Irreguläre Antikörper bei Schwangeren: droht dem Kind ein Morbus

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Nr. 199 - 10/2012
Irreguläre Antikörper bei Schwangeren: droht
dem Kind ein Morbus Hämolytikus Neonatorum?
Die Bildung von irregulären Erythrozytenantikörpern durch Schwangere, welche gegen die Erythrozyten des Kindes
gerichtet sind, gehört zu den bedeutendsten Schwangerschaftskomplikationen. Ein neues Untersuchungsverfahren
ermöglicht die Bestimmung fetaler Blutgruppen aus mütterlichem Blut und schafft damit in vielen Fällen Klarheit.
Früher war bei einer entsprechenden Paarkonstellation
für Rhesus (D) spätestens ab der 3. Schwangerschaft
mit für das Kind lebensbedrohlichen Komplikationen zu
rechnen. Der Morbus Hämolytikus Neonatorum (MHN)
war jedem Geburtshelfer vertraut. Durch die in den
60er Jahren eingeführte prophylaktische Anti-D-Gabe
konnte die Häufigkeit auf etwa 0,35 % der Schwangerschaften Rh-D-negativer Frauen gesenkt werden.
Das entspricht hochgerechnet aber immer noch etwa
400 Schwangerschaften pro Jahr in Deutschland. Die
Krankenhausstatistik weist für das Jahr 2005 sogar
653 Fälle aus. Dazu kommt, dass in dieser Fallzahl nur
Rh-AK berücksichtigt werden, nicht z.B. Anti-K (u.a.).
Gefährliche oder harmlose Antikörper
Meistens werden die Patientinnen durch den Nachweis
irregulärer Antikörper bei den Schwangerschaftsuntersuchungen auffällig. In der klinischen Praxis ist
allerdings zu berücksichtigen, dass längst nicht alle
serologisch nachgewiesenen Antikörper tatsächlich auf
einer Sensibilisierung durch die bestehende Schwangerschaft beruhen. Die häufigsten bei Schwangerschaftsuntersuchungen nachweisbaren Antikörper sind
die iatrogen im Rahmen der Prophylaxe verabreichten
Anti-D-Antikörper. Bei dokumentierter Anti-D-Gabe in
den letzten Wochen ist der Befund plausibel und bedarf
keiner weiteren Abklärung. Weiterhin kann es sich
unabhängig von der Schwangerschaft um schon früher
gebildete Antikörper handeln. Diese sind harmlos, falls
der Fetus das korrespondierende Blutgruppenmerkmal
nicht besitzt – dann können die fetalen Erythrozyten
nicht Ziel der mütterlichen Antikörper werden. Ein
tatsächliches Risiko stellt allein die dritte Gruppe von
Antikörpern dar: Nicht-iatrogen, mit korrespondierendem Blutgruppenmerkmal beim Feten.
Die Blutgruppe des Feten ist demnach entscheidend
für die weitere Betreuung der Schwangerschaft. In all
den harmlosen Fällen, in denen der Fetus das relevante Blutgruppenmerkmal nicht besitzt (bei Anti-RhD-Antikörpern der Mutter 38% der Fälle), entstand
bisher eine unnötige Verunsicherung der Beteiligten.
Zur Klärung der fetalen Blutgruppe wurde häufig die
des Vaters herangezogen. Da aber in vielen Fällen
das inkompatible Rh-Merkmal beim Vater in heterozygoter Form vorliegt, ist die Gefährdung des Fetus
auch unter der Voraussetzung einer sicheren Vaterschaft oft nicht ermittelbar. Früher wurde in diesen
Fällen eine invasive Diagnostik durchgeführt, die aber
häufig wegen der iatrogenen Übertragung fetaler
Erythrozyten in den mütterlichen Kreislauf mit einer
Antikörper-Boosterung verbunden war.
Spurensuche
Seit vielen Jahren versuchen Immunhämatologen, die
stets vorhandenen Spuren fetaler DNS im mütterlichen
Schwangere mit irregulären
Rhesus-Antikörpern (Anti-D,C,c,E)
Anti-D nach dokumentierter Rhesusprophylaxe?
Ja
Nein
Keine weiteren
Bestimmung der fetalen
Maßnahmen
Rh-Blutgruppe
Nachweis des korrespondierenden
Antigens beim Feten?
Nein
Ja
Risikoschwangerschaft,
Kein Risiko für besteTiterkontrollen, Dopplerhende Schwangerschaft,
Sonografie, Betreuung
keine weiteren Maßim Pränatalzentrum
nahmen
Abb.: Flussschema zur Risikobewertung bei irregulären Rh-Ak
Nr. 199 - 10/2012
Blut mit modernen molekularbiologischen Methoden
zur Bestimmung der fetalen Blutgruppen zu nutzen.
Inzwischen sind die Verfahren so ausgereift, dass wir
sie in Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen
für die Routine anbieten können. Derzeit ist auf diese
Weise die Bestimmung aller relevanten Rhesusgene
möglich (D, C, c, E). Die Untersuchung kann ab der 9.
SSW erfolgen. Ab der 12. SSW ist stets mit eindeutigen Resultaten zu rechnen. Im ungünstigsten Fall
liefert die Untersuchung gar kein Resultat und muß
wiederholt werden - niemals ein falsches!
Damit könnte die Untersuchung für die Zukunft geeignet
sein, grundsätzlich einer Rhesusprophylaxe vorangestellt zu werden. Bei allen Rh-D-negativen Feten (38%
der Fälle) könnte die Prophylaxe unterbleiben. Dies
steht allerdings zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in
Einklang mit den aktuellen Schwangerschaftsrichtlinien und kann daher noch nicht empfohlen werden.
Für Fragen zu diesem speziellen Thema steht Ihnen Herr PD Dr. med. Christoph Frohn unter 04152 803-190
oder per E-Mail unter [email protected] gern zur Verfügung.
Praktische Hinweise
Parameter
fetale Rhesus-Blutgruppen (CcDE); genetisch
Indikation Riskoeinschätzung bei irregulären Erythrozytenantikörpern in der Schwangerschaft
g Material
10-20 mL mütterliches EDTA-Blut, genetische Untersuchung; Einverständniserklärung
erforderlich. Vordrucke erhalten Sie kostenfrei (Freecall: 0800 0850-111) bei uns. Die Kosten
für die Untersuchung und den Probentransport werden von der Universitätsklinik Göttingen
direkt mit der GKV abgerechnet. PKV-Mitglieder erhalten eine erstattungsfähige Rechnung.
Abrechnung
EBM
fetale Rhesus-Blutgruppen
Ausnahmekennziffer
GOÄ
Ziffer
€
Ziffern
€
(1,15-fach)
32010
--
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Literatur
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