Endoskopie – Infektionsrisiko und diagnostische Chance Petra Apfalter & Friedrich Wewalka Themenübersicht 1. Keimtranslokation von besiedelten Regionen in primär sterile Regionen 2. Erregerübertragung von Patient zu Patient oder vom Endoskop / Zubehör auf den Patienten 3. Erregerdiagnostik bei der Endoskopie über die Histopathologie hinaus 1. Vermeidung einer endogenen Infektion bei der Endoskopie • ERCP: – keine Kontrastierung von Gängen, die nicht drainiert werden können – Aspiration von Galle vor Kontrastierung bei Cholangitis – bei Cholangitis gegen Enterokokken wirksames AB • PEG: orale Dekontamination • Antibiotikaprophylaxe Antibiotikaprophlaxe Antibiotikaprophylaxe in der Endoskopie – Empfehlungen der ÖGGH; Wewalka F et al, ZfG 2010; 48: 1225-1229 Antibiotikaprophylaxe • inkomplette Gallenwegsdrainage • ERCP bei Z.n. LTX, Immunsuppression • Kontrastierung oder EUS-Punktion von Pankreaspseudozysten • GI-Blutung bei allen Patienten mit Leberzirrhose • PEG-Legung 2. Infektion durch Endoskopie • Übertragung von Patient zu Patient mit dem Endoskop / Zubehör bei unzureichender Desinfektion • Kontamination des desinfizierten Endoskops durch unsteriles Spülwasser • Wachstum von Keimen im Endoskop / im Zubehör während der Lagerung 2. Infektion durch Endoskopie • Eine dokumentierte Infektion / 1,8 Millionen Endoskopien • mehrheitlich bakterielle Infektionen (kurze Inkubationszeit) • 1974 – 2004 nur 74 Berichte über GIEndoskopie-assoziierte Infektionen bei 503 Personen (vor allem Pseudomonas) • 94% durch inadäquate Aufbereitung verursacht Seoane-Vazquez E et al., Endoscopy-related infections and toxic reactions; Endoscopy 8/2007 2. Infektion durch Endoskopie • nur wenige Berichte über Virusinfektionen durch Endoskopie • aber deutlich höhere Rate an HCV-AK bei Endoskopie mit Biopsie in der Anamnese • die meisten dokumentierten HCV Infektionen bedingt durch Mehrfachentnahme von Sedativa aus selber Viole für mehrere Patienten mikrobiologische Überprüfung Hygiene-Beanstandungen bei Überprüfung von Coloskopen in Deutschland • vor 2003 (freiwillige Hygiene-Kontrolle) ~50% • nach 2003 (verpflichtende Prüfung) <10% Leiß et al, Bundesgesundheitsblatt 2008 validierte Aufbereitung • Leitlinie der ÖGSV für die Validierung von RDVerfahren für flexible Endoskope; 10/2010 ______________________________________________________ Schreiben des BASG/AGES von Oktober 2011 3. diagnostische Chance • Histologie mit Immunhistologie ist Routine • Welche Informationen kann uns bei Verdacht auf eine Infektionskrankheit die Mikrobiologie / Molekularbiologie liefern ? • Was und wie müssen wir einsenden, um ein Ergebnis erwarten zu können ? MA, männlich, 25a • Morbus Crohn seit 6 Jahren mit Colonbefall • seit > 4 Jahren Immunsuppression, zuletzt seit 3 Jahr mit Infliximab • wegen cortisonpflichtigem Schub Endoskopie: Ulcus ventriculi mit Verdacht auf Fistel MA, männlich, 25a • bei Gastroskopie-Kontrolle zusätzlich Ulcera im Ösophagus; makroskopisch verdächtig auf Herpes-Ulcera • Histo: am ehesten Morbus Crohn-Ulcera SR, weiblich, 37a • seit Jahren dyspeptische Beschwerden • Großvater Magen-Ca • vor 6 Jahren erstmals chronisch-aktive H.p. Gastritis festgestellt • bisher 3x erfolgloser Eradikationsversuch mit verschiedenen AB-Schemata • Wie können wir die AB-Therapie optimieren? JK, männlich, 70a • seit ½ Jahr 12 kg Gewichtsverlust und intermittierend Durchfall; BMI 17 • Hepatopathie, Pericardverkalkungen, CRP, Calprotectin im Stuhl, PET-CT neg. • Panendoskopie makroskopisch und histologisch unauffällig • Besteht eine chronische Dünndarminfektion? Ist ein Mb. Whipple auszuschließen? 3. diagnostische Chance Wie kann uns der/die MikrobiologIn weiterhelfen ? Merke • Praxis – EXTENSIVE endoskopische Abklärung, Biopsieentnahme – Material (nur) auf Patho – EIN Abstrichtupfer zur mikrobiologischen Untersuchung, wenn überhaupt • Ein solches Vorgehen verschleiert unnötigerweise die Nachweiskraft der kulturellen Verfahren und damit die Gesamtaussage der Erregerdiagnostik! www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Fazit • Falls biopsiert wird und eine Infektion als DD in Frage kommt zumindest 1 BIOPSIE ins mikrobiologische Labor • Magen - H. pylori – 1 corpus / 1 antrum (optimal) für Kultur + AB (bis zu 10d) – Schnelltest – PCR ( inkl. Clarythromycin Resistenz); geht auch aus Stuhl – Hp –Ag ELISA aus Stuhl • Ösophagus – Sprosspilze: nativ, Lauge, Kultur – CMV, Herpes: PCR • Anderes – Tropheryma whipplei – PCR, 16 S rDNA Sequenzanalyse www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Eine Probe aus alten Tagen www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Infektion & Endokopie • Geringe Erregermenge vorhanden • Nachweis von Keimen der Normalflora: Kontamination oder Infektion? • Strikte Hygiene bei Entnahme • Keine oberflächlichen Abstriche • Biopsien und Punktate – Große Probenmengen! • KEIN FORMALIN • TRANSPORTMEDIUM • (Blutkulturen) • Keine Antibiotikatherapie – Optimal 10-14 tägige Therapiepause … www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Lagerung und Transport • Optimal sind Transportzeiten bei nativem Material von < 2h • Flüssigkeit in steriles Röhrchen (ev. mit TM) – Flüssigkeiten ev. zusätzlich in Blutkulturmedium • Biopsien feucht halten, TM – H.pylori: Port-a-germ pylori • Implantate in spezielle Behältnisse • Transport bei Raumtemperatur www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Molekularbiologie - NAT • Nicht standardisiert noch validiert • In-house Tests • Trotzdem ist es oft einen Versuch wert – 16S rDNA Sequenzanalyse – Spezies spezifische NATs – (Septifast (Roche)) www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Phylogenetische ID von Bakterien anhand ihrer 16S rDNA www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Bakterielle Breitspektrum real-time PCR www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Sequenzieren Sequenzreaktion & Aufreinigung MicroSeq Komponenten dRhodamine dye Terminatoren, cycle sequencing A G C dTAMRA dR6G T dROX dR110 www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Editieren der Sequenz www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Sensitivität der bakteriellen Breitspektrum real-time PCR Detektion des Erregers im Patientenmaterial mit einer Spezies-spezifischen PCR ist 10-100fach sensitiver vgl mit einer Breitspektrum PCR! www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Probe Kultur 16S rDNA PCR CpWert Gram Hautbiopsie S. aureus S. aureus 26.6 G+ Kokken LK M. tub. M..tub. 35 Neg. LK Kein W. M. timonae 23 Neg. Phlegmone Prevotella, Strept. Mixed sequence 24.6 G+ Kokken, G- Stbch. Hautbiopsie Kein W. T. pallidum 27.7 Neg. Erysipel Kein W. Strepdysgalactiae 29 Neg. www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Zeitachse 16S rDNA Sequenzanalyse • Extraktion • Real-time PCR – Light Cycler – ABI Prism • 1 – 1.5 h 1h 2.5 h rDNA Sequenzanalyse – Direkt aus Material 2d – Kombi mit DGEE 5d www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Wann 16S rDNA Sequenzanalyse • Fälle bei denen keine Verdachtsdiagnose gegeben, aber eine Infektion vermutet wird. (u. Kulturen erfahrungsgemäß oft negativ sind) • CAVE: – – – – – 2 Arbeitsgänge für Pilze u. Bakterien erforderlich nur an normalerweise sterilen Materialien auswertbar nur bei Monoinfektion, sonst extrem aufwändig Negativer Befund schliesst daher Infektion nicht aus Positiver Befund sollte zur Klinik passen www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Wenn noch Zeit bleibt … • Oder wir Details oder Bilder brauchen www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Candida - Kalilauge www.analyse.eu Seite ‹Nr.› C. albicans - Gram Blastokonidien und Pseudohyphen www.analyse.eu Seite ‹Nr.› C. albicans Chromagar: hellgrün Wachstum bei 45° www.analyse.eu Reisextraktagar: echte Hyphen, Pseudohyphen, Blastosporen in Haufen Seite ‹Nr.› C. glabrata Chromagar: glänzend, rosa www.analyse.eu Reisextraktagar: kleine, runde bis ovale Blastosporen, Keine Hyphen oder Pseudohyphen Seite ‹Nr.› C. krusei Reisextraktagar: längliche Blastosporen, Pseudohyphen Chromagar: matt, rosa, rauh www.analyse.eu Seite ‹Nr.› C. tropicalis Chromagar: türkis – violett, glänzend Reisextraktagar: Hyphen und Pseudohyphen, Blastosporen entlang der Hyphen, oft vereinzelt sitzend www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Österreichisches Referenzzentrum für nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz +43 (0)732 - 7676 - 63654 oder www.referenzzentrum.at [email protected] www.analyse.eu Seite ‹Nr.› CMV Infektion: Diagnostik • verschiedene Testmethoden • Indikation, Vorteile & Nachteile – – – – – Serologie Zellkultur Ag und early antigen Molekularbiologie Histologie • müssen im Kontext der Klinik verwendet und bewertet werden www.analyse.eu Seite ‹Nr.› CMV Serologie • ELISA: IgG, IgM – IgM können mehrere Monate nachweisbar bleiben • • • • KBR Latex Agglutination Radioimmuno Assays IHT Nachteil: gepaarte Seren, 14tägiger Abstand www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Diagnostik – CMV Antigen Test • Schneller Nachweis von CMV Proteinen in peripheren Leukozyten • monoklonale AK gegen pp65 • gefärbte Zellen/gesamt gezählte Zellen • 24 h • HIV, Transplantation Antigenämie korreliert mit Virämie www.analyse.eu Seite ‹Nr.› CMV – molekulare Amplifikation Kommerzielle Tests: schnell, verlässlich, sehr sensitiv • COBAS Amplicor CMV Monitor Test (Roche) – amplifiziert eine 365 bp Region des CMV Polymerase Gens – Plasma, Leuko, Vollblut – 400 – 100.000 Kopien/ml • Hybrid Capture System (Digene Corporation) – RNA Probe – 17% des CMV Genoms – Vollblut – 1400 – 600.000 Kopien/ml • Nucleic acid sequence-based amplification assay (NASBA, Organon Tec) – detektiert immediate early AG UL123 (IE 1) und late gene expression (pp67) – Vollblut www.analyse.eu Seite ‹Nr.› CMV quantitative PCR • Vor allem für immunsupprimierte Pat • Organtransplantationen – Dg aktiver CMV Erkrankung – Preemptive Therapie – Therapieverlaufskontrolle • zum Vergleich des quantitativen Virusnachweises muss immer dieselbe Methode verwendet werden! • Bei immunkompetenten Pat sind 80% noch nach 2 Mo pos www.analyse.eu Seite ‹Nr.› CMV Diagnostik Vorteile PCR : • Längere Stabilität (bis 5 Tage bei 4°C, 3 Tage bei Raumtemperatur) • 200µl oder 1x106 Leuko AG Assays: • Verarbeitung innerhalb 8h • 3-5ml EDTA-Blut www.analyse.eu Seite ‹Nr.› Konklusionen • Diagnostik geht in Richtung Molekularbiologie – wird immer teurer • Schnelligkeit ist relativ • Konv. Techniken letztlich (noch) nicht ersetzbar (Relevanz nachgewiesener Erreger, Antibiogramm, Isolate nötig um Molekularbiologie weiter zu entwickeln, ect.) • Siehe auch H. pylori • Logistik „Labor – Klinik“ unbedingt abstimmen! www.analyse.eu Seite ‹Nr.›