Mathematik macht Freu(n)de Komplexe Zahlen KOMPETENZHEFT

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Komplexe Zahlen
KOMPETENZHEFT ZU KOMPLEXEN ZAHLEN
1. Aufgabenstellungen
Aufgabe 1.1. Kreuze alle Zahlenbereiche an, in denen die gegebene Zahl bestimmt enthalten ist.
N
Z
Q
R
C
42
−5
−8,2
2,5̇
−4 · i
5+2·i
21/4
−9/3
√
2
√
− 16
5,014 = 5,014 014 014...
1,234 567 891 011 121 3...
Aufgabe 1.2. Gegeben sind die beiden komplexen Zahlen z1 = 2 − 4 · i und z2 = −3 − 5 · i.
z1
Berechne z1 + z2 , z1 − z2 , z1 · z2 und .
z2
Datum: 31. März 2017.
1
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Aufgabe 1.3. Stelle die angegebenen komplexen Zahlen als Zeiger in der Zahlenebene dar und
wandle sie in Polarform um.
z1
z2
z3
z4
=3+4·i
= −4 + 2 · i
= −1 − 5 · i
=2−2·i
Aufgabe 1.4. Gegeben sind die komplexen Zahlen z1 = −3 + 2 · i und z2 = 1 − 3 · i.
Berechne z1 + z2 bzw. z1 − z2 und veranschauliche die Rechnungen in der Zahlenebene.
Aufgabe 1.5. Gegeben sind die komplexen Zahlen z1 = 4 + 3 · i und z2 = −8 + 15 · i.
1) Berechne das Produkt z1 · z2 in Komponentenform.
2) Berechne die Polarform von z1 = (r1 ; ϕ1 ), z2 = (r2 ; ϕ2 ) und z1 · z2 = (r3 ; ϕ3 ).
3) Überprüfe, dass r3 = r1 · r2 gilt und vergleiche ϕ3 mit ϕ1 + ϕ2 .
Aufgabe 1.6. Gegeben sind die komplexen Zahlen z1 = 12 − 5 · i und z2 = −3 − 4 · i.
2
1.1
42
−5
Z
N
−8,2
Q
2,5̇
−4 · i
3
R
C
5+2·i
21/4
−9/3
√
2
√
− 16
5,014 = 5,014 014 014...
1,234 567 891 011 121 3...
1.2 z1 + z2 = −1 − 9 · i
z 1 − z2 = 5 + i
z1 · z2 = −26 + 2 · i
z1 /z2 = 0,411... + 0,647 · i
1.3 z1 = (5; 53,13...◦ ), z2 = (4,472...; 153,43...◦ ), z3 = (5,099...; 258,69...◦ ), z4 = (2,828...; 315◦ )
1.4 z1 + z2 = −2 − i,
z1 − z2 = −4 + 5 · i
2) z1 = (5; 36,86...◦ ), z2 = (17; 118,07...◦ ), z1 · z2 = (85; 154,94...◦ )
1.5 1) z1 · z2 = −77 + 36 · i
3) 5 · 17 = 85
ϕ3 und ϕ1 + ϕ2 sind gleich groß.
1.6 1) z1 /z2 = −16/25 + 63/25 · i 2) z1 = (13; 337,38...◦ ), z2 = (5; 233,13...◦ ), z1 /z2 = (2,6; 104,25...◦ )
3) 13/5 = 2,6 ϕ3 und ϕ1 − ϕ2 sind gleich groß.
1.7 z 10 = (9 765 625; 188,69...◦ ) = −9 653 287 − 1 476 984 · i
1.8 z1 = (1,349...; 23,31...◦ ), z2 = (1,349...; 95,31...◦ ), z3 = (1,349...; 167,31...◦ ),
z4 = (1,349...; 239,31...◦ ), z5 = (1,349...; 311,31...◦ )
Aufgabe 1.8. Gib alle Lösungen von z 5 = −2 + 4 · i in Polarform an.
Aufgabe 1.7. Berechne (3 − 4 · i)10 und gib das Ergebnis in Polarform und in Komponentenform
an.
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z1
1) Berechne den Quotienten
in Komponentenform.
z2
z1
2) Berechne die Polarform von z1 = (r1 ; ϕ1 ), z2 = (r2 ; ϕ2 ) und
= (r3 ; ϕ3 ).
z2
r1
gilt und vergleiche ϕ3 mit ϕ1 − ϕ2 .
3) Überprüfe, dass r3 =
r2
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2. Erweiterung der Zahlenbereiche
Erinnere dich an den Aufbau der Zahlenbereiche:
Natürliche Zahlen: N = {0, 1, 2, 3, . . .}
Ganze Zahlen: Z = {. . . , −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, . . .}
Rationale Zahlen: Q =
a
| a, b ∈ Z, b 6= 0
b
(„Bruchzahlen“)
(Das sind Zahlen mit endlich vielen Dezimalstellen oder periodische Zahlen wie 4,362 813 813 813....)
Irrationale Zahlen: Zahlen mit unendlich vielen Dezimalstellen, die nicht periodisch sind.
(Zum Beispiel π = 3,141 592 6...,
√
2 = 1,414 213 5...)
Reelle Zahlen R: rationale und irrationale Zahlen
(Also jede Zahl auf der Zahlengerade.)
Erkläre, warum . . .
1) . . . jede natürliche Zahl auch eine ganze Zahl ist, also N ⊆ Z.
2) . . . jede ganze Zahl auch eine rationale Zahl ist, also Z ⊆ Q.
N Z Q R
3) . . . jede rationale Zahl auch eine reelle Zahl ist, also Q ⊆ R.
Erkläre, warum . . .
1) . . . die Gleichung 5 + x = 4 keine Lösung in N hat, aber eine Lösung in Z.
2) . . . die Gleichung 2 · x + 3 = 4 keine Lösung in Z hat, aber eine Lösung in Q.
3) . . . die Gleichung x2 = 2 keine Lösung in Q hat, aber zwei Lösungen in R.
4) . . . die Gleichung x2 = −1 keine Lösung in R hat.
Bei Gleichungen wie 5 + x = 4 suchen wir nach einer Zahl, zu der wie 5 dazuzählen können, um 4 zu
erhalten. Dazu haben wir eine „neue Zahl“ −1 definiert.
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Um Gleichungen wie 2 · x + 3 = 4 lösen zu können, haben wir eine „neue Zahl“ 12 definiert.
√
Um Gleichungen wie x2 = 2 lösen zu können, haben wir „neue Zahlen“ so wie 2 definiert.
Die imaginäre Einheit i ist eine Zahl, die die Gleichung x2 = −1 erfüllt. Es gilt also i · i = −1.
In manchen Bereichen wird für die imaginäre Einheit auch der Buchstabe j verwendet.
(In der Elektrotechnik zum Beispiel zur besseren Unterscheidung von der Bezeichnung für die elektrische Stromstärke.)
Die Gleichung x2 = −1 hat dann die zwei Lösungen x1 = i und x2 = −i, weil i2 = −1 und
(−i) · (−i) = +i2 = −1 gilt.
Diese Definition mag auf den ersten Blick an den Haaren herbeigezogen erscheinen, aber auch bei den
negativen und irrationalen Zahlen war die Reaktion kaum anders1. Tatsächlich führt uns diese „neue
Zahl“ i zum Zahlenbereich der komplexen Zahlen C, in dem wir schließlich jede Polynomgleichung
lösen können.
Jede Zahl der Bauart z = a + b · i mit reellen Zahlen a und b heißt komplexe Zahl. Wir nennen
a den Realteil von z und b den Imaginärteil von z, kurz: a = Re(z) und b = Im(z).
Die Menge der komplexen Zahlen wird mit C abgekürzt. („Complex Numbers“)
Die natürlichen Zahlen haben wir auf dem Zahlenstrahl dargestellt. Um auch negative Zahlen darstellen zu können, haben wir den Zahlenstrahl zu einer Zahlengerade erweitert. Jeder Punkt auf der
Zahlengerade entspricht genau einer reellen Zahl. Zur Darstellung von komplexen Zahlen erweitern
wir die Zahlengerade zu einer Zahlenebene. Jeder komplexen Zahl entspricht genau ein Punkt in
1
Der griechische Mathematiker Hippasos von Metapont (5. Jhdt. v. Chr.) hat der Legende nach für die Entdeckung,
dass nicht jede Zahl als Bruch dargestellt werden kann, für so viel Aufsehen und Ablehnung gesorgt, dass er „als
göttliche Strafe“ im Meer ertrunken ist.
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der Zahlenebene. Konkret zeichnen wir die komplexe Zahl z = a + b · i an dem Punkt mit Koordinaten (a | b) ein:
Erkläre, warum jede reelle Zahl auch eine komplexe Zahl
ist, also R ⊆ C.
N Z Q R C
Das Mengendiagramm zu den Zahlenbereichen können wir
also wie rechts dargestellt vervollständigen.
Für das Rechnen mit komplexen Zahlen gelten die gleichen Rechenregeln wie für das Rechnen mit
reellen Zahlen, zum Beispiel
x+y =y+x
x·y =y·x
(Kommutativgesetz)
x + (y + z) = (x + y) + z
x · (y · z) = (x · y) · z
(Assoziativgesetz)
x · (y + z) = x · y + x · z
(Distributivgesetz)
Wir rechnen also mit komplexen Zahlen genauso wie mit reellen Zahlen. Bei der Multiplikation
beachten wir, dass i2 = −1 gilt.
Beispiel 2.1. Gegeben sind die komplexen Zahlen z1 = −2 + 5 · i und z2 = 4 − i.
Berechne z1 + z2 , z1 − z2 , z1 · z2 und z1 /z2 .
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Lösung.
z1 + z2 = (−2 + 5 · i) + (4 − i) = −2 + 5 · i + 4 − i = 2 + 4 · i
z1 − z2 = (−2 + 5 · i) − (4 − i) = −2 + 5 · i − 4 + i = −6 + 6 · i
z1 · z2 = (−2 + 5 · i) · (4 − i) = −8 + 2 · i + 20 · i − |5 {z
· i2} = −3 + 22 · i
=−5
Um z1 /z2 wieder in der Form a + b · i darzustellen, erweitern wir den Bruch geschickt:
(−2 + 5 · i) · (4 + i)
−8 − 2 · i + 20 · i + 5 · i2
13 18
z1
−13 + 18 · i
=
=
=− +
·i
=
2
z2
(4 − i) · (4 + i)
16 − i
17
17 17
Erkläre, warum (a + b · i) · (a − b · i) stets eine reelle Zahl ist.
(a, b ∈ R)
Die Zahl z̄ = a − b · i nennen wir auch die komplex konjugierte Zahl von z = a + b · i.
Die Menge der komplexen Zahlen ist
C = {a + b · i | a, b ∈ R}.
Die Summe, die Differenz, das Produkt und der Quotient von zwei komplexen Zahlen ist wieder
eine komplexe Zahl. (Das Ergebnis kann wieder in der Form a + b · i dargestellt werden.)
Um einen Punkt in der Zahlenebene (in diesem Zusammenhang also eine komplexe Zahl)
eindeutig festzulegen, gibt es mehrere Möglichkeiten:
1) Die beiden Koordinaten des Punkts angeben. In
diesem Zusammenhang sind das also der Realteil a
und der Imaginärteil b der komplexen Zahl z = a + b · i.
Im(z)
z =a+b·i
b
r
2) Den Abstand r vom Koordinatenursprung angeben und
jenen Winkel ϕ, den der Zeiger zum Punkt mit der
positiven, horizontalen Achse einschließt.
ϕ
a
Erkläre, warum es nicht ausreicht nur den Abstand r oder nur den Winkel ϕ zu kennen.
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Re(z)
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Die Darstellung z = a + b · i heißt Komponentenform.
Die Darstellung z = (r; ϕ) nennen wir Polarform.
Erkläre die folgenden Umrechnungen zwischen Komponenten- und Polarform und zeichne die
komplexen Zahlen in der Zahlenebene ein.
1) 3 · i = (3; 90◦ )
2) 4 = (4; 0◦ )
3) −4 · i = (4; 270◦ )
4) −2 = (2; 180◦ )
5) 3 − 3 · i = (3 ·
√
2; 315◦ )
Als Nächstes besprechen wir wie man allgemein zwischen der Komponentenform und der Polarform
umrechnen kann.
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Umrechnung von Polarform z = (r; ϕ) in Komponentenform z = a + b · i
Erkläre, wie du in der folgenden Skizze aus r und ϕ den Realteil a und den Imaginärteil b
berechnen kannst.
Tatsächlich gelten diese Zusammenhänge
a = r · cos(ϕ)
bzw.
b = r · sin(ϕ)
auch für komplexe Zahlen, bei denen ϕ größer als 90◦ ist. Erinnere dich dazu daran, wie wir am
Einheitskreis (r = 1) die Winkelfunktionen für beliebige Winkel eingeführt haben.
Beispiel 2.2. Die komplexe Zahl z = (4; 120◦ ) hat den Realteil a = 4 · cos(120◦ ) = −2 und den
Imaginärteil b = 4 · sin(120◦ ) = 3,464..., also
z = (4; 120◦ ) = 4 + 3,464... · i
Allgemein können wir statt z = a + b · i also auch
z = r · cos(ϕ) + r · sin(ϕ)) · i = r · (cos(ϕ) + i · sin(ϕ))
schreiben. Diese Darstellungsform heißt trigonometrische Form und wird uns später wieder begegnen.
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Umrechnung von Komponentenform z = a + b · i in Polarform z = (r; ϕ)
Erkläre, wie du in der folgenden Skizze aus a und b den Radius r berechnen kannst:
Beispiel 2.3. Berechne den Abstand der komplexen Zahl z = −3 − 4i vom Koordinatenursprung.
Lösung. Zeichnet man wie zuvor ein rechtwinkliges Dreieck haben die Katheten die Länge 3 und 4.
Der Abstand vom Ursprung ist die Länge der Hypotenuse r:
√
r = 32 + 42 = 5.
q
√
√
Wegen (−3)2 + (−4)2 = 9 + 16 = 32 + 42 ist es für den Radius in Wirklichkeit nicht notwendig
darauf zu achten, in welchem Quadranten die komplexe Zahl liegt. Es gilt stets der Zusammenhang
r=
q
a2 + b2 .
Im Gegensatz zum Radius r hängt die Berechnung des Winkels ϕ davon ab, in welchem Quadranten
die komplexe Zahl liegt. Beachte, dass a und b die Koordinaten angeben und daher nur im ersten
Quadranten mit der Länge der Katheten übereinstimmen. Damit die Koordinaten mit der Länge
übereinstimmen, nehmen wir den Betrag der Koordinaten.
Erinnere dich, dass der Betrag einer Zahl deren Abstand vom Koordinatenursprung angibt, also |5| = 5 und | − 4| = 4.
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i) Zeichne den Winkel ψ = arctan
Komplexe Zahlen
|b|
|a|
in den folgenden Skizzen ein:
ii) Erkläre, warum du den Winkel ϕ abhängig vom Quadranten folgendermaßen berechnen
kannst:


b

arctan
1.Quadrant


a
ϕ=




180◦


180◦






360◦
+
−
b
|a|
|b|
arctan |a|
arctan |b|
a
− arctan
2.Quadrant
3.Quadrant
4.Quadrant
Wir wollen diese Formeln natürlich nicht auswendig lernen, sondern anhand der vier Skizzen
im Gedächtnis behalten.
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Beispiel 2.4. Gegeben sind die komplexen Zahlen z1 = 3 + i und z2 = 4 − 2 · i.
Berechne z1 + z2 bzw. z1 − z2 und veranschauliche die Rechnungen in der Zahlenebene.
Lösung.
z1 + z2 = (2 + 3i) + (2 − i) = 4 + 2i
z1 − z2 = (2 + 3i) − (2 − i) = 0 + 4i
Sind die beiden komplexen Zahlen in Polarform gegeben, gibt es keine einfache Rechenregel wie
immer Summe und Differenz berechnet werden können. Bei speziellen Beispielen hilft die geometrische
Veranschaulichung:
Erkläre, warum
(3; 90◦ ) + (5; 270◦ ) = (2; 270◦ )
und
(3; 0◦ ) − (5; 180◦ ) = (8; 0◦ )
gelten.
Ansonsten wandeln wir die beiden komplexen Zahlen in Komponentenform um.
Beispiel 2.5. Berechne die Summe der beiden komplexen Zahlen z1 = (4; 72◦ ) und z2 = (3; 305◦ ).
Lösung.
z1 = 1,236... + 3,804... · i
z2 = 1,720... − 2,457... · i
=⇒ z1 + z2 = 2,956... + 1,346... · i = (3,249...; 24,48...◦ )
Wir haben schon gesehen, wie man komplexe Zahlen in Komponentenform multiplizieren und dividieren kann. In der Polarform sind diese Rechnungen sogar einfacher:
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Zum Multiplizieren zweier komplexer Zahlen z1 = (r1 ; ϕ1 ) und z2 = (r2 ; ϕ2 ) werden die Radien
multipliziert und die Winkel addiert:
z1 · z2 = (r1 · r2 ; ϕ1 + ϕ2 )
Zum Dividieren zweier komplexer Zahlen z1 = (r1 ; ϕ1 ) und z2 = (r2 ; ϕ2 ) werden die Radien
dividiert und die Winkel subtrahiert:
z1
r1
=
; ϕ1 − ϕ2
z2
r2
Grundlage dieser beiden Rechenregeln sind die trigonometrischen Summensätze. Wenn du die Hintergründe besser verstehen möchtest, schau dir Aufgabe 3.1 auf Seite 18 an.
Beispiel 2.6.
z1 = (2; 30◦ ), z2 = (3; 80◦ )
=⇒ z1 · z2 = (2 · 3; 30◦ + 80◦ ) = (6; 110◦ )
z1 · z2
(6; 110◦ )
6
=
=
; 110◦ − 80◦ = (2; 30◦ ) = z1
z2
(3; 80◦ )
3
Spätestens beim Potenzieren von komplexen Zahlen lernen wir die Multiplikationsregel für komplexe
Zahlen in Polarform richtig zu schätzen.
Potenzieren komplexer Zahlen
Gegeben ist eine komplexe Zahl z = (r; ϕ) in Polarform.
1) Erkläre, warum z 2 = (r2 ; 2 · ϕ) gilt.
2) Erkläre, warum z n = (r n ; n · ϕ) gilt.
Beispiel 2.7. Berechne (−3 + 4 · i)4 .
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Lösung. Anstatt (−3 + 4 · i) · (−3 + 4 · i) · (−3 + 4 · i) · (−3 + 4 · i) auszumultiplizieren, wandeln wir
die komplexe Zahl z = −3 + 4 · i besser in Polarform um:
r=
q
(−3)2
+
42
4
= 126,86...◦ =⇒ z = (5; 126,86...◦ )
3
◦
ϕ = 180 − arctan
= 5,
Also ist
(−3 + 4 · i)4 = (54 ; 4 · 126,86...◦ ) = (625; 507,47...◦ ) = (625; 147,47...◦ ) = −527 + 336 · i
(Warum sollte es uns nicht überraschen, dass der Real- und Imaginärteil vom Ergebnis ganze Zahlen sind?)
Beispiel 2.8. Gegeben sind die komplexen Zahlen z1 = (2; 30◦ ), z2 = (2; 150◦ ) und z3 = (2; 270◦ ).
Berechne z13 , z23 und z33 .
Lösung.
z13 = (23 ; 3 · 30◦ ) = (8; 90◦ ) = 8 · i
z23 = (23 ; 3 · 150◦ ) = (8; 450◦ ) = (8; 90◦ ) = 8 · i
z33 = (23 ; 3 · 270◦ ) = (8; 810◦ ) = (8; 90◦ ) = 8 · i
(Das gleiche Ergebnis!?)
(Und schon wieder. . . )
Im vorigen Beispiel haben wir drei verschiedene Lösungen der Gleichung z 3 = 8 · i gefunden. Sie
◦
haben alle drei den gleichen Radius r = 2 und unterscheiden sich nur um den Winkel 360
= 120◦ .
3
Das ist kein Zufall. . .
Wurzelziehen
Die Gleichung z n = (r; ϕ) hat genau n Lösungen.
1) Erkläre, warum z1 =
2) Erkläre, warum z2 =
3) Erkläre, warum z3 =
√
n
ϕ
r;
n
√
n
ϕ 360◦
r; +
n
n
√
n
r;
(n = 1, 2, 3, . . .)
eine Lösung der Gleichung ist.
eine Lösung der Gleichung ist.
360◦
ϕ
+2·
n
n
eine Lösung der Gleichung ist.
4) Erkläre, warum man immer wieder eine Lösung erhält, wenn man den Winkel um
vergrößert.
360◦
n
5) Erkläre, warum wir dadurch n verschiedene Lösungen erhalten.
Beispiel 2.9. Berechne alle Lösungen der Gleichung z 5 = (32; 150◦ ).
√
Lösung. Der Radius jeder Lösung beträgt r = 5 32 = 2. Der Winkel zwischen zwei benachbarten
◦
= 72◦ . Die fünf Lösungen der Gleichung sind daher
Lösungen beträgt 360
5
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z1 = (2; 150◦ /5) = (2; 30◦ )
z2 = (2; 30◦ + 72◦ ) = (2; 102◦ )
z3 = (2; 174◦ )
z4 = (2; 246◦ )
z5 = (2; 318◦ )
√
Das Wurzelsymbol
sollten wir bei komplexen Zahlen besser vermeiden.
Wir können zwar
sagen, dass es fünf verschiedene fünfte Wurzeln von (32; 150◦ ) gibt, aber die
q
Schreibweise 5 (32; 150◦ ) ist irreführend.
Es gibt ja 5 verschiedene Lösungen. . .
Noch dazu wären unsere bekannten Rechenregeln für Wurzeln dann nicht mehr gültig, z.B.:
q
√
√
√
−1 = −1 · −1 = (−1) · (−1) = 1 = 1
Wir sollten die fünften Wurzeln also besser als Lösungen der Gleichung z 5 = (32; 150◦ ) betrachten.
Das Problem mit der Quadratwurzel tritt auch im folgenden Beispiel auf.
Beispiel 2.10. Wir suchen nach den Lösungen der quadratischen Gleichung
x2 − 4 · x + 13 = 0.
Zumindest auf den ersten Blick ist das ein alter Hut. Wir setzen p = −4 und q = 13 in die kleine
Lösungsformel ein und erhalten
√
√
x1,2 = 2 ± 4 − 13 = 2 ± −9.
√
Fordern wir nun von einem geerdeten Taschenrechner uns bitte −9 auszurechnen, dann mault er
„DOMAIN Error“ – und zwar ganz zurecht.
Seien wir unbequem. Wie sind wir in diese Situation gekommen? Erinnere dich, dass die Lösungsformeln uns das quadratische Ergänzen abnimmt. Tatsächlich gilt für jede Zahl x (nicht nur die reellen),
dass
x2 − 4 · x + 13 = (x − 2)2 − 22 + 13 = (x − 2)2 + 9.
Damit ist
x2 − 4 · x + 13 = 0
⇐⇒
(x − 2)2 + 9 = 0
15
⇐⇒
(x − 2)2 = −9.
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Wir sind also eigentlich auf der Suche nach Zahlen, die mit sich selbst multipliziert −9 ergeben. Wir
wissen, dass es davon zwei gibt: 3 · i oder −3 · i. Also
(x − 2)2 = −9
⇐⇒
x − 2 = 3 · i oder x − 2 = −3 · i
⇐⇒
x = 2 + 3 · i oder x = 2 − 3 · i.
Etwas knapper schreiben wir das als
x1,2 = 2 ± 3 · i.
Nochmal der Vergleich mit dem „Ergebnis“ nach Einsetzen in die kleine Lösungsformel:
√
„ x1,2 = 2 ± −9 “.
√
Denken wir uns ± −9 als Platzhalter für die Lösungen der Gleichung
z 2 = −9
passt dann eigentlich alles.
Um Verwirrungen zu vermeiden, empfehlen wir, dass du dir Folgendes gut einprägst:
Die Quadratwurzel
√
a ist nur für reelle Zahlen a ≥ 0 erklärt.
Sie ist dann die eindeutige Lösung x der Gleichung
x2 = a,
sodass x ≥ 0.
Wovon hängt es also ab, ob die quadratische Gleichung
a · x2 + b · x + c = 0
reelle oder komplexe Lösungen hat? Anhand der großen Lösungsformel
√
−b ± b2 − 4 · a · c
x1,2 =
2·a
siehst du, dass es auf das Vorzeichen von
D = b2 − 4 · a · c
ankommt. Die Abkürzung D steht für Diskriminante (lat. discriminare ↔ unterscheiden). Anhand
der Diskriminante kannst du nämlich unterscheiden, ob es zwei, eine oder keine reelle Lösungen gibt:
16
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1) Wenn D > 0 ist, dann hat die quadratische Gleichung zwei reelle Lösungen:
√
√
−b − D
−b + D
, x2 =
x1 =
2·a
2·a
2) Wenn D = 0 ist, dann hat die quadratische Gleichung genau eine reelle Lösung:
−b
2·a
3) Wenn D < 0 ist, dann hat die quadratische Gleichung keine reelle, aber zwei komplexe
Lösungen:
√
√
−b + i · −D
−b − i · −D
x1 =
, x2 =
2·a
2·a
x1 =
Beispiel 2.11. Für welche Zahlen c hat die quadratische Gleichung
2 · x2 + 4 · x + c = 0
zwei / genau eine / keine reelle Lösungen?
Lösung. Wir setzen a = 2 und b = 4 in die große Lösungsformel ein:
√
−4 ± 16 − 8 · c
x1,2 =
.
4
Es gibt genau eine Lösung, wenn
16 − 8 · c = 0
⇐⇒
c = 2.
Die Lösung von 2 · x2 + 4 · x + 2 = 0 ist dann x = −1.
Es gibt zwei reelle Lösungen, wenn
16 − 8 · c > 0
⇐⇒
c < 2.
Bei c = 0 hat die quadratische Gleichung zum Beispiel die reellen Lösungen
√
−4 ± 16
x1,2 =
⇐⇒
x1 = 0, x2 = −2.
4
Es gibt keine reelle Lösung, aber zwei komplexe Lösungen, wenn
16 − 8 · c < 0
⇐⇒
c > 2.
Bei c = 4 hat die quadratische Gleichung zum Beispiel die komplexen Lösungen
√
−4 ± −16
−4 ± 4 · i
x1,2 =
=
⇐⇒
x1 = −1 + i, x2 = −1 − i.
4
4
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Komplexe Zahlen
3. Weitere Aufgabenstellungen
Aufgabe 3.1. Die beiden komplexen Zahlen z1 = (r1 ; ϕ1 ) und z2 = (r2 ; ϕ2 ) sollen multipliziert
werden.
a) Erkläre, warum z1 = r1 · (cos(ϕ1 ) + i · sin(ϕ1 )) und z2 = r2 · (cos(ϕ1 ) + i · sin(ϕ2 )) gilt.
b) Rechne nach, dass
z1 · z2 = r1 · r2 · [cos(ϕ1 ) · cos(ϕ2 ) − sin(ϕ1 ) · sin(ϕ2 ) + i · (cos(ϕ1 ) · sin(ϕ2 ) + sin(ϕ1 ) · cos(ϕ2 ))] .
c) Zwei der trigonometrischen Summensätze sind
sin(α + β) = sin(α) · cos(β) + cos(α) · sin(β)
und
cos(α + β) = cos(α) · cos(β) − sin(α) · sin(β).
Verwende die Summensätze um zu erklären, warum z1 · z2 = (r1 · r2 ; ϕ1 + ϕ2 ) gilt.
Die Rechenregel für die Division kannst du dir mit den gleichen Schritten überlegen unter Verwendung
der trigonometrischen Zusammenhänge:
sin2 (α) + cos2 (α) = 1,
sin(α − β) = sin(α) · cos(β) − cos(α) · sin(β)
und
cos(α − β) = cos(α) · cos(β) + sin(α) · sin(β).
Aufgabe 3.2. Die Mandelbrotmenge enthält alle komplexen Zahlen c, für die die Folge z1 = c,
zn+1 = zn2 + c beschränkt bleibt.
Die Zahl c = −1 ist zum Beispiel in der ManDie Zahl c = 1 ist zum Beispiel nicht in der
delbrotmenge enthalten:
Mandelbrotmenge enthalten:
z1 = −1
z1 = 1
z2 = (−1)2 + (−1) = 0
z2 = 12 + 1 = 2
z3 = 02 + (−1) = −1
z3 = 22 + 1 = 5
z4 = (−1)2 + (−1) = 0
z4 = 52 + 1 = 26
Die Zahlenfolge springt also immer zwischen −1
und 0 hin und her, und bleibt somit beschränkt.
Die Zahlenfolge wächst unbeschränkt.
(Mögliche
genaue Begründung: Multipliziert man eine Zahl ≥ 2 mit sich
selbst und addiert 1 ist die neue Zahl mehr als doppelt so groß.)
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Komplexe Zahlen
Alle komplexen Zahlen in der Mandelbrotmenge sind im folgenden Bild schwarz dargestellt:
Wir wollen uns überlegen, dass alle reellen Zahlen im Intervall [−2; 0,25] in der Mandelbrotmenge
enthalten sind:
a) Erkläre, warum für 0 ≤ c ≤ 0,25 alle Folgenglieder im Intervall [0; 0,5] liegen.
b) Erkläre, warum für −1 ≤ c ≤ 0 alle Folgenglieder im Intervall [c; 0] liegen.
c) Erkläre, warum für −2 ≤ c ≤ −1 alle Folgenglieder im Intervall [c; −c] liegen.
=⇒ zn+1 ∈ [c; −c]
≤0
≥0
|{z} | {z }
c)
z1
= c ∈ [c; −c],
zn+1
=
zn2
+ c ≥ 0 + c = c,
zn+1
=
zn2
+ c ≤ c2 + c ≤ −c, weil c2 + 2 · c =
≤0
c · (c + 2) ≤ 0.
≥0
|{z} | {z }
b) z1 = c ∈ [c; 0],
3.2 a) z1 = c ∈ [0; 0,5],
zn+1 = zn2 + c ≥ 0 + c = c,
zn+1 = zn2 + c ≥ 0 + 0 = 0,
zn+1 = zn2 + c ≤ c2 + c =
c · (c + 1) ≤ 0 =⇒ zn+1 ∈ [c; 0]
zn+1 = zn2 + c ≤ 0,25 + 0,25 = 0,5 =⇒ zn+1 ∈ [0; 0,5]
c) z1 · z2 = r1 · r2 · (cos(ϕ1 + ϕ2 ) + i · sin(ϕ1 + ϕ2 )) = (r1 · r2 ; ϕ1 + ϕ2 )
b) Ausmultiplizieren und i2 = −1 verwenden.
3.1 a) Umwandlung von Polarform in trigonometrische Form
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