Optimierung von Erdwärmesonden - Energie

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Bayerisches Zentrum für Angewandte Energieforschung e. V.
Optimierung von Erdwärmesonden
Abschlussbericht
gefördert unter dem AZ: 17013 von der
Deutsche Bundesstiftung Umwelt
von
Hans-Peter Ebert, Dietrich Büttner, Volker Drach, Frank Hemberger,
Christian Oberdorf, Jochen Fricke
(Bayerisches Zentrum für Angewandte Energieforschung e.V.)
Roland Barthel, Peter Udluft
(Lehr- und Forschungsbereich Hydrogeologie und Umwelt der Universität Würzburg)
Georg Marquardt, Holger Wilke
(Fa. Brunnen und Bohren / Haßfurt)
Alexander Steinheimer, Jochen Pfeiffer, Thomas Skorka
(Fa. Unicor Rohrsysteme GmbH)
Manfred Reuß
(Technische Universität München, Bayerische Landesanstalt für Landtechnik, Landtechnik Weihenstephan)
Report ZAE 2 - 1000 – 1(2000)
2
Zusammenfassung
Die vorliegende Studie hatte das Ziel, Möglichkeiten zur Verbesserung der Wärmeübertragungseigenschaften von Erdwärmesonden aufzuzeigen. Die Untersuchungen zielten
vor allem auf die Optimierung von Doppel-U-Rohr-Erdwärmesonden ab. Gleichzeitig soll
diese Studie eine belastbare Ausgangsbasis für ein geplantes F&E-Vorhaben bilden, in
dessen Rahmen ein Erdwärmesondenspeicher in Greußenheim errichtet werden soll.
Das zukünftige technische Potential für den Einsatz von Erdwärmesonden bzw. Erdwärmesonden-Speicher wurde abgeschätzt. Das technische Gesamtpotential für derartige Systeme kann als erheblich betrachtet werden. Als Ergebnisse der geologischen
Studie lässt sich feststellen, dass in Deutschland Erdwärmesonden-Speicher prinzipiell
in etwa 30-40% der Gebiete gut zu realisieren sind. Durch eine Verbesserung der Speichertechnik ist zu erwarten, dass sich zukünftig dieser Prozentsatz noch erhöht. Der
Speicherstandort Greußenheim ist in das obere Drittel der prinzipiell gut geeigneten
Standorte einzuordnen.
Labormessungen belegen, dass durch eine Optimierung des Sondenverfüllmaterials
dessen Wärmeleitfähigkeit verdoppelt werden kann. Das Maß der Erhöhung deckt sich
mit den theoretischen Vorhersagen. Die Technikumsversuche an kurzen Testsonden
ergaben, dass durch den Einsatz von optimiertem Verfüllmaterial sich eine Reduzierung
des Bohrlochwiderstandes um ca. 20% nachweisen lässt. Die Vergrößerung des
Schenkelabstands von 90 mm auf 120 mm ermöglicht eine Reduzierung des Bohrlochwiderstandes von ca. 30%. Durch die Verbesserungen am ErdwärmesondenVerfüllmaterial sind merkliche Einsparungen im Gesamtssystem möglich. Wie Simulationsrechnungen zeigen, dürfte in diesen Fällen die zu erwartende Steigerung der Systemeffizienz bei konservativer Abschätzung zwischen ca. 8 und 20% liegen. Im Feldexperiment konnte aufgrund der Verwendung des thermisch optimierten Verfüllmaterials
®
ThermoCem und der Maximierung des Schenkelabstands eine Reduzierung des Bohrlochwiderstands von 40% im Vergleich zu einer Standardanordnung erreicht werden.
Damit bestätigt das Feldexperiment die Ergebnisse der Labor- und Feldversuche.
3
Danksagung
Wir danken der Fa. Anneliese BUT für die großzügige Bereitstellung der BohrlochVerfüllmaterialien und von Bildmaterial sowie für die fachliche Unterstützung. Dem Ingenieurbüro Wehrig sind wir für die technische Unterstützung bei der Planung und
Durchführung der Feldversuche dankbar. Der Gemeinde Greußenheim sei für die erwiesene Unterstützung gedankt und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt für die finanzielle Förderung des Projekts.
4
INHALT
1
ANLASS DES VORHABENS UND ZIELSETZUNG
13
2
LANGZEITWÄRMESPEICHERKONZEPTE - STAND DER TECHNIK
15
2.1 KAVERNEN- , ERDBECKEN-, AQUIFER- UND KIES/WASSERSPEICHER
2.2 ERDWÄRMESONDEN-SPEICHER – STAND DER TECHNIK
15
18
3
GEOLOGISCHE VORAUSSETZUNGEN FÜR DEN EINSATZ VON
ERDWÄRMESONDEN-SPEICHER IN DEUTSCHLAND
23
3.1 VORBEMERKUNGEN
3.2 LITERATUR UND INFORMATIONSQUELLEN
3.2.1 GEOLOGIE UND HYDROGEOLOGIE
3.2.2 GEOLOGISCHE VORAUSSETZUNGEN FÜR UNTERGRUNDWÄRMESPEICHER
3.2.3 REGIONALE GEOLOGISCHEN BEDINGUNG FÜR UNTERGRUNDWÄRMESPEICHER
3.3 HYDROGEOLOGISCHE UND PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN
3.3.1 HYDROGEOLOGISCHE GRUNDBEGRIFFE
3.3.2 THERMISCHE GRUNDLAGEN
3.3.3 AUSTROCKNUNGSERSCHEINUNGEN
3.3.4 ZUSAMMENFASSUNG
3.4 GEOLOGISCHE VORAUSSETZUNGEN
3.4.1 BOHRBARKEIT VON GESTEINEN
3.5 RECHTLICHE ASPEKTE DER THERMISCHEN NUTZUNG DES UNTERGRUNDES
3.5.1 BERGRECHT
3.5.2 W ASSERRECHTLICHE ZULASSUNGSVERFAHREN
3.6 REGIONALE GEOLOGISCHE UND HYDROGEOLOGISCHE VORAUSSETZUNGEN
3.6.1 NORDDEUTSCHE TIEFEBENE
3.6.2 PALÄOZOISCHE MITTELGEBIRGE
3.6.3 KRISTALLINE MITTELGEBIRGE
3.6.4 TERTIÄRE VULKANGEBIETE
3.6.5 TERTIÄRE BECKEN UND SENKUNGSGEBIET
3.6.6 SEDIMENTGESTEINE DES MESOZOIKUMS
3.6.7 MOLASSEBECKEN
3.6.8 ALPINER RAUM
3.6.9 ZUSAMMENFASSUNG
3.7 CHARAKTERISIERUNG DES STANDORTS GREUßENHEIM – ÜBERTRAGBARKEIT VON
ERGEBNISSEN
4
POTENTIALABSCHÄTZUNG FÜR DIE TECHNISCHE NUTZUNG VON
ERDWÄRMESONDEN-SPEICHER
4.1 SOLARE NAHWÄRMESYSTEME MIT SAISONALER SPEICHERUNG
4.2 WÄRMESPEICHER-EINSATZ BEI DEZENTRALER KRAFT-WÄRME-KOPPLUNG MIT
BLOCKHEIZKRAFTWERKEN (BHKW)
4.3 SPEICHERUNG INDUSTRIELLER ABWÄRME
4.4 SONSTIGE ANWENDUNGSBEREICHE
4.4.1 GEBÄUDEKÜHLUNG
4.4.2 HYBRIDSPEICHER HEIZEN/KÜHLEN
5
23
24
24
24
24
25
25
28
31
32
33
34
35
35
35
36
39
42
43
44
44
45
49
51
51
53
55
55
57
59
60
60
61
4.5 FAZIT
61
5
PARAMETERSTUDIE ZUR WÄRMEÜBERTRAGUNGSEFFIZIENZ VERSCHIEDENER
ERDWÄMESONDEN-BAUFORMEN
63
5.1 ALLGEMEINES
1.2 BESTIMMUNG VON STATIONÄREN WÄRMEÜBERGANGSWIDERSTÄNDEN
1.3 BESTIMMUNG VON TIEFENPROFILEN UND DER ÜBERTRAGUNGSLEISTUNG
1.4 AUFZEIGEN DES OPTIMIERUNGSPOTENTIALS FÜR ERDWÄRMESONDEN
1.1.1 VARIATION DER W ÄRMELEITFÄHIGKEIT DER VERFÜLLUNG
1.1.2 VARIATION DER W ÄRMELEITFÄHIGKEIT DES ROHRMATERIALS
1.1.3 EINFLUSS EINER THERMISCHEN ISOLATION ZWISCHEN VOR- UND RÜCKLAUF
1.1.4 EINFLUSS VON THERMISCHEN KONTAKTWIDERSTÄNDEN
1.1.5 EINFLUSS DES ROHRDURCHMESSERS
1.1.6 EINFLUSS EINER KREUZWEISEN DURCHFLUSSRICHTUNG IM DOPPEL-U-ROHR
1.1.7 EINFLUSS DES SCHENKELABSTANDES
1.1.8 EINFLUSS DES BOHRLOCHDURCHMESSERS
1.5 ÖKONOMISCHE BETRACHTUNG
6
MATERIALOPTIMIERUNG
85
6.1 OPTIMIERUNG DES BOHRLOCHVERFÜLLMATERIALS
6.1.1 ALLGEMEINES
6.1.2 MESSTECHNIK UND PROBENPRÄPARATION
6.1.3 MESSERGEBNISSE
6.2 EINSATZ EINES VERBUNDROHRES
6.2.1 ALLGEMEINES
6.2.2 ERFAHRUNGEN AUS DEN FELDVERSUCHEN
6.2.3 BETRIEBSSICHERHEIT
7
CHARAKTERISIERUNG UND AUSWIRKUNG DES SONDENDESIGNS
7.1 TECHNIKUMSVERSUCHE
7.1.1 MESSMETHODE
7.1.2 BESCHREIBUNG DER VERSUCHSSONDEN
7.1.3 VERSUCHSERGEBNISSE UND DISKUSSION
7.2 SYSTEMSIMULATION MIT OPTIMIERTEN ERDWÄRMESONDEN DURCH VERBESSERTES
VERFÜLLMATERIAL
7.2.1 DYNAMISCHE SYSTEMSIMULATION
7.2.2 VORGEHENSWEISE
1.1.3 SYSTEM1: NAHWÄRMESYSTEM GREUßENHEIM MIT ERDWÄRMESONDEN-SPEICHER
1.1.4 SYSTEM2: ERDGEKOPPELTE W ÄRMEPUMPE ZUR HEIZUNGSVERSORGUNG EINES
EINFAMILIENHAUSES / DOPPELHAUSES
1.3 FAZIT
8
FELDVERSUCH IN GREUßENHEIM
8.1
8.2
8.3
8.4
8.5
63
65
69
72
73
74
75
77
78
79
79
81
82
85
85
86
87
88
88
89
90
91
91
91
95
98
104
104
104
105
106
108
109
ALLGEMEINES
ABTEUFUNG DER BOHRUNGEN
EINBAU DER ERDWÄRMESONDEN
VERSUCHSAUFBAU UND VERSUCHSDURCHFÜHRUNG
DISKUSSION DER VERSUCHSERGEBNISSE
6
109
110
111
115
117
9
SCHLUSSBETRACHTUNG
121
9.1 ALLGEMEINES
9.2 VERBESSERUNG DER WÄRMEÜBERTRAGUNGSEIGENSCHAFTEN VON ERDWÄRMESONDEN
9.3 BEWERTUNG DES STANDORTS GREUßENHEIM UND DES POTENTIALS FÜR
ERDSONDENWÄRMESPEICHER
9.4 FORSCHUNGS- UND ENTWICKLUNGSRELEVANZ
7
121
121
124
125
8
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Typische jahreszeitliche Verteilung von Solarenergieangebot und Raumwärmebedarf in Essen. ___ 13
Abbildung 2: Spezifische Baukosten von Langzeitwärmespeichern im Vergleich. __________________________ 15
Abbildung 3: Derzeit in Betrieb befindliche Aquiferspeicheranlagen weltweit. ____________________________ 18
Abbildung 4: Wichtige hydrogeologische Grundbegriffe. _____________________________________________ 25
Abbildung 5: Unterschiedliche Aquifertypen. ______________________________________________________ 25
Abbildung 6: Zusammenhang zwischen Gesamtporenraum, nutzbarer Porosität ne und Durchlässigkeit für
Lockergesteine. _________________________________________________________________ 27
Abbildung 7: Spezifische volumetrische Wärmekapazitäten von Gesteinen und gesteinsbildenden Mineralen.____ 28
Abbildung 8: Wärmeleitfähigkeiten wichtiger Fest- und Lockergesteine._________________________________ 29
Abbildung 9: Änderungen der thermischen Eigenschaften eines sandigen Bodens mit 40 und 60% Porenvolumen in
Abhängigkeit vom Wassergehalt. ___________________________________________________ 30
Abbildung 10: Geologische Großeinheiten in Deutschland. ___________________________________________ 37
Abbildung 11: Höhenstruktur- und Reliefkarte von Deutschland.. ______________________________________ 38
Abbildung 12: Grundwasservorkommen in Deutschland. _____________________________________________ 39
Abbildung 13: Beispiel für die geologische Situation in der Norddeutschen Tiefebene: Geologisches Profil durch
Schleswig-Holstein.______________________________________________________________ 40
Abbildung 14: Grundwasserhöhengleichen im nordöstlichen Teil der norddeutschen Tiefebene. ______________ 41
Abbildung 15: Geologisches Querprofil durch das süddeutsche Schichtstufenland (in Baden-Württemberg). ____ 46
Abbildung 16: Geologische Großeinheiten von Bayern, Molassebecken._________________________________ 50
Abbildung 17: Geometrie der untersuchten Doppel-U-Rohr-Sonde im Querschnitt_________________________ 64
Abbildung 18: Schematische Darstellung der beiden stationär simulierten Szenarien einer Doppel-U-Rohr-Sonde
zur Bestimmung der Wärmewiderstände. _____________________________________________ 65
Abbildung 19: Beispiele des sich aus einer stationären Berechnung ergebenden Temperaturfeldes in der Darstellung
mittels 10 Farbbändern zwischen 0 und 1K ___________________________________________ 67
Abbildung 20: Schematische Darstellung zur Wärmestrombilanz im Doppel-U-Rohr mit den thermischen
Widerständen Ru und Rk im analogen elektrischen Schaltkreis_____________________________ 69
Abbildung 21: Tiefenprofile der Vorlauftemperatur Tv und der Rücklauftemperatur Tr bei verschiedenen
Fluidgeschwindigkeiten v. ________________________________________________________ 70
Abbildung 22: Berechneten Übertragungsleistungen Qu und Kurzschluss-Wärmeströme Qk als Funktion der
Fluidgeschwindigkeit v für eine 40 m tiefe Doppel-U-Rohr Sonde. _________________________ 71
Abbildung 23: Überschlägige Berechnung des Wärmeübergangskoeffizient αF zwischen Wasser (T=45°C) und
Rohrwand als Funktion der Strömungsgeschwindigkeit für verschiedene Rohr-(Außen-)Durchmesser
dR..___________________________________________________________________________ 73
Abbildung 24: Auswirkung einer Variation der Wärmeleitfähigkeit λV des Verfüllmaterials auf die
Wärmewiderstände für Kurzschluss-Effekt Rk, Übertragung ans Erdreich Ru und separiertes
Bohrloch Rs sowie auf die Übertragungsleistung für langfristige (Qu) und kurzfristige
(Qu,s)Temperaturänderungen. ______________________________________________________ 74
Abbildung 25: Auswirkung einer Variation der Wärmeleitfähigkeit λR des Rohrmaterials auf die Wärmewiderstände
sowie auf die Übertragungsleistung, analog zu Abb. 24.
Abbildung 26: Auswirkung einer zwischen Vorlauf- und Rücklaufrohren eingebrachten Dämmung mit der
Wärmeleitfähigkeit λΙ = 0,1 W/(mΑK) auf die Wärmewiderstände sowie auf die
Übertragungsleistung.. ___________________________________________________________ 76
Abbildung 27: Auswirkung von Kontaktwiderständen (1/α) auf die Wärmewiderstände der Sonde sowie auf deren
Übertragungsleistung. ___________________________________________________________ 77
Abbildung 28: Einfluss verschiedener Rohrdurchmesser dR auf die Wärmewiderstände der Sonde sowie auf deren
Übertragungsleistung. ___________________________________________________________ 78
Abbildung 29: Auswirkung einer kreuzweisen, anstatt parallelen Anordnung der Durchflussrichtung bei der DoppelU-Rohr-Sonde. _________________________________________________________________ 79
Abbildung 30: Variation des äußeren Schenkelabstandes D für zwei gebräuchliche Bohrlochdurchmesser (gefüllte
Symbole dB = 150 mm; offene Symbole dB = 220 mm).___________________________________ 80
Abbildung 31: Variation des Bohrlochdurchmessers dB bei festem Abstand der Rohre (dR= 32 mm; wR= 3 mm) vom
Bohrlochrand (dB-D)/2 = 14 mm. ___________________________________________________ 81
Abbildung 32: Abschätzung der Wärmeleitfähigkeit für ein Sand/Zement/Bentonit/Wasser-Gemisch mit
unterschiedlichen Massenanteilen Graphit. ___________________________________________ 86
Abbildung 33: Zum Meßprinzip des dynamischen Hitzdraht-Verfahrens: ________________________________ 87
Abbildung 34: Experimentell ermittelte Wärmeleitfähigkeiten für Bohrlochverfüllmaterialien mit unterschiedlichen
Anteilen an Graphit im Vergleich zur theoretischen Vorhersage. __________________________ 88
Abbildung 35: Schnittbild eines 32x3 UNIPIPE Rohres. _____________________________________________ 89
9
Abbildung 36: Schematische Darstellung des Temperaturverlaufs in der Sonde und der Quarzsandschüttung
während des Aufheizens der Fluidtemperatur innerhalb der U-Rohre. ______________________ 92
Abbildung 37: Position der angebrachten Wärmeflussplatte mit Kennzeichnung des Rohrabstandes D. ________ 93
Abbildung 38: Schematische Darstellung des Technikumversuchs. Der minimale Durchmesser des
Versuchsbehälters beträgt 92 cm, dessen Höhe 110 cm. _________________________________ 94
Abbildung 39: Aufbau des Technikumversuchs kurz vor Anbringen der oberen Isolationsabdeckung. __________ 95
Abbildung 40: Sondenfuß der installierten Versuchssonden..__________________________________________ 95
Abbildung 41: Verfüllte Testsonde, die Sondenrohre werden bis zur Aushärtung mit Styroporstreifen fixiert. ____ 96
Abbildung 42: Die Versuchssonden wurden für 28 Tage unter Normalbedingungen gelagert_________________ 97
Abbildung 43: Resultierende Temperaturverläufe und Spannungssignal der Wärmeflussplatte bei der Vermessung
von Versuchssonde 1 (enger Rohrabstand mit Verfüllmaterial ThermoCem®). ________________ 99
Abbildung 44: Zeitlicher Verlauf der Temperaturdifferenz zwischen Sondenzentrum und Sondenaußenwand und vom
spezifischen Wärmefluss bei der Vermessung der Versuchssonde 1 (enger Rohrabstand mit
Verfüllmaterial ThermoCem®).____________________________________________________ 100
Abbildung 45: Zeitlicher Verlauf der Temperaturdifferenz zwischen Sondenzentrum und Sondenaußenwand und vom
spezifischen Wärmefluss bei der Vermessung der Versuchssonde 2 (enger Rohrabstand mit
Verfüllmaterial Dämmer®)._______________________________________________________ 101
Abbildung 46: Zeitlicher Verlauf der Temperaturdifferenz zwischen Sondenzentrum und Sondenaußenwand und vom
spezifischen Wärmefluss bei der Vermessung der Versuchssonde 3 (Maximaler Rohrabstand mit
Verfüllmaterial ThermoCem®).____________________________________________________ 102
Abbildung 47: Zeitlicher Verlauf der Temperaturdifferenz zwischen Sondenzentrum und Sondenaußenwand und vom
spezifischen Wärmefluss bei der Vermessung der Versuchssonde 4 (Maximaler Rohrabstand mit
Verfüllmaterial Dämmer®)._______________________________________________________ 102
Abbildung 48: Zeitlicher Verlauf der resultierenden Bohrlochwiderstände für die Versuchssonden 1 (enger
Rohrabstand mit ThermoCem®), 2 (enger Rohrabstand mit Dämmer®), 3 (maximaler Rohrabstand
mit ThermoCem®) und 4 (maximaler Rohrabstand mit Dämmer®). ________________________ 103
Abbildung 49: Anlagenschema des Nahwärmesystems Greußenheim __________________________________ 105
Abbildung 50: Anlagenschema der erdgekoppelten Wärmepumpe. ____________________________________ 107
Abbildung 51: Lage der Bohrungen B1 und B2 (rote Kreise) im Zusammenhang mit dem geplanten Sondenfeld. 110
Abbildung 52: Versuchsfeld mit den Bohrungen B1 und B2, _________________________________________ 110
Abbildung 53: Aufgerollte Standard-Erdwärmesonde und Bohrgerät.__________________________________ 113
Abbildung 54: Endmontage der Standard-Erdwärmesonde.__________________________________________ 113
Abbildung 55: Einbau der Standard-Erdwärmesonde über eine Seilrolle._______________________________ 114
Abbildung 56: Einbau mit Endmontage der optimierten Erdwärmesonde._______________________________ 114
Abbildung 57: Zur Vermessung angeschlossene Erdwärmesonde. _____________________________________ 116
Abbildung 58: Resultierende Messdaten im Zeitraum vor und während des Versuchs an der StandardErdwärmesonde. _______________________________________________________________ 117
Abbildung 59: Resultierende Messdaten während des Versuchs an der optimierten Erdwärmesonde. _________ 118
Abbildung 60: Temperaturerhöhung der mittleren Fluidtemperatur (arithmetisches Mittel aus Vorlauf- und
Rücklauftemperatur) über der Umgebungstemperatur als Funktion des Logarithmus der
Versuchsdauer.. _______________________________________________________________ 119
Abbildung 61: Vergleich der aus den Technikums- und Feldversuchen ermittelten Werte des thermischen
Bohrlochwiderstands für eine Standard- und eine optimierte Erdwärmesonde. ______________ 120
Abbildung 62: Funktionaler Zusammenhang zwischen den berechneten Werten des thermischen
Bohrlochwiderstandes und den dazugehörigen Kostenänderungen für bautechnische Maßnahmen
____________________________________________________________________________ 123
Abbildung 63: Abb. 62 entsprechender funktionaler Zusammenhang für die Wärmeübertragungsleistung QU bei
40 m Sondenlänge und einer Temperaturdifferenz von )T = 60°C zwischen Vorlauf und Erdreich (T
= 10°C). _____________________________________________________________________ 123
Abbildung 64: Darstellung der wichtigsten Forschungs- und Entwicklungsziele. _________________________ 126
10
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Erdbeckenspeicherprojekte in Deutschland, Stand 2000. ____________________________________ 16
Tabelle 2: Abschließender Vergleich verschiedener Erdwärmespeicher-Konzepte (+ positives Kriterium, - negatives
Kriterium). _______________________________________________________________________ 20
Tabelle 3: Synonyme Begriffe, die für die in Abbildung 4 angegebenen Bezeichnungen verwendet werden ______ 26
Tabelle 4: Untergrundvoraussetzungen für die Erdwärmesonden-Speicherung. ___________________________ 33
Tabelle 5: Wasserrechtliche Aspekte der thermische Nutzung des Untergrundes und besondere Anforderungen in
Bayern. Die Tabelle enthält sowohl Vorschriften als auch Zielsetzungen der Wasserwirtschaft, die im
Genehmigungsverfahren im Einzelfall zum Tragen kommen können. Für thermische Energiespeicher im
Untergrund liegen bisher keine speziellen Vorschriften vor. Es ist jedoch anzunehmen, dass bei diesen
mindestens die selben Vorschriften gelten wie bei den Entzugsverfahren, sehr wahrscheinlich jedoch
deutlich höhere Anforderungen an die Sicherheit gestellt werden. ____________________________ 36
Tabelle 6: Übersicht über die mesozoischen und permischen Sedimentgesteine in Deutschland. ______________ 46
Tabelle 7: Stratigraphischen Einheiten ähnlicher Eigenschaften hinsichtlich der Eignung zur EWSS. __________ 47
Tabelle 8: Flächenanteile der in Deutschland für die EWSS geeigneten bzw. ungeeigneten Gebiete. ___________ 53
Tabelle 9: Technische Potentialabschätzung für Erdwärmesondenspeicher als Langzeitspeicher in solaren
Nahwärmesystemen mit saisonaler Speicherung für Bayern von 1995 bis 2020 __________________ 57
Tabelle 10: Technisches BHKW-Potential für Wärmespeicher-Einsatz in Deutschland für das Jahr 2010 _______ 59
Tabelle 11: Verwendete Material- und Geometriedaten für das Erdwärmesonden-Standardmodell.____________ 68
Tabelle 12: Berechnete Effizienzkennziffern für vier unterschiedliche Optimierungsvarianten. Die Beschreibung der
Varianten findet sich im Text._________________________________________________________ 83
Tabelle 13: Thermische und mechanische Eigenschaften des Verbundrohres UNIPIPE._____________________ 89
Tabelle 14: Kenndaten der Versuchssonden und die verwendeten Verfüllmaterialien._______________________ 97
Tabelle 15: Experimentell bestimmte Dichten und Wärmeleitfähigkeiten für die Verfüllmaterialien. ___________ 98
Tabelle 16: Für alle Technikumsversuche konstant gehaltene Versuchsparameter. _________________________ 98
Tabelle 17: Simulationsergebnisse für das Nahwärmesystem Greußenheim mit herkömmlichem und optimierten
Verfüllmaterial. __________________________________________________________________ 106
Tabelle 18: Simulationsergebnisse für erdgekoppelte Wärmepumpe mit herkömmlichem und optimierten
Verfüllmaterial. __________________________________________________________________ 107
Tabelle 19: Technische Daten der beiden eingebauten Erdwärmesonden. _______________________________ 112
Tabelle 20: Dichten der eingebrachten Chargen der Verfüllmaterialien Dämmer® und ThermoCem®. Die Dichten
liegen dabei nur geringfügig höher als für die bei den Technikumsversuchen hergestellten Mischungen.
_______________________________________________________________________________ 115
Tabelle 21: Versuchsparameter während der Durchführung der Feldversuche. __________________________ 115
Tabelle 22: Berechnete Steigungen der Ausgleichsgeraden und die daraus resultierenden Wärmeleitfähigkeitswerte
für die in Abbildung 58 dargestellten Messwerte. ________________________________________ 119
11
12
1 Anlass des Vorhabens und Zielsetzung
Wärmeenergie wird derzeit vorrangig durch die Verbrennung von fossilen Rohstoffen erzeugt. Angesichts gravierender Umweltprobleme und begrenzter Ressourcen ist es wünschenswert, solche Energieträger durch umweltschonende regenerative Energiequellen z.B. Sonnenenergie - zu ersetzen und damit fossile Energieressourcen zu schonen. In
diesem Bemühen sind Maßnahmen zur Langzeitwärmespeicherung als wichtige Voraussetzungen zu sehen.
Abbildung 1 zeigt beispielhaft das in unserer Klimazone vorhandene solare Strahlungsenergieangebot und den um ca. ein halbes Jahr verschobenen Raumwärmebedarf während eines Jahres. Will man Sonnenenergie für die Raumheizung effektiv nutzen und somit den solaren Deckungsanteil erhöhen, müssen Wege gefunden werden, die im Sommer vorhandene Wärme bis in den Winter, d.h. saisonal zu speichern.
1
0,8
0,6
0,4
0,2
0
Juli
Sep
Nov
Jan
März
Mai
Raumwärmebedarf
Strahlungsenergieangebot
Abbildung 1: Typische jahreszeitliche Verteilung von Solarenergieangebot und Raumwärmebedarf in Essen1.
Die Anwendung saisonaler Wärmespeicherung ist aber nicht allein auf die Nutzung der
Sonnenenergie beschränkt, sondern kann auch zur rationellen Nutzung thermischer Energie, die als Abwärme bei industriellen Prozessen entsteht, eingesetzt werden. Auch dort
wird ein Teil der Wärme zu Zeiten erzeugt, in denen kein Wärmebedarf besteht, so dass
Energiespeicher zum Ausgleich der zeitlichen Versetzung zwischen Wärmeproduktion und
-bedarf benötigt werden.
Im Rahmen des 1994 abgehaltenen 9. Internationalen Sonnenforums wurden für die
nächsten zehn Jahre bautechnische Lösungen für kleine (5000 bis 10000 m³) und mittlere
(10000 bis 30000 m³) Erdwärmesondenspeicher angemahnt (IF Technology, 1995). Demnach sollten entsprechende Erdwärmesondenspeicher gebaut und wissenschaftlich begleitet werden. Dabei sollte eine größere Anzahl von Untergrundspeichern in verschiedenen Geologien und für verschiedene Anwendungen zur Verfügung gestellt werden, um
Erfahrungen zu sammeln und darauf aufbauend Effizienzsteigerung und Baukostenreduzierung zu erreichen.
1
RWE Energie Bau-Handbuch, 11. Ausgabe, Energie-Verlag GmbH, Heidelberg 1991
13
Das langfristige Ziel eines wirtschaftlichen Betriebs macht die Reduzierung der Baukosten
von Erdwärmesondenspeichern nötig (Fisch et al., 1994). Die Erstellungskosten des Speichersystems können durch eine Optimierung des Speicheraufbaus und eine Verbesserung der Wärmeübertragung im Bereich der Erdwärmesonde verringert werden. Für kleinere Erdwärmesondenspeicher (z. B. bis 10.000 m³) mit höheren Speichermitteltemperaturen ist eine solch optimale Bauweise besonders wichtig, um trotz relativ großer Wärmeverluste tolerierbare Speichernutzungsgrade zu erreichen.
Möglichkeiten zur Reduzierung des Wärmedurchgangswiderstandes für die Erdwärmesonden bestehen z.B. durch Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit des Bohrlochverfüllmaterials oder durch optimale Konfiguration der Erdwärmesonden. Weiterhin können neue Materialentwicklungen, z.B. der Einsatz von Mehrschichtverbundrohren bei den Erdwärmesonden, eine Effizienzerhöhung der Erdwärmesonden bewirken.
Wesentliche Zielsetzung dieses Projekts war die Optimierung der Erdwärmesonde für den
Einsatz in Erdwärmesondenspeichern. Die Optimierung wurde in folgender Reihenfolge
durchgeführt:
•
•
•
Simulationsrechungen mit Parameterstudie,
Laborexperimente bzw. Technikumsversuche und
Feldversuche.
Speziell sollte die thermische Effizienz der Erdwärmesonden in Abhängigkeit von der
Sondenart, des Rohrmaterials, des Bohrlochdurchmessers, der Durchflussrichtung und
von den thermischen Eigenschaften des Bohrlochverfüllmaterials untersucht werden.
Neue Materialien für das Bohrlochverfüllmaterial und für das Sondenrohr sollten auf ihre
Eignung getestet werden. Bei allen Untersuchungen sollten betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden.
Mittelfristig ist die Errichtung und wissenschaftliche Untersuchung eines kleineren Erdwärmesondenspeichers in Greußenheim geplant, der bereits Gegenstand einer von der
DBU geförderten Vorstudie (Büttner et al., 1998) war. Unter diesem Gesichtspunkt dient
diese Studie dazu, eine fundierte Ausgangsbasis für das geplante F&E-Vorhaben zu bilden.
In Anlehnung an die Zielsetzung umfasste das Arbeitsprogramm folgende Schwerpunkte:
1. Numerische Simulationen und Berechnungen zum thermischen Verhalten, d.h. zur
Wärmeübertrager-Effizienz einzelner Erdwärmesonden.
2. Experimentelle Untersuchungen zur Optimierung des Verfüllmaterials durch GraphitZusätze.
3. Technikumsversuche zum Vergleich der Wärmeübertrager-Effizienz ausgewählter
Sondentypen.
4. Feldversuche an zwei optimierten Sonden unterschiedlicher Bauart am Standort Greußenheim.
5. Aufzeigen der Einsatzmöglichkeiten von Erdwärmesondenspeichern insbesondere
kleinerer und mittlerer Größe für die Nutzung von „Abfall“-Wärme im industriellen Bereich.
6. Beurteilung der geologischen Situation am Standort Greußenheim im Hinblick auf eine
Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Standorte.
14
2 Langzeitwärmespeicherkonzepte - Stand der Technik
Zur Langzeitspeicherung von Wärmeenergie im Untergrund existieren unterschiedlichste
Verfahren. Welche Speichermethode angewendet wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dies sind in erster Linie die geologischen und hydrogeologischen Bedingungen am
Standort. Darüber hinaus spielen die gewünschte Speicherdauer, die zu speichernde Energiemenge, die Betriebstemperatur, die Zahl der Be- und Entladevorgänge des Speichers und nicht zuletzt wirtschaftliche Gesichtspunkte eine entscheidende Rolle. Die Möglichkeiten erstrecken sich dabei von der Speicherung von Warmwasser in künstlichen
Hohlräumen wie Erdbecken und Felskavernen, über die Wärmespeicherung im Untergrund mit Hilfe von Erdwärmesonden-Speichern (BTES = Borehole Thermal Energy Storage) bis zu Kies/ Wasser- oder Aquiferwärmespeichern (ATES = Aquifer Thermal Energy
Storage). Grundsätzlich ist bei allen Speichertypen zu beachten, daß die thermische Nutzung des Untergrundes andere Nutzungen nicht beeinträchtigt. Dies gilt insbesondere für
Grundwasser in der Umgebung des Speichers. In Trinkwasserschutzgebieten etwa sind
solche Techniken weitgehend ausgeschlossen. Verfahren zur thermischen Nutzung des
Untergrundes bis in eine Tiefe von 400 m werden in der Richtlinie VDI 4640, die vom
Richtlinienausschuss der Gesellschaft Energietechnik des VDI (VDI-GET) erstellt wurde,
angegeben.
2.1 Kavernen- , Erdbecken-, Aquifer- und Kies/Wasserspeicher
Die Wärmespeicherung in Felskavernen, ehemaligen Bergbaustollen und –schächten ist
nur in Spezialfällen bei geeigneten geologischen und hydrogeologischen Randbedingungen möglich. In Deutschland sind nur wenige geeignete Standorte vorhanden.
Erdbeckenspeicher in Form großer Betonbehälter als Hochtemperaturspeicher (50 –
80°C) oder für den Niedertemperaturbereich (< 50 °C ) lassen sich dagegen fast überall
errichten. Nachteilig sind in beiden Fällen die noch relativ hohen Baukosten, die allerdings
von der Speichergröße abhängen (siehe Abbildung 2). In Deutschland sind derzeitig vier
Erdbeckenspeicher in Betonbauweise in Betrieb (siehe Tabelle 1), wobei der Speicher in
Rottweil nicht als Langzeitwärmespeicher konzipiert ist.
Speicherkosten
[DM/kWh]
1.2
Erdbecken
Kavernen
Erdwärmesonden
Aquifere
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
25
50
75
100
Speicherkapazität [GWh]
Abbildung 2: Spezifische Baukosten von Langzeitwärmespeichern im Vergleich (IF
Technology, 1995).
15
Tabelle 1: Erdbeckenspeicherprojekte in Deutschland, Stand 2000.
Projekt
Wärmequelle
Rottweil
Hamburg
Friedrichshafen
Hannover
Jülich
BHKW
Solar
Solar
Solar
Solar
Speicher
volumen
[m³]
600
4500
12000
2750
2500
Maximale
Ladetemperatur [°C]
Status
90
90
90
90
90
errichtet 1994
errichtet 1996
errichtet 1996
errichtet 2000
in Planung
Ein Aquiferspeicher nutzt einen natürlichen Grundwasserleiter (Aquifer), d.h. die Gesteinsmatrix und das darin befindliche Wasser als Speichermedium, wobei das Wasser
gleichzeitig als Wärmetransportmedium verwendet wird. Dies wird zum Beladen über Förderbrunnen entnommen, erwärmt und über Schluckbrunnen wieder in denselben Aquifer
eingeleitet. Beim Entladen wird dieser Kreislauf umgedreht und damit die Wärme wieder
entnommen. Zum Einsatz dieses Speichertyps muss ein geeigneter Aquifer vorhanden
sein, zudem ist eine gewisse Mindestgröße der Speichers erforderlich.
Weiterhin ist die genaue Kenntnis der hydrogeologischen Situation notwendig. Im Vorfeld
muss die Machbarkeit durch entsprechende umfangreiche Untersuchungen geprüft werden. Vor allem Wasserqualität und chemische Zusammensetzung des Wassers sind wichtige Gesichtspunkte, denn diese stehen in engem Zusammenhang mit später auftretenden technischen Problemen wie beispielsweise der Verockerung von Brunnen. Um diese
zu verhindern, sind entsprechende technische Maßnahmen erforderlich, die allerdings
bekannt sind.
16
Zur Planung eines Aquiferspeichers sind folgende Voruntersuchungen unbedingt notwendig:
•
•
•
•
•
•
Errichten von drei Brunnen (hydrogeologisches Dreieck),
Analyse der Wasserchemie,
Pumpversuch,
Bestimmung von Fließgeschwindigkeit und –richtung,
Grundwassermodellierung,
Systemsimulation etc..
Das Speicherprinzip eines Kies-/Wasserspeichers ist dem des Aquiferspeichers sehr ähnlich, allerdings handelt es sich um ein künstliches Bauwerk und stellt somit weniger Anforderungen an die geologischen Standortbedingungen. Hierbei handelt es sich um ein mit
Folie ausgekleidetes Erdbecken, das mit einer definierten Kiesschüttung und Wasser gefüllt ist. Je nach Temperaturniveau ist eine entsprechende Wärmedämmung vorzusehen.
Be- und Entladen erfolgt entweder direkt durch Umpumpen des Speicherwassers oder
indirekt über ein in den Speicher eingebautes, geschlossenes Rohrsystem als Wärmeaustauscher. Bisher ausgeführte Anlagen befinden sich in Stuttgart (Pilotanlage), SteinfurtBorghorst, Chemnitz und Augsburg.
Die hierbei erzielten Baukosten für Kies/Wasserspeicher liegen etwas unter denen der
Erdbeckenspeicher aus Beton. Aquiferspeicher können, insbesondere wenn es sich um
große Anlagen handelt, kostengünstiger gebaut werden, da der Anteil für die aufwendigen
Voruntersuchungen im Verhältnis niedriger ausfällt. In Hahne (1998) werden für einen
Speicher mit 10000 m³ Wasseräquivalent bezogen auf 1 m³ Baukosten für einen Erdbe-3
ckenspeicher (aus Beton für Heißwasser) von 200 – 230 DMm , für einen
Kies/Wasserspeicher von 180 - 200 DMm-3 und einen Aquiferspeicher von 140 –
160 DMm-3 angegeben.
Über die heute betriebenen Aquiferspeicher gibt Abbildung 3 einen Überblick. Inzwischen
existieren weltweit weit über 100 Aquiferspeicher. In Deutschland sind derzeit am
Reichstag in Berlin zwei Aquiferspeicher in Betrieb, einer im Hochtemperaturbereich bis
etwa 80°C und einer als Wärme-/Kältespeicher im Nie dertemperaturbereich. Ende 1999
ging in Rostock ein Aquiferspeicher (< 50°C) in Ver bindung mit einer solaren Nahwärmeversorgung in Betrieb. Allein in den Niederlanden laufen Mitte 2000 ca. 120 Anlagen vorwiegend zur Wärme-/Kältespeicherung zum Heizen und Kühlen, zwei davon als Hochtemperaturspeicher (< 80 °C) nur zum Heizen. Die Zu wachsrate beträgt dort zur Zeit ca.
25 Anlagen pro Jahr.
Alle bisher vorgestellten Untergrundspeicher haben den Nachteil, daß ihre Speicherkapazität nach Fertigstellung nicht mehr erweiterbar ist. Steigt der Bedarf, muß ein zusätzlicher
Speicher gebaut werden. Lediglich beim Aquiferspeicher ist eine Erweiterung, d.h. Steigerung der umgepumpten Wassermenge, möglich, wenn die Brunnen- und Wasseraufbereitungsanlagen in der Planung bereits dafür ausgelegt wurden.
17
Aquiferspeicherung weltweit: Stand 2000
1
Schweden
130
Niederlande
6
Frankreich
2
USA
4
Kanada
3
Japan
1
Polen
Belgien
3
Deutschland
2
0
20
40
60
80
100
120
140
Anlagenzahl
Abbildung 3: Derzeit in Betrieb befindliche Aquiferspeicheranlagen weltweit. Nach IEA 2000.
2.2 Erdwärmesonden-Speicher – Stand der Technik
Erdwärmesonden sind Wärmeübertrager, die vertikal oder schräg in den Untergrund eingebracht werden. Ein Erdwärmesonden-Speicher besteht aus einer kompakten Anordnung vieler Erdwärmesonden. Ihre thermische Übertragungsleistung, Speichergröße und
Betriebsweise sind entscheidend für die Effizienz des Speichersystems.
Der Erdwärmesonden-Speicher stellt im Prinzip eine Erweiterung der seit vielen Jahren,
vor allem in Nordamerika, aber auch in einigen europäischen Ländern (Schweiz, Österreich, Deutschland), erfolgreich eingesetzten Technik der erdgekoppelten Wärmepumpen
dar. Diese werden in den USA seit 50 Jahren zur Wärmegewinnung aus dem oberflächennahen Untergrund eingesetzt. Dabei wurden sowohl horizontale Erdreichwärmeübertrager (Erdwärmekollektoren) als auch vertikale Systeme, d.h. Erdwärmesonden, installiert. Statt wie bislang üblich dem Untergrund ausschließlich Wärme zu entziehen, wird
bei der Speicherung zusätzlich Wärme in das Erdreich eingebracht. Horizontale Erdreichwärmeübertrager (Erdwärmekollektoren) sind wegen ihrer flächigen Ausdehnung als Speicher ungeeignet (schlechtes A/V-Verhältnis), obwohl sie bei Bauprojekten immer wieder
als solche vorgeschlagen werden. Ordnet man dagegen mehrere vertikale Erdwärmesonden kompakt im richtigen Abstand (ca. 2 – 4 m) voneinander so an, dass ein zylindrischer
oder kubischer Erdkörper (günstiges A/V-Verhältnis) erschlossen wird, kann dieser zur
Wärmespeicherung eingesetzt werden.
Der derzeit einzige größere in Deutschland betriebene Erdwärmesonden-Speicher in höherem Temperaturbereich, der auch vermessen wird, befindet sich in Neckarsulm. Er
wurde im Rahmen des Programmes Solarthermie 2000 gebaut und wird wissenschaftlich
begleitet. In den vergangenen zwei Jahren wurden einige Erdwärmesonden-Speicher im
Niedertemperaturbereich zum Heizen und Kühlen auf kommerzieller Basis errichtet oder
sind zur Zeit in Planung, allerdings ohne wissenschaftliches Messprogramm. Die erste
Ausbaustufe in Neckarsulm (36 Erdwärmesonden, Speichervolumen 4300 m³) wurde
1997 in Betrieb genommen, die zweite Ausbaustufe auf insgesamt 168 Erdwärmesonden
18
(Speichervolumen 20000 m³) wurde 1998 fertiggestellt, daran anschließend soll in den
nächsten Jahren das Speichervolumen schrittweise auf ca. 150000 m³ erhöht werden.
Auch an der zweiten Ausbaustufe werden umfangreiche Messungen durchgeführt. Neben
zusätzlichen Temperaturmessungen wird auch der Feuchtetransport bedingt durch Temperaturgradienten untersucht. Dieser kann den Wärmetransport und die thermischen Eigenschaften des Speichers beeinflussen. Wegen der stetigen Erweiterung dieses Erdwärmesonden-Speichers existiert zur Zeit kein Hochtemperatur-Langzeitspeicher mit kleinem Volumen, der für Langzeitmessungen zur Verfügung steht.
Erdwärmesonden-Speicher werden vor allem in Schweden (dort derzeit 13 Anlagen) betrieben. Die derzeit weltweit größte Anlage befindet sich am Richard Stockton College in
Pomona, New Jersey in den USA. Dieser Speicher besteht aus 400 Erdwärmesonden von
135 m Tiefe und erschließt ein Volumen von 1100000 m³. Die Anlage ist seit 1993 in Betrieb und dient zum Heizen und Kühlen der Universitätsgebäude. In Deutschland bestehen
ca. 10 Erdwärmesonden-Speicher (für Detailangaben hierzu siehe Tabelle A1 im Anhang). Weitere Anlagen, meist als kombinierte Wärme/ Kältespeicher, befinden sich in
Planung oder Bau. Eine Auswahl von Speicherprojekten in anderen Ländern wird ebenfalls im Anhang gegeben, siehe Tabelle A2).
Erdwärmesonden-Speicher haben gegenüber den anderen Langzeitspeichersystemen
folgende Vorteile:
•
•
•
•
Erdwärmesonden-Speicher sind sowohl in den gesättigten, als auch in den
ungesättigten Bodenzonen möglich. Auf Grund der starken Variationen der
geologischen und hydrogeologischen Bedingungen sowie der erforderlichen
Speichergröße gibt es mehr Standorte, die für Erdwärmesonden-Speicher geeignet sind, als für Aquiferspeicher. Sie besitzen damit ein größeres Einsatzfeld als Aquiferspeicher und geringere Probleme bei der Standortwahl.
Die spezifischen Speicherkosten liegen unter denen für Erdbecken und Kavernenspeicher (s. Abbildung 2). Nur die Kosten für die Speicherung im
Aquifer liegen im Vergleich meist niedriger.
Erdwärmesonden-Speicher sind bei Bedarf leichter erweiterbar.
Sie zeigen keine Abhängigkeit von den lokal vorliegenden wasserchemischen
Verhältnissen und unterliegen damit nicht so strengen Kriterien wie für die
Aquiferspeicherung.
Nachteilig gegenüber dem Aquiferspeicher ist der schlechtere Wärmeübertragung bedingt
durch den zusätzlichen Wärmeaustausch. Dies gilt insbesondere für Anwendungsfälle, wo
nur geringe Temperaturdifferenzen zur Verfügung stehen. Die verschiedenen Speicherkonzepte sind in Tabelle 2 nochmals zusammenfassend verglichen.
19
Tabelle 2: Abschließender Vergleich verschiedener Erdwärmespeicher-Konzepte (+ positives Kriterium, - negatives Kriterium).
Kriterium
Typ
Kosten
Aquifer
Kies/Wasserspeicher
Erdwärmesonden
Erdbecken
Kavernen
++
+
-
Genehmigungsfähigkeit
+/+
++
++
+/-
Anwendung
Heizen
+
+
++
++
++
Kühlen
++
++
+
-
typische GröTempeße
in
m³
ratur
Wasseräquiv.
>50000m³
>1000m³
>5000m³
>1000m³
>100000m³
+/+/+
+
+
Die zentrale Bedeutung der Erdwärmesonden und ihrer optimalen Anbindung an das umgebende Erdreich wurde z. B. bereits in den Arbeiten von Müller et al. (1986) und Mei und
Fischer (1983) hervorgehoben. Dabei führten Müller und Mitarbeiter vergleichende Untersuchungen an drei Erdwärmesonden unterschiedlicher Bauart durch. Diese Ergebnisse
lassen sich jedoch nur bedingt auf die derzeitige Technik der Erdwärmesonden übertragen. Eine Parameterstudie wurde nicht durchgeführt. Mei und Fischer (1983) variierten in
einer Parameterstudie speziell für Koaxial-Erdwärmesonden u. a. Bohrlochdurchmesser,
Rohrmaterial (PVC und HDPE) und Durchflussgeschwindigkeit und stellten fest, dass es
mehrere Möglichkeiten zur Erhöhung der thermischen Effizienz für Erdwärmesonden gibt:
•
•
•
Erhöhung der Fließgeschwindigkeit der Wärmeträgerflüssigkeit,
Erhöhung des Außenradius des Koaxialrohres,
Vergrößerung der Länge der Erdwärmesonde.
Dabei stellen nur die ersten beiden Punkte eine längenbezogene Effizienzsteigerung in
Aussicht.
Deutlich wird die große Bedeutung der optimalen thermischen Ankopplung der Erdwärmesonde an das umliegende Erdreich auch bei Betrachtung des seit 1997 in Betrieb genommenen, ersten Bauabschnitt des Erdwärmesonden-Speichers in Neckarsulm (1998).
Die Messungen nach Fertigstellung des ersten Bauabschnittes mit 36 Erdwärmesonden
ergaben ein schlechteres Wärmeübertragungsverhalten der Erdwärmesonden als vorausberechnet. Als Gründe werden der kleine Bohrlochdurchmesser von 115 mm und der nur
geringe Schenkelabstand von 75 mm der verwendeten U-Rohre sowie die niedrigere
Wärmeleitfähigkeit des Bohrlochverfüllmaterials angegeben. Der im Betrieb gemessene
Speichernutzungsgrad lag bei 51.8 %, statt, wie berechnet, bei 60.2 %. Durch den ausgleichend wirkenden Pufferspeicher reduzierte sich der solare Deckungsanteil allerdings
nur um 3 %. Für den weiteren Ausbau auf 168 Sonden wurde deshalb auf einen Bohrlochdurchmesser von 150 mm und einen entsprechend größeren Schenkelabstand übergegangen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass bereits kommerzielle Abstandshalter auf dem Markt erhältlich sind (Scherf 2000).
In den Arbeiten von Wagner (1991) und Seiwald et al. (1995) wurden verschiedene Bohrlochverfüllmaterialien untersucht, welche einen guten thermischen Kontakt zwischen Erdwärmesonde und umgebendem Erdreich gewährleisten sollten. Diese Untersuchungen
beschränkten sich auf Mischungen von Wasser, Bentonit, Quarzsand und Zement.
20
Quarzsand diente dabei als Additiv zur Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit. Durch Variation
-1 -1
der Mischungsverhältnisse konnte eine Wärmeleitfähigkeit von 1.3 Wm K erreicht werden. Seiwald et al. verglichen zudem drei unterschiedliche Sondentypen (Koaxialsonde,
Einfach-U-Rohr- und Doppel-U-Rohrsonde) mittels Laborexperimenten. Allen (1998) verwendete Zusätze von organischem Fließmittel, sogenannte „Superplasticizer“, um Verfüllmaterialien mit einem Quarzsand/Zement-Verhältnis von bis zu 2.5 zu realisieren. Damit lassen sich Wärmeleitfähigkeitswerte bis 2.5 Wm-1K-1 erreichen. Der Zusatz einer organischen Komponente ist aber zumindest aus wasserhygienischer Sicht bedenklich.
Modelle zur analytischen Berechnung des Wärmedurchgangswiderstandes für Erdwärmesonden liefert Hellström (1991). Es können damit symmetrisch aufgebaute Sondentypen
unter vereinfachten Annahmen behandelt werden.
Neueste Untersuchungen beschäftigten sich mit der experimentellen Bestimmung des
thermischen Bohrlochwiderstandes für verschiedenen Bauformen von Erdwärmesonden.
So untersuchte Hellström und Kjellsson (2000) Einfach- und Doppel-U-RohrErdwärmesonden sowie Koaxialaufbauten aus Polyethylen und Kupfer. Die Erdwärmesonden waren dabei in wassergefüllten Bohrlöchern eingebracht, in denen durch auftretende Konvektion eine sehr gute thermische Ankopplung an das umgebende Erdreich erreicht werden konnte. Die ermittelten thermischen Bohrlochwiderstände variierten dabei
zwischen 0.003 mKW -1 und 0.08 mKW -1. Zur thermischen in-situ Charakterisierung des
Erdreiches und der eingebauten Erdwärmesonde werden von verschiedenen Arbeitsgruppen Thermal Response Tests verwendet (Gehlin und Hellström, 2000; Spitler et al., 2000;
Cruickshanks et al., 2000; Sanner et al., 2000). Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung sind für die aufgeführten Arbeiten im wesentlichen ähnlich und basieren auf dem
Prinzip des Hitzdraht-Verfahrens (Stalhane und Pyk, 1931).
21
22
3 Geologische Voraussetzungen für den Einsatz von Erdwärmesonden-Speicher in Deutschland
3.1 Vorbemerkungen
Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens soll unter anderem geklärt werden, ob die geologischen
Voraussetzungen
in
Deutschland einen breiteren Einsatz von
(HT-)Erdwärmesonden-Speichern (EWSS) des Typs wie er am Standort Greußenheim
geplant ist, ermöglichen. Von besonderem Interesse ist hierbei auch die Frage, inwieweit
sich Ergebnisse eines möglichen Forschungsspeichers am Standort Greußenheim auf
andere Standorte in Deutschland übertragen lassen. Im Rahmen dieser geologischen
Übersichtsbetrachtung werden deshalb in einem ersten Schritt zunächst die bestehenden
Erkenntnisse über die geologisch-hydrogeologischen Anforderungen der EWSS vorgestellt. Diese Anforderungen werden sodann mit den geologischen Verhältnissen der unterschiedlichen geologisch-hydrogeologischen Großeinheiten verglichen, um potentiell
geeignete Gebiete von ungeeigneten abzugrenzen.
Ausgehend von dieser allgemeinen Ermittlung des geologischen Potentials für die EWSS
werden in einem weiteren Schritt die geologisch-hydrogeologischen Verhältnisse am geplanten Standort Greußenheim mit den Verhältnissen an anderen potentiell geeigneten
Standorten verglichen. Anhand dieser Betrachtungen wird eine Einstufung des Standorts
Greußenheim vorgenommen. Abschließend erfolgt eine Einschätzung inwieweit der
Standort Greußenheim sich aus geologischer Sicht als repräsentativer Standort für einen
Forschungsspeicherprojekt erweisen kann.
Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass eine geologischhydrogeologische Gesamtbeurteilung der Untergrundvoraussetzungen in Deutschland
aufgrund der enormen Vielfalt der hier auftretenden geologischen Situationen nur einen
sehr groben Überblick geben kann. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Tatsache,
dass ein EWSS grundsätzlich eine gewisse Tiefenerstreckung aufweist (mindestens ca.
20 m, maximal ca. 200 m). Es ist deshalb grundsätzlich nicht ausreichend, die oberflächenhaft auftretenden Gesteine (geologische Karten) zu betrachten und anhand ihrer Eigenschaften eine Beurteilung der Eignung vorzunehmen. Vielmehr muss der dreidimensionale Aufbau des Untergrundes, der aus verschiedenen Schichten oder Körpern sehr unterschiedlicher Eigenschaften bestehen kann, berücksichtigt werden. Insbesondere in Gebieten, in denen die Festgesteinsoberfläche durch oft nur geringmächtige junge Deckschichten überlagert wird, ist das geologische Kartenbild an sich wenig aussagekräftig.
Gleiches gilt aber auch für geringmächtige Einheiten, die aufgrund ihrer Verwitterungseigenschaften eine weite flächenhafte Verbreitung haben (z.B. Unterer Keuper im süddeutschen Schichtstufenland). Um die dritte Dimension des Untergrundaufbaus in die Beurteilung der Eignung einzubeziehen, müsste aber ein Aufwand getrieben werden, der selbst
für kleinere Bereiche enorm hoch ist. Diese Zusammenhänge werden ausführlich von
BARTHEL (2000) erläutert.
Erschwerend kommt hinzu, dass die hydrogeologische Situation nicht ausschließlich
durch das Auftreten bestimmter geologischer Einheiten (Gesteine), sondern auch durch
den strukturellen Bau, das Oberflächenrelief und andere geomorphologische Faktoren
bestimmt wird. In vielen Bereichen Deutschlands ergeben sich insgesamt geologischhydrogeologische Verhältnisse, die sich auf sehr kurze horizontale Distanz (teilweise im
Meterbereich!) sehr stark ändern können. Solche kleinräumigen Variationen können in
einer Übersichtsbetrachtung nicht berücksichtigt werden. Aussagen, die innerhalb dieser
Studie getroffen werden, verstehen sich deshalb grundsätzlich als pauschale Charakteri23
sierungen der vorherrschenden geologischen Situation und können nicht zur Beurteilung
konkreter Standorte herangezogen werden.
3.2 Literatur und Informationsquellen
3.2.1 Geologie und Hydrogeologie
Es ist im Rahmen einer Übersichtsdarstellung der geologisch-hydrogeologischen Verhältnisse in Deutschland nicht möglich auf die gesamte Bandbreite regionalgeologischer Literatur einzugehen. Deshalb wird hier nur eine Auswahl überregional bedeutsamer Schriften
erwähnt, in denen die wesentlichen Merkmale einzelner Regionen zusammengefasst werden.
Als bedeutendste Beschreibungen der allgemeinen geologischen Verhältnisse sind die
„Einführung in die Geologie Deutschlands“ (HENNIGSEN & KATZUNG, 1998) und die „Geologie von Mitteleuropa“ (W ALTER, 1995) zu nennen. Deutlicher auf regionale Besonderheiten
ausgerichtet sind die Kartenwerke und zugehörigen Erläuterungen zu den geologischen
Karten der einzelnen Bundesländer, z.B. „Geologische Karte von Bayern, 1:500000“
(BayGLA, 1996) oder auch Werke wie „Geologie von Baden-Württemberg“ (GEYER &
GWINNER, 1991). Beste Informationsquellen auf lokaler Ebene stellen die Erläuterungen zu
den amtlichen geologischen Karten im Maßstab 1:25000 (GK25) dar, die von den geologischen Landesbehörden herausgeben werden.
Hydrogeologische Gesamtdarstellungen sind vergleichsweise selten anzutreffen, was im
wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass die hydrogeologische Situation noch deutlicher als die lithologisch-stratigraphischen Verhältnisse sehr starken kleinräumigen
Schwankungen unterworfen sind. Übersichtsdarstellungen auf deutscher bzw. internationaler Ebene geben die „Erläuterungen zur Internationalen hydrogeologischen Karte von
Europa 1:1500000“ (STRUCKMEIER, 1978 und DEUTLOFF, 1979) und „Die Grundwasservorkommen der Bundesrepublik Deutschland“ (VIERHUFF, 1981). Für das Gebiet der ehemaligen DDR liegt eine detaillierte hydrogeologische Beschreibung in JORDAN (1996) vor. In
regionalem Maßstab existieren mehr oder weniger ausführlich gehaltene Darstellungen
zur Hydrogeologie einzelner Bundesländer, teilweise mit entsprechenden Kartenwerken
z.B. „Hydrogeologisches Kartenwerk Hessen, 1:300.000“ (DIEDERICH ET AL., 1991) oder
„Hydrogeologie von Schleswig-Holstein“ (JOHANNSEN, 1980). Von Interesse sind weiterhin
die „Wasserwirtschaftlichen Rahmenpläne“ für einzelne Regionen, die von den geologischen oder wasserwirtschaftlichen Landesbehörden herausgegeben werden (z.B. Bayern:
BAYGLA, 1993).
3.2.2 Geologische Voraussetzungen für Untergrundwärmespeicher
Eine umfassende, detaillierte Beschreibung der geologischen, hydrogeologischen und
geotechnischen Kriterien für Untergrundwärmespeicher fehlt bislang. Die bislang weitreichendsten Darstellungen geben SANNER (1992) und SANNER & KNOBLICH (1993, 1994).
Weitere Einzeldarstellungen geben ANDERSSON ET AL. (1997). Soeben erschienen ist Blatt
3 der VDI-Richtlinie 4640 „Thermische Nutzung des Untergrundes“, das sich mit den Verfahren der thermischen Untergrundspeicherung befasst (VDI, 1999).
3.2.3 Regionale geologischen Bedingung für Untergrundwärmespeicher
Eine regionale Übersichtsdarstellung der geologisch-hydrogeologischen Bedingungen für
Untergrundwärmespeicher im Allgemeinen oder EWSS im Besonderen liegt bislang weder
für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland noch für andere Länder vor. Einzelne
24
Darstellungen auf regionaler, lokaler oder landesweiter Basis existieren in Deutschland
oder in der Schweiz oder sind derzeit in Bearbeitung. Sie sind allerdings in den meisten
Fällen nicht auf Speichervorhaben, sondern auf anderweitige thermische Nutzungen des
Untergrundes ausgerichtet.
3.3 Hydrogeologische und physikalische Grundlagen
Bei der Wärmespeicherung im Untergrund treten verschiedene physikalische Prozesse
auf, die von den thermischen und hydrogeologischen Eigenschaften der beteiligten Gesteine gesteuert werden. Die wesentlichen Zusammenhänge werden im Folgenden kurz
erläutert, soweit sie zum Verständnis der Beurteilung der Eignung von Gesteinseinheiten
zur Erdwärmesonden-Speicherung notwendig sind.
3.3.1 Hydrogeologische Grundbegriffe
Die wichtigsten hydrogeologischen Grundbegriffe werden durch Abbildung 4 und
Abbildung 5 erklärt. Für die dort genannten Bezeichnungen werden häufig auch die in
Tabelle 3 angegebenen Begriffe verwendet. Weitere Begriffe werden in der DIN 4049 und
der einschlägigen Fachliteratur erläutert (z.B. HÖLTING, 1996).
Abbildung 4: Wichtige hydrogeologische Grundbegriffe. Synonym verwendete Ausdrücke
werden in Tabelle 3 erklärt. Aus Hölting (1996).
Abbildung 5: Unterschiedliche Aquifertypen. Aus Hölting 1996.
25
Tabelle 3: Synonyme Begriffe, die für die in Abbildung 4 angegebenen Bezeichnungen
verwendet werden
Grundwasserleiter
Aquifer
Grundwassernichtleiter
Aquiclude , Aquifuge (keine Porosität), Grundwasserstauer
Grundwasserhemmer
Aquitard, Grundwassergeringleiter
Grundwasseroberfläche, -Druckfläche
Grundwasserspiegel, Druckwasserspiegel, piezometerische Höhe
Die Durchlässigkeit von Lockergesteinen wird durch das Gesetz von Darcy beschrieben.
Danach ist die Volumenstromdichte q abhängig vom hydraulischen Potential ∂h/∂
∂l [di-1
mensionslos] und dem Durchlässigkeitsbeiwert kf [ms ] (hydraulische Leitfähigkeit). Für
die eindimensionale Grundwasserausbreitung gilt:
Qw
∂h
= − kf
F
∂l
q=
(1)
wobei Qw [m3s-1] der Volumenstrom ist, der die (Brutto-)Fläche F [m2] durchströmt. Der
Quotient Qw/F hat die Einheit einer Geschwindigkeit und wird häufig als Darcy- oder auch
Filtergeschwindigkeit vF [ms-1] bezeichnet. Für die Ermittlung der Grundwasserfließgeschwindigkeit aus dem Gesetz von Darcy muss berücksichtigt werden, dass im porösen
Medium die durchflusswirksame Fläche durch das nutzbare Porenvolumen bzw. die effektive Porosität bestimmt wird. Die Abstandsgeschwindigkeit va, die die tatsächliche
Grundwasserfließgeschwindigkeit näherungsweise beschreibt, wird demnach zu
va =
Qw
v
= F
F ⋅ ne ne
(2)
In Kluftgrundwasserleitern gilt das Gesetz von Darcy nur dann, wenn aufgrund besonders
intensiver, kleinräumiger Klüftung „porenähnliche“ Zustände herrschen und deshalb eine
diffusive Wasserbewegung stattfinden kann. Im üblichen Fall sind die Verhältnisse in
Kluftgrundwasserleitern allerdings sehr heterogen, da die Verteilung von Anzahl, Weite
und Durchtrennungsgrad der Klüfte abhängig und lokalen und regionalen Veränderungen
unterworfen ist. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, wird bei Kluftgrundwasserleitern der kf-Wert im Pumpversuch als sogenannte Gebirgsdurchlässigkeit bestimmt, wobei über ein großes Gesteinsvolumen integriert wird.
Unter der (Gesamt-)Porosität n versteht man denjenigen Anteil Vp des Gesamtvolumens
Vg, der von Poren eingenommen wird:
n=
Porenvolumen V p
Gesamtvolumen V g
(3)
Die Porosität von Lockergesteinen ist vor allem von der Kornform, der Korngrößenverteilung, dem Kompaktionsgrad abhängig. Bei Festgesteinen tritt je nach Typ bzw. Genese
zum primären Porenvolumen das sekundäre, durch mechanische Beanspruchung des
verfestigten Gesteins hervorgerufene Kluftvolumen hinzu:
26
K=
Kluftvolumen Vk
Gesamtvolumen V g
(4)
Insbesondere bei siliziklastischen Festgesteinen treten Kluft- und Porenvolumen nebeneinander auf. Die Summe aus Vk und Vp wird als Gesamtporenvolumen bezeichnet.
Für Fragen, die Bewegung von Grundwasser im Untergrund betreffen, ist das Gesamtporenvolumen keine aussagekräftige Größe. Da ein Teil des Porenwassers aufgrund verschiedener Mechanismen nahezu unbeweglich an das Korngerüst des Gesteins gebunden ist (Haftwasser, Vh), steht nur ein Teil des gesamten Porenraums Vp für die Grundwasserbewegung zur Verfügung. Dieser Anteil wird als nutzbarer oder effektiver Porenraum Ve bezeichnet. Die effektive Porosität ne ergibt sich zu:
ne =
Vp − Vh Ve
=
Vg
Vg
(5)
Analog ist der Begriff des effektiven Kluftvolumens zu verstehen.
Von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, dass bei feinkörnigen Gesteinen ein sehr
großer Prozentsatz des enthaltenen Porenwassers nicht durch äußere Einwirkungen
(Pumpen, Temperatureinwirkung) bewegt werden kann, da er durch Kapillarkräfte in
Feinstporen fixiert ist (s. Abbildung 6).
60
1*10E-9
Gesamtporenraum
50
Effektive Porosität
Durchlässigkeit [m/s]
Durchlässigkeit
Volumenprozent
40
30
20
10
0
1
Ton
Schluff
Sand
Kies
Steine
Abbildung 6: Zusammenhang zwischen Gesamtporenraum, nutzbarer Porosität ne und
Durchlässigkeit für Lockergesteine. Eigener Entwurf u.a. nach HÖLTING (1996) und BALKE
ET AL. (2000).
27
3.3.2 Thermische Grundlagen
3.3.2.1 Thermische Eigenschaften von Gesteinen
Eine wichtige materialspezifische Größe für die Wärmespeicherung ist die spezifische
Wärmekapazität c [Jkg-1K-1]. Sie gibt an, welche Wärmemenge man einem Kilogramm
eines Stoffes zuführen muss, um seine Temperatur um ein Grad Kelvin zu erhöhen. Da
bei der Wärmespeicherung im Untergrund häufig weniger die Masse, als das Volumen
des Speichers von Interesse ist, wird häufiger die volumetrische Wärmekapazität ρc
-3 -1
[Jm K ] angegeben, wobei ρ die Dichte des Stoffes ist.
In Abbildung 7 sind die Wärmekapazitäten einiger Gesteine und Minerale wiedergegeben.
Von entscheidender Bedeutung ist die Tatsache, dass Wasser mit 4.1MJ/m3K eine deutlich höhere volumetrische Wärmekapazität hat, als alle festen Gesteinskomponenten, die
meist um 2 bis 2.5 MJm-3K-1 liegen (vgl. Abbildung 7). Die volumetrische Wärmekapazität
von Luft ist mit ≈0,013 MJm-3K-1 für trockene Luft demgegenüber vernachlässigbar. Bei
porösen Gesteinen, v.a. aber bei Lockergesteinen, ist die volumetrische Wärmekapazität
deshalb stark vom Porenvolumen und Sättigungsgrad abhängig.
Ton feucht bis naß
Granodiorit
Granit
Kies gesättigt
Sand gesättigt
Sandstein
Basalt
Mergel
Tonstein
Kalkstein
Gneis
Quarzit
Gips
Kies trocken
Ton trocken
Steinsalz
1
1.5
2
2.5
3
volumetrische Wärmekapzität [10J6/(m3K)]
3.5
4
Abbildung 7: Spezifische volumetrische Wärmekapazitäten von Gesteinen und gesteinsbildenden Mineralen. Nach SANNER (1992), SCHÖN (1983) und ANGENHEISTER (1982).
Die Wärmeleitfähigkeit λ [Wm-1K-1] eines Stoffes ist im Allgemeinen eine temperaturabhängige Materialgröße, die angibt, welche Wärmemenge die Einheitsfläche eines Körper
bei einem konstanten Temperaturgradienten von 1 K pro Meter in einer Sekunde durchfließt. Da Gesteine weder vollständig homogen noch vollständig isotrop sind, wird die
Wärmeleitung im Untergrund durch eine sogenannte effektive Wärmeleitfähigkeit λeff
bestimmt. Diese ergibt sich aus den Wärmeleitfähigkeiten der einzelnen Gesteinskomponenten und deren Anordnung. Verfahren zur messtechnischen und rechnerischen Ermittlung von λeff werden beispielsweise von PRIBNOW (1994) vorgestellt. Abbildung 8 zeigt die
Wärmeleitfähigkeitsbereiche verschiedener wichtiger Gesteinstypen.
28
Quarzit
Salz
Gneiss
Rhyolith
Sandstein
Glimmerschiefer
Granit
Diorit
Basalt
Tonstein
Kalkstein
Moräne
Ton
Sand
Lehm, naß
Sand, feucht
Schluff
Sand, trocken
Kohle
Torf, Faulschlamm
Kies, trocken
0
2
4
6
8
Wärmeleitfähigkeit [W/(mK)]
10
12
14
Abbildung 8: Wärmeleitfähigkeiten wichtiger Fest- und Lockergesteine. Nach SANNER
(1992), SCHÖN (1983) und ANGENHEISTER (1982).
Zwischen den thermischen und anderen Gesteinseigenschaften bestehen Zusammenhänge. So zeigt die Wärmeleitfähigkeit eine Zunahme bei:
•
•
•
•
•
abnehmender Porosität,
zunehmender Wärmeleitfähigkeit der festen Phase,
zunehmender Wärmeleitfähigkeit des Poreninhaltes,
zunehmendem Wassergehalt und Sättigungsgrad und
verbesserter Kornbindung bzw. Zementation.
Bei der Wärmekapazität sind die Abhängigkeiten grundsätzlich einfach und linear (vgl.
Abbildung 9). Da die Wärmekapazität von Wasser höher ist als die der Gesteine und Minerale, steigt sie im Gestein meist mit dem Wassergehalt an.
Wesentlich für die EWSS ist die Feststellung, dass bei porösen Medien Porosität und
Wassergehalt einen entscheidenden Einfluss auf die thermischen Eigenschaften haben.
Abbildung 9 zeigt beispielhaft die Auswirkungen der Änderungen von Wassergehalt und
Porosität bei einem sandigem Boden.
29
Abbildung 9: Änderungen der thermischen Eigenschaften eines sandigen Bodens mit 40
und 60% Porenvolumen in Abhängigkeit vom Wassergehalt. Aus BLUME ET AL. (1996).
3.3.2.2 Wärmetransportvorgänge im Untergrund
Für die Wärmeausbreitung im Untergrund sind im wesentlichen zwei Vorgänge verantwortlich: Wärmeleitung und konvektiver Wärmetransport. Daneben treten weitere Vorgänge auf, auf die hier nicht weiter eingegangen wird, da ihr Beitrag im allgemeinen sehr
gering ist (z.B. Wärmestrahlung in Porenräumen u.ä.). Sie werden beispielsweise von FAROUKI (1986) ausführlich behandelt. Grundsätzlich muss bei der Wärmeausbreitung zwischen Wärmetransport im gesättigten und ungesättigten Bereich unterschieden werden.
Auf die besonderen Verhältnisse in der ungesättigten Zone wird in Kapitel 3.3.3 eingegangen.
Wärmetransport, der ausschließlich durch Wärmeleitung erfolgt, tritt nur bei Gesteinen
auf, die entweder vollständig dicht (Porosität = 0) oder vollständig impermeabel sind. Er
wird durch das Gesetz von Fourier beschrieben:
q = -λ * ∇T
(6)
Die Wärmestromdichte q ist proportional zum lokalem Temperaturgradienten ΛT. Die i.a.
temperaturabhängige Wärmeleitfähigkeit 8 ist dabei der Proportionalitätsfaktor. Der Wärmetransport durch Wärmeleitung als Funktion des Ortes und der Zeit bei homogenen
Verhältnissen wird durch die Wärmediffusionsgleichung ausgedrückt:
∂ 2T
∂T λ ∂ 2T
=
=α 2
∂x
∂t ρc ∂x 2
(7)
Die Größe α wird als Wärmediffusionskoeffizient [m2s-1] oder Temperaturleitfähigkeit
bezeichnet und stellt den Quotient aus Wärmeleitfähigkeit und volumetrischer Wärmekapazität dar. Er ist ein Maß für die Zeit, die benötigt wird, um einen Temperaturausgleich
zwischen zwei Bereichen unterschiedlicher Temperatur herzustellen und deshalb bei allen
Berechnungen und Modellierungen von Bedeutung, bei denen Wärmetransport unter instationären Bedingungen betrachtet wird.
Sind Wasserwegsamkeiten vorhanden, können zusätzlich zur Wärmeleitung konvektive
Wärmetransportvorgänge auftreten. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Transport in
der gasförmigen Phase (Wasserdampf) in der ungesättigten Zone und dem in der flüssigen Phase, der sowohl in der gesättigten als auch in der ungesättigten Zone auftreten
kann.
30
Wasserbewegungen im Untergrund können durch verschiedene Ursachen hervorgerufen
werden: Durch hydraulische Potentiale (in der gesättigten Zone), gravitative Potentiale
(Versickerung), Matrixpotentiale (Verdunstung / Wassergehaltsänderung) und, was im
Hinblick auf die thermische Nutzung des Untergrundes von Bedeutung ist, aufgrund von
Temperaturgradienten. Letztere führen in der gesättigten Zone zu Dichteunterschieden
und damit zu Wasserbewegungen. In der ungesättigten Zone führen sie zu Feuchtemigration in Folge von Verdampfung und Transport in der Gasphase.
3.3.3 Austrocknungserscheinungen
Bei Einwirkung höherer Temperaturen (>50oC) auf poröse Gesteine kann es in wasserungesättigten Bereichen zu Wasserbewegungen kommen, die auf das Verdampfen von Porenwasser in der Nähe der Wärmequelle (Erdwärmesonde) zurückzuführen sind. Temperaturinduzierter Transport von Wasser in der Gasphase erfolgt dabei in Richtung des abnehmenden Temperaturgradienten. Zunächst verdampft Wasser am Ort der höheren
Temperatur, breitet sich in der Dampfphase aufgrund der Volumenerhöhung aus und
kondensiert am kälteren Ort wieder. Damit finden Wassergehaltsänderungen sowohl auf
der warmen, als auch auf der kalten Seite des Systems statt. In wärmeren Bereichen
kommt es dadurch zu einer Erhöhung der Saugspannung, was dazu führt, dass Wasser in
der flüssigen Phase in Richtung der Wärmequelle bewegt wird. In der Summe ist die Nettowasserbewegung jedoch immer von der Wärmequelle weg gerichtet, da der Dampftransport den effektiveren Transportmechanismus darstellt (vgl. PRUESS & W ANG, 1987).
Deshalb kann es bei Sondenspeichern grundsätzlich zur Austrocknung im Bereich der
Sonde kommen, wobei der Umfang und die Bedeutung solcher Erscheinungen von den
sedimentpetrographischen Eigenschaften des Speichergesteins abhängig ist.
Die Prozesse der Feuchtemigration haben bei der Speicherung von Wärme mit Erdwärmesonden große Bedeutung. Dabei sind die Änderungen der thermischen Eigenschaften
im gesamten für die Speicherung genutzten Gesteinsvolumen von geringem Interesse, da
die Nettowasserbewegung gering bleibt. Von großer Bedeutung sind Änderungen des
Wassergehaltes im unmittelbaren Sondenbereich, da sie sich unmittelbar auf das gesamte Speicherverhalten auswirken (HELLSTRÖM, 1996). Besonders kritisch zu sehen ist die
Entstehung von thermischen Kontaktwiderständen aufgrund Austrocknung, Schrumpfung
und Rissbildung. Sie führen zu drastischen Verringerungen der Be- und Entladeleistungen. Bei der Speicherung auf hohem Temperaturniveau ist also zu klären, inwieweit hier
Probleme zu erwarten sind.
Untersuchungen, die von W AGNER (1991) im Labormaßstab und Feld durchgeführt wurden, belegen, dass es bei Temperaturen bis 50oC zu beachtlicher Feuchtemigration und
Austrocknung im Sondennahbereich kommen kann. Danach ist die Gefahr der Austrocknung vor allem bei grobklastischen Gesteinen zu befürchten. Tone und Schluffe, die einen
flacheren Verlauf der Saugspannungskurve zeigen, können dagegen nicht ohne weiteres
entsättigt werden. W AGNER (1991) weist zudem darauf hin, daß aufgrund des hysteresischen Verlaufs der Saugspannungskurve eine Feuchteregeneration nicht vollständig verlaufen wird. Untersuchungen von HELLSTRÖM (1991) zeigen, daß bereits ab Temperaturen
von 25oC bei hoher Porosität und geringem Wassergehalt Feuchtemigration in größerem
Umfang stattfinden kann. Probleme mit Austrocknungserscheinungen bei Hochtemperatur-Sondenspeichern werden von einem Projekt aus Dänemark berichtet. Dort wurden
beachtliche und unerwartete Wasserbewegungen festgestellt, die von den Autoren vor
allem auf das Auftreten von Klüften zurückgeführt werden (IEA, 1998).
Bei Speichervorhaben im ungesättigten Bereich sind Labor- oder Feldversuche bzw. Modellrechnungen für den gekoppelten Wärme- und Feuchtetransport (z.B. MÜLLER & REUß,
31
1997) unerlässlich. Besonders entscheidend sind hierbei allerdings vor allem Vorgänge im
unmittelbaren Nahbereich der Sonden, also insbesondere die Eigenschaften des Verfüllmaterials.
3.3.4 Zusammenfassung
Die Bedeutung der oben geschilderten physikalischen und hydrogeologischen Prozesse
und Größen für die Erdwärmesonden-Speicherung lässt sich anhand einiger einfacher
Überlegungen verdeutlichen. Grundsätzlich sind bei den Verfahren der Speicherung von
thermischer Energie im Untergrund zwei Aspekte von Interesse:
1. Wie viel Wärmeenergie kann im Gestein pro Volumeneinheit gespeichert werden?
2. Mit welcher Geschwindigkeit und in welcher Richtung breitet sich die Wärme im Untergrund aus?
Für die Frage nach der speicherbaren Energiemenge pro Volumeneinheit ist die volumetrische Wärmekapazität ρc der beteiligten Gesteinseinheiten verantwortlich. Bei Festgesteinen mit geringer effektiver Porosität variiert diese Größe nur in einer relativ geringen
Bandbreite (±10%; vgl. Abbildung 7), so dass sie keine besondere Rolle bei der Beurteilung der Eignung zur Speicherung mit Erdsonden spielt. Bei Gesteinen mit hoher Porosität, insbesondere also bei Lockergesteinen und feinkörnigen klastischen Festgesteinen,
ist die volumetrische Wärmekapazität im hohem Maß vom Sättigungsgrad des Gesteins
abhängig (Abbildung 9).
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit und -Richtung der Wärme im Untergrund wird sowohl
von den thermischen als auch von den hydrogeologischen Eigenschaften gesteuert. Bei
un- bzw. geringdurchlässigen Gesteinen spielen konvektive Wärmetransportvorgänge keine Rolle. Wegen der geringen Variationsbreite der spezifischen Wärmekapazität von Gesteinen ist für die Geschwindigkeit der Wärmeausbreitung vor allem die effektive Wärmeleitfähigkeit verantwortlich. Die Geschwindigkeit der Ausbreitung durch Wärmeleitung hat
zwei Bedeutungen: Sie ist verantwortlich für die Verluste an den Speicheraußenbereich
und bestimmt gleichzeitig die möglichen Be- und Entladeleistungen. Sie sollte deshalb
weder extrem hoch noch extrem niedrig sein. Wo das Optimum liegt, ist von der Systemkonfiguration abhängig.
In wasserdurchlässigen Gesteinen können konvektive Wärmetransportvorgänge auftreten,
die bei EWSS im Speicherbereich grundsätzlich unerwünscht sind. Sie können, da die
Erdwärmesonden geschlossene Systeme darstellen, nicht direkt beeinflusst werden. Im
ungesättigten Bereich führen konvektive Prozesse zu Austrocknungserscheinungen im
Sondenbereich, da aufgrund der Wärmeeinwirkung ein von der Sonde weg gerichteter
Feuchtegradient entsteht (vgl. 3.3.3). Im gesättigten Bereich können durch die thermische
Beeinflussung dichtebedingte, konvektive Wasserbewegungen auftreten. Inwieweit dies
sich auf die Speichereigenschaften auswirkt wurde bislang nicht untersucht. Liegt ein natürlicher hydraulischer Gradient vor, so bestehen in gut durchlässigen Gesteinen im gesättigten Bereich Grundwasserfließbewegungen, die zu einem gerichteten Wärmetransport
führen. Dieser Prozess führt zu unwiederbringbaren Speicherverlusten. Die Grundwasserfließgeschwindigkeit sollte deshalb – abhängig von der Speichergröße - einige Meter pro
Jahr nicht übersteigen.
32
3.4 Geologische Voraussetzungen
Die geologischen Voraussetzungen für die EWSS lassen sich i.W. aus den in Kap. 3.3.4
angestellten Überlegungen ableiten. Insgesamt stellen EWSS vergleichsweise geringe
Anforderungen an den Untergrund, so dass sie im Prinzip in sehr vielen geologischen
Umgebungen errichtet werden können. Es bestehen allerdings deutliche Abstufungen hinsichtlich der Eignung unterschiedlicher Gesteine. Übersichten zu den Untergrundvoraussetzungen für EWSS geben z.B. W ERNER (1990), SANNER & KNOBLICH (1993) und ANDERSSON ET AL (1997). Die wesentlichen geologischen Kriterien sind in Tabelle 4 zusammengefasst.
Tabelle 4: Nach dem derzeitigen Stand der Technik günstige Kriterien für die Erdwärmesonden-Speicherung.
Eigenschaft
Günstige Werte
Erläuterung
Bedeutung
Geometrie des Speicherhorizontes
Der Speicherhorizont kann bei der EWSS mehrere geologische Einheiten bzw. Bereiche unterschiedlicher geologische-hydrogeologischer Eigenschaften umfassen. Die Angaben betreffen deshalb nicht einzelne Einheiten, sondern Schichtpakete.
Mächtigkeit (M)
M>20m
Bei kleineren Mächtigkeiten sind ausreichend große Speichervolumina nur bei sehr ungünstigen Oberflächen-Volumen-Verhältnissen zu realisieren.
Hoch
Tiefenlage der Speicheroberkante (T)
5m< T <50m
Bei geringerem Abstand zur Oberfläche wird der Speicher durch
saisonale Temperaturschwankungen beeinträchtigt, bei größeren
Tiefen wachsen die Bohrkosten enorm an.
Hoch
Sättigungsgrad
hoch
In der ungesättigten Zone ist eine hohe Sättigung wünschenswert,
da sie die Wärmekapazität und Wärmeleitfähigkeit erhöht. Zu
beachten ist auch das Austrocknungsrisiko (vgl. 3.3.3).
Hoch
Gesamtporosität
hoch / verschieden
Hohe Gesamtporositäten erlauben hohe Wassergehalte und damit
hohe spezifische Wärmekapazitäten. Einfluss abhängig von der
effektiven Porosität.
Gering
Effektive Porosität / Kluftvolumen
klein
Je geringer die effektive Porosität, desto geringer die Permeabilität
(siehe dort). Bei ungesättigten Verhältnissen kommt es bei hoher
effektiver Porosität leichter zu Feuchtemigration und Austrocknung.
Hoch
Permeabilität (Gebirgsdurchlässigkeit)
kf<1*10-5m/s
Permeabilität und hydraulischer Gradient bestimmen bei gesättigten Verhältnissen, ob im Speicherbereich Grundwasserfließbewegungen stattfinden können, durch die es zu Wärmeverlusten
kommt. Bei ungesättigten Verhältnissen kommt es bei hoher Permeabilität leichter zu Feuchtemigration und Austrocknung.
sehr hoch
Homogenität, Isotropie
hoch
Eine homogene, in alle Richtungen gleiche Verteilung der Eigenschaften ist günstig, aber nicht grundsätzlich Vorauszusetzen.
Mittel
In Abhängigkeit vom kf-Wert und der nutzbaren Porosität (siehe
dort) sollte der hydraulische Gradient so gering sein, dass sich
keine Grundwasserfließgeschwindigkeiten größer als ca. 5m/Jahr
ergeben, da ansonsten die eingebrachte Wärme mit dem natürlichen Grundwasserstrom abtransportiert wird und nicht mehr zurückgewonnen werden kann.
Hoch
Hydraulische Eigenschaften
Hydraulischer Gradient
(nur bei gesättigten Verhältnissen relevant)
Thermische Eigenschaften der Gesteinsmatrix
Wärmeleitfähigkeit
1>λ>4 [W/(m/K)
Die Wärmeleitfähigkeit sollte hoch genug sein, um eine ausreichende Wärmeübertragungsleistung zuzulassen aber nicht zu
hoch, um Verluste nach außen gering zu halten. Insgesamt ist
dieser Parameter stark von der Konfiguration des Gesamtsystems
abhängig (Wärmenutzung, Lastprofile) und kann deshalb nicht
eindeutig bewertet werden).
Mittel bis
hoch
Spezifische volumetrische
Wärmekapazität
cve>2 [MJ/m3K]
Für eine hohe Speicherkapazität ist eine möglichst hohe volumetrische Wärmekapazität ausschlaggebend
Hoch
Geotechnik
Bohrbarkeit
Schlechte Bohrbarkeit erhöht die Kosten
33
sehr hoch
Die wesentlichen geologischen Kriterien für die Eignugn zum EWSS lassen sich wie folgt
zusammenfassen:
Gesteinseigenschaften und hydrogeologische Gesamtsituation im Speicherumfeld sollten so gestaltet sein, dass im Speicherbereich keine größeren Grundwasserfließgeschwindigkeiten auftreten können, da es sonst zu unwiederbringbaren Wärmeverlusten durch konvektiven Abtransport kommt.
Die volumetrische Wärmekapazität des Gesteins sollte möglichst hoch sein. Insbesondere bei Lockergesteinen ist deshalb ein hoher Wassergehalt bzw. Sättigungsgrad
wünschenswert.
Die Wärmeleitfähigkeit des Speichergesteins sollte einerseits hoch genug sein um eine
ausreichende Wärmeübertragung auf den gesamten Speicherbereich zu gewährleisten
andererseits nicht zu hoch sein, um Speicherverluste gering zu halten. Der optimale
Wert hängt dabei stark von der Konzeption des Gesamtsystems und zudem auch von
der Betrachtungsmaßstab (ökonomische oder energetische Gesichtspunkte) ab.
Im ungesättigten Bereich ist bei hohen Speichertemperaturen zu beachten, dass Austrocknungsvorgänge im Sondennahbereich um so stärker sind, je größer die Porosität
und Durchlässigkeit des Gesteins ist.
Das Gestein sollte gut bohrbar und über längere Zeit standfest sein um das problemlose Einbringen der Sonden zu ermöglichen.
Nach derzeitigem Stand der Technik ungeeignet für die Nutzung mit EWSS erscheinen
deshalb Aquifere mit hoher natürlicher Grundwasserfließgeschwindigkeit und hohem Volumenstrom, extrem trockene, grobkörnige Lockergesteine mit schlechten thermischen
Eigenschaften, schlecht bohrbare Gesteine und stark verkarstete Gesteine (Hinterfüllung
der Sonden, Bohrbarkeit). In allen anderen Gesteinen sind Erdwärmesonden-Speicher
grundsätzlich, wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg, derzeit schon realisierbar.
3.4.1 Bohrbarkeit von Gesteinen
Die Bohrbarkeit der Gesteine stellt bei EWSS einen entscheidender Kostenfaktor dar. Ungünstige Bohreigenschaften schließen eine Nutzung der betreffenden Einheit nicht notwendigerweise aus, müssen aber in eine Gesamtbewertung mit einbezogen werden. Besondere Bedeutung kommt dem Parameter „Standfestigkeit des Bohrlochs“ zu. Bei Gesteinen, die zum Nachbrechen neigen, kann das Einbringen von Sonden problematisch
sein und erhöhten Aufwand erfordern. Einen Überblick über die Möglichkeiten zur Einbringung von vertikalen Erdreichwärmetauschern und die für verschiedene Gesteine geeigneten Bohrverfahren gibt SANNER (1992).
Wesentlich für das Eignungskriterium „Bohrbarkeit“ sind die folgenden Gesichtspunkte:
Kompakte Festgesteine sind grundsätzlich besser zu bohren als Lockergesteine oder weiche,
entfestigte (verwitterte, geklüftete Festgesteine). Die „Härte“ des Gesteins stellt, vorausgesetzt
das richtigen Bohrverfahren und -werkzeug wurde gewählt, kein Problem dar.
In nichtbindigen Lockergesteinen (grobkörnige Gesteine) und zum Nachbrechen neigenden
Festgesteinen muss das Bohrloch während des Bohrvorgangs durch Mitführen einer Schutzverrohrung oder andere Maßnahmen (besondere Bohrspülungen) abgesichert werden, was
den Aufwand (Kosten) deutlich erhöht.
Ungünstig sind geologische Verhältnisse, bei denen in der vertikalen Abfolge Gesteine mit
unterschiedlichen Eigenschaften rasch abwechseln, da hier kein optimales Bohrverfahren
möglich ist.
34
3.5 Rechtliche Aspekte der thermischen Nutzung des Untergrundes
Bei der Errichtung von EWSS sind einige rechtliche Fragen zu berücksichtigen, die vorwiegend mögliche nachteilige Einwirkungen auf das Grundwasser betreffen. Bedenken
bezüglich der Veränderung der Grundwasserqualität werden von Seiten der Wasserwirtschaftsbehörden geäußert. Entsprechende Befürchtungen werden hier kurz stichpunktartig wiedergegeben2:
Kontamination von Grundwasserleitern durch Leckagen
Änderung der Druckverhältnisse in gespannten Aquiferen
Aufhebung der Stockwerkstrennung
Wegen der genannten Umweltrisiken wurden in Deutschland Rechtsvorschriften aufgestellt, die in die Genehmigungsverfahren eingehen. Die meisten beruhen auf dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG), in Bayern auch auf dem Bayerischen Wassergesetz
(BayWG). Die rechtlichen Aspekte der oberflächennahen Erdwärmenutzung sind für die
Standortbewertung von höchster Bedeutung. Es scheint allerdings dennoch nicht sinnvoll
sehr detailliert auf diese Thematik einzugehen, da die rechtliche Beurteilung sehr stark
vom Einzelfall abhängig ist. Es werden also nur grundlegende Vorschriften wiedergegeben. Weiterführende Angaben zu rechtlichen Fragen der oberflächennahen Erdwärmenutzung sind bei DIEDRICH (1980), HEILAND (1997), MUND (1994) NAST (1996) und Wendel
(2000) zu finden. Neueste Entwicklungen auf dem Gebiet der Genehmigungspraxis werden von SANNER (1999) berichtet. In Baden Württemberg wurde ein Leitfaden herausgegeben, in dem rechtliche Fragestellungen erläutert werden (MUVBW, 1998).
3.5.1 Bergrecht
Für die grundstücksbezogene Entnahme von Erdwärme aus Grundwasser oder Erdreich
ist das Bundesberggesetz (BbergG) nicht anzuwenden. Bohrungen von mehr als 100m
Tiefe erfordern allerdings eine Bohranzeige nach §127 BbergG.
3.5.2 Wasserrechtliche Zulassungsverfahren
Die Verfahren, bei denen in das Grundwasser eingegriffen wird, bedeuten eine Benutzung
des Grundwassers nach § 3, Abs. 1 Nr. 5 und 6 WHG (Wasserhaushaltsgesetz) und erfordern deshalb eine Erlaubnis oder Bewilligung. Die Konsequenzen für die unterschiedlichen Verfahren sind in Tabelle 5 zusammengefasst.
2
Zusammengefaßt nach Wendel (2000)
35
Tabelle 5: Wasserrechtliche Aspekte der thermische Nutzung des Untergrundes und besondere Anforderungen in Bayern. Die Tabelle enthält sowohl Vorschriften als auch Zielsetzungen der Wasserwirtschaft, die im Genehmigungsverfahren im Einzelfall zum Tragen
kommen können. Für thermische Energiespeicher im Untergrund liegen bisher keine speziellen Vorschriften vor. Es ist jedoch anzunehmen, dass bei diesen mindestens die selben Vorschriften gelten wie bei den Entzugsverfahren, sehr wahrscheinlich jedoch deutlich
höhere Anforderungen an die Sicherheit gestellt werden.
Verfahren
Vertikale Erdsonde
Grundsätzlich:
Sachverhalt und Rechtsgrundlage
Zielsetzungen der Wasserwirtschaft in Bayern
(Merkblatt LfW Nr. 4.8-3)
Wärmeentzug aus dem Grundwasser:
♦ Bohrungen für Erdwärmesonden sind immer
Benutzung des Grundwassers (nach § 3,
erlaubnispflichtiger Benutzungstatbestand
Abs. 2 Nr. 2 WHG) erfordert Erlaubnis oder
♦ Trinkwasserversorgung genießt Vorrang geBewilligung
genüber Erdwärmenutzung
Wärmeentzug aus dem Erdreich:
♦ Bei qualitativer oder quantitativer Einwirkung
stellt keinen Eingriff in das Grundwasser dar
auf das GW erlaubnispflichtiger Benutzungsund bedarf daher i.d.R. keiner wasserrechtlitatbestand
chen Gestattung. Es ist jedoch anzunehmen, ♦ Erdsonden in WSG sind verboten, Ausnahdass i.d.R. die Wasserbehörden zumindest
men in Zone IIIb sind möglich. In HSG grunddie „Maßgabe des Einzelfalls“ prüfen werden.
sätzlich verboten.
♦ „Ergiebige Tiefengrundwasservorkommen“
bleiben TW-Versorgung vorbehalten, der Einbau von Sonden in Tiefengrundwasser soll
grundsätzlich unterbleiben
♦ Einbau von Sonden oder Kollektoren nur bei
freiem GW-Spiegel möglich
♦ Sondenfluid der Wassergefährdungsklasse 0
(in anderen Bundesländern auch Klasse 1)
♦ Anzeige einer Bohrung bei der Unteren Wasserbehörde (§37 WHG) bei Freilegung des
Grundwassers
Für die EWSS ergeben sich aus diesen Rechtsvorschriften einige bedeutende Konsequenzen, die bei der Planung und bei Potentialabschätzungen berücksichtigt werden sollten. Abgesehen davon, dass in Wasserschutzgebieten sehr wahrscheinlich keine Sondenspeicher errichtet werden dürfen, kann in vielen Gebieten Deutschlands nicht beliebig
tief gebohrt werden, da dort tiefere Grundwasserleiter angetroffen werden könnten. In einer geologischen Übersichtsdarstellung kann dieser Aspekt nur erwähnt werden, da eine
genauere Untersuchung einen enorm hohen Aufwand erfordern würde.
3.6 Regionale geologische und hydrogeologische Voraussetzungen
Die Beurteilung der geologischen Verhältnisse im Bezug auf die Eignung zur Erdwärmesonden-Speicherung erfolgt anhand der in Abbildung 10 dargestellten geologischen
Großeinheiten Deutschlands. Die Zusammenfassung zu den Großeinheiten bedingt teilweise extreme Vereinfachungen, die der lokalen Situation im Einzelfall häufig nicht gerecht werden kann. Es sind also keine sehr präzisen Aussagen zu erwarten. Die Einheiten
wurden vorwiegend nach lithologischen, teilweise auch geomorphologischen Kriterien abgegrenzt. (vgl. Abbildung 11)
36
6°
8°
10°
54°
4°
12°
14°
16°
54°
Kiel Y
Y
Y
Hamburg
Y
52°
Hess.-Nied.-Westf. Bergland
Niedersächs. Bergland
Hannover
Y
#
Y
52°
#
Y
Harz
Münster Bucht
Hessische Senke
Kölner Bucht
#
#
Y
#
Vogelsberg
Westerwald
Thüringer Becken
Erzgebirge
#
#
Y
Y
#
Y
Bay. Wald
#
#
#
Stuttgart
Noerdlinger Ries
#
#
Schwarzwald
#
Y
München
Pleistozäne Schotter
48°
48°
Oberrheingraben
Schw. Alb
Frankenalb
Süddt.
Schichtstufenland
#
Fichtelgebirge
Spessart
#
#
ar-Nahe-Becken
Boehmer Wald
Rhön
#
50°
50°
#
Y
#
#
#
Mainzer Becken
Y
Y
Tert. Hügeland
#
Kalkalpen
6°
8°
10°
12°
14°
16°
Norddeutsches Flachland
Permische Senken
Malmkarst
Oberkreide-Becken
Kristallingebiete
Molassebecken
Paläoz. Mittelgebirge
Tertiäre Senken
Kalkalpen
Tertiäre Vulkanite
Mesozoische Sedimente
Abbildung 10: Geologische Großeinheiten in Deutschland.
Abbildung 11 zeigt das Oberflächenrelief von Deutschland. Die Oberflächengestalt ist vor
allem deshalb von Interesse, da sich generell eine, wenn auch unscharfe, Beziehung zwischen Oberflächengestalt und der Ausbildung der Grundwasseroberfläche herstellen
lässt. In hochliegenden Gebieten mit starken Hangneigungen ist davon auszugehen, dass
auch die Grundwasseroberfläche relativ steil einfällt. Daraus lässt sich schließen, dass in
allen höhergelegenen Bereichen Deutschlands, also die Mittelgebirge, die Alpen, und alle
Bergländer südlich der norddeutschen Tiefebene mit relativ hohen hydraulischen Gradienten zu rechnen ist. Daraus kann weiterhin abgeleitet werden, dass in diesen Gebieten
Erdwärmesonden-Speicher in sehr gut wasserwegsamen Gesteinen (Aquiferen) schwer
zu realisieren sind, da es in solchen Gesteinen zu schneller Grundwasserbewegung
kommen kann. Es kann immer wieder Ausnahmen von dieser allgemeinen Tendenz geben, im Allgemeinen hat diese Näherung aber weitreichende Gültigkeit. Besondere Situationen liegen beispielsweise im Oberrheingraben und in Teilen des Molassebeckens vor,
wo zwar das Gelände teilweise extrem flach ist, aufgrund der angrenzenden Schwarzwalds bzw. der Alpen, dennoch hohe Grundwasserfließgeschwindigkeiten auftreten.
37
Abbildung 11: Höhenstruktur- und Reliefkarte von Deutschland. Als graue Linien überlagert: Grenzen der geologischen Großeinheiten (siehe Abbildung 10).
In Abbildung 12 sind die Grundwasservorkommen in Deutschland, klassifiziert nach Ergiebigkeit und Bedeutung dargestellt. Die Grundwasserführung ist für Untergrundspeicherverfahren von hoher Bedeutung.
38
Abbildung 12: Grundwasservorkommen in Deutschland. Nach BGR (http://www.bgr.de).
Blau: sehr ergiebig; Grün: ergiebig, regionale Bedeutung; gestrichelt: versalzen, Sonstiges: wenig ergiebig bis unergiebig, lokal mäßig ergiebig.
3.6.1 Norddeutsche Tiefebene
Die norddeutsche Tiefebene (vgl. Abbildung 13) bildet einen Teilbereich des Mitteleuropäischen Tieflands, das sich von der niederländischen Nordseeküste bis nach Nordpolen
erstreckt und im Norden durch die Küsten von Nord- und Ostsee begrenzt wird. Nach Süden hin greift es in großen Buchten (Niederrheinische, Westfälische- oder Münsterländer
und Leipziger Bucht) in die zentraleuropäischen Mittelgebirge hinein. Der Gesamtanteil
dieser Region an der Fläche Deutschlands beträgt 38%. Die Münsterländer Bucht wird
wegen ihrer vorwiegend durch Kreidesediment geprägten Geologie hierbei nicht berücksichtigt und in einem eigenen Kapitel behandelt. Insbesondere im Norden der Münsterländer Bucht liegen allerdings aufgrund einer bis zu 50 m mächtige Bedeckung mit quartären
Lockersedimenten Verhältnisse vor, die denen in der norddeutschen Tiefebene ähneln.
39
Abbildung 13: Beispiel für die geologische Situation in der Norddeutschen Tiefebene:
Geologisches Profil durch Schleswig-Holstein. Aus W ALTER (1995).
3.6.1.1 Geologischer und Hydrogeologischer Überblick
Die heutige Oberflächenform ist im Wesentlichen das Ergebnis der verschiedenen Eisvorstöße. In den Jungmoränenlandschaften im Nordwesten lassen sich die glazialen Formen
noch deutlich erkennen, während sie in den Altmoränenlandschaften im Süden und Südwesten weitgehend eingeebnet sind. Abgesehen von einigen Höhenzügen die selten
150m/NN überschreiten (vgl. Abbildung 11) liegt das Gelände meist sehr niedrig.
Der gesamte Raum wird von einer durchschnittlich 50-100 m, teilweise bis zu 500 m
mächtigen Decke von quartären Lockergesteinen überzogen (W ALTER, 1995). Sehr hohe
Mächtigkeiten treten vor allem in Rinnen und Trögen auf (Abbildung 13). Die geringsten
Mächtigkeiten sind dort anzutreffen, wo das präquartäre Deckgebirge durch Salzdiapire
lokal stark aufgewölbt wurde. Zu den im Süden gelegenen Mittelgebirgen hin nehmen die
Quartärmächtigkeiten stetig ab. Es ist nicht möglich eine einheitliche stratigraphische oder
morphologische Gliederung für das Quartär anzugeben, da die Ablagerungsbedingungen
im Pleistozän sehr variabel waren und es durch die unterschiedlichen Eisvorstöße zu einer starken Zergliederung der Einheiten kam.
Im Liegenden des Quartär treten mächtige tertiäre, meist nur schwach verfestigte Lockergesteine auf. Während die altertiären Gesteine meist feinkörnig (tonig bis feinsandig) sind,
sind viele Bereiche des Mio- und Pliozäns grobkörnig, sandig bis kiesig ausgebildet. Die
tertiären Gesteine weisen eine im Vergleich zu den quartären glazialen Sedimenten einheitlicher horizontale und vertikale Verbreitung auf.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, spielen prätertiäre Gesteine für die Errichtung von
Erdwärmesonden-Speichern keine Rolle. Außer in den seltenen Bereichen, mit sehr hoher
Lage der Quartärbasis, wird es nur in seltenen Fällen gewünscht oder notwendig sein
Speicher mit Tiefenerstreckung bis ins Präquartär zu errichten.
Die quartären Gesteine sind, mit Ausnahme von Moränensedimenten, Seetonen und einigen anderen Bildungen mit hohen Feinkornanteil, meist grobkörnig ausgebildet und stellen daher sehr gut durchlässige Aquifere dar. Gemeinsam mit den meist ebenfalls grobkörnig ausgebildeten Sedimenten des jüngeren Tertiärs bilden sie einen sehr ergiebigen,
200-400 m mächtigen Aquifer. In den flachen, tiefgelegenen Gebieten sind die Grundwasserflurabstände gering, so dass hier grundsätzlich Grundwasser angetroffen wird. Die
Grundwasserführung bis ca. 100 m unter GOK, also im für Erdwärmesonden-Speicher
interessanten Bereich, ist nur in morphologischen Hochgebieten eingeschränkt. Insgesamt
40
kann nach VIERHUFF ET AL. (1981) fast im gesamten Bereich der Nordwestdeutschen Tiefebene davon ausgegangen werden, dass sehr gute bis mittlere Ergiebigkeiten in unterschiedlichen Grundwasserleitern anzutreffen sind (Abbildung 12). Diese können im Einzelfall in unterschiedlichen Tiefen angetroffen werden.
Aufgrund der geringen Geländereliefs und des geringen Höhenunterschieds zu den Vorflutern, sind die hydraulischen Gradienten in den quartären bis tertiären Aquiferen sehr
gering, so dass keine hohen Grundwasserfließgeschwindigkeiten auftreten. Nach einer
Übersichts-Kartendarstellung in Jordan (1996) ist davon auszugehen, dass die hydraulischen Gradienten selten über 0.5% liegen, meist allerdings sogar deutlich kleiner als
0.05% sind (vgl. Abbildung 14). Damit ergeben sich überschlägig unter Annahme typi-3
-4
scher Durchlässigkeitsbeiwerte von 1*10 bis 1*10 m/s und nutzbarer Porositäten von 1020% für die sandigen bis kiesigen Aquifere, Abstandsgeschwindigkeiten im Bereich von
weniger als 1 ma-1 bis etwa 10 ma-1. Im unmittelbaren Bereich von Vorflutern können die
Werte auch höher liegen.
Abbildung 14: Grundwasserhöhengleichen im nordöstlichen Teil der norddeutschen Tiefebene. Aus Jordan, 1996.
Mit zunehmender Tiefe muss in den quartären und tertiären Aquiferen mit Versalzung gerechnet werden, die durch Lösungserscheinungen im Bereich der Zechsteinsalze verursachte wird. In den Küstenbereichen tritt Versalzung in unterschiedlicher Weise auch
durch Meerwassereinfluss auf.
41
3.6.1.2 Eignung für die Nutzung mit Erdwärmesonden-Speicher
Grundsätzlich ließen sich EWSS in der norddeutschen Tiefebene praktisch überall errichten. Sehr kritisch einzustufen sind diejenigen Hochgebiete, in denen grobkörnige Lockergesteine weit über dem Grundwasserspiegel liegen, da dort mit sehr ungünstigen thermischen Gesteinseigenschaften zu rechnen ist.
In den niedriggelegenen Gebieten ist in flachliegenden Lockergesteinen durchwegs mit
Wassersättigung und damit guten thermischen Eigenschaften, insbesondere hoher volumetrischer Wärmekapazität zu rechnen. Feinkörnige Lockersedimente sind prinzipiell überall, also auch in Hochlagen mit EWSS nutzbar. Nur in Ausnahmefällen sind Probleme
durch Wärmeverluste aufgrund von natürlichen Grundwasserfließbewegungen zu befürchten.
Als mäßig günstig bis sehr ungünstig ist allerdings die Bohrbarkeit der Lockersedimente
zu bezeichnen. Ausgesprochen schlecht zu Bohren ist z.B. Moränenmaterial (SANNER,
1992). In den meisten Fällen sind besondere Maßnahmen zu Stabilisierung der Bohrlöcher bis zum Einbringen und Verdämmen der Sonden erforderlich. Prinzipiell ist die Möglichkeit des Einrammens oder –spülens der Sonden gegeben, was aber beispielsweise
beim Auftreten von Findlingen (große Gesteinsblöcke) Probleme bereiten kann. In jedem
Fall erfordert hier das Einbringen der Sonden voraussichtlich einen stark erhöhten zeitlichen Aufwand und generell eine Erhöhung der Kosten.
Insbesondere aufgrund der schlechten Bohrbarkeit sind EWSS im Bereich der norddeutschen Tiefebene momentan nur mäßig gut geeignet. Es sollte deshalb in dieser Region
immer zuerst geprüft werden, ob nicht die Möglichkeit besteht kostengünstigere Aquiferspeicher (ATES) zu errichten. Die Voraussetzungen für ATES sind im Allgemeinen überaus gut. Erfahrungen liegen v.a. aus den Niederlanden vor, wo bei gleichen geologischen Verhältnissen in den letzten Jahren zahlreiche Aquiferspeicher errichtet wurden
(IEA, 1998, SANNER ET AL. 1999). Eine Bewertung des Potentials für ATES in Nordostdeutschland wurde von SEIBT (1995) vorgenommen. Einen Vergleich zwischen der Anwendbarkeit von BTES und ATES in tertiären (quartären Lockersedimenten im Raum Berlin führten KNOBLICH ET AL. (1994) durch. Probleme mit ATES können allerdings in den
stark versalzenen Aquiferen der Küstenbereiche (siehe Karte) und im Bereich von Salzstöcken auftreten. Hier können Erdwärmesonden-Speicher u.U. die bessere Alternative
darstellen.
Sowohl die Niederrheinische als auch die Leipziger Bucht (nach Osten hin auch das
Gebiet der Lausitz) stellen mit ihren umfangreichen Vorkommen an tertiären Braunkohlen
besondere Gebiete in der norddeutschen Tiefebene dar. Die Kohlen selbst sind aufgrund
ihrer extrem schlechten Wärmeleitfähigkeit für die EWSS ungeeignet. Da sie am Gesamtprofil aber keinen sehr hohen Anteil haben, fällt dieser Umstand wenig ins Gewicht. Ansonsten unterscheiden sich die Gesteine nicht wesentlich von denen im übrigen norddeutschen Becken. Ungünstige Auswirkungen auf Speichervorhaben können hier aber von
Folgeerscheinungen des Bergbaus, insbesondere auch Sümpfungsmaßnahmen, ausgehen. Auch diese sind allerdings nur im lokalen Maßstab von Bedeutung.
3.6.2 Paläozoische Mittelgebirge
Bei den Mittelgebirgen, die vorwiegend aus gefalteten und verschieferten Sedimenten
aufgebaut werden, handelt es sich um das Rheinische Schiefergebirge, das Nordostbaye42
rische und Thüringische Paläozoikum, Teile des Erzgebirges und den Harz. Gemeinsam
nehmen sie etwa 9% der Fläche Deutschlands ein. Es ist nicht möglich im Einzelnen auf
den strukturellen Bau, die Faziestypen und die Gesteinsausbildung dieser Regionen einzugehen, so dass hier nur eine kurze Übersicht gegeben wird.
Das Rheinisches Schiefergebirge mit seinen Teilgebirgen Eifel, Hundsrück, Bergisches
Land, Sauerland u.a. wird im Wesentlichen von Gesteinen des Devon und Karbon aufgebaut. Im nördlichen Teil streicht das flözfreie, meist sandig bis schiefrig ausgebildete (Unter-)Karbon aus, das als steinkohleführendes Oberkarbon nach Norden unter die Münsterländer Oberkreidebucht abtaucht. Die Gesteine des Karbon werden nach Süden hin durch
eine etwa 30-50 km breite Zone mittel- und oberdevonischer Gesteine mit Massenkalken
und Schiefergesteinen gefolgt. Den weitaus größten Anteil am Aufbau des rheinischen
Schiefergebirges haben die unterdevonischen Gesteine, die fast 4/5 des gesamten Gebiets einnehmen. Das Unterdevon wird vorwiegend von Sandsteinen und Tonschiefern
gebildet, unter denen z.B. der ca. 1000 m mächtige Taunusquarzit und die etwa 1500 m
mächtigen Hundsrückschiefern zu nennen sind.
Im nordostbayerischen Paläozoikum mit Frankenwald, Vogtland und Teilen des Thüringer
Walds herrschen karbonische und altpaläozoische Gesteine vor. Erwähnenswert sind die
mächtigen Einheiten der karbonischen Flyschtröge (Grauwacken, Kulmfazies) und die
mächtigen, massigen Kalkvorkommen der karbonischen Kohlenkalkfazies. Im älteren Paläozoikum herrschen sandige und schiefrige Gesteine vor, das Devon ist nur geringmächtig ausgebildet.
In allen Bereichen der paläozoischen Mittelgebirge treten alterierte basische Vulkanite
(„Diabase“) auf, die beträchtliche Komplexe bilden können.
Die variszische Deformation der Gesteine führte bei den feinkörnigen, tonigen Sedimenten der Tiefwasserfazies zu einer Schieferung und zur deutlichen Verringerung des primären Porenvolumens. Bei Sandsteinen ist allgemein eine stärkere Zementierung festzustellen („Quarzite“). Kompakte Gesteine wie devonische Riffkalke (Massenkalke) wurden dagegen wenig deformiert. Insgesamt sind die paläozoischen Sedimentgesteine durchweg
als sehr kompakt anzusprechen. Sie führen Grundwasser deshalb nur in ausgeprägten
Kluftzonen. Als ausgesprochene Grundwasserleiter sind beispielsweise nur die devonischen Massenkalke zu nennen.
Wegen der kompakten Gesteinsausbildung und geringen Wasserwegsamkeit bzw.
Grundwasserführung sind alle Bereiche der paläozoischen Mittelgebirge, sofern sie nicht
aufgrund tektonischer Bewegung sehr stark zerrüttet sind, gut für die ErdwärmesondenSpeicherung geeignet. Die Gesteine sind i. A. gut bohrbar. Erfahrungen mit EWSS in entsprechenden Gesteinen liegen beispielsweise aus der Schweiz und Schweden vor (SANNER, 1996).
3.6.3 Kristalline Mittelgebirge
Die Kristallingebiete Bayerischer Wald, Pfälzer Wald, Fichtelgebirge, Spessart, Odenwald
und kristalliner Harz (Brockengranit) haben einen Flächenanteil von 7.2%. Das Gesteinsspektrum umfasst vielfältige metamorphe und magmatische Gesteine. Die Gesteine sind
im Allgemeinen sehr kompakt und bilden über größere Strecken homogene Einheiten.
Bezüglich der Eigenschaften für die Erdwärmesonden-Speicher bestehen wenig Unterschiede zwischen magmatischen und hochgradig metamorphen Gesteinen. Beide zeichnen sich durch sehr geringe Grundwasserergiebigkeiten aus. Grundwasser wird nur in
43
geringem Umfang in tiefreichenden Kluftzonen angetroffen. Deshalb ist in kristallinen Gesteinen nicht zu befürchten, dass es zu Speicherverlusten durch konvektiven Abtransport
kommt. Die Bohrbarkeit entsprechender Gesteine ist, was die Standfestigkeit der Bohrlöcher anbetrifft, im Allgemeinen sehr gut. Allerdings muss aufgrund der großen Härte mit
geringerem Bohrfortschritt und höherem Materialverschleiß gerechnet werden.
Ungünstig, sowohl was die Grundwasserführung als auch die Bohrbarkeit anbetrifft, sind
unter Umständen die bis zu 30m mächtigen Zersatzzonen, die in Folge der lang andauernden tertiären tiefgründigen Verwitterung entstanden. Solche „Vergrusungszonen“ stellen aufgrund ihrer grobsandig-kiesigen Eigenschaften lokal oft gute Grundwasserleiter mit
geringer Standfestigkeit dar. Da Mächtigkeiten von weit über 10 m allerdings nicht sehr
häufig sind, sollte es in den meisten Fällen möglich sein, solche Zersatzzonen durch besondere Maßnahmen abzusichern.
3.6.4 Tertiäre Vulkangebiete
Die tertiären (und quartären) Vulkangebiete in Deutschland (Vogelsberg, vulkanische
Rhön, Hessische Vulkangebiete, Westerwald, Eifel u.a.) machen insgesamt 1.2% der Gesamtfläche Deutschlands aus. Die Regionen sind im Allgemeinen nicht dicht besiedelt, so
dass es nicht erforderlich ist, ausführlich auf sie einzugehen. Sie werden im allgemeinen
von stark geklüfteten Basalten, untergeordnet auch anderen Vulkaniten, und zwischengelagerten Pyroklastika aufgebaut. Häufig sind mit den vulkanogenen Gesteinen wenig verfestigte, terrestrische limnische und flachmarine Sedimente vergesellschaftet. Die Vulkanite treten als Decken oder in Form von Schlotfüllungen auf. Der Aufbau ist im allgemeinen
sehr heterogen, mit raschen lateralen und vertikalen Wechseln. Die Vulkanite sind fast
immer sehr gut Kluftgrundwasserleiter, die Tuffe und Sedimente meist Grundwasserstauer. Daraus ergibt sich ein sehr komplexer hydrogeologischer Bau, häufig mit zahlreichen
oft auch schwebenden Grundwasserstockwerken (vgl. MATTHESS & UBELL (1983). Für
Speichervorhaben sind solche Verhältnisse meist nicht vorteilhaft. Eine Beurteilung kann
nur durch konkrete Einzelfallbetrachtung erfolgen.
3.6.5 Tertiäre Becken und Senkungsgebiet
Oberrheingraben und Mainzer Becken gehören zu den Senkungsgebieten, die sich im
Verlauf des Tertiär im mitteleuropäischen Bereich bildeten. Zu diesen Senkungsgebieten
sind beispielsweise auch die Hessische Senke und die Rhön zu rechnen, die aufgrund der
dort auftretenden Vulkanite in dieser Übersichtsdarstellung flächenmäßig zu den tertiären
Vulkangebieten gerechnet wurden. Eine besondere Stellung nimmt das Nördlinger Ries
ein, ein im Tertiär entstandener Impaktkrater, der im oberen Bereich vor allem von tertiären Sedimenten bedeckt ist und deshalb in diese Kategorie mit aufgenommen werden
kann. Das Ries spielt in dieser Übersichtsdarstellung als regionale Besonderheit keine
Rolle.
Der deutsche Anteil des Oberrheingrabens und das Mainzer Becken als seine nordöstliche Fortsetzung machen etwa 2,5% der Fläche Deutschland aus, (das Nördlinger Ries
etwa 0.3%). Obwohl sie aufgrund der strukturellen Entwicklung als Tertiärgebiete ausgewiesen werden, werden die oberflächennahen Einheiten dieser Gebiete vor allem von
quartären Lockersedimenten dominiert, die im Mainzer Becken bis 50 m, im Oberrheingraben bis 400 m Mächtigkeit erreichen können. Die tertiären Gesteine im Liegenden des
meist grobkörnig-sandig-kiesigen Quartärs spielen deshalb keine Rolle. Die obersten Ein44
heiten des Tertiärs (oberes Pliozän) sind zudem häufig ähnlich wie das Quartär ausgebildet, so dass insgesamt eine tiefreichende Bedeckung mit grobklastischen Lockergesteinen vorliegt. Diese sind im ungesättigten Bereich für Speichervorhaben wegen der
schlechten thermischen Eigenschaften (und Bohrbarkeit) wenig geeignet. Im gesättigten
Bereich liegen in den meisten Fällen hohe Grundwasserfließgeschwindigkeiten vor. Wo
diese nicht der Fall ist, sind Aquiferspeicher vorzuziehen, die auch tieferliegende tertiäre
Grundwasserleiter erschließen können. Die EWSS ist also in den genannten Gebieten
wenig geeignet oder als ungünstigere Alternative anzusehen.
3.6.6 Sedimentgesteine des Mesozoikums
Sedimentgesteine des Mesozoikums bedecken ca. 30% der Fläche Deutschlands. Nach
stratigraphischen, lithologischen bzw. geomorphologischen Gesichtspunkten können die
folgenden Teilgebiet ausgeschieden werden (vgl. Abbildung 10):
•
•
•
•
•
Süddeutsches Schichtstufenland (14% der Fläche Deutschlands)
Hessisch-westfälisches (südniedersächsisches) Bergland (5%)
Thüringer Becken (3%)
Münsterländer Kreidebucht (3%)
Niedersächsisches Bergland nördlich des Harzes (2%)
Den weitaus größten Anteil an diesen Gebieten nehmen Gesteine der Trias ein (ca. 75%).
Jura und Kreide sind mit jeweils etwa 12% vertreten.
3.6.6.1 Stratigraphischer Überblick
Aufgrund der relativ einheitlichen Ablagerungsgeschichte im Germanischen Becken, etwa
ab dem oberen Perm bis zum oberen Jura, sind die lithostratigraphische Gliederung, die
Mächtigkeitsentwicklung und die fazielle Ausbildung der mesozoischen Gesteine in Mitteleuropa mehr oder weniger gleichbleibend für den ganzen Raum. Die sedimentären permischen Gesteine werden deshalb hier mit einbezogen. Deutliche paläogeographische Unterschiede, die insbesondere zu unterschiedlichen Mächtigkeitsentwicklungen führten,
sind vor allem in der Kreidezeit zu berücksichtigen. Sie spielen in dieser Betrachtung allerdings kein wesentliche Rolle, da die betreffenden Gesteine oft weit unter dem zur Speicherung geeigneten Teufenbereich liegen. Tabelle 6 gibt einen Überblick über die stratigraphischen Haupteinheiten und ihre wesentlichen Charakteristika. Im Einzelfall können
von dem dort gezeigten Schema deutliche Abweichungen auftreten. Besondere Verhältnisse sind häufig im Süden und Südosten, also zu den ehemaligen Beckenrändern hin, zu
erwarten.
45
Tabelle 6: Übersicht über die mesozoischen und permischen Sedimentgesteine in
Deutschland.
System
Abteilung
Mächtigkeit
Ausbildung
Hydrogeologie
Kreide
Oberkreide
bis 2500 m
Mergel, Sandsteine,
Kalksteine, teils wenig
verfestigt
oft geringdurchlässig, teils gute
Karst- und Porengrundwasserleiter
Unterkreide
bis 200 m
Sandsteine
Kluft-Poren-Grundwasserleiter
Malm
um 200 m
Kalksteine, Dolomit,
Riffe
sehr gut durchlässige Karstwasserleiter
Dogger
um 200 m
sandig bis tonig
unterschiedlich, mächtige Grundwasserstauer
Lias
um 50 m
tonig
ausgesprochene Grundwasserstauer
Keuper
400-600 m
sandig bis tonig
teilweise gute Kluft(-Poren-) Grundwasserleiter, mächtige Grundwasserstauer
Muschelkalk
um 200 m
karbonatisch
mergelig
teilweise verkarstete Kluftgrundwasserleiter, bereichsweise als Stauer
ausgebildet
Buntsandstein
400-1000 m siliziklastisch, vorwiegend sandig
mäßig gute Kluftgrundwasserleiter;
in tonigen Bereiche Stauer
Zechstein
50-400 m
heterogen, Tone,
Karbonate Evaporite
Karstwasserleiter, Stauer, häufig
versalzen
Rotliegend
bis 2000 m
grob-siliziklastisch
Grundwassergeringleiter, nur in
Kluftzonen
Jura
Trias
Perm
3.6.6.2 Süddeutsches Schichtstufenland
Die Verhältnisse im Süddeutschen Schichtstufenland sind im wesentlichen auf den gesamten triassischen und jurassischen Anteil des mesozoischen Deckgebirges übertragbar
und werden hier deshalb stellvertretend erläutert. Im Thüringer Becken und in weiten Bereichen der „Bergländer“ ist mit gleichen Bedingungen zu rechnen.
Das süddeutschen Schichtstufenlandes wird durch eine Abfolge schwach nach Osten und
Südosten einfallender sedimentärer Gesteine des Mesozoikums charakterisiert. Aufgrund
des Einfalles streichen von West nach Ost immer jüngere Gesteine aus. Wegen des
Wechsels von verwitterungsanfälligen und –resistenten Gesteinen kommt es zur Ausbildung von markanten, etwa NNE-SSW verlaufender Geländestufen, die das Landschaftsbild prägen und namensgebend sind (Abbildung 15).
Abbildung 15: Geologisches Querprofil durch das süddeutsche Schichtstufenland (in Baden-Württemberg). Aus W ALTER (1995).
46
Generell muss im Süddeutschen Schichtstufenland unterschieden werden zwischen den
meist plateauartig ausgebildeten Hochflächen und den Tallagen der Flußniederungen. In
Ersteren ist meist mit großen Grundwasserflurabständen zu rechnen, weswegen dort beim
Einsatz von Erdsonden im üblichen Tiefenbereich keine Grundwasserleiter angetroffen
werden können. Im Muschelkalk und Keuper müssen aber schwebende Grundwasserleiter berücksichtigt werden. In den Tallagen (Beispiel Maintal) bilden oberflächennahe Kiesgrundwasserleiter das oberste Grundwasserstockwerk.
Bei fast allen Aquiferen, außer den Talsedimenten und einigen Ablagerungen des Rhätolias, handelt es sich um Kluft- oder Karstgrundwasserleiter. Das bedeutet, dass hohe
Wasserergiebigkeiten meist an das Auftreten von Kluftzonen gebunden sind.
Aufgrund von Höhenlage, Relief und Niederschlagsbedingungen (Grundwasserneubildung) ist in allen Bereichen des süddeutschen Schichtstufenlandes mit relativ starken
hydraulischen Gradienten zu rechnen. Das bedeutet, dass Untergrundwärmespeicher nur
in geringdurchlässigen Gesteinen bzw. in wenig wasserwegsamen Bereichen oder oberhalb der Grundwasseroberfläche errichtet werden sollten. Abgesehen von den stark verkarstungsfähigen Einheiten Mittlerer Muschelkalk, unterer Mittlerer Keuper (Gipskarst) und
Oberer Jura (Malm) sind Bereiche geringer Gebirgsdurchlässigkeit in allen Gesteinseinheiten anzutreffen. Es muss allerdings grundsätzlich, auch in tonigen-siltigen Einheiten, geprüft werden, ob Grundwasserbewegungen auf Klüften stattfinden, die die Speichereigenschaften nachteilig beeinträchtigen können. Da eine Erwähnung und Beschreibung aller
relevanten Gesteinseinheiten des Schichtstufenlandes den Rahmen dieser Untersuchung
sprengen würde, wird in Tabelle 7 eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Gesteinstypen gegeben:
Tabelle 7: Stratigraphischen Einheiten ähnlicher Eigenschaften hinsichtlich der Eignung
zur EWSS.
Gesteinskategorie
Beschreibung
Geologische Einheiten
Eignung für die EWSS
Tonsiltsteine
Tonsteine, tonige
Siltsteine mit feinsandigen Anteilen
Zechsteintone, Bröckelschiefer, bei ausreichender Mächtigkeit
Röttone, Myophorien- , Esthegenerell gut geeignet, Bohrbarrienschichten, Feuerletten,
keit teilweise nur mäßig
Lias, Opalinuston
Mächtigkeit
350 m
Sandsteine Sandsteine, überwiegend sandige
Gesteine und
Sand-SiltsteinWechselfolgen
(Rotliegend) Unterer -, Mittlerer
Buntsandstein, Plattensandstein, Schilf-, Blasen-, Burgsandstein, Rhätsandstein,
Doggersandsteine
oberhalb der Grundwasserober750 m
fläche gut geeignet, im gesättigten Bereich nur in wenig geklüfteten Bereichen, meist gut bohrbar
Kalksteine
überwiegend kalkige Gesteine
Zechsteinkalke, Unterer und
Oberer Muschelkalk, Malm
Unverkarstete, gering geklüftete 400 m
Bereiche hervorragend geeignet,
gut bohrbar, verkarstete Bereiche
i.A. ungeeignet, sonst wie Sandsteine
Kalkmergelgesteine
überwiegend mergelige bis tonigmergelige Gesteine
Zechsteinmergel, Mittlerer
Muschelkalk, Malm (z.T.)
Sehr kritisch wegen Verkarstung, 100 m
extrem schlechte Bohrbarkeit
Wechselfolgen
heterogen zusam- Zechstein, Unterer Keuper,
Bohrbarkeit mäßig, nicht paumengesetzte EinLehrbergschichten; Rhät(-olias) schal zu beurteilen, häufig weniheiten aus tonigen,
ger gut geeignet
kalkigen, sandigen
und anderen Gesteinen
47
150 m
Die Übersicht in Tabelle 7 zeigt, dass ein hoher Prozentsatz der Gesteine im Schichtstufenland grundsätzlich für die EWSS geeignet ist, dass aber in fast allen Fällen eine genaue Einzelfallprüfung der Bedingungen erforderlich ist. Wegen Verkarstung wahrscheinlich ungeeignet sind etwa 15% der Fläche, die vor allem im Bereich des schwäbischen
und fränkischen Jura liegen. Als besonders gut geeignet können die tonigen Gesteine des
oberen Buntsandstein, des Gipskeuper, des Lias und des Dogger sowie die unverkarsteten Bereiche des Unteren und Oberen Muschelkalk hervorgehoben werden.
3.6.6.3 Münsterländer Bucht
Die Münsterländer (Oberkreide)-Bucht bildet einen nördlich an das Rheinische Schiefergebirge angrenzenden Sedimentationstrog, der vor Allem im Verlauf der Oberkreide Sedimente bis zu einer Mächtigkeit von 2500 m zunahm. Das nördliche Drittel wird von einer
mächtigen Quartärauflage bedeckt (vgl. Kap.3.6.1), die im Allgemeinen einen guten Porengrundwasserleiter darstellt. Am südlichen Rand und im Osten treten ergiebige Grundwasserleiter der Ober- und Unterkreide auf. Häufig handelt es sich hier um Porengrundwasserleiter in wenig verfestigten Sanden, aber auch um Kluftgrundwasserleiter in Sandsteinen und Karbonaten. Der mittlere Bereich des Beckens wird von einer vorwiegend
mergelig-tonigen bis sandigen Folge des Campan eingenommen. Diese Gesteine sind
weitgehend geringdurchlässig.
Aufgrund des flachen Reliefs ist in den Grundwasserleitern der Münsterländer Bucht nicht
mit hohen Grundwasserfließgeschwindigkeiten zu rechnen. Sie sind deshalb weitgehend
für Speichervorhaben nutzbar. An den Beckenrändern steigen die hydraulischen Gradienten an, so dass dort im Einzelfall geprüft werden sollte, inwieweit störende Grundwasserfließbewegungen auftreten können. Insgesamt bietet es sich voraussichtlich in vielen Fällen an, statt der EWSS die Aquiferspeicherung einzusetzen, die in guten Porengrundwasserleitern sicherlich die kostengünstiger Variante darstellt. In den mergelig ausgebildeten
Bereichen sind EWSS grundsätzlich realisierbar, einschränkend kann sich hier die nicht
immer gute Bohrbarkeit auswirken.
Ähnliche Verhältnisse wie im Münsterländer Becken werden auch in den Kreidegebieten
nördlich des Harzes angetroffen.
3.6.6.4 Permische Gebiete
Die hier als „Permische Gebiete“ bezeichneten Regionen machen gut 1.6% der Fläche
Deutschlands aus. Es handelt sich dabei im wesentlichen um das Saar-Nahe-Becken und
den permischen Anteil des Thüringer Walds. Beide Gebiete sind geprägt von permischen,
basischen und sauren Vulkaniten („Quarzporphyr, bzw. Rhyolith), den die diese begleitende Pyroklastika und meist siliziklastischen Sedimenten des Rotliegend. Unter Letzteren
sind vor allem die mächtigen Konglomerate bzw. Fanglomerate von Bedeutung, die auch
in anderen Bereichen Deutschlands, vor allem in den Randbereichen der paläozoischen
Mittelgebirge häufig auftreten. Ansonsten sind die Sedimente des Rotliegend meist mittelbis grobsandig ausgebildet.
Alle hier genannten Gesteine sind meist nur schlechte Kluftgrundwasserleiter, in denen
sich Grundwasser nur in ausgeprägten Kluftzonen bewegen kann. Sie sind deshalb für
Erdwärmesonden-Speicher im Allgemeinen gut geeignet. Besonders zu prüfen sind klüfti48
ge Bereiche. Durch den hohen Zementationsgrad ist im allgemeinen eine gute Bohrbarkeit
gegeben.
3.6.7 Molassebecken
Das Molassebecken liegt zwischen Alpenrand und Donau und nimmt knapp 10% der Fläche Deutschlands ein. Davon befinden sich rund 83% auf bayerischem und 17% auf baden-württembergischem Gebiet.
3.6.7.1 Geologisch-hydrogeologischer Gesamtüberblick
Im Molassebecken liegen recht inhomogene Verhältnisse vor, was die geologischen Verhältnisse, die Grundwasserergiebigkeit und die Ausbildung verschiedener Grundwasserstockwerke anbetrifft. Für die Untergrundspeicherungspeicherung sind aufgrund der Tiefenlage besonders die quartären und jüngsten tertiären Gesteinseinheiten von Interesse.
Diese bestehen mit wenigen Ausnahmen aus unverfestigten Lockergesteinen oder wenig
verfestigten klastischen Sedimentgesteinen.
In allen Bereichen des Molassebeckens bestehen in den oberflächennahen pleistozänen
und jungtertiären Aquiferen hohe hydraulische Gradienten, die zu starken Grundwasserfließbewegungen führen. Dies ist insbesondere in den stark besiedelten Niederungen der
Flusstäler festzustellen. Untergrundspeichervorhaben sollten in diesem Bereich deshalb
auf geringdurchlässige Gesteine, bzw. Bereiche oberhalb der Grundwasseroberfläche beschränkt werden. Letztere weisen allerdings sofern sie grobkörnig ausgebildet sind sehr
ungünstige thermische Eigenschaften auf.
Erfahrungen mit der thermischen Nutzung von Gesteinen aus der Molasse werden vor
allem aus der Schweiz berichtet. Dabei handelt es sich aber im wesentlichen um Anlagen
zum Wärmeentzug, bei denen nicht auf Grundwasserbewegung geachtet werden muss
(SANNER ET AL., 1999).
3.6.7.2 Untereinheiten
Nach der Ausbildung der oberflächennahen Gesteinsschichten werden im Molassebecken
vier Untereinheiten betrachtet. Die Flächenanteile für die Untereinheiten wurden nur für
das bayerische Gebiet ermittelt und für den restlichen Bereich hochgerechnet.
49
Abbildung 16: Geologische Großeinheiten von Bayern, Molassebecken.
Moränenlandschaft (Flächenanteil in Deutschland 2.6%)
Moränenmaterial der pleistozänen Eisvorstöße bedeckt mit verschieden großer Erstreckung nach Norden etwa das südliche Drittel des Molassebeckens. Die Mächtigkeiten
betragen wenige Meter bis mehr als 50 m. Das Moränenmaterial ist extrem schlecht sortiert mit hohem Feinkornanteil und ist deshalb meist gering wasserdurchlässig. Prinzipiell
besteht in solchem Material deshalb die Möglichkeit zu EWSS, da hier keine Grundwasserbewegungen zu erwarten sind. Allerdings ist wegen der extrem schlechten Bohrbarkeit
von Moränenmaterial eine wirtschaftlich sinnvoll Nutzung unwahrscheinlich.
Schotterflächen (Flächenanteil in Deutschland 1.9%)
Die Schotterflächen des Alpenvorlandes, z.B. die Münchner Ebene, zeichnen sich durch
hohe bis höchste Grundwasserergiebigkeiten aus. Von Süd nach Nord nehmen die
Grundwasserflurabstände von 50 m und mehr auf wenige Meter ab. In den Schotterflächen schließt sich eine Nutzung mit EWSS derzeit aus, da im Bereich unter der Grund-1
wasseroberfläche. die Grundwasserfließgeschwindigkeiten (bis zu mehrere kma ) viel zu
hoch sind, über der Grundwasseroberfläche die thermischen Eigenschaften sehr ungünstig sind (trockene Kiese).
Tertiäres Hügelland (Flächenanteil 3.1%)
Im tertiären Hügelland sind in den oberflächennahen Bereichen (bis 200 m unter GOK)
schwach verfestigte tertiäre Gesteine unterschiedlicher Korngröße vorhanden. Die Verhältnisse sind sowohl lateral als auch vertikal recht wechselhaft. Feinkörnige Geringdurchlässige Linsen wechseln mit gutdurchlässigen grobkörnigen Rinnenfüllungen ab. Da die
Grundwasserflurabstände meist relativ groß sind, ist das Risiko Grundwasserleiter mit hohen Fließgeschwindigkeiten anzutreffen eher gering. Das tertiäre Hügelland gehört zu den
Bereichen, in denen EWSS teilweise möglich sind, allerdings detaillierte Einzelfalluntersu50
chungen erfordern. Pauschale Angaben sind schwer zu treffen. Wenig günstig ist die nur
mäßige Bohrbarkeit der Gesteine. Erfahrungen mit Untergrundwärmespeichern in diesem
Raum werden von BECK ET AL. (1993) und W AGNER (1991) berichtet.
Flusstalniederungen (Iller, Lech, Isar, Inn; Flächenanteil 1.3%)
In den Flusstälern bestehen große Grundwasservorkommen im obersten Grundwasserstockwerk mit extremen Grundwasserfließgeschwindigkeiten. Eine Nutzung mit EWSS
schließt sich deshalb momentan aus.
3.6.8 Alpiner Raum
Der alpine Raum mit den Untereinheiten nördliche Kalkalpen, Flysch und Helvetikum sowie gefaltete Molasse nimmt etwa 1% der Gesamtfläche Deutschlands ein. Aufgrund der
starken tektonischen Beanspruchungen sind die Verhältnisse hier sehr heterogen, so
dass eine kurze aussagekräftige Gesamtbeurteilung nicht gelingt. Wegen der relativ geringen Verbreitung, bei gleichzeitig geringer Besiedlungsdichte, ist es nicht lohnend hier
weitergehende Betrachtungen anzustellen.
Grundsätzlich liegen im gesamten Bereich starke hydraulische Gradienten vor, so dass für
alle Speichervorhaben grundwasserführende bzw. -wegsame Schichten und Zonen (KluftZerüttungszonen) zu meiden sind. Dies betrifft insbesondere auch die Talniederungen,
deren quartäre Füllungen ergiebige Grundwasserleiter darstellen können. Da gerade die
Tallagen fast ausschließlich die Siedlungsbereiche darstellen, ist offensichtlich, dass im
Bereich des alpinen Raums große Probleme für die EWSS bestehen.
3.6.9 Zusammenfassung
Die in der vorliegenden Untersuchung durchgeführten Betrachtungen zeigen, dass die
geologischen Voraussetzungen für Erdwärmesonden-Speicher in Deutschland in vielen
Bereichen als günstig anzusehen sind. Es existieren nur relativ wenige größere zusammenhängende Gebiete, in denen Erdwärmesonden-Speicher mit großer Wahrscheinlich3
keit nicht errichtet werden können. Als solche Ausschlussgebiete sind nach momentanen
Stand der Technik zu nennen:
stark verkarstete Gebiete in der fränkischen und schwäbischen Alb sowie im Muschelkalk, im Zechstein und im unteren Mittleren Keuper,
quartäre und tertiäre Lockergesteinsaquifere im Molassebecken und anderen süddeutschen tertiären Beckengebieten sowie in den Flußtälern im süddeutschen Raum,
stark geklüftete Vulkanite,
sehr gut wasserwegsame Sedimentgesteine im Mesozoikum in süd- und Mitteldeutschland und
stark heterogen aufgebaute Einheiten mit vertikal und lateral sehr wechselhaften geologischen und hydrogeologischen Eigenschaften (z.B. sedimentäres Tertiär der Rhön,
Tuffe und Tuffite der Eifel, Bereiche des Zechstein, Unteren und Mittleren Keupers und
Unteren Buntsandsteins).
Der Gesamtflächenanteil solcher Ausschlussgebiete beträgt in Deutschland etwa 15%.
Gleichermaßen gering ist allerdings auch der Anteil größerer zusammenhängende Gebiete, in denen EWSS mit großer Sicherheit problemlos errichtet werden können. Es wäre
3
Auch hier bestehen im Einzelfall Möglichkeiten, die aber die Ausnahme bilden.
51
möglicherweise irreführend, solche Gebiete hier auszuweisen. Im folgenden werden deshalb diejenigen Gebiete erwähnt, in denen sich EWSS bei pauschaler Betrachtung mit
guter Wahrscheinlichkeit ohne bedeutende Schwierigkeiten errichten lassen. Dies sind:
Verbreitungsgebiete mächtiger, vorwiegend tonig bis feinsandig ausgebildeter mesozoischer Sedimentgesteine (oberer Buntsandstein, mittlerer Keuper, unterer und mittlerer Jura),
weite Bereiche der aus paläozoischen Sedimenten aufgebauten Mittelgebirge soweit
sie wenig zerrüttet sind (Grauwacken, Schiefer, Sandsteine) und
weite Bereiche der süddeutschen Kristallingebiete. Ungünstig sind hier allerdings Bereiche mit mächtigen instabilen und grundwasserführenden Zersatzzonen und tiefreichender Kluftzonen.
Solche Gebiete machen etwa 15% der Fläche Deutschlands aus.
Eine besondere Stellung nehmen der gesamte Bereich der Norddeutschen Tiefebene sowie weite Bereiche der Münsterländer und der Kölner Bucht ein, die grundsätzlich auch zu
der Gruppe der geeigneten Regionen gehören. Hier gilt, dass beim Vorhandensein von
geeigneten Aquiferen die Aquiferspeicherung die günstigere Alternative darstellt.
Im gesamten verbleibenden Bereich sind EWSS grundsätzlich möglich, wobei im Einzelfall die Eignung eines Standortes allerdings stark von der lokalen geologischen und hydrogeologischen Situation abhängig ist. Hier sind vor allem zu prüfen, ob:
erhöhte Klüftigkeit oder lokale Verkarstung vorliegen, ob
Wasserwegsamkeiten und hydraulischer Gradient zu hohen Grundwasserfließgeschwindigkeiten führen und ob
in Lockergesteinen die thermischen Eigenschaften ausreichend gut sind (i.w. abhängig
vom Sättigungsgrad des Gesteins).
Es ist hier nicht möglich alle Gesteinseinheiten und Regionen im einzelnen aufzulisten, die
in dieser Hinsicht mehr bzw. weniger kritisch sind. Einen bedeutenden Anteil an dieser
Kategorie nehmen beispielsweise die weit verbreiteten Sandsteine des Buntsandsteins
oder einzelne Bereiche gefalteter und geschieferter paläozoischer Gesteine der Mittelgebirge ein. Aus den Erkenntnissen, die in solchen Gesteinen im Rahmen der Trinkwassergewinnung gewonnen werden, kann geschlossen werden, dass diejenigen geologischhydrogeologischen Situationen, die eine Errichtung von EWSS nicht zulassen (also starke
Zerrüttung, hohe Wasserwegsamkeit und Grundwasserfließgeschwindigkeit) die Ausnahme darstellen.
Ebenfalls in diese Kategorie fallen unverkarstete, wenig geklüftete, massige oder gebankte Karbonatgesteine (Unterer und Oberer Muschelkalk, auch Karbonatgesteine des Devon
und Karbon). Diese Einheiten stellen die am besten geeigneten Gesteine überhaupt dar.
Sie können allerdings auch, ohne dass sich dies anhand regionaler Kriterien festlegen
ließe, ungeeignet sein.
Gebiete dieser Kategorie machen etwa 20% der Fläche Deutschlands aus, wobei sehr
grob abgeschätzt werden kann, dass von diesen Gebieten mehr als 15% geeignet und
weniger als 5% ungeeignet sind.
52
Insgesamt ergeben sich bezüglich der geeigneten Flächen in Deutschland die in Tabelle 8
gezeigten Verhältnisse. Demnach sind EWSS in Deutschland in etwa 30-40% der Gebiete
gut zu realisieren. Weitere 35% entfallen auf Gebiete in denen sie zwar machbar sind,
wahrscheinlich aber besser durch Aquiferspeicher (ATES) ersetzt werden sollten. In ca.
25% der Gebiete Deutschlands ist der Bau von EWSS nicht zu empfehlen. Bei den beiden
letztgenannten Kategorien ist zu beachten, dass sich die Aussagen auf den derzeitigen
Stand der Technik beziehen. Durch die technische Weiterentwicklung der Speichertechnik
können die angegebenen Prozentzahlen durchaus noch reduziert werden.
Tabelle 8: Flächenanteile der in Deutschland für die EWSS geeigneten bzw. ungeeigneten Gebiete.
Kategorie
Anteil
für EWSS sehr wahrscheinlich gut geeignet
15-20%
für EWSS mäßig bis gut (für Aquiferspeicher evtl. besser geeignet)
35%
für EWSS u.U., voraussichtlich aber gut geeignet; genaue Einzelfallprüfung erforderlich
15-20%
für EWSS u.U., voraussichtlich aber nicht geeignet; genaue Einzelfallprüfung erforderlich
5%
für EWSS wahrscheinlich ungeeignet
20%
Diese Flächenabschätzung ermöglicht noch keine Ermittlung des Nachfragepotentials.
Hierzu wäre eine Betrachtung der infrastrukturellen Voraussetzung und der Besiedlungsstruktur und –dichte erforderlich, die im Rahmen einer geologisch orientierten Übersichtsbetrachtung nicht möglich ist.
Insbesondere muss bei der Ausweisung geeigneter Flächen auch berücksichtigt werden,
dass ein gewisser Prozentsatz aufgrund wasserwirtschaftlicher Bestimmungen ausgeschlossen werden muss (vgl. Kap. 3.5). Allerdings ist bei der ErdwärmesondenSpeicherung das Konfliktpotential mit entsprechenden Vorschriften insgesamt eher gering,
da EWSS vor allem in Grundwassernicht- bzw. Grundwassergeringleitern errichtet werden.
3.7 Charakterisierung des Standorts Greußenheim – Übertragbarkeit von Ergebnissen
Die geologisch-hydrogeologische Situation am geplanten Speicherstandort Greußenheim
wurde ausführlich im Abschlußbericht zur Vorstudie (Büttner, 1998) dargelegt. Der Standort Greußenheim stellt nach den Ergebnissen dieser Voruntersuchungen einen guten bis
sehr guten Standort dar. Hervorzuheben ist die geringe Durchlässigkeit des Gesteins, die
konvektiven Wärmeabtransport ausschließen lässt. Positiv macht sich weiterhin die für
den geplanten Speicher gut ausreichende Mächtigkeit des Speicherhorizonts „Obere Röttone“ bemerkbar. Für wesentlich größere Speicher wären die hier effektiv nutzbaren 40 m
Mächtigkeit unter Umständen allerdings nicht mehr ausreichend. Werden aus geometrischen Gründen (Höhen-Breitenverhältnis des Speichers) größere Bohrtiefen notwendig
3
(etwa ab 50000m Speichervolumen) müssten in diesem Fall technische Maßnahmen getroffen werden, um den im Liegenden der Oberen Röttone befindlichen wasserführende,
stark klüftigen Rötquarzit hydraulisch abzudichten, was mit erhöhtem Kostenaufwand verbunden wäre. Eine geringfügige Verbesserung der Speichereigenschaften könnte sich
ergeben, wenn der Druckwasserspiegel des Grundwasserstockwerks im Liegenden der
Oberen Röttone bis zur Speicheroberkante reichen würde. Gegebenenfalls würde sich
damit eine noch weitergehende Sättigung und damit höhere volumetrische Wärmekapazi-
53
tät ergeben (vgl. Vorstudie Büttner, 1998). Die Bohrbarkeit des Gesteins erwies sich als
gut, was in entsprechenden Gesteinen nicht notwendigerweise zu erwarten war.
Insgesamt ist der Speicherstandort Greußenheim deutlich in das obere Drittel der prinzipiell gut geeigneten Gesteine bzw. Standorte einzuordnen. Es sind allerdings auch besser
geeignete Standorte denkbar. Dazu zählen Standorte in karbonatischen Gesteine, die eine optimale Bohrbarkeit gewährleisten und kein Austrocknungsrisiko bergen sowie Standorte in kompakten paläozoischen oder kristallinen Gesteinen, die häufig deutlich größere
Bohrtiefen bei insgesamt homogenen Verhältnissen ermöglichen.
Die zu erwartenden Messergebnisse von einem EWS-Forschungsspeicher Greußenheim
sind mit großer Wahrscheinlichkeit auf die weitaus meisten der in Deutschland realisierbaren EWSS übertragbar. Bei dem Speichermaterial handelt es sich um ein nahezu undurchlässiges Festgestein, das konvektiven Wärmetransport, sei es in der flüssigen oder
in der gasförmigen Phase praktisch nicht zulässt. Man hat es also mit reinen Wärmeleitungsprozessen zu tun, die mit den geplanten Messsonden erfasst und ausgewertet werden können.
Damit unterscheiden sich die Verhältnisse nicht von denen, die in 90% der anderen, in
Deutschland vorkommenden, prinzipiell für EWSS geeigneten Gesteine, vorliegen. Die
thermischen Parameter liegen in der Mitte der Bandbreite, so dass keine außergewöhnlichen Effekte zu erwarten sind. Insofern erscheint der Standort Greußenheim aus geologischer Sicht als gut für einen Forschungsspeicher geeignet.
54
4 Potentialabschätzung für die technische Nutzung von Erdwärmesonden-Speicher
Im Rahmen einer Abschätzung sollen die möglichen Einsatzgebiete für ErdwärmesondenSpeicher bzw. Erdwärmesonden lokalisiert und daraus Anhaltspunkte für das zukünftige
technische Potential dieses Speichertyps in der Energieversorgung mit Wärme im Niedertemperaturbereich (bis etwa 100 °C) entwickelt werd en.
Grundsätzlich ist im mitteleuropäischen Raum durch die Schwankung von Wärmeangebot
und -nachfrage im jahreszeitlichen Rhythmus die saisonale Speicherung ein offenkundiges Problem. Hierauf konzentriert sich der Anwendungsbereich von ErdwärmesondenSpeichern. Diese Speicher können in Verbindung mit solarthermischen Anlagen sowie mit
Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung (insbesondere Blockheizkraftwerke) eingesetzt werden; derartige Systeme sind heute Stand der Technik. Außerdem kommt – neben einigen
weiteren Spezialgebieten – der Einsatz zur Speicherung von (industrieller) Abwärme in
Frage. Für diese Einsatzgebiete soll in den folgenden Abschnitten das jeweilige technische Potential für Erdwärmesonden-Speicher bzw. Erdsondenanwendungen näher eingekreist werden.
Bei der saisonalen Speicherung konkurriert der Erdwärmesonden-Speicher mit anderen
Speichertechniken, v. a. dem Erdbeckenspeicher, Aquifer- und Kies/Wasser -Speicher. Er
bietet gegenüber diesen Techniken verschiedene Vorteile, auf die im Kapitel 2 eingegangen wurde. In den folgenden Betrachtungen wird davon ausgegangen, dass die lokalisierten Potentiale im Bereich der saisonalen Wärmespeicherung grundsätzlich Anwendungspotentiale für Erdwärmesonden-Speicher darstellen.
4.1 Solare Nahwärmesysteme mit saisonaler Speicherung
Wie bereits oben angedeutet, legen die klimatischen Verhältnisse in unseren Breiten mit
dem Überangebot an Wärme durch Sonneneinstrahlung im Sommer und dem Mangel an
Wärme in der kalten Jahreszeit einen Ausgleich durch saisonale Speicherung von Solarwärme nahe. Nur so können neben der Brauchwarmwasserbereitung nennenswerte Potentiale im Bereich der Gebäudebeheizung für die solare Nutzung erschlossen und solare
Deckungsanteile im Bereich von 50 % am Gesamtwärmebedarf eines Gebäuden erzielt
werden.
In Deutschland existieren bereits einzelne solare Nahwärmesysteme mit saisonaler Speicherung auf Erdwärmesondenbasis, die größte und bekannteste Anlage dieser Art ist seit
Ende 1997 in Neckarsulm-Amorbach in Betrieb (vgl. auch Tabelle A1 im Anhang).
Im Rahmen des von der Bayerischen Forschungsstiftung geförderten Projekts SOLEG
(Solar Gestützte Energieversorgung von Gebäuden) wurden von der Forschungsstelle für
Energiewirtschaft (FfE) Potentialabschätzungen für solare Nahwärmesysteme mit saisonaler Speicherung für Bayern durchgeführt (SOLEG, 1999). Die folgenden Ausführungen
stützten sich im wesentlichen auf die dem Entwurf des SOLEG - Abschlussberichts entnommenen Angaben und Recherchen der FfE.
In der Regel werden solare Nahwärmesysteme in Neubaugebieten realisiert. Im Gebäudebestand kommen derartige Systeme nur in Ausnahmefällen in Frage, z. B. bei einer
Komplettsanierung oder bei einem bereits vorhandenen Nahwärmenetz. Die Potentialabschätzung beschränkt sich daher auf die zu erwartende Neubautätigkeit im Wohnbereich.
55
Diese wird für den Zeitraum vom 1995 bis 2020 mit bayernweit 150 Mio. m² Neubaufläche
angegeben, wodurch jährlich durchschnittlich rund 68000 neue Wohneinheiten in Bayern
entstehen. Mit der Kenntnis des spezifischen Wärmebedarfs für Raumheizung und
-2 -1
Brauchwarmwasser von etwa 115 kWhm a (Wärmeschutzverordnung 95, WSchV 95)
bzw. etwa 90 kWhm-2a-1 (Niedrigenergiehausstandard, NEH, s. u.) lässt sich der Endener-1
-1
gieverbrauch im Neubaubereich in Bayern zu 17.3 TWha bzw. 13.5 TWha abschätzen.
Darüber hinaus muss beachtet werden, dass die Realisierung von solaren Nahwärmesystemen im Neubaubereich an bestimmte technische Voraussetzungen gebunden ist:
Aus Kostengründen sollte solare Nahwärme nur in Gebäuden eingesetzt werden, die
(durch Wärmedämmung, kontrollierte Gebäudelüftung ggf. mit Wärmerückgewinnung)
mindestens dem Niedrigenergiehaus-Standard genügen.
Es müssen gewisse städtebauliche Rahmenbedingungen erfüllt sein, etwa eine verdichtete Bebauung des Versorgungsgebietes von einer gewissen Mindestgröße (Reihenhäuser, Mehrfamilienhäuser), um die Verteilverluste möglichst gering zu halten.
Eine derartige verdichtete Bebauung findet meist nur in öffentlichen Bauvorhaben oder bei
Unternehmen (zusammen 34 % der Neubaufläche) statt. Private Bauherren (66 % der
Neubaufläche) errichten in der Regel Einfamilien- oder Doppelhäuser, die daher für diese
Abschätzung nicht berücksichtigt werden. Insgesamt wird davon ausgegangen, dass etwa
25 % der Wohnfläche in Neubauten für eine solare Nahwärmeanlage mit saisonaler Speicherung geeignet ist. Das entspricht bei Niedrigenergiebauweise einem Endenergiebetrag
von 3.4 TWha-1 bis zum Jahr 2020.
Nach Seiwald (1998) werden in einem solaren Nahwärmesystem pro MWh Wärmebedarf
für einen 50 %igen solaren Deckungsanteil etwa 2.5 m³ Speichervolumen (Wasseräquivalent) für die saisonale Speicherung benötigt – das entspricht bei einer volumetrischen
Wärmekapazität des Erdreichs von 3 MJm-3K-1 etwa 3.5 m³M-1W -1h-1 Speichervolumen
(Erdreich). Das Erdspeichervolumen für den Energiebetrag von 3,4 TWh beträgt demnach
in derartigen Anlagen bayernweit etwa 12 Mio. m³ bis zum Jahr 2020. Bei einer durchschnittlichen Speichergröße von 10000 m³ könnten von 1995 bis 2020 also etwa 1200
derartige solare Nahwärmesysteme mit saisonalem (Erdwärmesonden-) Speicher errichtet
werden, also etwa 50 pro Jahr. Auf die Wohneinheiten umgerechnet werden dabei jeweils
rund 350 Wohneinheiten zu einem Versorgungsgebiet zusammengefasst, was unter den
genannten Annahmen (10000 m³ Erdwärmesonden-Speicher, 50 % solare Deckung) den
Erfahrungen entspricht.
Skaliert man dieses Potential mit der Einwohnerzahl auf die gesamte Bundesrepublik, so
entspricht das rund 8000 solaren Nahwärmesystemen mit saisonalem (Erdwärme-) Speicher bis zum Jahr 2020.
56
Tabelle 9: Technische Potentialabschätzung für Erdwärmesondenspeicher als
Langzeitspeicher in solaren Nahwärmesystemen mit saisonaler Speicherung für Bayern
von 1995 bis 2020
Endenergiebedarf Neubauten (WSchV 95)
17.3 TWh/a
Endenergiebedarf Neubauten (NEH)
13.5 TWh/a
Endenergiebedarf Neubauten geeignet für
solare Nahwärme
3.4 TWh/a
Dafür nötiges Erdspeichervolumen in solaren Nahwärmeanlagen mit 50 % solarer Deckung
12 Mio. m³
Anzahl der solaren Nahwärmeanlagen mit
Erdwärmesonden-Speicher
à
10000 m³
(Versorgung von ca. 350 Wohneinheiten)
Ca. 1200
Anzahl der solaren Nahwärmeanlagen mit
Erdwärmesonden-Speicher
à
10000 m³
(Versorgung von ca. 350 Wohneinheiten)
pro Jahr
Ca. 50
Die Interpretation dieser auf den ersten Blick hohen Zahlen, die mit den angegebenen
Annahmen errechnet werden, sollte durch den Hinweis erleichtert werden, dass es sich
dabei um das rein technische Potential handelt. Für die Realisierung derartiger Systeme
stehen jedoch in der Regel nicht-technische, d. h. vor allem wirtschaftliche Kriterien im
Vordergrund. Legt man die heutige Preissituation auf dem Energiemarkt zugrunde, so wird
diese Art der solaren Nahwärme weiterhin auf massive (öffentliche) Förderung angewiesen sein, so dass politische Gesichtspunke hinzutreten. Die erst jüngst erneut bekräftigten
Klimaschutzziele der Bundesregierung sowie die Einschätzung der Enquete-Kommission
des Deutschen Bundestages zum Schutz der Erdatmosphäre, die in solaren Nahwärmesystemen mit saisonalem Speicher mittelfristig das größte Energiesubstitutions- und CO2Minderungspotential aller regenerativen Energiesysteme sieht, rufen dazu auf, die entsprechende Förderpraxis einzufordern. Bereits heute existieren in der Bundesrepublik vielerorts Planungen für „Solarsiedlungen“ im weiteren Sinne. Als Beispiel seien hier die „50
Solarsiedlungen in Nordrheinwestfalen“ genannt.
4.2 Wärmespeicher-Einsatz bei dezentraler Kraft-Wärme-Kopplung mit Blockheizkraftwerken (BHKW)
Beim Einsatz eines Langzeitspeichers zusammen mit einer BHKW-Anlage liegt das
Hauptaugenmerk auf der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und der Primärenergieeinsparung durch Ausgleich eines zeitlich variablen Energiebedarfs. Die zu Zeiten geringen
Bedarfs (außerhalb der Heizperiode) vom BHKW produzierte Wärme wird in den Speicher
eingebracht und steht bei großer Wärmenachfrage zusätzlich zur laufend durch das
BHKW bereitgestellten Wärmemenge zur Verfügung, so dass das BHKW stromgeführt
oder in Volllast gefahren werden kann. Die Jahresnutzungsdauer des BHKWs erhöht sich
(im Idealfall auf 8760 h/a) bei ggf. reduzierter Anlagengröße. Auf diese Weise werden fossile Energieträger eingespart und die Wirtschaftlichkeit des Systems verbessert sich erheblich. Eine derartige Systemkonfiguration setzt eine gut aufeinander abgestimmte Auslegung der Komponenten und eine geeignete Betriebsführung der Gesamtanlage voraus,
damit die genannten Nutzeffekte erschlossen werden können.
57
In Gailfuß (1998) wurden auf der Grundlage der statistischen Daten von 1997, zahlreicher
Anfragen und einer umfassenden Literaturrecherche die Potentiale der BHKW-Anlagen in
Deutschland für das Jahr 2010 sehr detailliert prognostiziert. Das Gesamtpotential für
BHKWs wird dabei mit ca. 67000 GWhel bei einer installierten Leistung von ca. 13800
MW el angegeben, wobei rund 29000 GWhel (6400 MW el) auf den industriellen und rund
38000 GWhel (7400 MW el) auf den kommunalen Bereich entfallen. Es wurden nur solche
Anlagen berücksichtigt, die mindestens das Prinzip der absoluten Wirtschaftlichkeit erfüllen (d. h. die Amortisationszeit ist kürzer als die technische Anlagenlebensdauer, Energiekosten mit BHKW sind geringer als ohne BHKW).
In dieser Studie werden auch Angaben darüber gemacht, wo der BHKW-Einsatz zusammen mit Wärmespeichersystemen aus den oben genannten Gründen sinnvoll erscheint.
Demnach ist das vor allem für die Raumwärme-Nutzung der Fall. Schwimmbäder sowie
die Bereiche mit Prozesswärmebedarf (also praktisch der gesamte Industriesektor) dagegen, wo ein entsprechendes BHKW-Potential lokalisiert wurde, kommen für eine Anwendung mit Speicher nicht in Frage. Außerdem scheiden alle Klein-BHWKs (ca. 5 bis
10 kW el), biogen befeuerte BHKW-Anlagen sowie etwa Gewächshäuser und Gasübergabestationen als Anwendungsfelder aus. Es ergibt sich dann für einen WärmespeicherEinsatz ein BHKW-Potential ausschließlich im kommunalen Bereich von rund
28800 GWhel, also rund 40 Prozent des BHKW-Gesamtpotentials.
Unter der Annahme einer Jahresnutzungsdauer von 4500 h/a lässt sich diesem Wert eine
installierte Leistung von 6400 MW el zuordnen. Dies entspricht – für das Jahr 2010 in
Deutschland – rund 100000 derartigen Anlagen mit einer durchschnittlichen BHKWLeistung von 60 kW el. Einige weitere Einschränkungen sind zu beachten:
Dieses Potential enthält einen gewissen Teil mit nicht-saisonaler Speicherung (Kurzzeit- und Pufferspeicher), für den Erdwärmesondenspeicher prinzipiell nicht in Frage
kommen. Allerdings wird bei Gailfuß (1998) berichtet, dass die erreichbare Primärenergieeinsparung bei saisonaler Speicherung etwa um den Faktor 5 über der bei Einsatz eines Tagesspeichers liegen kann, so dass es gerechtfertigt erscheint, mindestens die Hälfte der saisonalen Speicherung zuzurechnen. Es verbleibt dann ein Potential von rund 50000 derartigen Anlagen.
Der mit Abstand größte Teil der möglichen BHKW-Anlagen mit WärmespeicherEinsatz ist im Nahwärmebereich angesiedelt, so dass Überschneidungen mit dem im
vorherigen Abschnitt ermittelten Potential (solare Nahwärmesysteme) gegeben sind.
Reduziert man das hier ermittelte BHKW-Potential für Wärmespeicher-Einsatz vollständig um das für solare Nahwärmesysteme ermittelte Potential, das bei Gailfuß
(1998) explizit mit rund 26000 GWhel (also rund 90%) ausgewiesen ist, so verbleiben
rund 5000 BHKW-Anlagen mit Wärmespeicher bundesweit bis zum Jahr 2010.
58
Tabelle 10: Technisches BHKW-Potential für Wärmespeicher-Einsatz in Deutschland für
das Jahr 2010
Strommenge für BHKW gesamt
67000 GWhel
Strommenge für BHKW mit WärmespeicherEinsatz
28800 GWhel
Installierte Leistung für BHKW mit Wärmespeicher-Einsatz bei 4500 h/a
6400 MW el
Anzahl der BHKW-Anlagen mit Wärmespeicher-Einsatz
Ca. 100000
Anzahl der BHKW-Anlagen mit Wärmespeicher-Einsatz ohne Nahwärmeanlagen
Ca. 5000
Wie auch bei den solaren Nahwärmeanlagen mit saisonalem Speicher werden hinsichtlich
einer Anlagenrealisierung v. a. wirtschaftliche Kriterien ausschlaggebend sein. Nach Gailfuß (1998) erscheint durch Weiterentwicklungen und Standardisierung langfristig der Einsatz derartiger Speicher bei tatsächlich rund 1 % der dafür geeigneten BHKW-Anlagen
realistisch.
In dieser Betrachtung wurde der gesamte industrielle Sektor ausgeschlossen, da hier häufig ein dauernder Prozesswärmebedarf ohne Notwendigkeit einer Speicherung thermischer Energie vorliegt. Dennoch kann hier in bestimmten Fällen (z. B. in Branchen mit
hauptsächlich hohem Strombedarf) der Einsatz von BHKW-Technik zusammen mit Langzeitwärmespeichern auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll sein. Zwei Beispiele aus Thüringen belegen das: Hier wurde für zwei Betriebe aus dem Bereich Kunststoffrecycling eine BHKW-Anlagen mit saisonalem Erdwärmesonden-Speicher bei bereits
heute konkurrenzfähigen Energiepreisen projektiert (Reuß und Müller, 1998).
4.3 Speicherung industrieller Abwärme
Trotz der gerade genannten Einschränkungen, liegt ein weiteres Anwendungsfeld für
Erdwärmesonden-Speicher im Bereich der industriellen Abwärme. Es geht hierbei um die
Abwärme aus Produktionsprozessen.
Abwärme in der Industrie weist aufgrund ihrer Herkunft aus zahllosen verschiedenen Prozessen sehr unterschiedliche Parameter (Temperatur, Druck, Menge, zeitliche Verteilung,
Trägermedium etc.) auf. Diese Parameter bestimmen weitestgehend die Nutzungsmöglichkeiten. Für den sinnvollen Einsatz von Erdwärmesonden-Speichern kommt – wie eingangs erwähnt – grundsätzlich Niedertemperaturwärme (< 100 °C) in Frage.
In der Industrie sind zunehmend Bestrebungen im Gange, im Zuge der Prozessoptimierung die anfallende Abwärmemenge zu reduzieren oder durch Wärmerückgewinnung prozessintern zu nutzen, also den Produktionswirkungsgrad zu erhöhen, was in wirtschaftlicher wie in energetischer und ökologischer Hinsicht die sinnvollste Maßnahme darstellt. In
den verschiedenen Branchen sind diese Maßnahmen– je nach Energieintensität – unterschiedlich stark ausgeprägt. Dabei liegen die Hauptanstrengungen zunächst auf der Nutzung von „Hochtemperatur-Abwärme“ im Bereich mehrerer hundert Grad Celsius innerhalb des jeweiligen Prozesses. Das Temperaturniveau der Abwärme bewegt sich demnach grundsätzlich hin zu niedrigeren Temperaturen, so dass von der Abwärmemenge in
59
einem für Erdwärmesondenspeicherung geeigneten Temperaturbereich her prinzipiell ein
großes Potential erhalten bleiben wird.
Die Nutzung dieser Abwärme und insbesondere der Einsatz eines Langzeitwärmespeichers setzt jedoch weitere Randbedingungen voraus, nämlich das Vorhandensein von
geeigneten und interessierten Verbrauchern mit ausgeprägten (jahreszeitlichen) Schwankungen im Wärmebedarf bei dazu antizyklischem oder kontinuierlichem Abwärmeanfall.
Derartige Verbrauchsstrukturen finden sich grundsätzlich wieder im Bereich der Raumheizung und Brauchwarmwasserbereitung, bei der Vielzahl der industriellen Prozesse sind
aber auch andere Nutzungsmöglichkeiten denkbar. Hier ist zunächst eine genaue Analyse
der betriebsinternen Wärmeströme nötig, um derartige Potentiale zu lokalisieren. Leider
finden sich hierzu in der Literatur kaum geeignete Untersuchungen, so dass derartige
Nutzungsmöglichkeiten an dieser Stelle derzeit nicht näher eingekreist werden können.
Ein Aspekt im Bereich der Großindustrie ist auch die Abwärmenutzung zur Fernwärmeversorgung, also die Einspeisung der Abwärme in ein Fernwärmenetz, insbesondere in
Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet (Wienholt, 1992). Dieses Potential dürfte allerdings
für eine Speicheranwendung aufgrund der Energiemenge sowie der relativ gleichbleibenden Verfügbarkeit ohnehin kaum in Frage kommen.
Typische Anwendungsfelder für Langzeitwärmespeicherung von Industrieabwärme werden v. a. im mittelständischen Bereich anzutreffen sein. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist
die vom ZAE Bayern 1999 projektierte Speicherung von Rotteabwärme aus einem Kompostierwerk in Oberbayern. Hierbei werden etwa 900 MWh Abwärme in einem rund
45.000 m³ Erdwärmesonden-Speicher saisonal gespeichert und in dem Wärmeverbund
eines angrenzenden Gewerbegebiets zur Verfügung gestellt.
Das Abwärmepotential im industriellen Bereich ist sicherlich beträchtlich und der Einsatz
eines Wärmespeichers bietet sich hier vor allem innerhalb von Wärmeverbundsystemen
(Nahwärmenetzen) in Gewerbegebieten, in angrenzenden Wohngebieten oder mit Kommunen an. Aber auch für die Eigennutzung der Abwärme innerhalb des Betriebes sind
Anwendungsfelder denkbar, insbesondere bei diskontinuierlichem Abwärmeanfall. Das
Gesamtpotential der industriellen Abwärmenutzung mit Langzeitwärmespeicher-Einsatz
hier zu quantifizieren erscheint allerdings bei der derzeitigen Datenlage in diesem komplexen Bereich nicht gerechtfertigt.
4.4 Sonstige Anwendungsbereiche
Neben den in den vorangegangenen Abschnitten diskutieren Anwendungsgebieten für
Erdwärmesonden-Speicher existieren einige weitere Bereiche, in denen der Einsatz derartiger Systeme interessant oder sogar besonders geeignet erscheint, nämlich im Bereich
der Gebäudekühlung, der kombinierten Anwendung Heizen/Kühlen (Hybridspeicher) und
der erdgekoppelten Wärmepumpen zur Gebäudeheizung. Diese Einsatzbereiche sind dabei nicht immer einer Speicheranwendung zuzuordnen. Erd(wärme)sonden dienen hier in
der Regel primär zur Kopplung eines Energiestroms an das Erdreich in einer Richtung
(Wärmeentzug im Heizfall bzw. „Kälteentzug“ im Kühlfall).
4.4.1 Gebäudekühlung
Gebäudekühlung ist in erster Linie im gewerblichen Bereich, etwa in Verwaltungsgebäuden anzutreffen. Dabei können im Zusammenhang mit Erdsonden(wärmespeichern) sowohl aktive Anlagen (Kältemaschinen gekoppelt mit Erdsonden) als auch passive Systeme (direkte Nutzung des zur Umgebung relativ kalten Erdreichs zur Kühlung, d.h. Umpumpen eins Fluids durch die Erdsonden z. B. in eine Kühldecke) realisiert werden.
60
Für eine Abschätzung des Klimatisierungsbedarfes im Bürobereich kann in begrenztem
Umfang wieder auf die Untersuchungen im Rahmen von SOLEG zurückgegriffen werden
(SOLEG, 1999). Demnach kann der Bestand an Verwaltungsgebäuden in Bayern zu etwa
35 Mio m² abgeschätzt werden. Allerdings existieren keine gesicherten Statistiken über
den klimatisierten Anteil der Verwaltungsgebäude, eine Schätzung geht von etwa 20 %
aus. Daraus kann unter Berücksichtigung der Tatsache, dass klimatisierte Gebäude häufig überproportional groß sind, ein klimatisierter Flächenanteil von etwa 40 bis 50 % abgeleitet werden, wobei berücksichtigt ist, dass z. T. nicht das gesamte Gebäude klimatisiert
wird. Für bayerische Verwaltungsgebäude errechnet sich so eine klimatisierte Fläche von
etwa 15 Mio. m².
Nimmt man für ein großes Verwaltungsgebäude eine durchschnittliche Bruttogeschossfläche von 10000 m² an, so ergibt sich daraus die Anzahl der klimatisierten Verwaltungsgebäude im Bayern derzeit zu etwa 1500. Da eine Umrüstung bestehender Klimaanlagen
durch erdgekoppelte Systeme sicher nur in Ausnahmefällen in Frage kommt, ist diese
Zahl kein direktes Maß für das diesbezügliche Potential für Erdsondenanwendungen. Der
Wert vermittelt aber zumindest einen ungefähren Eindruck von dem zu erwartenden Potential im Neubaubereich von gewerblichen Flächen, wo für den Einsatz derartiger Systeme bei der Raumluftkonditionierung zunächst keine grundsätzlichen Einschränkungen
erkennbar sind. Daher erscheint es realistisch, insbesondere auch unter Berücksichtigung
der Tatsache, dass die Architektur derartiger Gebäude heute häufig von großflächigen
Glasfassaden, die u. U. Kühlbedarf hervorrufen, dominiert wird, im Bereich der Gebäudeklimatisierung ein nicht unerhebliches Potential für die Anwendung von Erdsonden zu identifizieren.
4.4.2 Hybridspeicher Heizen/Kühlen
Ein spezielles Anwendungsgebiet für Erdsondenspeicher stellt die gekoppelte Bereitstellung von Wärme und Kälte dar (Zinko, 1991). Für derartige Anwendungen, mit der im
Sommer – entweder in direktem „Kältetausch“ mit dem Erdreich oder indirekt über erdgekoppelte Kältemaschinen – eine Gebäudeklimatisierung betrieben werden kann, während
in der Heizperiode über Wärmepumpen (= „rückwärts“ betriebene Kältemaschinen)
Raumwärme zur Verfügung gestellt wird, sind Erdsondenspeicher besonders geeignet.
Die im Sommer ins Erdreich eingebrachte (Ab-) Wärmemenge der Kältemaschinen kann
in der Heizperiode zur Bereitstellung von Raumwärme genutzt werden.
In diesem Bereich sind bereits zahlreiche Demonstrationsobjekte realisiert worden, z. B.
Technorama, Düsseldorf. Dabei konnten in allen Fällen konkurrenzfähige Energiepreise
erreicht werden. Einzelheiten dazu sowie weitere Beispiele sind etwa in Sanner (1996b)
nachzulesen.
Diese Art des Einsatzes von Erdsondenspeichern stellt sicherlich eine Ergänzung zu dem
im vorangegangenen Abschnitt dargestellten Potential der Gebäudekühlung dar und erweitert dieses um einen besonders interessanten Anwendungsbereich.
4.5 Fazit
In diesem Kapitel ist versucht worden, das zukünftige technische Potential für den Einsatz
von Erdsonden bzw. Erdwärmesondenspeichern abzuschätzen. Dazu wurden verschiedene Anwendungsgebiete für derartige Systeme betrachtet, die im Bereich der solaren Nahwärmesysteme, der Kraft-Wärme-Kopplung mit BHKW, der Industrieabwärme sowie verschiedener weiterer Erdsondenanwendungen zu finden sind. Dabei zeigte sich, dass in
den verschiedenen Bereichen unterschiedlich große Potentiale lokalisiert werden können.
61
Das technische Gesamtpotential für derartige Systeme kann jedenfalls als erheblich betrachtet werden.
Wie z. T. bereits in den einzelnen Abschnitten angedeutet, werden für die Umsetzung dieses Potentials, also für die tatsächliche Realisierung, weitere Gesichtpunkte eine entscheidende Rolle spielen. Dazu zählen die geologischen Randbedingungen, die in Kapitel
3 ausführlich behandelt werden. Zunächst werden aber für eine Anlagenrealisierung immer v. a. wirtschaftliche Aspekte ausschlaggebend sein. In dieser Hinsicht besteht bei der
Weiterentwicklung und Optimierung der Erdsondentechnik ein besonderer Schwerpunkt
bei der Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Kostenreduktionen durch Standardisierung
und Serienproduktion werden sich dabei aus der weiteren Verbreitung dieser Technologie
ergeben. Mit der Perspektive von langfristig steigenden Energiepreisen wird für derartige
Techniken und Systeme, die zu einer Primärenergieeinsparung führen, in Zukunft eine
zunehmende Wirtschaftlichkeit verbunden sein.
62
5 Parameterstudie zur Wärmeübertragungseffizienz verschiedener Erdwämesonden-Bauformen
5.1 Allgemeines
Die thermische Modellierung der Einzelsonde hat neben der Wärmeübertragung an das
umgebende Erdreich auch den „Kurzschluss“-Effekt der Wärmeübertragung zwischen
Vorlauf- und Rücklauf der Erdwärmesonde zu berücksichtigen. Der Kurzschluss-Effekt
lässt sich dabei wie folgt definieren:
Der Kurzschluss-Effekt bezeichnet den Wärmeübertrag vom abwärtsgerichteten Massenstrom (Vorlauf) zum relativ kälteren, aufwärtsgerichteten Massenstrom (Rücklauf) innerhalb einer Erdwärmesonde.
Der Kurzschluss-Effekt liegt bei Temperaturunterschieden zwischen Vor- und Rücklauf
stets vor und verringert die effektive Leistungsabgabe und –aufnahme. Die Wärmeübertragung ans Erdreich und diejenige im „Kurzschluss“ lassen sich zudem mit großer Flexibilität hinsichtlich aller Variationsparameter, inklusive thermischer Kontaktwiderstände, mittels Simulationsrechnungen separieren. Dabei werden Randbedingungen gewählt, die
jeweils nur den einzelnen Effekt zulassen. Zur Charakterisierung können separate, auf die
Bohrlänge bezogene Wärmeübergangskoeffizienten k dienen. Sie lassen sich mittels stationärer, 2-dimensionaler Finite-Elemente-Simulationen und Summation über die entsprechenden Wärmeströme gewinnen.
Die Beschreibung des thermischen Verhaltens der Einzelsonde gliedert sich in zwei
Schritte: zunächst werden für ein bestimmtes Sondendesign die Wärmeübergangswiderstände numerisch berechnet. Dabei wird der Effekt der Wärmeübertragung an das
Erdreich und der Effekt des thermischen „Kurzschlusses“ zwischen Vor- und Rücklauf separat quantifiziert.
Auf Basis dieser Werte kann bereits ein erster Vergleich verschiedener Sondentypen vorgenommen werden. Die tatsächliche Auswirkung auf die Übertragungsleistung der Gesamtsonde wird im zweiten Schritt bestimmt. Hierbei erfolgt mit Hilfe der zuvor bestimmten
Wärmeübergangswiderstände die tiefenabhängige Berechnung der lokalen Fluidtemperaturen in Abhängigkeit von Vorlauftemperatur, Sondenlänge und Durchfluß. Dieses Verfahren wurde für verschiedene Typen von Doppel-U-Rohr-Sonden angewandt. Anhand der
erzielten Lernkurve kann dann eine Optimierung der Sondenbauform erreicht werden.
Der standardmäßige Sondenaufbau besteht aus einem Doppel-U-Rohr (s. Abbildung 17).
Innerhalb eines Bohrlochs mit Radius dB sind vier Rohre mit Radius dR eingebaut. Die
Rohrwandstärke beträgt W R, das Rohrmaterial besitzt die Wärmeleitfähigkeit 8R. Das
Bohrloch ist mit einem Verfüllmaterial mit der Wärmeleitfähigkeit 8V ausgefüllt. Prinzipiell
treten drei Wärmeübergangskoeffizienten auf: zwischen Fluid und Rohrinnenwand (∀F),
zwischen Rohraußenwand und Verfüllmaterial (∀RV) und zwischen Verfüllmaterial und
umgebenden Erdreich (∀VE). Die letzteren beiden werden in der Regel als unendlich angenommen und nur wenn angegeben variiert. Im Ladebetrieb wird das Doppel-U-Rohr mit
dem heißen Fluid beschickt, dabei wird Wärme an das umliegende Erdreich abgeben,
aber auch an die beiden aus der Tiefe kommende Rohre. Beim Entladebetrieb wird das
Doppel-U-Rohr mit kalten Fluid beschickt und somit dem aufgewärmten Erdreich die
63
WR
Wärme wieder entzogen. Der Kurzschluß-Effekt bewirkt hier einen unerwünschten Wärmestrom vom aufsteigenden, erwärmten zum absteigenden kälteren Fluidstrom.
αRV
λR
dR
D
dB
αF
λV
αVE
Abbildung 17: Geometrie der untersuchten Doppel-U-Rohr-Sonde im Querschnitt mit Rohrwandstärke wR, Bohrlochdurchmesser dB, Rohrdurchmesser dR und Schenkelabstand D. Ein üblicherweise verwendetes Injektionsrohr wurde nicht eingezeichnet, jedoch bei den verwendeten geometrischen Maßen berücksichtigt. Die Wärmeleitfähigkeiten sind mit λ bezeichnet, Wärmeübergangskoeffizienten mit α. Der Index F bezieht sich auf das Fluid, R auf das Rohr, V auf die Verfüllung
und E auf das umgebende Erdreich. Für die Wärmeleitfähigkeit des Erdreichs wird aus Gründen
der Vergleichbarkeit verschiedener Sondentypen stets ein mittlerer Wert λE = 2 W(mΑK)-1 vorausgesetzt, • : Rücklauf, x: Vorlauf.
64
5.2 Bestimmung von stationären Wärmeübergangswiderständen
In der nachfolgenden Diskussion beziehen sich separate Wärmewiderstände für den
thermischen Kurzschluss Rk und für die Wärmeübertragung an Erdreich Ru jeweils auf die
Temperaturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf bzw. zwischen Fluid und ungestörtem
Erdreich. Man unterscheidet zwei Fälle:
•
In Abbildung 18a mit Tv= +0.5 K für die Vorlauf- und Tr= -0.5 K für die Rücklauftemperatur ist der an die Umgebung abgegebene Wärmestrom Null, während sich der Kurzschluss-Wärmefluss Q*k durch die Summation der Wärmeströme in der vertikalen
Symmetrieachse oder an den einzelnen Rohren ergibt. Der entsprechende Wärmeübergangswiderstand ist wegen Tv-Tr=1 K damit Rk = 1K/Q*k.
•
Simuliert man die Temperaturverhältnisse für den Fall Tv = Tr = +1 K (s. Abbildung
18b), so tritt ausschließlich Wärmeübertragung an die Umgebung auf. Entsprechende
Summation der Wärmeströme entweder über die Rohr-Außenseite, den Bohrlochrand
oder einen beliebigen Kreis im umgebenden Erdreich ergibt in analoger Weise Q*u und
damit Ru=1K/Q*u.
Q*k
(a)
Tu = const. :=0
Tv= +0.5K
ra
Mittelwert 0 K gegen Umgebung – nur KurzschlußEffekt
Tr= -0.5 K
(b)
Tu = const. :=0
ra
y
x
Mittelwert 1 K gegen
Umgebung – nur Ladeund Entladeeffekt
Q*u
Tv=Tr= +1K
Abbildung 18: Schematische Darstellung der beiden stationär simulierten Szenarien einer Doppel-U-Rohr-Sonde zur Bestimmung der Wärmewiderstände: Auf jeweils 1 Kelvin Temperaturdifferenz normiert sind die Wärmeströme beispielsweise über die gestrichelte Schnittlinie zu summieren, um die Wärmewiderstände Rk = 1K/Q*k des thermischen Kurzschlusses zwischen Vor- und
Rücklauf (a) und der Wärmewiderstand Ru = 1K/Q*u der angestrebten Wärmeübertragung an das
umgebende Erdreich (b) zu gewinnen.
Insbesondere im Fall einheitlicher Vor- und Rücklauftemperatur ist für die simulierten stationären Verhältnisse wegen der Annahme einer unendlich langen Sonde die Wahl eines
65
Außenradius ra nötig, bei dem die ungestörte Erdreichtemperatur erreicht sei (s. Abbildung
18). Aus dreierlei Gründen wurde hierfür ein Wert von ra=1.5 m als gute Basis zum Vergleich verschiedener Sondentypen angesehen:
1. Als Sondenabstand zwischen benachbarten Sonden in einem Sondenfeld wird ein
Wert von 3 m favorisiert (Büttner, 1998), so dass unter Vernachlässigung von Überlappungseffekten etwa ein thermischer Einflussbereich von ca. 1.5 m Radius
der Einzelsonde zugeordnet werden kann.
2. Die auf die saisonale Wärmespeicherung ausgerichtete Anwendung hat von
Temperaturwechseln im jahreszeitlichen Rhythmus auszugehen. Betrachtet man
eine als radialsymmetrisch angenommene, harmonisch beheizte Linienquelle, so
lautet die analytische Lösung für die Amplitude des umgebenden Temperaturfeldes:
∆T (r ) = ∆T (d B / 2) ⋅
K 0 (q ⋅ r )
.
K 0 (q ⋅ d B / 2)
(8)
Hierbei beizeichnet K0 die MacDonaldsche Funktion und |q|=1/l0 =(ω/a)1/2 den
Kehrwert der Eindringtiefe l0 der Temperaturschwingung. Mit mittleren thermischen Daten (Temperaturleitfähigkeit a = 2 W(mK)-1 / 2.8 MJ(m³K) -1 = 0,7 mm²s -1)
ergibt sich bei einer saisonalen Temperaturvariation (ω = 2π /365d) eine etwa mit
ra übereinstimmende Eindringtiefe von l0=1.9 m. Die Amplitude der saisonalen
Temperaturschwingung ist im Abstand ra=1.5 m bereits auf 23% des Bohrlochrandes (dB/2 = 0.1m ) abgefallen.
3. Es gilt für typische Bohrlochdurchmesser dB/2 < ra/10. Im Kurzschluß-Szenario
(Abbildung 18a) treten damit nahezu keine Wärmeströme über die äußere Berandung auf. Die Ermittlung von Q*k ist somit bis unter 1% korrekt.
Der für die Wärmeübertragung ans umgebende Erdreich maßgebliche Wärmewiderstand
Ru kann rechnerisch in einen Anteil der Sonde, den thermischen Bohrlochwiderstand Rs,
und des Erdreichs Re getrennt werden. Damit gewinnt man eine von der Annahme für ra
unabhängige Charakterisierungsgröße Rs=Ru-RE für die Sonde. Hierzu geht man analog
der Vorgehensweise von Hellström von einem nahezu radialsymmetrischen Temperaturfeld um das Bohrloch aus. Dann gilt:
66
RE =
ln(2 ⋅ ra / d B )
.
2π ⋅ λ E
(9)
Der damit berechenbare Wert des Bohrlochwiderstandes Rs stellt außerdem eine Abschätzung der thermisches Widerstandes der Sonde für kurzzeitige Temperaturwechsel
dar, wenn sich das Erdreich unmittelbar um die Sonde noch nicht erwärmen konnte.
Die Simulation der Temperaturfelder und damit der Wärmeströme erfolgt für den stationären Fall mittels des Finite-Elemente-Softwarepakets NISA. Zur Bestimmung von Temperaturverteilungen muss dabei die Wärmeleitungsgleichung gelöst werden. Diese Differentialgleichung kann mathematisch in ein äquivalentes Variationsproblem umgewandelt werden, welches sich dann mit der Finiten Elemente Methode (FEM) lösen lässt. Diese numerische Methode arbeitet mit der Unterteilung der zu analysierenden Geometrie in viele
kleine Teilgebiete, “Elemente” genannt. Die Elemente sind an den Eckpunkten, die man
als “Knoten” (engl. “Nodes”) bezeichnet, miteinander verbunden. In jedem Element wird
die Temperatur als Linearkombination der Knotentemperaturen angesetzt. Die dabei verwendeten Funktionen sind einfache stückweise zusammengesetzte Polynome der
Ortskoordinaten. Deren Koeffizienten enthalten die Knotentemperaturen als freie Parameter, die zu bestimmen sind. Mit diesem Ansatz ergibt sich aus dem Variationsproblem
ein lineares Gleichungssystem für die Knotentemperaturen. Das ermöglicht deren explizite
Berechnung. Je kleiner die Elemente gewählt werden, desto genauer ergibt sich die Temperaturverteilung im gesamten Gebiet, desto größer werden aber auch die Rechenzeit
und der Speicherplatzbedarf des Computers.
Abbildung 19: Beispiele des sich aus einer stationären Berechnung ergebenden Temperaturfel-
a)
b)
32 mm
150 mm
des in der Darstellung mittels 10 Farbbändern zwischen 0 und 1K für (a) den Kurzschluss-Effekt
(vgl. Abb. 18 a) und den Fall reiner Wärmeübertragung ans Erdreich (vgl. Abb. 18 b). Die Simulation erfolgte für eine Sonde in typischer Standardgeometrie (dB= 150 mm; dR= 32 mm; wR= 3 mm;
D=122 mm), jedoch mit thermisch optimiertem Verfüll- und Rohrmaterial (λV = 1.6 W(mΑK)-1; λR =
0.4 W(mΑK)-1, außerdem αF= 1000 W(m²K) -1, 1/αRV = 1/αVE = 0). Aus dieser Simulation resultieren
die Wärmewiderstände Rk = 0.257 mΑKW-1; Ru = 0.303 mΑKW-1 und Rs = 0.065 mΑKW-1.
67
Aufgrund von Symmetrien kann der zu simulierende Raumbereich auf einen Viertelkreis
eingeschränkt werden:
Im Kurzschlussfall (Abbildung 18a) durch isotherme Randbedingung ∆T(x=0)=0 entlang
der y-Achse und adiabatische Randbedingung q(y=0)=0 entlang der x-Achse.
Im Fall ohne thermischen Kurzschluss, d.h. gleiches Temperaturniveau für alle durchflossenen Rohre (Abbildung 18b), gilt q(x=0)=q(y=0)=0 entlang beider Achsen.
Abbildung 19 zeigt Beispiele simulierter Temperaturfelder für beide Fälle. Zur Extraktion
des relevanten Wärmeflusses Q*k bzw. Q*u wurden Wärmestromsummen entlang verschiedener geeigneter Schnittlinien gebildet und damit auch eine Kontrollmöglichkeit zur
Überprüfung der gewonnene Wärmewiderstände genutzt.
Für die im Rahmen der Parameterstudie durchgeführten Berechnungen wird von einem
Standardsondenaufbau ausgegangen und dann jeweils die betreffende Größe einer Variation unterworfen. Die für das Standardmodell gültigen Material- und Geometriedaten sind
der Tabelle 11 zu entnehmen.
Tabelle 11: Verwendete Material- und Geometriedaten für das Erdwärmesonden-Standardmodell.
Größe
Bohrlochdurchmesser dB
Rohrdurchmesser dR
Rohrwandstärke W R
Schenkelabstand D
Wärmeleitfähigkeit Erdreich 8E
Wärmeleitfähigkeit Verfüllmaterial 8V
Wärmeleitfähigkeit Rohrmaterial 8R
Wärmeübergangskoeffizient Fluid/Rohr ∀F
Wärmeübergangskoeffizient Rohr/Verfüllung ∀RV
Wärmeübergangskoeffizient Verfüllung/Erdreich ∀VE
68
Wertangabe
150 mm
32 mm
3 mm
122 mm
2 W(mK)-1
0.8 W(mK)-1
0.4 W(mK)-1
2 -1
1000 W(m K)
4
4
5.3 Bestimmung von Tiefenprofilen und der Übertragungsleistung
Im Betrieb der Erdwärmesonde ergibt sich die lokale Fluidtemperatur und damit letztendlich die Übertragungsleistung aus der Konkurrenz zwischen Kurzschluss-Effekt und Wärmeabgabe ans Erdreich. Unter der Annahme quasistationärer Verhältnisse kann mit den
zuvor berechneten Wärmewiderständen für jede Tiefe der Erdwärmesonde die in
Abbildung 20 skizzierte Wärmebilanz aufgestellt werden. Hierbei werden nur radiale Wärmeströme betrachtet, das heißt, es wird von einer nur mäßigen Temperaturvariation in der
Tiefe und der Vernachlässigbarkeit von End-Effekten ausgegangen.
Rücklauf
dz
Tr(z)
Tu
2ΑR
z
Vorlauf
u
Tv(z)
Rk
Tu
2ΑR
v
Abbildung 20: Schematische Darstellung zur Wärmestrombilanz im Doppel-U-Rohr mit den thermischen Widerständen Ru und Rk im analogen elektrischen Schaltkreis, der in vertikaler Richtung
fortgesetzt zu denken ist. Daraus ergeben sich die tiefenabhängige Vorlauf- und Rücklauftemperatur Tv(z) bzw. Tr(z) in den mit der einheitlichen Strömungsgeschwindigkeit v durchflossenen Rohren.
Die Wärmebilanz für eine Doppel-U-Rohr-Sonde bei einer bestimmte Tiefe z bei einem
Volumenstrom V=π/2Α(dR-2wR)²Αv des Fluids mit der volumetrischen spezifischen Wärmekapazität C lautet im stationären Zustand (Hellström, 1991):
Vorlauf:
− C ⋅V ⋅
∂Tv Tv ( z ) − Tu Tv ( z ) − Tr ( z )
=
+
∂z
2 ⋅ Ru
Rk
(10)
Rücklauf:
− C ⋅V ⋅
∂Tr Tr ( z ) − Tu Tv ( z ) − Tr ( z )
=
+
.
∂z
2 ⋅ Ru
Rk
(11)
Dieses gekoppelte Gleichungssystem wurde in ein System von Differenzengleichungen
umgewandelt und analog der dynamischen Annäherung an den stationären Zustand numerisch gelöst. Als zusätzliche Randbedingungen dienten eine vorgegebene Fluidtemperatur am Beginn des Vorlaufs T0 = Tv (z=0) = 70°C , eine feste Untergrundtemperatur Tu =
10°C sowie die Bedingung Tv (z=H)= Tr (z=H) bei der festen Tiefe H= 40 m der Sonde.
Für eine vorgegebene Sondenkonfiguration mit ihren Wärmewiderständen Rk und Ru ergibt sich bei Vorgabe der mittleren Strömungsgeschwindigkeit v das Tiefenprofil von Vorund Rücklauftemperatur, sowie die Fluidtemperatur Te am Ende des Rücklauf. Die längenbezogene Übertragungsleistung ist damit:
69
QU = C ⋅ V
T0 − T E
H
(12)
oder lässt sich ebenso wie der gesamte Kurzschlussstrom Qk durch Summation der tiefenabhängigen Einzelbeiträge bestimmen.
Fluidtemperatur Tv(z), Tr(z) [°C]
80
T0 = TV (z=0) = 70°C
70
60
50
40
Vorlauf
30
20
Rücklauf
-1
v = 0,17 ms , RU
v = 0,1 ms-1, RU
v = 0,02 ms-1, RU
10
αF = 1000 W(m²K) -1
0
0
10
v = 0,17 ms-1, RS
20
30
40
Tiefe z [m]
Abbildung 21: Tiefenprofile der Vorlauftemperatur Tv und der Rücklauftemperatur Tr bei verschiedenen Fluidgeschwindigkeiten v. Die Berechnung erfolgte (wie bei Abb. 20) für eine 40 m lange
Sonde typischer Standardgeometrie (dB= 150 mm; dR= 32 mm; wR= 3 mm; D=122 mm), jedoch mit
thermisch optimiertem Verfüllungs- und Rohrmaterial (λV = 1.6 W(mΑK)-1; λR = 0.4 W(mΑK)-1 außerdem αF= 1000 W(m²K) -1, 1/αRV = 1/αVE = 0). Die durchgezogenen Linien wurden unter Verwendung des thermischen Gesamt-Widerstandes Ru (incl. Erdreich mit ra=1.5 m) gewonnen, d.h. sie
sind für langsame (saisonale) Temperaturänderungen relevant. Für das gestrichelte Profil wurde
der reine Bohrlochwiderstand Rs verwendet, was als Abschätzung für schnelle Temperaturänderungen (Tag/Nacht Zyklierung) dient.
Ergebnisse zur Tiefenvariation der Fluidtemperatur zeigt Abbildung 21. Um den Einfluss
der Fluidgeschwindigkeit auf den Kurzschlusseffekt zu separieren, wurde hierbei der
Wärmeübergangskoeffizient αF=1000 W(m²K) -1 zwischen Fluid und Rohrwand konstant,
d.h unabhängig von Fliessgeschwindigkeit, Rohrdurchmesser und Fluideigenschaften,
gehalten. Obwohl die Wärmewiderstände Ru und Rk gleich sind, variiert das Tiefenprofil
wegen der unterschiedlichen Verweilzeit stark mit der Strömungsgeschwindigkeit: Bei hoher Fliessgeschwindigkeit kühlt das Fluid bis zum Auslauf des Rücklaufs (bei z = 0) nur
wenig aus, sodass die geringe Temperaturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf nur geringe Kurzschlussströme verursacht, während die hohe Temperaturdifferenz zum ungestörten Erdreich für gute Wärmeabfuhr sorgt. Dabei ergeben sich allerdings Probleme
durch die reduzierte Wärmeübergabe am Wärmetauscher und durch steigende Strömungswiderstände. Insgesamt ergeben sich nahezu lineare Temperaturverläufe in Abhängigkeit von der Tiefe. Experimentell können solche Temperaturverläufe mit Hilfe eines
Glasfaser-Systems bestimmt werden (Hurtig et al., 2000). Bei geringeren Strömungsge70
schwindigkeiten erfolgt eine stärkere Abkühlung des Fluids bis zum unteren Umkehrpunkt,
sodass im Extremfall sehr geringer Fliessgeschwindigkeiten eine Wiedererwärmung durch
Kurzschluss-Wärmeströme vom Vorlauf erfolgt, die zwar teilweise wiederum ans Erdreich
abfließen, insgesamt jedoch die Wärmeabgabe ans Erdreich verschlechtern.
Wird zur Berechnung der reine Bohrlochwiderstand RS verwendet, so dient dies als Abschätzung des kurzfristigen thermischen Verhaltens, solange das umgebende Erdreich
noch nicht erwärmt ist. Da die Wärmeübertragung ans Erdreich dann über den Kurzschluss-Effekt dominiert, ergibt sich eine starke Abkühlung ohne wesentliche Nacherwärmung des Rücklaufs.
250
-1
Tu = 10 °C
T0 = 70 °C
200
150
150
100
100
50
50
0
0.01
-1
600
200
Qk [Wm ]
Übertragungsleistung Qu [Wm ]
700
0
0.02
0.05
0.1
0.2
0.3
Fluidgeschwindigkeit v [ms-1]
Abbildung 22: Die zu Abb. 5 berechneten Übertragungsleistungen Qu und KurzschlussWärmeströme Qk als Funktion der Fluidgeschwindigkeit v für eine 40 m tiefe Doppel-U-Rohr Sonde des in Abb. 19 u. 20 behandelten Typs. Die mittels Ru berechneten Werte für jahreszeitliche
Temperaturänderungen sind als gefüllte Symbole dargestellt, die mit dem reinen Bohrlochwiderstand Rs abgeschätzten Werte für kurzzeitige Temperaturänderungen als offene Symbole (Qu,s).
Für letztere ist die Segmentierung der linken y-Achse zu beachten.
In Abbildung 22 sind die zu Abbildung 21 entsprechenden, auf Sondenlänge bezogenen
Übertragungsleistungen dargestellt. Dabei zeigt sich, trotz der Annahme eines konstanten
Wärmeübergangskoeffizienten αF zwischen Fluid und Rohrwand, die starke Abnahme der
Übertragungsleistung Qu mit sinkender Strömungsgeschwindigkeit v aufgrund der Zunahme des Kurzschluss-Wärmestroms Qk. Letzterer ist aufgrund der Wärmeabgabe im Rücklauf teilweise zwar auch in Qu enthalten, verschlechtert insgesamt jedoch Qu. Die gefundenen Werte entsprechen unter Berücksichtigung der hohen Temperaturdifferenz zwischen Vorlauf und Umgebung empirisch gefundenen Werten von typischerweise etwa 30
bis100 Wm-1. Auf die Temperaturdifferenz T0-Tu bezogen, ergeben sich Wärmeübergangskoeffizienten in der Größenordnung von etwa 3 W(mΑK)-1, die unabhängig von T0Tu sind.
71
Der maximale, theoretische „Sättigungs“-Wert von Qu ergibt sich im Grenzfall der ideal
turbulenten Strömung (v64), wenn die Fluidtemperatur überhaupt nicht mehr abnimmt, d.h.
dann gilt Qu,max = (T0-Tu)/Ru. Für das in Abbildung 22 gezeigte Bespiel mit Ru=
0.303 (mΑK)W-1 ergibt sich Qu,max = 198 Wm-1, und unter Verwendung von
-1
Rs=0.065(mΑK)W ein für kurzfristige Änderungen abgeschätzter Wert von Qu,max =
-1
923 Wm .
Qualitativ ähnliche Aussagen sind für andere Sondentiefen zu erwarten. Allein schon aufgrund des reduzierten Kurzschluss-Effektes ist bei Erdwärmesondenspeichern die hydraulische Serienschaltung mehrerer kurzer Sonden der Anwendung einer einzelnen, sehr
langen Sonde thermisch überlegen.
5.4 Aufzeigen des Optimierungspotentials für Erdwärmesonden
Für den folgenden Vergleich verschiedener Sonden-Bauformen wird von einer einheitli-1
chen Fluidgeschwindigkeit v= 0,17 ms ausgegangen. Wie man aus Abbildung 22 erkennt,
liegt dann die Übertragungsleistung Qu bereits nahe am Sättigungswert von 198 Wm-1,
ohne dass die Realisierung der benötigten Strömungsgeschwindigkeit technisch problematisch wäre. Diese Auswahl steht auch im Zusammenhang mit der Betrachtung des geschwindigkeitsabhängigen Wärmewiderstandes αF zwischen Fluid und Rohrwand. Hierzu
wurde eine überschlägige Berechnung des Übergangsbereichs zwischen laminarer und
voll entwickelt turbulenter Strömung nach VDI-Wärmeatlas (VDI, 1997, Ga7) für lange
Rohre verwendet. Wie aus Abbildung 23 hervorgeht, ergibt sich bei der vorgegebenen
Fliessgeschwindigkeit v=0.17 ms-1 nahezu unabhängig vom Rohrdurchmesser ein Wärmeübergangskoeffizient Rohrwand/Fluid von αF= 1000 W(m²K) -1, der den Wärmetransport
innerhalb der Sonde nur marginal beeinflusst. Erst für Fliessgeschindigkeiten v # 0.03 ms
1
ist mit Wärmeüberganskoeffizienten zwischen Fluid und Rohr zu rechnen, die auf den
entsprechenden Wert der Rohrwandung (λR /wR . 0.4 W(mΑK)-1 / 3 mm .130 W(m²K) -1)
abfallen.
Falls nicht ausdrücklich erwähnt, wird im folgenden stets die in Abbildung 18 gezeigte
paarweise anstatt kreuzweise Durchströmung der Rohre simuliert, da damit offensichtlich
der Kurzschlusseffekt reduziert wird. Außerdem werden stets die Vorlauftemperatur T0 =
70°C und die Umgebungstemperatur Tu = 10°C sowie der Wert λE = 2 W(mΑK)-1 für das
Erdreich vorausgesetzt.
72
2000
Übergangsbereich 2300<Re<104
Re = 104
-1
α F [W(m²K) ]
1500
1000
dR = 40 mm
dR = 32 mm
500
dR = 25 mm
Re = 2300
0
0.00
0.05
0.10
0.15
0.20
0.25
0.30
0.35
v [ms-1]
Abbildung 23: Überschlägige Berechnung des Wärmeübergangskoeffizient αF zwischen Wasser
(T=45°C) und Rohrwand als Funktion der Strömungsges chwindigkeit für verschiedene Rohr(Außen-)Durchmesser dR . Beim jeweiligen ausgefüllten Kreis links unten ist das Verlassen des
laminaren Strömungsbereiches zu erwarten, am oberen Ende der Kurven das Eintreten in den
Bereich voll entwickelter Turbulenz.
5.4.1 Variation der Wärmeleitfähigkeit der Verfüllung
Aus Abbildung 24 geht die Verbesserung der thermischen Eigenschaften der Erdwärmesonde bei Verwendung eines optimierten und inzwischen realisierbaren (siehe Kapitel 6.1)
Verfüllmaterials hervor. Ausgehend von Werten für üblicherweise verwendete Bentonit/Zement/Sand-Mischungen von etwa λV= 0.8 W(mΑK)-1 zeigt sich bei Verbesserung auf
die doppelte Wärmeleitfähigkeit ein deutlicher Effekt: Durch die Steigerung in λV reduziert
sich zwar Rk stärker als Ru, aufgrund der sich einstellenden Temperaturverhältnisse ergibt
sich trotzdem eine Steigerung der Übertragungsleistung. Diese beträgt für den Einsatz der
Erdwärmesonden für saisonale Wärmespeicherung (Betrachtung von Qu) immerhin 11 %.
Bei dem Einsatz von Erdwärmesonden im kurzzeitigen Wechselbetrieb (Betrachtung von
Qu,s) oder in thermisch leicht regenerierbarem Erdreich ergibt sich eine drastische Steigerung von 26%. Die Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit der Verfüllung stellt damit eine zentrale Maßnahme zur Effizienzerhöhung von Erdwärmesonden-Speichersystemen dar und
ist in der Praxis gut zu realisieren.
73
600
-1
λv=1,6 W(m⋅K)-1
500
λv=0,8 W(m⋅K)-1
0.3
400
0.2
300
200
0.1
0.0
Rk
Ru
Rs
Qu
Qu,s
-1
100
Übertragungsleistung Q [ Wm ]
Wärmewiderstände R [m⋅⋅ K⋅⋅ W ]
0.4
0
Abbildung 24: Auswirkung einer Variation der Wärmeleitfähigkeit λV des Verfüllmaterials auf die
Wärmewiderstände für Kurzschluss-Effekt Rk, Übertragung ans Erdreich Ru und separiertes Bohrloch Rs sowie auf die Übertragungsleistung für langfristige (Qu) und kurzfristige
(Qu,s)Temperaturänderungen. Es wurde die in Abb. 19 (s. Tabelle 11) verwendete Standardgeometrie zugrunde gelegt (dB= 150 mm; dR= 32 mm; wR= 3 mm; D=122 mm; außerdem λR =
0.4 W(mΑK)-1, αF= 1000 W(m²K) -1, 1/αRV = 1/αVE = 0).
Der in Abbildung 24 gezeigte Fall mit geringer Wärmeleitfähigkeit der Verfüllung
λV = 0.8 W/(mΑK) stellt ein bisher üblicherweise verwendete Sonde dar; der berechnete
Bohrlochwiderstand von Rs= 0.105 mΑKΑW-1 stimmt außerdem sehr gut mit Feldmessungen (Sanner, 1999) überein, wo sich für eine, bis auf die Sondenlänge von 99 m, vergleichbare Doppel-U-Rohrsonde ein Wert von 0.11 mΑKΑW-1 ergab.
5.4.2 Variation der Wärmeleitfähigkeit des Rohrmaterials
In Betracht gezogene Rohrmaterialien sind das weitverbreitete, jedoch nur für mäßige
Temperaturen (bis ca. 40°C) geeignete Polyethylen ( HD-PE) mit λR = 0.35 W(mΑK)-1, das
hochtemperaturtaugliche Polybuten (PB) mit λR = 0.22 W(mΑK)-1 und das ebenfalls hochtemperaturtaugliche Aluminium/PE-Verbundrohr „Unipipe“, das neben der höheren Wärmeleitfähigkeit von λR = 0.4 W(mΑK)-1 als zusätzliche Vorteile gegenüber PB die geringere Längenausdehnung und die Sauerstoffdichtheit vorweist.
Die erhöhte Wärmeleitfähigkeit des Rohrmaterials bewirkt in erster Linie eine Verringerung des Kurzschluss-Wärmewiderstandes (vgl. Abbildung 25). Dies zeigt sich auch in
den berechneten Wärmewiderständen für die Übertragung ans Erdreich, wobei hier die
Änderungen nur gering ausfallen. Gleichermaßen ergeben sich nur marginale Steigerungen der Übertragungsleistungen von (maximal für Unipipe-Rohr) 5 % für Qu und 16% für
74
Qu,s bezogen auf das HD-PE Rohr. Hierbei nicht berücksichtigt ist die mit der unterschiedlichen thermischen Ausdehnung verschiedener Rohrmaterialien verknüpfte Problematik
thermischer Spannungen zwischen Rohr und Verfüllung sowie der daraus resultierenden
Gefahr von Rissbildung mit Ausbildung thermischer Kontaktwiderstände.
700
-1
λR=0,22 W(m⋅K)-1
0.3
600
λR=0,35 W(m⋅K)-1
500
λR=0,4 W(m⋅K) -1
400
0.2
300
200
0.1
0.0
Rk
Ru
Rs
Qu
Qu,s
-1
100
Übertragungsleistung Q [Wm ]
Wärmewiderstände R [ m⋅⋅ K⋅⋅ W ]
0.4
0
Abbildung 25: Auswirkung einer Variation der Wärmeleitfähigkeit λR des Rohrmaterials auf die
Wärmewiderstände sowie auf die Übertragungsleistung, analog zu Abb. 24. Es wurde die Standardgeometrie (dB= 150 mm; dR= 32 mm; wR= 3 mm; D=122 mm; außerdem αF= 1000 W(m²K) -1,
1/αRV = 1/αVE = 0) mit optimiertem Verfüllmaterial λV = 1.6 W(mΑK)-1 zugrunde gelegt.
5.4.3 Einfluss einer thermischen Isolation zwischen Vor- und Rücklauf
Ausgangspunkt einer zusätzlichen thermischen Isolation im Sondenkörper ist die Idee,
damit den Kurzschluss-Effekt zu unterdrücken, ohne dabei die Wärmeübertragung ans
umgebende Erdreich zu behindern. Deshalb wurde für den in Abbildung 17 gezeigten Sondentyp im Bereich zwischen Vor- und Rücklauf eine Wärmedämmung mit einer Wärmeleitfähigkeit λΙ = 0.1 W(mΑK)-1 simuliert. Der hier angenommene relativ hohe Wert der
Wärmeleitfähigkeit kann als oberer Grenzwert betrachtet werden. Bei der Wahl des Rechenwertes für die Wärmeleitfähigkeit spielte die Notwendigkeit der Druckfestigkeit der
Dämmung eine besondere Rolle. Druckfeste Dämmsysteme weisen im Allgemeinen eine
höhere Dichte und damit höhere Wärmeleitfähigkeiten als beispielsweise Dämmmaterialien für den Hausbereich auf.
Wie aus Abbildung 26 ersichtlich ist, wirkt sich diese Zwischenisolation hauptsächlich in
einer starken Vergrößerung des Kurzschluss-Wärmewiderstandes aus. Die Wärmeübertragung ans umgebende Erdreich wird nur marginal beeinflusst. Der erhöhte KurzschlussWiderstand führt lokal zu einer größeren Temperaturspreizung zwischen Vorlauf und
Rücklauf. Dies führt im Vorlauf zu einer erhöhten Wärmeabgabe, verglichen mit einer
75
Erdwärmesonde ohne Zwischenisolation, während im kälteren Rücklauf eine geringere
Wärmeabgabe stattfindet. Insgesamt kompensieren sich die beide Effekte fast gänzlich,
sodass sich nur eine geringfügige Verringerung der Übertragungsleistung von 2% für Qu
und 5% für Qu,s feststellen läßt.
Die Maßnahme der Zwischenisolation erweist sich in dem betrachteten Szenario als
nachteilig. Die Maßnahme ist sicherlich erneut zu bewerten, wenn beispielsweise mit geringeren Strömungsgeschwindigkeiten (v < 0.1m/s) der Kurzschluss-Effekt an Gewicht
gewinnt. Solch geringe Strömungsgeschwindigkeiten sind aber generell zu vermeiden.
-1
700
0.4
ohne Zwischenisolierung
600
mit Zwischenisolierung
500
0.3
400
300
0.2
200
100
0.0
Rk
Ru
Rs
Qu
Qu,s
-1
0.1
Übertragungsleistung Q [Wm ]
Wärmewiderstände R [ m⋅⋅ K⋅⋅ W ]
0.5
0
Abbildung 26: Auswirkung einer zwischen Vorlauf- und Rücklaufrohren eingebrachten Dämmung
mit der Wärmeleitfähigkeit λΙ = 0,1 W/(mΑK) auf die Wärmewiderstände sowie auf die Übertragungsleistung. Es wurde die Standardgeometrie (dB= 150 mm; dR= 32 mm; wR= 3 mm; D=
122 mm; außerdem αF= 1000 W(m²K) .-1, 1/αRV = 1/αVE = 0) mit optimiertem Verfüllmaterial
λV = 1.6 W(mΑK)-1 und λR = 0.4 W(mΑK)-1 zugrunde gelegt.
76
5.4.4 Einfluss von thermischen Kontaktwiderständen
Aus Abbildung 27 geht hervor, wie sich die Wärmeübertragung vom Fluid zum umliegenden Erdreich verschlechtert, wenn thermischen Kontaktwiderstände, beispielsweise durch
unzureichende mechanische und damit auch thermische Ankopplung der Erdwärmesonde
an das Verfüllmaterial, auftreten. Dabei wird von dem in Abbildung 17 dargestellten Sondenaufbau bei guter Wärmeübertragung an die Rohr-Innenwand (αF= 1000 W(m²K) -1) und
fehlenden sonstigen Kontaktwiderständen ausgegangen (Abbildung 27, Fall „0“).
Eine Verschlechterung des Wärmeübertrags
vom
Fluid an das Rohr auf αF=
-1
250 W(m²K) , wie es beispielsweise für zu geringe Strömungsgeschwindigkeiten v zu erwarten ist, wirkt sich wegen der Dominanz aller anderer thermischer Widerstände, z.B.
Rohrwandung oder Verfüllmaterial, kaum aus. Um die Auswirkung eines reduzierten αF
von dem in Abbildung 21 und Abbildung 22 dargestellten Effekt der unterschiedlichen Verweilzeit bei verschiedenem Fliessgeschwindigkeiten v zu separieren und um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten, erfolgte die Berechnung der Übertragungsleistung wie
sonst mit v=0.17 ms-1. Die sich ergebende Reduzierung in Qu und Qu,s von 3.1% bzw. 8.5
% ist jedoch vergleichsweise gering gegenüber der Reduzierung von über 50%, welche
sich bei gleichzeitigen Variation der Fliessgeschwindigkeit und der daraus resultierenden
Änderung des Wärmeüberganges ergibt. Daraus lässt sich folgern, dass eine zu geringe
Strömungsgeschwindigkeit nicht wegen des erhöhten thermischen Kontaktwiderstandes,
sondern hauptsächlich wegen des mit der langen Verweilzeit anwachsenden KurzschlussEffektes nachteilig ist.
700
-1
0
600
α F= 250 W(m²K) -1
0.4
α RV = 60 W(m²K) -1
500
α VE = 60 W(m²K) -1
0.3
αRV =αVE = 60 W(m²K) -1
400
300
0.2
200
100
0.0
Rk
Ru
Rs
Qu
Qu,s
-1
0.1
Übertragungsleistung Q [Wm ]
Wärmewiderstände R [ m⋅⋅ K⋅⋅ W ]
0.5
0
Abbildung 27: Auswirkung von Kontaktwiderständen (1/α) auf die Wärmewiderstände der Sonde
sowie auf deren Übertragungsleistung. Es wurde die Standardgeometrie (dB= 150 mm; dR=
32 mm; wR= 3 mm; D= 122 mm) mit optimierten Materialien (λV = 1.6 W(mΑK)-1 und λR = 0.4
W(mΑK)-1) zugrunde gelegt. Ausgehend von dem mit „0“ bezeichneten (idealen) Fall mit αF= 1000
W/(m²K), 1/αRV = 1/αVE = 0, wurden die jeweils angegebenen Verschlechterungen der Wärmeübergänge simuliert.
77
Zur Beurteilung des Einflusses thermischer Kontaktwiderstände am Übergang von und zur
Verfüllung wurde für αRV und αVE (vgl Abbildung 17) je ein Wärmeübergangskoeffizient von
60 W(m²K)-1 angesetzt, der dem Wert eines allseitigen 0.5 mm großen Spaltes ruhender
Luft entspricht. Während der Kontaktwiderstand zwischen Rohr und Verfüllung (1/αRV) vor
allem den Kurzschluss-Effekt verrringert, d.h. Rk vergrößert, wirkt sich der gleiche Kontaktwiderstand zwischen Verfüllung und Erdreich (1/αVE) stärker auf die Wärmeabfuhr ans
Erdreich aus. Insgesamt ergibt sich ein größerer Einfluss von αRV, da mit den steileren
Temperaturgradienten am Rohr dort höhere Wärmeströme vorliegen. Treten beispielsweise durch Verwendung unzureichenden Verfüllmaterials Kontaktwiderstände der genannten Größe sowohl am Rohr als auch am Bohrlochrand auf, so ist mit einer Verschlechterung der Übertragungsleistung zwischen 16% (Qu) und 41% (Qu,s) zu rechnen.
5.4.5 Einfluss des Rohrdurchmessers
Bei gleichem Schenkelabstand D des Doppel-U-Rohres wurde die Simulation mit den drei
verschiedenen gebräuchlichen Rohrmaßen DN25, DN32 und DN40 mm durchgeführt. Da
sich hierbei im wesentlichen nur die Distanz der Vor- und Rücklaufrohre zueinander geringfügig ändert, ergeben sich Unterschiede nur für den Kurzschluss-Widerstand (s.
Abbildung 28). Die Unabhängigkeit der Ru-Werte von dB schlägt sich auch auf die Übertragungsleistungen nieder, sodass die Auswahl des Rohrdurchmessers nicht nach thermischen, sondern nach strömungstechnischen und ökonomischen Gesichtspunkten erfolgen
kann.
-1
700
0.3
dR=40 mm
wR= 3,7 mm
600
dR=32 mm
wR= 3 mm
500
dR=25 mm
wR= 2,3 mm
0.2
400
300
200
0.1
0.0
Rk
Ru
Rs
Qu
Qu,s
-1
100
Übertragungsleistung Q [Wm ]
Wärmewiderstände R [ m⋅⋅ K⋅⋅ W ]
0.4
0
Abbildung 28: Einfluss verschiedener Rohrdurchmesser dR auf die Wärmewiderstände der Sonde
sowie auf deren Übertragungsleistung. Es wurde ausgehend von obiger Standardvariante (dB=
150 mm; D= 122 mm; λV = 1.6 W(mΑK)-1 ; λR = 0.4 W(mΑK)-1; αF= 1000 W(m²K) -1, 1/αRV = 1/αVE =
0) der Rohrdurchmesser variiert.
78
5.4.6 Einfluss einer kreuzweisen Durchflussrichtung im Doppel-U-Rohr
Wird die hydraulische Anordnung der beiden U-Rohre nicht parallel wie in Abbildung 18
gewählt, so erwartet man einen höheren Kurzschluss-Effekt, da jedes Rohr zwei in anderer Richtung durchflossene Rohre als unmittelbare Nachbarn „sieht“. Wie man Abbildung
29 entnehmen kann, ergibt sich erwartungsgemäß für den thermischen KurzschlussWiderstand eine deutliche Reduktion bei kreuzweiser Durchflussrichtung, während der
Wert von Ru davon unberührt bleiben muss. Die Konstanz von Ru sorgt im betrachteten
Szenario für Unterschiede der Übertragungsleistung von nur etwa 0.5%. Da mit geringerer
Strömungsgeschwindigkeit allerdings eine Zunahme dieses Unterschiedes (vgl. Abbildung
22) zu erwarten ist, sollte die kostenlose Maßnahme der parallelen Durchfluss-Anordnung
stets gewählt werden.
-1
700
0.4
paralleler
Durchfluss
600
kreuzweiser
Durchfluss
500
0.3
400
300
0.2
200
100
0.0
Rk
Ru
Rs
Qu
Qu,s
-1
0.1
Übertragungsleistung Q [Wm ]
Wärmewiderstände R [ m⋅⋅ K⋅⋅ W ]
0.5
0
Abbildung 29: Auswirkung einer kreuzweisen, anstatt parallelen Anordnung der Durchflussrichtung bei der Doppel-U-Rohr-Sonde. Es wurde die Standardvariante (dB= 150 mm; dR= 32 mm;
wR= 3 mm; D= 122 mm; λV = 1.6 W(mΑK)-1; λR = 0.4 W(mΑK)-1; αF= 1000 W(m²K) -1,
1/αRV= 1/αVE= 0) zugrunde gelegt.
5.4.7 Einfluss des Schenkelabstandes
Mittels Abstandshaltern lässt sich, zumindest bereichsweise, der Abstand der Rohre und
damit des Vor- und Rücklaufs in der Sonde variieren, wobei eine untere Grenze durch ein
meist verwendetes Injektionsrohr und eine obere Grenze durch einen Mindestabstand
vom Bohrlochrand vorgegeben ist. Abbildung 30 zeigt Simulationsergebnisse für zwei typische Bohrlochdurchmesser. Mit dem Anwachsen des Schenkelabstandes beobachtet
79
man nahezu unabhängig vom Bohrlochdurchmesser einen Anstieg in Rk und einen Abfall
in Ru, da die Distanz des Einzelrohres zum anders durchströmten Nachbarn zunimmt und
die Distanz zum umgebenden Erdreich sinkt. Ähnliches gilt für den Bohrlochwiderstand
Rs, wobei für verschiedene Bohrlochdurchmesser und damit unterschiedliche thermische
Widerstände RE des umgebenden Erdreichs die unmittelbare Vergleichbarkeit nicht gegeben ist. Das selbe gilt auch für den Vergleich der Übertragungsleistung Qu,s für kurzzeitige
Temperaturänderungen (Abbildung 30 rechts).
Die Übertragungsleistung zeigt einheitlich eine mit dem Schenkelabstand D anwachsende
Tendenz. Wegen der in der Simulation angenommenen ähnlichen Leitfähigkeit von Verfüllung und Erdreich ergibt sich für die Übertragungsleistung Qu bei gleichem Schenkelabstand D ein nur wenig vom Bohrlochdurchmesser dB abhängiger Anstieg, wobei der maximal mögliche Schenkelabstand jedoch vom Bohrloch begrenzt ist. Die für ein Bohrloch
von dB= 150 mm Durchmesser maximale erzielbare Steigerung durch Vergrößerung des
äußeren Schenkelabstandes von minimal 75 mm auf maximal 135 mm wurde zu immerhin
18 % für Qu und sogar 64% für Qu,s abgeschätzt. Es ist damit sehr empfehlenswert, beim
Design der Erdwärmesonde für einen möglichst großen Schenkelabstand zu sorgen.
0.5
-1
[K⋅⋅ m⋅⋅ W ]
0.3
0.2
0.2
0.1
0.0
50
75
-1
700
350
600
300
500
250
400
200
300
150
200
100
dB = 150 mm; dR= 25 mm
50
0.0
100 125 150 175 200 225
100
dB = 220 mm; dR= 32 mm
0
50
Äußerer Schenkelabstand
D [mm]
-1
0.1
-1
Kurzschluss-Wärmewiderstand R k
0.3
400
Übertragungsleistung Q u,s [Wm ]
dB = 220 mm; dR= 32 mm 0.4
0.4
Wärmewiderstand Ru , Rs [K⋅ m⋅ W ]
dB = 150 mm; dR= 25 mm
Übertragungsleistung Q u [Wm ]
0.5
75
0
100 125 150 175 200 225
Äußerer Schenkelabstand
D [mm]
Abbildung 30: Variation des äußeren Schenkelabstandes D für zwei gebräuchliche Bohrlochdurchmesser (gefüllte Symbole dB = 150 mm; offene Symbole dB = 220 mm). Links das Ergebnis
für die Wärmewiderstände (blau Rk; grün Ru; violett Rs) und rechts für die Übertragungsleistungen.
Die gestrichelten senkrechten Linien markieren den Bohrlochrand als maximalen Schenkelabstand. Als thermische Daten der Sonde wurden verwendet: λV = 1.6 W(mΑK)-1; λR = 0.4 W(mΑK)1
, αF= 1000 W(m²K) -1, 1/αRV = 1/αVE = 0.
80
5.4.8 Einfluss des Bohrlochdurchmessers
Die Betrachtung verschiedener Bohrlochdurchmesser geht im folgenden davon aus, dass
ein einheitlicher Abstand von der Bohrlochwand von (dB-D)/2 = 14 mm realisiert wird, um
eine problemlose Einbringung der Erdwärmesonde zu gewährleisten und andererseits
einen möglichst großen Abstand der Vor- und Rücklaufrohre zueinander zu erreichen. Die
damit gewonnenen Ergebnisse für drei typische Bohrlochdurchmesser zeigt Abbildung 31.
Mit der Möglichkeit größerer Schenkelabstände ergeben sich für größere Bohrlochdurchmesser geringere Widerstände Ru für den Wärmeübertrag ans Erdreich und größere
Kurzschluss-Widerstände Rk. Da sich beide Abhängigkeiten positiv auswirken, lässt sich
die Übertragungsleistung (Qu) durch Verwendung eines Bohrloches von 220 mm anstatt
150 mm Durchmesser um ca. 12 % steigern und verringert sich für dB = 120 mm um 6%.
700
-1
dB =120 mm
0.3
600
dB =150 mm
500
dB =220 mm
400
0.2
300
200
0.1
0.0
Rk
Ru
Rs
Qu
Qu,s
-1
100
Übertragungsleistung Q [Wm ]
Wärmewiderstände R [ m⋅⋅ K⋅⋅ W ]
0.4
0
Abbildung 31: Variation des Bohrlochdurchmessers dB bei festem Abstand der Rohre
(dR= 32 mm; wR= 3 mm) vom Bohrlochrand (dB-D)/2 = 14 mm. Als thermische Daten der Sonde
wurden verwendet: λV = 1.6 W(mΑK)-1; λR = 0.4 W(mΑK)-1, αF= 1000 W(m²K) -1, 1/αRV = 1/αVE = 0.
81
5.5 Ökonomische Betrachtung
Wesentlich für die breite praktische Umsetzung effizienzsteigender Maßnahmen ist deren
Wirtschaftlichkeit. Ist eine solche Wirtschaftlichkeit nicht gegeben, werden technische
Verbesserungen zum großen Teil nur in Einzelfällen für Forschungszwecke oder zu Demonstrationszwecken verwirklicht werden. Es stellt sich deshalb die Frage, inwieweit sich
einzelne in den vorangegangenen Kapiteln vorgestellte Maßnahmen wirtschaftlich umsetzen lassen. Dabei sind für die jeweilige Maßnahme das eingesetzte Kapital im Verhältnis
zum Ertrag, d.h. die aus der Maßnahme erzielten Energieerträge, gegeneinander abzuwägen. Eine grundsätzliche Schwierigkeit ist es dabei ein Kriterium zu definieren, welches
eine möglichst objektive Vergleichbarkeit einzelner Maßnahmen zulässt. Gesucht ist damit
eine Kennziffer, welche weitgehend unabhängig ist von der einzelnen Anwendung.
Ein Ansatz ist die Definition einer Effizienzkennzahl +, welche das Verhältnis von normiertem Ertrag (= 1 + Ertragszuwachs) zum normierten Investitionsaufwand (= 1 + erhöhter
Investitionsaufwand) darstellt. Normativ sind dabei die Erträge und Investitionen für eine
Standard-Erdwärmesonde. Dabei wird angenommen, dass der Ertragszugewinn durch
eine Optimierungsmaßnahme im wesentlichen linear von der Übertragungsleistung abhängt und dass ein einheitliches Wärmebedarfsprofil vorliegt:
 Übertragungsleistung 


1 + Ertragszuw achs
 Investitionskosten  optimierteSonde
Ε=
=
1 + zusätzlicher
Investitionsaufwand
 Übertragungsleistung 


 Investitionskosten  S tan dard
(13)
Je größer die Kennzahl + ist, desto kürzer die Amortisationsdauer. Für die Wertung gilt
folgendes:
+ < 1:
Die Amortisationszeit ist länger als beim Einbau einer StandardErdwärmesonde, Maßnahme scheidet aus.
+ = 1:
Es werden ähnliche Amortisationszeiten erreicht wie bei einer Standard-Erdwärmesonde.
+ > 1:
Die Amortisationszeit ist kürzer als beim Einbau einer StandardErdwärmesonde.
Werte die deutlich von 1 abweichen, sind aufgrund der nicht mehr gegebenen Linearität,
nochmals kritisch zu hinterleuchten.
Maßnahmen, welche den Wirkungsgrad einer Erdwärmesonde entscheidend verbessern,
sind im einzelnen:
•
Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit des Verfüllmaterials,
•
Vergrößerung des Bohrlochdurchmessers,
•
Vergrößerung des Schenkelabstands und
•
Wahl einer ausreichend hohen Fliessgeschwindigkeit.
Andere Maßnahmen sind nicht realisierbar oder spielen eine untergeordnete Rolle, z.B.
die Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit des Rohrmaterials. Ebenfalls ist die Entscheidung,
82
ob ein Polybuten-Rohr oder ein UNIPIPE-Rohr der Firma Unicor Rohrsysteme GmbH eingesetzt wird, nicht kostenrelevant, da die Materialkosten in der gleichen Größenordnung
liegen.
Bei den Investitionskosten sind folgende wesentliche Punkte zu beachten:
•
•
Der Zusatz von 30% Graphit zur Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit des Verfüllmaterials führt zu einer Steigerung der Gesamtinvestitionskosten von ca.
2% für eine Erdwärmesonde.
Die Änderungen der Bohrkosten bezüglich verschiedener Bohrlochdurchmesser skalieren im wesentlichen mit der Querschnittsfläche des Bohrlochs.
Ausgehend von der Standardvariante werden konkret vier Optimierungsversuche betrachtet und bewertet:
Standardvariante: Bohrlochdurchmesser 150 mm, Schenkelabstand 122 mm mit Stan-1
dardverfüllmaterial (Wärmeleitfähigekeit 8 = 0.8 W(mK) )
Fall 1:
Standardvariante
(Bohrlochdurchmesser
150 mm,
Schenkelabstand
122 mm) mit optimiertem Verfüllmaterial
Fall 2:
Standardvariante mit vergrößerten Bohrloch (Durchmesser 220 mm) und
optimiertem Verfüllmaterial bei gleichbleibendem Schenkelabstand (122 mm)
Fall 3:
Standardvariante mit vergrößertem Bohrloch und maximalem Schenkelabstand (192 mm) und optimiertem Verfüllmaterial
Fall 4:
Standardvariante mit verkleinertem Bohrloch (120 mm) mit maximalem
Schenkelabstand (92 mm) und optimiertem Verfüllmaterial
Die Kenndaten für die Standardvariante sind der Tabelle 11 zu entnehmen. Bei der Berechnung der Kennziffer wurde die Effizienzkennziffer separat für saisonale und nichtsaisonale Anwendungen berechnet. Die Ergebnisse sind in Tabelle 12 dargestellt.
Tabelle 12: Berechnete Effizienzkennziffern für vier unterschiedliche Optimierungsvarianten. Die
Beschreibung der Varianten findet sich im Text.
Variante
Standard
Fall 1
Fall 2
Fall 3
Fall 4
1+Ertragszuwachs
(saisonale
Anwendung)
1+Ertragszuwachs
(Tag/Nacht
Zyklierung)
1+Kostenzuwachs
1
1.12
1.09
1.25
1.05
1
1.38
1.00
1.46
1.27
1
1.02
2
2
0.64
Effizienzkennziffer
(saisonale
wendung)
1
1.09
0.55
0.63
1.64
Effizienzkennziffer
An- (Tag/Nacht
klierung)
Zy-
1
1.36
0.5
0.73
1.98
Wie der Tabelle 12 zu entnehmen ist, führt die Anwendung eines optimierten Verfüllmaterials zu deutlichen technischen und ökonomischen Vorteilen. Die zusätzlichen Investitionskosten für den teureren Verfüller sind nahezu vernachlässigbar, die erzielten Ertragssteigerungen aber signifikant. Besonders bei nicht saisonalen Anwendungen, wie bei erdgekoppelten Wärmepumpen, bei denen sich das Umfeld der Erdwärmesonde im Tagesrhythmus thermisch belastet wird, zeigt sich der große Vorteil dieser Maßnahme.
Die Vergrößerung des Bohrlochs führt nahezu zu einer Verdoppelung der Investitionskosten. Ein hier nicht angepasster, d.h. nicht maximaler Schenkelabstand, wirkt sich fatal aus.
83
Im Fall 2 ist dies deutlich sichtbar (vgl. Tabelle 12). Nur der Einsatz des optimierten Verfüllers verhindert einen Leistungsabfall gegenüber der Standardvariante. Wählt man einen
maximalen Schenkelabstand (Variante 3) verbessert sich zwar deutlich die technische
Effizienz, ökonomisch erreicht man aber aufgrund der teureren Bohrung nicht die Kennzifferwerte des Standardfalls.
Als ökonomisches Optimum stellt sich Variante 4 dar. Mit einer Verkleinerung des Bohrlochs und der Verwendung eines optimierten Verfüllers lassen sich zum Einen noch gute
technische Werte und zum Anderen eine deutliche Kostenreduzierung erreichen.
84
6 Materialoptimierung
6.1 Optimierung des Bohrlochverfüllmaterials
6.1.1 Allgemeines
Aus den Ergebnissen der Parameterstudie (s. Kapitel 5) zeigt sich deutlich, welchen Beitrag eine Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit des Verfüllmaterials für die Effizienz der Einzelsonde bringt.
In den Arbeiten von Wagner (1991) und Seiwald et al. (1995) wurden Mischungen von
Wasser, Bentonit, Quarzsand und Zement untersucht. Quarzsand diente dabei als Additiv
zur Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit. Durch Variation der Mischungsverhältnisse konnte
-1 -1
eine Wärmeleitfähigkeit von 1.3 Wm K erreicht werden. Durch Verwendung bimodaler
Quarzsand-Mischungen ist nur eine weitere geringfügige Steigerung der Wärmeleitfähigkeit zu erwarten. Beschränkend ist hier die relativ geringe Festkörperwärmeleitfähigkeit
von Quarz (Touloukian, 1970) von ca. 10 W(mK)-1. Allen (1998) verwendet Zusätze von
organischem Fließmittel, sogenannte „Superplasticizer“, um Verfüllmaterialien mit einem
Quarzsand/Zement-Verhältnis von bis zu 2.5 zu realisieren. Damit lassen sich Wärmeleitfähigkeitswerte bis 2.5 W(mK)-1 erreichen.
Der hier gewählte Lösungsansatz stellt durch Verwendung von hochwärmeleitenden Graphits in Aussicht, bereits durch geringe prozentuale Zusätze zu bewährten Bohrlochverfüllmaterialien eine substantielle Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit zu erreichen.
Graphit hat in reiner Form eine vergleichsweise hohe Wärmeleitfähigkeit von ca. 170 W(m
K)-1 und ist chemisch inert. Eine theoretische Abschätzung zeigt (Abbildung 32), dass
schon geringe Anteile von Graphit die effektive Wärmeleitfähigkeit4 einer
5
Sand/Zement/Bentonit/Wasser-Mischung merklich erhöhen sollte . Bei einem 30% Zusatz
von Graphit nimmt dabei die Wärmeleitfähigkeit von 1 Wm-1K-1 auf 2.25 Wm-1K-1 zu. Die
Zumischung von Graphit in bisher verwendete Verfüllmischungen darf jedoch nicht wesentlich deren Verarbeitbarkeit beeinflussen, d.h. die Mischbarkeit und Viskosität der angemischten Verfüllung sollte sich nicht verschlechtern.
Zur experimentellen Verifizierung der theoretischen Überlegungen wurden eine Anzahl
von Mischungen kommerziell erhältlicher Verfüllmaterialien mit Graphitzusätzen hergestellt und deren Wärmeleitfähigkeit mittels einer dynamischen Hitzdraht-Methode (Ebert et
al., 1993) bestimmt.
4
Die Abschätzungen wurden mit Hilfe einer einfachen effektiven Medientheorie durchgeführt, siehe hierzu:
D.P.H. Hasselman, L.F. Johnson J. Comp. Mat., 21, 1987, S. 508, 1987.
5
Die Idee der Zumischung von Graphiten zu Verfüllmaterialien zur Erhöhung deren Wärmeleitfähigkeit wurde
im Vorfeld des Projektes vom ZAE Bayern zum Patent angemeldet.
85
Wärmeleitfähigkeit λ
[W/(mK)]
3.0
2.5
2.0
1.5
1.0
0.5
0.0
0.00
0.05
0.10
0.15
0.20
0.25
0.30
Massenanteil Graphit
Abbildung 32: Abschätzung der Wärmeleitfähigkeit für ein Sand/Zement/Bentonit/WasserGemisch mit unterschiedlichen Massenanteilen Graphit.
6.1.2 Messtechnik und Probenpräparation
Die Wärmeleitfähigkeit wurde nach der dynamischen Hitzdrahtmethode bestimmt
(s. Abbildung 33). Dabei dient der in die Probe eingebettete Draht gleichzeitig als Heizelement und Temperatursensor. Während der Messung wird der Draht mit einer konstanten elektrischen Leistung beheizt. Die zeitliche Entwicklung des sich am Ort des Hitzdrahtes ergebenden Temperaturanstiegs lässt sich anhand dessen Widerstands erfassen. Der
Temperaturhub hängt dabei im wesentlichen von der Wärmeleitfähigkeit der Probe ab.
Die Anpassung einer analytischen Lösung an die zeitliche Temperaturentwicklung unter
Berücksichtigung eines eventuellen thermischen Kontaktwiderstandes zwischen Probe
und Draht sowie von Wärmeverlusten in axialer Richtung liefert die gesuchte Wärmeleitfähigkeit.
Es wurden als Hauptbestandteil der Bohrlochverfüllmaterialien Produkte der Firma ANNELIESE Baustoffe für Umwelt und Tiefbau GmbH & Co. KG (AZBUT), verwendet. Es handelte sich dabei um hydraulisch abbindende Trockenmörtel mit der Produktbezeichnung
Dämmer® und Blitzdämmer®. Beide Produkte sind speziell für das Verdämmen von Ringräumen im Brunnenbau konzipiert, gewährleisten also eine hohes Maß an Dichtigkeit und
Plastizität der Verfüllung, und haben sich bereits für die Verfüllung von Erdwärmesonden
bewährt. Als graphitische Zusätze wurden Graphite der Firma Graphitwerk Kropfmühl AG
verwendet. Dabei handelt es sich um einen Naturgraphit S40 (Kohlenstoffgehalt 90-94%)
mit einer Körnung von 85% > 160 :m und 35% > 315 :m.
Bei den untersuchten Verfüllmaterialien wurde die Proben nach Herstellerangaben dargestellt und in einem Klimaschrank zwischengelagert. Daran anschließend wurden die Proben in zwei Teilstücke zersägt und darin der Hitzdraht eingeklemmt. Wichtig ist dabei,
dass der Draht in einer repräsentativen Umgebung eingebettet wird. Bei stark inhomoge86
nen Proben können daher größere Abweichungen in den ermittelten Wärmeleitfähigkeitswerten, je nach Einbaulage des Hitzdrahtes, auftreten. Es wurde daher bei kritischen Proben mehrmals an verschiedenen Stellen des Probekörpers die Wärmeleitfähigkeit bestimmt um die Unsicherheiten bei der Bestimmung eines repräsentativen Mittelwertes der
Wärmeleitfähigkeit festzulegen.
Kons tant le is tungs quelle
S pannung U
S trom
I=U s /R s
S hunt w ide rsta nd R
P robe
s
Abbildung 33: Zum Meßprinzip des dynamischen Hitzdraht-Verfahrens: In der Probe eingebettet befindet sich der Hitzdraht. Aus der an ihm abfallenden Spannung U und der am
Shunt-Widersand abfallenden Spannung Us ergibt sich sowohl die eingekoppelte Leistung
als auch der resultierende Temperaturhub am Hitzdraht. Aus dessen zeitlicher Entwicklung wird die Wärmeleitfähigkeit der Probe bestimmt.
6.1.3 Messergebnisse
Die ermittelten Wärmeleitfähigkeiten an den dargestellten Versuchskörpern sind in
Abbildung 34 in Abhängigkeit des Graphitgehalts dargestellt. Mit zunehmenden Graphitgehalt ist eine kontinuierliche Zunahme der Wärmeleitfähigkeit zu beobachten. Gleichzeitig
bestätigen sich die im Vorfeld getroffenen theoretischen Vorhersagen. Die Wärmeleitfähigkeit des reinen Verfüllmaterials liegt dabei bei ca. 0.83 bis 0.97 Wm-1K-1 und lässt sich
für einen 30prozentigen Graphitanteil auf ca. 2.4 Wm-1K-1 steigern. Die erreichten Wärmeleitfähigkeitswerte liegen damit weit über denen, welche durch reine Bentonit/Zement/Sand/Wasser-Mischungen erreicht werden können (Beck et al., 1993).
Vorläufige Abschätzungen zeigen, dass mit Kosten für Graphit von ca. 1 DMkg-1 bei einem
Bohrlochdurchmesser von 150 mm und einem Volumenanteil von 30% zusätzliche Kosten
von ca. 5 DM pro Sondenmeter entstünden.
87
Wärmeleitfähigkeit λ
-1
[W(mK) ]
3.0
2.5
Blitzdämmer
Dämmer
2.0
Theorie
1.5
1.0
0.5
0.0
0
5
10
15
20
25
30
35
Graphitzusatz in Massenprozent
Abbildung 34: Experimentell ermittelte Wärmeleitfähigkeiten für Bohrlochverfüllmaterialien mit
unterschiedlichen Anteilen an Graphit im Vergleich zur theoretischen Vorhersage (Linie, vgl. Abb.
16).
In Zusammenarbeit mit der Firma ANNELIESE Baustoffe für Umwelt und Tiefbau GmbH &
Co. KG (AZ BUT) wurden auf der Basis der Ergebnisse für die mit Graphit angereicherten
hydraulisch abbindenden Trockenmörtel ein, speziell für den Ausbau von Erdwärmesonden, optimiertes Verfüllmaterial entwickelt. Die Bewertung des thermischen Verhaltens
des entwickelten Verfüllmaterials ThermoCem© erfolgte im Vergleich zu dem von AZ BUT
hergestellten Standardverfüllmaterial Dämmer© im Rahmen dieser Technikumsversuche.
6.2 Einsatz eines Verbundrohres
6.2.1 Allgemeines
Für die Testsonden sowie für die im Feldversuch eingesetzten Erdwärmesonden wurde
ein Mehrschichtverbundrohr der Firma Unicor Rohrsysteme GmbH, Haßfurt (Marke UNIPIPE) verwendet. Die verschiedenen Schichten bestehen aus einer äußeren Schicht aus
Polyethylen, einer Haftvermittlerschicht, einem längsüberlappt verschweißten Aluminiumrohr, wiederum einer Haftvermittlerschicht und einer Innenschicht aus Polyethylen. Es
zeichnet sich durch seine Formstabilität, geringen thermischen Ausdehnungskoeffizienten,
geringen Wärmedurchlasswiderstand der Rohrwandung und durch Diffusionsdichtheit aus
und ist damit insbesondere hinsichtlich des thermischen Verhaltens und der Handhabung
bestens geeignet.
Die UNIPIPE Rohre werden seit ca. 10 Jahren von der Firma Unicor hergestellt und weltweit vertrieben. Die Haupteinsatzgebiete sind haustechnische Anlagen ( Sanitär, Heizung
und Fußbodenheizung ), industrielle Anwendungen und im Fahrzeug- und Schiffsbau.
88
Abbildung 35: Schnittbild eines 32x3 UNIPIPE Rohres.
Die wesentlichen Kenndaten für das UNIPIPE-Rohr sind Tabelle 13 zusammengestellt.
Tabelle 13: Thermische und mechanische Eigenschaften des Verbundrohres UNIPIPE.
Betriebstemperatur ( max. Temperatur )
Maximale Temperatur bei Störungen
Max. Betriebsdruck
Effektive Wärmeleitfähigkeit für Dimension
32x3
Wärmeausdehnungskoefizient
Rohrrauhigkeit ( innen )
95°C
100°C
10 bar
0.40 W(mK)-1
25 x 10-6 K-1
0.0004 mm
Durch die DVGW Zulassung wird eine Lebensdauer von mindestens 50 Jahren sichergestellt bei 70°C und 10bar, Sicherheitsfaktor 1.5.
6.2.2 Erfahrungen aus den Feldversuchen
Die Handhabbarkeit der Sonde beim Einbringen in das Bohrloch wurde von der ausführenden Firma Brunnen & Bohren als außerordentlich gut bezeichnet. Aufgrund der Formbarkeit des Mehrschichtverbundrohres war das Einhalten einer Relaxationszeit nach dem
Entrollen und Verbinden der Einzelrohre nicht notwendig. Innerhalb von 5 Minuten war die
Standard-Erdwärmesonde in das Bohrloch eingebracht. Ein Vertwisten oder eine Verspreizung durch ein Verbiegen der Erdwärmesonde im Bohrloch konnte aufgrund des ein89
gesetzten Rohrmaterials ausgeschlossen werden. Damit ist auch die Gefahr der Verletzung des Rohrwandmaterials redziert.
Für die weitere Anwendung und hinsichtlich der Standardisierung ist es denkbar, dass die
Erdwärmesonde direkt über dem Bohrloch mit Hilfe einer am Bohrgerät montierten Lehre
endmontiert wird. Dabei könnte das Rohrmaterial direkt von Rollen (mit vier Segmenten)
mittels der Lehre in eine gerade Form gebogen werden und mit Abstandshaltern fixiert
werden. Damit werden schnelle Einbauzeiten ermöglicht. Die Erdwärmesonde könnte
vormontiert und druckgeprüft an die Baustelle geliefert werden.
6.2.3 Betriebssicherheit
Prinzipiell ist die Problematik einer Verletzung der Außenhaut des Verbund-Rohres kritisch zu diskutieren. Bei dem Einbringen der Erdwärmesonde kann es zu Materialabschürfungen an der Bohrlochwandung kommen. Dies gilt aber gleichermaßen auch für Kunststoffrohre, z.B. aus Polybuten. In letzterem Fall ist eine Verletzung kritischer zu bewerten,
da damit auch die Innendruckfestigkeit herabgesetzt wird. Bei einer Verletzung der Außenhaut eines Mehrschicht-Verbundrohres bewirkt die Aluminium-Schicht, dass die Innendruckfestigkeit erhalten bleibt. Bei einer tiefergehenden Verletzung der Außenhaut,
welche die Alumiumschicht freilegt, wird allerdings das Aluminium durch die basische
Umgebung korrodiert, wie durchgeführte Korrosionstests zeigten. Wenn man jedoch beide
Risiken abwägt, dürfte das Risiko bei einem Mehrschicht-Verbundrohr geringer sein, da
bei einem reinen Kunststoffrohr direkt die mediumführende Schicht verletzt wird.
Ein weiterer kritischer Punkt ist der hydraulische Anschluss der Erdwärmesonde durch die
Verbindungspressungen. Hier muß ein separater Korrosionsschutz aufgebracht werden,
welcher den Kontakt des Fittingmaterials mit dem Erdreich und Feuchtigkeit verhindert.
90
7 Charakterisierung und Auswirkung des Sondendesigns
7.1 Technikumsversuche
Die Technikumsversuche hatten den Zweck, die bislang gewonnenen Erkenntnisse über
die optimale Gestalt einer Einzelsonde zu verifizieren. Neben der thermischen Charakterisierung der Versuchssonden konnte man den experimentellen Aufbau für die nachfolgenden Feldversuche testen und optimieren.
Da der Schwerpunkt der Betrachtung auf dem Sondenkörper lag, sollten in einer als „Erdreich“ fungierenden, möglichst definierten Umgebung – beispielsweise Sand definierter
Körnung und Feuchtigkeit - verschiedene Erdwärmesondentypen (Versuchssonden) von
etwa 0.9 m Länge bzgl. ihrer thermischen Effizienz verglichen werden. Die Bewertung des
©
thermischen Verhaltens des entwickelten Verfüllmaterials ThermoCem erfolgte im Ver©
gleich zu dem von AZ BUT hergestellten Standardverfüllmaterial Dämmer ebenfalls im
Rahmen dieser Technikumsversuche.
Die Durchführung einheitlicher Messprozeduren und die Auswertung der aufgezeichneten
Temperaturverläufe liefert einen belastbaren Vergleich verschiedener Sondentypen unterschiedlichen Aufbaus und unterschiedlicher Abmessungen. Dabei wird der Bohrlochwiderstand der installierten Versuchssonden als objektives Bewertungsmaß für die thermische
Effizienz der eingebrachten Verfüllmaterialien experimentell bestimmt.
7.1.1 Messmethode
7.1.1.1 Theoretische Grundlagen
Der zur Bewertung der Technikumsversuche herangezogene längenbezogene Bohrlochwiderstand RS ist definiert als Differenz zwischen der mittleren Sondenfluidtemperatur Tfl
und der Bohrlochwandtemperatur Tw dividiert durch den längenbezogenen Wärmestrom q:
RS =
T fl − Tw
(14)
q
Die mittlere Sondenfluidtemperatur berechnet sich aus dem arithmetischen Mittel der Vorlauf- und Rücklauftemperatur. Der Bohrlochwiderstand lässt sich experimentell durch eine
direkte Messung der Temperaturen im Sondenvorlauf und Sondenrücklauf sowie an der
Außenwandung der Versuchsonde und durch Messung des zugehörigen Wärmestroms
bestimmen. In Abbildung 36 ist der typische Temperaturverlauf durch den Versuchsbehälter während des Beladens bzw. Aufheizens der Fluidtemperatur schematisch dargestellt.
Innerhalb der Versuchssonde stellt sich ein relativ kleiner Temperaturgradient ein. Außerhalb der Versuchsonde fällt aufgrund der eingesetzten Materialien die Temperatur stark
nicht linear ab.
91
Isolation
Quarzsand
Behälter
Temperaturverlauf
U-Rohr
Sonde
Abbildung 36: Schematische Darstellung des Temperaturverlaufs in der Sonde und der
Quarzsandschüttung während des Aufheizens der Fluidtemperatur innerhalb der U-Rohre.
7.1.1.2 Experimenteller Aufbau
Für die experimentelle Bestimmung des Bohrlochwiderstandes wurde ein Versuchsstand
aufgebaut. Letztlich dient dieser Versuchsstand der experimentellen Bestimmung der
thermischen Eigenschaften von Erdwärmesonden in Feldversuchen und ist daraufhin in
seiner Leistungsfähigkeit ausgelegt.
Abbildung 38 zeigt schematisch den Aufbau dieses Technikumversuchs. Die zu untersuchende Versuchssonde wird in einem Behälter in eine definierte Quarzsandschüttung eingebettet. Die Sonde ist hydraulisch an einem beheizbaren Wasserkreislauf angeschlossen. Die in der Heizpatrone freigesetzte elektrische Heizleistung wird mittels eines regelbaren Netzgerätes weitgehend konstant gehalten. Die Umwälzung des Wassers im Sondenkreislauf erfolgt über eine Pumpe, welche zusätzlich eine konstante Heizleistung ins
Fluid einkoppelt. Die Durchflussmenge wird über ein Drosselventil geregelt.
Die Messwertaufnahme bei dem Technikumsversuch ist auch für den aufwendigeren
Feldversuch ausgelegt. Temperaturmessungen finden dabei im Sondenvor und –rücklauf
und jeweils auf halber Höhe der Versuchssonde (h = 95 cm) im Zentrum der Versuchssonde, am Sondenaußenrand, in der Mitte der Quarzsandschüttung (Abstand Sondenwand/Sensor = 12 cm, Durchmesser Sonde 15.5 cm) und am Behälterrand statt. Für die
Messwertaufnahme steht ein Datenlogger 34970A der Firma Hewlett Packard zur Verfü92
gung. Als Temperatursensoren fungieren Widerstandsthermometer vom Typ PT100. Die
Temperaturauflösung liegt bei 0.1 K.
Entgegen der ursprünglichen Planung wurde nach einem ersten Versuchslauf ein zusätzlicher Wärmestromsensor eingebracht. Dabei handelt es sich um eine Wärmeflussplatte
der Fa. Phymeas/Cottbus. Der Bohrlochwiderstand ist somit direkt durch Messung der
zentralen Sondentemperatur und des Wärmeflusses ermittelbar. Die Wärmeflussplatte ist
auf der Außenseite der Versuchssonde auf gleicher Höhe wie der zentrale Temperaturfühler angebracht (s. Abbildung 37). Der Wärmeflusssensor liefert ein zum längenbezogenen
Wärmefluss q proportionales Gleichspannungssignal UVDC
q = K ⋅ U VDC
(15)
Der Proportionalitätsfaktor K = 6693 Wm-1V-1 berücksichtigt die Empfindlichkeit des Sensors sowie die spezielle Messgeometrie.
Abbildung 37: Position der angebrachten Wärmeflussplatte mit Kennzeichnung des
Rohrabstandes D.
Aufgrund der hohen Wärmeverluste über den externen Versuchsaufbau und der geringen
Wärmeleitfähigkeit der Quarzsandschüttung mit ca. 0.3 Wm-1K-1, wird nur etwa ein Viertel
der elektrischen Heizleistung über die Sonden in die Quarzsandschüttung eingekoppelt.
Damit wird aber die Fluidtemperatur relativ unempfindlich gegenüber den thermischen
Eigenschaften der „Messstrecke“ Sonde-Quarzsandschüttung und noch unempfindlicher
gegenüber Veränderungen in dieser Strecke. In späteren Feldversuchen tritt dieser Nachteil nicht mehr auf. Die Wärmeverluste über den äußeren Messaufbau sind dort vernachlässigbar. Zum Einen ist im Feldversuch die Sondenlänge um einen Faktor 30 größer als
im Technikumsversuch, zum Anderen liegt die Wärmeleitfähigkeit des Erdreichs im Freigelände bei ca. 2.4 W(mK)-1 gegenüber der Quarzsandschüttung mit 0.3 W(mK)-1. Die
Wärmeleitfähigkeit der Quarzsandschüttung wurde mittels der dynamischen HitzdrahtMethode bestimmt.
Die Technikumsversuche wurden jeweils nach gleichem Schema durchgeführt. Nach Einbau und hydraulischem Anschluss der Versuchsonden wurde der Quarzsand in den Ver93
suchsbehälter eingefüllt. Bei halber Füllhöhe wurden die Temperatursensoren (Sondenaußenwand, Quarzsandbett-Mitte, Behälterwand) und die Wärmeflussplatte installiert.
Daraufhin wurde vorsichtig der Behälter bis zur maximalen Füllhöhe aufgeschüttet und die
Außenisolation angebracht. Nach Überprüfung der Messtechnik wurde der Versuch mit
Anschalten der Umwälzpumpe, der elektrischen Heizung und des Datenloggers gestartet.
Eine Sicherheitsschaltung gewährleistet, dass bei einem Fluidtemperatur von ca. 63°C die
elektrische Heizung abgeschaltet wird.
Entlüftungs-und Sicherheitsventil
Ausgleichsbehälter
Manometer
Anschlußventil
Drosselventil
Heizpatrone
Volumenstrommesser Pumpe
Temperaturmessung
PT 100
Rücklauf
Vorlauf
Drossel
Isolation
Behälter
Temperaturmessung
PT 100
Wärmeflussensor
12x12 cm
Quarzsand
Sonde
Abbildung 38: Schematische Darstellung des Technikumversuchs. Der minimale Durchmesser des Versuchsbehälters beträgt 92 cm, dessen Höhe 110 cm.
94
Abbildung 39: Aufbau des Technikumversuchs kurz vor Anbringen der oberen Isolationsabdeckung.
7.1.2 Beschreibung der Versuchssonden
Es wurden insgesamt vier Versuchssonden präpariert. Dazu wurden in vier kommerziellen
PVC-Rohren je zwei U-Rohre installiert (s. Abbildung 40). Das Rohrmaterial der Marke
UNIPIPE 32 X 3 wurde von der Fa. Unicor Rohrsysteme GmbH zur Verfügung gestellt und
am ZAE Bayern zu U-Rohren installiert. Die hydraulische Verschaltung der beiden URohre erfolgt im Gegensatz zur Anwendung seriell. Dies gewährleistet eine einheitliche
Durchströmung beider U-Rohre und bleibt thermisch bei dieser kurzen Sondenlänge ohne
Auswirkung.
Abbildung 40: Sondenfuß der installierten Versuchssonden. In einem PVC-Rohr werden
später die zwei parallelen U-Rohre eingebracht und mit dem Verfüllmaterial umschlossen.
95
®
Die Verfüllung der PVC-Rohre wurde mit dem Standardprodukt Dämmer und dem Ver®
suchsprodukt ThermoCem von AZ BUT am 30.3.2000 am ZAE Bayern in Würzburg vorgenommen (s. Abbildung 41). Die Ansatzmenge betrug ca. 15 Liter. Der Baustoff wurde 2
Minuten mit einem Mixer RW 25 angemischt. Nach etwa 3 Stunden setzten beide Baustoffe weniger als 1% Wasser ab. Es konnte durch Inaugenscheinnahme kein Graphitpulver
®
auf der Wasseroberfläche des Versuchsproduktes ThermoCem entdeckt werden, was
auf eine stabile und homogene Suspension schließen lässt. Die Kenndaten der Verfüllmaterialien für die vier Versuchssonden sind in Tabelle 14 zusammengestellt.
Abbildung 41: Verfüllte Testsonde, die Sondenrohre werden bis zur Aushärtung mit Styroporstreifen fixiert.
96
Tabelle 14: Kenndaten der Versuchssonden und die verwendeten Verfüllmaterialien.
Versuch
ssonde
Nr.
Bauart der Sonde
Füllmaterial
1
Doppel-U-Rohr
Minimalabstand
(D = 90 mm)
Doppel-U-Rohr
Minimalabstand
ThermoCem
2
W/F-Wert
Rohdichte
[kgm ]
Verfüllmenge
[l]
0.90
1474
14.3
0.82
1528
nicht bestimmt
0.90
1482
nicht bestimmt
0.82
1525
14.4
-3
®
®
Dämmer
(D = 90 mm)
3
4
Doppel-U-Rohr ThermoCem®
Maximalabstand
(D = 120 mm)
®
Doppel-U-Rohr
Dämmer
Maximalabstand
(D = 120 mm)
Aus den Ansätzen der Verfüllungen wurden jeweils zwei Versuchsproben für die
spätere Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit mit der Hitzdraht-Methode gezogen.
Die verfüllten Versuchsonden und die
Proben für die Wärmeleitfähigkeitsmessungen wurden nach der Herstellung in
Kunststofffolie eingepackt und für 28 Tage unter Normalbedingungen gelagert.
Anschließend wurde bei den Versuchsonden ein ca. 20 cm langes PVC-Rohr
am oberen anschlussseitigem Ende aufgesetzt und mit Wärmedämmschaum
ausgeschäumt
Abbildung 42: Die Versuchssonden
wurden für 28 Tage unter Normalbedingungen gelagert
.
97
7.1.3 Versuchsergebnisse und Diskussion
7.1.3.1 Ergebnisse der Wärmeleitfähigkeitsmessungen an den gezogenen
Proben
Die Wärmeleitfähigkeiten der gezogenen Proben wurde mittels der dynamischen
Hitzdraht-Methode bestimmt. Die Versuchsergebnisse sind in der Tabelle 15 zusammengestellt.
Tabelle 15: Experimentell bestimmte Dichten und Wärmeleitfähigkeiten für die Verfüllmaterialien.
Dämmer®
-3
Dichte [kgm ]
-1
Wärmeleitfähigkeit [W(mK) ]
1520
ThermoCem
1460
1.01 ∀ 0.05
2.05 ∀ 0.10
®
Die Dichten der Proben entsprechen den bei der Herstellung der Suspension ermittelten Rohdichten. Die Wärmeleitfähigkeit des Entwicklungsprodukts ThermoCem®
®
ist doppelt so hoch wie für das Standardprodukt Dämmer .
7.1.3.2 Ergebnisse der Technikumsversuche
In Tabelle 16 sind die für alle Technikumsversuche einheitlichen Versuchsparameter
zusammengestellt. Der Volumenstrom wurde so gewählt, dass er den Praxiswerten
entspricht. Der geringe Wasserüberdruck ist notwendig, um Lufteinschlüsse im hydraulischen System zu vermeiden. Die Heizleistung setzt sich aus der in der Heizpatrone freigesetzten Wärmeleistung und der durch den Betrieb der Umwälzpumpe
freigesetzten Leistung zusammen. Während eine Variation von Wasserdruck und
Volumenstrom keinen Einfluss auf das Messergebnis erwarten lassen würden, wurde auf Konstanz der Wärmeleistung besonders geachtet um die Vergleichbarkeit der
Ergebnisse zu gewährleisten.
Tabelle 16: Für alle Technikumsversuche konstant gehaltene Versuchsparameter.
Versuchsparameter
Wasserdruck [bar]
1.5
Wärmeleistung [W]
100
Volumenstrom [m³h-1]
0.7
In Abbildung 43 sind für den Versuch an der Versuchsonde 1 (enger Rohrabstand D
. 90 mm, Verfüllmaterial ThermoCem®) exemplarisch die resultierenden Temperaturverläufe und das Spannungssignal der Wärmeflussplatte in Abhängigkeit der Messzeit dargestellt. Man erkennt, dass Vorlauf-, Rücklauf und zentrale Sondentemperatur innerhalb der Messunsicherheiten zusammenfallen. Die Temperatur der Sondenaußenwand folgt der zentralen Sondentemperatur nahezu zeitgleich, ist aber aufgrund des vorhandenen Bohrlochwiderstandes und des thermischen Widerstandes
der PVC-Wandung um einen nahezu konstanten Betrag reduziert. Die Temperaturen
98
in der Quarzsandschüttung in der Streckenmitte Sonde-Behälterwand folgt der Sondentemperatur zeitverschoben.
Die Temperatur auf der Innenseite des Behälters stellt im wesentlichen die geglättete
Raumtemperatur während des Experimentes dar. Den deutlichen Einfluss der Raumtemperatur auf die Fluidtemperatur zeigt die dort, analog zur Raumtemperatur, vorhandene Temperaturmodulation. Da nur ca. ein Viertel der elektrischen Heizleistung
über die Sonde in das Sandbett eingekoppelt wird, dominieren die Wärmeverluste
über den äußeren experimentellen Aufbau. Für diese ist aber die Temperaturdifferenz Fluidtemperatur-Raumlufttemperatur entscheidend. Je niedriger die Raumlufttemperatur ist, desto größer sind Wärmeverluste.
Versuchsende
Tmax = 63°C
0.0075
0.0050
50
0.0025
25
Vorlauftemperatur
T emperatur Streckenmitte Sonde-Behälterwand
Rücklauftemperatur
T emperatur Behälterwand
zentrale Sondentemperatur
Signal der W ärmeflussplatte
T emperatur Sondenauß enwand (T W )
Lufttemperatur
0
0
0.0000
Signal der
Wärmeflussplatte [V]
Temperatur T [°C]
75
100000
200000
-0.0025
300000
Zeit [s]
Abbildung 43: Resultierende Temperaturverläufe und Spannungssignal der Wärmeflussplatte bei der Vermessung von Versuchssonde 1 (enger Rohrabstand mit Verfüllmaterial ThermoCem®).
Der Wärmefluss erreicht nach ca. 10000 Sekunden (etwa 2:45 h) einen quasistationären Zustand, welcher aufgrund der sich ändernden Raumtemperatur moduliert ist.
Abbildung 44 zeigt den zeitlichen Verlauf der Temperaturdifferenz zwischen der mittleren Fluidtemperatur und Sondenaußenwand sowie des spezifischen Wärmeflusses
bei der Vermessung der Versuchssonde 1 (enger Rohrabstand D . 90 mm mit Verfüllmaterial ThermoCem®). Temperaturdifferenz über der Sonde und Wärmefluss
sind zueinander proportional, wobei der Bohrlochwiderstand den Proportionalitätsfaktor darstellt. Der Bohrlochwiderstand wurde gemäss Gleichung 8 bestimmt und
um den Beitrag des PVC-Rohres korrigiert (siehe Abbildung 48). Er erreicht nach
einer kurzen Einschwingzeit, die von der Wärmekapazität der Versuchssonde und
den Anfangstemperaturen abhängt, einen nahezu konstanten Wert von RS .
0.11 mKW -1.
99
10
50
8
40
6
30
4
20
2
10
0
100
1000
10000
100000
spezifischer Wärmefluss
-1
[Wm ]
Temperaturdifferenz
Fluid-Wandung [K]
Abbildung 45 zeigt den zeitlichen Verlauf der Temperaturdifferenz zwischen der mittleren Fluidtemperatur und Sondenaußenwand sowie vom spezifischen Wärmefluss
bei der Vermessung der Versuchssonde 2 (enger Rohrabstand D . 90 mm mit Ver®
füllmaterial Dämmer ). Im Vergleich zur vorherigen Versuchsonde 1 erkennt man die
deutlich größere Temperaturdifferenz sowie den geringeren Wärmefluss. Der berechnete Bohrlochwiderstand ist im nahezu konstanten Bereich mit RS . 0.14 mKW -1
um etwa das 1.2fache größer als der bei Versuchssonde 1, d.h. eine Reduzierung
des Bohrlochwiderstandes bei Verwendung eines thermisch optimierten Verfüllmaterials (ThermoCem®) im Vergleich zum Referenzprodukt (Dämmer®) um ca. 20%.
Theoretisch wäre eine Reduzierung um ca. 35% erreichbar. Jedoch können im experimentellen Aufbau zusätzlich vorhandene thermische Übergangswiderstände einen
zusätzlichen Beitrag zum Bohrlochwiderstand liefern und somit den Effekt durch die
Wärmeleitfähigkeitserhöhung des Verfüllmaterials mindern. Die absoluten Werte des
Bohrlochwiderstandes RS entsprechen dieser Aussage, denn diese sind ca. 20%
größer als die numerisch (ohne Berücksichtigung von Kontaktwiderständen) berechneten.
0
1000000
Zeit [s]
Abbildung 44: Zeitlicher Verlauf der Temperaturdifferenz zwischen Sondenzentrum
und Sondenaußenwand und vom spezifischen Wärmefluss bei der Vermessung der
®
Versuchssonde 1 (enger Rohrabstand mit Verfüllmaterial ThermoCem ).
100
Temperaturdifferenz
Fluid - Wandung [K]
40
6
30
4
20
2
10
-1
8
0
100
1000
10000
100000
spezifischer Wärmefluss
50
[Wm ]
10
0
1000000
Zeit [s]
Abbildung 45: Zeitlicher Verlauf der Temperaturdifferenz zwischen Sondenzentrum
und Sondenaußenwand und vom spezifischen Wärmefluss bei der Vermessung der
®
Versuchssonde 2 (enger Rohrabstand mit Verfüllmaterial Dämmer ).
In der Abbildung 46 und Abbildung 47 sind entsprechend die zeitlichen Verläufe der
Temperaturdifferenz zwischen der mittleren Fluidtemperatur und Sondenaußenwand
sowie vom spezifischen Wärmefluss bei der Vermessung der Versuchssonden 3
®
(maximaler Rohrabstand D . 120 mm mit Verfüllmaterial ThermoCem ) und Nr. 4
®
(maximaler Rohrabstand D . 120 mm mit Verfüllmaterial Dämmer ) dargestellt. Im
Vergleich zu den Ergebnissen für die Versuchssonden 1 und Nr. 2 mit engem Rohrabstand ergeben sich erwartungsgemäß geringere Temperaturdifferenzen und höhere spezifische Wärmeflüsse. Im direkten Vergleich der Versuchssonden 3 und Nr. 4
(maximaler Rohrabstand) zeigt sich der günstige Einfluss des optimierten Verfüllma®
terials ThermoCem , d.h. in diesem Fall (siehe Abbildung 46) ergeben sich im Vergleich die niedrigeren Temperaturdifferenzen und höheren Wärmeflüsse.
Die berechneten Bohrlochwiderstände für die Versuchsonden 3 und Nr. 4 mit maximalem Rohrabstand (D = 120 mm) sind ebenfalls in Abbildung 48 als Funktion der
Zeit aufgetragen. Die Bohrlochwiderstände sind im Vergleich zu den Ergebnissen für
die Versuchssonden mit engem Rohrabstand (D = 90 mm) um ca. 30% reduziert.
101
Temperaturdifferenz
Fluid - Wandung [K]
50
8
40
6
30
4
20
2
10
0
100
1000
10000
100000
spezifischer Wärmefluss
-1
[Wm ]
10
0
1000000
Zeit [s]
10
50
8
40
6
30
4
20
2
10
0
100
1000
10000
100000
spezifischer Wärmefluss
-1
[Wm ]
Temperaturdifferenz
Fluid - Wandung [K]
Abbildung 46: Zeitlicher Verlauf der Temperaturdifferenz zwischen Sondenzentrum
und Sondenaußenwand und vom spezifischen Wärmefluss bei der Vermessung der
®
Versuchssonde 3 (Maximaler Rohrabstand mit Verfüllmaterial ThermoCem ).
0
1000000
Zeit [s]
Abbildung 47: Zeitlicher Verlauf der Temperaturdifferenz zwischen Sondenzentrum
und Sondenaußenwand und vom spezifischen Wärmefluss bei der Vermessung der
®
Versuchssonde 4 (Maximaler Rohrabstand mit Verfüllmaterial Dämmer ).
102
Sonde 1, ThermoCem, enger Rohrabstand
Sonde 2, Dämmer, enger Rohrabstand
Sonde 3, ThermoCem, w eiter Rohrabstand
Sonde 4, Dämmer, w eiter Rohrabstand
0.20
-1
[mKW ]
Bohrlochwiderstand Rs
0.25
0.15
0.10
0.05
0.00
0
50000
100000
150000
Zeit [s]
Abbildung 48: Zeitlicher Verlauf der resultierenden Bohrlochwiderstände für die
®
Versuchssonden 1 (enger Rohrabstand mit ThermoCem ), 2 (enger Rohrabstand mit
®
®
Dämmer ), 3 (maximaler Rohrabstand mit ThermoCem ) und 4 (maximaler Rohrab®
stand mit Dämmer ).
-1
Wiederholungsmessungen mit verändertem Durchfluss (0.2 m³h ) zeigten, dass eine
sehr gute Reproduzierbarkeit (<3%) des Experiments gegeben ist. Wie aufgrund der
kurzen Sondelänge erwartet, konnte innerhalb der variierten Grenzen kein Einfluss
der Durchflussmenge auf den resultierenden Bohrlochwiderstand festgestellt werden.
103
7.2 Systemsimulation mit optimierten Erdwärmesonden durch verbessertes
Verfüllmaterial
7.2.1 Dynamische Systemsimulation
Nachdem das Optimierungspotential bei Erdwärmesonden für die isoliert betrachtete, einzelne Sonde aufgezeigt und quantifiziert werden konnte, sollte nun untersucht
werden, welchen Einfluss die Optimierung an den Erdwärmesonden auf den Betrieb
dieser Komponente innerhalb eines vollständigen Wärmeversorgungssystems zeigt
und inwieweit die nach den bisherigen Erkenntnissen erreichbaren Steigerungen in
der Übertragungsleistung der Erdwärmesonden in einem Gesamtsystem nutzbar
gemacht werden können.
Es wurden exemplarisch zwei verschiedene Wärmeversorgungsanlagen ausgewählt,
für die dynamische Systemsimulationen mit dem Programm TRNSYS 14.2 durchgeführt wurden. Für die einzelnen Anlagenkomponenten existieren dabei jeweils mathematische Modelle, die zu einer Gesamtanlage zusammengesetzt werden. Die
Systeme können dann mit verschiedenen Randbedingungen simuliert werden, um
den Einfluss bestimmter Parameter oder veränderter Eingangsgrößen zu ermitteln.
Ausgewertet wurden jeweils die Ergebnisse für ein ganzes Jahr. Der Simulationszeitraum für das Nahwärmesystem Greußenheim betrug fünf Jahre, wobei das fünfte
Betriebsjahr ausgewertet wurde. Als Simulationszeitschritt wurde 0,25 h gewählt.
7.2.2 Vorgehensweise
Die Parameter, die zur vollständigen Beschreibung der Anlage und der einzelnen
Komponenten benötigt werden (z. B. Bodenparameter, Sondenlänge der Erdwärmesonden), müssen zu Beginn der Simulation in das Modell eingegeben werden. Zusammen mit den Eingangsgrößen (z. B. thermische Last) errechnet das Simulationsprogramm daraus dynamisch die jeweiligen Energieströme der Anlage. Als Ergebnis der Simulation kann dann eine Energiebilanz erstellt sowie charakteristische
Anlagenkenngrößen (Nutzungsgrade, Arbeitszahlen) errechnet werden.
Um festzustellen, inwieweit das Gesamtsystem von einer Steigerung der Wärmeleitfähigkeit des Verfüllmaterials λVerfüller der Erdwärmesonden profitiert, wurden typische
Systemkennwerte betrachtet, die eine Verbesserung aufgrund der vorgenommenen
Änderung an der Sonde erkennen lassen. Als Maßstab für die Verbesserung wurde
jeweils in einer Simulationsserie ermittelt, wieweit die aktive Sondenlänge bei erhöhter Wärmeleitfähigkeit des Verfüllers λVerfüller reduziert werden konnte, bis die ursprünglichen Werte wie bei herkömmlichem Verfüllmaterial wieder erreicht wurden.
Im Standardfall beträgt dabei die Wärmeleitfähigkeit des Verfüllmaterials λVerfüller
-1
1.0 W/mK, für den optimierten Fall wurden 2.0 W(mK) angesetzt.
104
7.2.3 System1:
Speicher
Nahwärmesystem
Greußenheim
mit
Erdwärmesonden-
7.2.3.1 Systembeschreibung
Das Nahwärmesystem dient zur Versorgung von insgesamt 42 Wohneinheiten mit
einem Gesamtwärmebedarf von 754 MWh/a für Raumheizung und Warmwasserbereitung. Die Energieversorgung erfolgt über ein Blockheizkraftwerk (BHKW), das
ganzjährig in Volllast betreiben wird, und eine Kompressionswärmepumpe (KWP),
die bei Bedarf Wärme aus einem Erdwärmesonden-Speicher (EWSS) entnimmt, der
im Sommer mit der überschüssigen Wärme des Blockheizkraftwerkes beladen wird.
Abbildung 49 zeigt das simulierte Nahwärmesystem, wie es für das Versorgungsgebiet in Greußenheim in einer Vorstudie 1998 projektiert wurde. Das System ist in der
zugehörigen Vorstudie „Erdwärmesonden-Speicher Greußenheim“ im einzelnen beschrieben und wurde unverändert übernommen.
Mischventil
PS 1
BHKW
4 m³
3
4
200 m
1 2
700 m
Netz 2
(Bestand)
Netz 1
(Neubau)
Thermostatische
sMischventil
200 m
KWP
Umschalt
ventil
700 m
PS 2
4 m³
ESWS
Abbildung 49: Anlagenschema des Nahwärmesystems Greußenheim
Bei dem Erdwärmesonden-Speicher handelt es sich um 36 Sonden in einem mittleren Abstand von etwa 3 m und einer aktiven Länge von 30 m, so dass insgesamt ein
zylinderförmiges Speichervolumen von 8700 m³ entsteht. Als Bodenparameter wurde
eine Wärmeleitfähigkeit von 2.4 W/mK und eine spezifische Wärmekapazität von
2.3 MJ/m³K angesetzt. Jedes Bohrloch hat einen Durchmesser von 15 cm, in den
eine Doppel-U-Rohr-Sonde aus Polybuten (Außendurchmesser: 32 mm, Wandstärke: 3.6 mm) eingebracht ist. Im Standardfall hat das Verfüllmaterial eine Wärmeleitfähigkeit von λVerfüller = 1 W/mK.
105
7.2.3.2 Simulationsergebnisse
Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Erdwärmesonden-Speichers innerhalb
des Gesamtsystems wurden als Anlagenkenngrößen die an der Wärmepumpe umgesetzte Energie und daraus der COP der Wärmepumpe herangezogen, da der Betrieb der Wärmepumpe für die Energieentnahme aus dem Speicher maßgeblich ist.
Die folgende Tabelle gibt die Simulationsergebnisse mit und ohne optimiertem Verfüllmaterial wieder.
Tabelle 17: Simulationsergebnisse für das Nahwärmesystem Greußenheim mit herkömmlichem und optimierten Verfüllmaterial.
Aktive
Sondenlänge
Kondensatorseite
KWP
QC [MWh/a]
Antrieb
KWP
QEL [MWh/a]
30.0 m
1 W/mK
151.6
43.6
3.48
30.0 m
2 W/mK
151.5
42.5
3.56
25.1 m
2 W/mK
152.2
43.6
3.49
λVerfüller
COPKWP
[-]
Mit optimiertem Verfüller verbessert sich bei gleichbleibender Sondenlänge zunächst
das Speicherverhalten. Die Wärmepumpe arbeitet durch die bessere Ankopplung
des Verdampferkreislaufs an des Erdreich in einem anderen Betriebspunkt, so dass
der COP der Wärmepumpe ansteigt.
Durch die verbesserte Wärmeleitfähigkeit des Verfüllmaterials in den Erdwärmesonden konnte dann die Länge der einzelnen Sonden auf 25.1 m, also um rund 16 %
reduziert werden, ohne die Leistungsfähigkeit der Gesamtanlage gegenüber dem
Standardfall mit λVerfüller = 1 W/mK zu beeinträchtigen.
7.2.4 System2: Erdgekoppelte Wärmepumpe zur Heizungsversorgung eines
Einfamilienhauses / Doppelhauses
7.2.4.1 Systembeschreibung
Eine erdgekoppelte Wärmepumpe stellt über einen Pufferspeicher (Volumen: 700 l)
Heizenergie für ein Doppelhaus oder ein großes Einfamilienhaus (200 m² Nutzfläche) zur Verfügung. Während der Heizperiode entzieht die Wärmepumpe (4 kW el)
über zwei in Serie geschaltete Erdwärmesonden auf der Verdampferseite dem Erdboden Wärme, die über die Kondensatorseite in den Pufferspeicher geladen wird. Im
Sommer regeneriert sich der Erdboden in der Umgebung der Sonden aus dem angrenzenden Erdreich.
Der Heizenergiebedarf des Gebäudes beträgt 11.2 MWh/a bei einer maximalen
Heizleistung von 12 kW.
106
50°C
KWP
PS
700 l
Heizung
25°C
Erdsonden
Abbildung 50: Anlagenschema der erdgekoppelten Wärmepumpe.
In Abbildung 50 ist das Anlagenschema der erdgekoppelten Wärmepumpe dargestellt. Die Art der Erdwärmesonden und die Bodenparameter sind dabei wie beim
Erdwärmesonden-Speicher im oben beschriebenen Nahwärmesystem Greußenheim
gewählt. Die aktive Sondenlänge beträgt im Standardfall 80 m (Wärmeleitfähigkeit
des Verfüllers λVerfüller = 1 W/mK).
7.2.4.2 Simulationsergebnisse
Auch hier wurde für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Erdwärmesonden innerhalb des Gesamtsystems als Anlagenkenngrößen die an der Wärmepumpe umgesetzte Energie und daraus der COP der Wärmepumpe betrachtet. Die folgende
Tabelle gibt die Simulationsergebnisse mit und ohne optimiertem Verfüllmaterial
wieder.
Tabelle 18: Simulationsergebnisse für erdgekoppelte Wärmepumpe mit herkömmlichem und optimierten Verfüllmaterial.
Aktive
Sondenlänge
λVerfüller
80.0 m
-1 -1
1 Wm K
80.0 m
-1 -1
2 Wm K
71.5 m
-1 -1
2 Wm K
Kondensatorseite
KWP
QC [kWh/a]
Antrieb
KWP
QEL [kWh/a]
COPKWP
[-]
11523
3001
3.84
11524
2940
3.92
11521
3003
3.84
Auch hier verbessert sich mit optimiertem Verfüller bei gleichbleibender Sondenlänge zunächst das Speicherverhalten und der COP der Wärmepumpe steigt an.
107
Durch die verbesserte Wärmeleitfähigkeit des Verfüllmaterials in den Erdwärmesonden konnte die Länge der beiden Sonden dann auf 71.5 m, also um rund 11 % reduziert werden, bis die ursprünglichen Werte wieder erreicht waren.
7.3 Fazit
Folgende wichtige Ergebnisse lassen sich feststellten:
•
•
•
•
•
Die experimentell bestimmte Wärmeleitfähigkeit des optimierten Verfüllmaterials
®
-1 -1
ThermoCem ist mit 2.05 Wm K doppelt so hoch wie die Wärmeleitfähigkeit
®
des Referenzprodukts Dämmer . Das Maß der Erhöhung deckt sich mit den theoretischen Vorhersagen und den Ergebnissen von im Vorfeld durchgeführten experimentellen Untersuchungen.
Die in Technikumsversuchen durchgeführten Experimente zeigen, dass bei einer
Sondenkonfiguration mit engem Rohrabstand (D . 90 mm, Sondenaußendurch®
messer 155 mm) bei Verwendung des optimierten Verfüllmaterials ThermoCem
sich eine Reduzierung des Bohrlochwiderstandes um ca. 20% ergibt. Die durchgeführten Simulationsrechungen prognostizieren eine Reduzierung des Bohrlochwiderstandes um 35% bei Verdoppelung der Wärmeleitfähigkeit des Verfüllmaterials. Die auftretende Differenz lässt sich durch zusätzliche thermische Kontaktwiderstände erklären.
Die Vergrößerung des Schenkelabstands von 90 mm auf 120 mm ermöglicht eine
Reduzierung des Bohrlochwiderstandes von ca. 30%.
Die Effekte durch Vergrößerung des Schenkelabstands und Verwendung eines
optimierten Verfüllmaterials sind additiv, d.h. bei den hier durchgeführten Versuchen ergab sich eine maximale Reduzierung des Bohrlochwiderstandes um nahezu 50%.
Durch die Verbesserungen am Erdwärmesonden-Verfüllmaterial in einem Gesamtssystem sind merkliche Einsparungen möglich. Der Effekt zeigt sich umso
deutlicher, je größer die Übertragungsleistungen an der Erdwärmesonde sind.
Aufgrund der Charakteristik von technischen Anlagenkomponenten und der möglichen Bandbreite der thermischen Eigenschaften des Erdreichs ist die Steigerung in der Leistungsfähigkeit im jeweiligen Einzelfall zu bestimmen. Wie Simulationsrechnungen zeigen, dürfte in diesen Fällen die zu erwartende Steigerung der
Systemeffizienz bei konservativer Abschätzung zwischen ca. 8 und 20% liegen.
108
8 Feldversuch in Greußenheim
8.1 Allgemeines
Bereits in den Technikumsversuchen wurden kurze, ca. 95 cm lange, Versuchssonden getestet. Es konnte dabei der Bohrlochwiderstand für unterschiedliche Verfüllmaterialien und für unterschiedliche Schenkelabstände bestimmt werden. Dabei
konnten die positiven Ergebnisse der im Vorfeld durchgeführten Laborexperimente
und Simulationsrechnungen bestätigt werden.
Ziel der Feldversuche ist es nun, die Ergebnisse der Technikumsversuche in einem
realistischen Maßstab und unter Praxisbedingungen zu validieren. Gleichzeitig liefert
der Feldversuch wichtige Erkenntnis über die Handhabbarkeit des verwendeten
Rohrmaterials UNIPIPE beim Einbringen in das Bohrloch sowie weitere geologische
Daten über den Untergrund am geplanten Speicherstandort in Greußenheim. Es
wurden dazu zwei Bohrungen im Testfeld abgeteuft und zwei verschiedene Erdwärmesonden eingebaut. Zum Einen wurde eine Standard-Erdwärmesonde eingebaut,
d.h. die U-Rohre wurden möglichst eng um das zentrale Injektionsrohr platziert und
®
das Bohrloch mit einem Standard-Verfüllmaterial (Dämmer der Fa. Anneliese BUT)
verfüllt. Bei der optimierten Erdwärmesonde wurde ein im Durchmesser größeres
Injektionsrohr verwendet, d.h. der Schenkabstand wurde maximal vergrößert, und
®
das Bohrloch mit dem optimierten Bohrlochverfüllmaterial ThermoCem verfüllt.
Die thermische Charakterisierung erfolgte nach dem dynamischen HitzdrahtVerfahren, welches dazu dient, den thermischen Bohrlochwiderstand und die effektive Wärmeleitfähigkeit des umliegenden Erdreiches zu ermitteln. Das Verfahren entspricht dem seit einiger Zeit international eingesetzten Thermal Response Test
(Gehlin und Hellström, 2000; Spitler et al., 2000; Cruickshanks et al., 2000; Sanner
et al., 2000).
109
8.2 Abteufung der Bohrungen
Im Zeitraum vom 07.07.2000 bis 14.07.2000 wurden in Greußenheim im Bereich des
geplanten Erdsondenwärmespeichers zwei 35 m tiefe Bohrungen abgeteuft. Die Lage der Bohrungen sind in Abbildung 51 und Abbildung 52 dargestellt.
Abbildung 51: Lage der Bohrungen B1 und B2 (rote Kreise) im Zusammenhang mit
dem geplanten Sondenfeld (graue Kreise). Weiterhin ist die Lage der beiden Versuchsbohrungen (VB1 und VB2) und des BHKW dargestellt.
Abbildung 52: Versuchsfeld mit den Bohrungen B1 und B2, aufgenommen vom
Obergeschoss des BHKW aus. Über der Bohrung B2 war zum Zeitpunkt der Bildaufnahme die Messhütte aufgebaut.
Bis zum anstehenden Gebirge (in ca. 6 m Teufe) wurde mit einem Einfachkernrohr
gebohrt und eine Stahlverrohrung von 178 mm Durchmesser eingebaut.
110
Bis zur Endteufe von 35 m wurde im Seilkernverfahren mit dem Craelius Seilkernrohr
SK6L gebohrt. Dieses besteht aus einem äußeren und einem inneren Kernrohr. Nur
das äußere Kernrohr mit der Bohrkrone dreht sich während des Bohrens, das innere
Kernrohr erfasst den Bohrkern. Das Hochziehen des Innenrohres inklusive Bohrkern
erfolgt mit Hilfe eines Seils und einer Fangvorrichtung, ohne dass das Bohrgestänge
ausgebaut werden muss.
Dieses Bohrverfahren wurde für die zwei Bohrungen angewandt, um möglichst einheitliche Verhältnisse zu schaffen und um die geologischen Verhältnisse möglichst
genau zu erfassen. Der Bohrdurchmesser betrug durchgehend 146 mm. Es wurde
dabei ein Bohrkern gewonnen, d.h. ungestörtes Probenmaterial, das eine genaue
Betrachtung der anstehenden Gesteine und eine geologische Einordnung ermöglicht
(siehe hierzu im Anhang A2 die Schichtenverzeichnisse).
Der Untergrund war mit dem angewandten Bohrverfahren mittelschwer zu bohren.
Bei den im Vorfeld durchgeführten Versuchsbohrungen konnte mit dem angewandten Imlochhammerverfahren ein sehr guter Bohrfortschritt mit ca. 10 m pro Stunde
erreicht werden (vgl. Vorstudie, Büttner, 1998). Das erbohrte Gebirge war z.T. stark
klüftig, d.h. bis 13 m kam es zu Spülverlusten. Nach Abteufen der Bohrungen wurde
die Stahlverrohrung ausgebaut und durch ein KF-Rohr DN150 ersetzt (bis 6 m Teufe), das im Bohrloch verblieb. Die Bohrlöcher blieben bis zu Ausbau gut stehen, es
gab kaum Nachfall.
8.3 Einbau der Erdwärmesonden
In jede Bohrung wurde eine Doppel-U-Rohr-Erdwärmesonde eingebracht. Als Rohrmaterial wurde das Verbundrohr UNIPIPE DIM 32 x 3 der Firma Unicor verwendet.
Die Sonden wurden bereits vormontiert auf die Baustelle geliefert, d.h. der Sondenfuß war werkseitig von der Firma Unicor montiert worden (vgl. Abbildung 53).
Auf der Baustelle wurde die Standardsonde von der Rolle abgewickelt, ausgelegt
und endmontiert. Hierbei wurden das Injektionsrohr und die Messfühler platziert und
alle Rohre zusammengebündelt (vgl. Abbildung 54). Bei der optimierten Erdwärmesonde wurde abweichend davon die Endmontage über dem Bohrloch, d.h. mit fortschreitendem Verlauf des Sondeneinbaus vorgenommen (siehe Abbildung 56).
Grund hierfür war die Verwendung eines starren Injektionsrohrs mit größerem Außendurchmesser.
Als Ergänzung zu den Temperaturfühlern im Vorlauf und im Rücklauf des später
aufgesetzten Messaufbaus wurden bei jeder Erdwärmesonde Temperaturfühler vom
Typ Pt100 in 1.5 m und in 17.5 m Höhe über dem Sondenfuß angebracht. Die wichtigsten technischen Daten der beiden Erdwärmesonden sind in Tabelle 19 zusammenfasst.
111
Tabelle 19: Technische Daten der beiden eingebauten Erdwärmesonden.
StandardOptimierte
Erdwärmesonde
Erdwärmesonde
Bauweise
Doppel-U-Rohr
Doppel-U-Rohr
Unipipe
DIM
32
x
3
mm
Unipipe DIM 32 x 3 mm
Rohrmaterial
PE Rohr 25 x 2.3 mm
PVC Rohr 48 x 3.5 mm mit
Injektionsrohr
Gewinde,
Muffendurchmesser
53 mm
®
®
Dämmer
ThermoCem
Verfüllmaterial
ca. 90 mm
ca. 120 mm
Schenkelabstand
146 mm
146 mm
Bohrlochdurchmesser
Die Sonden wurden mittels einer Ablenkrolle über dem Bohrloch eingebracht. Dazu
war es notwendig, sie z.T. mit Wasser zu füllen, um dem Auftrieb entgegenzuwirken.
Die Handhabbarkeit der Sonde wurde von der ausführenden Firma Brunnen & Bohren als außerordentlich gut bezeichnet. Aufgrund der Formbarkeit des Mehrschichtverbundrohres war das Einhalten einer Relaxationszeit nach dem Entrollen und Verbinden der Einzelrohre nicht notwendig. Innerhalb von 5 Minuten war die StandardErdwärmesonde in das Bohrloch eingebracht. Ein Vertwisten oder eine Verspreizung
durch ein Verbiegen der Erdwärmesonde im Bohrloch konnte aufgrund des eingesetzten Rohrmaterials ausgeschlossen werden.
112
Abbildung 53: Im Vordergrund: Aufgerollte Standard-Erdwärmesonde; Im Hintergrund: Bohrgerät.
Abbildung 54: Endmontage der Standard-Erdwärmesonde.
113
Abbildung 55: Einbau der Standard-Erdwärmesonde über eine Seilrolle.
Abbildung 56: Einbau mit Endmontage der optimierten Erdwärmesonde.
114
Die Zementationsarbeiten wurden unter ständiger Kontrolle des Mischungsverhältnisses und der Dichte durchgeführt. Mittels des zentralen Injektionsrohres wurde der
Zement ins Bohrloch verpresst. Insgesamt wurden pro Bohrloch 10 Chargen angemischt und in das Bohrloch von unten nach oben verpresst.
®
Tabelle 20: Dichten der eingebrachten Chargen der Verfüllmaterialien Dämmer und
®
ThermoCem . Die Dichten liegen dabei nur geringfügig höher als für die bei den
Technikumsversuchen hergestellten Mischungen.
Charge
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Dichte Dämmer
[gcm-3]
1.58
nicht bestimmt
1.62
1.60
1.56
1.60
1.60
1.62
nicht bestimmt
nicht bestimmt
®
Dichte ThermoCem
[gcm-3]
1.42
1.50
1.52
1.54
1.53
1.52
1.51
1.52
1.51
1.50
®
Das obere Ende des verrohrten Bohrloches wurde auf ca. 1 m Länge mit einer
Schaumfüllung gedämmt, um den Einfluss der (schwankenden) Oberflächentemperatur auf die Fluid-Temperatur in der Sonde zu unterdrücken. Der genaue Ausbau ist
ebenfalls aus dem Sondenausbauplan zu entnehmen (s. Anhang A2).
8.4 Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung
Der Versuchsaufbau ist identisch zu dem bei den Technikumsversuchen benutzten
Aufbau (vgl. Abbildung 38 und Abbildung 57), wobei zur Anpassung an den größeren
Strömungswiderstand beim Feldversuch die Drossel entfernt und die Pumpe auf höherer Leistungsstufe betrieben wurde. Der Messaufbau, welcher auf eine Holzplatte
installiert ist, wurde direkt über die Anschlüsse der jeweiligen Erdwärmesonde gestellt und während den Messungen durch eine Holzhütte geschützt.
Tabelle 21: Versuchsparameter während der Durchführung der Feldversuche.
Versuchsparameter
Wasserdruck [bar]
0.6 – 2.7
Wärmeleistung [W]
2500
-1
Volumenstrom [m³h ]
0.63 – 0.74
115
Während des Versuches wird das in der Erdwärmesonde zirkulierende Wasser mit
einer konstanten Heizleistung Q erwärmt. Dabei wird das Wasser in einem geschlossenen Kreislauf umgewälzt. Gleichzeitig werden die Messwerte der Temperaturfühler
als Funktion der Zeit mittels eines Datenlogger-Systems HP 34970A aufgezeichnet.
Abbildung 57: Zur Vermessung angeschlossene Erdwärmesonde. Es wurde der
gleiche Versuchsaufbau wie bei den Technikumsversuchen verwendet (vgl. Abbildung 37).
Die Auswertung der zeitlichen Temperaturentwicklung ermöglicht die Bestimmung
der effektiven Wärmeleitfähigkeit 8 des umliegenden Erdreichs sowie des thermischen Bohrlochwiderstandes RS. Für hinreichend lange Messzeiten gilt für die zeitliche Entwicklung der mittleren Fluidtemperatur Tfl (Stalhane und Pyk, 1931; De Groot
et al., 1974; Ebert 1995):
T fl = T0 +
 4κt
ln 2
4πλL  Crb
Q

Q
 + R S
L

(16)
mit C = e γ und ( = 0.5772.... T0 ist hierbei die Temperatur des ungestörten Erdreiches, L die Sondenlänge, rb der Bohrlochradius und ι die Temperaturleitfähigkeit des
umliegenden Erdreichs. Trägt man die gemessene Temperaturerhöhung Tfl – T0 für
ausreichend große Zeiten über den Logarithmus der Zeit auf, kann man aus der
-1
Steigung Q(4Β8L) der resultierenden Geraden die effektive Wärmeleitfähigkeit 8
116
bestimmen. Die konstante Temperaturdifferenz RsQL-1 zur Lösung mit Rs = 0 liefert
den gesuchten thermischen Bohrlochwiderstand Rs.
8.5 Diskussion der Versuchsergebnisse
Die Versuche an den eingebrachten Erdwärmesonden begannen 28 Tage nach dem
Verfüllen der Bohrlöcher mit dem Bohrlochverfüllmaterialien. Zuerst wurde die Standard-Erdwärmesonde vermessen. In Abbildung 58 und Abbildung 59 sind die aus
den Feldversuchen gewonnenen Temperaturmesswerte als Funktion der Zeit für die
beiden untersuchten Erdwärmesonden dargestellt. Bei der Vermessung der Standard-Erdwärmesonde wurde bereits im Vorfeld des eigentlichen Versuches mit der
Datenerfassung begonnen. Wie man aus Abbildung 58 erkennt, liegt eine Untergrundtemperatur von ca. 11°C vor. Zu Beginn der Mes szeit sind bei stehender Umwälzpumpe die Temperaturfühler im Vor- und Rücklauf der Erdwärmesonden thermisch stark an die Raumtemperatur angekoppelt. Nach Einschalten der Heizung und
der Umwälzpumpe, dem eigentlichen Versuchsbeginn, stellte sich jedoch augenblicklich zu Beginn eine Fluidtemperatur in Höhe der Untergrundtemperatur ein.
Temperatur [°C]
40
Vorlaufttemperatur
Rücklauftemperatur
T (17m Tiefe)
T (32.5m Tiefe)
Raumtemperatur
30
20
10
Versuchsstart
0
0
500000
Zeit [s]
Abbildung 58: Resultierende Messdaten im Zeitraum vor und während des Versuchs an der Standard-Erdwärmesonde.
Während des Aufheizvorgangs steigen die Fluidtemperaturen im Vor- und Rücklauf
ebenso wie die Temperaturen in der Nähe des Rücklaufes in 32.5 m und 17 m Tiefe
kontinuierlich an. Die aus dem arithmetischen Mittel von Vorlauf- und Rücklauftemperatur gebildete mittlere Fluidtemperatur wird zur weiteren Auswertung herangezogen. Die Werte der Temperaturfühler, welche zwischen den U-Rohrschenkeln des
Rücklaufes in unterschiedlichen Tiefen angebracht sind, hängen wie ein Vergleich
von Abbildung 58 und Abbildung 59 zeigt, doch sehr stark von der jeweiligen Einbausituation, d.h. der thermischen Ankopplung, Lage der Fühler und lokalen Geologie ab. Die beobachteten leichten Schwankungen der Fluid-Temperaturen zeigen
117
wahrscheinlich den geringen Einfluss der phasenverschobenen
Temperaturoszillation in den oberen Erdreichschichten.
Tag-Nacht-
Temperatur [°C]
40
30
20
Vorlaufttemperatur
Rücklauftemperatur
T (17m Tiefe)
T (32.5m Tiefe)
Raumtemperatur
10
0
0
500000
Zeit [s]
Abbildung 59: Resultierende Messdaten während des Versuchs an der optimierten
Erdwärmesonde.
Abbildung 60 zeigt schließlich die Temperaturerhöhung der mittleren Fluidtemperatur
(arithmetisches Mittel aus Vorlauf- und Rücklauftemperatur) über der Umgebungstemperatur als Funktion des Logarithmus der Versuchsdauer. Dabei ergeben sich
entsprechend der Gleichung (16) Geraden, deren Steigung ein Maß für die effektive
Wärmeleitfähigkeit des die Erdwärmesonden umgebenden Erdreichs ist.
Durch lineare Regression wurden die Steigungen und damit die entsprechenden effektiven Wärmeleitfähigkeiten ermittelt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 22 zusammengestellt. Wie man aus der Abbildung erkennt, liegen, jedenfalls im Maßstab der
Bohrlochabstände, gleiche thermische Bodeneigenschaften, gemittelt über die Bohrlochlänge, vor. Als mittlere Wärmeleitfähigkeit für den Speicherstandort ergibt sich
-1 -1
ein Wert von 8 = (1.76 ∀ 0.12) Wm K bei einem Vertrauensbereich von 95%.
Wärmeleitfähigkeitsmessungen im Labor mittels der Hitzdraht-Methode an zwei der
-1 -1
gezogenen Bohrkernen ergaben Werte zwischen 1.4 und 1.6 Wm K . Da an den
Bohrkernen an sich und durch die für die Wärmeleitfähigkeitsmessungen notwendige
Präparation eine Auflockerung des nicht kompakten Materials festgestellt werden
konnte, sind die Werte aus den Labor- und Feldmessungen in sich schlüssig.
Die konstante Temperaturdifferenz zwischen den in Abbildung 60 dargestellten
Temperaturerhöhungen der Fluidtemperaturen für die beiden Erdwärmesonden beträgt (3.57 ∀ 0.07) K. Damit ergibt sich nach Gl. (16) eine Reduktion des thermi-1
schen Bohrlochwiderstandes um )RS = (0.049 ∀ 0.001) mKW im direkten Vergleich
der beiden unterschiedlich ausgebauten Erdwärmesonden.
118
Temperaturhub Tfl-T0
[K]
30
25
20
15
Standard Erdw ärmesonde
optimierte Erdw ärmesonde
Theoretische Lösung mit RS = 0
Ausgleichsgeraden
10
5
10
11
12
13
14
ln(t)
Abbildung 60: Temperaturerhöhung der mittleren Fluidtemperatur (arithmetisches
Mittel aus Vorlauf- und Rücklauftemperatur) über der Umgebungstemperatur als
Funktion des Logarithmus der Versuchsdauer. Dargestellt sind ebenso die resultierenden Ausgleichsgeraden sowie der nach Gl. 16 berechnete theoretische Temperaturanstieg mit RS = 0 (ideale thermische Ankopplung der Erdwärmesonde an das umliegende Erdreich).
Tabelle 22: Berechnete Steigungen der Ausgleichsgeraden und die daraus resultierenden Wärmeleitfähigkeitswerte für die in Abbildung 58 dargestellten Messwerte.
Steigung Q(4Β8L) [K]
Wärmeleitfähigkeit 8
-1 -1
[Wm K ]
-1
Standard-Erdwärmesonde
3.30 ∀ 0.01
1.77 ∀ 0.12
Optimierte Erdwärmesonde
3.34 ∀ 0.01
1.75 ∀ 0.12
Um die insgesamt erreichte Verbesserung darstellen zu können, ist ein Vergleich mit
einer Erdwärmesonde mit idealer thermischer Ankopplung (RS = 0) an das umliegende Erdreich anzustellen. In Abbildung 60 ist der nach Gl. 16 berechnete theoretische
Temperaturanstieg mit RS = 0 ebenfalls dargestellt. Der Kurve liegt eine mittlere
-1 -1
Wärmeleitfähigkeit von 1.76 Wm K und eine volumetrische Wärmekapazität von
-3 -1
2.0 MJm K zugrunde. Während der Wärmeleitfähigkeitswert sich aus den Ergebnissen der Feldmessungen ergibt, wurde die volumetrische Wärmekapazität abgeschätzt.
Damit ergeben sich für die Standard-Erdwärmesonde ein thermischer Bohrlochwi-1
derstand von RS = 0.118 mKW und im Falle der optimierten Erdwärmesonde ein
-1
Wert von RS = 0.070 mKW .
119
Technikumsversuch
Feldversuch
-1
[mKW ]
thermischer
Bohrlochwiderstand RS
0.15
0.10
0.05
0.00
Standard-Erdwärmesonde
optimierte Erdwärmesonde
Abbildung 61: Vergleich der aus den Technikums- und Feldversuchen ermittelten
Werte des thermischen Bohrlochwiderstands für eine Standard- und eine optimierte
Erdwärmesonde.
Abbildung 61 zeigt nun direkt den Vergleich der aus den Technikums- und Feldversuchen ermittelten Werte des thermischen Bohrlochwiderstands für eine Standardund eine optimierte Erdwärmesonde. Bei der Angabe der Unsicherheitsbereiche
wurde bei den Ergebnissen aus den Feldversuchen neben den Messunsicherheiten
eine mögliche Bandbreite der volumetrischen Wärmekapazität von 2.0 bis
-3 -1
2.5 MJm K berücksichtigt. Es zeigt sich eine gute Übereinstimmung der Ergebnisse aus den Technikumsversuchen und den Feldexperimenten. Der thermische Bohrlochwiderstand konnte um ca. 40% durch die Maximierung des Schenkelabstands
®
und den Einsatz des optimierten Verfüllmaterials ThermoCem gesenkt werden. Zur
Reduzierung des thermischen Bohrlochwiderstands tragen beide Maßnahmen mit
etwa gleichen Teilen bei, wie die Ergebnisse aus den Technikumsversuchen und
den Simulationsrechnungen zeigen.
120
9 Schlussbetrachtung
9.1 Allgemeines
Die vorliegende Studie hatte das Ziel, Möglichkeiten zur Verbesserung der Wärmeübertragungseigenschaften von Erdwärmesonden aufzuzeigen. Die Untersuchungen
beschränkten sich vor allem auf die Optimierung von Doppel-U-RohrErdwärmesonden. Gleichzeitig sollte diese Studie eine belastbare Ausgangsbasis für
ein geplantes F&E-Vorhaben bilden, in dessen Rahmen ein Erdwärmesondenspeicher in Greußenheim errichtet werden soll. Dementsprechend lässt sich der Bericht
im wesentlichen in zwei Themenfelder gliedern: die technische Optimierung der Erdwärmesonde und die Analyse der Erdwärmesondenspeichertechnik unter besonderer Berücksichtigung des Standorts Greußenheim.
Im Rahmen dieses Projektes ergaben sich eine Vielzahl neuer Erkenntnisse, Aspekte und Ansätze. Wenn auch in erster Linie die Anwendung der Erdwärmesonde für
den Einsatz in Erdwärmesonden-Speichern im Vordergrund stand, so sind viele getroffene Aussagen bzgl. der Optimierung von Erdwärmesonden von allgemeiner Gültigkeit.
9.2 Verbesserung der Wärmeübertragungseigenschaften von Erdwärmesonden
Zur Auslotung des vorhandenen Optimierungspotentials wurden Simulationsrechnungen, Laborexperimente, Technikumversuche und Feldversuche durchgeführt. Als
Bewertungsmaßstab für die Leistungsfähigkeit einer Erdwärmesonde im eingebauten Zustand wurden vor allem die spezifische Übertragungsleistung und der thermische Bohrlochwiderstand herangezogen.
Durch eine thermische Optimierung des Erdwärmesonden-Verfüllmaterials sind deutliche Einsparungen bezüglich der Investitionskosten möglich (s. Kap. 7.3), d.h. bei
gleicher Leistungsfähigkeit des Systems „Erdwärmesonde“ können kürzere Erdwärmesonden installiert werden. Aufgrund der unterschiedlichen Charakteristika von
technischen Anlagenkomponenten und der möglichen Bandbreite der thermischen
Eigenschaften des Erdreichs ist die Steigerung in der Leistungsfähigkeit im jeweiligen Einzelfall zu bestimmen. Wie Simulationsrechnungen zeigen, dürfte in diesen
Fällen die zu erwartende Steigerung der Systemeffizienz bei konservativer Abschätzung zwischen ca. 8 und 20% liegen. Die Verfüllung der Bohrung sollte deshalb mit
einem thermisch optimierten Verfüllmaterial mit hoher Wärmeleitfähigkeit vorgenommen werden. Die Maßnahme ist dabei nicht wesentlich kostenrelevant, bezogen
auf die Gesamtkosten des Systems.
Durch Beimischung von Naturgraphit zum Verfüllmaterial erreicht man deutlich höhere Wärmeleitfähigkeiten. Ein Zusatz von 30% Graphit erhöht die Wärmeleitfähigkeit
des Verfüllmaterials auf mehr als das Doppelte. Die experimentell bestimmte Wär®
-1 -1
meleitfähigkeit des optimierten Verfüllmaterials ThermoCem ist mit 2.05 Wm K
®
doppelt so hoch wie die Wärmeleitfähigkeit des Referenzprodukts Dämmer . Das
Maß der Erhöhung deckt sich mit den theoretischen Vorhersagen und den Ergebnissen von im Vorfeld durchgeführten experimentellen Untersuchungen (s. Kap. 6.1.3).
®
Das thermisch optimierte Verfüllmaterial ThermoCem wurde von der Fa. ANNELIESE Baustoffe für Umwelt und Tiefbau GmbH & Co. KG (AZ BUT) in Zusammenarbeit
mit dem ZAE Bayern entwickelt.
121
Beim Bau einer Erdwärmesonde muss außerdem darauf geachtet werden, dass ein
größtmöglicher Schenkelabstand realisiert wird. So ermöglicht die Vergrößerung des
Schenkelabstands von 90 mm auf 120 mm eine Reduzierung des Bohrlochwiderstandes um ca. 30%. In der Praxis sind bei der Wahl des Bohrlochdurchmessers
technische und wirtschaftliche Gesichtspunkte abzuwägen. Dabei können die technischen Nachteile eines kleinen Bohrlochdurchmessers durch die Verwendung eines
thermisch optimierten Verfüllmaterials mehr als kompensiert werden (s. Kap. 5.5).
Die dazu in Technikumversuchen durchgeführten Experimente zeigen, dass bei einer Sondenkonfiguration mit engem Rohrabstand (D . 90 mm, Sondenaußendurchmesser 155 mm) bei Verwendung des thermisch optimierten Verfüllmaterials Ther®
moCem sich eine Reduzierung des Bohrlochwiderstandes um ca. 20% ergibt. Im
Vorfeld (Büttner, 2000) durchgeführte Simulationsrechungen prognostizieren eine
Reduzierung des Bohrlochwiderstandes um 35% bei Verdoppelung der Wärmeleitfähigkeit des Verfüllmaterials. Die auftretende Differenz lässt sich durch zusätzliche
thermische Kontaktwiderstände erklären. Experimente mit Testsonden mit maximalen Rohrabstand (D = 120 mm, Sondenaußendurchmesser 155 mm) ergaben eine
weitere Reduzierung des Bohrlochwiderstandes um ca. 30%. Die Effekte durch Vergrößerung des Schenkelabstands und Verwendung eines optimierten Verfüllmaterials sind additiv, d.h. bei den hier durchgeführten Versuchen ergab sich eine maximale Reduzierung des Bohrlochwiderstandes um nahezu 50%.
Im Feldexperiment konnte aufgrund der Verwendung des thermisch optimierten Ver®
füllmaterials ThermoCem und der Maximierung des Schenkelabstands eine Reduzierung des Bohrlochwiderstands von 40% im Vergleich zu einer Standardanordnung
erreicht werden (s. Kap. 8.5). Damit bestätigt das Feldexperiment die Ergebnisse der
Labor- und Feldversuche.
Wenig Einfluss auf die technische Effizienz und Wirtschaftlichkeit hat die Wahl des
Rohrmaterials. Bei Anwendungen im Temperaturbereich unter 40°C sind Rohre aus
HD-PE am kostengünstigsten. Für höhere Temperaturen sind Rohre aus PB oder
Verbundmaterial im wesentlichen gleichwertig bezüglich ihrer thermischen Eigenschaften und Kosten. Allerdings sind unter Einhaltung der Sicherheitsanforderungen
auch Aspekte der werkseitigen Vorfertigung der Sonde, der Handhabbarkeit und
damit auch des Zeitaufwandes bei der Einbringung zu berücksichtigen. Hinsichtlich
dieser Aspekte zeigte das hier verwendete UNIPIPE-Verbundrohr Verbesserungen
auf.
Generell ist beim Betrieb einer Erdwärmesonde auf eine ausreichend hohe Durchflussgeschwindigkeit zu achten. Wird sie zu niedrig gewählt, vermindert sich der
Wärmeübertrag vom Fluid zum Rohr aufgrund sich einstellender laminarer Strömungsverhältnisse und gleichzeitig verstärkt sich der Kurzschluss-Effekt aufgrund
der größeren Verweilzeit des Fluids im Rohr drastisch (s. Kap. 5.3).
122
[mKW-1 ]
the rmischer
Bohrlochwiderstand Rs
0.3
db = 120 mm
db = 150 mm
db = 220 mm
optimierter Verfüller + max. Schenkelabstand
max. Schenkelabstand
w orst case
λ = 0.8 Wm-1K-1, D = 92 mm
0.2
0.1
0.0
-50
-25
0
25
50
75
100
proze ntuale Koste nände rerung be zoge n
auf die Koste n für e ine
Standard-Erdwärme sonde [%]
225
db = 120 mm
200
db = 150 mm
[Wm ]
db = 220 mm
175
optimierter Verfüller + max. Schenkelabstand
-1
Übertragungsleistung Qu
Abbildung 62: Funktionaler Zusammenhang zwischen den berechneten Werten des
thermischen Bohrlochwiderstandes und den dazugehörigen Kostenänderungen für
bautechnische Maßnahmen (Änderung des Bohrlochdurchmessers db, des Verfüllmaterials, des Schenkelabstandes) bezogen auf eine Standard-Erdwärmesonde mit
Schenkelabstand D = 92 mm, Wärmeleitfähigkeit des Verfüllmaterials 8 = 0.8 Wm
1 -1
K und einem Bohrlochdurchmesser von db = 150 mm.
max. Schenkelabstand
150
w orst case
λ = 0.8 Wm-1K-1, D = 92 mm
125
100
∆T = 60°C
75
-50
-25
0
25
50
75
100
proze ntuale Koste nände re rung be zoge n
auf die Koste n für e ine
Standard-Erdwärme sonde [%]
Abbildung 63: Abb. 62 entsprechender funktionaler Zusammenhang für die Wärmeübertragungsleistung QU bei 40 m Sondenlänge und einer Temperaturdifferenz
von )T = 60°C zwischen Vorlauf und Erdreich (T = 10°C).
In Abbildung 62 ist nun der Zusammenhang zwischen der mit einer bautechnischen
Maßnahme verbunden Kostenänderung (prozentuale Erhöhung oder Erniedrigung)
6
und dem thermischen Bohrlochwiderstand dargestellt . Normativ (Kostenänderung =
0) bildet dabei der installierte Meter einer Erdwärmesonde mit einem Schenkelab6
Die Ergebnisse entsprechem im wesentlichem den bereits in Kap. 5.5 diskutierten Fällen.
123
stand D = 92 mm, Wärmeleitfähigkeit des Verfüllmaterials 8 = 0.8 Wm K
nem Bohrlochradius von db = 150 mm.
-1 -1
und ei-
Abbildung 63 zeigt die entsprechende Auftragung für die für eine Temperaturdifferenz von )T = 60°C resultierende Übertragungsleistung. Dabei wurde bei der Berechnung angenommen, dass sich die Sonde im Zentrum eines Erdreichzylinder mit
einem Radius von 1.5 m befindet. Bei den dargestellten Werten der relativen Kostenänderungen ist zu beachten, dass diese nicht generell gültig sind und im konkreten Einzelfall Abweichungen auftreten können. Die Größenordnungen dürften aber in
der Mehrzahl aller Fälle korrekt sein.
Die Kosten für den Sondenmeter werden entscheidend von den Bohrkosten bestimmt. Deutlich sichtbar ist, dass ein Bohrradius mit db = 220 mm in den betrachteten Fällen aufgrund der damit verbundenen Bohrkosten als unwirtschaftlich zu erachten ist. Für den Bohrlochdurchmesser db = 150 mm zeigt sich, dass der Bohrlochwiderstand durch Vergrößerung des Schenkelabstands und Einsatz eines optimierten
-1 -1
Verfüllmaterials (8 = 1.6 Wm K ) um jeweils den gleichen Betrag reduziert bzw. entsprechend die Übertragungsleistung erhöht werden kann. Die Kostensteigerung liegt
dabei bei ca. 10% pro Sondenmeter.
Das wirtschaftlich und technisch effizienteste Maßnahmenbündel bei der Sondenoptimierung ist die Verwendung eines kleinen Bohrlochdurchmesser db = 120 mm in
Zusammenhang mit einem thermisch optimierten Verfüllmaterial und maximalen
Schenkelabstand. Man erreicht damit Bohrlochwiderstände bzw. Übertragungsleistungen, welche sich nur geringfügig von denen unterscheiden, welche man bei Verwendung größerer Bohrungen erhält. Für diesen kleinen Bohrlochdurchmesser entspricht der angenommene Standard-Schenkelabstand D = 92 mm außerdem bereits
nahezu dem unter Beachtung guter Einbringung maximal möglichen.
9.3 Bewertung des Standorts Greußenheim und des Potentials für Erdsondenwärmespeicher
Der Standort Greußenheim stellt einen guten, repräsentativen Standort dar. Hervorzuheben ist die geringe Durchlässigkeit des Gesteins, die konvektiven Wärmeabtransport ausschließt. Positiv macht sich weiterhin die für den geplanten Speicher
gut ausreichende Mächtigkeit des Speicherhorizonts „Obere Röttone“ bemerkbar.
Die Bohrbarkeit des Gesteins erwies sich als gut, was in entsprechenden Gesteinen
nicht notwendigerweise zu erwarten war.
Insgesamt ist der Speicherstandort Greußenheim deutlich in das obere Drittel der
prinzipiell gut geeigneten Gesteine bzw. Standorte einzuordnen. Die zu erwartenden
Messergebnisse von einem EWS-Forschungsspeicher Greußenheim sind mit großer
Wahrscheinlichkeit auf die weitaus meisten der in Deutschland realisierbaren EWSS
übertragbar. Bei dem Speichermaterial handelt es sich um ein nahezu undurchlässiges Festgestein, das konvektiven Wärmetransport, sei es in der flüssigen oder in der
gasförmigen Phase praktisch nicht zulässt. Man hat es also mit reinen Wärmeleitungsprozessen zu tun, die mit den geplanten Messsonden erfasst und ausgewertet
werden können.
Damit unterscheiden sich die Verhältnisse nicht von denen, die in 90% der anderen,
in Deutschland vorkommenden, prinzipiell für EWSS geeigneten Gesteine, vorliegen.
Die thermischen Parameter liegen in der Mitte der Bandbreite, so dass keine außer124
gewöhnlichen Effekte zu erwarten sind. Insofern erscheint der Standort Greußenheim aus geologischer Sicht als gut für einen Forschungsspeicher geeignet.
Das zukünftige technische Potential für den Einsatz von Erdwärmesonden bzw. Erdwärmesondenspeichern lässt sich nur bedingt quantitativ abschätzen. Es wurden
verschiedene Anwendungsgebiete für derartige Systeme in Erwägung gezogen, die
im Bereich der solaren Nahwärmesysteme, der Kraft-Wärme-Kopplung mit BHKW,
der Industrieabwärme sowie verschiedener weiterer Erdsondenanwendungen zu finden sind. Dabei zeigte sich, dass allein in den beiden erstgenannten Gebieten der
solaren Nahwärmesysteme und BHKW-Anwendungen das technische Potential für
Erdwärmesondenspeicher bei rund 9000 Anwendungen liegt. Hinzu kommen zahlreiche Einsatzpotentiale aus den anderen betrachteten Bereichen die jedoch nicht
zahlenmäßig erfasst werden konnten. Für die Umsetzung dieses Potentials, also für
die tatsächliche Realisierung, spielen weitere Gesichtpunkte eine entscheidende
Rolle. Dazu zählen die geologischen Randbedingungen. Ausschlaggebend für eine
Anlagenrealisierung werden aber in erster Linie wirtschaftliche Aspekte sein. In dieser Hinsicht besteht bei der Weiterentwicklung und Optimierung der Erdwärmesondentechnik ein besonderer Schwerpunkt für die Forschungs- und Entwicklungsarbeit.
Mit der Perspektive von langfristig steigenden Energiepreisen wird mit derartigen
Techniken und Systemen, die zu einer Primärenergieeinsparung führen, in Zukunft
eine zunehmende Wirtschaftlichkeit verbunden sein.
9.4 Forschungs- und Entwicklungsrelevanz
Im Rahmen des 9. Internationalen Sonnenforums wurde auf die Relevanz bautechnischer Verbesserungen für kleine (5000 bis 10000 m³) und mittlere (10000 bis
30000 m³) Erdwärmesonden-Speicher hingewiesen (Fisch et al., 1994). Zur Zeit
steht kein Hochtemperatur-Erdwärmesonden-Speicher mit kleinem Volumen für
Langzeitmessungen zur Verfügung. Es besteht somit Bedarf an weiteren Pilotspeichern für verschiedene Anwendungen, um Verbesserungen an den Speichersystemen und ganz besonders eine Senkung der Baukosten zu erreichen.
Das langfristige Ziel eines wirtschaftlichen Betriebs macht die Reduzierung der Baukosten von Erdwärmesonden-Speichern nötig (IF Technology, 1995). Ein gewisses
Potential zur Kostensenkung liegt in der Standardisierung der Bautechnik und in der
Optimierung der eingesetzten Materialien. Gleichzeitig muss eine Steigerung der
Speichereffektivität erreicht werden, die bei kleinen und mittleren Langzeitwärmespeichern, aufgrund ihrer ungünstigen Geometrie und damit höheren Wärmeverluste, niedriger ist, als bei großen Speichern. Grundlage für das Erkennen eines Optimierungspotentials bilden hier das Verständnis der zum Teil komplexen Wärmetransportvorgänge und die Möglichkeit, auf validierte Simulationsprogramme zurück
greifen zu können. In Abbildung 64 sind die Forschungs- und Entwicklungsziele
nochmals übersichtsartig dargestellt.
125
Erhöhung
der
Wirtschaftlichkeit
Reduktion
der
Baukosten
Optimierte
Planung
Erhöhung
der
Speichereffizienz
Material- und Kom- Standardiponentenoptimie- sierung der
rung
Technik
Abbildung 64: Darstellung der wichtigsten Forschungs- und Entwicklungsziele.
F&E-Bedarf im Bereich „Material- und Komponenten-Optimierung“
Der Speicherwirkungsgrad kann durch Verbesserung der Wärmeübertragung im Bereich der Erdwärmesonde erhöht werden. Für Erdwärmesonden-Speicher (z. B. bis
10000 m³) mit höheren Speichermitteltemperaturen ist neben einer optimierten Einbindung des Speichers in das Anlagensystem eine optimierte Sondenkonstruktion
besonders wichtig, um trotz höherer Wärmeverluste akzeptable Speichernutzungsgrade zu erreichen. In diesem Zusammenhang sind vor allem Verfüllmaterialien mit
höherer Wärmeleitfähigkeit und neuartige Sondenrohre aus Mehrschichtverbundkunststoffen zu untersuchen und auf der Basis von Langzeiterfahrungen weiterzuentwickeln. Weiterhin ist es wünschenswert thermische Widerstände zwischen der
Grenzschicht von Rohraußenwand und Verfüllmaterial durch eine Materialoptimierung zu minimieren. Die Wärmeleitfähigkeit des Rohrmaterials sollte möglichst hoch
sein. Grundsätzlich besteht deshalb hinsichtlich der Verbesserung von Sondenkonstruktion und thermischer Anbindung an das Erdreich weiterer F&E-Bedarf.
F&E-Bedarf im Bereich „Standardisierung“
Durch eine Standardisierung der Baumaterialien werden im Sinne eines Qualitätsmanagements Mindestanforderungen erfüllt und Fehlprojektierungen vermieden. In
diesem Zusammenhang sind Richtlinien in Abstimmung mit internationalen und nationalen Arbeitsgruppen (International Energy Agency, Annex 12 und Annex 13, DINNormenausschuss) zu erarbeiten und optimierte Materialien für die Installation von
Erdwärmesonden den ausführenden Firmen zur Verfügung zu stellen.
126
Neue Verfahren für den Einbau von Erdwärmesonden können zu kürzeren Erstellungszeiten und somit zur Kostenreduktion beitragen. Insbesondere werkseitig vorgefertigte Sonden, die nach einem maschinell unterstützten Standardverfahren zuverlässig und schnell eingebracht werden, versprechen gleichbleibende Qualität und
schnelle Einbauzeiten. Diese ließen sich beim Bau eines Forschungsspeichers anwenden und die Reproduzierbarkeit der Sondenqualität beispielsweise mittels eines
serienmäßigen Thermal-Response-Testes überprüfen.
Weiterhin ist es wünschenswert, schelle zuverlässige und standardisierte Messmethoden (z.B. schnelle Thermal Response Tests) für die Überprüfung von Erdwärmesonden zu entwickeln. Derzeit bewegen sich die Messzeiten im Bereich von mehreren Tagen.
F&E-Bedarf im Bereich „Planung“
Um eine optimale Planung von Erdwärmesonden-Speichern zu gewährleisten, muss
ein möglichst umfangreiches Verständnis über das Speichersystem selbst und über
dessen Integration in ein Wärmeversorgungssystem verfügbar sein.
Neben der Sondenkonstruktion hat der Wärmetransport im Untergrund selbst einen
erheblichen Einfluss auf das Betriebsverhalten des Speichers. Wie bereits erwähnt,
kann es im Lockergestein, insbesondere in der ungesättigten Bodenzone bei höheren Temperaturen zu Feuchtetransportprozessen durch Temperaturgradienten
kommen. Die Umgebung der Erdwärmesonde trocknet aus und die Wärmeleitfähigkeit des Untergrunds nimmt ab. Hierbei handelt es sich um einen längerfristigen Prozess, der sich über mehrere Lade-/ Entladezyklen erstreckt. Erste Untersuchungen
zu diesem Thema wurden von der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik (Weihenstephan) an dem Speicher in Neckarsulm durchgeführt. Hier besteht noch erheblicher Untersuchungsbedarf, insbesondere unter realen Einsatzbedingungen für unterschiedliche Speichergrößen, Betriebstemperaturen und geologische Bedingungen. Die hierfür erforderliche Messtechnik und Erfahrungen liegen bei der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik vor.
Die Wechselwirkung der einzelnen Systemkomponenten innerhalb eines Nahwärmeversorgungsnetzes ist komplex. Speziell sind Änderungen im Speicheraufbau und
in der Regelungs- u. Steuerungsstrategie für den Speicher nicht in einfacher Weise
mit dem Systemverhalten korrelierbar. Wichtige Fragen in diesem Zusammenhang
betreffen vor allem folgende Aspekte:
• Speicherbe- und entladung
Wie wirkt sich eine „geschichtete“ Be- bzw. Entladung des Speichers mit mehreren Einspeise- bzw. Entnahmepunkten auf das Speicherverhalten aus? In welchen Fällen kann eine solche „Schichtung“ sinnvoll bzw. besonders vorteilhaft
sein? Wie sieht das Kosten-Nutzen Verhältnis für einen so optimierten Anlagenbetrieb bei zusätzlichem Aufwand für Hydraulik und Steuerung / Regelung aus?
• Sondenanordnung
Welche Änderungen ergeben sich im Speicherverhalten zwischen paralleler und
rotationssymmetrischer Speichergeometrie bei sonst gleichen Randbedingungen? Wie ist die Auswirkung einer Variation des Sondenabstands auf die Sys127
temeffizienz für verschiedene Anwendungsfälle (Kurz- oder Langzeitspeicherung,
Zyklenzahl, Temperaturniveau der Speicherung)?
• Festlegung der Betriebsgrenzen
Wie ist das Betriebsverhalten des Speichers unter Betriebs-Grenzbedingungen
(maximaler / minimaler Massenstrom, Übertragungsleistung)?
• Systemintegration
Welche Unterschiede ergeben sich im Speicherverhalten zwischen Direktbetrieb
und Anbindung über eine Wärmepumpe? Wie ist das Betriebsverhalten der Erdwärmesonden bei Nutzung als Hybridspeicher für kombiniertes Heizen und Kühlen?
Besonders wichtig im Planungsbereich – insbesondere für große und komplexe
Wärmeversorgungssysteme mit Erdwärmesondenspeichern – ist außerdem die Verfügbarkeit zuverlässiger und validierter Rechenmodelle (z.B. TRNSYS, DST). Dabei
müssen die Gültigkeitsbereiche der jeweiligen Rechenmodelle klar definiert sein.
Projekt „Erdwärmesondenspeicher Greußenheim“
Alle vorgenannten Punkte haben zur Konsequenz, dass entwickelte Verfahren, Materialien und Produkte unter realistischen, praxisnahen Bedingungen überprüft und
getestet werden müssen. Dabei ist es sinnvoll, diese Erfahrung an einem wohl bekannten System zu gewinnen. Es ist deshalb die Errichtung eines für F&E-Vorhaben
geeigneten Erdwärmesonden-Speicher in Greußenheim zu befürworten. Diese Einrichtung würde eine sehr variable Betriebsführung und damit eine Untersuchung verschiedener Betriebsweisen ermöglichen. Dieses und die mit der Untersuchung neuer
Materialien verbundenen Risiken wären von den wirtschaftlichen Interessen eines
Betreibers eines Nahwärmeversorgungsnetzes getrennt. Die geologischen Verhältnisse am geplanten Speicherstandort in Greußenheim unterscheiden sich nicht von
denen, die in 90% der anderen, in Deutschland vorkommenden, prinzipiell für EWSS
geeigneten Gesteinen, vorliegen. Die thermischen Parameter liegen in der Mitte der
Bandbreite, so dass keine außergewöhnlichen Effekte zu erwarten sind. Insofern
erscheint der Standort Greußenheim auch aus geologischer Sicht als gut für einen
Erdwärmesondenspeicher geeignet.
Ein wesentlicher Nutzen des Erdwärmesondenspeichers sollte durch die projektbegleitende Diskussion und Öffentlichkeitsarbeit entstehen. Der Speicher kann anderen Arbeitsgruppen ebenso für ihre Arbeiten auf diesem Gebiet zur Verfügung gestellt werden, so dass eine breite Nutzung gewährleistet wird und durch die entstehende Zusammenarbeit Synergieeffekte nutzbar werden. Firmen könnten hier Demonstrationsobjekte vorstellen und Neuentwicklungen unter vergleichbaren Bedingungen testen. Der Forschungsspeicher sollte ebenso als Anschauungsobjekt für
regionale und überregionale Planer, Anlagenbauer und Bohrunternehmen dienen.
Gleichzeitig könnte der Forschungsspeicher als Anschauungsobjekt in Schulungen
und Weiterbildungsmaßnahmen herangezogen werden.
128
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Tabelle A1: Übersicht über die in Deutschland errichteten Erdwärmesondenspeicher
Tabelle A2: Auswahl von bestehenden Erdwärmesondenspeichern außerhalb
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136
Anhang A2:
Blatt 1: Schichtenverzeichnis und Sondenausbauplan für die StandardErdwärmesonde
Blatt 2: Schichtenverzeichnis und Sondenausbauplan für die optimierte Erdwärmesonde
137
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