Schwere Herzerkrankungen besser erkennen Wilhelm P. Winterstein-Preis Dass erstklassige, ausdauernde Arbeit in der Herz-Kreislauf-Forschung irgendwann einmal Früchte trägt, das heißt den Patienten hilft, ist ein Herzensanliegen des Stifterehepaars Wilhelm P. und Ursula Winterstein aus Hanau. Um diesem Anliegen Nachdruck zu verleihen, hat das Ehepaar Winterstein den von ihnen seit mehr als zehn Jahren gestifteten und mit 10 000 Euro großzügig dotierten Wilhelm P. Winterstein-Preis abermals verdoppelt. Denn ein Gutachtergremium hat zwei besonders herausragende Arbeiten gleichrangig bewertet, deren Erkenntnisse zur besseren Diagnostik schwerwiegender Herzerkrankungen beitragen. „Wer eine solche Auszeichnung erntet, muss hart arbeiten, viel Zeit, viel Energie und Idealismus investieren. Wir sind glücklich, dass das Hilfepotenzial für das menschliche Herz durch Ihre Beiträge im Inland und im Ausland weiter wächst“, sagte Wilhelm P. Winterstein zu den Preisträgern Dr. med. Susanne Brenner vom Universitätsklinikum Würzburg und Dr. med. Sebastian J. Buß vom Universitätsklinikum Heidelberg während der Mitgliederversammlung der Deutschen Herzstiftung in Frankfurt. Dr. Brenner erhielt die Auszeichnung für ihre Arbeit über die Diagnostik chronischer obstruktiver Atemwegserkrankung bei Patienten mit Herzschwäche, Dr. Buß für eine Studie, die eine Verbesserung der Diagnostik bei Patienten mit einer restriktiven Kardiomyopathie infolge der systemischen LeichtkettenAL-Amyloidose zeigt. Beide Forschungsarbeiten zeichneten sich dadurch aus, dass ihre Bedeutung für die Grundlagenforschung mit einem direkten Bezug zum Patienten verbunden ist, würdigte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstiftung Prof. Dr. med. Thomas Meinertz die 42 Arbeiten. „Sie liefern Beiträge zur frühzeitigen Erkennung schwerwiegender Begleiterkrankungen und zur Diagnostik seltener systemischer Herzerkrankungen, die wichtig für deren richtige Behandlung sind“, so der Kardiologe. Auch würdigte der Vorsitzende die Dopplung des Preises durch die Stifter: „Dieser beachtlichen Förderleistung der Stifter gebührt großer Dank.“ Atemwegsverengung bei Herzschwäche – nicht immer eine COPD Die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) sind häufige Erkrankungen des Alters, deren gemeinsamer Risikofaktor das Rauchen und gemeinsames Leitsymptom die Atemnot ist. Beide Erkrankungen verlangen gegensätzliche Therapiekonzepte. Eine wichtige Herausforderung stellt deshalb die korrekte Diagnose einer COPD als zusätzliche Erkrankung bei Herzschwächepatienten dar. In der Studie von Dr. Brenner mit dem Titel Obstruction in heart failure – not always COPD wurden 630 ambulante Patienten mit stabiler chronischer und 277 stationäre Patienten mit akuter Herzschwä- che hinsichtlich ihrer Lungenfunktion untersucht. Dabei hat sich herausgestellt, dass in fast 70 Prozent der Fälle eine vormals gestellte COPD-Diagnose nicht bestätigt werden konnte. Bei Patienten mit akuter Herzschwäche, die wegen Wasseransammlungen im Krankenhaus waren, ließ sich oft eine Atemwegsverengung wie bei der COPD nachweisen, welche jedoch nach Entlassung und unter entwässernden Medikamenten in der Hälfte aller Fälle wieder verschwand. Diese Daten wurden mit den Ergebnissen eines speziellen Lungenfunktionstests, der sogenannten Bodyplethysmographie, verglichen. Diese genauere Untersuchung unterscheidet zwischen der Atemwegsverengung durch vermehrtes Lungenwasser und der Atemwegsverengung durch eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung. „Die Ergebnisse zeigen, dass die Atemwegsverengung häufig ein vorübergehendes Begleitphänomen der Herzschwäche ist, ohne dass eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung vorliegt. Die COPD selbst ist als Begleiterkrankung der Herzschwäche oft überdiagnostiziert und folglich übertherapiert. Zur korrekten Diagnose einer COPD bei der Herzschwäche sind wiederholte und spezielle Lungenfunktionsprüfungen nach ausreichender Entwässerungstherapie erforderlich“, sagt Dr. Brenner. Der Wilhelm P. Winterstein-Preis der Deutschen Herzstiftung wird alljährlich für eine wissenschaftlich herausragende Arbeit auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bevorzugt aus einem patientennahen Forschungsbereich, vergeben. Wilhelm P. Winterstein und Frau Ursula sind seit mehr als zehn Jahren die Stifter dieses Wissenschaftspreises. V. l. n. r. : Wilhelm P. Winterstein, Dr. Susanne Brenner, Universitätsklinikum Würzburg, Dr. Sebastian J. Buß, Universitätsklinikum Heidelberg, Ursula Winterstein, Prof. Dr. Thomas Meinertz. Die Standardechokardiographie zeigt einen ausgeprägten Amyloidbefall, bei dem das ganze Herz betroffen ist. Das Amyloid befällt die Klappen und den Herzmuskel, der strukturelle Veränderungen aufweist. Lebenswichtiger Zeitgewinn für die Behandlung Die systemische Leichtketten-AL-Amyloidose ist eine seltene erworbene Bluterkrankung, bei der sich im Krankheitsverlauf Amyloid-Protein in den verschiedenen Organsystemen ablagert. Eine schlechte Prognose haben insbesondere die Patienten mit AL-Amyloidose, bei denen eine Herzbeteiligung mit restriktiver Kardiomyopathie vorliegt, die mit einer Versteifung des Herzens verbunden ist. Eine frühzeitige Diagnosesicherung ist für diese Patienten entscheidend, damit sie möglichst früh mit einer Chemotherapie beginnen. Die Diagnosestellung ist häufig jedoch sehr schwierig, da diese Erkrankung zu Beginn meist keine spezifischen Symptome aufweist. So werden viele Patienten bislang erst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien diagnostiziert und therapiert. In seiner Studie Neue nichtinvasive bildgebende Verfahren zur Risikostratifizierung bei kardialer AL-Amyloidose 44 untersuchten Dr. Buß und Kollegen 206 Patienten mit AL-Amyloidose. Sie konnten zeigen, dass für die Diagnose und Prognose der Herzbeteiligung neueste nichtinvasive bildgebende Verfahren der Echokardiographie, sogenannte Deformationsanalysen der Herzmuskulatur, gegenüber bisherigen echokardiographischen Standardverfahren einen deutlichen zusätzlichen Nutzen aufweisen. Insbesondere sind diese Verfahren den etablierten Biomarkern wie dem Troponin T und NT-proBNP nicht unterlegen. „Durch diese neuen Verfahren könnte es in Zukunft gelingen, die Diagnostik und damit auch die Prognose der AL-AmyloiYdhZhdojkZgWZhhZgc!YVhhY^ZZmV`iZ9^V\cdse einer Beteiligung des Herzens früher erfolgen kann und so die Patienten rechtzeitig einer effektiven Therapie zugeführt werden können“, sagt Dr. Buß. Michael Wichert