Stellungnahme Snacks DGE

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Prof. Dr. Volker Peinelt
Ernährungswissenschaftliche Dienstleistungen in der Gastronomie GbR
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Stellungnahme zur Publikation
"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
Erstpublikation: 1.12.16 - Aktueller Stand: 18.2.17
Inhaltsverzeichnis
1. Inhalte der Publikation................................................................................................ 2
2. Hintergründe............................................................................................................... 2
2.1 Ursachen und Bewertung der neuen Essgewohnheiten...........................................................2
2.2 Einstellung zu Snackangeboten.................................................................................................3
2.3 Hausgemachte Ursachen für die Hinwendung zu Snacks..........................................................4
2.4 Mögliche Alternativen zur Snackeinführung.............................................................................6
Fazit "Hintergründe"........................................................................................................................7
3. Ernährungsvorgaben für Snackangebote......................................................................7
3.1 Bewertung der Energievorgabe.................................................................................................7
3.2 Alternative für die Energievorgabe eines Snacks.......................................................................8
3.3 Vorgaben für Fett und Zucker....................................................................................................9
3.4 Weitere Vorgaben......................................................................................................................9
Fazit "Ernährungsvorgaben"..........................................................................................................12
4. Allgemeine Vorgaben für ein Snackangebot...............................................................12
4.1 Essgewohnheiten.....................................................................................................................13
4.2 Preisgestaltung.........................................................................................................................13
4.3 Religion/Ethik...........................................................................................................................14
4.4 Vollwertigkeit...........................................................................................................................14
4.5 Vielfalt und Abwechslung........................................................................................................15
4.6 Sättigung..................................................................................................................................15
4.7 Kalt- und Warmspeisen............................................................................................................16
4.8 Komponenten des Mittagessens.............................................................................................16
4.9 Snackportionsgröße.................................................................................................................17
Fazit "Vorgaben"............................................................................................................................17
5. Bewertung der Rezept-Datenbank..............................................................................18
5.1 Suche von Snacks.....................................................................................................................18
5.2 Nährwertgehalte von Snacks...................................................................................................19
5.3 Speisenpläne............................................................................................................................20
Fazit "Rezept-Datenbank"..............................................................................................................20
6. Gesamtfazit............................................................................................................... 21
1
Prof. Dr. Volker Peinelt
18.2.17
1.
Stellungnahme zur Broschüre
"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
Inhalte der Publikation
Die DGE hat im Januar 2016 eine Publikation zu Snacks in Schulen 1 herausgegeben. Diese Publikation ist in den Rahmen der Qualitätsstandards der DGE für die Schulverpflegung 2 eingebunden ("Schule+Essen=Note 1"). Sie wendet sich an die Schüler 3 der weiterführenden Schulen, da die Grundschüler noch weitgehend klassisch essen und daher noch kein Snackangebot
benötigen. Die Broschüre besteht aus vier Hauptpunkten:
a) Hintergründe und Ziel
b) Verpackung & Lebensmittelkennzeichnung
c) Gestaltung des Snackangebots
d) Rezepte
Mit dem Hintergrund wird auf die Bedeutung der Verpflegung für die Leistungsfähigkeit und
das Essverhalten von Jugendlichen eingegangen. Daraus wird die Notwendigkeit abgeleitet,
eine spezielle Definition für Snacks zu erarbeiten. Die Empfehlungen für Snacks sollen die
Standards für das Mittagessen ergänzen. Ziel ist die Unterstützung der Verantwortlichen für
die Verpflegung in Schulen. Der eigentliche Begriff, ein Snack, wird kurz definiert. Es wird dargestellt, wo er angeboten werden kann. Das klassische Mittagessen soll dadurch nicht ersetzt
werden.
Ein Snackangebot wird bzgl. der Nährstoffempfehlungen und der Verwendung von Zutaten in
Teil 2 der Broschüre konkretisiert. Hier wird u.a. der Energieanteil des Tages und der Fettanteil beschrieben. Ferner werden Mindestmengen für Obst und Gemüse sowie unerwünschte
Zutaten festgelegt. Zusätzlich werden Anforderungen für das Angebot von Snacks über einen
bestimmten Zeitraum formuliert. Hierzu gehören Hinweise über den Fettgehalt von Milchprodukten, den Anteil vegetarischer Gerichte am Gesamtangebot, den Vollkorn-Anteil an den Getreideprodukten sowie über eine wünschenswerte Abwechslung.
Mit dem Angebot von Snacks werden Probleme mit Verpackungsmüll gesehen, weshalb Hinweise gegeben werden, wie dieser einzudämmen ist. Hierzu wird in Teil 3 relativ ausführlich
auf Vorgaben der Kennzeichnung nach der Lebensmittelinformations-VO (LMIV) eingegangen.
Zur Gestaltung der Snack-Rezepte wird in Teil 4 auf eine Rezept-Datenbank verwiesen, wo geeignete Rezepte vorhanden sein sollen, die im Internet frei verfügbar sind.
Nachfolgend werden die verschiedenen Aspekte der Broschüre kommentiert.
2.
Hintergründe
2.1
Ursachen und Bewertung der neuen Essgewohnheiten
Die Essgewohnheiten Jugendlicher entfernen sich schon seit längerem von den klassischen
drei Hauptmahlzeiten. Hierfür sind zahlreiche Faktoren verantwortlich, u.a. das jugendgerechte Angebot von Fast-Food-Restaurants mit ihrem unkonventionellen und medienaffinen
Ambiente (Stichwort: WLAN-Anschluss) oder die Orientierung an den Peergroups. Diese und
andere Aspekte werden in der Broschüre der DGE gut und nachvollziehbar dargestellt.
Das zunehmende Angebot von Snacks bei Jugendlichen sollte aber auch kritisch hinterfragt
und nicht als gegeben hingenommen werden. Hierbei wäre zu prüfen, ob eine solche Entwick1
2
3
DGE (Hrsg): Snacks an weiterführenden Schulen. 1/2016, 22 S., DGE e.V., Bonn, www.in-form.de
DGE (Hrsg): Qualitätsstandards für die Schulverpflegung. 4. Auflage 11/2014, 56 S., DGE e.V., Bonn
Es sind grundsätzlich beide Geschlechter gemeint. Aus Vereinfachungsgründe wird nur die männliche Form verwendet.
2
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"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
lung überhaupt gutzuheißen ist und ob im Rahmen der Schulverpflegung Snack-Angebote unterbreitet werden sollten. Eine solche Hinterfragung von Snacks findet in der Broschüre nicht
statt. Die Schulen werden einfach nur aufgefordert, attraktive und auf die Bedürfnisse der Jugendlichen zugeschnittene Snacks anzubieten (Quelle 1, S. 7).
Eine Zustimmung oder Ablehnung von Snackangeboten setzt zunächst voraus, dass das aktuelle Snackangebot ernährungswissenschaftlich bewertet wird. Eine solche Bewertung müsste
überwiegend negativ ausfallen, da die meisten Zutaten üblicher Snacks minderwertig sind. Mit
den Fleisch-, Wurst- und Backwaren, den Süßigkeiten und Knabberartikeln werden i.d.R. zu
viel Fett, Zucker sowie Weißmehlprodukte und zu wenig empfohlene Zutaten wie u.a. Gemüse,
Vollkornprodukte, fettarme Milchprodukte aufgenommen. Hierbei gibt es geschlechtsbezogene Unterschiede, wobei Mädchen eher gesundheitsbewusst essen. In einer Analyse hätte näher darauf eingegangen werden können, welche Produkte in welchem Umfang als Snacks gegessen werden, um das Ausmaß des Fehlverhaltens und die Bedeutung für die Schule erkennen zu können. Die wenigen Hinweise aus der "Nationalen Verzehrsstudie Teil II", die sich in
der Broschüre finden, reichen hierfür nicht aus.
Neben der Qualität der Snacks wären auch die Kauforte der Schüler für die Bewertung und für
die Konsequenzen in der Schule von Bedeutung. Können Schüler die Snacks in den Pausen außerhalb der Schule in den umliegenden Bäckereien, Metzgereien oder Supermärkten kaufen
oder werden sie gar am normalen Kiosk oder über Baguette- oder Pizza-Wagen auf dem
Schulgelände bereitgestellt? Inwieweit werden derartige Snacks von zuhause mitgebracht
bzw. auf dem Weg zur Schule gekauft? Auf einige dieser Kauforte kann von der Schule Einfluss
genommen werden, z.B. auf das schulinterne Angebot von Snacks oder die Erlaubnis für PizzaVerkäufer auf dem Hof. Auch die Erlaubnis, das Schulgelände während der Pausen zu verlassen, sollte geprüft werden. Normalerweise ist das Verlassen unzulässig, gleichwohl wird diesem Verbot von vielen Schülern zuwider gehandelt. Hier besteht also häufig ein Kontrollproblem, was gelöst werden sollte.
2.2
Einstellung zu Snackangeboten
Mit Hilfe derartiger Informationen wären Ansätze für Korrekturen möglich. Hiermit fielen Entscheidungen leichter, z.B. ob Snacks überhaupt an der Schule angeboten oder welche Maßnahmen für eine Änderung des Angebots ergriffen werden sollten. Die Tatsache, dass Snacks von
Jugendlichen heutzutage verstärkt konsumiert werden, heißt ja nicht zwangsläufig, dass diese
Ernährungsgewohnheit einfach hinzunehmen oder womöglich noch in der Schule zu fördern
ist. Vielmehr könnte gerade in der Schule ein Ort gesehen werden, wo der Snackverkauf eingeschränkt oder sogar ganz unterbunden wird. Dies wäre v.a. dann eine sinnvolle Option, wenn
es sich um unerwünschte Produkte handelt. Die Schule hat die Aufgabe, ungünstige Ernährungsgewohnheiten weitgehend zu verhindern und ein wünschenswertes Essverhalten zu fördern. Eine solche Förderung wäre auch mit Snacks denkbar, wenn diese zusätzlich zu einer
hochwertigen Mittagsmahlzeit gut zusammengesetzt sind und attraktiv angeboten werden.
Damit könnte gezeigt werden, was unter wünschenswerten Snacks zu verstehen ist und dass
sie auch schmecken. Sowohl eine negative, als auch eine positive Einstellung zu Snacks wären
somit in der Schule denkbar.
Es geht also zunächst darum, eine gut begründete Einstellung zu den Snackangeboten zu entwickeln und daraus dann Maßnahmen abzuleiten. Neben der Bewertung der Qualität von
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"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
Snacks wäre auch ein Vergleich von wünschenswerten Snacks mit guten Mittagsmahlzeiten interessant und hilfreich. Ein solcher Vergleich würde nämlich zeigen, dass Mittagsmahlzeiten
gegenüber Snacks prinzipielle Vorteile aufweisen. Diese Vorteile leiten sich aus der größeren
Vielfalt der verwendeten Zutaten, deren leichter erzielbare hohe Qualität (z.B. größere Mengen an Gemüse) sowie der Kombinierbarkeit mit mehreren unterschiedlichen Speisen ab. Diese Eigenschaften von Mittagessen können in der Summe eher zu einer hohen Gesamtqualität
führen, ganz abgesehen von einer größeren Vielfalt und Abwechslung, was in einem Gutachten
belegt werden konnte4.
Daher sollte klar sein, dass komplette Mittagsmahlzeiten gegenüber Snacks zu bevorzugen
sind. Eine solche Aussage wäre für die Positionierung von Snacks wichtig und sollte daher in
einer Snack-Broschüre zu finden sein, um den Stellenwert der beiden Angebote beurteilen zu
können. Ein zunehmender Ersatz gut zusammengestellter Mittagessen durch Snacks, auch
wenn diese besser wären als die heute üblichen, führt insgesamt zu einer Verschlechterung
des Versorgungszustands der Schüler. Diese Erkenntnis kann dazu beitragen, das Snackimage
einzuordnen. Die Zunahme des Snackkonsums sollte auch deshalb hinterfragt werden, weil für
diese Entwicklung im Bereich der Schule hausgemachte Ursachen bzw. Versäumnisse vorliegen. Was ist schiefgelaufen? Wie hätte dem Trend begegnet werden können?
2.3
Hausgemachte Ursachen für die Hinwendung zu Snacks
Der Wunsch nach Snackangeboten außerhalb der Schule ist auch darauf zurückzuführen, dass
die klassischen Angebote des Mittagessens häufig unattraktiv sind. Dies ist in Deutschland v.a.
auf die weit verbreitete Warmverpflegung zurückzuführen – mit Heißhaltezeiten von nicht selten über vier Stunden. Diese Gerichte sind den Schülern kaum zumutbar, so dass ein Ausweichen nach draußen durchaus verständlich ist. Maximale Heißhaltezeiten sind in keiner Verordnung vorgeschrieben, und sie sind nur mit gutem Know-how sowie einem erhöhten finanziellen Aufwand deutlich zu reduzieren. Doch die finanzielle Ausstattung an den Schulen
ist gering, die Preise für das Mittagessen stehen unter erheblichem Druck, QM-Systeme fehlen
weitgehend und überhaupt ist die Professionalisierung im Bereich der SV meist unbefriedigend. Dies alles macht die schlechte Qualität nachvollziehbar.
Um die Qualität des Mittagessens zu verbessern, müsste der Staat für die Warmverpflegung
strenge Vorgaben u.a. für die Heißhaltezeiten und Temperaturen machen, deren Einhaltung
auch zu kontrollieren und ggf. zu sanktionieren wäre. Eine optimale Kontrolle ist im Grunde
nur durch eine gute Zertifizierung möglich, die regelmäßig wiederholt und für die Produktion
und die Behandlung der Speisen in der Schule selbst durchgeführt werden müsste. Eine Zertifizierung von Zentralküchen allein reicht nicht. Am ehesten wäre die Förderung von temperaturentkoppelten Produktionssystemen für das Schulessen erfolgversprechend. Leider erfolgt
dies trotz jahrelanger Forderungen einschl. konkreter Umsetzungsvorschläge von verschiedenen Seiten5 nicht.
Eine Weichenstellung zum Positiven deutet sich in letzter Zeit an, weil der Bund (BMEL) das
Nationale Qualitätszentrum (NQZ) installiert hat 6, das für eine Qualitätssicherung auf breiter
4
5
6
Peinelt V: Bewertung der Snacks in der Schulverpflegung im Vergleich zur Zusammensetzung von Mittagessen. Gutachterliche Stellungnahme
an den Landkreis Marburg-Biedenkopf, FB Schule und Gebäudemanagement, Im Lichtenholz 60, 35043 Marburg vom 6.10.2015
Hochschule Niederrhein: Profes. Dres. Peinelt und Wetterau, zahlreiche Artikel in Fachzeitschriften sowie Publikation von Fachbüchern seit
2005 (s. auch Quelle 7)
BMEL: Bundesernährungsminister Schmidt: Weichen für eine bessere Schulverpflegung sind gestellt. Pressemitteilung Nr. 118 vom 30.9.16.
4
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"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
Front sorgen soll. Die gesamte SV soll durch die Maßnahmen dieses NQZ erreicht werden. Allerdings steckt dieses Zentrum noch in den Kinderschuhen und die Ziele sind nur vage formuliert. Es ist nicht erkennbar und aus verschiedenen Gründen auch zweifelhaft, ob eine strenge
Qualitätssicherung auf allen notwendigen Ebenen damit erreicht werden kann, was ein gutes
Konzept notwendig machen würde. Das bisher bekannte Zertifizierungskonzept auf der Basis
des Qualitätsstandards der DGE weist zahlreiche Schwachstellen auf, was ausführlich beschrieben wurde7. Da der Standard selbst nur die Vorgaben für eine Prüfung sein kann, fragt
sich, inwieweit das gesamte Prüfkonzept der Zertifizierung der DGE verändert werden muss.
Abgesehen von einem Änderungsbedarf auf der konzeptionellen Seite ist zu bedenken, dass
die Länder die Zuständigkeit für die SV an den Bund abtreten müssten, wofür es zzt. keine Anzeichen gibt. Wenn es trotz dieser Zweifel gelingen würde, wirkungsvolle qualitätssichernde
Maßnahmen verbindlich zu installieren, könnte die Abwanderung der Schüler zu den schlechten Snack-Angeboten zumindest reduziert, leider wohl nicht ganz verhindert werden.
Neben der Einführung des optimalen Produktionssystems müssten auch gute Rezepturen, eine
ansprechende Präsentation der Speisen, ein attraktives Ambiete in den Schulen sowie eine
ausreichende Partizipation aller Betroffenen hinzukommen, um eine hohe Akzeptanz zu erzielen. Es wird im Laufe dieser Stellungnahme noch zu prüfen sein, inwieweit diese Broschüre in
Verbindung mit anderen Medien hierzu Brauchbares anzubieten hat. Ferner müssten die Angebote auf den Schulhöfen genauso wie das Verlassen des Schulgeländes in den Pausen verhindert werden. Dies wären nur die wichtigsten Maßnahmen, um eine höhere Attraktivität des
normalen Mittagsangebots zu fördern und die Hinwendung zu minderwertigen Snacks zu verringern.
Neben der Attraktivitätserhöhung muss auch über eine Verzehrspflicht nachgedacht werden,
die in vielen Ländern üblich ist. Mit dieser Pflicht zu einem vollwertigen Mittagessen wäre der
Wunsch, sich einen Snack außerhalb der Schule zu kaufen, erheblich geschmälert. Selbstverständlich setzt diese Verzehrspflicht voraus, dass die o.g. qualitätssteigernden Maßnahmen
durchgeführt worden sind. Deutschland weigert sich stattdessen beharrlich, diese Pflicht
einzuführen, was u.a. auch dem Föderalismus geschuldet ist.
Diese Maßnahmen müssten vom Staat sowie von den Schulen eingefordert werden, wobei für
die Schulträger Hilfestellungen bei der Umsetzung zu leisten wären. Erst wenn diese Maßnahmen Erfolg zeigen würden, könnte daran gedacht werden, Angebote für Snacks zu machen.
Einen solchen konsekutiven Ansatz verfolgt die Broschüre jedoch nicht. Die Empfehlung eines
Snackangebots in der Broschüre wird lediglich vom allgemein erhöhten Snack-Konsum abgeleitet. Empfehlungen für ein Snackangebot in Schulen sollten aber erst nach einer Analyse
der Probleme und der Abwägung möglicher Lösungsansätze gegeben werden. Hierbei sind die
Gegebenheiten in den Schulen zu berücksichtigen, weshalb die Ansätze nicht pauschal gültig
sein können. Sinnvoll wäre auch die Erarbeitung von Alternativen, falls Umsetzungsprobleme
auftreten.
Leider werden die hier angesprochenen Problemfelder nicht in der Broschüre der DGE thematisiert. Stattdessen wird am Anfang eine Kurzaufklärung über die positiven Wirkungen einer
vollwertigen Ernährung auf die Leistungsfähigkeit der Schüler gegeben, was bekannt sein sollte und daher eigentlich überflüssig ist. Es geht ja in der SV nicht um die Erkenntnis, dass eine
7
http://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2016/118-NQZ.html
Wetterau J, Peinelt V: K14. Zertifizierungen und Gütesiegel. In: Volker Peinelt und Jens Wetterau: Handbuch der Gemeinschaftsgastronomie.
Rhombos-Verlag Berlin, 2015, 2., überarb. und erweit. Aufl. 2016, Bd. 1, 790 S, S 298-346
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vollwertige Ernährung gut für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Schüler ist, sondern
um die Frage, wie Schüler dazu motiviert werden können, gesundheitsfördernde Angebote zu
wählen. Denn den Schülern ist eine gesunde Ernährung meist ziemlich gleichgültig.
2.4
Mögliche Alternativen zur Snackeinführung
Aufgrund der meist schlechten Qualität von Snacks in der SV spricht einiges für eine
Einschränkung dieses Angebots in Schulen. Dies setzt voraus, wie bereits dargelegt, dass die
Mittagsmahlzeiten attraktiv genug sind. Wenn alles beim Alten bleibt, wird eine Abwanderung
der Schüler zu alternativen, möglichst externen Angeboten kaum zu verhindern sein. Die
Schule sollte sich als Anbieter vollwertiger Speisen und als Bollwerk gegen schlechte EssGewohnheiten verstehen und dies als gesundheitlichen und gesellschaftlichen Auftrag an- und
wahrnehmen. Dies ist leider alles andere als selbstverständlich. Hierbei könnte die Kritik laut
werden, es sei naiv und unrealistisch und daher aussichtslos, sich gegen gesellschaftliche
Trends zu stellen und Snacks zu verbieten. Sollte die Schule daher Maßnahmen gegen Snacks
zugunsten einer Anpassung an den Mainstream besser unterlassen?
Immerhin gibt es beeindruckende Beispiele, wo sich Schulen gesellschaftlichen Trends verweigert haben, z.B. in Japan. Dort gibt es keine Snacks in den Schulen, auch keine Pausenverpflegung, sondern "nur" eine Mittagsverpflegung, allerdings von hoher Qualität, in Verbindung
mit einer vorzüglichen Ernährungsaufklärung. Der große Erfolg dieses Konzepts gibt dem
"System Japan" recht. Gäbe es dieses landesweit konsequent betriebene Ernährungskonzept
für Schüler nicht, würde die Versorgung der Japaner deutlich schlechter sein. Auch in Japan
gibt es ein weit verbreitetes Angebot von Junk Food, was es zu kompensieren gilt. Dies ist ein
wichtiges Ziel, das in die "Nationale Schulverpflegungsverordnung" Japans aufgenommen
wurde. Dies jedenfalls ist die Einschätzung eines namhaften Ernährungswissenschaftlers und
Kenners der japanischen Ernährungsgewohnheiten und speziell der SV in Japan, Prof. Dr. Yamamoto8. Das komplette Verbot von Snacks wäre also eine Alternative, mit der die Qualität des
Essens an Schulen gehoben werden könnte – immer unter der Voraussetzung einer hohen
Qualität des Mittagessens, wie dies in Japan der Fall ist 9.
Neben dieser Radikalmaßnahme könnte die Alternative auch in einem Zusatz-Angebot hochwertiger Snacks bestehen. Hiermit könnte beispielhaft gezeigt werden, wie gut zusammengesetzte Snacks aussehen sollten. Das scheint ja der Ansatz der DGE-Broschüre zu sein. Diese
Musterbeispiele könnten sich bis ins Privatleben erstrecken, wo eine bewusste Auswahl von
guten Snacks bei den Schülern zu fördern und eine Sensibilität für Qualität erreichbar wäre.
Allerdings muss bedacht werden, dass eine Aufwertung von Snacks auch dazu führen kann,
dass die Schüler sich von der Mittagsmahlzeit noch mehr abwenden, ein KannibalismusEffekt, den niemand wünschen kann. Schon allein aus Gründen der Finanzen darf das Mittagessen nicht heruntergefahren werden, da bei sinkender Teilnehmerzahl der Anteil der Fixkosten immer höher wird. Eine Verzehrspflicht könnte dies zwar verhindern, die aber nicht in
Sicht ist, da sie hierzulande eher als unzulässiger Zwang interpretiert wird.
8
9
Yamamoto, Shigeru: RD International Nutrition, Department of Food and Nutritional Sciences. Persönliche Mitteilungen vom 9.10.16, Tokyo
Peinelt V: Kann Deutschland von der Schulverpflegung in Japan lernen? Empfehlungen für eine Neuorientierung. Pro Business, 2012, 1. Auflage, 462 S. www.volker-peinelt.de/schulverpflegung/internationaler-vergleich/
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"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
Fazit "Hintergründe"
Als Grund für die Empfehlungen von Snacks werden die neuen Ernährungsgewohnheiten von
Jugendlichen genannt. Eine Analyse der Qualität von üblichen Snacks sowie des Beschaffungsverhaltens der Jugendlichen unterbleibt jedoch. Diese Ergebnisse wären eine gute Entscheidungsgrundlage für oder gegen Snacks. Es wird auch mit keinem Wort darauf eingegangen,
welche hausgemachten Gründe die Jugendlichen in die Arme der Anbieter minderwertiger
Snacks treiben, die zu entsprechenden Maßnahmen führen müssten. Das Angebot von Snacks
wird somit nicht ausreichend hinterfragt und begründet.
3.
Ernährungsvorgaben für Snackangebote
3.1
Bewertung der Energievorgabe
Zunächst fällt auf, dass der Begriff "Snack" nur sehr allgemein und kurz definiert wird, und
zwar als "kleines Gericht". Dieser Begriff wird nicht hergeleitet oder in eine Beziehung zu anderen Angeboten gesetzt. Ein Snack soll keine "klassische Menülinie" ersetzen, worunter ein
Tellergericht verstanden wird (s. S. 10). Das ist etwas anderes als ein komplettes Mittagessen,
das i.d.R. noch durch Vor- oder Nachspeisen ergänzt wird. Ein Mittagessen könnte daher auch
ein Menü sein, das umfangreicher ist als ein Tellergericht, jedenfalls ist es kein klar definiertes
Gericht. Das schließt den Umfang und somit den Ersatz eines Tellergerichts, ja selbst eines
kompletten Mittagessens, keineswegs aus.
Ein Snack wird mithilfe zahlreicher Kriterien definiert, beginnend mit dem Energiegehalt, auf
den zunächst eingegangen werden soll. Die DGE gibt als Größenordnung für ein Snack bis zu
20% des Tages an. Das entspricht bis zu 400 kcal. Eine Abgrenzung nach unten fehlt, so dass
nach dieser Definition ein Snack auch nur 5% der Tagesenergie enthalten könnte. In der Ernährungswissenschaft ist die kleinste Mahlzeit, eine Zwischenverpflegung (ZV), mit 10-15%
und ein Mittagessen in Schulen mit 25% (Viertelansatz) der Tagesenergie im Qualitätsstandard festgelegt worden. Üblicherweise gilt für ein Mittagessen der sog. Drittelansatz, also
33%. Die DGE hat für das Mittagessen in Schulen aber ausdrücklich nur den Viertelansatz vorgegeben – leider ohne dies zu begründen. Wenn mit dem Begriff des Snacks nun eine dritte
Kategorie eingeführt wird, so kann sie sich als "kleines" Gericht eigentlich nur zwischen der
ZV und dem Mittagessen ansiedeln. Dazwischen ist aber nicht mehr viel Platz, zumal die Grenzen beider Bereiche fließend sind. Oder soll der Snack die Speisen der ZV einschließen, also
eine Obermenge bilden? Doch ist es sinnvoll, diese bekannte Kleinmahlzeit zu ersetzen, zumal
dies mit keinem Wort erwähnt wurde? Wo und wie genau kann ein Snack also positioniert
werden?
Ausgehend von 10-15% der Tagesenergie (2.000 kcal) müssten für die ZV 200-300 kcal angesetzt werden, für das Mittagessen liegt der Zielbereich bei ca. 500 kcal (Sekundarstufe, definiert als Altersgruppe von 10-14 Jahren)10. Ein Snack findet nun mit bis zu 400 kcal dazwischen seinen Platz, reicht allerdings wegen fehlender Untergrenze in den Bereich der ZV hinein. Aber auch beim Mittagessen kann es zu Überschneidungen kommen: Angebote der ZV liegen nicht selten über 300 kcal (z.B. Salami-Baguettes oft weit darüber!) und ein komplettes
Mittagessen kann durchaus 400 kcal unterschreiten.
10
DGE (Hrsg): Qualitätsstandard für die Schulverpflegung. 4. Auflage 11/2014, 56 S., Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V., Bonn, hier: S. 22
7
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Wenn von Tellergerichten ausgegangen wird, sind für Vor- und Nachspeisen je ca. 100 kcal anzusetzen. Wird der Verzehr von nur einer der beiden Speisen unterstellt, so wäre der Energiegehalt des Tellergerichts bei 400 kcal anzusiedeln. Ein Tellergericht stellt somit die Obergrenze des Energiegehalts eines Snacks dar und könnte durch einen Snack ersetzt werden. Es sind
zwar laut Definition auch niederkalorische Snacks möglich, die allerdings in den Bereich der
ZV fallen, mit entsprechend niedriger Sättigungswirkung, aber auch mit geringerem Nährstoffgehalt. Die ZV deckt den unteren Bereich bis 15% ab. Somit geht es bei den Snacks nur um die
kleine Differenz von 5% darüber. Da auch Speisen der ZV häufig unterwegs gegessen werden
(z.B. belegte Brote, Joghurt, Obst), wird von dieser Kategorie auch die besondere Anforderung
für Snacks, nämlich die Mobilitätstauglichkeit, erfüllt.
Bei einem Snack fehlt ein Nachtisch, der ein Mittagessen meist abrundet und gerade bei Schülern sehr beliebt ist. Somit besteht in Verbindung mit einem geringeren Energiegehalt und Sättigungsgefühl erst recht die Gefahr, dass Schüler sich den süßen Kick sowie die fehlende Sättigung durch Naschereien am Kiosk oder außerhalb der Schule holen. Mit diesem Essverhalten
wäre die Versorgungsqualität gegenüber einem guten Mittagessen deutlich herabgesetzt. Leider sind die Autoren der Publikation auf dieses Problem nicht eingegangen.
3.2
Alternative für die Energievorgabe eines Snacks
Wie sich gezeigt hat, ist die Energiedefinition der DGE für einen Snack problematisch. Vor al lem aufgrund der fehlenden Untergrenze können Snacks so niederkalorisch sein, dass sie mit
der niedrigsten Verzehrseinheit gleichzusetzen sind, die zur ZV zu zählen ist. Auch ist es unbefriedigend, dass ausgerechnet für die Schule das Mittagessen nur 25% der Tagesenergiezufuhr
betragen soll. Dies ist umso problematischer, als die angesetzten 2.000 kcal für den Tag als
Durchschnittswert nur für 10-14jährige zu verstehen sind. Hiermit sind Schüler der Klassen
5-8 gemeint. Wünschenswert wäre hingegen, dass auch Schüler höherer Klassen, am besten
von der 9. bis zur 12. Klasse, zumindest der 9. und 10. Klasse, am Essen teilnehmen. Für diese
Altersklassen wäre aber ein Durchschnittswert von 2.300 kcal (Jungen und Mädchen) vorzusehen. Für den gesamten Bereich der Sekundarstufe müsste der Durchschnittswert somit höher veranschlagt werden, nämlich mit 2.150 kcal.
Unter Berücksichtigung, dass auch für die Schule der Drittelansatz für das Mittagessen
gewählt wird, wäre dies für die jüngeren Schüler ein Wert von ca. 670 kcal, für alle Schüler sogar von ca. 720 kcal, jedenfalls deutlich höher als der DGE-Ansatz aufgrund des Viertelansatzes mit nur 520 kcal. Würde hiervon wiederum der Energiegehalt eines Salates oder eines
Desserts von ca. 100 kcal abgezogen, so ergäbe sich ca. 570-620 kcal für das Tellergericht, mithin 25-30en%. Auf dieser Kalkulationsbasis könnte eine ganz andere Abstufung der verschiedenen Gerichtetypen aufgestellt werden:
1. Zwischenverpflegung:
10-15en%
200-300 kcal
2. Snacks:
15-25en%
300-550 kcal
3. Kompl. Mittagessen:
25-35en%
550-750 kcal
Mit dieser Definition besteht eine klare energetische Abgrenzung zwischen den verschiedenen
Gerichtetypen. Ein als Snack definiertes und ausgelobtes Gericht liefe nicht mehr Gefahr, zu
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energie- und nährstoffarm zu sein, hätte aber andererseits das Potenzial, als einigermaßen geeigneter Ersatz für ein Mittagessen zu fungieren, als das es von vielen verstanden und konsumiert wird (s. Kap. 4). Dennoch besteht noch ein Unterschied zu einem kompletten Mittagessen, der sich nicht nur auf den Energiegehalt reduzieren lässt. Hier spielen u.a. der Nährstoffgehalt, das Sättigungsgefühl oder die Möglichkeiten für Vielfalt und Abwechslung hinein.
3.3
Vorgaben für Fett und Zucker
Außer für die Energie werden noch konkrete Nährwert-Vorgaben gemacht, u.a. beim Fettgehalt (<30en%11) sowie beim Zucker (<10en%). Während die Grenze für den Fettgehalt dem international üblichen Referenzwert für diesen Nährstoff entspricht 12, gibt es einen solchen
Grenzwert für Zucker nicht, den die DGE immer abgelehnt hat. Stattdessen ist nur von einem
"moderaten Umgang" die Rede13. Im Unterschied hierzu hat die WHO schon vor Jahrzehnten
einen Wert von <10en% empfohlen, der 2015 noch einmal verschärft und auf <5en% reduziert wurde14. Neuerdings hat die DGE in einem Positionspapier diesen WHO-Wert für den Zucker zwar genannt, ihn allerdings nicht übernommen, sondern eine erhebliche Zurückhaltung
an den Tag gelegt, da angeblich keine ausreichende Evidenz besteht 15. Jedenfalls gilt der
Grenzwert für den Tag und bezieht den Zucker von Obst, Gemüse und Milch nicht mit ein.
Der Ausschluss dieser Speisen bei der Zuckeranrechnung wird aber in der Snack-Broschüre
nicht deutlich. Dort ist bei den Kriterien nur von "Zucker" die Rede. Im o.g. Positionspapier der
DGE wird jedoch der WHO-Bezug auf den zugesetzten Zucker ausdrücklich erwähnt, ohne
dass klar wäre, dass sich die DGE diese Interpretation zueigen macht. Was ist denn nun gemeint? Soll der gesamte Zucker angerechnet werden oder doch nur der zugesetzte?
Ferner ist zu fragen, warum ein Zucker-Grenzwert überhaupt auf ein kleines Gericht angewendet werden soll, da die Bezugsgröße ein Tag ist. Für andere Einheiten, z.B. die Hauptmahlzei ten, insbesondere das Mittagessen oder die Zwischenverpflegung, wird ja auch kein Grenzwert
definiert. Beim Mittagessen wäre er sogar sinnvoller, da eine Portion eines Mittagessens größer ist als ein Snack und somit auch mehr Zucker aufgenommen werden könnte. Außerdem
besteht ein Mittagessen des öfteren aus Süßspeisen oder schließt häufig Desserts ein, so dass
i.d.R. von einem höheren Zuckergehalt als bei Snacks ausgegangen werden muss.
Die Zuckergrenze nur für Snacks festzulegen, erscheint daher inkonsequent. Bei der Festlegung der Zuckergrenze ist zu bedenken, dass dann auch beliebte Süßspeisen, z.B. Reisbrei mit
Apfel, die aufgrund der Verwendung von Milch und Obst durchaus als wertvoll einzustufen
sind, durch das Raster fallen, denn sie enthalten meist mehr als 10en% zugesetzten Zucker
(Beispiele finden sich im BLS16). Dies ist daher nicht wünschenswert.
3.4
Weitere Vorgaben
Weitere Kriterien, die ein "gesundheitsfördernder Snack" erfüllen soll, sind in der Verwendung oder der Meidung verschiedener Zutaten zu sehen.
11
12
13
14
15
16
en%=Energieprozent=Anteil der Energie des Nährstoffs an der Gesamtenergie
D_A_CH: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. 2. Auflage, 1. Ausgabe (2015), Umschau Braus Verlag, Ffm
D_A_CH: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. 1. Auf lage von 2000, Umschau Braus Verlagsgesellschaft, Ffm, S. 60
World Heath Organization (WHO): Healthy diet. Fact sheet No.394, September 2015, S. 4
Position der DGE: WHO-Guideline (2015): Sugars intake for adults and children. 7.4.2015.
www.dge.de/fileadmin/public/doc/ws/position/DGE-Position-WHO-Richtlinie-Zucker.pdf
BLS=Bundeslebensmittelschlüssel, bearbeitet und herausgegeben vom Max-Rubner-Institut, Karlsruhe
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Prof. Dr. Volker Peinelt
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Stellungnahme zur Broschüre
"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
Die Forderung, dass jeder Snack mind. 40 g Obst oder Gemüse enthalten soll, stellt eine
Einschränkung der Vielfalt von Snacks dar. Auch bei der Verwendung von z.B. Vollkornmehl
und fettarmen Molkereiprodukten, ohne Obst und Gemüse, wären solche Snacks als hochwertig aufzufassen. Obst und Gemüse sind natürlich sehr zu empfehlen, müssen jedoch für ein
hochwertiges Angebot nicht jeder Rezeptur "aufgedrängt" werden. Wichtig ist der definierte
niedrige Fettgehalt, um eine hohe NSD zu erreichen. Die angegebene Mindestmenge von 40 g
Gemüse entspricht im Übrigen nur einem Fünftel der Menge eines Mittagessens, obwohl der
Umfang eines Snacks mit zulässigen 400 kcal bis zu 80% des Energiegehalts eines Mittagessens für weiterführende Schulen entspricht. Würden die Vorgaben beim Gemüse für das Mittagessen auf Snacks übertragen, müssten ~160 g verlangt werden. Hier besteht also eine Inkonsequenz. Es würde aber schon reichen, wenn eine Aussage über das gesamte Angebot
gemacht wird, indem z.B. eine durchschnittliche Menge statt einer Mindestmenge pro Snack
angegeben wird. Auch die Anforderung bzgl. des Anteils vegetarischer Snacks für das Gesamtangebot könnte mit konkreten Empfehlungen für Gemüse/Obst gekoppelt werden.
Ähnliches trifft für die Verwendung von frischen oder TK-Kräutern zu. Hier ist gegen die Verwendung von hochwertigen Gewürzen statt Kräutern kaum etwas einzuwenden. Kräuter dienen wie Gewürze primär der Erfüllung sensorischer Anforderungen. Der Nährstoffgehalt ist
sekundär, zumal es ja auch nur um sehr kleine Mengen geht. Wichtig wäre, den Salzgehalt zu
beschränken, wozu aber bei den Kriterien leider nichts ausgesagt wird. Entscheidend ist also
hierbei nicht so sehr der Gehalt an Nährstoffen, sondern die attraktive Würzkraft sowie eine
appetitliche Optik, um die Schüler zum Verzehr zu "verführen". Ein guter Geschmack ist im
Übrigen auch durch geeignete Garverfahren erzielbar.
Diese Einzelaussagen werden noch ergänzt durch Häufigkeitsangaben vegetarischer Angebote und dem Vollkornanteil bei Getreideprodukten von jeweils 50%. Beides ist zu unterstützen, wenngleich die Realisierungschancen beim Anteil der Vollkornspeisen als schwieriger
einzuschätzen sind als beim vegetarischen Anteil. Ein Mischmehl bei den Backwaren mit einer
Typenzahl von etwa 1000 wäre schon für eine bessere Ernährung sehr hilfreich und würde
auch eher auf Zustimmung stoßen. Es wäre also wichtiger, auf Weißmehlprodukte zu verzichten und durch die o.g. Backwaren mit mittlerem Ausmahlungsgrad zu ersetzen, als die schwer
zu realisierenden Vollkornbackwaren zu einem so hohen Anteil zu fordern. Derartige Anforderungen sollten sich immer auch an der Praktibilität orientieren. Ziel sollte sein, zunächst Zwischenstufe zu erreichen, um von dort ausgehend ein optimales Angebot zu realisieren. Etwas
mehr Flexibilität bei den Anforderungen wäre also zu empfehlen.
Ferner wird gefordert, dass das Angebot abwechslungsreich ist und aus saisonalen Produkten besteht, wobei auch ökologische, regionale und soziale Aspekte zu berücksichtigen sind
(Bio und Fair-Trade). Diese Anforderungen sind sehr allgemein formuliert, ohne irgendwelche konkreten Angaben. Ein abwechslungsreiches Angebot sollte eine Selbstverständlichkeit
sein. Es wäre aber wünschenswert, dies etwas näher zu erläutern. Was ist unter Abwechslung
und Vielfalt (was übrigens nicht erwähnt wurde) zu verstehen? Wie lässt sich eine solche Definition auf den hier in Rede stehenden Begriff des Snacks übertragen?
Bei Bio-Ware wurde früher häufig die Forderung erhoben, mind. 10% des Gesamtangebots zu
erreichen. Warum wurde hier ganz darauf verzichtet, so dass der Anteil vollkommen in das
Belieben der Anbieter gestellt ist? Fair-Trade-Produkte sind im Übrigen nur bei wenigen LMGruppen zu finden bzw. relevant, v.a. Kaffee oder Tee, auch Süßigkeiten auf Basis von
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Stellungnahme zur Broschüre
"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
Schokolade. Doch diese LM-Gruppen sollten bei Schülern der erweiterten Schulen keine Rolle
spielen oder soll Jugendlichen ab 10 Jahren Kaffee oder schwarzer Tee angeboten werden?
Ebenfalls wenig zu empfehlen sind Süßigkeiten, auch wenn das Kakaopulver aus dem FairTrade stammt! Allerdings trinken Schüler Kakao. Es dürfte jedoch unrealistisch sein, dass die
Molkereien ihren Kakao auf Basis von Fair-Trade-Produkten anbieten. Insofern geht die Anforderung bzgl. Fair-Trade ins Leere.
Zur Abwechslung und zur Saisonalität hätte auch etwas mehr definiert bzw. veranschaulicht
werden können. Dies betrifft die Art der Zutaten und die Besonderheit der Rezepte, auf die
noch später eingegangen wird. Gerade die Regionalität und die Saisonalität würden bei konsequenter Umsetzung zu einem eingeschränkten Angebot führen, v.a. in den Wintermonaten.
Dabei wird es sicher Akzeptanzprobleme geben, da wir es gewöhnt sind, über das ganze Jahr
ein nahezu uneingeschränktes Angebot zu nutzen. Die Notwendigkeit einer Umstellung und
Einschränkung hätte thematisiert werden müssen. Welche Probleme ergeben sich daraus? Inwieweit sind Jugendliche bereit, sich rationalen Argumenten für die Einschränkung zu beugen? Oder gehen sie dann doch lieber zu den üblichen Snack-Angeboten? Was lässt sich tun,
um die Jugendlichen für ein solches Angebot zu gewinnen? Eine Möglichkeit wäre die Behandlung der ökologischen Problematik im Unterricht.
So gut und richtig die meisten dieser Aussagen in der Broschüre auch sind, sie entsprechen ledigich den grundsätzlichen Empfehlungen für eine vollwertige Ernährung: fett- und zuckerarme Speisen, tägliche Verwendung von Obst und Gemüse sowie häufiger Einsatz von Vollkornprodukten. Sie sind also weitgehend konform mit den Standards für das Mittagessen. Besonderheit der Definition der Snacks ist die Limitierung des Energiegehalts auf bis zu 400 kcal, was
knapp unterhalb eines Mittagessens liegt (80%), ohne eine Untergrenze zu definieren. Was
bedeutet es, wenn ein Snack einen geringen Energiegehalt hat? Sind dann nicht Kompensationsmaßnahmen der unerwünschten Art bei den Jugendlichen vorprogrammiert?
Es fehlen Snack-Anforderungen für viele Nährstoffe. Auch über so wichtige LM-Gruppen wie
Fleisch und Fisch wird so gut wie nichts ausgesagt. Wie bereits erwähnt, fehlt an dieser Stelle
der Hinweis auf eine mäßige Verwendung von Salz oder die Zurückhaltung bei sehr salzhaltigen Speisen, wie z.B. Matjeshering. Bei den Kriterien wird lediglich darauf hingewiesen, dass
Jodsalz verwendet werden sollte. Über die Menge wird aber nichts ausgesagt. Aufgrund der
geringen Abweichungen von den Standards für das Mittagessen hätte auch einfach nur darauf
verwiesen werden können. Die Abweichungen wären auf maximal einer Seite innerhalb dieses Standards abzuhandeln gewesen.
Über die nährwert- und zutatenbezogenen Aussagen hinaus finden sich gerade in diesem
wichtigen Kap. 2 über die Gestaltung des Snackangebots keine weiteren Hinweise. Dieses Kapitel sollte sich ja nicht nur mit den ernährungswissenschaftlichen Kriterien befassen, sondern auch mit der Gestaltung von Snacks. Hier wäre also zu erwarten gewesen, dass an die
Aussagen über die geänderten Ernährungsgewohnheiten angeknüpft wird, indem Vorschläge
unterbreitet werden, wie der gesundheitliche Anspruch bei den Jugendlichen zu vereinbaren
ist. Bekanntlich verfangen gesundheitliche Argumente für ein Speisenangebot bei jungen Menschen wenig, wobei es die bereits erwähnten Geschlechtsunterschiede gibt.
Es kommt darauf an, die Jugendlichen zu hochwertigen Speisen zu "verführen" und sie bei der
Gestaltung des Angebots einzubeziehen, um ihre Wünsche noch besser zu erfüllen. Es sei noch
einmal an die Schwierigkeit der Vermittlung eines hohen vegetarischen und Vollkornanteils
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Stellungnahme zur Broschüre
"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
für Snacks erinnert, v.a. für Jungen. Wie dies gelingen kann, bleibt in dieser Publikation völlig
unklar. Sicher müssen auch die "ungesunden" Wünsche der Jungen berücksichtigt werden.
Wie und in welchem Umfang dies geschehen könnte, ohne die üblichen Nachteile eines hohen
Fettkonsums etc. in Kauf nehmen zu müssen, würden Anbieter derartiger Produkte sicher
gern erfahren. Gerade bei der Präsentation solcher Speisen oder bei der Auswahl der Zutaten
bis hin zu Vorschlägen für geeignete Rezepte wären Hilfestellungen sehr wichtig. Auf die Rezept-Datenbank, die dies möglicherweise leisten kann, wird noch eingegangen.
Fazit "Ernährungsvorgaben"
Die energetische Vorgabe für Snacks liegt zwischen einem Mittagessen und Speisen der ZV.
Aufgrund einer fehlenden Untergrenze können auch sehr kleine Speisen zu den Snacks gezählt
werden, was v.a Fragen der Sättigung und der Nährstoff-Versorgung aufwirft. Daher sollten
die energetischen Differenzierungen geändert werden. Die Vorgaben für Zucker sowie für bestimmte LM sind nicht immer nachvollziehbar. Hinweise für die Umsetzung der Kriterien und
Gestaltung der Snacks fehlen weitgehend. Gerade für vegetarische und Vollkorn-Snacks wären
Hilfen wichtig gewesen.
4.
Allgemeine Vorgaben für ein Snackangebot
Angesichts der nicht befriedigenden Ernährungskriterien eines Snacks in dieser Broschüre
stellt sich die Frage, ob es nicht besser gewesen wäre, zunächst einmal alle wesentlichen
Gründe und Vorgaben für ein Snackangebot zusammenzustellen. Erst danach sollten die Kriterien sowie ihre Prioritäten festgelegt werden. Möglicherweise stellt sich dabei heraus, dass andere Eigenschaften als ernährungswissenschaftlich orientierte wichtiger sind. Und diese Eigenschaften haben wahrscheinlich einen Einfluss auf die Festlegung der Ernährungskriterien.
Dies lässt sich am Beispiel des Umfangs eines Snacks zeigen: Bei kleinen Snacks mit einem
Energiegehalt von nur 5% der Tagesreferenz würde der Fett- oder Zuckeranteil eine zu vernachlässigende Rolle spielen, weshalb die gesetzten Grenzen irrelevant wären.
Der Wunsch nach Snacks entsteht aufgrund unterschiedlicher Anforderungen und ist vom
Personenkreis abhängig. Bisher lag die Bezugsbasis ausschließlich bei den Schülern. Es gibt allerdings noch andere Gruppen, die Einfluss auf die Gestaltung eines Snacks nehmen wollen,
z.B. die Schulleitung sowie der Dienstleister wegen der technischen und sonstigen Voraussetzungen für die Lagerung, Zubereitung, Aufbereitung oder Ausgabe von Snacks. Nicht zuletzt
auch die Elternschaft, z.B. aufgrund der akzeptablen Preisspanne derartige Snacks oder wegen
ökologischer Anforderungen. Die in der Broschüre aufgesetzte ernährungswissenschaftliche
Brille führt dazu, dass andere Aspekte vernachlässigt werden. Sie sollten aber im Sinne eines
ganzheitlichen Ansatzes mit den allgemeinen Kriterien gemeinsam behandelt werden. Einige
dieser Kriterien werden – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – nachfolgend genannt und anschließend erläutert.
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Stellungnahme zur Broschüre
"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
4.1 Essgewohnheiten
4.2 Preisgestaltung
4.3 Religion oder Ethik
4.4 Vollwertigkeit
4.5 Abwechslung und Vielfalt
4.6 Sättigung
4.7 Kalt- oder Warmspeisen
4.8 Komponenten des Mittagessens
4.9 Umfang einer Snackportion
4.1
Essgewohnheiten
Konkrete Hinweise, wie die Snacks gestaltet werden sollten, um den spezifischen Wünschen
bzw. Gewohnheiten der Schüler zu entsprechen, fehlen weitgehend. Es heißt lediglich sehr allgemein, dass "schnell und unkompliziert" gegessen werden kann, dass die "Rahmenbedingungen anzupassen sind" oder dass es "Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen" gibt, mit einigen statistischen Angaben.
Wenn mitgeteilt wird, dass der Fleischkonsum bei Jungen doppelt so hoch ist wie bei Mädchen, so stellt sich die Frage nach den Konsequenzen dieser Aussage. Sollen die Angebote allen
Wünschen gerecht werden und somit auch viele fleischhaltige Snacks enthalten? Dies ist wohl
eher nicht gemeint! In den Kriterien wurde ein vergleichsweise hoher Anteil vegetarischer
Snacks genannt, was die Frage provoziert, wie die Jungen für ein solches Snackangebot zu
gewinnen sind. Bekanntlich lassen sich mit Appellen oder Hinweisen auf die Gesundheit bei
dieser Altersgruppe kaum die gewünschten Effekte erzielen. Dies hätte thematisiert werden
müssen, um Hinweise für eine erfolgreiche Umsetzung zu geben. Das Fehlen derartiger Hinweise wurde bereits in Kap. 3 angesprochen.
Die Hinweise könnten sich auf den Speisentyp beziehen, z.B. Pizza, Döner, Hamburger oder
Falaffel, wobei statistische Angaben über die Beliebtheit der Speisen wertvoll wären. Hinweise
sollten auch beliebte Zutaten einbeziehen, ergänzt um die Würzung und Zubereitung. Auch die
Präsentation bzw. Verpackung sind für die Attraktivität von großer Bedeutung. Hier wären
beispielhafte Fotos hilfreich. Alle diese Aspekte sind für die Dienstleister keineswegs
selbstverständlich. Selbst das Thema "Vegetarismus" ist für viele noch immer ein Buch mit sieben Siegeln, obwohl diese Kostform schon seit Jahrzehnten auf dem Vormarsch ist. Aber Köche sind meist noch stark auf Fleisch "geeicht" und tun sich sehr schwer, attraktive Alternativen zu Fleisch zu entwickeln. Das Handling ist ebenfalls von großer Bedeutung, da die Einfachheit und Schnelligkeit des Verzehrs im Vordergrund steht. Die Mobilität ist wichtig. Auch hier
wieder die Frage: wie lässt sich das realisieren? Gerade wenn an die "To-Go"-Eigenschaft gedacht wird, so wird die Rezeptur stark eingeschränkt, muss aber dennnoch attraktiv sein.
4.2
Preisgestaltung
Ein wesentliches Motiv für das Angebot von Snacks in Schulen ist die Reduzierung des Preises.
Weil ein normales Mittagessen auch mit Subventionen durch den Schulträger bestenfalls mit
vier Euro angeboten werden kann, ist die Essensbeteiligung oft nur gering – trotz guter Qualität17. Die Bereitschaft der Eltern, für ein gutes Essen einen angemessenen Preis zu zahlen, ist
17
Aussage vom stellv. Schulleiter der Freiherr von Stein Schule, Gladenbach, 6/16
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"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
nun mal in Deutschland gering. Um überhaupt noch ein Angebot für das Mittagessen machen
zu können, werden preisgünstige Snacks ins Gespräch gebracht, wobei die Preisdifferenz deutlich sein muss. Auch wenn Snacks prinzipiell aufgrund der geringeren Portionsgröße und
Komponentenzahl preisgünstiger sein müssten, kann es bei einer falschen Rezeptur durchaus
zu hohen Preisen kommen. Preisgünstige Zutaten sowie unkomplizierte Zubereitungsverfahren schränken die Vielfalt des Angebots natürlich ein. Außerdem könnte sich der niedrige
Preis auch auf den Nährwert auswirken. Somit ist der Preis ein limitierende Faktor für die Gestaltung von Snacks, weshalb eine gute fachliche Qualifikation vorliegen muss, um die
Einschränkungen ohne Nachteile bei der Attraktivität und beim Nährwert auszugleichen.
4.3
Religion/Ethik
Durch diese Einschränkungen im Angebot wird eine weitere Anforderung an den Dienstleister
gestellt. Wenn z.B. weniger Schweinefleisch verwendet wird, so hat das Auswirkungen auf die
Vielfalt des Angebots und den Preis. Schweinefleisch ist relativ preisgünstig und kann im
Grunde nur durch Geflügelfleisch preislich ersetzt werden, will man auf fettreiche Hackfleischprodukte oder Wurstwaren weitgehend verzichten. Der Ersatz von Schweine- durch Geflügelfleisch führt hingegen leicht zu einer Dominanz dieser Fleischart und somit zur Monotonie.
Bekanntlich ist der Ausweg, mehr vegetarische Gerichte anzubieten, bei Schülern mit einem
Migrationshintergrund schwer vermittelbar. Aber auch bei deutschen Schülern ist die Umsetzung eines vegetarischen Angebots mit einem Anteil von 50% schon sehr ambitioniert.
Hier sind erhebliche Anstrengungen erforderlich, verbunden mit Kreativität und Unterstützung von außen (Lehrerschaft, Elternschaft), wenn ein Dienstleister dies tatsächlich umsetzen
will. Die Widerstände gegen ein vegetarisches Angebot werden oft unterschätzt. Andererseits
ist die Extremforderung eines zunehmenden Anteils von Schülern nach veganen Snacks nicht
immer leicht zu realisieren. Auch hier handelt es sich immer noch um eine Minderheit. Ein
Dienstleister muss trotzdem auf diese Wünsche eingehen, will er den Mega-Trend nicht völlig
links liegen lassen. Hier sind neue Rezepturen vonnöten, verbunden mit einer entsprechenden
Kommunikation, um derartige Angebote "an den Mann" zu bringen. Im Übrigen ist das Thema
nicht durch den alleinigen Verzicht auf Schweinefleisch abzuhandeln. Es muss also noch mehr
beachtet werden, was sich nicht nur auf die Zutaten beschränkt. Dieses Thema wäre daher von
vielen Seiten zu beleuchten.
4.4
Vollwertigkeit
Das eigentliche Thema der Broschüre ist die Sicherstellung einer hohen, ernährungswissenschaftlich orientierten Wertigkeit. Von einer Vollwertigkeit kann natürlich bei einem einzelnen
Gericht bzw. einem Snack nicht die Rede sein. Vielmehr muss sich eine solche Bewertung
grundsätzlich auf einen längeren Zeitraum, z.B. vier Wochen, beziehen und alle Speisen eines
Tages – oder zumindest das Mittagessen – einbeziehen. Natürlich wäre es wünschenswert,
dass jede Speise einen positiven Beitrag zur Gesamternährung leistet, so auch Snacks.
Wegen diverser Einschränkungen von Snacks gegenüber einem kompletten Mittagessen (v.a.
Umfang, Zahl und Art der Komponenten) ist dieser Beitrag naturgemäß geringer. Hier wäre es
einmal interessant gewesen, zu erfahren, welches Potenzial Snacks gegenüber gut zusammengestellten Mittagessen haben. Anders ausgedrückt: wie ist es prinzipiell möglich, den Wert
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Stellungnahme zur Broschüre
"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
von Snacks zu erhöhen? Vielleicht könnten Snackgruppen zusammengestellt werden, um deren unterschiedlichen Ernährungsbeitrag exemplarisch zu veranschaulichen. Welche Snacks
könnten andere Komponenten ergänzen? Es wäre hilfreich, Snack-Typen allein oder in Kombination mit anderen Speisen vorzustellen, die einen besonders hohen Nährwert (Nährstoffdichte) oder einen niedrigen Energiegehalt (Energiedichte) haben und daher bevorzugt angeboten werden sollten. Wenn diese mit den Ernährungsgewohnheiten kombiniert werden (s.
Pkt. 4.1), ließe sich auch ein guter Absatz erreichen.
4.5
Vielfalt und Abwechslung
Bei kleineren Gerichten stellt sich auch die Frage nach der Vielfalt und Abwechslung. Snacks
werden ja oft als Ersatz von kompletten Mittagessen gewählt, z.B. aus Preisgründen. Um Monotonie vorzubeugen, ist dieser Aspekt von Bedeutung. Es müssten also Vorschläge gemacht
werden, wie auch mit kleineren Gerichten Vielfalt und Abwechslung zu erzielen sind, um die
Schüler zu binden. Gelänge das nicht, bestünde die Gefahr, dass die Schüler zu Kioskangeboten
etc. mit den unerwünschten Angeboten abwandern.
Das Snack-Angebot sollte täglich variieren, mit bestimmten Standardprodukten, die wegen
der Beliebtheit konstant im Angebot bleiben. Hierzu wäre zunächst eine allgemeine Übersicht
hilfreich, mit der die wichtigsten Snack-Gruppen aufgelistet werden, die in der jeweiligen
Schule angeboten werden können. Dann wäre ein Plan zu empfehlen, aus dem hervorgeht, wie
Vielfalt und Abwechslung erreicht werden kann. Beispielsweise wäre eine bestimmte Zahl von
Snack-Gruppen vorzugeben, aus denen jeweils wechselnde Einzelsnacks auszuwählen sind.
Somit wäre eine Mindestvielfalt im Angebot gewährleistet. Es sollte auf jeden Fall verhindert
werden, dass nur eine bestimmte Produktgruppe angeboten wird, wie z.B. Hamburger & Co,
weil damit ein guter Absatz zu erzielen ist.
4.6
Sättigung
Wie beim letzten Thema bereits angesprochen, muss darauf geachtet werden, die Schüler zu
binden, d.h. die Angebote müssen einerseits attraktiv und abwechslungsreich sein, aber auch
sättigen. Andernfalls kaufen sich die Schüler woanders ergänzende und meist unerwünschte
Produkte hinzu. Eine Maßnahme für eine gute Sättigung könnte z.B. in einem hohen Anteil an
Vollkornprodukten bestehen, die allerdings auf geringere Resonanz bei Jugendlichen stoßen,
worauf bereits hingewiesen wurde. Daher müssen derartige Speisen eine gute Rezeptur aufweisen, um zu verführen. Und diese gibt es mit Vollkornzutaten durchaus. Eine andere Möglichkeit wäre die Volumenvergrößerung von Snacks bei gleichzeitig niedriger Energiedichte,
wie dies durch die Verwendung von reichlich Salat und Gemüse inkl. Hülsenfrüchten erreichbar ist. Allerdings sollte auf fettreiche Dressings und Soßen hierbei weitgehend verzichtet
werden. Derartige Produkte sind beliebt, wenn man sich nur einmal die Angebote in den FastFood-Restaurants ansieht, wo u.a. Salatblätter als attraktive Zutaten für einen Hamburger genutzt werden oder für Döner.
Es käme also darauf an, sättigende Zutaten und dazu passende Rezepturen vorzuschlagen, die
zusätzlich noch gesundheitlich hochwertig einzustufen sind. Sättigung wäre auch mit sehr
fetthaltigen Speisen erzielbar, was natürlich unerwünscht ist. Diese Mehrfachbedingungen für
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Stellungnahme zur Broschüre
"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
die Gestaltung von Snacks sind nicht leicht einzuhalten, so dass Hilfestellung gegeben werden
müsste.
4.7
Kalt- und Warmspeisen
Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Entwicklung geeigneter Snacks ist die Frage, ob sie eher
als Kalt- oder Warmspeisen angeboten werden sollen. Wenn beide Speisenarten akzeptabel
sind, sollten Besonderheiten oder Vor- und Nachteile genannt und Vorschläge unterbreitet
werden, wie damit umzugehen ist. Es wäre zu fragen, ob kalte Snacks mit warmen Snacks vom
Nährstoffgehalt vergleichbar sein können. Hierzu hätten einige Hinweise gegeben werden
können, denn bei kalten Snacks besteht wegen der oft fettreichen Beläge sowie der verwendeten Streichfette die Gefahr viel zu hoher Fettmengen. Werden jedoch einige Hinweise beachtet,
können Kaltspeisen hervorragend geeignet sein, um als Alternative zum Mittagessen zu dienen (s. Lit. 4). Wie unterscheiden sie sich von warmen Snacks? Gibt es Charakteristika warmer
Snacks und wie sind diese zu bewerten? Hier könnten Beispiele genannt und diese z.B. via
Nährwertberechnung eingeschätzt werden. Welche Vorschläge können gemacht werden, um
Fehler bei der Gestaltung warmer Snacks zu vermeiden? Dies wären nur einige Fragen, die in
diesem Zusammenhang gestellt und beantwortet werden sollten.
Angesichts großer Unterschiede im Nährwert, aber auch bei der Sättigung, wäre es wichtig
gewesen, in der Broschüre der DGE etwas über eine optimale Zusammenzusetzung warmer
sowie kalter Snacks zu lesen. Gerade Baguettes sind ja bei Schülern recht beliebt und bieten
durchaus ein sehr gutes Potenzial für einen guten Beitrag für eine vollwertige Ernährung.
Doch sind hierbei einige Dinge zu beachten, um dieses Potenzial auch auszuschöpfen, was als
Prinzipien hätte vorgeschlagen werden können, ergänzt um einige Beispiele.
4.8
Komponenten des Mittagessens
Es sollte auch eine einfache Lösung für Angebote von Snacks diskutiert werden. Denn Snacks
könnten auch aus den einzelnen Speisen des Mittagessens bestehen. Dies setzt voraus, dass keine Tellergerichte angeboten werden, sondern Einzelkomponenten, die beliebig kombinierbar
sind. Suppen, Vorspeisen, Salate, Linsenfrikadellen, Pizzastücke oder gefüllte Kartoffeln, um
nur einige Beispiele zu nennen, könnten von den Schülern als Snack gewählt werden. Sie
könnten aber auch im Rahmen des Mittagessens von den Schülern beliebig zu einer kompletten Hauptmahlzeit zusammengestellt werden. Das wäre das Prinzip von "Free-Flow".
Hierfür wäre sicher eine entsprechende Kennzeichnung und Aufmachung, sprich Präsentation, notwendig. Der Vorteil liegt auf der Hand: Es wäre keine neue Speisen-Kategorie zu kreieren. Die Snacks könnten einfach aus dem bestehenden Angebot des Mittagessens entnommen
werden. Es müsste nur die freie Kombinierbarkeit gewährleistet sein. Auch die Preisgestaltung müsste angepasst werden. Der Schüler muss nicht den vollen Preis eines Mittagessens
zahlen, sondern kann frei wählen, so dass er im Extremfall nur eine Speise, also einen Snack,
oder, im anderen Extrem, über den Umfang eines normalen Mittagessens hinausgehend noch
mehr wählt, vielleicht weil er besonderen Hunger hat oder die Speisen so attraktiv findet. Er
hätte also die maximale Freiheit.
Die Angebotsform von "Free-Flow" beim Mittagessen hätte den weiteren Vorteil, dass der
Schüler einen Snack, der ihm vielleicht nicht umfangreich genug erscheint, direkt aus dem An16
Prof. Dr. Volker Peinelt
18.2.17
Stellungnahme zur Broschüre
"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
gebot des schulischen Mittagessens ergänzen kann. Er braucht also nicht noch zum Bäcker
oder zum Kiosk zu gehen, um sich etwas Süßes zu kaufen, sondern findet seine Bedürfnisbefriedigung im erweiterten Angebot des Mittagessens, z.B. durch ein Dessert. Der organisatorische Aufwand für ein solches Angebot ist größer als das übliche mit Tellergerichten und ergänzenden Salaten und Desserts. Aber auch ein zusätzliches Snack-Angebot bedeutet einen
Mehraufwand, der nicht unterschätzt werden sollte. Durch die Integration des Snack-Angebots in das normale Mittagessen durch die Angebotsform "Free-Flow" wären also zwei Fliegen
mit einer Klappe geschlagen. Außerdem wird durch die Wahl von Komponenten des Mittagessens die Auslastung vergrößert, was durch ein separates Angebot von Snacks und Mittagessen
nicht möglich wäre.
Hier soll noch eine Besonderheit von Snacks angesprochen werden, die im To-Go-Charakter
besteht. Es müsste möglich sein, die gewählten Speisen in einer Verpackung mitzunehmen,
möglichst als Mehrwegsystem. Die Verpackungen könnten optional gestellt werden, wie das
z.B. in Mensen der Hochschul-Gastronomie bereits praktiziert wird. Diese Verpackungen können die Schüler dann wieder mitbringen, womit das Müllproblem zu entschärfen ist. Viele
Speisen werden im Übrigen häufig in mitnahmefähigen Verpackungen angeboten, z.B. Desserts. Somit wäre das Angebot des Mittagessens durchaus auch mit diesen besonderen Anforderungen von Snack-Angeboten kompatibel.
4.9
Snackportionsgröße
Schließlich soll noch ein wichtiger Punkt angesprochen werden, der die Snacks maßgeblich
definiert. Es geht um die Portionsgröße, die bekanntlich in der Broschüre völlig offen gelassen
wird, d.h. es gibt nur eine Obergrenze, die in der Größenordnung des Tellergerichts angesie delt ist. Durch die fehlende Untergrenze können auch sehr kleine und energiearme Speisen als
Snacks angeboten werden.
Sind Snacks im Rahmen des "Free-Flow"-Konzepts eines Mittagessens zu erwerben, wäre die
Portionsgröße kein Problem, weil der Schüler jederzeit eine Speise mit einer anderen ergänzen kann. Somit hätte er letztlich genau den Speisenumfang, den er sich wünscht. Er könnte
z.B. eine Suppe oder einen Salat mit einem Dessert kombinieren. Nur wenn Snacks separat angeboten werden, könnten Probleme auftreten, diese als sehr kleine Speisen zu konzipieren.
Wegen des meist geringen Energiegehalt dieser Speisen, verbunden mit einer fehlenden Sättigung kommt es zu den bereits erörterten, unerwünschten Konsequenzen von externen Zukäufen. Auch die Gefahr einer unzureichenden Versorgung mit Nährstoffen bei kleinen Snacks
wurde bereits angesprochen. Durch Ergänzungen am falschen Ort (Bäcker, Kiosk) mit den
falschen Produkten könnte vielleicht ein Sättigungsgefühl erzeugt werden – die Anforderungen an eine gute Ernährung ließen sich hingegen kaum erfüllen.
Daher wäre es hilfreich gewesen, wenn in der Broschüre die Problematik von kleinen Snacks
aufgegriffen und Lösungsvorschläge angeboten worden wären.
Fazit "Vorgaben"
In der Broschüre der DGE wird primär auf ernährungswissenschaftliche Kriterien eingegangen. Viele andere Kriterien für die Gestaltung von Snacks werden leider nicht behandelt.
Ein Katalog von neun Punkten mit den wichtigsten Kriterien, die vor der Einführung von
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Prof. Dr. Volker Peinelt
18.2.17
Stellungnahme zur Broschüre
"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
Snacks beachtet werden sollten, wurde hier vorgestellt und dessen Relevanz erläutert. Diese
Kriterien sind zusammen mit Ernährungsvorgaben und Aspekten der Verpackung zu berücksichtigen, um ein allseits befriedigendes Angebot machen zu können. Mit diesem 9-PunkteKatalog hätten bessere Gründe genannt werden können, ob und ggf. wie Snacks in der Angebotsstruktur der Schulverpflegung eingebaut werden sollten. Trotz vieler Hintergrundinformationen bleibt die Frage, wie die Anforderungen zu realisieren sind.
5.
Bewertung der Rezept-Datenbank
5.1
Suche von Snacks
Auf die konkrete Gestaltung der Rezepte wird in der Publikation selbst nicht eingegangen,
weil auf eine Rezept-Datenbank18 verwiesen wird. Es darf erwartet werden, dass dort Rezepte
zu finden sind, die ihre Eignung nicht nur in ernährungswissenschaftlicher Hinsicht erfüllen,
sondern auch die in Kap. 4 genannten Kriterien berücksichtigen.
Zu den Rezepten gelangt man über die unten genannte Internetadresse. Die Suche in der Rezept-Datenbank ist jedoch schwierig. Gibt man als Art der Mahlzeit "Snack" ein, das in einer
Maske ausgewählt werden kann, so können weitere Angaben gemacht werden, z.B. die Festlegung der Zutaten sowie deren Zubereitung oder der Konsistenz. Bei den Zutaten ist jedoch nur
eine Zutat als Eingabe möglich, obwohl ein Rezept aus mehreren besteht. Gemeint ist vermutlich die Hauptzutat. Beispielhaft wurde als Zutaten "Nudeln" und als Zubereitung "kochen"
eingegeben. Nachdem die Eingaben gemacht worden sind, können Rezepte gesucht werden,
was zunächst aber zu keinem positiven Ergebnis führt. Anscheinend sind keine Rezepte mit
den eingegebenen Bedingungen vorhanden.
Daher müssen die Bedingungen angepasst werden, um Treffer zu landen. Der zweite Versuch
mit der Eingabe "grünen Bohnen" war leider auch erfolglos. Der dritte Versuch, nach Gerichten mit der Hauptzutat "Geflügelfleisch" zu suchen, scheiterte daran, dass diese Zutat gar nicht
vorhanden zu sein scheint. Dies ist erstaunlich, da doch diverse Snacks bekannt sind, die Geflügelfleisch enthalten, da diese Zutat einerseits beliebt ist und andererseits gerade die DGE
mit ihrer starken Betonung der ernährungswissenschaftlichen Seite dieses fettarme Fleisch
präferieren sollte. Darüber hinaus erfüllt es religiöse Ansprüche von Muslimen. Daher ist das
anscheinende Fehlen von Rezepten mit Geflügelfleisch sehr merkwürdig. Bei den Snacks ist
dann doch ein Gericht mit Putenfleisch zu finden, was aber nicht über die Zutatenauswahl zu
finden ist.
Möglich ist auch eine alphabetische Suche von Gerichten, wobei es sich überwiegend um Komplettgerichte handelt. Die alphabetische Darstellung erfolgt aufgrund des Anfangsbuchstaben
des Gerichtenamens. Hierbei spielt die Hauptzutat bzw. wichtigste Komponente keine Rolle.
Daher finden sich z.B. beim Buchstaben "B" Bunte Reispfanne oder Bunter Salatteller. Wer unter "B" die charakteristischen Gerichte finden will, die mit "B" beginnen, wird enttäuscht. Mit
der alphabetischen Darstellung ist dem Anwender also nicht gedient.
Man kann nun mühsam durch alle Buchstaben gehen und sich eine Liste von Komplettrezepten ansehen. Es sind auch einige Einzelspeisen wie Suppen, Salate oder belegte Brötchen darunter, also warme und kalte Speisen. Über die Angabe des Energiegehalts wäre es möglich, solche Gerichte ausfindig zu machen, die der Energievorgabe für Snacks entsprechen. Inwieweit
18
DGE (Hrsg): Rezept-Datenbank für die Schulverpflegung, www.schuleplusessen.de, Zugriff: 28.11.2016
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Stellungnahme zur Broschüre
"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
sie den anderen Kriterien entsprechen, lässt sich nur sehr umständlich ermitteln. Ein gekennzeichnetes Snackgericht konnte der Autor bei seinen Versuchen mit dieser Rezept-Datenbank
nicht entdecken. Die Nutzung der Rezeptdatei ist mit dieser Vorgehensweise nicht hilfreich.
Lediglich dann, wenn in der Eingabemaske nur "Snack" ausgewählt wird und alle zusätzlichen
Angaben vernachlässigt werden, ist es möglich, ausschließlich Snackrezepte anzeigen zu lassen. Jedenfalls handelt es sich nun um kleinere Gerichte. Es werden knapp zwei Dutzend Rezepte angezeigt, angefangen von einer Suppe bis hin zu Gerichten, bestehend aus 2-3 Komponenten, also im Grunde schon strukturell normale Tellergerichte. Es fällt auf, dass bestimmte
Zutaten verwendet werden, die in normalen deutschen Rezepten eher selten zu finden sind
und internationalen Rezepten entstammen, v.a. aus dem indischen oder nordafrikanischen
Raum. Diese Rezepte enthalten verstärkt Hülsenfrüchte, z.B. Linsen. Derartige Zutaten sind
sehr zu begrüßen, da sie hochwertig sind.
Es dürfte jedoch nicht ganz leicht sein, insbesondere die männlichen Schüler davon zu überzeugen, diese Speisen zu wählen, da sie fleischbetont essen und Hülsenfrüchte seit langem ein
Schattendasein auf deutschen Tellern fristen. Bei attraktiver Rezeptur und guter Präsentation
könnte dies dennoch gelingen. Dies setzt jedoch eine Aufgeschlossenheit gegenüber vegetarischen Speisen voraus, die noch keineswegs selbstverständlich ist, am ehesten noch bei Mäd chen. Einige wenige Rezepte erfüllen die Anforderungen an To-Go-Rezepte, da sie in Verpackungen angeboten werden. Hierfür wären praktische Hinweise für eine gute Präsentation
oder Konsistenz dieser Speisen und weitere Aspekte für die Erzielung einer hohen Attraktivität wünschenswert, die aber leider fehlen. Es reicht ja nicht, nur einfach einen Brei in eine Box
zu füllen. Das sähe wenig appetitlich aus. Auch ein paar Rezeptbeispiele können solche Hinweise nicht ersetzen. Wichtig wären einige grundsätzliche Hinweise, die auf die Rezeptgestaltung anwendbar wären.
5.2
Nährwertgehalte von Snacks
Der Autor hat alle Snackrezepte aufgerufen und die Energiegehalte ermittelt. Es zeigte sich,
dass sie zwischen 110 und 390 kcal lagen, im Durchschnitt bei knapp 300 kcal. Dies liegt noch
im Bereich für die ZV. Im Übrigen ist die Schwankungsbreite mit +30 bis -60% sehr groß. Die
Vorgabe für den Energiegehalt von Snacks liegt bei ≤400 kcal. Bezogen auf diese Obergrenze
erreichen die vorgestellten Rezepte nur 25-75% der Energie. Die Musterrezepte der DGE liegen also deutlich unter der Obergrenze. Kein Snackrezept erreicht 400 kcal. Somit wird deutlich, dass diese Muster-Rezepte für Snacks eher im Bereich der ZV anzusiedeln sind. Das
macht es schwierig, sie als Alternative für das Mittagessen aufzufassen.
Positiv erwähnt sei, dass die Snackrezepte von ihrer Art vielseitig angelegt sind. So werden
Suppen genannt, die jedoch wegen des sehr niedrigen Energiegehalts von ca. 100 kcal zwar definitionsgemäß als Snackrezept gelten können, aber so wenig sättigen würden, dass eine Ergänzung für die Jugendlichen zwangsläufig ist. Dies führt wieder zu der Frage, wie eine solche
Kompensation aussehen würde. Im schlimmsten Fall würden sich die Schüler bei den Angeboten von Junk-Food (Metzgereien, Bäckereien) inkl. Süßigkeiten bedienen. Im besten Fall würden andere Komponenten des Mittagessens gewählt, z.B. Gemüse oder Stärkebeilagen oder
proteinhaltige Hauptkomponenten. Wenn aus dem Angebot des Mittagessens eine Komponente, hier also eine Suppe, ausgewählt würde, kann eigentlich nicht von einem Snack gesprochen
werden. Dann bräuchte man überhaupt kein spezielles Angebot für Snacks, sondern könnte
19
Prof. Dr. Volker Peinelt
18.2.17
Stellungnahme zur Broschüre
"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
einfach nur zulassen, dass jeder sich aus dem Angebot des Mittagessens einzelne Speisen auswählen kann, statt nur das ganze Menü nehmen zu müssen, wie es laut Speisenplan angegeben wird. Die Preise würden also aufgesplittet, je nachdem, was die Schüler wählen. Dies wurde bereits unter Punkt 4.8 näher behandelt.
Die Zusammensetzung der Snackrezepte ist auf Vollwertigkeit angelegt. So werden Salate mit
Vollkornnudeln vorgestellt, Vollkornbrötchen mit diversen Zutaten, Vollkornpizza, Döner,
Wraps oder Muffins. Dies ist sehr ambitioniert. Die Probleme bei der Motivation von Jugendlichen, so viel "Gesundes" zu essen, wurden bereits angesprochen. Diese werden anscheinend
bei den Autoren der Broschüre bzw. der Rezeptdatenbank nicht gesehen, jedenfalls sind keine
Hinweise für die Umsetzung zu finden. Auch Linsenfrikadellen sind darunter, die – wie einige
andere Beispiele auch – mit Gemüsesticks und Dips gereicht werden sollen. Einige wenige
Snacks sollen in einer Box verkauft werden, also als To-Go-Angebot. Dieses Merkmal der
Mobilität, was ja den Ernährungsgewohnheiten der Jugendlichen in besonderer Weise entsprechen soll, ist aber nur ausnahmsweise zu finden. Dennoch kann gesagt werden, dass das
Spektrum der Snackrezepte relativ weit gesteckt ist und auch wertvolle Zutaten enthalten
sind.
5.3
Speisenpläne
Hilfreich wäre ein Musterplan für vier Wochen, mit dem gezeigt werden könnte, wie die verschiedenen Kriterien über einen bestimmten Zeitraum beispielhaft erfüllt werden. Im Internet
sind 6 Wochenspeisenpläne jeweils für die Primar- oder Sekundarstufe auswählbar. Der Plan
wird als Aushang angezeigt, und zwar mit allen Rezepturen, d.h. mit den Zutaten, den Mengen
sowie der Zubereitung. Auch eine Nährwertberechnung ist vorhanden. Snackrezepte sind in
diesen Plänen jedoch nicht zu finden. Sie beziehen sich offensichtlich nur auf das normale Mittagessen.
Interessant ist auch hier der Energiegehalt dieser Rezepte, der für einen Plan (Sekundarstufe)
bzgl. des Energiegehalts geprüft wurde. Gemäß Viertelansatz müsste der Energiegehalt bei ca.
500 kcal liegen. Von den 20 Tagesplänen waren zwei unterhalb dieses Wertes, alle anderen
lagen z.T. deutlich darüber. Im Schnitt betrug der Wert ~600 kcal. Somit wurde auch hier von
der eigenen Zielmarke deutlich abgewichen. Es ist erstaunlich, dass sowohl Snacks, als auch
normale Rezepte für das Mittagessen bei den Musterrezepten kaum den Vorgaben der DGE
entsprechen, einmal liegen sie eher zu niedrig, dann wieder zu hoch.
Fazit "Rezept-Datenbank"
Die Rezept-Datenbank im Internet hält nicht das, was sie verspricht. Es sind zwar Snackrezepte gefunden worden, die z.T. einen sehr niedrigen Energiegehalt aufweisen. Dies birgt die Gefahr einer unerwünschten, externen Zusatzversorgung. Im Übrigen sind die Schwankungsbreiten des Energiegehalts sehr groß. Sie müssten in der Datenbank besser ausgelobt und leicht
zu ermitteln sein. Ferner fehlt ein 4-Wochenspeisenplan für Snacks, so wie dies für das Mittagessen ausgearbeitet wurde. Dadurch hätten Hinweise für Abwechslung und Vielseitigkeit gegeben werden können. Insofern können die fehlenden Hinweise für die Angebotsgestaltung im
Text durch die Rezept-Datenbank nicht ersetzt werden.
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Prof. Dr. Volker Peinelt
18.2.17
6.
Stellungnahme zur Broschüre
"Snacks an weiterführenden Schulen" der DGE
Gesamtfazit
In der Publikation der DGE zu Snacks werden im Wesentlichen nur einige Grundsätze für eine
vollwertigen Ernährung wiederholt. Ein Trend zu Snacks in Schulen ist wegen der prinzipiellen Höherwertigkeit von gut zusammengestellten Mittagessen eigentlich unerwünscht. Daher
hätte zunächst auf notwendige Veränderungen zur Verbesserung und somit einer höheren Akzeptanz des Mittagessens eingegangen werden müssen, um den Trend zu Snacks auf ein Minimum zu begrenzen. Dies geschah leider nicht. Die alleinige Existenz eines "Trends" genügt
nicht für die Befürwortung eines solchen Angebots.
Snacks wird eine eigene Energiekategorie zugeordnet. Sie liegen jedoch im untersten Bereich
der ZV bis hin zu Tellergerichten gemäß DGE-Viertelansatz. Diese großen Schwankungen im
Energiegehalt verstärken den Eindruck, man sei sich über den Charakter dieses Angebots
nicht im Klaren. Eine klare Abgrenzung zu den Speisen der ZV und dem Mittagessen wäre
wünschenswert gewesen. Vorschläge hierfür wurden gemacht und begründet. Einige weitere
Ernährungskriterien sind nicht nachvollziehbar.
Wichtige Hinweise für die Umsetzung der Anforderungen unterbleiben weitgehend. Gerade
die Problematik, dass Jugendliche sich ungern etwas vorschreiben lassen und dass gesundheitliche Aspekte, wie ein hoher vegetarischer oder Vollkorn-Anteil, auf wenig Resonanz stoßen, wird nicht thematisiert, geschweige denn mit praktischen Vorschlägen unterstützt.
Die beispielhaften Rezepte der Datenbank sind wenig nützlich, weisen sie doch nur ausnahmsweise die geforderten Kennzeichen auf. Insbesondere der Energiegehalt liegt eher im Bereich
der ZV und die Schwankungsbreiten der Rezeptvorschläge sind sehr groß. Eine Einengung bei
der Vorgabe des Energiegehalts unterbleibt, so dass auch sehr energiearme Speisen
(<100 kcal) als Snacks aufgefasst werden können. Die daraus wahrscheinlich entstehende Verhaltensweise einer Kompensation durch minderwertige Produkte wird ebenfalls nicht thematisiert.
Viele Aussagen der Publikation beziehen sich auf die Hintergründe des Ernährungsverhaltens
und auf rechtliche Fragen. Die Konsequenzen für die Gestaltung von Snacks werden leider
kaum dargestellt. Die wenigen Gestaltungshinweise bleiben vielmehr merkwürdig blass und
sind in ihrer Allgemeinheit wenig brauchbar. So müssen sich die Leser dieser Broschüre selbst
auf den Weg machen, um Notwendigkeit, Umfang, Vielfalt und Gestaltung von Snacks zu erfinden.
Die Broschüre der DGE über Snacks sollte daher überarbeitet werden.
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