 10 Bildgebende Verfahren MRT • Hohe Sensitivität, geringe Spezifität bei Darstellung von Nervenläsionen • Veränderungen im umgebenden Weichteilgewebe • Veränderungen in der denervierten Muskulatur Nervenläsionen der oberen Extremität Bendszus et al. 11 Nervenläsionen der Extremität Bildgebung (MRT) Gadofluorin M Superparamagnetische Eisenoxide (Markierte Makrophagen) N. Ischiadicus (Ratte) Bendszus et al. Nervenläsionen der oberen Extremität Sonographie 1. Neurom 2. narbige Einschnürung 12 Neuralgische Schulteramyotrophie PARSONAGE-TURNER-Syndrom • Epidemiologie: 1,64 auf 100 000 (USA) • Ätiologie: ist ungeklärt (Immunprozess) • Klinik: heftigste Schmerzen Schulter/OA, meist oberer Plexusbereich, in 30% auch Gegenseite. • EMG: axonale Läsion • Prognose: 90% Remission Nervenläsionen der oberen Extremität Thoracic outlet syndrome Halsrippe Unterer Primärstrang ADSON-Test SEP 13 TOS Arteria subclavia PANCOAST-Syndrom HORNER rechts und Atrophie Handmuskulatur 14 Meralgia Paraesthetica N. cutaneus femoris lateralis Meralgia paraesthetica 15 Tarsaltunnel-Syndrom „Hockeyschläger“Schnittführung Tibialisläsion 16 Tarsaltunnel (hinterer) Retinaculum musculi flexorum (RMF) Tarsaltunnel-Spaltung des RMF V. Tibialis posterior /N. tibialis posterior 17 Nervenläsionen der Extremität Wann sind Schmerzen neuropathisch ? • Schädigung des Nervensystems Voraussetzung ! • Zeichen einer Nervenverletzung liegen vor: Taubheitsgefühle, Lähmungen, Reflexabschwächungen, trophische Störungen charakteristisch, aber nicht spezifisch: • Allodynie: primär nicht schmerzhafte Reize führen zu Schmerzen • Hyperpathie: schmerzhafte Reize werden verstärkt wahrgenommen „Flaschenzeichen“ N. MEDIANUS 18 „Froment-Zeichen“ N. ULNARIS Periphere Nervenläsionen Schmerzsyndrome • schmerzhafte Neurome Traumatische Nervenläsionen • territoriale neuropathische Schmerzen • Deafferenzierungschmerz (Phantomschmerz) • CRPS II (Kausalgie) • DD: Somatoforme Schmerzstörung 19 Somatoforme Störung (ICD 10 F45) • • • • • • Psychogene Störungen Funktionelle Störungen Vegetative Dystonie Allgemeines psychosomatisches Syndrom Konversionshysterie, Briquet-Hysterie Psychische Überlagerung Schmerzsyndrome Kausalgie (CRPS Typ II) Autonome Störungen •generalisierte Schwellung •zu warme/zu kalte Extremität •verändertes Schwitzen •Hypertrichiose Motorische Störungen •Eingeschränkte Beweglichkeit •Minderung der groben Kraft •Tremor Sensible Störungen •Spontanschmerz (u.U. mit Orthostaseverstärkung) •gestörtes Hautschmerzempfinden (Hyp/Hyperalgesie) •Gestörtes Berührungsempfinden (Hyp/Hyperästhesie) •Bewegungs-/Belastungsschmerz mit/ohne Ausstrahlung 20 Nervenläsionen Fazit: • Läsionen peripherer Nerven sind häufig • In vielen Fällen bestimmen sie die langfristige Prognose • Fortschritte in der Bildgebung werden die Behandlung peripherer Nervenläsionen nachhaltig beeinflussen • Die erfolgreiche Behandlung setzt das enge Zusammenwirken von Unfall-/Neuro-/Handchirurgen, Neurologen und Therapeuten voraus • Die Behandlung ist häufig erheblich kompliziert durch komplexe regionale und durch funktionelle Schmerzsyndrome. 21