MARKETING Skript Marketing-Grundlagen Inside-out Outside-in 1. Analyse der Marketing-Chancen Umweltanalyse Marktanalyse Branchenanalyse Konkurrenzanalyse Unternehmensanalyse SWOT-Analyse 2. Marketingstrategie USP Segmentierung Zielmarktfestlegung Positionierung 3. Marketing-Mix Product Price Promotion E-Marketing 4. Controlling Place 2 Inhaltsverzeichnis INHALTSVERZEICHNIS......................................................................................................................... 2 MARKETING-GRUNDLAGEN................................................................................................................ 3 Marketing-Definition .......................................................................................................................... 4 Güter ................................................................................................................................................... 6 Marktsystem ....................................................................................................................................... 8 Kundenzufriedenheit ....................................................................................................................... 10 Sektorales Marketing....................................................................................................................... 12 Entwicklungsphasen des Marketing.............................................................................................. 16 INSIDE-OUT VS. OUTSIDE-IN ............................................................................................................. 19 1 ANALYSE DER MARKETING-CHANCEN ................................................................................... 21 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 2 MARKETINGSTRATEGIE............................................................................................................. 48 2.1 2.2 2.3 2.4 3 Umweltanalyse ...................................................................................................................... 24 Marktanalyse ......................................................................................................................... 28 Branchenanalyse .................................................................................................................. 33 Konkurrenzanalyse/Benchmarking..................................................................................... 37 Unternehmensanalyse.......................................................................................................... 41 SWOT-Analyse ...................................................................................................................... 46 Unique Selling Proposition .................................................................................................. 53 Marktsegmentierung............................................................................................................. 56 Zielmarktfestlegung.............................................................................................................. 58 Positionierung ....................................................................................................................... 60 MARKETING-MIX .......................................................................................................................... 65 3.1 Product................................................................................................................................... 66 3.2 Price ....................................................................................................................................... 75 3.3 Promotion .............................................................................................................................. 79 3.3.1 Public Relations ............................................................................................................... 80 3.3.2 Werbung .......................................................................................................................... 83 3.3.3 Verkaufsförderung ........................................................................................................... 92 3.3.4 Verkauf............................................................................................................................. 93 3.4 Place....................................................................................................................................... 97 3.5 E-Marketing.......................................................................................................................... 105 4 CONTROLLING ........................................................................................................................... 110 managerTool.ch 3 Marketing-Grundlagen Grundlagen Marketing ist eine spannende, schillernde, umstrittene, aber auf keinen Fall zu unterschätzende betriebswirtschaftliche Disziplin. Ein fundiertes Verständnis der Systematik und die entsprechende Kompetenz, die geeigneten Werkzeuge richtig einzusetzen, kann den Unternehmenserfolg massgebend beeinflussen. Bevor der Marketingprozess systematisch und integriert betrachtet wird, geht es darum, die wichtigen Marketinggrundlagen zu kennen und zu verstehen; insbesondere: • ein detailliertes Verständnis der Marketing-Definition • ein fundiertes Verständnis von Kundenzufriedenheit und verwandten Themen • ein grundlegendes Wissen um die verschiedenen Güter • ein allgemeines Verständnis für die sektoralen Marketing-Unterschiede • ein praktisches Verständnis verschiedener Marktsysteme • die Kenntnis der Entwicklungsphasen des Marketing der vergangenen Jahrzehnte managerTool.ch 4 Marketing-Definition Marketing-Definition Lernziel: Sie sind in der Lage, Marketing konkret zu definieren und detailliert zu erklären. Marketing ist eine auf die Bedürfnisse eines Marktes gerichtete, systematische, effiziente und wirkungsvolle Steuerung aller Unternehmensaktivitäten zur Erreichung der Unternehmensziele. • Verlangen nach einer Sache • Analyse, Planung, Implementierung und Kontrolle • Die Dinge richtig machen (Doing things right) • Die richtigen Dinge machen (Doing the right things) Grundlagen Marketing ist einer der zentralen Begriffe in der modernen Betriebswirtschaftslehre und vielfach entscheidender Erfolgsfaktor für das Überleben einer Unternehmung. Marketing hat sich im Wandel der Zeit zu einer funktionsübergreifenden Denkhaltung bzw. zu einem Führungskonzept entwickelt. Das bedeutet, dass nicht nur die Marketing-Abteilung, sondern die ganze Unternehmung und mit ihr alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen „Marketing denkt, macht und lebt“. Definition Marketing ist eine auf die Bedürfnisse eines Marktes gerichtete, systematische, effiziente und wirkungsvolle Steuerung aller Unternehmensaktivitäten zur Erreichung der Unternehmensziele. „Bedürfnisse“: Eine Bedürfnis ist ein Verlangen eines Menschen nach einer Sache bzw. eine Lebensnotwendigkeit. „marktgerichtet“: Zeitgemässes Marketing ist nicht nur auf den Konsumenten bzw. Kunden ausgerichtetes Denken und Handeln, sondern berücksichtigt die Bedürfnisse aller Anspruchsgruppen, und bewahrt oder verbessert somit die Lebensqualität der Gesellschaft. Die Forderung (leider bleibt es in der Praxis vielfach bei der Forderung) zielt auf managerTool.ch 5 eine langfristige Optimierung und nicht auf eine kurzfristige Maximierung ab. „systematisch“: Marketing umfasst die Planung, Gestaltung, Koordination und Kontrolle der Transaktionen zwischen einer Unternehmung und ihren Märkten. „effizient“: Erfolgreiches Marketing ist effizient, „macht die Dinge richtig“ oder erreicht mit möglichst wenig Input einen möglichst grossen Output. „wirkungsvoll“: Erfolgreiches Marketing ist effektiv, also wirkungsvoll. Effektivität bedeutet „das Richtige machen“. Richtig ist, was der Markt bzw. die Kunden für richtig beurteilen. Richtig ist, was den Bedürfnissen der Kunden am genauesten entspricht und sie somit zum Kauf motiviert (Motiv = Beweggrund). Unternehmensziele Zu den grundlegenden Unternehmenszielen gehören: • Umsatz, Gewinn bzw. Rendite • Marktbeherrschung oder Marktleader • langfristige Sicherung der Überlebensfähigkeit • Wahrung der Unabhängigkeit • Fortführung einer Tradition • Sicherheit der Arbeitsplätze • sowie die Erfüllung gewisser ökologischer oder gesellschaftspolitischer Ziele (insbesondere bei sog. Non-Profit-Organisationen (NPO), d.h. Unternehmen die einen anderen als einen rein gewinnorientierten Zweck erfüllen) Insbesondere die letzten zwei oder sogar drei Ziele werden zwar in der Theorie genannt, sind allerdings in der Praxis zu relativieren. Folgende Aufzählung von Kritikpunkten am Marketing illustrieren dies: • Marketing fördert die Degenerierung und Kommerzialisierung der Gesellschaft! • Marketing „motipuliert“ den Konsumenten! („motipuliert“ setzt sich zusammen aus „motivieren“ und „manipulieren“) • Marketing orientiert sich lediglich am Unternehmenserfolg und nicht an gesellschaftlich wichtigen Anliegen! • Marketing beschleunigt die Verschwendung natürlicher Ressourcen und fördert die Verschmutzung der Umwelt! • Marketing hintergeht die Gesellschaft durch verfälschte Versprechungen, überhöhte Preise, ungenügende Informationen, hinterlistige Verkaufsmassnahmen usw.! managerTool.ch 6 Güter Güter Lernziel: Sie kennen die unterschiedlichen Produktetypen und verstehen die für die Marketingpraxis relevanten Unterschiede. Güter Freie Güter Wirtschaftsgüter Materielle Güter Konsumgüter Verbrauchsgüter Investitionsgüter Immaterielle Güter Dienstleistungen Rechte (z.B. Patente) Gebrauchsgüter Grundlagen Das Marketing hängt sehr stark von den Charakteristika eines Gutes ab! Ein Marketingkonzept für ein Klopapier kann - ausser dem formellen Teil - kaum mit demjenigen einer Luxusuhr verglichen werden! Güter-Arten Wirtschaftsgüter und freie Güter Wirtschaftsgüter sind – im Gegensatz zu den freien Gütern – nicht kostenlos oder ohne Gegenleistung zu haben. Für freie Güter (wie Luft, einen Spaziergang im Wald, einen Ausblick auf den Vierwaldstättersee usw.) müssen wir heute – zum Glück – noch nichts bezahlen. Werden sie knapper, kann es durchaus sein, dass wir eines schönen Tages dafür Geld hinblättern müssen… Materielle vs. immaterielle Güter Materielle Güter (oder auch Sachgüter) lassen sich anfassen, bzw. bestehen aus „Material“. Immaterielle Güter sind entweder virtuell oder „nicht fassbar“ (Dienstleistungen oder Rechte wie Patente). Wir entwickeln uns zu einer Gesellschaft, die zunehmend immateriell wird. Bücher oder Musik lassen sich bereits heute unkompliziert und ohne materielle Basis (Papier bzw. CD) erwerben. In allen Lebensbereichen finden wir neue Dienstleistungen und bald werden wir auch mit managerTool.ch 7 immateriellen Gütern überhäuft, die wir uns vor einigen Jahren so nie und nimmer hätten vorstellen können. Konsumgüter Kunden von Konsumgüter sind Konsumenten (B2C; Business to Consumer). Konsumgüter lassen sich in Verbrauchs- und Gebrauchsgüter unterteilen. Während Verbrauchsgüter (unmittelbar) „verbraucht“ werden (z.B. Nahrungsmittel, Benzin), dienen Gebrauchsgüter den Konsumenten eine längere Zeit „zum Gebrauch“ (z.B. PC, TV, Kühlschrank). Investitionsgüter Investitionsgüter richten sich nicht an die Konsumenten, sondern an Unternehmen (B2B; Business to Business). Es handelt sich hierbei um Güter, die zur Herstellung von Konsumgüter benötigt werden (z.B. Maschinen, Rohstoffe, Systeme). Produktetypologie Kaufgewohnheit bzw. Dauer der Kaufentscheidung und des damit verbundenen Risikos • Convenience goods (Güter des mühelosen Kaufs) • Shopping goods (Güter des Such- und Vergleichskaufs) • Speciality goods (Güter des Spezialkaufs) Erklärungsintensität • beratungsunabhängige Güter • beratungsintensive Güter Zahl der Bedarfsträger • Massengüter • Individualgüter (Dienstleistungen wurden hier weggelassen.) managerTool.ch 8 Marktsystem Marktsystem Lernziel: Sie verstehen das Marktsystem (der eigenen Branche) und können Zusammenhänge und Abhängigkeiten in eigenen Worten erklären. Firma X Wettbewerber Zwischenhandel M-Mix M-Mix M-Mix Nachfrage Nachfrage Produkteverwender Externe Beeinflusser Externe Beeinflusser Umweltsphären ökonomische ökologische technologische sozio-kulturelle rechtliche Grundlagen Das Marktsystem (oder auch Marktstruktur bzw. Marktgesicht) genannt, zeigt gemäss Prof. Richard Kühn auf einen Blick die wichtigsten Markt-Parameter. Die Rollen und Abhängigkeiten der einzelnen Markt-Player sowie die marktrelevanten Einflussfaktoren lassen sich anhand der systemischen Darstellung einfacher erkennen. Einzelne Rollen Externe Beeinflusser Externe Beeinflusser sind aussenstehende Personen oder Institution, die den Kaufentscheid der Produkteverwender beeinflussen. Beispiele von externen Beeinflussern sind der Ingenieur eines Waschmaschinenherstellers, der ein Statement über ein Waschpulver abgibt, oder Journalisten, die über ein Produkt schreiben. Interne Beeinflusser übernehmen dieselbe Rolle wie externe Beeinflusser und sind Personen oder Institution, die dem Produkteverwender „nahe stehen“. Beispiele dafür sind Kinder, die eine wichtige Rolle beim Autokauf spielen oder innerhalb einer Unternehmung sind es die User, wenn es um den Kauf einer neuen Software geht. managerTool.ch 9 Ersichtliche Zusammenhänge Im Marktsystem ist ersichtlich, welche Zusammenhänge bestehen. Die Unternehmung X, genau so wie deren Wettbewerber, versucht Einfluss auf den Produkteverwender, den Zwischenhandel und die Beeinflusser zu nehmen. Der Zwischenhandel steht zwischen mehreren Anbietern und den Produkteverwendern. Der Produkteverwender nimmt direkt und indirekt Einfluss auf den Zwischenhandel und macht den Kaufentscheid von den Anbietern sowie von den Beeinflussern abhängig. Das ganze Marktsystem wird darüber hinaus von den sog. Umweltfaktoren beeinflusst. managerTool.ch 10 Kundenzufriedenheit Kundenzufriedenheit Lernziel: Sie sind in der Lage, unabhängig von der Leistung, den Unterschied zwischen Kundenerwartung, Kundenzufriedenheit und Kundennutzen sowie die Relevanz für die Marketingpraxis aufzuzeigen. Leistung Kundenerwartung bzw. -anforderung IST SOLL Vergleich kognitiv / emotional Übereinstimmung / Diskrepanz Kundenzufriedenheit bzw. -unzufriedenheit Kundenverhalten Grundlagen „Es ist besser, einen Markt zu haben als eine Fabrik!“ (Peter Drucker) Wichtig für das Verständnis eines zeitgemässen Marketingverständnisses ist die Marketing-Maxime „Marktbzw. Kundenorientierung“! Das Zeitalter ist vorbei, in dem eine Unternehmung das produziert, was sie am besten kann. Heute sind die erfolgreichsten Unternehmen diejenigen, die genau das herstellen, was der Markt will. Mit dem Wandel vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt sind die Unternehmen gezwungen, sich gezielter und systematischer auf die Probleme, Wünsche und Bedürfnisse der potentiellen Abnehmer einzustellen. Eine Unternehmung ist langfristig nur erfolgreich, wenn sie markt- bzw. kunden- und sogar umfeldorientiert denkt und handelt. Marktorientierung heisst, die unternehmerische Tätigkeit als Prozess der Bedürfnisbefriedigung von Kunden und nicht - wie in der Praxis leider allzu oft - als Prozess der Herstellung von Produkten zu sehen. „In der Fabrik stellen wir Kosmetika her. Über die Ladentheke verkaufen wir Hoffnung auf Schönheit!“ (Charles Revson, Altpräsident von Revlon) „Ein Kunde ist nicht die Unterbrechung unserer Arbeit - er allein ist Ziel und Zweck derselben. Wir tun ihm keinen Gefallen, indem wir ihm zu Diensten sind, er tut uns einen Gefallen, indem er uns die Gelegenheit dazu gibt!“ managerTool.ch 11 Kundenzufriedenheit Ziel der Markt- bzw. Kundenorientierung ist ein zufriedener Kunde! Was ist nun ein zufriedener Kunde resp. was charakterisiert die Kundenzufriedenheit? Kundenzufriedenheit ist: • subjektiv • wird durch rationale und/oder durch emotionale Aspekte bestimmt • ist mehrdimensional (vielfältige Einflussfaktoren) • wird von den Kunden nicht „automatisch“ angezeigt • ist nicht direkt operational • wird bestimmt durch: ○ Erfüllung der Kundenanforderungen ○ Einhalten der gegebenen Zusagen ○ Abstand zu Benchmarks Und wichtig: Kundenzufriedenheit bestimmt das Kundenverhalten! managerTool.ch 12 Sektorales Marketing Sektorales Marketing Lernziel: Sie können detailliert Auskunft geben über wichtige Unterschiede zwischen Konsumgüter-, Investitionsgüterund Dienstleistungsmarketing. Darüber hinaus verstehen Sie insbesondere die Charakteristika des B2B-Marketing. KonsumgüterMarketing InvestitionsgüterMarketing DienstleistungsMarketing Massenmarketing Individualmarketing Imagemarketing Massenprodukte, eher tiefpreisig und standardisiert meistens Einzellose, eher hochpreisig und noch nicht hergestellt Immaterielle “Produkte” Käufer: Haushalte Käufer: Unternehmen (Buying-Center) Käufer: beide kurzer, meist emotionaler Kaufentscheid langer, eher rationaler Kaufentscheid kurz bis sehr langer und meist emotionaler Kaufentscheid indirekter Absatz direkter Absatz direkter Absatz oder “Vermittler” Werbung und Preispolitik sehr wichtig Verkauf, Service und Preispolitik sehr wichtig Verkauf und Service sehr wichtig Grundlagen Sektorales Marketing fasst Konsumgüter-, Investitions- und Dienstleistungsmarketing zusammen. In der neueren Zeit spricht man eher von der Unterscheidung zwischen B2B(Business to Business) und B2C-Marketing (Business to Consumer). Das B2C-Marketing entspricht dem Konsumgütermarketing, während das B2B-Marketing dem Investitionsgütermarketing zuzuordnen ist. Das Dienstleistungsmarketing kann sowohl dem B2C- als auch dem B2B-Marketing zugeordnet werden, abhängig davon, ob es eine Dienstleistung für Konsumenten oder eine für Unternehmen ist. Konsumgütermarketing Definition Konsumgüter: Konsumgüter sind die Güter, die der Endverbraucher in erster Linie zur Befriedigung seiner materiellen Interessen benötigt. Kennzeichen: • Kurze Produktlebenszyklen, die aus einem wachsenden Wettbewerbsdruck resultieren (Zeitwettbewerb) • „Me-too“-Produkte, mit deren Hilfe Imitatoren bei technologisch ausgereiften Produkten durch niedrige Preise Marktanteile zu gewinnen versuchen Æ managerTool.ch 13 rechtzeitige Imitation ist „intelligent“; Möglichkeit nicht aus dem Markt gedrängt zu werden • Intensive Werbeaufwendungen im Rahmen einer konsequenten Markenpolitik Æ Kundenbindung (Schaffung von Kundenloyalität) durch Markennamen. (Der Kunde kennt bestimmte Produkte „evoked set“, die er dann bevorzugt kauft. Marken steuern zu diesem Prozess bei.) • In der Regel mehrstufiger Vertrieb unter Einschaltung unterschiedlicher Vertriebskanäle (Distributionsmanagement, insbesondere Mehrkanalmanagement) • Handelsgerichtete Marketingkonzeption, um der zunehmenden Nachfragemacht der Handelsunternehmen gerecht zu werden • Preiskämpfe, ausgelöst durch zunehmenden Wettbewerb Für die Unternehmen ist es wichtig den Abnehmer zu kennen bzw. relevante Informationen über ihn zu erhalten. Dies ist die Voraussetzung für die Fähigkeit, Marktlücken zu entdecken und zu schließen (Kenntnis von Kunden und Nicht-Kunden, von deren Verhalten und dessen Determinanten). Dienstleistungsmarketing Definition Dienstleistung: Verrichtung an oder zum Nutzen von Menschen, die manuell oder maschinell erbracht wird, aber weder auf Vorrat bereitgestellt und gelagert, noch transportiert oder weiterveräußert werden kann. Eine primäre Dienstleistung bildet den Kern einer Austauschbeziehung, während eine sekundäre das Warengeschäft oder die Primäre Dienstleistung flankiert. Kennzeichen: • Dienstleitungen sind nicht materiell, damit nicht lagerund transportfähig sowie häufig nicht „sichtbar“ Æ Aussehen spielt keine Rolle bei der Kaufentscheidung • Aufgrund der Notwendigkeit der permanenten Bereitstellung des Dienstleistungspotentials, das sich bei Dienstleistungen zu einem Großteil aus menschlichen Fähigkeiten zusammensetzt, sind Maßnahmen zur Qualifikation, Schulung und Motivation von Mitarbeitern besonders wichtig • Kunden sind aktiv an der Leistungserstellung beteiligt Æ externer Faktor • Die Kommunikation ist ein expliziter Bestandteil der Dienstleistungserstellung Æ externer Faktor • Da die Leistungsmerkmale eines Anbieters für den Kunden oft nicht nachprüfbar sind, spielen für die managerTool.ch 14 Kaufentscheidung Imagemerkmale des Unternehmens und des jeweiligen Leistungserbringers (z.B. Seriösität, Vertrauens- und Glaubwürdigkeit) eine besondere Rolle (Signalling) Æ Surrogatinformationen spielen eine wichtige Rolle • Da Dienstleistungsqualität objektiv schwer nachprüfbar ist, bildet die Mund-zu-Mund-Kommunikation eine wichtige Determinante bei der Wahl eines Dienstleisters • In der Branche gibt es eine Faustregel: Mit einem unzufriedenen Kunden verliert man 10 potentielle Kunden Investitionsgütermarketing Definition Investitionsgut: Gut, das von gewerblichen Verwendern für die Herstellung von Erzeugnissen oder die Erbringung von Dienstleistungen benötigt wird Kennzeichen: • Produktentwicklung findet vielfach in Zusammenarbeit mit dem Kunden statt (Î Individuallösungen) Æ a) besonders intensive Einbindung des externen Faktors; b) die Unternehmen haben meistens abgeleiteten Bedarf • Angebot von Systemlösungen: Leistung besteht nicht aus einem einzelnen Produkt, sondern aus einer Palette von Produkten und Serviceleistungen wie Beratung, Engineering, Schulung und Wartung usw. (Systemanbieter) • Organisation der Nachfrager in Form eines Einkaufsgremiums („Buying Center“ siehe Webster/Wind-Modell), in dem die Kaufentscheidung der industriellen Abnehmer von mehreren Personen gemeinsam getroffen wird • Der Direktvertrieb steht als Absatzweg im Vordergrund; hohe Bedeutung des persönlichen Verkaufs (Î „Selling Center“) • Individuelle und persönliche Formen der Kommunikation mit dem Kunden haben einen großen Stellenwert Æ a) Dadurch, daß Individuallösungen verkauft werden, ist eine intensive Kundenbetreuung und eine persönliche Kommunikation besonders wichtig, wodurch die Beziehung stabil wird; b) die Entscheidungträger sind Fachleute • Preiskämpfe sind vergleichsweise selten zu beobachten Æ Ein anderes Unternehmen wird es schwer haben (allein schon durch die persönliche Kundenbetreuung), eine auf den Abnehmer maßgeschneiderte Individuallösung anzubieten, da sehr viel Entwicklungskosten und andere Kosten in dem Produkt stecken. managerTool.ch 15 Konzept des Webster/Wind-Modells („Buying Center“) Im „Buying Center“ wird die Beschaffung von Investitionsgütern als komplexer Entscheidungsprozess von den Organisationsmitgliedern, die in einer Gruppe zusammenarbeiten, betrachtet. Vier Determinanten bestimmen den Entscheidungsprozess: • Umweltfaktoren • Bedingungen der Organisation • Interaktion der Personen im „Buying Center“ • individuelle Eigenschaften der am Beschaffungsprozess beteiligten Individuen Mitglieder des „Buying Centers“: • Einkäufer • Entscheider • Benutzer • Informationsselektierer • Beeinflusser Für den Verkäufer ist es wichtig herauszufinden, wer im Betrieb des Kunden welche Rolle in der Kaufentscheidung spielt. (Oft steht dem „Buying-Center“ ein „Selling-Center“ gegenüber. Æ Preiskämpfe sind vergleichsweise selten) Webster/Wind haben darauf verzichtet, strenge Gesetzmäßigkeiten zu postulieren. Das Modell soll lediglich durch Darstellung eines möglichen Zusammenwirkens von verschiedenen Faktoren den Entscheidungsprozess gedanklich durchdringen. Das Modell berücksichtigt aber nicht die Vielfalt konkreter Gegebenheiten und ist auch nicht empirisch überprüfbar. Jedoch ist die Kenntnis des Webster/Wind-Modells (und damit der Komplexität des Entscheidungsprozesses) für die Marketingforschung von investitionsgüterproduzierenden Unternehmen sehr wichtig. managerTool.ch 16 Entwicklungsphasen des Marketing Entwicklungsphasen des Marketing Lernziel: Sie kennen die Veränderungen der Märkte resp. des Marketing und sind in der Lage, Konsequenzen und Anforderungen für etwelche Produkte und/oder Leistungen zu erörtern. DistributionsOrientierung Produktionsund VerkaufsMarktOrientierung Orientierung Marketing als Vertriebsfunktion Marketing als Engpassfunktion 50er Jahre 60er Jahre WettbewerbsOrientierung Umfeld- und IndividualOrientierung Marketing als Führungsfunktion Marketing als strategisches Management Marketing als Führungskonzept 70er Jahre 80er Jahre 90er Jahre Grundlagen Das Marketing ist eine verhältnismässig junge Disziplin. Natürlich mussten bereits unsere (Ur-)Vorfahren Produkte und Dienstleistungen auf dem Markt anbieten und darum feilschen. Von einem konzeptionellen und systematischen Marketing kann allerdings noch nicht gesprochen werden. Interessant sind insbesondere die Entwicklung der letzten ca. 50 Jahre. In dieser Periode haben sich die Märkte und mit ihnen hat sich das Marketing zwangsläufig stark verändert. Entwicklungsphasen in den letzten 50 Jahren 50er Jahre: Distributionsorientierung Nach dem zweiten Weltkrieg war die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen aller Art verständlicherweise gross. Das Angebot reichte lange nicht, um die nachholbedürftigen Menschen zu befriedigen. Die Marketingherausforderung in dieser Zeit bestand darin, die grosse Nachfrage zu decken. Aufgrund des erst langsam wieder funktionierenden Handels und der wenigen, erschlossenen Distributionskanäle kamen dadurch nicht alle Menschen in Genuss des Konsums. Der Vertrieb war eines der Hauptprobleme! managerTool.ch 17 60er Jahre: Produktions- und Verkaufs-Orientierung Die goldenen 60er Jahre waren von einer sehr positiven und anhaltenden Wirtschaftslage geprägt. Die Unternehmen konnten das, was sie produzierten mit grosser Wahrscheinlichkeit auch wieder verkaufen. Dadurch waren die Unternehmen gefordert, ihre Produktionsanlagen immer effizienter und in Richtung Massenproduktion zu optimieren. Erste Marktsättigungstendenzen zwangen die Unternehmen in dieser Zeit überdies, mit intensiven Verkaufsanstrengungen die bisherigen Marktanteile zu behaupten resp. weiter auszubauen. 70er Jahre: Markt-Orientierung In den 70er Jahren waren die Unternehmen in den Industriestaaten zunehmend mit der Situation konfrontiert, dass die Kaufkraft der Konsumenten zwar gross war, andererseits aber das Güterangebot ebenfalls stark gewachsen war. Die Unternehmen mussten ihr Marketing nun effizienter und effektiver gestalten. Themen wie Zielgruppenmarketing oder die Analyse der Kundenbedürfnisse waren mittlerweile im Marketing verbreitet. 80er Jahre: Wettbewerbs-Orientierung Die meisten Märkte waren in den 80er Jahren gesättigt, der Wettbewerb entsprechend hart, die Konsumenten kritischer und die Margen schrumpften. Kurzfristiges Agieren brachte in den 80er Jahren viele Unternehmen in Schwierigkeiten. Fokus der Marketingarbeit war mehr und mehr die strategische Ausrichtung am Markt. Dabei spielte die Antizipation des Verhaltens der Mitbewerber eine zunehmend wichtige Rolle. Benchmarking wurde zur Pflicht. 90er Jahre: Umfeld und Individual-Orientierung Seit Beginn der 90er Jahre unterscheiden sich die Produkte immer weniger. Unterschiede zwischen den Konkurrenzangeboten sind für die Verbraucher immer schwieriger auszumachen. Nicht zuletzt durch die zunehmende Internationalisierung und Globalisierung wurde der Wettbewerb zwischen den Anbietern immer härter. Die schnelle und Beschaffung für jedermann wurde durch Telekommunikation, Internet und weitere elektronische Neuerungen möglich. Erste Rufe nach Oneto-One-Marketing wurden laut. Erkenntnisse, dass es wesentlich günstiger ist, einen Kunden zu binden, als einen neuen zu gewinnen, machte die Runde unter den Marketers. Welche Merkmale prägen die Marketingarbeit von heute? Themen wie der „gläserne Kunde“, Guerilla-Marketing, Marketingkoalitionen, Internetmarketing o.ä. dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Marketing in seiner Entwicklung stagniert. Viel weiter als das Marketing der 90er Jahre sind wir nicht! Und wer effektives, effizientes und sogar noch innovatives Marketing betreibt, hat auch managerTool.ch 18 heute noch gute Chancen, überdurchschnittliche Umsätze zu generieren! managerTool.ch 19 Inside-out vs. Outside-in Inside-out Outside-in • ressourcenorientiert • technologiegetrieben • F&E-Impulse • Sache ist innovativ • Investitionsgüter • bedürfnisorientiert • marktgetrieben • Marketingimpulse • Erlebnis ist innovativ • Konsumgüter / DL Erfolgspotential auf Wachstumsmärkten Bsp.: Newton Erfolgspotential auf gesättigten Märkten Bsp.: Swatch Lernziel: Innovationen entstehen entweder Inside-out (auf der Basis der eigenen Fähigkeiten und/oder Ideen) oder Outside-in (auf der Basis von Kundenbedürfnissen und wünschen). Sie verstehen diesen Unterschied und wissen Bescheid über die bedeutenden Parameter des Innovationsmanagement. Grundlagen Bei der Gegenüberstellung von Inside-out vs. Outside-in geht es um die Frage, WIE eine Innovation entsteht. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie eine geeignete Geschäftsidee gefunden werden kann. Die sog. Outside-inInnovation verspricht oft mehr Erfolg als die sog. Insideout-Innovation, da erstere aufgrund eines Bedürfnisses entsteht. Innovationen entstehen allerdings selten entweder Insideout (auf der Basis der eigenen Fähigkeiten und/oder Ideen) oder Outside-in (auf der Basis von Kundenbedürfnissen und -wünschen). In der Praxis ist es immer etwas von Beidem. Inside-out Inside-out-Innovationen sind gekennzeichnet durch • eine stärkere Ressourcenorientierung (d.h. was können wir, statt was brauchen die Kunden) • eine stärkere Technologie-Affinität (d.h. grösseres Interesse an dem was man kann, statt an dem, was der Kunde möchte) • F&E-Impulse (d.h. die Ideen bzw. Möglichkeiten kommen von den Forschungs- und EntwicklungsLeuten, statt von der Benutzerseite) managerTool.ch 20 • eine innovative Sache (d.h. das Produkt ist innovativ, ob das Erlebnis von den Kunden auch so erlebt wird, ist eine andere Frage) • eine stärkere Verbreitung bei Investitionsgütern Erfolgspotential: Eher auf Wachstumsmärkten Outside-in Inside-out-Innovationen sind gekennzeichnet durch • eine stärkere Bedürfnisorientierung (d.h. was will der Kunde, statt was können wir) • eine stärkere Marktorientierung (d.h. Orientierung an Kunden, Wettbewerbern, Branchenentwicklung, statt an dem, was wir können) • Marketingimpulse (d.h. die Ideen bzw. Vorstellungen kommen von Produkteverwendern, statt von uns) • ein innovatives Erlebnis (d.h. das Erlebnis ist innovativ, ob das Produkt von den Kunden auch so erlebt wird, ist eine andere Frage) • eine stärkere Verbreitung bei Konsumgütern und Dienstleistungen Erfolgspotential: Eher auf gesättigten Märkten managerTool.ch 21 1 Analyse der Marketing-Chancen 1. Analyse der Marketing-Chancen Lernziel: Sie kennen die Bestandteile einer fundierten Marketingchancen-Analyse, verstehen den Unterschied zwischen der internen und der externen Analyse und sind in der Lage, die Marketing-Chancen für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu eruieren. Interne Analyse Unternehmensanalyse Externe Analyse Umweltanalyse Marktanalyse Stärken Schwächen Branchenanalyse Chancen Konkurrenzanalyse Gefahren SWOT Unternehmensstrategie Grundlagen Marketing als Management-Konzept bzw. das Marketingkonzept steht für sämtliche Entscheidungen, die das Marktverhalten der Unternehmung bestimmen. Es umfasst die Marketingstrategie mit den entsprechenden Zielen, Massnahmen und Mitteln sowie den Einsatz der Marketinginstrumente (4 Ps). Die Marketingstrategie resultiert aus der Unternehmensstrategie, die wiederum aus einer fundierten Chancen/Gefahren- und Stärken/Schwächen-Analyse (SWOT-Analyse; S = Strenghts, W = Weaknesses, O = Opportunities, T = Threats) abgeleitet wird. Als kontinuierlicher und paralleler Prozess dazu die Marktforschung und das Marketingcontrolling, welche permanent die Effektivität und die Effizienz sämtlicher Marketingentscheidungen und Massnahmen gewährleisten sollen. Die Unternehmensstrategie legt die zukünftige Marschrichtung der Unternehmung fest, die als Leitplanke die Massnahmen und Ressourcen auf ein gemeinsames Ziel hin konzentriert. Die Strategie beantwortet somit die Frage, was die Unternehmung in Zukunft aus welchen Gründen sein will resp. das strategische Management plant und gestaltet die zukünftige Unternehmensentwicklung. Bevor eine Strategie entwickelt und formuliert werden kann, muss die Ausgangslage bzw. die Situation analysiert werden. Die Ausgangslage lässt sich sinnvollerweise in eine externe Analyse (Umweltanalyse) und eine interne Analyse (Unternehmensanalyse) unterteilen. managerTool.ch 22 Externe Analyse Für eine Unternehmung ist es wichtig, Entwicklungen in der Umwelt möglichst frühzeitig zu erkennen, um agieren bzw. sofort reagieren zu können. „Nicht die Grossen werden die Kleinen fressen, sondern die Schnellen die Langsamen.“ (Heinz Peter Halek) Bei der Umweltanalyse interessieren • die Entwicklungen in den einzelnen Umweltsphären (ökonomische, ökologische, sozio-kulturelle, technologische und rechtliche Entwicklungen und Veränderungen der Rahmenbedingungen); z.B.: ○ Der Innovationsdruck, die immer kleiner werdenden Lose und die immer kürzeren Produktlebenszyklen... ○ Wettbewerbs- und Preisdruck und die damit verbundene Marktsättigung... ○ Der Anfang von gigantischen Datenautobahnen... ○ Das Gefühl des subjektiven Zeitmangels... ○ Menschen streben nach immer mehr Komfort und Genuss... ○ Die extreme Informationsüberlastung... ○ Das Kauferlebnis wird immer bedeutungsvoller... ○ Die männliche Frau und der weibliche Mann ... ○ Die zahlreicheren Senioren werden immer jünger, leben immer länger... ○ Die immer grösser werdende Zahl der Singles oder Dinks... ○ Die Produkte werden austauschbarer, immaterieller und intelligenter... ○ Die „Glokalisierung“ und das Motto „think global, act local“ bringt den Wettbewerb in neue Dimensionen... • der Markt (z.B. Marktgrössen, Käuferkonzentration, Saisonabhängigkeiten, Kaufhäufigkeit, Nachfrageelastizität) • die Branche (z.B. Art der vorhandenen Produkte, Erfahrungsvorteile, Transport- und Distributionskosten, Markteintrittsbarrieren) und • (bestimmte) Konkurrenten (z.B. Strategien und Annahmen der Wettbewerber). Interne Analyse Während bei der Analyse der Unternehmensumwelt die Chancen und Risiken für die Unternehmung unter die Lupe genommen werden, betrachtet man bei der Unternehmensanalyse die Stärken und Schwächen der Unternehmung bzw. die relativen Wettbewerbsvorteile. „Relativ“, im Verhältnis zu den Wettbewerbern. Sehr oft fällt in diesem Zusammenhang der Begriff strategische Erfolgsposition (USP: Unique Selling Proposition), d.h. „die Fähigkeiten, die es der Unternehmung erlauben, im managerTool.ch 23 Vergleich zur Konkurrenz auch längerfristig überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen.“ Beispiele von USP’s sind: • McDonald’s: hervorragende Standorte; Einkaufszentren, wichtige Verkehrsnetze, Fussgängerzonen • 3M: Hunderte von innovativen Produkten (z.B. Post-it); kreativitätsförderndes Betriebsklima • Nestlé: enormes Liquiditäts- und Finanzpotential • Coca-Cola: wertvollste Marke, weltweit bekannt managerTool.ch 24 1.1 Umweltanalyse Umweltanalyse Lernziel: Sie kennen die verschiedenen Umweltsphären einer Unternehmung. Anspruchsgruppen Umweltsphären Institutionen Staat Kapitalgeber Wettbewerber Lieferanten Unternehmen Kunden Mitarbeiter Grundlagen Gemäss den einleitenden Ausführungen steht das System Unternehmung in einem dynamischen Kontext (Zusammenhang, Umgebung) mit ihrer Umwelt. Die Unternehmung wird beeinflusst und ist abhängig von den Entwicklungen der Umwelt. Umgekehrt kann die Unternehmung kaum relevanten Einfluss auf die Entwicklung dieser Rahmenbedingungen nehmen. Um die Vielfältigkeit und Komplexität dieser Entwicklungen darzustellen, drängt sich eine Unterteilung in sogenannte Umweltsphären auf: Ökonomische Umweltsphäre Einige Beispiele für Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind: • Währungsschwankungen • Verschiebung der globalen Arbeitsteilung • Zunahme der internationalen Konkurrenz • anhaltende Konzentrationsprozesse • enorme Verschuldung vieler Entwicklungsländer • Verlagerung der Wachstumsmärkte • immer mehr gesättigte Märkte • Wandel im Käuferverhalten managerTool.ch 25 • unüberschaubare Produktevielfalt • Deregulierung vieler Märkte • Verknappung der Rohstoffe • Grenzen des quantitativen Wirtschaftswachstums Technologische Umweltsphäre Veränderungen der technologischen Rahmenbedingungen umfassen alles, was in die Bereiche der Technik und der Naturwissenschaften fällt, z.B.: • revolutionäre Basistechnologien • enorme Bedeutung der Mikroelektronik • rascher Wandel in der Informations- und Kommunikationstechnologie • frappante Bedeutung der Gentechnologie • bahnbrechende Entwicklungen in der Robotik und der Automation • zunehmende Miniaturisierung • Wandel der Zahlungsmöglichkeiten • wesentlich kürzer werdende Produktlebenszyklen Sozio-kulturelle Umweltsphäre Veränderungen der sozio-kulturellen Rahmenbedingungen betreffen den Menschen mit seinen Wünschen und Wertvorstellungen als Einzelperson, in Familie bzw. Gemeinschaft und umfassen Bereiche wie Gesundheit, Bildung, Politik und Religion: • anhaltend strukturell hohe Arbeitslosigkeit • steigende Bedeutung der Weiterbildung • neue Arbeits(zeit)modelle • vermehrte Individualität und Einsamkeit • subjektiver Zeitmangel • gesundheitheitsbewusster, genuss- und lustbetonter Leben • zunehmende Informationsüberlastung • Suche nach dem Kauferlebnis • Trend zur männlichen Frau und zum weiblichen Mann • mehr junge bzw. junggebliebene Senioren managerTool.ch 26 Ökologische Umweltsphäre Veränderungen der ökologischen Rahmenbedingungen beinhalten Problemkreise wie Rohstoffe, Energie, Wasser und Luft sowie Abfallbeseitigung: • verstärktes Ökologiebewusstsein breiter Kreise der Öffentlichkeit • sparsamer Umgang mit Ressourcen • Beschränkung gefährlicher Stoffe • Drängen auf ökologische Produktion • strengere Produktzulassung • striktere Entsorgungsvorschriften • schärfere Luftreinhalteverordnungen Anspruchsgruppen Gemäss den einleitenden Ausführungen ist eine Unternehmung ein zweckorientiertes, offenes, dynamisches und sozio-kulturelles System. Mit der Betrachtung der Zweckorientierung stellt sich die Frage „Welchen Zweck bzw. Wert und für wen soll die Unternehmung wirtschaftend schaffen?“. Wer erhebt somit Anspruch auf die geschaffenen Werte bzw. auf die Wertschöpfung? Wirtschaften führt nicht nur zu erwünschten Resultaten in Form von Umsatz, Gewinn oder Marktanteilen, sondern sind immer auch mit unerwünschten Ergebnissen in Form von Umweltbelastung, menschlichen Schicksalen, fehlerhafte Produkte usw. verbunden. Der Zweck der Unternehmenstätigkeit besteht nicht ausschliesslich in der Gewinnmaximierung, sondern in der Befriedigung verschiedenster Interessen aller Anspruchsgruppen. Während es den Shareholdern lediglich um die kurzfristige Gewinnmaximierung geht, ist bei den Stakeholdern eine langfristige - und v.a. vernünftige - Nutzenoptimierung von Interesse. Anspruchsgruppen (Stakeholders) Interessen (Ziele) I Interne Anspruchsgruppen • Einkommen/Gewinn 1. Eigentümer • Kapitaleigentümer • EigentümerUnternehmer • Erhaltung, Verzinsung und Wertsteigerung des investierten Kapitals • Selbständigkeit/Entscheidungsa utonomie • Macht, Einfluss, Prestige 2. Management • Entfaltung eigener Ideen und Fähigkeiten, Selbstverwirklichung managerTool.ch 27 3. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen • Einkommen • soziale Sicherheit • flexible Arbeitszeiten • sinnvolle Betätigung, Entfaltung der eigenen Fähigkeiten • zwischenmenschliche Kontakte • Status, Anerkennung, Prestige II Externe Anspruchsgruppen 4. Fremdkapitalgeber • sichere Kapitalanlage • befriedigende Verzinsung • Vermögenszuwachs 5. Lieferanten • konstante Liefermöglichkeiten • termingerechte Begleichung der Rechnungen 6. Kunden • qualitativ und quantitativ befriedigende Marktleistung zu günstigen Preisen • Service, Beratung, Betreuung... 7. Konkurrenz • Einhaltung fairer und konstruktiver Wettbewerbsgrundsätze • Zusammenarbeit auf branchenpolitischer Ebene 8. Staat und Gesellschaft • lokale und nationale Behörden • ausländische und internationale Organisationen • Verbände und Interessenlobbies aller Art • Polit. Parteien • Bürgerinitiativen • Steuern • Sicherung der Arbeitsplätze • Sozialleistungen • Einhalten von Rechtsvorschriften und Normen • Teilnahme an der politischen Willensbildung • Beiträge an kulturelle, wissenschaftliche und bildende Institutionen • Erhaltung einer lebenswerten Umwelt • allgemeine Öffentlichkeit managerTool.ch 28 1.2 Marktanalyse Quantitative Marktanalyse Marktkapazität Qualitative Marktanalyse Wer kauft? Käuferstruktur (ohne Kaufkraft zu berücksichtigen) Was? Leistung (objektiv), Nutzen (subjektiv) Marktpotential (Kaufkraft berücksichtigt) Wie oft? Einkaufshäufigkeit, -intensität Marktvolumen (Absatzmenge bzw. Summe der Umsätze aller Hersteller) Marktanteil (Anteil des %-ualen U’umsatzes am Marktvolumen) Wie lange? Wo? Wofür? Wiederkäuferanalyse, Markentreue Kanal, Verteileranalyse Verwendungsanalyse Lernziel: Sie kennen die wichtigsten Marktgrössen und können diese für beliebige Produkte oder Dienstleistungen berechnen. Sie wissen Bescheid über die Funktionsweise der Marktforschung und können anhand einer beliebigen Ausgangslage ein Marktforschungskonzept erarbeiten. Sie sind überdies in der Lage eine Primärerhebung durchzuführen. Grundlagen Damit eine Unternehmung marktorientiert denken und handeln kann, muss sie ihre Märkte und deren Grösse kennen. Im alltäglichen Sprachgebrauch wird der Begriff Markt - je nach Gesichtspunkt - unterschiedlich verwendet: Man spricht von einem Markt für ein bestimmtes Bedürfnis (z.B. dem Diätmarkt), vom Produktmarkt (z.B. dem Biermarkt), vom demografischen Markt (z.B. dem Seniorenmarkt) und vom geografischen Markt (z.B. dem schweizerischen Markt). Für eine Unternehmung ist eine solche Beschreibung eines Marktes in den meisten Fällen zu weit gefasst. Für eine aussagekräftige Vorhersage der Marktgrösse muss der untersuchte Markt anhand von mehreren Dimensionen charakterisiert werden. Um die zukünftigen Marktchancen abschätzen zu können und eine Entscheidungsgrundlage zu haben, ist die Kenntnis der verschiedenen Marktgrössen einerseits und die Analyse der Kunden andererseits für die Unternehmung von fundamentaler Bedeutung. managerTool.ch 29 Quantitative Analyse Bei der quantitativen Analyse geht es um die folgenden, zentralen Marktgrössen bzw. –kennzahlen: • Marktanteil • Marktvolumen • Marktpotential • Marktkapazität Qualitative Analyse Bei der qualitativen Analyse geht es meist um die folgenden, zentralen Informationen: • Käuferstruktur (Wer kauft?) • Leistung und Nutzen (Was wird gekauft?) • Kaufhäufigkeit (Wie oft wird gekauft?) • Markentreue (Wie lange wird gekauft?) • Kaufort (Wo wird gekauft?) • Verwendungsanalyse (Wozu wird gekauft?) Markforschung Die Marktforschung umfasst somit alle Aktivitäten zur Suche, Sammlung, Aufbereitung und Interpretation von Informationen über den Markt zur Schaffung von Entscheidungsgrundlagen im Marketing. Im Gegensatz zur Markterkundung, die gelegentlich, unsystematisch und vielfach zufällig geschieht, erfolgt die Marktforschung systematisch und beruht auf wissenschaftlichen Methoden. Marktforschungsprozess Prinzipiell durchläuft jede Marktuntersuchung folgende vier Phasen: • Problemdefinitions- bzw. Designphase: Erkennen und Definieren des Entscheidungs-/Untersuchungsproblems • Informationsgewinnungsphase: Auswahl der Methode zur Informationserhebung gemäss den Anforderungen des Untersuchungsproblems • Informationsverarbeitungsphase: Verarbeitung, Auswertung und Interpretation der erhobenen Informationen • Kommunikationsphase: Präsentation der Ergebnisse und Weiterleitung an die Entscheidungsträger managerTool.ch 30 Anforderungen an die Marktforschung Informationen, die durch Marktforschung gewonnen werden, sollten folgenden Anforderungen genügen: • Die Marktforschung sollte objektive Informationen liefern. Dazu gehört auch eine unvoreingenommene Interpretation der Marktforschungsergebnisse. • Informationen sollten reliabel (zuverlässig) sein. Ein Ergebnis ist dann reliabel, wenn es unter denselben Bedingungen reproduzierbar ist. • Die Validität (Gültigkeit) gibt Auskunft darüber, inwieweit und wie genau ein interessierender Sachverhalt durch die Untersuchung erfasst wurde. Erhebungsmethoden der Marktforschung Grundlagen der Marktforschung sind marktbezogene Informationen. Um diese zu gewinnen, bietet die Marktforschung ein breites Spektrum an verschiedenen Methoden. Diese werden in der Literatur grundsätzlich den zwei Oberbegriffen Sekundärerhebung (auch Desk Research genannt) und Primärerhebung (auch Field Research genannt) zugeordnet. Welche der Methoden gewählt wird, ist von der Art der Fragestellung, der angestrebten Genauigkeit und Sicherheit der Ergebnisse und den Kosten des jeweiligen Verfahrens abhängig. Ebenso muss auch die grundsätzliche Entscheidung getroffen werden, ob die Marktforschung durch eigene Mitarbeiter betrieben werden soll, oder ob sie an Marktforschungsinstitute vergeben wird. Argumente für die Vergabe sind z. B. die bessere Methodenkompetenz, die grössere Objektivität oder die leistungsfähigeren Erhebungsinstrumente dieser Institute. Dagegen sprechen die hohen Risiken durch mangelnde Diskretion, eine schwer nachprüfbare Auftragserfüllung und die meist sehr hohen Kosten. Sekundärerhebung Ale Sekundärerhebungen bezeichnet man alle Auswertung bereits vorhandener Daten, sogenannter Sekundärinformationen, die ursprünglich für andere Zwecke erhoben wurden. Da Sekundärerhebung wesentlich günstiger sind als Primärerhebungen, sind in der Marktforschung grundsätzlich immer zuerst vorhandene sekundäre Quellen zu konsultieren und auszuwerten. Für die Sekundärerhebung kommen sowohl betriebsinterne als auch betriebsexterne Quellen in Frage. Betriebsinterne Quellen: z.B. Absatzstatistiken, Auftragseingangsstatistiken, Informationen des Rechnungswesens, Rapporte über Kunden- und Messebesuche, Planungsunterlagen Betriebsexterne Quellen: z.B. Veröffentlichungen und Auskünfte staatlicher und halbstaatlicher Institutionen (statistische Ämter, BBT, SNB, EVD, von Verbänden (Wirtschaftsverbände, Konsumentenverbände, Gewerkschaften), von Marktforschungsinstituten, managerTool.ch 31 Firmenhandbücher und Adressbücher, Tages- und Fachpresse, Forschungsberichte. Primärerhebung Kann man aus den vorhandenen Sekundärquellen nicht die erforderlichen Informationen gewinnen, so müssen durch Primärerhebungen neue bisher noch nicht erhobene Marktdaten ermittelt werden. Die Informationen werden somit primär mit Hilfe von speziellen Erhebungstechniken - häufig von spezialisierten Marktforschungsinstituten - gewonnen: • Befragung Eine Befragung kann mündlich (Interview), schriftlich (Fragebogen oder Internet) oder telefonisch erfolgen. • Beobachtung Im Gegensatz zur Befragung, bei welcher subjektive Äusserungen im Vordergrund stehen, werden mit Beobachtung v.a. objektive Sachverhalte erhoben, wie z.B. Kaufverhalten, die Wirkung einer bestimmten Plazierung von Produkten in Regalen oder die Reaktionen des Käufers bei einem Verkaufsgespräch. Es wird unterschieden zwischen Feldbeobachtung (verdeckte Beobachtung, unter natürlichen Bedingungen am Verkaufsort) und Laborbeobachtung (offene Beobachtung, unter künstlich geschaffenen Bedingungen, z.B. Blindtest von Getränken). • Test Die versuchsweise Einführung eines neuen Produkts in einem relativ eng abgegrenzten Markt, der nur ein Teil des zukünftigen Markts darstellt, wird Markttest genannt. Dabei kann das Produkt selbst, die Verpackung oder der Preis im Vordergrund stehen. • Panel Ein Panel ist eine wiederholte, über einen längeren Zeitraum hinweg durchgeführte, schriftliche Befragung eines ausgewählten, gleichbleibenden Kreis von Personen. So werden z.B. im Detailhandelspanel der Firma Nielsen aus Luzern alle zwei Monate die Umsätze von 240 Detailhandelsgeschäften im Food-Bereich erhoben. Oder das Haushaltspanel der Firma IHA aus Hergiswil erfasst 2'250 Haushalte, die über ihre Einkäufe Tagebuch führen (Mengen, Preise, Einkaufsort). Auswertung der gewonnenen Informationen Nach der Erhebung sollten die Daten zugeordnet, geprüft und analysiert werden. Durch die Analyse der Daten können zukünftige Entscheidungen besser getroffen und begründet werden. Dabei ist es von grosser Bedeutung, dass die in den Umfragen gewonnenen Informationen auch auf die jeweilige Entscheidung zugeschnitten sind. Jede Datenauswertung (Analyse) kann nur so gut sein, wie die dafür erhobenen Daten. Um eine einfache Übersicht über die Häufigkeiten zu bekommen, genügt das Führen einer managerTool.ch 32 Strichliste. Zur Ermittlung komplexerer Zusammenhänge oder zur Auswertung umfangreicherer Untersuchungen, bieten sich statistische Computerprogramme wie z.B. SPSS an. In der Regel ist jedoch die Funktionalität von Microsoft Excel völlig ausreichend. Die nun folgenden Analysen haben verschiedene Absichten und Ziele im Hinblick auf unternehmerische Entscheidungen. managerTool.ch 33 1.3 Branchenanalyse Branchenanalyse (gemäss Porter) Lernziel: Sie können eine Branchenanalyse vornehmen. Gefahr des Markteintritts durch neue Konkurrenten Verhandlungsstärke der Lieferanten Rivalität unter Konkurrenten Verhandlungsstärke der Abnehmer Druck durch Substitutionsprodukte Grundlagen Im Rahmen dieser Analyse wird die Branche, sprich die Summe der Anbieter, studiert. Es geht im Kern um die Frage, wohin sich die Branche entwickelt und damit um folgende Aspekte: • Branchen-Rentabilität (hohe oder tiefe Umsatzrentabilität; konstruktiver vs. destruktiver Branchenkampf) • Branchen-Struktur (viele Anbieter mit geringen Marktanteilen oder wenige Anbieter, die sich den Markt untereinander aufteilen) • Branchen-Dynamik (Veränderungen der AnbieterKonstellation; Eintritts- und Austrittsbarrieren) • Branchen-Reife (junge Branche vs. veraltete Branche) Porters Modell der fünf Wettbewerbskräfte ermöglicht die systematische Analyse der Attraktivität einer ganzen Branche. Es werden die fünf entscheidenden Wettbewerbskräfte analysiert und deren Konsequenzen auf die Unternehmensentwicklung abgeleitet. Porter geht davon aus, dass nicht alle Branchen das gleiche Gewinnpotential haben, sondern dass die zusammengefasste Stärke der fünf Wettbewerbskräfte die Wettbewerbsintensität und damit das Gewinnpotential und die Branchenrentabilität weitgehend bestimmt. managerTool.ch 34 Bedrohung durch neue Konkurrenten Um das Bedrohungspotential neu eintretender Wettbewerber bestimmen zu können, müssen die Attraktivität der Branche (Volumen, Margen), die Eintrittsbarrieren, also jene Barrieren, die neuen Wettbewerbern den Zugang zum Markt erschweren, und die absehbaren Reaktionen der etablierten Wettbewerber analysiert werden. Eintrittsbarrieren: • Betriebsgrössenersparnisse (economies of scale): Betriebsgrössenersparnisse schrecken neue Wettbewerber ab, da sie gezwungen werden, mit hohen Anlaufverlusten und Produktionsvolumina in den Markt einzusteigen. • Kapitalbedarf: Müssen hohe finanzielle Mittel in den Markteinstieg investiert werden, so stellt dies für einige Unternehmen eine nicht zu überwindende Hürde dar. • Umstellungskosten: Bei hohen sind neue Wettbewerber gezwungen, zu deutlich niedrigeren Konditionen anzubieten, oder sie benötigen einen hohen objektiven Produktvorteil. • Produktdifferenzierung: Neue Wettbewerber müssen viel investieren, um bestehende Kundenloyalität zu überwinden. • Zugang zu Vertriebskanälen: Haben bestehende Wettbewerber eine starke Stellung bei den Vertriebspartnern, so müssen neue Konkurrenten viel Zeit und Geld aufwenden, um neue Kanäle aufzubauen. Die zu erwartenden Reaktionen der bestehenden Wettbewerber auf den Eintritt neuer Mitbewerber werden ebenfalls das Risiko des Eintritts beeinflussen. Wenn etablierte Unternehmen über hohe finanzielle Mittel und umfangreiche sonstige Ressourcen verfügen, sowie harte Vergeltungsmassnahmen gegen früher Eingetretene ergriffen wurden, ist die Wahrscheinlichkeit des Misserfolgs und die Höhe des zu erwartenden Verlusts relativ hoch. Geringe Erfolgsaussichten des Markteintritts schrecken neue Wettbewerber in der Regel wirksam ab. Die neu in den Wettbewerb eintretenden Unternehmen müssen abschätzen, ob die Ertragschancen eines Eintritts höher sind als die zusätzlich zu erwartenden Kosten aus der Überwindung von Eintrittsbarrieren und den zu erwartenden Reaktionen der etablierten Mitbewerber. Bedrohung durch Ersatzprodukte Substitutionsprodukte können auch aus weit entfernt liegenden Branchen stammen und dennoch die gleichen Funktionen erfüllen wie die Produkte der etablierten Unternehmen. Entscheidend ist ausschliesslich die Problemlösungskompetenz und die Funktionserfüllung aus Kundensicht. Um Ersatzprodukte ausfindig zu machen, ist nach der eigentlichen Problemlösung zu fragen, die der Kunde sucht. Alle Produkte, die aus Sicht des Kunden diese Funktion erfüllen können, sind grundsätzlich als managerTool.ch 35 Substitut zu betrachten. Dabei gelangt man häufig in Geschäftszweige, die weit von der eigenen Branche entfernt sind. Verhandlungsmacht der Abnehmer Für die Stärke der Abnehmergruppen gelten folgende Zusammenhänge (Porter, 1992): • Die Abnehmergruppe ist stark konzentriert und hat hohen Anteil am Gesamtumsatz des Verkäufers. • Je niedriger die Gewinne des Abnehmers sind, desto eher wird er versuchen, die Einkaufspreise zu senken. • Bei standardisierten, nichtdifferenzierten Produkten sind die Abnehmer meist in der Lage, die Lieferanten zu wechseln oder diese gegeneinander auszuspielen. • Je niedriger die Umstellkosten sind, denen sich der Abnehmer beim Wechseln der Lieferanten gegenübersieht (z.B. Kosten für Umschulung), desto leichter kann der Wechsel der Lieferanten erfolgen. • Wenn die Abnehmer eine Möglichkeit zur Rückwärtsintegration haben, können sie oft Zugeständnisse bei ihren Lieferanten erreichen. Verhandlungsmacht der Lieferanten Die Verhandlungsstärke der Lieferanten ist von folgenden Faktoren abhängig: • Konzentrationsgrad und Anzahl der Lieferanten: Ist der Konzentrationsgrad der Lieferanten hoch und wird der Lieferantenmarkt von einem oder wenigen Unternehmen dominiert, so ist ihr Einfluss auf Preis, Qualität und Verfügbarkeit und damit auch die Abhängigkeit der Abnehmer gross. • Die Lieferanten sind nicht durch Substitute bedroht, mit denen sie konkurrieren müssen. • Wenn die Lieferanten beim Kunden Produktdifferenzierungen aufgebaut haben oder der Umstieg zu anderen Lieferanten hohe Umstellungskosten mit sich bringen würde, wird die Verhandlungsstärke der Lieferanten ebenfalls erhöht. • Eine besondere Machtposition haben Lieferanten, wenn sie die Möglichkeit zur Vorwärtsintegration haben. Rivalität unter den bestehenden Unternehmen Die Wettbewerbsintensität unter den bestehenden Konkurrenten hängt von folgenden Faktoren ab: • Zahlreiche oder gleich ausgestattete Wettbewerber mit einer vergleichbaren Kostensituation sind der Grund dafür, dass die Rivalität unter den bestehenden managerTool.ch 36 Wettbewerbern im Kampf um die Marktführerschaft relativ hoch ist. • Fehlende Differenzierung verstärkt den Rivalitätsgrad, da aufgrund weitgehend austauschbarer Produkte der Wettbewerb primär über den Preis geführt wird. • Heterogene Wettbewerber, die sich in Zielen und Strategien, Herkunft, Einstellungen oder Stellung in ihrem Konzern deutlich voneinander unterscheiden, lassen nicht zu, dass sich allgemein gültige Wettbewerbsspielregeln durchsetzen. • Hohe strategische Einsätze können für die Rivalität unter den etablierten Unternehmen von Bedeutung sein, wenn einige Unternehmen alles darauf ausrichten, die Gesamtstrategie des Konzerns zu vollziehen, und zur Erreichung der gesteckten Ziele zu aggressiven Mitteln greifen (Preissenkungen, Dumping etc.). • Grosse Kapazitätsausweitungen, die mit dem Ziel getätigt werden, Kostenvorteile zu erreichen, können das Angebot-Nachfrage-Verhältnis destabilisieren und den Wettbewerb intensivieren. • Geringes Branchenwachstum führt zu einem harten Wettbewerb um Marktanteile. • Hohe Austrittsbarrieren liegen dann vor, wenn der Austritt aus einer Branche durch ökonomische, strategische oder auch emotionale Faktoren erschwert wird, und daher Unternehmen im Wettbewerb verbleiben, obwohl die Rentabilität unbefriedigend ist. managerTool.ch 37 1.4 Konkurrenzanalyse/Benchmarking Konkurrenzanalyse/Benchmarking Lernziel: Sie sind in der Lage, eine Konkurrenzanalyse durchzuführen. Output, Resultate, Erfolgsfaktoren Was gilt es zu untersuchen? W I R Wer ist der Beste? D E R Informationen sammeln B E Informationen sammeln S Wie machen Wie macht es T E wir es? der Beste? Analyse der Informationen Prozesse, Verfahren, Methoden Grundlagen Für eine erfolgreiche Marktpositionierung und die Festlegung der Wettbewerbsstrategie ist es wichtig, die direkten Wettbewerber zu kennen. Wettbewerber sind in erster Linie Unternehmen, die insgesamt oder in einem Geschäftsfeld auf denselben Marktzweck wie das eigene Unternehmen ausgerichtet sind. Mit „direkt“ sind diejenigen Player gemeint, die entweder den eigenen Marktanteil torpedieren oder aktuell bzw. zukünftig eine Bedrohung darstellen. Die Anzahl selbst ist dabei nicht unbedingt das ausschlaggebende Element, sondern die Kompetenz und Stärke der einzelnen Firmen. Bei der Analyse ist es deshalb empfehlenswert drei Gruppen zu bilden: 1. Marktführer und Marktherausforderer Solche Wettbewerbsfirmen haben eine besonders ausgeprägte Marktstellung und übernehmen eine Führungsfunktion in bezug auf Produktangebot, Marktbedienung und Marktbeeinflussung. Marktherausforderer sind solche Firmen, die auf dem Wege sind, sich als Marktführer zu positionieren. 2. Nischenbearbeiter Nischenbearbeiter beteiligen sich nur mit einem begrenzten Liefersortiment und Produktangebot am Markt managerTool.ch 38 oder konzentrieren sich auf beschränkte Marktgebiete, welche sie mit ihrem Angebot abdecken. 3. Mitläufer Mitläufer beteiligen sich nur marginal am Marktgeschehen und haben meist eine untergeordnete Marktstellung. Informationen Über die direkten Wettbewerber sollten in erster Linie folgende Informationen bekannt sein: 1. Welche Strategien verfolgen die Konkurrenten heute und mit welchem Erfolg? 2. Auf welchen Prämissen beruhen die voraussichtlichen Strategien der Konkurrenten? 3. Über welche Stärken und Schwächen verfügen die Konkurrenten? 4. Welche Strategien können in der Zukunft von den Konkurrenten erwartet werden? Weitere Informationen sind z.B.: • Umsatzwachstum • Breite und Tiefe des Sortiments • Image • Innovationswille und -fähigkeit • Ressourcenausstattung und Kapazitäten • Flexibilität und Anpassungsbereitschaft • Führungsstärke • Unternehmungskultur Potentielle Konkurrenten Potentielle Wettbewerber und ernsthafte Konkurrenten kommen sehr oft aus anderen Bereichen: • Produktexpansion: Konkurrenten mit technisch ähnlichen Anlagen, die bisher andere Produkte herstellten, aber in der Lage sind, die Anlagen ohne Schwierigkeiten umzustellen • Marktexpansion: Konkurrenten aus anderen Märkten können z.B. eine räumliche Marktgrenze überspringen der dringen durch Sortiments- oder Produkterweiterungen in unternehmungseigene Marktsegmente ein und werden so zu aktuellen Konkurrenten. • Rückwärtsintegration: Bisherige Kunden im Rahmen der Wertschöpfungskonkurrenz bezogene Produkte durch eigene Produkte ersetzen managerTool.ch 39 • Vorwärtsintegration: Auch Lieferanten sind in der Lage, durch den Aufbau einer eigenen Produktion zu aktuellen Konkurrenten zu werden. • Fusion oder Aufkäufe: Durch Fusionen oder Aufkäufe durch finanzstarke Unternehmungen können kleine, bisher nicht beachtete Konkurrenten zu grossen Wettbewerbern werden. • Auftreten neuer Substitutionsprodukte Die Bedrohung potentieller Konkurrenten hängt von folgenden Aspekten ab: • relative Eintrittsfähigkeit • Ressourcen • „Höhe“ der Eintrittsbarrieren • Eintrittswilligkeit in den abgegrenzten Markt Wettbewerber-Informationen beschaffen Über Primär- und Sekundärerhebungen lassen sich die notwendigen Daten für eine Konkurrenzanalyse beschaffen. In der Praxis bietet sich hierzu ein breites Spektrum an unterschiedlichen Beschaffungswegen und Informationsquellen an. • Beschaffung von Informationen von ehemaligen und gegenwärtigen Mitarbeitenden der Konkurrenz • Ausfragen von Stellenbewerbern, die bei der Konkurrenz gearbeitet haben • Ausschreiben fiktiver Stellenanzeigen mit dem Ziel, Bewerberinterviews mit • Konkurrentenmitarbeitern führen zu können • Abwerben von Mitarbeitern der Konkurrenz • Besuch von Fachtagungen und Kongressen, wobei Konkurrenten in • Fachgespräche verwickelt werden • Interviewen von Konkurrenten • Führen von Beratungsgesprächen mit Ingenieursbüros, Unternehmensberatern • und Steuerberatern • Beschaffung von Informationen von Geschäftspartnern der Konkurrenz • Befragen der Konkurrenten mit Hilfe von Stammkunden, die über die Konkurrenzaktivitäten Bescheid wissen • „Kunden“-Anfragen bei der Konkurrenz (potentielle Kunden erhalten eher Auskunft über neue Produkte) • Aushorchen von Lieferanten der Konkurrenz (besonders derjenigen bei denen man selbst Kunde ist) • Beschaffung von Informationen durch Auswertung von Dokumentationen und Publikationen managerTool.ch 40 • Analysieren von Stellenanzeigen, da häufig Personalakquisitionen durchgeführt werden, bevor ein neues Produkt vorgestellt wird (Service/Vertrieb) • Auswerten von amtlichen Quellen und Dokumentationen • Studieren und Interpretieren von Presseartikeln, Geschäftsberichten und Unternehmensbroschüren • Beschaffung von Informationen durch direkte Beobachtung • Generierung von Indikatorwerten und Zusammenfügung zu einem Gesamtbild, • z.B. Umsätze/Stückzahlen über einfaches abzählen (z.B. Lkw-Ladungen, beladene Waggons) und Schätzungen • Besuchen von Messen und Montagewerken • Rekonstruieren von Produkten zur Gewinnung von Erkenntnissen über Konkurrenzprodukte und Fertigungstechniken • Aufkaufen von Konkurrenzprodukten und Abfall, um z.B. Hinweise auf Forschungsaktivitäten zu erhalten managerTool.ch 41 1.5 Unternehmensanalyse Unternehmensanalyse Lernziel: Sie verstehen die Bedeutung der wichtigsten Fragen zur Unternehmensanalyse. Ressourcen Materielle Ressourcen Immaterielle Ressourcen Ressourcen erkennen/ schaffen Fähigkeiten + Die Fähigkeit, Ressourcen einzusetzen und durch Strukturen, Prozesse und Systeme zu koordinieren. Ressourcen richtig nutzen Kernkompetenzen wertvoll, selten, schwer imitierbar, schwer substituierbar Kernkompetenzen Grundlagen Die Unternehmensanalyse beleuchtet die Stärken und Schwächen der eigenen Unternehmung. Es handelt sich hierbei – im Gegensatz zu der Umweltanalyse – um beeinflussbare Parameter. Im Rahmen der Unternehmensanalyse geht es darum, die eigenen Ressourcen zu erkennen und diese richtig zu nutzen. Aus diesem Grund kann zwischen Ressourcen und Fähigkeiten unterschieden werden, wobei diese Trennung nicht immer ganz scharf ist. Unternehmen, die ihre (wertvollen) Ressourcen erkannt haben und diese gezielt nutzen, besitzen vereinfacht ausgedrückt eine Kernkompetenz. Am Beispiel Kapital kann der Unterschied zwischen Ressource und Fähigkeit plausibel aufgezeigt werden: Kapital ist eine Ressource. Erst mit der Fähigkeit, das Kapital optimal zu investieren, wird daraus eine Kernkompetenz. Welche Fragen gilt es im Rahmen einer Unternehmensanalyse zu beantworten? Nachfolgend einige der zentralen Fragen für eine fundierte Unternehmensanalyse. managerTool.ch 42 Ressourcen Technologie: • Existieren einmalige und verteidigbare Technologien? • Lassen sich damit kundenrelevante Produktvorteile erstellen? • Sind die Ergebnisse für den Kunden wahrnehmbar? • Lassen sich die Technologien langfristig schützen? • Wie setzt sich das Innovationsportfolio zusammen? • Sind einzigartige Produktionsressourcen (z.B. Qualitätsvorteil, Mitarbeiterqualifikation, Logistikvorteil, Kostenvorteil, Kapazitätskontrolle, Standortvorteile) vorhanden? • Können damit Produkte erstellt werden, deren Wert für den Kunden einsichtig und relevant ist? Produkte/Dienstleistung: • Wo liegen die Wettbewerbsvorteile der Produkt bzw. der Dienstleistungen? Welche drei Eigenschaften würden Kunden in welcher Reihenfolge nennen? Wie nachhaltig und verteidigbar sind diese? ○ Kosten-/Nutzen-Relation ○ Qualität ○ Funktionen ○ Service ○ Verfügbarkeit (Distributionskanal) ○ Design Kunden: • Wie hoch ist der Wert der bestehenden Kundenbasis resp. der potentiellen Kunden? • Wie hoch ist die Loyalität der Kunden? Wie hoch ist die Wiederkaufsrate? • Welche Verschiebungen zwischen Kundengruppen gab es? Wie viel Prozent des Umsatzes, Deckungsbeitrags erwirtschaften Sie noch mit den wichtigsten Kundengruppen des Vorjahres? • Wie viele und welche Kunden wurden verloren, welche gewonnen? • Welche Alternativen haben die Kunden zur Deckung der relevanten Bedürfnisse? • Warum kaufen die Kunden dieses Produkt und nicht das der Wettbewerber, bzw. umgekehrt? • Unter welchen Umständen würden die Kunden den doppelten Preis bezahlen? Unter welchen Voraussetzungen die doppelte Menge kaufen? managerTool.ch 43 Distribution • Wie hoch ist der Distributionsgrad? • Wie viel Prozent der potentiellen Kunden werden mit den bisherigen Vertriebswegen erreicht? • Wie stark sind die Vertriebswege unter Kontrolle? • Gibt es exklusive Vertriebswege? • Wie sieht der Marktanteil beim Vertriebspartner aus? Wie gross ist die relative Bedeutung am Gesamtwarenumsatz der Vertriebspartner? • Welche neuen Vertriebsformen sind im weiteren Marktumfeld zusätzlich entstanden? • Welche Leistungen erbringen Ihre Vertriebspartner? • Wie haben sich Bedürfnisse und Leistungsangebot verändert? Preis • Wie hoch ist die Marge (relativ zu den wichtigsten Wettbewerbern)? • Wie sieht die Preis-Absatz-Funktion aus? Wie gross ist die Preiselastizität? Wie viel Prozent der Kunden würden bei einer Preiserhöhung um 20% verloren gehen? Kapital/Finanzen • Welche Finanzierungsmöglichkeiten sind kurz- und langfristig offen? • Wie hoch sind die Kapitalkosten? • Wie viel Cashflow steht kurzfristig und langfristig zur Verfügung? Marke • Besitzt die Marke eine klare Positionierung? • Ist die Marke ein wichtiger Kaufentscheidungsgrund? • Wie marktrelevant, bekannt und beliebt ist die Marke? • Wie hoch ist der Markenwert? Fähigkeiten Kulturmanagement: • Existiert eine klare, allen bekannte und motivierende Vision? • Orientieren sich alle Mitarbeitenden an übergeordneten Zielen und Grössen? • Sind die Ziele konkret und messbar? managerTool.ch 44 • Wie ausgeprägt sind die Führungsfähigkeiten der Schlüssel-Crew? Technologiemanagement: • Wird kontinuierlich und effektiv nach neuen Technologien bzw. Anwendungen gesucht? • Wie viel Zeit wird zur Identifizierung einer neuen Technologie relativ zum Wettbewerb benötigt? • Wie schnell kann diese umgesetzt werden? Produktionsmanagement: • Wie hoch ist der Auslastungsgrad über die Zeit, wie hoch die Flexibilität (Umstellkosten)? • Wie gut wird mit Komplexität umgegangen? • Wie hoch ist die Fehlerquote? • Wie hoch sind die Produktivitätszuwächse relativ zum Wettbewerb? Logistikmanagement: • Wie kann die Einkaufsquellen bezüglich Preis, Qualität, Zuverlässigkeit, Geschäftsbeziehung beurteilt werden? • Wie effizient und effektiv ist das Lieferantenmanagement? • Werden Lieferantenschnittstellen permanent optimiert? Innovationsmanagement: • Wie viele Innovationen werden pro Jahr eingeführt? • Wie gross ist der Anteil echter Innovationen vs. Produktvariationen bzw. Sortimentserweiterungen? • Wie gross ist der Umsatz der Produkte, die in den letzten fünf Jahren eingeführt wurden? • Wie viel Zeit wird bis zur marktreifen Entwicklung gebraucht? • Wie schnell können neue Produkte in neue Länder eingeführt werden? Marketingmanagement: • Wie verläuft die Umsatz- bzw. die Margen-Entwicklung? • Wie effizient werden die Marketingausgaben eingesetzt? • Wie effektiv werden die Kommunikationsausgaben eingesetzt? • Wie gut wird mit neuen Medien umgegangen? • Wie viel Prozent der Kosten machen die Distributionskosten aus? Wie haben sich die Anteile entwickelt? managerTool.ch 45 • Wie sehen die Wertschöpfungsanteile der Vertriebspartner in anderen Geschäften aus? • Wie ausgewogen ist das Portfolio (Stars, Cash Cows etc.)? • Existieren differenzierte und fokussierte Strategien für Einzelgeschäfte? • Wie hoch ist der Return on Investment in den einzelnen Geschäften, und wie hat er sich entwickelt? HR-Management: • Können die Schlüsselqualifikationen der Mitarbeitenden abgefragt und gemanagt werden? • Werden die Schlüsselpersonen evaluiert und permanent gefördert? • Wird Leistung honoriert, auch wenn das Ergebnis nicht immer der Zielsetzung entspricht? • Gibt es Möglichkeiten, bei denen die Mitarbeitenden Intrapreneurship entwickeln können? Organisation: • Wie stark ist das Unternehmen prozessorientiert bzw. optimiert? • Sind die Kompetenzen im Unternehmen klar definiert? • Tauschen sich die Mitarbeiter regelmässig funktionsübergreifend aus? • Existieren intern leistungsfähige Wissens- bzw. Kompetenzzentren? • Wie ausgeprägt sind die Kooperationsfähigkeiten mit externen Partnern? managerTool.ch 46 1.6 SWOT-Analyse SWOT-Analyse Lernziel: Sie können die SWOTAnalyse mit allen zugehörigen Teilanalysen anwenden. Stärken Schwächen Chancen Wettbewerbsposition ausbauen und diese nutzen Fähigkeiten verbessern oder die Situation entschärfen Gefahren Externe Analyse Interne Analyse Fähigkeiten beibehalten und behaupten Konfrontation vermeiden oder minimieren Grundlagen Eine SWOT Analyse umfasst eine Stärken-SchwächenAnalyse (S=Strength; W=Weakness) und eine ChancenGefahren-Analyse (O=Opportunities; T=Threats). Es handelt sich dabei um die folgenden Analysen: Stärken-/Schwächen-Analyse: • Unternehmensanalyse Chancen-/Gefahren-Analyse: • Umweltanalyse • Marktanalyse • Branchenanalyse • Konkurrenzanalyse Stärken-/Schwächen-Analyse • Erkennen der eigenen Stärken, auf welche die neuen Strategien aufbauen können • Erkennen der eigenen Schwächen, die im Rahmen der neuen Strategien zu vermeiden sind • Erkennen der Synergiepotentiale, die mit neuen Strategien auszunützen sind managerTool.ch 47 • Erkennen der eigenen Mittel • Beurteilung der aktuellen Situation hinsichtlich der rentabilitätsbestimmenden Faktoren • Erkennen der strategischen Erfolgspotentiale Chancen-/Gefahren-Analyse • Erkennen von Chancen, die mit neuen Strategien auszunützen sind • Erkennen von Gefahren, die durch neue Strategien zu vermeiden, zu umgehen oder mindestens zu minimieren sind • Beurteilung der Markt-Möglichkeiten • Beurteilung der Marktanteil-Situation und der Möglichkeit für eine Veränderung der Marktanteile • Erkennen branchenbezogener Chancen und Gefahren • Beurteilung der Wettbewerbssituation in der betreffenden Branche • Analyse der Wertvorstellungen und Zielsetzungen der Konkurrenz zum Erkennen eigener strategischer Möglichkeiten und Chancen oder drohender Gefahren • Beurteilung der strategischen Möglichkeiten der Konkurrenz • Erkennen von Konkurrenzschwächen als Ansatzpunkt für eigene Offensivstrategien Kernfragen Stärken Schwächen Chancen Wie die Stärken einsetzen, um die Chancen zu nutzen? Wie an den Schwächen arbeiten, um die Chancen zu nutzen? Gefahren Wie die Stärken einsetzen, um die Gefahren zu meistern? Wie an den Schwächen arbeiten, um die Gefahren zu meistern? managerTool.ch 48 2 Marketingstrategie Marketingstrategie Lernziel: Sie wissen Bescheid über die in der Praxis verbreiteten Marketingstrategien und die damit zusammenhängenden Marketingzielen. Wettbewerbsstrategie nach Porter Mehrere Märkte Ein Markt Qualität Kosten Differenzierung Kostenführerschaft Fokussierung Produkt-/Markt-Strategie nach Ansoff Bestehende Märkte Neue Märkte Bestehende Produkte Neue Produkte Marktdurchdringung Produktentwicklung Marktentwicklung Diversifikation Grundlagen Insbesondere die von Michael Porter (Wettbewerbsstrategie) und Igor Ansoff (Produkt-/MarktStrategie) entwickelten Strategie-Ansätze geniessen eine hohe Bedeutung in der heutigen Management-Praxis. Deshalb und zum besseren Verständnis für die weiteren Ausführungen ist es wichtig, diese beiden marktbasierten Strategie-Typen genauer zu betrachten. Wettbewerbsstrategien Jede erfolgreiche Strategie baut auf Wettbewerbsvorteilen bzw. strategischen Erfolgsfaktoren auf. Michael Porter (Competitive Strategy, 1980) nennt drei unterschiedliche Wettbewerbsstrategien, anhand derer eine Unternehmung mit der Konkurrenz und anderen Wettbewerbskräften fertig werden kann: • Strategie der Kostenführerschaft • Strategie der Differenzierung • Strategie der Fokussierung oder Konzentration auf Schwerpunkte Kostenführerstrategie – die Strategie, die auf Masse setzt Die Strategie der Kostenführerschaft zielt auf den Aufbau eines umfassenden Kostenvorsprungs ab. Niedrigere Kosten im Verhältnis zu den Wettbewerbern werden zum roten Faden der Unternehmensstrategie. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette werden permanent Kostenverursacher gesucht und eliminiert. Profit-Vorteile resultieren daraus, dass der Kostenführer eine höhere managerTool.ch 49 Marge als die Wettbewerber hat, weil er die Produkte zu viel tieferen Kosten herstellen, aber lediglich zu unwesentlich tieferen Preisen verkaufen kann. Die Kostenführerstrategie ist demnach nicht gleichzusetzen mit der Preisführerstrategie, obwohl dies in der Praxis sehr oft der Fall ist. Unternehmen, welche die Strategie der Kostenführerschaft verfolgen, produzieren bzw. verkaufen typischerweise Standard- oder Massenprodukte, also ”Ware ab der Stange”. Wichtige Voraussetzung zur erfolgreichen Umsetzung der Kostenführerstrategie ist: • Grössenvorteile (Economies of scale, tiefe Stückkosten aufgrund hohem Volumen) • hohe Marktanteile (dito) • Erfahrungsvorteile • Kostenminimierung (Vermeidung von unnötigen Kosten, strenge Kontrolle der variablen Kosten) Beispiele: Media-Markt, Ikea Risiko: • technologische Veränderungen, die Erfahrungsvorteile oder Investitionen unwichtig machen • Wettbewerber können Kostensenkungspotentiale imitieren • zu einseitige Konzentration auf die Kosten und damit Vernachlässigung von Produkt- oder Marktveränderungen Differenzierungsstrategie – die Strategie, die auf Klasse setzt Die Strategie der Differenzierung zielt darauf ab, die eigene Unternehmung gegenüber den Wettbewerbern möglichst abzuheben bzw. zu profilieren und vom Markt als einzigartig anerkennt zu werden. Erfolgreiche Profilierung heisst im Klartext, in den Köpfen der Konsumenten einen herausragenden Stellenwert zu generieren. Wenn dies gelingt, kann der Differenzierer eine höhere Marge als seine Konkurrenten realisieren, weil die Kunden bereit sind, einen höheren Preis dafür zu bezahlen. Diese Strategie schirmt gegen den Wettbewerb ab, indem sie Abnehmer an die Marke bindet und die Preisempfindlichkeit verringert. Ansätze zur Differenzierung lassen sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette finden: Design, Marke, Technologie, Service usw. (siehe USP/SEP). Voraussetzungen der Differenzierung sind: • Einzigartigkeit in der Branche • Bindung des Abnehmers an die Marke • Verringerung der Preisempfindlichkeit • Exklusivität des Image Beispiele: Rolex, Porsche Risiko: managerTool.ch 50 • Nutzenvorteil rechtfertigt aus der Optik der Kunden den hohen Preisunterschied zu Standardprodukten nicht mehr • steigende Preissensibilität der Zielgruppe • Differenzierungsmerkmal kann einfach und schnell von Nachahmern imitiert werden Fokussierungsstrategie – die Strategie, die auf eine Nische setzt Die Strategie der Fokussierung ist gekennzeichnet durch Konzentration auf Marktnischen, also auf eine bestimmte Abnehmergruppe, einen bestimmten Teil des Produktprogrammes oder einen geografisch abgegrenzten Markt. Der Fokussierer kennt die Kundenbedürfnisse einer Marktnische speziell genau und kann diese auch gezielt erfüllen. Im Gegensatz zu den beiden obgenannten Wettbewerbsstrategien hat der Fokussierer die Wahl, auf Masse oder Klasse innerhalb seiner Nische zu setzen: • Mit der Strategie der Fokussierung auf Kosten verfolgt die Unternehmung Kostenvorteile im Zielmarkt • Mit der Strategie der Differenzierung versucht sich die Unternehmung im Zielmarkt über Qualität zu profilieren. Voraussetzung zur erfolgreichen Konzentration auf Schwerpunkte ist: • ausreichende Grösse der Marktnische oder ausreichendes Wachstumspotential • Fähigkeit, die potentiellen Kunden in dieser Marktnische überhaupt zu erreichen bzw. zu bearbeiten • Effektivität oder Effizienz, d.h. die richtigen Bedürfnisse dieser Marktnische zu befriedigen oder den Kostenvorteil effizient umzusetzen Beispiel: Reisebüro, welches nur Kreuzfahrten anbietet Risiko: • zu grosser Kostenunterschied, der die Fokussierung nicht mehr rechtfertigt • vernachlässigbare Unterschiede zwischen Marktnische und Massenmarkt • Eindringen von Wettbewerbern (wenn die bearbeitete Nische rentabel ist, lockt dies die Konkurrenten an, und die Rentabilität sinkt) Entweder oder? Professor Porter geht bei den Wettbewerbsstrategien davon aus, dass nur diejenigen Unternehmen erfolgreich sind, die klar zu einer der drei Strategien Stellung beziehen und diese eine konsequent durchziehen. Andere Autoren bestreiten dies und führen diverse empirische Beispiel auf, die das Gegenteil beweisen. Toyota und Benetton sind zwei solcher Unternehmen, die differenzieren und tiefe Kosten fahren, also auf Klasse und managerTool.ch 51 Masse setzen. (Lynch R., Corporate Strategy, Pitman Publishing, London 1997, S.490) Produkt-/Markt-Strategien Als besonders geeignet zur Beschreibung von strategischen Alternativen aus der Markting-Optik erweist sich die Produkt-/Markt-Matrix von Ansoff. Unternehmen können dabei folgende Strategien wählen: Marktdurchdringungsstrategie Die Marktdurchdringung (Marktintensivierung, -penetration bzw. -ausschöpfung) strebt eine Vergrösserung von Umsatz- bzw. Marktanteilen an mit den Produkten, welche die Unternehmung bereits im Sortiment hat, sowie auf den Märkten, welche die Unternehmung bereits bearbeitet. Mögliche Massnahmen: • Intensivierung der Marktbearbeitung • Relaunch • neue Kunden gewinnen • Bedürfnisse bisheriger Kunden besser erfüllen • neue Kundenbedürfnisse schaffen • Effizienz verbessern, Kosten und damit Preise senken Marktentwicklungsstrategie Die Marktentwicklung (Markterweiterung bzw. -expansion) zielt auf eine Erschliessung neuer Märkte mit den bisherigen Produkten ab. Mögliche Massnahmen: • neue Zielgruppen erschliessen (Regionen, Abnehmergruppen) • neuen Verwendungszwecke in anderen Märkten erkennen Produktentwicklungsstrategie Bei der Produktentwicklung steht die Entwicklung neuer Produkte für bisherige Märkte im Vordergrund. Mögliche Massnahmen: • zusätzliche Kundenbedürfnisse erfüllen • Produkte weiterentwickeln • Produkte durch einen Mehrwert ergänzen Diversifikationsstrategie Die Diversifikation bedeutet eine generelle Neuorientierung bestimmter Unternehmensbereiche, da es um die Entwicklung neuer Produkte und neuer Märkte geht. managerTool.ch 52 Folgende Formen der Diversifikation können unterschieden werden: • Horizontale Diversifikation: Erweiterung des Absatzprogrammes, die z.B. hinsichtlich des Materials, des Herstellungsprozesses, des Vertriebssystems oder der Abnehmer eine Verwandtschaft mit dem bisherigen Programm aufweisen. Beispiel: Ski-Hersteller produziert neu Wasserskis. • Vertikale Diversifikation: Leistungen von vorgelagerten Marktstufen (Lieferanten) oder nachgelagerten Marktstufen (Kunden) werden nun selbst erbracht. Beispiel: Buchverlag vertreibt nicht nur, wie bis anhin, sondern druckt die Bücher auch (rückwärts) bzw. eröffnet neu eine Buchhandlung (vorwärts). • Laterale Diversifikation: Diversifikation i.e.S., also Vorstoss mit (für die Unternehmung) völlig neuen Produkte in (für die Unternehmung) völlig neue Märkte. Beispiel: Kaugummi-Produzent steigt ins Waffengeschäft ein. managerTool.ch 53 2.1 Unique Selling Proposition USP Lernziel: Sie kennen die wichtigsten Fähigkeiten, sich gegenüber den Wettbewerbern abzugrenzen. Situations- bzw. SWOT-Analyse StrategieKontrolle Strategische Erfolgsposition (USP) Strategieentwicklung StrategieUmsetzung Grundlagen Strategisches Planen und Handeln ist auf die Entwicklung von USP (Unique Selling Proposition) ausgerichtet. Oft werden Synonyme wie Schlüsselerfolgsfaktoren, Wettbewerbsvorteile, strategischen Erfolgspositionen (SEP) o.ä. benutzt. Die Idee ist allerdings immer dieselbe: Es handelt sich um die wichtigsten Fähigkeiten resp. Kompetenzen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und damit der Überlebensfähigkeit der Unternehmung. Merkmale von USP Diese Aussage impliziert drei wichtige Merkmale: • USP werden von einem Unternehmen bewusst aufgebaut. • Sie werden aufgrund wichtiger Kernfähigkeiten des Unternehmens aufgebaut. • Sie sind die Voraussetzung für langfristig anhaltende überdurchschnittliche Erfolge im Sinne der betriebswirtschaftlichen Erfolgsrechnung (also Voraussetzungen z.B. für spätere Gewinne). USP sind die Steuerungsgrösse der strategischen Führung, während die tatsächlichen Erfolge (z.B. die Gewinne), die erst aufgrund ausgeprägter Erfolgspositionen in der Zukunft erzielt werden können, die Steuerungsgrösse der operativen Führung sind. managerTool.ch 54 Grundlagen von USP USP lassen sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette entwickeln: im Bereich der Produkte und der Dienstleistungen • Fähigkeit, Kundenbedürfnisse rascher und besser als die Konkurrenz zu erkennen und damit die Sortimente bzw. Produkte und Dienstleistungen schneller den Marktbedürfnissen anpassen zu können. • Fähigkeit, eine hervorragende Kundenberatung und einen überlegenen Kundenservice zu bieten. • Fähigkeit, einen bestimmten Werkstoff in der Herstellung und der Anwendung besser zu kennen und zu beherrschen. im Bereich Markt • Fähigkeit, einen bestimmten Markt bzw. eine bestimmte Abnehmergruppe gezielter und wirkungsvoller als die Konkurrenz zu bearbeiten. • Fähigkeit, in einem Markt ein überlegenes Image aufzubauen und zu halten. im Bereich der Unternehmensfunktionen • Fähigkeit, bestimmte Distributionskanäle am besten zu erschliessen und zu besetzen • Fähigkeit, durch laufende Innovationen schneller als die Konkurrenz neue, überlegene Produkte auf den Markt zu bringen. • Fähigkeit, überlegene Beschaffungsquellen zu erschliessen und zu sichern. • Fähigkeit, effizienter und kostengünstiger als die Kokurrenz zu produzieren. • Fähigkeit, die bestqualifizierten Mitarbeiter zu rekrutieren und zu halten. Herausragende Beispiele von strategischen Erfolgspositionen sind u.a. • Innovationsfähigkeit von 3M Der international tätige US-Konzern zählt seit langem zu den innovativsten Unternehmen der Welt. Eine Ursache für die überdurchschnittliche Kreativität der Mitarbeiter liegt im Freiraum, der ihnen gewährt wird. 3MWissenschafter und Techniker haben das Privileg, 15% ihrer Arbeitszeit für Projekte nach eigener Wahl einzusetzen. • McDonald’s Fähigkeit, optimale Standorte zu besetzen McDonald’s ist u.a. bekannt für seine fundierte und gezielte Auswahl von Standorten. McDonald’s Filialen befinden sich entweder an Verkehrsknoten, zentralen Fussgängerzonen oder neben Einkaufszentren. • Marke von Coca-Cola Die Marke Coca-Cola ist wahrscheinlich die wertvollste Marke weltweit und stellt für viele Millionen Menschen, managerTool.ch 55 insbesondere in den USA, aber auch in anderen Ländern, wesentlich mehr dar als ein gesüsstes Mineralwasser. Wettbewerbsvorteile Zu den erfolgreichsten Wettbewerbsvorteilen unserer Zeit zählen: • Individualisierung (infolge immer unterschiedlicherer Kundenanforderungen) • Schnelligkeit (als Folge der zunehmenden Veränderungsgeschwindigkeit) • Lernfähigkeit (infolge Komplexität, d.h. Vielschichtigkeit) • Innovationsfähigkeit (als Folge der Wettbewerbsintensität, d.h. Zahl und Stärke der Konkurrenten) • Kommunikation (als Folge der Informationsüberlastung) • Multikulturalität (als Folge der Globalisierung) • Kostenvorteile (als Folge des Preisbewusstseins der Kunden) managerTool.ch 56 2.2 Marktsegmentierung Marktsegmentierungsstrategien Lernziel: Sie verstehen die Eigenheiten und Herausforderungen einer Marktsegmentierung. undifferenzierte Marktstrategie Gesamtmarkt Marktsegment 1 differenzierte Marktstrategie Marktsegment 2 Marktsegment 3 konzentrierte Marktstrategie Marktsegment Grundlagen Eine Unternehmung kann kaum alle Kunden eines Marktes für sich gewinnen. Die Kunden sind zu zahlreich und unterscheiden sich in mehreren Merkmalen voneinander. Zudem steht eine Unternehmung in den meisten Fällen im Wettbewerb mit mehreren Konkurrenten, von denen einzelne in einem gewissen Bereich des Gesamtmarktes die besseren Chancen haben. Eine Unternehmung sollte demzufolge diejenigen Marktsegmente ermitteln, die sie aufgrund ihrer Stärken erfolgversprechend bearbeiten kann. Unter Marksegmentierung versteht man die Aufteilung des Gesamtmarktes in homogene Käufergruppen bzw. segmente. An jedes Segment wird die Forderung gestellt, dass es in sich möglichst ähnlich, im Vergleich zu anderen Segmenten hingegen klare Unterscheidungsmerkmale aufweist. Hauptzweck der Marktsegmentierung ist die differenzierte Marktbearbeitung, d.h. dass einzelne Angebote an die besonderen Ansprüche und Erwartungen einer genau definierten Käuferschicht angepasst werden. „Massenmarketing praktiziert das Schrotflintenprinzip, differenziertes Marketing das Scharfschützenprinzip.“ (Jochen Becker) Für die Segmentierung von Konsummärkten sind die folgenden Kriterien üblich: managerTool.ch 57 Statistische Kriterien • Geografische Kriterien ○ Gebiet: Nation, Region, Kanton, Gemeinde ○ Bevölkerungsdichte: städtisch, ländlich ○ Klimazonen • Demografische Kriterien ○ Geschlecht: männlich, weiblich ○ Altersgruppe ○ Haushaltsgrösse (Anzahl Personen) ○ Nationalität ○ Religion • Sozioökonomische Kriterien ○ Ausbildung ○ Berufsgruppe ○ Stellung im Beruf ○ Einkommen, Vermögen und Kaufkraft ○ Soziale Schicht Psychografische Kriterien • Einstellungen, Erwartungen und Präferenzen gegebener einem Produkt oder einer Produktgruppe • allgemeine grundlegende Persönlichkeitsmerkmale (Charaktereigenschaften, Werthaltung) • Verhaltensmerkmale (Lebens- und Kaufgewohnheiten) Die Marktsegmentierung dient als Basis für ZielgruppenMarketing. Erst durch Zielgruppen-Marketing resultiert eine effiziente und zielorientierte Marktbearbeitung. Während Zielgruppen-Marketing verschiedene Marktsegmente bearbeitet, zielt das Nischen-Marketing lediglich auf ein Marktsegment ab. Zielgruppen-Marketing Nischen-Marketing managerTool.ch 58 2.3 Zielmarktfestlegung Zielmarktfestlegung Lernziel: Sie können eine Zielmarktfestlegung durchführen. MassenMarketing ZielgruppenMarketing Customized Marketing Marktsegmentierung Zielmarktfestlegung Positionierung Ermitteln der Segmentierungskriterien Beurteilen der Marktattraktivität Positionierungsmerkmale erarbeiten Zielgruppenorientierter Marketing-Mix Profile der Segmente entwickeln Auswahl der Zielmärkte Positionierungsstrategie festlegen Zielgruppenorientiertes Controlling Umsetzung Grundlagen Selten kann es sich ein Unternehmen leisten, alle oder sogar mehrere Marktsegmente zu bearbeiten. Es gilt daher, sich auf einen oder wenige Zielmärkte festzulegen. Nachdem die Marktsegmente feststehen, ist zu entscheiden, welche Teilmärkte bzw. wie viele Teilmärkte bearbeitet werden sollen. Dafür muss zuerst die Attraktivität der einzelnen Marktsegmente beurteilt und in der Folge die Zielmärkte ausgewählt werden. Beurteilen der Marktattraktivität Ein Segment ist umso attraktiver, je • kleiner die Rivalität innerhalb des Segments • kleiner die Lieferantenmacht • kleiner die Käufermacht • kleiner die Gefahr von potentiellen neuen Konkurrenten • kleiner die Gefahr von Substitutionsprodukten ist. Auswahl der Zielmärkte Die Auswahl der Zielmärkte bleibt vielfach ein „Bauchentscheid“, da selbst die Auswertung sämtlicher Marktkennzahlen und eine fundierte Beurteilung der managerTool.ch 59 Marktattraktivität nie eine abschliessende Gewissheit für den zukünftigen Erfolg garantieren können. managerTool.ch 60 2.4 Positionierung Positionierung Lernziel: Als zentraler Prozess des Zielgruppenmarketing wissen Sie über die Erfolgsfaktoren der Positionierung Bescheid. Positionierungsstrategien Möglichst nahe an der Idealvorstellung der Nachfrager Möglichst weit Weg von den Wettbewerbern Mit ganz anderen Dimensionen als am Markt üblich Preis hoch z Anbieter D Anbieter C z mittel Anbieter A z gering Serviceangebot Anbieter B z mittel hoch Grundlagen Die meisten Märkte sind gesättigt. Das Angebot ist entsprechend grösser als die Nachfrage. Dennoch bringen immer mehr Unternehmen immer mehr Produkte auf den Markt, die sich in ihren Produkteigenschaften erst noch kaum unterscheiden. Für den Käufer ist es objektiv kaum noch möglich zu differenzieren, wer bzw. was nun besser, schneller, schöner, gründlicher, umweltschonender oder benutzerfreundlicher ist. Aus diesem Grund müssen sich Unternehmen und/oder ihre Produkte positionieren! In gesättigten und hart umkämpften Märkten wird es für die Unternehmen überlebenswichtig, in ihren Marketingstrategien die eigenen Produkte stärker durch die Erzeugung subjektiv wahrgenommener Produkteigenschaften von den anderen zu differenzieren. Das Produkt soll sich – trotz objektiv ähnlicher Eigenschaften – von den anderen abheben und entsprechend vom Kunden aufgrund seiner Attraktivität bevorzugt werden. Dieses strategische Marketinginstrument nennt sich „Positionierung“. Viele Experten messen diesem Instrument im modernen Marketing zentrale Bedeutung bei. Begriffsherkunft Erstmalig tauchte der Begriff der Positionierung in dem Artikel „The Positioning Era“ der Zeitschrift „Advertising Age“ im Jahre 1972 auf. Dieser Artikel wurde von den amerikanischen Werbefachleuten Al Ries und Jack Trout geschrieben. managerTool.ch 61 Definitionen Unter Positionierung versteht man eine Spezialform des Zielgruppenmarketing. Hier eine kleine Auswahl von Definitionen der wichtigsten Autoren: • „Unter Positionierung versteht man alle Massnahmen, die darauf abzielen, das Angebot so in die subjektive Wahrnehmung der Abnehmer einzufügen, dass es sich von den konkurrierenden Angeboten abhebt und diesen vorgezogen wird.“ (Kroeber-Riel, 1993) • „Positionierung ist das Bemühen, Angebot und Image des Unternehmens so zu gestalten, dass der Zielmarkt das, wofür das Unternehmen im Vergleich zu seinem Wettbewerbern steht, versteht und wertschätzt. (Kotler/Bliemel, 1995) • Die Positionierung beginnt bei einem Produkt. Das kann eine Ware, eine Dienstleistung, ein Unternehmen, eine Institution, ja selbst eine Person sein. Aber Positionierung ist nicht das, was man mit einem Produkt tut, sondern was man mit der Gedankenwelt des potentiellen Käufers tut. Das heisst, ein Produkt wird in der Gedankenweit des potentiellen Käufers positioniert. (Ries/Trout, 1982) Relevanz Der Konsument ist angesichts der Produktevielfalt überfordert! Dazu kommt, dass die Produkte immer austauschbarer sind! Ein Beleg hierfür stellen die von der Agentur BBDO im Jahre 1987 und 1993 weltweit durchgeführten Studien dar, bei denen deutlich wurde, dass immer weniger Verbraucher in der Lage sind Unterschiede bei den einzelnen Produkten verschiedener Marken zu erkennen. Waren es 1987 bereits 68 Prozent der Konsumenten, die zwischen den Marken von 13 untersuchten Produktgattungen keine oder keine grösseren Unterschiede erkennen konnten, so erhöhte sich der Wert bei der zweiten Untersuchung im Jahre 1993 sogar auf 72 Prozent. „Bei einer zunehmenden Ähnlichkeit hinsichtlich objektiver Produkteigenschaften im Angebot unterschiedlicher Unternehmen wird es immer wichtiger Unterschiede in den von den Kunden subjektiv wahrgenommenen Produkteigenschaften zu erzeugen.“(Bruhn, 1997) „Ausgangspunkt... ist die Tatsache, dass Konsumenten durchweg die Produkte auswählen, deren Eigenschaften (und zwar die subjektiver und objektiver Art) ihren Vorstellungen möglichst in hohem Masse entsprechen.“ (Becker, 1993) Es gibt nur noch wenige Bedingungen auf dem Markt, für die eine Positionierungsstrategie nicht relevant ist: • ein unbedeutender Markt. • ein Markt ohne Konkurrenz. • die Imitation eines Produktes ist zweckmässig. managerTool.ch 62 Ziele und Möglichkeiten der Positionierung Aus der Notwendigkeit die Produkte zu positionieren ergeben sich für die Marketingstrategen Aufgaben und Ziele. Konzeptionelles Ziel ist es, für das eigene Produkt eine „unique selling proposition“, d.h. einen einzigartigen Verkaufsvorteil zu besetzen, der es erlaubt, dieses Produkt ganz spezifisch und möglichst nicht nachahmbar zu profilieren. Ein wesentlicher Punkt der also durch die Produktpositionierung gewährleistet werden soll ist die Schaffung einer attraktiven Position des jeweiligen Produktes bzw. Angebotes in der Wahrnehmung des Konsumenten. In der Praxis versucht man diese Aufgabe mit Hilfe der Kommunikation durch verschiedene Beeinflussungsziele aus der Werbung zufriedenstellend zu lösen. Bei der Positionierung soll bei den Konsumenten in der subjektiven Wahrnehmung eine Position geschaffen werden, die weitestgehend den ldealvorstellungen entspricht oder zumindest nahekommt und sich dann auch noch von den Produkten/Marken der Konkurrenz abhebt. Um diese Vorgaben entsprechend zu gewährleisten gibt es verschiedene Möglichkeiten: • Besonderheiten des Angebots herausstellen • Für den Konsumenten attraktiv sein • Sich gegenüber der Konkurrenz abheben • Langfristige Positionen aufbauen 1. Besonderheiten des Angebotes herausstellen: Bei den meisten Produkten die sich auf den Märkten befinden und dort neu eingebracht werden, handelt es sich leider nicht um innovative oder wirklich neue Produkte mit neuen relevanten Eigenschaften. Nur diese verfügen von sich aus über eine entsprechende Besonderheit. Für alle anderen Produkte gilt es die Besonderheiten zu finden, zu kreieren und schliesslich herauszustellen. Im Wesentlichen bedient man sich hier der Möglichkeiten der Werbung. Hier sind es dann zum einen die sachlichen und funktionalen Eigenschaften eines Produktes, die verstärkt durch die Werbung kommuniziert werden. Beispiele hierfür wären ein besonderes Design, eine besondere Funktionalität (z.B. Mehrfachnutzen etc.), aussergewöhnliche Verpackungen, ökologische Aspekte etc., die sich als Besonderheit herausstellen lassen, sofern sie relevant sind für den Verbraucher. Eine weitere wichtige Möglichkeit ist das Schaffen eines Erlebnisprofils. Durch die Werbung wird hier in erster Linie versucht mit dem Produkt emotionale Erlebnisse oder Erfahrungen für den Konsumenten zu verbinden, die so in keiner Art und Weise von einem Konkurrenzangebot geboten werden. managerTool.ch 63 2. Für den Konsumenten attraktiv sein: Wesentliche Voraussetzungen für ein erfolgreiches Produkt sind ein attraktives Wahrnehmen und Erleben der Produkteigenschaften oder auch einer Dienstleistung durch den Verbraucher. Wichtig ist dabei vor allem, dass sich diese Eigenschaften ausschliesslich an den Interessen und Wünschen der Konsumenten orientieren. 3. Sich gegenüber der Konkurrenz abheben: Auch hierbei ist es zunächst einmal wichtig, sich nur durch solche Eigenschaften von den Konkurrenzangeboten abzuheben, die wirklich den Interessen und Wünschen der Verbraucher entsprechen. Eine Position oder auch Marktnische, die nicht besetzt ist, muss nicht gleichbedeutend mit möglichen Marktpotentialen sein, wenn die dortigen Eigenschaften völlig unwichtig für den Kauf eines Produktes sind. Des Weiteren darf man sich beim Versuch des Abgrenzens nicht von Pauschalurteilen leiten lassen. Eine zumeist erfolgsversprechende Lösung für eine eigenständige Strategie liegt in der Entwicklung von neuen und innovativen Konzepten. Hier gilt es rechtzeitig mögliche Trends zu erkennen bzw. vorherzusagen oder vielleicht auch einmal auf einen solchen hin zu spekulieren. Bei besonders innovativen Unternehmen ist es auch durchaus einmal möglich, selbst einen erfolgreichen zukunftsorientierten Trend zu entwickeln. 4. Langfristige Positionen aufbauen: Neben dem Aspekt der Zukunftsorientierung ist es für eine Positionierung auch bedeutsam, diese in jedem Fall mittelbis langfristig anzulegen und diese nicht ständig zu ändern. Reaktives Marketing durch ständigen Wechsel von immer neuen Imagekomponenten führt beim Verbraucher zu einer diffusen Position des Produktes. Durch das ständige reagieren auf lmagedefizite in der heutigen schnellebigen Zeit durch Neupositionierungen lassen sich kaum eigenständige Positionen aufbauen. Natürliche Imagedefizite lassen sich im Allgemeinen durch den Aufbau von eigenständigen Positionen abschwächen. Ohnehin lassen sich solche Imagedefizite durch die Gestaltung der Werbung nebenbei ausgleichen. Dies sollte aber wirklich nur nebenbei geschehen, als Hauptziel sollte eine langfristige und eigenständige Positionierung angestrebt werden. Das klassische Positionierungsmodell Beim Produktpositionierungsmodell erhalten zunächst die Produkte bzw. Marken einer Produktart aufgrund der wahrgenommenen Ausprägungen in relevanten Wahrnehmungsdimensionen eine Position in einem mehrdimensionalen Eigenschafts- bzw. Wahrnehmungsraum. Das Produktpositionierungsmodell ermöglicht es aufgrund seiner Elemente das Markenverhalten bestimmter managerTool.ch 64 Konsumenten bzw. Zielgruppen transparenter zu machen und zu erklären, im wesentlichen dient es dafür einen Zielgruppen orientierten Einsatz der Marketing-Instrumente als Ausgangsbasis zu planen und zu kontrollieren. Der Erfolg hängt hierbei im Wesentlichen von der Aussagefähigkeit des Positionierungsmodells ab, der durch die Auswahl und Relevanz der Wahrnehmungs- und Beurteilungseigenschaften bestimmt wird. Fehlerquellen in der Positionierung Neben den Nachteilen gibt es aber auch einige gravierende Fehlerquellen, wodurch der Nutzen einiger Produktpositionierungen in Frage gestellt werden kann. So werden zum Beispiel in vielen Fällen die Eigenschaften aus Sicht des Anbieters oder der Kreativen aus der Werbung für die Positionierung verwendet und nicht die relevanten Eigenschaften aus der Sicht der Zielgruppen. Eine weitere Fehlerquelle liegt oftmals darin, dass die Idealvorstellungen durch die Marktführer geprägt werden und als solche übernommen werden. Hier sind die Positionierungen einfach zu gegenwartsbezogen ohne jede Zukunftsorientierung. managerTool.ch 65 3 Marketing-Mix Marketing-Mix Lernziel: Der Marketing-Mix ist der Werkzeugkasten des Marketers! Sie können bezüglich der 4Ps detailliert Auskunft geben und kennen die praxisrelevanten Zusammenhänge. Marktleistung (Product) • Produktgestaltung • Sortiment • Marke Kommunikation (Promotion) • Werbung • PR • Verkaufsförderung • Verpackung • Verkauf • Zusatzleistung Preisgestaltung (Price) • Preisbildung • Preishöhe Distribution (Place) • Absatzweg • Warenbewegungen • Preisdifferenzierung • Preiselastizität • Rabatte/ Konditionen Grundlagen Der Marketing-Mix umfasst das absatzpolitische Instrumentarium mit den sog. 4 Ps. Bei diesen 4 Ps handelt es sich um die Marktleistung (Produkt oder Dienstleistung; (product), den Preis und der damit verbundenen Aspekte (price), die Marketingkommunikation (promotion) und die Distribution (place). Illustrativ gesprochen, könnte der Marketing-Mix als des Marketers Werkzeugkiste bezeichnet werden. Der Teilbegriff „Mix“ impliziert eine stimmige Kombination der 4 Ps, welche erfolgsentscheidend sein kann. Eine stimmige Kombination ist dann gegeben, wenn der gesamte Mix nicht nur auf die jeweilige Zielgruppe passt und die 4 Ps aufeinander abgestimmt geplant und umgesetzt werden. Beispiel: Ein exklusives Produkt mit einer gut positionierten Marke und einem reichhaltigen Zusatzleistungs-Paket (product) wird einen entsprechend hohen Preis (price) haben, über gediegene und qualitätsbewusste Distributionskanäle (place) vertrieben und über entsprechend luxusaffine Medien (promotion) kommuniziert. managerTool.ch 66 3.1 Product Marktleistung (Product) Lernziel: Sie kennen die Entscheidungsparameter des Produkt-Mixes. Produktgestaltung Sie kennen die wichtigsten Elemente der Produktgestaltung. Sortiment Sie können die Vielfalt einer Sortimentsentscheidung beschreiben. Marke Sie können über zentrale Entscheidungen im Rahmen eines modernen Markenmanagements Auskunft geben. Zusatzleistung Und verstehen die Vielfalt und die Bedeutung von Zusatzleistungen. Grundlagen Meist denken wir beim Begriff Produkt an Waren in Form von materiellen Objekten wie Autos, PCs, Bücher usw. Aber auch Dienstleistungen, wie ein Bankkonto, ein Haarschnitt, ein Konzert oder eine Ausbildung sind Produkte. Ebenso kann man Personen als Produkt sehen. Kurzum, ein Produkt ist alles was vermarktet werden kann: Waren, Dienstleistungen, Personen, Orte, Organisationen und Ideen. „A product is what the buyer thinks it is, not what the seller thinks it is!“ (Rom J. Markin) „Wer seine besten Ingenieure im Hause hat und nicht beim Kunden, der hat noch nicht verstanden, dass der Kunde heute Problemlösungen kauft, nicht Produkte!“ (Thomas Laukamm) Produktentscheidungen Folgende Entscheidungen gilt es i.d.R. im Rahmen des Ps „Product“ zu fällen: • Produktgestaltung • Sortiment • Marke • Zusatzleistung managerTool.ch 67 Produktgestaltung Mit Produktgestaltung ist der sog. Produktkern gemeint. Der Produktkern stellt das eigentliche Produkt dar und bietet dem Käufer den Grundnutzen mit den funktionalen Eigenschaften in einer bestimmten Qualität (Summe der Eigenschaften wie Haltbarkeit, Gebrauchstüchtigkeit, Störanfälligkeit, Wertbeständigkeit usw.). Meist stark mit dem Produktkern verbunden ist der sog. Marketingüberbau, welcher zusätzlichen Nutzen vermittelt und/oder zwingender Bestandteil des Produktes darstellt: • Design (Gestalt, Material, Farbe usw.), • Verpackung (übernimmt Funktionen wie Schutz, Lagerung, Transport, Information, Identifikation, Werbung usw.) Sortiment(sgestaltung) Die Gesamtheit aller angebotenen Produkte einer Unternehmung wird als Produktprogramm oder ProduktMix (im Warenhandel versteht man darunter das Sortiment) bezeichnet. Das Produktprogramm kann unterteilt werden in: Eine Produktlinie umfasst mehreren Produkttypen, deren Produkte in enger Beziehung zueinander stehen, da sie die gleiche Funktion erfüllen (z.B. führt BMW die zwei Produktlinien Personenwagen und Motorräder oder Mercedes führt die zwei Produktlinien Lastwagen und Personenwagen). Ein Produkttyp umfassen Produkte gleicher Art (z.B. der Produkttyp 3erReihe von BMW oder der Produkttyp C-Klasse von Mercedes innerhalb der Produktlinie Personenwagen). Ein Artikel ist eine ganz bestimmte Ausführung eines Produkttyps, der sich in Details, wie z.B. Farbe, Grösse, Preis, Leistung, Ausstattung usw. von den anderen Artikeln desselben Produkttyps unterscheidet (z.B. Personenwagen 328i Touring von BMW oder C200 von Mercedes). In diesem Zusammenhang spricht man auch von der Programmtiefe und -breite: Die Programmbreite gibt Auskunft darüber, wie viele Produktlinien im Leistungsprogramm enthalten sind. So hat z.B. Porsche ein schmales Leistungsprogramm (Sportwagen), während Mitsubishi ein sehr breites Leistungsprogramm aufweist (Satelliten, Halbleitertechnologie, Kommunikations- und Informationstechnologie, Equipment zur Erzeugung und Verteilung von Elektrizität, Transportmittel jeglicher Art, Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräte usw.). Die Programmtiefe gibt Auskunft darüber, wie viele verschiedene Ausführungen (Produkttypen und Artikel) innerhalb einer Produktlinie enthalten sind. managerTool.ch 68 Die wesentlichen Möglichkeiten bei der Gestaltung des Produktprogramms sind das Management des ProduktePortfolios und Produktvariationen. Im Rahmen des Produkte-Portfolios gilt es den Zyklus von Produkten zu analysieren und zu managen. Produktlebenszyklus Das Modell des Produktlebenszyklus versucht, den Lebensweg eines Produkts, gemessen in Umsätzen, Umsatzveränderungen und Gewinn zwischen der Markteinführung und dem Ausscheiden eines Produkts aus dem Markt aufzuzeigen. Umsatz Umsatzwachstum Gewinn Umsatz Umsatzwachstum Gewinn Zeit EinführungWachstum Reife SättigungDegeneration Das Modell unterstellt, dass jedes Produkt unabhängig von seiner gesamten absoluten Lebensdauer ganz bestimmte Phasen bezüglich Marktvolumen, Preis, Gewinn, Wettbewerber, Kunden Cash Flow und Problemen durchläuft: Einführung Wachstum Reife Marktvolumen Preis/Einheit gering hoch schnell steigend sinkend Gewinne Wettbewerber Kunden Cash Flow Hauptprobleme negativ wenige Innovatoren stark negativ zögernde Kaufbereit-schaft und schwierig zu definierendes Zielpublikum steigend zunehmend Frühadopter positiv/negativ erste Wettbewerber dringen ein und Beginn des Preiskampfes maximal Richtung Grenzkosten hoch stabil breite Masse stark positiv Kampf und Marktanteile und Zwang zu vermehrter Produktdifferenzierung Sättigung/ Degeneration rückläufig stabil fallend abnehmend Nachzügler positiv/negativ Überkapazitäten und Aufkommen von Substitutionsprodukten managerTool.ch 69 Beispiele für verschiedene Produktlebenszyklen Umsatz Umsatz Modegüter Flop Zeit Zeit Umsatz Umsatz Grundnahrungsmittel Nischenprodukt Zeit Zeit Die Produktvariation Die Modifikation gewisser Eigenschaften eines bereits im Programm enthaltenen Produkts bezeichnet man als Produktvariation (auch Produktmodifikation genannt). Es wird unterschieden zwischen: Produktverbesserung Der technische Fortschritt, neue Bedürfnisse und Modeströmungen erfordern die periodische Anpassung des Funktionsumfangs oder der Ausstattung, der Qualität, der Benutzerfreundlichkeit, des Design, oder der Verpackung eines Produkts (z.B. verbesserte Versionen von Software). Produktdifferenzierung Wird ein Produkt oder ein Produkttyp um weitere Ausführungen ergänzt, so spricht man von Produktdifferenzierung. Diese erlaubt eine bessere Abstimmung des Produktprogramms auf die unterschiedlichen Bedürfnisse potentieller Käufer (z.B. Cabriolet, Coupé, Kompakt oder Kombi in der 3er-Reihe von BMW). „Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser wird, wenn es anders wird; aber soviel kann ich sagen, es muss anders werden, wenn es gut werden soll.“ (Georg Christoph Lichtenberg) Zur Unterstützung der Entscheide bei der Gestaltung des Produktprogramms kann das Modell des Produktlebenszyklus eingesetzt werden. Marke Eine Marke kennzeichnet ein Produkt, bürgt für gleichbleibende Qualität, hat ein einheitliches Erscheinungsbild und ist überall verfügbar. Die Marke hat durch ständige Marketingmassnahmen einen hohen Wiedererkennungswert und ist durch ein ihr eigenes, unverwechselbares Image subjektiv emotional aufgeladen. Dem Käufer wird also neben dem rational fassbaren Produkt zusätzlich ein Erlebniswert offeriert, der sich an managerTool.ch 70 des Kunden Vorstellungen, Werten und Wünschen orientiert. Die Marke ist heutzutage längst nicht mehr nur lediglich "Herkunftszeichen" eines Produktes, wie sie es ursprünglich einmal war. Die Marke, so wie dieser Begriff heute verstanden wird, hat eine lange Geschichte: Bereits in der Antike wurde der Grundstein für dieses immer komplexer werdende Marketinginstrument gelegt. Mit der Industrialisierung und der anonymen Massenfertigung vieler Produkte in der Mitte des 19. Jahrhunderts bekam die Qualität entscheidende Bedeutung, denn es gab teilweise sehr grosse Unterschiede in bezug auf die Fertigkeiten der Hersteller eines Produktes. Die Herkunft der Ware fungierte somit schon bald als Qualitätssiegel. Ein einprägsamer Name bürgte fortan dafür, dass der Kunde sicher sein konnte, ein gutes Produkt gekauft zu haben. Mit dieser Erkenntnis stieg auch die Bedeutung der klassischen Werbung für die Marke, da ein hoher Bekanntheitsgrad eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Funktionieren eines Markenkonzeptes ist. Es gibt verschiedene Ansätze, Marken zu etablieren und ihren Erfolg zu stützen. Die Basisstrategien sind: • Einzelmarke • Mehrmarke • Markenfamilie • Dachmarke • Markentransfer Einzelmarke Für jedes Produkt in einem bestimmten Marktsegment wird eine Marke kreiert. Jede Marke ist somit auf die Bedürfnisse abgestimmt, die der Verbraucher in einem bestimmten Bereich entwickeln kann. Der Vorteil: Für jedes Bedürfnis des Konsumenten gibt es eine Lösung durch den Anbieter in Form eines Markenartikels. Jedem Bedürfnis kann also ein Markenname seitens des Verbrauchers zugeordnet werden, von dem er/sie sich keine Gedanken hinsichtlich der Qualität oder Verfügbarkeit machen muss. Problem: Kopfschmerzen. Lösung: Nicht etwa: Kopfschmerztablette sondern: Aspirin. Da die einzelnen Marken unabhängig voneinander sind, weil sie sich in verschiedenen Segmenten befinden, steht jede für sich. Umpositionierungen seitens des Marketings zum Beispiel sind einfach zu handhaben, weil sie nur den jeweiligen Artikel betreffen. Alle anderen Marken bleiben davon unberührt und es muss keine Koordination zwischen den Artikeln vorgenommen werden. Der Nachteil dieses Einzelmarkensystems sind die anfallenden Kosten. Jede Marke muss ihr eigenes Marketingkonzept bekommen. Es gibt also für jeden Markenartikel eine komplette Kampagne mit auf den Artikel abgestimmten Anzeigen, Spots usw. managerTool.ch 71 Ausserdem kann es vorkommen, dass sich der Markenname so sehr beim Verbraucher einprägt, dass er die gesamte Produktgattung prägt. Ein Papiertaschentuch ist ein Tempo (oder in den USA ein Kleenex), egal, ob es wirklich ein Taschentuch der Marke Tempo ist oder ein anderes. Die angedachte Markenpersönlichkeit, die das Produkt von der Konkurrenz eigentlich abheben sollte, weitet sich auf das Segment selbst aus und kann ihren Sinn und Zweck somit konterkarieren. Mehrmarke Das Prinzip heisst: Mehrere Eisen im Feuer! In einem Produktbereich sollten nach diesem Ansatz zwei oder mehr Marken vorhanden sein. Das hat gleich mehrere Vorteile: Zum einen kann man Kundschaft halten, die sich von einer Marke nicht angesprochen fühlen oder einfach andere Präferenzen haben. So verdient Coca Cola auch daran, wenn einem Konsumenten die Cola zu süss ist und er deshalb zur Fanta oder dem Mezzo-Mix greift, weil diese Marken auch aus dem Hause Coca Cola stammen. Zigaretten werden vom Käufer ganz besonders mit dem zur Marke aufgebauten Image verknüpft. Und da es unklug wäre, auf den globalen "Cowboy – Konformismus" zu hoffen, hat Phillip Morris neben der Marke Marlboro eben auch weitere etabliert, die völlig andere Bedürfnisse der (Verb)Raucher befriedigen. Markenwechsler können auf diese Weise im eigenen Hause gehalten werden. Nicht nur das Image sondern auch andere Entscheidungskriterien, wie etwa der Preis eines Produktes, kann durch eine zusätzliche Marke abgedeckt werden. Wem Image egal ist – Hauptsache der Preis stimmt – wird ebenfalls bedient. Die Marke WEST ist bei den Zigarettenmarken aus dem Hause Reemtsma diejenige für preisorientierte Raucher. Ein weiterer Vorteil ist die Verdrängung potentieller Konkurrenz aus den Regalen der Anbieter. Mehrere eigene, etablierte Marken sichern den Platz im Kaufhaus, bevor eine Konkurrenzmarke dies tut. Ein Nachteil dieser Strategie könnte sein, dass der Aufwand, eine neue Marke zu kreieren, nicht mehr in Relation zum Gewinn stehen könnte. Der Bedarf an Waschmittel etwa wird durch eine neue Marke nicht steigen – er wird sich bestenfalls umverteilen. Ein Unternehmen muss also abwägen zwischen bereits vorhandenem Marktanteil und der Gefahr, dass man mit einer neuen Marke eventuell nur die eigenen Kunden zu Markenwechslern macht, nicht aber zwingend neue Kunden gewinnt, die man von Konkurrenzprodukten abziehen könnte. Eine neu eingeführte Marke müsste sich also eher an der Konkurrenz orientieren und dort etwaige Schwächen ausnutzen. Eine schwierige Aufgabe, die wahrscheinlich nur selten die Konzeption und Einführung einer neuen Marke rechtfertigt. Die Gefahr der Schädigung der eigenen Marken bleibt immer bestehen. managerTool.ch 72 Markenfamilie Einzelmarken werden in diesem Konzept zu einer Familie zusammengefasst, ganz im Sinne der corporate identity. Ein einheitlicher Auftritt mit Anforderungen, die für alle Produkte der Markenfamilie gelten, bildet die Matrix für dieses Konzept. Zum Beispiel bietet ELLEN BETRIX diverse Produkte im Bereich Kosmetik an – von Cremes über Lippenstifte bis zum Maskara. Im Bereich Körperpflege ist NIVEA wohl das deutlichste Beispiel für eine funktionierende Markenfamilie. Dort gibt es von der Creme über den Rasierschaum, das Eau de Toilette bis zum Sonnenöl alles für diesen Produktbereich. Alle Produkte erfüllen zudem die Anforderung der Milde und Pflege. Ist die Loyalität zu der Marke beim Kunden erst einmal entstanden, hat man diesen gleich für eine ganze Serie von Produkten gewonnen. Allerdings liegt hier auch die größte Gefahr für die Markenfamilie. Wenn die klassische Niveacreme zum Beispiel in einigen Tests von verschiedenen Instituten als mangelhaft bewertet wird, kann sich dies sehr schnell schädigend auf alle anderen Produkte der Markenfamilie auswirken. Der Negativ – Imagetransfer funktioniert mindestens genauso gut wie der Imagetransfer im positiven Sinne. Eine Sicherung der Produktqualität und konsequente Imagewerbung sind im Bereich der Markenfamilie daher unerlässlich. Dabei ist die Abstimmung des Marketingmixes schwieriger als z.B. bei der Einzelmarke, weil sich Werbemaßnahmen immer gleich auf die gesamte Produktreihe auswirken und deshalb sorgfältig konzipiert werden müssen. Dachmarke Die Dachmarke vereint die zu vertreibenden Produkte ebenso unter einem Namen wie es bei der Markenfamilie der Fall ist. Die Produktpalette ist bei der Dachmarke jedoch noch wesentlich grösser, da man hier nicht nur in einem bestimmten Marktsegment aktiv ist (wie im Falle von NIVEA), sondern auch völlig verschiedene Produkte unter einer Marke vereint. Ein weiterer Unterschied zur Markenfamilie ist, dass der Hersteller bei der Dachmarke nicht so sehr in den Hintergrund tritt wie bei der Markenfamilie. Der Hersteller und die Dachmarke sind oft sehr eng miteinander verbunden. So finden sich auch oft die Namen der Gründer von Unternehmen in der Marke wieder. Daimler, Opel, Jack Daniels oder Harley Davidson sind solche Unternehmen. Eine Dachmarke ist meistens ein Unternehmen, das bereits eine Geschichte hat – also ein gewachsenes Unternehmen mit einem starken Namen. Der Ruf eines solchen Unternehmens bildet die Grundlage für die Dachmarke. Heute ist der Pioniergeist und damit die Originalität ein sehr gewichtiges Kriterium für das Image eines solchen Unternehmens. Zum Beispiel ist es allgemein bekannt, dass japanische Motorräder stets auf dem neuesten Stand der Technik sind, ein gutes Preis/Leistungs-Verhältnis bieten und sehr zuverlässig sind. Die Marke Harley Davidson wiederum ist teuer, technisch veraltet und weniger zuverlässig – ist managerTool.ch 73 jedoch aufgrund ihrer Tradition und Originalität die um ein vielfaches stärkere Marke. Harley Davidson Motorräder gelten im allgemeinen als das Original schlechthin. Wie schon erwähnt, werden manchmal sehr verschiedene Produkte unter einer Dachmarke vertrieben. Die Gefahr darin besteht, dass der Verbraucher dem Unternehmen die Kompetenz für bestimmte Produktbereiche abspricht und diese dann nicht akzeptiert. Wie stark eine Dachmarke sein kann, zeigt das Beispiel Mercedes Benz im Falle der A – Klasse. Der zu befürchtende Imageverlust durch den nicht bestandenen "Elchtest" ist ganz und gar ausgeblieben, weil das Unternehmen konsequent und professionell darauf reagiert hat. Das Vertrauen der Verbraucher ist nicht geschwunden, die Autos der A – Klasse verkaufen sich gut und der Elch fährt in jedem Exemplar als Stoffmaskottchen mit. Markentransfer Wer eine starke Marke hat, hat starke Möglichkeiten! Markentransfer gibt es in vielen Varianten. Hollywoodstars oder Musikgruppen nutzen zum Beispiel dasselbe Prinzip wie Unternehmen, die mit einer bereits etablierten Marke neue Märkte erschließen. Im Falle der Medienstars heißt der Produktbereich dann "Merchandising". Poster, TShirts, Bettbezüge oder Kaffeetassen mit dem Konterfei von Stars sind mächtige Wirtschaftszweige geworden, und auch die Unternehmen nutzen die "Gesichter" ihrer Marken zunehmend für neue Geschäftszweige. So werden durch die Marke Camel längst nicht mehr nur Zigaretten verkauft, sondern auch Reisen und Bekleidung. Der einheitliche Anspruch liegt in den Attributen Qualität, Abenteuer, Freiheit, Natur und Individualität. Genau dieser Punkt kann der Hauptmarke allerdings auch zum Nachteil gereichen. Etwa wenn durch die Transfermarken, also durch die hinzugekommenen Artikel, die eigentliche Zielgruppe der Marke unterwandert wird. Wenn ein Accessoire einer exklusiven Marke zum Beispiel plötzlich für jeden erschwinglich und verfügbar ist (z.B. Bekleidung, Embleme, Sonnenbrillen von Ferrari / Porsche), könnte das exklusive und elitäre Image und damit die Identität der Marke heftigst darunter leiden. Zusatzleistung Zusatzleistungen bringen dem Kunden zusätzlichen Nutzen; z.B. durch: • Beratung beim Verkauf • Inzahlungnahme eines alten Produktes • Zustellung und Installation • Ausbildung • Reparatur-, Unterhalts- und Ersatzteildienst • Entsorgung von Rückständen, Abfällen, Schadstoffe und des ausgedienten Produkts managerTool.ch 74 „Der Service ist der leichteste und beste Weg, sich Treue und Zufriedenheit der Kunden zu sicheren.“ (Peter Drucker) managerTool.ch 75 3.2 Price Preisgestaltung (Price) Lernziel: Sie verstehen die entscheidenden Mechanismen rund um den Preis. Preiselastizität Kosten Konkurrenten Preisbildung Preisdifferenzierung Rabatte / Konditionen Kunden • zeitlich • Funktionsrabatte • räumlich • Kundensegment • Mengenrabatte • Zeitrabatte • Verwendungszweck • Skonti • Treuerabatte Grundlagen Kaum ein Marketing-Aspekt ist so bedeutsam und gleichzeitig auch kritisch wie die Preispolitik. Das Marketingnstrument „Preis“ ist überdies dasjenige, das am schnellsten geändert werden kann. Während Produkt, Promotion und Place nur langfristig angepasst werden können, kann der Preis sofort neuen Gegebenheiten angepasst werden. Dies ist eine Chance und gleichzeitig eine Gefahr! Aber wie findet man den gewinnoptimalen Verkaufspreis? In welchem Fall lässt sich der Gewinn mit einer Preiserhöhung steigern? Wie erklärt man dem Kunden die Preispolitik so, dass es auch akzeptiert wird? Welche Preisdifferenzierung ist auch aus Kunden-Optik gerechtfertigt? Preisbildung Die Bestimmung des Preises für ein Produkt erfolgt anhand der drei K’s des sog. Preisdreiecks: • Kosten • Kundennutzen • Konkurrenz Bei folgenden Ereignissen muss die Unternehmung sich mit der Bestimmung von Preisen auseinandersetzen: • die Unternehmung führt ein neues Produkt ein, • die Konkurrenz ändert ihre Preise, managerTool.ch 76 • die Produktionskosten erhöhen oder vermindern sich, • die Abnehmer ändern ihr Konsumverhalten, • oder der Staat führt eine indirekte Steuer auf ein Produkt ein, das die Unternehmung im Programm führt. Preisdifferenzierung bedeutet, dass eine Unternehmung ein und dasselbe Produkt zu unterschiedlich hohen Preisen an unterschiedliche Abnehmer verkauft. Mit diesem Vorgehen lässt sich der Umsatz, Marktanteil oder Gewinn vergrössern. Man kennt in der Praxis verschiedene Arten von Preisdifferenzierung: • Die räumliche Preisdifferenzierung basiert auf der geografischen Aufteilung des Marktes in verschiedene Gebiete (z.B. Stadt-Land, Regionen, Länder). • Die zeitliche Preisdifferenzierung basiert auf den Schwankungen der Nachfrage über den Zeitablauf und zeigt sich z.B. in unterschiedlichen Telefontarifen (Tag, Nacht, Wochenende) oder Hotelpreisen (Haupt- und Zwischensaison). • Die Preisdifferenzierung nach Kundensegmenten basiert auf der Unterteilung der potentiellen Käufer nach bestimmten Merkmalen wie z.B. Lebensalter oder Erwerbssituation (reduzierte Preise für AHVBerechtigte, Schüler und Studenten bei Veranstaltungen oder SBB). Oft haben die tieferen Preise nur während bestimmten Zeiten Gültigkeit. • Die Preisdifferenzierung nach Produkt- und Verwendungsform basiert darauf, dass das gleiche Produkt mit nur geringfügigen Veränderungen unterschiedlich verwendet werden kann. Deshalb werden für nur geringfügig verschiedene Produkte unterschiedliche Preise festgelegt, obwohl die Herstellkosten gar nicht oder nur marginal variieren. Beispiele dafür sind die Unterscheidung von Industrieund Haushaltsstrom, Speise und Viehsalz, Heiz- und Dieselöl oder Drucksachen und Briefpost beim Versand durch die PTT. Rabatte Rabatte sind prozentuale oder absolute Abschläge auf den Endverbraucherpreis oder den Herstellerabgabepreis einer Ware. Viele Unternehmungen variieren ihre Preise durch die Gewährung von Rabatten, um die Abnehmer (Handel oder Konsumenten) zu einer bestimmten Handlung (sofortiger Kauf, frühzeitige Zahlung, Barzahlung, Abnahme grösserer Mengen, Aufträge ausserhalb der Saison, Übernahme von Funktionen wie Vertrieb, Lagerhaltung usw.) zu bewegen. Im Wesentlichen werden mit der Gewährung von Rabatten die folgenden Ziele verfolgt: managerTool.ch 77 • Umsatz- bzw. Absatzausweitung • Erhöhung der Kundentreue • Rationalisierung der Auftragsabwicklung • Steuerung der zeitlichen Verteilung des Auftragseingangs • Image hochpreisiger Güter sichern und trotzdem preiswert anbieten. Zur Erreichung dieser Ziele stehen die verschiedensten Rabattarten zur Verfügung: • Funktionsrabatte (Pauschalfunktionsrabatt, Marktbearbeitungsrabatt, Finanzierungsfunktionsrabatt) • Mengenrabatte (Einzelauftragsrabatt, Umsatzrabatt, Grosskundenmengenrabatt) • Zeitrabatte (Einführungsrabatt, Vorausbestellrabatt, Saisonrabatt, Auslaufrabatt) • Treuerabatte (Rückvergütungen, Rabattmarken usw.) Preiselastizität Die Preiselastizität gibt Aufschluss darüber, wie der Absatz eines bestimmten Produktes reagiert, wenn der Preis sich ändert. Formel: Relative Änderung der Nachfrage / Relative Änderung des Preises Ein Produkt mit grosser Elastizität (z.B. Äpfel) reagiert stark auf Preisänderungen und ein Produkt mit kleiner Elastizität (z.B. Benzin) reagiert schwach darauf. Folgende Aspekte führen u.a. zu einer hohen Preiselastizität: • grosse Ähnlichkeit und Substituierbarkeit der Produkte, geringe Differenzierung • hohe Preistransparenz resp. Preisbewusstsein • hohe Kauffrequenz • gute Produktkenntnisse des Abnehmers resp. Fähigkeiten, Produkte objektiv zu beurteilen (Industriegüter) • Entscheidungsträger zahlt selber mit persönlichem Geld • hohe absolute Preise • hoher Anteil des Artikels an den Gesamtkosten des Endproduktes • Käufer/Wiederverkäufer stehen im Preiswettbewerb im Endverbrauchermarkt • geringe Bedeutung von Image und Prestige managerTool.ch 78 Die Liefer- und Zahlungsbedingungen haben mit dem Preis direkt nichts zu tun. Damit werden Kosten und Leistungen des Waren- und Geldflusses geregelt. Eine Freihauslieferung z.B. verursacht zwar Kosten bei der Unternehmung, kann aber gleichzeitig falls die Konkurrenz dies nicht bietet - ein Verkaufsargument darstellen. Lieferbedingungen sind im Wesentlichen Bestimmungen hinsichtlich des Umfangs der Lieferverpflichtungen des Lieferanten (Hersteller, Handel) und ihrer Erfüllung durch den Lieferanten (Warenübergabe bzw. -zustellung (Ort und Zeit), Umtausch- und Rücktrittsmöglichkeiten, Konventionalstrafen bei Lieferverzug, Berechnung von Porti, Frachten und Versicherungskosten). Zahlungsbedingungen regeln die Zahlungsweise (Vorauszahlung, Barzahlung, Zahlung nach Erhalt der Ware, Gesamtzahlung oder Teilzahlung, Höhe der Raten bei Teilzahlung) und die Zahlungsfristen (z.B. „Zahlung innert 30 Tagen ab Rechnungsdatum“). Preismanagement-Prinzipien Bezüglich Preispolitik bzw. -management gibt es gewisse Prinzipien, die praktisch für alle Branchen und Märkte gelten: • Preis-Konstanz: je konstanter und dauerhafter die Preise, desto glaubwürdiger und qualitativ hochstehend ist die Wirkung auf die Kunden • Preis-Diskriminierung: je geringer die PreisDiskriminierung bzw. die Preis-Differenzierung, desto glaubwürdiger und desto geringer ist das Risiko, einzelne Kunden zu verärgern • Rabatte und Konditionen: je einheitlicher und transparenter die Rabatte und Konditionen (Mengenrabatte, saisonale Rabatte usw.), desto glaubwürdiger und kundenfreundlicher ist die Wirkung auf die Kunden • Psychologische Preise: je durchdachter und stringenter die Preispsychologie zugunsten beider Parteien angewendet wird, desto sympathischer und umsatzfördernder ist die Wirkung • Preis-Gruppen: je konsistenter und ähnlicher die Sortimente in Preis-Gruppen zusammengefasst werden, desto einfacher und zeitsparender ist dies für die Kunden und für uns • Preis-Erhöhungen: je transparenter und argumentativ belegbar die Preis-Erhöhung, desto eher akzeptiert dies der Kunde • Vermeidung von Preis-Wettbewerb: je besser sicher eine Unternehmung aus dem Preis-Wettbewerb raushalten kann, desto eher wird sie den Kunden an sich binden können (allerdings oft nur langfristig) managerTool.ch 79 3.3 Promotion Marktbearbeitung (Promotion) Lernziel: Sie kennen die Grundlage des Kommunikationsprozesses und verstehen die Unterschiede zwischen den einzelnen Marketingkommunikationsinstrume nten. PR Werbung Sympathie Vertrauen Dialog Sie sind in der Lage, ein Werbekonzept zu erstellen. Sie sind in der Lage, ein Verkaufsförderungskonzept zu erstellen. Sie sind in der Lage, ein PRKonzept zu erstellen. Verkaufsförderung Verkauf Umsatz Information Bekanntheit Umsatz Unterstützung Umsatz Beratung Anspruchsgruppen Kunden Handel Verkäufer Kunden Kunden wichtiger unwichtiger wichtig wichtiger Sie sind in der Lage, ein Verkaufskonzept zu erstellen. Und kennen einige Grundlagen der Verkaufspsychologie und techniken. Zusätzlich zu den vier klassischen Instrumenten der Marketingkommunikation PR, Werbung, Verkaufsförderung und Verkauf sind Sie in der Lage, alternative Instrumente sinnvoll und zielorientiert einzusetzen. Grundlagen In unserer modernen Gesellschaft, in welcher der Konsument u.a. die Qualität der Produkte aufgrund ihrer Komplexität immer weniger beurteilen kann, die Informationsflut enorm wird bekommt die Information der und die Kommunikation mit den Kunden einen immer höheren Stellenwert. Selbst überdurchschnittlich gute Produkte oder Dienstleistungen verkaufen sich nicht mühelos, sondern bedürfen einer wirkungsvollen Marktbearbeitung. Die Aufgabe der Promotion (auch Marketingkommunikation oder Markbearbeitung genannt) besteht darin, die Kunden, Interessenten und anderen Anspruchsgruppen über die Unternehmung und deren Produkte aktiv, bewusst und gezielt zu informieren, um damit den Absatz der Produkte direkt und/oder indirekt zu fördern. Die Promotion kann als das Sprachrohr des Marketings bezeichnet werden. Diese managerTool.ch 80 Kommunikationsmassnahmen können wiederum in einen sog. Kommunikations-Mix unterteilt werden. Dieser umfasst die folgenden Marketingkommunikationsinstrumente: • Werbung • Verkaufsförderung (Sales Promotions) • Public Relations (PR, Öffentlichkeitsarbeit) • Verkauf. Oft werden u.a. folgende Massnahmen der Marktbearbeitung zusätzlich aufgelistet (weil sie nicht klar einem dieser vier Instrumente zugeordnet werden können): • Direktmarketing • Sponsoring • Eventmarketing • Messe-Marketing 3.3.1 Public Relations Grundlagen Unter Public Relations fallen alle Massnahmen, mit welchen eine Unternehmung die Öffentlichkeit sowohl über ihre Tätigkeiten und Absichten als auch über ihre Produkte informiert, um damit v.a. ein positives Image, Vertrauen und Verständnis bei ihren Anspruchsgruppen zu gewinnen und zu pflegen. Öffentlichkeitsarbeit dient der gesellschaftlichen und marktorientierten Kommunikation mit ihrer inner- und ausserbetrieblich relevanten Öffentlichkeit. Diese besteht aus Konsumenten, Mitarbeitern, überbetrieblichen Institutionen, staatlichen Instanzen, Lieferanten, Kreditgebern, Medien etc. Im Zeichen zunehmender sozialer und umweltpolitischer Probleme geraten Unternehmen vermehrt unter Beschuss einer kritischen Öffentlichkeit. Es überrascht daher nicht, dass vor allem Unternehmen, die in besonderem Masse der öffentlichen Kritik ausgesetzt sind, sich verstärkt der PR bedienen (Banken, Mineralölfirmen, Chemie- und Pharmabetriebe etc.). Ziele und Aufgaben PR dient der Imageverbesserung und baut auf Kontinuität. Sekundär kann PR sich durchaus auch auf den Umsatz auswirken - im positiven wie im negativen Sinne. Ist das Bild des Unternehmens in der Öffentlichkeit positiv, steigt das Vertrauen der Verbraucher in die Dienstleistungen und Produkte. PR erweist sich in einer sich ständig managerTool.ch 81 verändernden Umwelt als eine der zentralen Erfolgsfaktoren. Unternehmungen, Organisationen und Institutionen, die in den vergangenen Jahren durch den Dialog mit der Öffentlichkeit Vertrauen und Akzeptanz schaffen konnten, bewältigen Situationen öffentlicher Exponiertheit besser. In diesen Zeiten können diese vom Vertrauens- und Glaubwürdigkeitspotential zehren, dass sie in der Vergangenheit aufgebaut haben. Als "Opinion Leader" (Entscheidungsträger, Beeinflusser) hat die Presse einen starken Einfluss auf die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit. Somit stehen die Journalisten an erster Stelle. Denn ihre Aufmerksamkeit und ihr Interesse muss immer wieder geweckt werden, um an die eigentliche Zielgruppe, die Öffentlichkeit, heranzukommen. Die Medienvertreter sind meistens ihren Lesern und Hörern verpflichtet und arbeiten folgerichtig die Meldungen in deren Sinne und zu ihrem Nutzen auf. So müssen Inhalte und Sprache in zweifacher Hinsicht zielgruppenspezifisch sein: Die PR-Meldung muss das journalistische Interesse des Redaktors zu wecken versuchen wie auch dasjenige der Öffentlichkeit. Moderne PR sucht auch den offenen Dialog mit kritischen Zielgruppen. Public Relations können folgende Aufgaben wahrnehmen: • Die Neueinführung oder Repositionierung von Produkten unterstützen, • Produkte verteidigen, die in der Öffentlichkeit auf Kritik gestossen sind, • Zielgruppen beeinflussen oder zumindest deren Interesse an bestimmten Produkten wecken, • das Image der Unternehmung so aufbauen, dass es sich positiv auf deren Produkte auswirkt. Abgrenzung zu Sales Promotion und Werbung Im Gegensatz zur Werbung oder Sales Promotions steht bei marktorientierten Public Relations nicht der unmittelbare und kurz- bis mittelfristige Absatz im Zentrum, sondern vielmehr die Erwirkung einer langfristig positiven Haltung der relevanten Anspruchsgruppen gegenüber der Unternehmung und ihren Produkten. Zum Unterschied PR - Werbung: PR PR befassen sich Werbung mit dem Infor- Werbung bezieht sich auf die Information über mationsfluss zwischen der Unterneh- die eigenen Produkte gegenüber mung und ihrer Anspruchsgruppen. (potentiellen) Kunden. PR bemühen sich um Sympathieanteile. Werbung kämpft um Marktanteile. PR wirken langfristig. Werbung wirkt eher kurzfristig. den managerTool.ch 82 Instrumente der Public Relations Die folgende Aufzählung enthält die wichtigsten und in der Praxis verbreiteten Instrumente der marktorientierten Public Relations: • Veröffentlichungen: Geschäftsberichte, Kundenzeitschriften, redaktionelle Beiträge in Zeitungen oder Fachzeitschriften, Prospekte • Pressearbeit: Pressemitteilungen, Pressekonferenzen, Interviews für Zeitung oder TV • Veranstaltungen: Fachvorträge, Podiumsdiskussionen, Tag der offenen Tür, Jubiläumsfeiern, Ausstellungen, Wohltätigkeitsveranstaltungen, Konzerte, Theater • Förderung und Beiträge an gemeinnützige Institutionen: Unterstützung von Hilfsorganisationen oder Umweltschutzaktivitäten, Einrichtung von Stiftungen, Förderung von Wissenschaft oder Kultur Einsatz PR-Massnahmen sind im Vergleich zur Werbung wesentlich kostengünstiger und sollten somit auch vermehrter von kleineren Unternehmungen eingesetzt werden. Dabei ist aber wichtig, dass bei allen PR- und Kommunikationsmassnahmen auf eine gewisse Regelmässigkeit und einen bestimmten Rhythmus Wert gelegt wird. Spezialformen der Public Relations Sponsoring ist die Förderung von Personen und Organisationen im sportlichen, kulturellen, sozialen oder ökologischen Bereich nach dem Grundsatz von Leistung und Gegenleistung. Hier liegt auch der wesentliche Unterschied zur Förderung im klassischen Sinne, bei welcher der Förderer meist im Hintergrund bleibt und keine Gegenleistung verlangt. Der Sponsor stellt hingegen Geld, Sachmittel oder Dienstleistungen zur Verfügung und erwartet dafür vom Gesponserten Werbung für seine Unternehmung oder deren Produkte. Product Placement ist die Plazierung von Produkten als Requisiten in Kinound Fernsehfilmen. Dies wird in der Regel vom Publikum nicht als Werbung empfunden und erzeugt damit auch keine Abwehrhaltung. Im weiteren schafft dieses managerTool.ch 83 Instrument die Möglichkeit, den Gebrauch des Produktes zu zeigen und es mit bestimmten Situationen oder im Zusammenhang mit Idolen zu assoziieren. 3.3.2 Werbung Grundlagen Werbung ist, zusammen mit PR, Verkaufsförderung und dem persönlichen Verkauf, ein Kommunikationsinstrument. Der Kommunikations-Mix (oder die Marktbearbeitung) ist Bestandteil des Marketing-Mix: Mit Werbung kann ein gewisser Bekanntheitsgrad bzw. eine Akzeptanz erreicht oder erhöht werden. Mit der Wahl der entsprechenden Werbemittel und Werbeträger wird die Werbung zum Instrument der Aktion und Reaktion auf dem Markt. Durch die Gestaltung der Werbemittel schafft Werbung Identität und unterscheidet das Unternehmen von den Wettbewerbern (Positionierung). Die Wirkung der Werbung kann nicht direkt an der Zahl der verkauften Einheiten gemessen werden. Ihr Hauptziel ist es, für das Unternehmen Kunden zu gewinnen, die Besucherfrequenz zu erhöhen, den Namen des Unternehmens oder des Produktes in der Erinnerung der Kunden zu verankern. Werbung ist weder Unterhaltung noch eine Form der Kunst, sondern vielmehr ein Medium der Information. Ich möchte nicht, dass Sie eine Anzeige von mir als „kreativ“ bezeichnen, sondern diese so interessant finden, dass Sie das Produkt kaufen.“ (David Ogilvy) „Werbung ist das ehrlichste Medium. Da wird nichts gelogen. Jeder weiss: Alles ist geschönt.“ Kritik an der Werbung • Werbung fördert die Kommerzialisierung der Gesellschaft! • Werbung manipuliert den Konsumenten! • Werbung orientiert sich lediglich am Markterfolg und nicht an gesellschaftlich wichtigen Anliegen! • Werbung beschleunigt den rücksichtslosen Verbrauch knapper Energien und natürlicher Ressourcen! • Werbung hintergeht die Gesellschaft durch falsche Versprechungen, überhöhte Preise, ungenügende Produktinformationen usw.! Funktionen der Werbung für den Konsumenten • Informationen bezüglich Konsumentscheidungen • emotionale Konsumerlebnisse • Normen und Modelle für das Konsumverhalten managerTool.ch 84 • Zeitvertreib und Unterhaltung Werbeziele Bekanntmachung von Produkten • Erlangung des Bekanntheitsgrades eines Produktes • Erhaltung des Bekanntheitsgrades eines Produktes • Erhöhung des Bekanntheitsgrades eines Produktes Information über Produkte • Information über Funktion des Produktes • Information über Einsatzmöglichkeiten des Produktes • Information über Kosten-Nutzen-Verhältnis Stärkung des Vertrauens in das Produkt • Imageverbesserung des Produktes • Schaffung von Präferenzen für das Produkt • Vermeidung von kognitiven Dissonanzen Unterstützung der Absatzchancen • Argumente für Kaufentschluss • Senkung der „Vertriebskosten“ Werbebotschaft Bei den Werbebotschaften kann Informationswerbung („Jetzt haben wir neue Modell an Lager“), Suggestivwerbung („Ihre Freunde werden Sie beneiden“) oder Erinnerungswerbung (Haben Sie Ihre Ovo heute schon gehabt?“) unterschieden werden. Argumentationen in den Werbebotschaften: • Produktvergleiche • wissenschaftliche Beweisführung • Offenheit • Provokation • Stilleben (Umgebung, Ambiance) • Dramatisierung • persönliche Empfehlung • Demonstration • Humor • Übertreibung • Nutzen managerTool.ch 85 z.B. Prestige als Nutzen: • edles Design • anspruchsvolle Technik • niveauvolles Outfit • ganz speziell Ihren Wünschen angepasst • etwas für Kenner • für jüngeres, schöneres Aussehen Werbestil Emotionales Frischeerlebnis • Töne: helle, klare Klangfarbe, Melodiedissonanzen • Farben: grün-gelbe und einige blaue Töne • Bilder: Blumen, Wasser, Frühlingslandschaften • Duftstoffe: Zitrusdüfte, grasig-grüne Düfte • Geschmack: Mentol, Pfefferminze • Worte: "wilde Frische von Äpfeln" • Haptik: glatte Oberflächen wie Glas oder Metall Die wichtigsten Regeln für den Macher: AIDA - A = Attention • Jedes Inserat braucht einen Eye Catcher! Das schlimmste ist, wenn das Inserat übersehen wird! • Setzen Sie Prioritäten! Gleichmässige Seiten sind abstossend! Nicht vollstopfen; mit Leerraum spielen! • Zwischentitel sind zwingend! • Extreme Formate geben Spannung in die Seite! • Zeilen: nicht weniger als 30 und nicht mehr als 40 Buchstaben! AIDA - I = Interesse • Das Interesse muss schon beim Anlesen geweckt werden! Verwenden Sie Reizwörter oder NeugierWecker! • Bilder: Je emotionaler ein Bild ist, umso eher „packt“ es! • „Bildlegende“ = Bildunterschrift. Das Auge sucht die Erklärung zu einem Bild unter dem Bild. • Der Leser will Namen lesen! • Nur junge Katzen glauben an die andere Katze im Spiegel... AIDA - D = Desire • Der Leser und die Leserin wollen eingeladen werden. Verwenden Sie Sie-Formulierungen! managerTool.ch 86 • Lange Text-Riemen sind verboten! Der Leser hüpft, wählt aus, liest von hinten nach vorne und sucht kompakte Informationen. Lange Artikel müssen segmentiert werden! AIDA - A = Action • Machen Sie dem Leser die (Kauf) Handlung so einfach wie möglich! • Bringen Sie den Leser so weit, dass er sofort (re)agiert. Aus den Augen, aus dem Sinn! Mediaplanung (Streuplanung) Eine bestimmte Zielgruppe soll in bestimmter Intensität in einer bestimmten Zeitspanne in einem bestimmten Gebiet beworben werden. Folgende Entscheidungen müssen diesbezüglich getroffen werden: • Auswahl der Mediagattungen • Festlegen der Wiederholungen (Bestimmung des Werbedrucks) • Bestimmung zeitlicher Einsatz Die Mediaplanung wird bestimmt durch: • Markt ○ gesättigt ○ ungesättigt ○ sprachlich differenziert (Tessin: kl. Gebiet braucht grosses Budget) • Produktcharakteristik (Involvement) • Medienverfügbarkeit (TV in der Schweiz: gute Sendezeiten sind total überbucht) • Kommunikations- bzw. Werbeziele (Ziel MarkenbekanntheitÆ grosser Werbedruck nötig; Festigung Markenimage Æ bildhafte Medien • Zielgruppe (Medien wählen mit denen Zielgruppe gut erreicht wird; Zielgruppe involviert oder nicht? Æ bestimmt Anzahl Schaltungen • Botschaftsinhalt (komplexe Informationen Æ Print; Abläufe Æ TV, Kino; Kurz Æ Radio) • Budget bestimmt Mediagattung und Formate (Länge, Grösse) Æ Kompromiss zwischen Reichweite und Anzahl Schaltungen (viele Leute wenige Male – wenige Leute viele Male) • Mitbewerber • Einsatz anderer Kommunikationsinstrumente managerTool.ch 87 Um die wichtigen – und letztlich kostspieligen – Mediaplanungsentscheid zu fällen bedarf es eines Mediavergleichs. Folgende Untersuchungskriterien werden dabei analysiert: • Reichweite: Leser pro Nummer / Ausgabe, Seher / Hörer pro Zeiteinheit • Kumulierte Reichweite: Anzahl Zielpersonen, die zumindest einmal durch mehrere Ausgaben eines Werbeträgers bzw. durch mehrere Werbeeinschaltungen erreicht werden. • Nettoreichweite: Gesamtzahl der Personen, die bei Einschaltungen in verschiedenen Medien mindestens einmal erreicht werden Æ Überschneidungen bei Nutzern mehrer Medien (Duplikation). • Kombinierte Reichweite: Umfasst alle Personen, die von mehreren Einschaltungen in mehreren Medien zumindest einmal erreicht wurden. • Kontakthäufigkeitsverteilung: Gibt an wie oft die Mitglieder der Zielgruppe die Chance haben, Kontakt mit den Werbeträgern zu haben, in denen die Werbebotschaft geschaltet wird. • Durchschnittliche Kontaktchance OTS (Opportunity to See): Gibt an wie oft eine durchschnittliche Person die Chance hat mit der Werbung in Berührung zu kommen. • Gross Rating Points (GRP): Bruttoreichweite (Kontaktsumme) in % der Zielgruppe. Ferner bedarf es eines Intermedia-Vergleiches: Plakate • hohe Beachtung! • mit Plakat erreicht man fast alle Menschen. Plakate profitieren von Zunahme der Mobilität. • Werbung muss plakatgerecht sein! Nur wenige Informationen können transportiert werden. TV • DAS Low-Involvement Medium! Sympathie, Emotion, Bild und Ton… Zeitungen • Leser suchen aktiv Informationen, auch über Dienstleistungen und Produkte • ideal für lokal beschränke Informationen • relativ kostengünstig • Nachteil: viele Mitbewerber, kurze Lebensdauer managerTool.ch 88 Zeitschriften • allgemeine Zeitschriften (Streuverluste) vs. Spezialzeitschriften (Detailinformationen, Zielgruppe zu relativ geringen Kosten erreichbar) • gutes Image, Glaubwürdigkeit und Exklusivität • längeres Leben, mehrmals betrachtet Radio • bei privaten Sendern: starker Boom • klare unkomplizierte, akustisch gut darstellbare Inhalte Æ gut • man kann sich akustischen Reizen weniger entziehen als optischen • Sender-/Programmwahl Æ Zielgruppenselektion in Ordnung Kino • Anteil an Kinowerbung verglichen mit Gesamtwerbung gering • Empfangsbedingungen gut • Kosten im Vergleich mit TV viel geringer Aussenwerbung • Plakate, Verkehrsmittel, Schilder • geografische Segmentierung • relativ tiefe Kosten • hohe Kontakthäufigkeit • Informationen müssen Aufmerksamkeit erregen resp. kurz und prägnant sein Werbeplattform (Werbekonzeption) Sobald Ausgangslage und Aufgabe klar umschrieben, nötige Informationen und Daten zusammengetragen und in einem Briefing formuliert worden sind, kann die Kommunikationsstrategie festgelegt werden. Diese Strategie bildet die Basis der Werbeplattform (Werbekonzeption): Werbeziel Was soll erreicht werden? Ökonomische Ziele sind in der Werbung beschränkt sinnvoll: * keine Anhaltspunkte für Werbestrategie * direkte Wirkung der Werbung (alleine) ist nicht messbar bei ökonomischen Grössen. Es könnten auch alle anderen Kommunikationsinstrumente oder sonstige Einflussgrössen sein. managerTool.ch 89 Kommunikationsziele: * Wissensziele = Produkt, Markenkenntnis, Kenntnis von Produktmerkmalen * Einstellungsziele = Einstellungen zu Produkten, Marken, Unternehmen * Kontaktziele * Imageziele * Motivationsziele Positionierungsziele Werbeobjekt Für was soll geworben werden? Zielgruppe Wer soll angesprochen werden? * einzelnes Produkt * Produktgruppe * gesamtes Produktionsprogramm/Sortiment * Händler * Gewerbetreibende * Endverbraucher (Hausfrauen, Kinder, Heimwerker ...) ... Die Zielgruppe kann erreicht werden mittels ... Direktwerbung (Umworbener ist bekannt) z.B. Werbebrief Massenwerbung (Umworbener ist anonym) z.B. Fernsehspot Werbebotschaft Was sagen wir? Werbeträger und – mittel (Mediaplanung) Welches Medium eignet sich? Werbestil Wie gestalten wir die Botschaft? Werbebiet (Streugebiet) Wo soll geworben werden? Werbezeit (Streuzeit) Wann soll geworben werden? * informierende Werbung * argumentierende Werbung * emotionale Werbung (Suggestivwerbung) Zeitung, (Fach)Zeitschrift, Fernsehen, Radio, Plakatwand, Litfasssäule, Werbebrief, Verkehrsmittel, Person ... * emotionale reize (biologisch vorprogrammierte Reaktionen auslösend, kaum kontrollierbar). Bsp: Kindchenschema, Erotik, Gesichter * kognitive reize (aktivieren Informationsverarbeitung durch gedankliche Konflikte, Widersprüche, Überraschungen) * physische reize (Grösse und verwendete Farbe) lokale, regionale, nationale, internationale Werbung ganzes Jahr, bestimmte Jahreszeit, bestimmte Tage, bestimmte Tageszeit managerTool.ch 90 Werbeetat (Werbebudget) Budgetierungsmethoden in der Praxis: Wie viel Geld steht für die * Umsatz- bzw. Gewinnanteilmethode Werbung zur Verfügung? (Werbekosten als Prozentsatz vom vergangenen oder erwarteten Umsatz bzw. Gewinn) * Methode der Werbekosten je Verkaufseinheit * Methode der finanziellen Tragbarkeit * Konkurrenz-Paritäts-Methode (Bestimmung des Budgets aufgrund der Gepflogenheit der Konkurrenten) * Werbezielabhängige Methoden (Werbebudget wird aufgrund der gesetzten Kommunikationsziele bestimmt) Werbeerfolgskontrolle Wie wirksam war die Werbung? * Werbekosten pro Tausend erreichter Zielkunden * Prozentsatz der angesprochenen Kunden pro Werbeträger * Konsumentenmeinungen zum Werbeinhalt und zur Werbewirksamkeit * Einstellungen zum Produkt vor und nach einer Werbekampagne * Zahl der Anfragen, die durch eine Anzeige bewirkt wurden Checkliste Werbebriefing Situationsanalyse • kurze Information über Kunde, Markt, Konkurrenz • eigene Werbung in den letzten Jahren • Konkurrenzwerbung Unser Problem • Die Kampagne im allgemeinen (konkreter Auftrag, Termine, Kontaktpersonen), Probleme, z.B. Produkteinführung, Image-Kampagnen, Erinnern Firma • Absender, Auftraggeber, sinnvolle Hintergrundinformationen, CI Produkt / Dienstleistung • Name, Bezeichnung • Eigenschaften und deren Begründung (= Reason Why) • Was haben wir, was wollen wir? managerTool.ch 91 • Wie wird unser Produkt, unsere Dienstleistung verwendet? • USP und UAP • Nachteile, Handicaps • Einzelproduktstrategie, Dachmarken-Strategie • Welche technischen Informationen sind für die Werbung relevant? • Vorschriften und Standards, die zu berücksichtigen sind Zielgruppe / Marktsegmente • Beschreibung der Zielgruppe(n) • Welche Zielgruppen sollen angesprochen, welche Marktsegment bearbeitet werden? • Gewichtung / Bedeutung • Meinungsführer, Handel, Konsument, externe Beeinflusser Positionierung • Ist-Zustand, Idealposition (Vergleich mit Konkurrenz) • Positionierung in Bezug auf Konkurrenz, Zielgruppe, Gesamtangebot Kommunikationsstrategie mit Zielvorgabe • Übergeordnete Ziele (Marketing, Unternehmensziele) Æ ökonomische Ziele • Kommunikationsziele Æ Wirkungsziele • Wissensziele • Einstellungsziele • Ziele beim Kunden und beim Handel • Zeitraum Æ pulsierende Werbung, Schubwerbung Copy Platform und andere Gestaltungsvorgaben • Grobe Angaben über den gewünschten Text • Inhaltliche unternehmensphilosophische Vorgaben (aus CI) • evtl. Restriktionen • Farbvorgaben (Firmenfarben, Markenfarben) • einfarbig, mehrfarbig Media-Mix (Mediaplan) • Werbemittel • Werbeträger • Mediagattung managerTool.ch 92 Budget • Finanzieller Rahmen 3.3.3 Verkaufsförderung Grundlagen Unter Verkaufsförderung (Sales Promotions) fallen alle Massnahmen, mit denen der Absatz eines Produkts mit ausserordentlichen, punktuellen und in der Regel zeitlich befristeten Anreizen unmittelbar unterstützt und damit kurzfristig erhöht werden soll. Mit Sales Promotion können entweder die Verbraucher, die Händler oder aber die eigenen Verkäufer zum Kauf bzw. Verkauf zusätzlich motiviert werden. Man unterscheidet deshalb die Verbraucher-, die Händler- und die VerkäuferPromotions. Verbraucher-Promotions sind Massnahmen, die auf die Verbraucher gerichtet sind. In der Praxis sind v.a. die folgenden üblich: • Muster eines Produkts werden in geringen Mengen kostenlos zur Probe abgegeben - als Beilage zu einem anderen Produkt wie z.B. ein Muster Weichspüler in der Waschmittelpackung, über den Postversand, „auf der Strasse“ wie z.B. Zigaretten oder beim Einkauf nach Bezahlung an der Kasse wie z.B. Kosmetika. • Gutscheine oder Coupons gewähren dem Inhaber beim Kauf eines Produkts eine Ersparnis oder einen bestimmte Zusatzleistung wie z.B. eine komplette Innenreinigung des Autos beim nächsten Service. • Kombi- oder Multipacks bieten dem Verbraucher eine Ersparnis gegenüber den regulären Produktpreisen wie z.B. 3 für 2 im Multipack oder die gemeinsame Verpackung zweier komplementärer Produkte wie z.B. Zahnbürste und Zahnpasta im Kombipack. • Zugaben sind Produkte, die zu einem relativ niedrigen Preis oder sogar kostenlos beim Kauf eines anderen Produkts abgegeben werden wie z.B. Schlüsselanhänger als Zugabe beim Kauf eines Portemonnaies. • Gewinnspiele und Preisausschreiben bieten den Verbrauchern die Möglichkeit, Bargeld, Reisen oder Produkte zu gewinnen. Die Teilnahme am Gewinnspiel verpflichtet dabei nicht zum Kauf und umgekehrt erhöht ein Kauf die Gewinnchancen nicht. managerTool.ch 93 • Probenutzung oder Warenrücknahme bieten dem Verbraucher die Möglichkeit, ein Produkt zu testen. Wenn dieses die Erwartungen nicht erfüllt, kann es dem Verkäufer ohne finanzielle Konsequenzen zurückgegeben werden. Während die Werbung beim Verbraucher v.a. Interesse oder bestenfalls den Kaufwunsch weckt, so sollen ihn Verbraucher-Promotions im Wesentlichen zum effektiven wenn möglich sofortigen - Kauf veranlassen. Händler-Promotions sind Massnahmen, die auf die Händler gerichtet sind. Darunter fallen z.B. Spezielle Einkaufskonditionen und Rabatte, Prämien bei Erreichung eines festgelegten Absatzziels, zur Verfügung gestelltes Ausstellungsmaterial für den Verkaufsraum, zur Verfügung gestellte Hostessen für Messen und Veranstaltungen, Information, Beratung und Ausbildung. Verkäufer-Promotions sind Massnahmen, die die Motivation der eigenen Verkäufer unterstützen und fördern sollen. Darunter fallen z.B. Verkaufswettbewerbe mit Preisen für die „besten“ Verkäufer, Ausrüstung mit entsprechenden Hilfsmitteln zur Verkaufsunterstützung wie Laptop und Natel, Ausbildung oder Informationsveranstaltungen. Die Bedeutung von Verkaufsförderung hat in den letzten Jahren stark zugenommen. So weisen heute Sales Promotions bei vielen Unternehmungen einen Anteil von bis zu 30% (die Werbung inkl. Direct Marketing bis zu 70%) vom gesamten Kommunikationsbudget auf. 3.3.4 Verkauf Grundlagen Der persönliche Verkauf ist dasjenige Instrument der Marketing-Kommunikation, das auf zwischenmenschlicher Kommunikation beruht: Im persönlichen Gespräch mit einem Verkaufsmitarbeiter soll der potentielle Käufer über ein Produkt informiert, beraten und hinsichtlich dessen Nutzen und Qualität überzeugt werden. Das primäre Ziel eines solchen Gesprächs - und damit des persönlichen Verkaufs - ist der Abschluss eines Kaufvertrags. Der persönliche Verkauf findet am Verkaufsort selbst, beim managerTool.ch 94 Kunden, am Telefon (siehe dazu auch Kapitel Direct Marketing, Telemarketing) oder an Messen statt. Die Bedeutung des persönlichen Verkaufs ist um so grösser, je erklärungsbedürftiger oder teurer ein Produkt ist oder je seltener es gekauft wird. Im Gegensatz zu den unpersönlichen Formen der Marketingkommunikation resultiert aus dem persönlichen Kontakt der Verkaufsmitarbeiter mit den potentiellen Käufern ein direktes Feedback. Der persönliche Verkauf dient somit auch der Beschaffung von zuverlässigen Informationen über Kundenbedürfnisse. Deshalb können auch Gesprächskontakte von Führungskräften mit wichtigen Kunden im weiteren Sinne dem persönlichen Verkauf zugeordnet werden, auch wenn dabei die Pflege der Kundenbeziehung im Vordergrund steht. Der Verkauf kann grundsätzlich in zwei Hauptbereiche unterteilt werden: Verkaufsplanung (oder Verkaufskonzept) und Verkaufstechnik (bzw. -psychologie). Beim ersten handelt es sich um eine planerisch-konzeptionelle Aufgabe, während es sich beim Verkaufsgespräch um Fähigkeiten rund um jedes einzelne Gespräch mit dem Kunden handelt. Die Verkaufsplanung ist dabei meist in der Kompetenz des Verkaufsleiters, während das Verkaufsgespräch Hauptinhalt jeder Verkaufsperson darstellt. Verkaufsplanung Analyse der Vorgaben aus der Marketing-bzw. Verkaufsstrategie • Die Marketing- bzw. Verkaufsstategie wird von der Unternehmensstrategie abgeleitet und stellt die Rahmenbedingungen für die Verkaufsplanung dar. Umsatz-, Absatz- oder DB-Planung • Aufgrund der Erfahrungszahlen wird die Plangung bezüglich Umsatz, Absatz und Deckungsbeitrag der Produkte gemacht. Je nach Branche, Unternehmung, Kundenstruktur, Provisionierung der Verkaufsmitarbeitenden ist ein unterschiedlicher Zielfokus zu wählen. Berechnung der Kapazität pro Zeiteinheit • Verkauf ist sehr zeitintensiv. So sind beispielsweise selten mehr als drei oder vier Kundenkontakte pro Sales und Tag möglich. Es gilt daher, die knappe und kostspielige Ressource Mensch gezielt einzusetzen. ABC-Analyse / Kontaktqualität und –quantität • Mittels ABC-Analyse werden die verschiedenen Kundentypen eingeordnet und die Wichtigkeit der einzelnen Kunden bestimmt. Daraufhin muss die Kontaktintensität und -häufigkeit für die einzelen Kundengruppen festgelegt werden. managerTool.ch 95 Verkaufsunterstützung • Im Rahmen der Verkaufsunterstützung wird festgelegt, welche Instrumente und Mittel die Verkaufsmitarbeitenden zur Verfügung gestellt erhalten. Je nach Branche genügt bereits eine einfache Verkaufspräsentation oder andererseits braucht es komplexe und teilweise massgeschneiderte Demonstrationsobjekte. Budgeterstellung und Kontrollplanung • Aufgrund der vorangegangenen Analysen wird das dazu nötige Budget erstellt und die genaue Verkaufsplanung verifiziert. Verkaufsgespräch Der eigentliche Verkauf beginnt mit dem ersten „Nein“ des Kunden – so ein Spruch aus der „Welt“ des Verkaufs. Ein Verkaufs- oder Beratungsgespräch mit dem Kunden will fundiert vorbereitet und ebenso strukturiert aufgebaut sein. Folgender Ablauf gilt als idealtypisch: • Einstellung, Auftreten, Ausdrucksweise • Vorbereitung • Kontaktaufnahme • Bedarfs- und Kundenanalyse • Argumentation und Präsentation • Abschluss • Zusatzverkauf Verkaufsprobleme Wer in gesättigten Märkten verkauft, hat es nicht immer einfach! Die Hürden und Herausforderungen sind gross: • ungenügende Kundenkenntnisse (mangelnde Kenntnisse der spezifischen Kundenprobleme) • Preisargumentation (Notwendigkeit der Rechtfertigung gegenüber den Kunden) • Verrechenbarkeit (zusätzliche Leistungen werden von den Kunden als selbstverständlich betrachtet) • zu freundlicher Verkauf (Aggressivität und Biss fehlt) • Abschlussquote (Abschluss-Angebots-Verhältnis wird schlechter) • ungenügende Flexibilität (Verkäufer können sich neuen Anforderungen nicht oder nur ungenügend anpassen) • Umsätze (rückläufige Umsätze pro Kundenbesuch) • Verkaufsargumentation (Argumente greifen bzw. überzeugen je länger je weniger) managerTool.ch 96 • abnehmende Effizienz (Aufwand wird immer grösser – Ertrag nicht) • Überforderung hinsichtlich der Beurteilung der Kundensituation (Kenntnisse zur Lösung der Kundenprobleme fehlen) • Überforderung hinsichtlich der Leistungsvielfalt (Angebotsvielfalt ist zu gross) managerTool.ch 97 3.4 Place Distributionsüberblick Lernziel: Sie sind in der Lage, die wichtigsten Distributionsentscheidungen zu beurteilen. Und wissen Bescheid über die Charakteristika des Franchising als alternativer Distributionskanal. Distribution Distributionskanal Distributionslogistik direkter Absatzweg Auftragsabwicklung indirekter Absatzweg Lagermanagement Transportwesen strategische Distribution physische Distribution Grundlagen Da der Verkauf vieler Produkte unmittelbar von deren Erhältlichkeit abhängt, muss eine Unternehmung gewährleisten, dass jeder Abnehmer - ob Konsument oder Unternehmung - so kaufen kann, wie es seinen Bedürfnissen entspricht (Ort, Zeit und Art des Einkaufs). Ziel der Distribution ist es, dies optimal zu ermöglichen. Die Distribution umfasst • die Gestaltung der Distributionskanäle (Absatzwege und -organe) und • die Distributionslogistik (Auftragsabwicklung, Lagerhaltung und Transport). Die Gestaltung der Distributionskanäle umfasst die Wahl der Absatzwege (direkt oder indirekt), die Entscheide über Zahl und Art der auf verschiedenen Stufen einzuschaltenden Absatzorgane und die Art der Zusammenarbeit mit letzteren. Direkter Absatzweg Von einem direkten Absatzweg spricht man, wenn die Unternehmung ihre Produkte direkt an die Konsumenten verkauft. Der Direktvertrieb erfolgt v.a. über managerTool.ch 98 • eigene Verkaufsniederlassungen wie z.B. bei Eduscho (Kaffee) oder H&M (Kleider), • Online-Shop, Telefon- und Versandhandel wie z.B. bei Dell (Computer), • Aussendienstmitarbeiter (z.B. Versicherungen, • Fabrikläden wie z.B. bei Stöckli (Ski) und Strellson (Bekleidung), oder über Factory Outlets - eine neuere Form des Fabrikladens, die im Gegensatz zu der klassischen Form an einem vom Produktionsort entfernten Standort liegt. Im Industriegebiet von Mendrisio (Tessin) steht das Foxtown - ein grosses Center, in welchem nur Factory-Outlets wie z.B. von Nike, Gucci oder Diesel untergebracht sind. Indirekter Absatzweg Von einem indirekten Absatzweg hingegen spricht man, wenn die Unternehmung ihre Produkte über verschiedene Arten von Zwischenstufen (Absatzorgane des Handels oder Kooperationspartner wie Franchisenehmer oder OEMParnter) an die Konsumenten verkauft. Der Handel spielt in der Distribution - insbesondere im Konsumgüterbereich als Bindeglied zwischen Hersteller und Verbraucher eine zentrale Rolle. Der Handel kann unterteilt werden in: • Grosshandel, welcher Waren an Wiederverkäufer oder gewerbliche Verwender (Weiterverarbeitung oder Grossverbrauch) verkauft, und • Einzelhandel, welcher Waren direkt an Verbraucher für deren persönliche, nicht gewerbliche Verwendung verkauft. Funktion des Grosshandels Warum wird überhaupt vielfach der Grosshandel eingeschaltet? Die Hersteller könnten ihre Produkte ja auch direkt an den Einzelhandel oder die Verbraucher verkaufen und damit wahrscheinlich auch höhere Preise erzielen. Sowohl der Einzelhandel und der gewerbliche Verwender als auch der Hersteller haben jedoch gute Gründe dafür, den Grosshandel einzuschalten, insbesondere wenn dieser eine oder mehrere der folgenden Funktionen wirtschaftlicher wahrnehmen kann: • Markterschliessung Über Grosshändler kann ein Hersteller zu vergleichsweise niedrigen Kosten eine grosse Zahl von kleineren Abnehmern erreichen. Ein Grosshändler hat zudem engeren Kontakt mit den Abnehmern, die seinem Rat eher vertrauen als einem weit entfernten Hersteller, der nicht so häufig präsent ist. • Mengenausgleich Grosshändler nehmen den Herstellern grosse Mengen ab und verkaufen diese in kleinere Mengen aufgeteilt an ihre Abnehmer weiter. Damit können sie Kosteneinsparungen für alle Beteiligten erzielen. • Sortimentszusammenstellung Grosshändler treffen eine Vorauswahl aus dem Angebot managerTool.ch 99 vieler Hersteller und können damit ihren Abnehmern das Sortiment auf Wunsch zusammenstellen. • Lagerhaltung und Transport Mit der Lagerhaltung und dem Transport überbrücken Grosshändler Zeit und Distanz sowohl für Hersteller als auch für Abnehmer. • Finanzierung Grosshändler können ihre Abnehmer durch Verkauf auf Kredit und ihre Lieferanten durch Vorauszahlung finanzieren. • Risikoübernahme Grosshändler übernehmen mit dem Erwerb des Eigentums an der Ware einen Teil des Risikos und der damit verbundenen Kosten, die durch Diebstahl, Beschädigung, Verderb oder Veralterung anfallen können. • Bereitstellung von Marktinformationen Grosshändler stellen ihren Lieferanten und Abnehmern Informationen über Massnahmen der Konkurrenz, neue Produkte oder Preisentwicklungen zur Verfügung. • Betriebsschulung und Beratung • Einzelne der oben aufgeführten Funktionen kann aber auch der Einzelhandel teilweise - also nur in geringem Umfang - übernehmen. Distributionslogistik Die Distributionslogistik umfasst alle Aktivitäten zur physischen Überführung der Produkte einer Unternehmung zu ihren Kunden und wird deshalb auch oft als physische Distribution bezeichnet. Die oberste Zielsetzung der Distributionslogistik besteht somit darin, dass das richtige Produkt zur gewünschten Zeit in der richtigen Menge zu optimalen Kosten zum gewünschten Ort gelangt. Mit einer geeigneten Distributionslogistik werden Wettbewerbsvorteile erzielt, denn • Zuverlässigkeit und Termintreue bei der Auftragsabwicklung, eine hohe Lieferbereitschaft, kurze Lieferzeiten und ein entsprechender Lieferservice sind heute unumgängliche Leistungen für die Zufriedenstellung von Kunden. • Kostensenkungen durch Rationalisierung, Optimierung oder Verbesserungen bei den erforderlichen Prozessen führen zu erhöhten Margen oder Preissenkungen. Qualitative Distributionsziele Der Vertrieb ist einer der wichtigsten Konkurrenzvorteile, mit dem ein Unternehmen neue Kunden anziehen oder bestehende Kunden halten kann. Folgende Ziele sind wichtig: managerTool.ch 100 • Schnelligkeit bei der Bearbeitung und Anlieferung normaler Aufträge • Bereitschaft des Lieferanten, kurzfristig einen besonderen Bedarf des Kunden zu decken • Sorgfalt bei der Lieferung bzw. Auslieferung der Ware in einwandfreiem Zustand • Bereitschaft des Lieferanten, defekte Ware zurückzunehmen und rasch zu ersetzen • Anzahl der Auswahlmöglichkeiten für den Kunden bei der Bestimmung des genauen Zeitpunktes der Lieferung und der Transportmittel • Bereitschaft des Lieferanten, Lagerbestände für den Kunden zu halten Quantitative Distributionsziele • Zu erreichende Distributionsgrade numerisch und gewichtet • Lieferbereitschaft (in Anzahl Std.) • Termineinhaltung • Marktanteils- und Umsatzziele • Kosten-, Margen- und Deckungsbeitragsziele • Bevorratungsziele • Informationsziele • Rücknahme von Produkten, Dienstleistungen des Handels Distributionskennzahlen Numerische und gewichtete Distribution Die numerische Distribution gibt an, in welcher Anzahl der erhobenen Geschäfte der Artikel distribuiert ist. Anzahl Produkt X führende Geschäfte x 100 Totalanzahl der untersuchten Geschäfte Die gewichtete Distribution zeigt auf, welche Bedeutung diese Geschäfte haben. Umsatz der Prod. X führenden Geschäfte x 100 Totalumsatz der untersuchten Geschäfte Beispiel: Die Distributionskennziffern 56/89 bedeuten: 56% aller untersuchten Geschäfte führen das Produkt. Diese 56% der Geschäfte realisieren in dieser Produktekategorie 89% des Umsatzes. Die vorliegende Distributionsqualität kann als gut bis sehr gut bezeichnet werden, unser Produkt ist in den wirklich umsatzstarken Läden vertreten. managerTool.ch 101 Out of stocks Die Out of stock Rate gibt an, bei wie vielen Geschäften unser Produkt nicht gefunden wurde. Dieser Wert ist eher theoretischer Natur, da man nicht genau weiss, um welche Geschäfte es sich handelt. Mit der entsprechenden Erfahrung kann aus der Veränderung der Out of stock Rate und unter Beizug der übrigen Nielsen Daten für die Steuerung des Aussendienstes aber trotzdem wertvolle Schlüsse gezogen werden. Distributionsorgane Handelsreisende • Angestellte (Aussendienstmitarbeitende); weisungsgebunden • Vertretungsmacht: Vermittlungsvollmacht (Bestätigung durch das Unternehmen) oder Abschlussvollmacht • Vertragsabschlüsse im Namen und auf Rechnung des Auftraggebers • Vergütung: Gehalt (Fixum) + Umsatzbeteiligung (Provision); meist Firmenwagen, Ersatz von Aufwendungen (Spesen), Ausstattung mit Werbematerial, Notebook • Aufgaben: Kontaktpflege mit Kunden, Anbieten von Waren u. Dienstleistungen, Entgegennahme von Bestellungen und Reklamationen/Mängelrügen, Beschaffung von Absatzinformationen, Schreiben von Reiseberichten, • Pflichten: Bemühungspflicht um Abschlüsse, Benachrichtigungspflicht des Auftraggebers, Treue- und Verschwiegenheitspflicht, Wettbewerbsverbot, er darf keine geschlossenen Verträge ändern, bei Inkassovollmacht kann er Zahlungen entgegennehmen (Inkassoprovision) • Vorteil: besserer Einsatz für die Produkte seines Arbeitgebers; weisungsgebunden, keine freie Gestaltung seiner Tätigkeit; er kann mit Marktforschung, Kundenpflege, Verkaufsförderung usw. betraut werden; gute Verkaufsverhandlungen und gute Produktkenntnisse, Konzentration auf den Absatz der Produkte eines Unternehmens; flexibel einsetzbar • Nachteil: Hohe Personal-Fixkosten, bei geringen Umsätzen zu hohe Kosten Handelsvertreter • Selbstständiger Kaufmann (Gewerbetreibender); handelt im fremden Namen und auf fremde Rechnung (Vermittlung von Geschäften/Vertragsabschlüsse im Namen der zu vertretenden Firmen • Vergütung: Provision (die alle Kosten deckt) managerTool.ch 102 • Nicht direkt weisungsgebunden, aber er muss bestimmten Anweisungen seines Auftraggebers folgen; Selbstbestimmung seiner Arbeitszeit; im Wesentlichen freie Gestaltung seiner Tätigkeit • I.d.R. Mehrfirmenvertreter (Komplementärartikel), Sortiment aus Produkten mehrerer Firmen • Pflichten: Bemühung, Benachrichtigung, Sorgfalt, Befolgung, Verschwiegenheit; Reiseberichterstellung, keine Artikel von Konkurrenzunternehmen • Rechte: Überlassung von Unterlagen (Muster); Benachrichtigung ob Annahme oder Ablehnung des vermittelten Geschäftes; Abschlussprovision (auch für Nachbestellungen); Bezirksvertreter bekommt Provision für alle Geschäfte in seinem Bezirk; Delkredereprovision (bei Haftungsübernahme für den Zahlungseingang); Inkassoprovision (zusätzlich für ordnungsgemäss eingezogene Gelder); Ausgleichsanspruch (nach Ausscheiden max. Jahresprovision aus Durchschnitt der letzten 5 Jahre); Buchauszug zur Kontrolle der Abrechnung • Vorteil: geringe Kosten bei geringem Umsatz; lückenloses billiges Erschliessen eines Absatzgebietes; Lohnnebenkosten und Kosten zur Errichtung eines Arbeitsplatzes entfallen; evtl. objektiver und glaubwürdiger weil unabhängig von Produkten eines Unternehmens; oft eigenes Auslieferungslager daher Übernahme von Teilen der Lagerhaltung und Logistik; • Nachteile: Hauptinteresse gilt den umsatzstarken Produkten, stark erklärungsbedürftige Produkte oder Neueinführungen könnten vernachlässigt werden; keine Weisungsgebundenheit daher keine Übernahme von Zusatzaufgaben; evtl. wird nicht ganze Arbeitskraft eingesetzt, da meist noch für andere Firmen tätig; Entscheidung über den Einsatz eines Handlungsreisenden oder Handelsvertreters aus Kostengesichtspunkten (Kritischer Umsatz) Kommissionär • Selbstständiger Kaufmann (Gewerbetreibender) kauft/verkauft im eigenen Namen und auf Rechnung des Auftraggebers (Kommittent), ohne dass er Eigentümer wird; Einkaufs-/ Verkaufskommissionär; Abschlussvollmacht • Kommissionsware muss erst nach Verkauf bezahlt werden; nicht verkaufte Produkte werden an den Kommittenten zurückgegeben • Kommissionsvertrag; Einsatz des Kommissionärs ständig oder von Fall zu Fall • Vergütung: Kommission (umsatzabhängige Provision); • Pflichten: Sorgfaltspflicht; Befolgungspflicht der Anweisungen des Kommittenten; Anzeigepflicht von Einund Verkäufen; Abrechnungspflicht mit dem Kommittenten; Haftung für Verlust oder Beschädigung der in Verwahrung genommenen Ware; managerTool.ch 103 • Rechte: Provisionsanspruch; Ausführungsprovision, Auslieferungsprovision; Ersatz der Aufwendungen (Telefon, Lagermiete, Transportkosten); gesetzliches Pfandrecht bei unbefriedigten Ansprüchen gegenüber dem Kommittenten; Selbsteintrittsrecht (Kommissionär kann selbst liefern/kaufen) • Vorteile für den Kommittenten: Kommissionär kennt Absatzgebiet und Kaufgewohnheiten und stellt fertige Verkaufsorganisation zur Verfügung, übernimmt Lagerhaltung; vergleichsweise niedrige Kosten; günstig bei Einführung neuer Waren; • Vorteile für den Kommissionär: Vergrösserung des Sortiments ohne Absatzrisiko, da kein Verkaufsmuss; Kosten trägt der Kommittent. Da meist halbjährliche Abrechnung, Verwaltung grosser zinsloser Geldsummen Handelsmakler • Selbstständiger Kaufmann (Gewerbetreibender) übernimmt Vermittlung von Verträgen, ohne in einem ständigen Vertragsverhältnis zu stehen (von Fall zu Fall tätig im fremden Namen und für fremde Rechnung); Zusammenführung vertragswilliger Partner • Vergütung: Maklergebühr (Courtage), wenn nicht vereinbart, dann ortsüblicher Betrag; beide Parteien zahlen je die Hälfte nach Abschluss; Anspruch auf Auslagenersatz nur wenn vertraglich vereinbart; • Pflichten: Interessenwahrung beider Partner; Ausstellen einer Schlussnote; Führung eines Tagebuches; Auskunftspflicht; Haftpflicht Vertragshändler • Selbstständiger Kaufmann; kauft/verkauft im eigenen Namen und für eigene Rechnung; langfristige Vertragsbindung an Hersteller (z.B. bei hochwertigen Gütern wie Autos); • Vergütung: umsatzabhängige Provision • Rechte: Alleinvertriebsrecht für einen bestimmten Bezirk (Gebietsschutz); Recht auf Überlassung von Mustern und Ausstellungsstücken; • Hersteller übernimmt Werbemaßnahmen, weitgehend Kunden- und Reparaturdienst • Sortimentsbindung (Aufbau des Sortiments wird vorgeschrieben); Vertriebsbindung (Vorschrift, welche Kunden beliefert werden dürfen, z.B. Vertrieb nur an Fachgeschäfte); Mindestverkaufsmengenbindung; Mindestlagermengenbindung Franchising • Starke Bindung von Hersteller und Händler; rechtlich und wirtschaftlich selbständige Händler tragen volles Geschäftsrisiko, aber Franchise-Geber haben Einfluss auf die Absatzpolitik: managerTool.ch 104 ○ Einheitliche Marketingmassnahmen ○ Verkauf unter Logo des Herstellers ○ Gleiche Ausstattung der Läden ○ Nur Produkte des Franchisinggebers zu einheitlichen Preisen ○ Franchisinggeber entwickelt Produkte, Aufmachung, Verpackung, Namen und finanziert Marketing ○ Konkurrenzschutz (Franchisinggeber darf jeweils nur einen Franchisingnehmer in einem jeweiligen Absatzgebiet beliefern, dafür wird dem Franchisinggeber eine Gebühr in Form einer Umsatzbeteiligung entrichtet) managerTool.ch 105 3.5 E-Marketing E-Marketing Lernziel: Sie können OnlineMarketing-Grundlagen beschreiben und erklären. E-Marketing Offline-Marketing Klassisches Marketing CD-ROM, TV, Radio, usw. Online-Marketing Email- & Newslettermarketing Banner SuchMaschinenmarketing Affiliate Marketing ... Website-Marketing URL Grundlagen Das unterschiedliche Begriffsverständnis von E-Marketing mag u.a. daran liegen, dass es sich beim E-Marketing um eine vermeintlich junge Marketing-Disziplin handelt. EMarketing ist aber nicht sonderlich neu – zumindest was die elektronischen Offline-Medien wie TV, Radio, Teletext u.ä. betrifft. Neu(er) dagegen ist Online-Marketing mit dem Internet als zentrales Medium. Um von „Online“ zu sprechen, bedarf es der Neuen Medien. Begriff Unter E-Marketing werden sämtliche Ziele, Massnahmen und Mittel rund um die elektronisch gestützten Marketingmöglichkeiten subsummiert. E-Marketing umfasst elektronisches Offline-Marketing (z.B. elektronischer Katalog auf CD-ROM) sowie Online-Marketing. Innerhalb des Online-Marketing spielt das Internet und die damit verbundenen Marketingmöglichkeiten eine zentrale Rolle. Online-Marketing kann allerdings mit Internetmarketing nicht gleichgesetzt werden. Man denke an MobileMarketing, dass ein Online-Marketing auch ohne Internet ermöglicht. managerTool.ch 106 Element im Marketing-Mix E-Marketing kann dem Marketing-Mix zugeordnet werden. E-Marketing ist ein absatzpolitisches Instrumentarium, kann allerdings nicht einem der klassischen 4 Ps zugeteilt werden. Das Internet kann beispielsweise als wichtiges Promotions-Instrument genau so eine zentrale Rolle (innerhalb des Marketing-Mix) spielen wie als Distributionskanal, als eigentliches Produkt oder im Rahmen von Preisentscheidungen: Internet als Promotions-Instrument: Website, Suchmaschinen-Marketing, Email usw. Internet als Produkt: Infomediäre wie z.B. ebay, google, comparis oder das careerTool sind Produkte, die ohne das Internet gar nicht – oder zumindest nicht in dieser Form – existieren würden. Internet als Distributionskanal: E-Books, Musik oder andere immaterielle Güter benutzen bzw. bedingen sogar das Internet als Verteil-Vehikel. Internet als Preisgestaltungsinstrument: Mit der Professionalisierung des Internets nehmen auch die Geschäftsmodell-Möglichkeiten und insbesondere die Ertragsmechanik-Varianten zu. Früher wurde fast ausschliesslich Leistung gegen Entgeld getauscht. Heute – und insbesondere wegen dem Internet – muss dies nicht mehr zwingend der Fall sein. Google stellt den InternetBenützern eine herausragende Dienstleistung kostenlos zur Verfügung. Wie macht Google das? Die Investitionen in eine derart leistungsfähige Technologie müssen exorbitant sein? Woher kommt das notwendige Kapital? Wie generiert Google einen Gewinn? Google erwirtschaftet u.a. – beachtliche – Umsätze mit Online-Anzeigen: „Durch Google AdWords-Anzeigen treten Sie genau in dem Moment bei neuen Kunden in Erscheinung, wenn diese Ihre Produkte oder Dienstleistungen suchen. Mithilfe von Google AdWords erstellen Sie Ihre eigenen Anzeigen und Sie wählen die Keywords aus, anhand derer wir Ihre Anzeigen an die Zielgruppe anpassen. Das Schöne daran: Sie bezahlen nur dann, wenn Nutzer auf Ihre Anzeigen klicken.“ E-Marketing muss daher als komplementäres resp. unterstützendes und den anderen 4 P als gleichbedeutendes Marketing-Instrument betrachtet werden. Chancen und Gefahren Online-Marketing bringt viele Vorteile mit sich – aber nicht nur! Verbraucher sehen sich nicht mehr mit Verkehrs- und Parkplatzproblemen konfrontiert und sind nicht gezwungen, unzählige Läden nach Produkten zu durchsuchen. Sie können Leistungen und Preise vergleichen und 24 Stunden am Tag Bestellungen aufgeben. Online-Einkauf ist bequem und privat: Kunden müssen sich nicht mit Verkaufspersonal und managerTool.ch 107 Warteschlangen herumschlagen. Ausserdem erfolgt Online-Shopping interaktiv und sofort. Verbraucher können die Website des Anbieters konsultieren, um exakt die gewünschten Informationen, Produkte oder Dienstleistungen zu finden. Online-Marketing bietet auch Anbietern eine Menge Vorteile. Unternehmen können mit den Kunden interagieren, um mehr über spezielle Kundenwünsche und -bedürfnisse zu erfahren. Online-Marketing hat das überdies Potential, Kosten zu reduzieren und die Effizienz zu erhöhen. Online-Anbieter müssen keinen Laden unterhalten und sparen entsprechend Infastruktur-Kosten. Einer der grossen Vorteile lassen sich bei der OnlinePromotion finden. Online-Kommunikationsmassnahmen wie z.B. die Bereitstellung eines Online-Katalogs sind wesentlich kostengünstiger als der Druck und das Versenden von Katalogen auf Papier. Trotz aller Vorteile ist Online-Marketing dennoch nicht für jedes Unternehmen und nicht für jedes Produkt geeignet. Es bedarf sorgfältiger Überlegungen, ob, wann und wie man Online-Marketing einsetzt. Ebenso wie der OnlineMarkt erlaubt, Marketingbotschaften schnell und einfach unter die Leute zu bringen, ermöglicht er den Gegnern, ebenso schnell und einfach falsche oder schädliche Informationen über ein Unternehmen zu verbreiten. Auch ein einziger unzufriedener Kunde oder Interessent kann ein Pauschalurteil abgeben und dieses Urteil innerhalb von Sekunden mit einem einzigen Mausklick vor Tausenden von Menschen ausposaunen. Der Online-Markt ist 24 Stunden pro Tag geöffnet und die Online-Präsenz muss regelmässig überprüft und abgefragt werden. Der OnlineKunde und -Interessent erwartet eine rasche Reaktion. Nachbearbeitung und Beständigkeit sind hier nicht Kür, sondern Pflicht. Sicherheitsprobleme und Datenschutzprobleme machen das Online-Marketing zusätzlich zur herausfordernden Angelegenheit. Instrumente Da innerhalb des Online-Marketing das Internetmarketing die dominante Rolle spielt, wird hier auf die folgenden bedeutenden Internetmarketing-Instrumenten näher eingegangen: • Website-Promotion • Suchmaschinenmarketing • E-Mail-/Newsletter-Marketing • Affiliate Marketing Website-Promotion Eine schöne Website bedeutet noch lange kein erfolgreiches Internetmarketing, doch ist sie eine zwingende Voraussetzung dafür. Was macht eine Website – aus Marketingoptik – erfolgreich? Folgende 5 Parameter sind erfolgsentscheidend: managerTool.ch 108 • Content • Design • Funktionalitäten (Technologie) • Benutzerführung (Usability) • Zielgruppenaffinität Suchmaschinenmarketing Suchmaschinenmarketing – oder heute vielmehr GoogleMarketing – ist insbesondere für Anbieter, die einen beachtlichen Teil ihres Umsatzes über ihre Website erwirtschaften, eine direkt erfolgswirksame Disziplin. Letztlich gilt, wer auf dem Internet nicht gefunden wird…! Das Ziel der Suchmaschinenmarketing-Aktivitäten besteht darin, bei ausgewählten Suchbegriffen möglichst weit oben (im besten Fall in den Top 10) zu erscheinen. Dies kann beeinflusst werden, indem man die Funktionsweise von Google versteht und die eigene Website dahingehend optimiert. Nachfolgend einige Massnahmen, die das Suchmaschinen-Ranking i.d.R. verbessern: • URL • Meta-Tags • Keywords • Text • Interne und externe Links • Keine Frames E-Mail-/Newsletter-Marketing E-Mail- bzw. Newsletter-Marketing ist eine noch relativ junge Form der Kundenansprache, aber aus dem MediaMix nicht mehr wegzudenken. Denn es gibt Argumente, die eindeutig für sie sprechen: Kurze Vorlaufzeiten, niedrige Kosten und überdurchschnittlich hohe Responsequoten. Die hohen Responsequoten lassen sich zum einen mit der rechtlichen Situation erklären. Denn nur diejenigen User, die auch ihr Einverständnis zum Empfang von Werbe-EMails gegeben haben, dürfen über E-Mailings angesprochen bzw. mit Newsletter informiert werden. Zum anderen kann aber jedes Unternehmen selbst einiges tun, um eine möglichst hohe Response zu erzielen, indem • sie ihre Zielgruppe genau festlegen: Alter, Interessen, Kaufgewohnheiten etc. Je genauer die Zielgruppe eingegrenzt ist, desto höher ist die Trefferquote. • sie die Neugier des Empfängers wecken, und sagen, um was es im E-Mail bzw. im Newsletter geht resp. welchen Nutzen der Kunde davon hat. • der Nutzer nachvollziehen kann, wer der Absender der E-Mail bzw. des Newsletters ist. managerTool.ch 109 • die Kunden persönlich angesprochen werden. Affiliate Marketing Affiliate Programme (auch Partnerprogramme, Associate Programs, Affiliate Networks) sind virtuelle Vertriebsnetzwerke und schaffen die Basis für eine neuartige, kooperative Promotionsform im Internet. Anstatt einzelne Banner auf Werbeplattformen zu platzieren, können Unternehmen mit Hilfe von Affiliate Programmen „virtuelle Partner-Netzwerke“ aufbauen und ihre Produkte und Dienstleistungen auf anderen Websites direkt anbieten und verkaufen. Als primäres Ziel resultiert eine höhere Besucherfrequenz (Traffic). Es handelt sich bei Affiliate Programmen um eine neue Online-Vertriebskooperation. Affiliate Programme sind „Reseller-Programme“ mit einfachen Regeln für beide Parteien. Der Betreiber kann eine Vielzahl von virtuellen Vertriebspartnern gewinnen und somit eine hohe Verbreitung seiner Produkte und Dienstleistungen im Internet erreichen. Der Partner (Affiliate) wiederum kann neue Angebote in seine Website integrieren. Er hat damit eine kosten- und risikolose Möglichkeit, seine Website attraktiver zu gestalten bzw. sein eigenes Online-Business auszubauen und etabliert gleichzeitig eine zusätzliche Einnahmenquelle. Als unbestrittener Affiliate-Benchmark gilt Amazon. Das Programm wurde ins Leben gerufen, als eine junge Frau, die eine Website zum Thema „Scheidung“ erstellte, bei Amazon anfragte, ob sie nicht ein paar Buchtitel zu diesem Thema auf ihrer Website anbieten und dafür eine Vertriebsprovision erhalten könne. Die Idee des Affiliate Programm war geboren. Inzwischen hat Amazon mehr als 400.000 private und kommerzielle Partner-Websites, die Bücher aus dem Amazon-Repertoire anbieten. managerTool.ch 110 4 Controlling Controlling Lernziel: Sie kennen die Grundlagen des MarketingControlling. Operatives Controlling Strategisches Controlling Ziel Effizienz Effektivität Objekt Aufwand / Ertrag bzw. Kosten / Leistungen Stärken / Schwächen Chancen / Gefahren Messgrössen Finanz-Kennzahlen USP Zeitraum kurzfristig langfristig Informationsgrundlagen relativ sicher, genau unsicher, ungenau Steuerungsgrö ssen quantitativ qualitativ Orientierung innen- und vergangenheitsorientiert aussen- und zukunftsorientiert Grundlagen Controlling wird aus der Optik der Linie vielfach als Funktion des Controllers verstanden und somit gleichgesetzt mit der Institution bzw. der Fachabteilung „Controlling“. Die logische Konsequenz aus dieser Annahme wäre, dass die Linie „managt“ und der Controller das Controlling übernimmt. Unabhängig davon, wie man Controlling definiert, ist diese Vorstellung unzweckmässig und veraltet. Controlling ist - vergleichbar mit dem Marketing - eine Denkhaltung, die jede Führungskraft betrifft. Controlling ist der gesamte Prozess der Steuerung, Planung und Überwachung des Unternehmensgeschehens und somit Aufgabe jedes Managers. Der Controller ist nicht Buchhalter oder Kontrolleur, sondern sorgt dafür, dass sich die Führungskräfte im Hinblick auf die Erreichung der Unternehmensziele selbst kontrollieren können. Die Kernaufgabe des Controllers ist, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, indem er dem Management die Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung stellt, mit denen das Unternehmen richtig (effizient) in die richtige Richtung (effektiv) geführt werden kann. Während der Manager für die Ergebniserreichung verantwortlich ist, ist der Controller für die Ergebnistransparenz verantwortlich. Der Artikel in der HandelsZeitung („Weder Buchhalter noch Kontrolleur“, Nr. 8/20.2.1997) bringt es auf den Punkt: „Über das Wesen des Controlling herrschen zum Teil vage Vorstellungen. (...) Dazu kommt die irreführende und nicht einmal auf Deutsch übersetzbare Bezeichnung. (...) Viele sprechen von Controlling; fragt man aber nach einer Begriffsumschreibung, erhält man von jeder Person eine andere. (...) Zunächst einmal bedeutet Controlling nicht Kontrolle, sondern eher Steuerung. (...) Wer strategisches managerTool.ch 111 Controlling als reines Arbeitsinstrument aus der Buchhaltungsabteilung definiert, muss umdenken. (...) Controller, heisst es im Leitbild, leisten begleitenden betriebswirtschaftlichen Service für das Management zur zielorientierten Planung und Steuerung. Im Detail werden die folgenden Aufgaben aufgeführt: • Sie sorgen für Ergebnis-, Finanz-, Prozess- und Strategietransparenz und tragen somit zu höherer Wirtschaftlichkeit bei. • Sie koordinieren Teilziele und Teilpläne ganzheitlich und organisieren unternehmensübergreifend zukunftsorientiertes Berichtswesen. • Sie moderieren den Controlling-Prozess so, dass jeder Entscheidungsträger zielorientiert handeln kann. • Sie sichern die dazu erforderlichen Daten- und Informationsversorgung. • Sie gestalten und pflegen die Controlling-Systeme. Damit dienen Controller als die internen betriebswirtschaftlichen Berater aller Entscheidungsträger und wirken somit als Navigator zur Erreichung der Unternehmensziele.“ Etwas bildlicher geschrieben, liefert der Controller den richtigen Werkzeugkasten, damit der Linienmanager den richtigen Nagel mit dem richtigen Hammer richtig einschlagen kann. Etwas betriebswirtschaftlicher formuliert, ermöglicht der Controller Transparenz und Koordination, damit das Management Effizienz und Effektivität erreichen kann. Während früher lediglich Finanzbuchhaltung und Kostenrechnung zum Aufgabeninhalt des Controllers zählten, also quantitative Ziele und somit nur die Effizienz (operatives Controlling) im Mittelpunkt standen, geht es heute ebenso um Effektivität (strategisches Controlling) und somit qualitative Ziele. Zur reinen Kostenoptik kam die vielfältigere Nutzenoptik dazu. Das Controlling hat sich vor diesem Hintergrund von einer vergangenheits- zu einer zukunftsbezogenen, visionären Aufgabe entwickelt. Operatives Controlling Um im Rahmen des operativen Controllings Transparenz und Koordination punkto Effizienz zu erreichen, ist die Ermittlung und Darstellung der finanzwirtschaftlichen Ergebnisse wichtige Grundlage. In der folgenden Übersicht werden die wichtigsten Instrumente und ihre Zweck aufgeführt: Instrumente Zwecke Bilanz Nachweis des Vermögens- und Kapitalbestandes Erfolgsrechnung (Verlust- und Gewinnrechnung) Darstellung von Aufwand, Ertrag und Reingewinn managerTool.ch 112 Kapitalflussrechnung Übersicht über Mittelherkunft und -verwendung Wertschöpfungsrechnung Darstellung der Wertschöpfung und ihrer Verteilung Kosten- und Leistungsrechnung Ermittlung der Kosten der Leistungen Stückkalkulation Erfassung und Darstellung der Kosten je Leistungseinheit, Stück- oder Auftragserfolg Kurzfristige Erfolgsrechnung Ermittlung und Darstellung der Kosten und des Erlöses sowie des Betriebsgewinnes Bei der Interpretation von finanzwirtschaftlichen Ergebnissen werden Kennzahlen beigezogen. Diese Kennzahlen haben eine grosse Verbreitung und Akzeptanz gefunden. Trotzdem sind „branchenübliche“ Richtgrössen aufgrund der vielen Restriktionen und individuellen Situationen für solche Kennzahlen kaum aussagekräftig. Kennzahlen Die klassische Bilanz- und Erfolgsanalyse unterscheidet folgende Kennzahlengruppen: • Kennzahlen zur Analyse der Vermögensstruktur (Investitionsverhältnisse) • Kennzahlen zur Analyse der Kapitalstruktur (Finanzierungsverhältnisse) • Kennzahlen zur Analyse der Liquidität • Kennzahlen zur Analyse der Rentabilität • sowie integrierte Kennzahlensysteme (insbesondere das Du Pont-Kennzahlensystem) Kennzahlen zur Analyse der Vermögensstruktur Kennzahlen zur Analyse der Vermögensstruktur bzw. der Investitionsverhältnisse zeigen das Verhältnis zwischen den einzelnen Vermögensteilen. Bei einer Grobanalyse werden Umlaufvermögen, Anlagevermögen und Gesamtvermögen verglichen: Investitionsverhältnis = Umlaufvermögen / Anlagevermögen Umlaufintensität = Umlaufvermögen x 100 / Gesamtvermögen Anlageintensität = Anlagevermögen x 100 / Gesamtvermögen managerTool.ch 113 Diese Kennzahlen lassen sich zwar genau berechnen, erlauben allerdings einen nur beschränkt aussagekräftigen Vergleich. Ein hohes bzw. tiefes Investitionsverhältnis im Branchenvergleich ist nicht a priori positiv bzw. negativ zu beurteilen. Die Umschlagshäufigkeit des Gesamtvermögens (Kapitalumschlag) ist dabei wesentlich aussagekräftiger: Kapitalumschlag = Umsatz / Gesamtvermögen weil die „Produktivität des Gesamtkapitals“ bzw. die Effizienz der Kapitalverwendung ersichtlich ist, also mit einem geringen Input, einen grossen Output zu erzielen. Bei der detaillierten Analyse der Vermögensstruktur werden einzelne Bilanzpositionen (Aktiven) beurteilt. Besondere Beachtung verdienen die Forderungen, die Lagerbestände und die Sachanlagen. Ø Debitorenbestand = Kreditumsatz x Zahlungsziel (Tage) / 360 Die Höhe des Debitorenbestandes wird durch den Jahresumsatz aus den Kreditverkäufen und durch die beanspruchte Zahlungsfrist der Schuldner bestimmt. Debitorenumschlag = Kreditumsatz / Ø Debitorenbestand Ø Debitorenfrist (Tage) = 360 / Debitorenumschlag Eine hohe Debitorenfrist deutet auf eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der Kunden oder eine ungenügende Debitorenbewirtschaftung hin. Zusätzliche Analysen nach Höhe und Verlustrisiko der Forderungen sind im Einzelfall durchaus sinnvoll, denn wenn die Unternehmung nur einzelne und dazu noch zahlungsunfähige oder -unwillige Grosskunden hat, kann dies die Existenzgefährdung bedeuten. Die zur Beurteilung der Lagerbestände notwendigen Kennzahlen resultieren aus folgenden Kennzahlen: Ø Lagerbestand (Fr.) = Anfangsbestand (Fr.) + Endbestand (Fr.) / 2 Lagerumschlag = Einstandswert der verkauften Waren / Ø Lagerbestand Ø Lagerdauer (Tage) = 360 / Lagerumschlag managerTool.ch 114 Insbesondere für materialintensive Unternehmen sind optimale Lagerbestände kein zu unterschätzendes Ziel. Dementsprechend ist die Diskrepanz zwischen möglichst hohen Lagerbeständen (grössere Lieferbereitschaft, verbesserte Einkaufskonditionen infolge kostengünstiger Lose, grössere Unabhängigkeit von Lieferanten, reibungsloser Produktionsablauf usw.) und möglichst tiefen Lagerbeständen (tiefere Lagerhaltungskosten, insbesondere Kosten der Ein-, Um- und Auslagerungsvorgänge sowie der Raummiete, tiefere Kapitalkosten, geringere Kapitalbindung, geringeres Risiko, veraltetes Material an Lager zu halten usw.). Mit diesen Herausforderungen setzt sich die Materialwirtschaft auseinander. Im Zielkonflikt zwischen Bestellmengen, Sicherheitsbestände und Lagerhaltungskosten geht es um: • hohe Materialverfügbarkeit • geringe Lagerhaltungskosten • hohe Flexibilität Kapitalbindung = Bestandwert x Lagerzeit x Zinssatz Zu den wichtigen Hilfsmitteln der Materialwirtschaft gehören: • die ABC-Analyse und • die XYZ-Analyse Bei der ABC-Analyse werden alle Beschaffungsgüter nach deren Wert gruppiert. In der Regel wird ein grosser Prozentsatz an Materialkosten durch relativ wenige Beschaffungsgüter bestimmt (A-Güter). Umgekehrt macht ein Grossteil der Beschaffungsgüter nur wenige Prozente der Materialkosten aus (C-Material). A-Güter entsprechen durchschnittlich etwa 70 - 80 %, B-Güter etwa 10 - 20 % und C-Güter nur etwa 5 - 10 % des Gesamtverbrauchswertes. Die ABC-Analyse zeigt auf, welche Beschaffungsgüter wirtschaftlich bedeutsam sind und daher einer genauen Planung und Überwachung bedürfen. (Für weitere Ausführungen wird an dieser Stelle auf das Buch „Methoden und Techniken der Systementwicklung“ verwiesen.) Die XYZ-Analyse dient in erster Linie zur Bestimmung der Prognosegenauigkeit über den zukünftigen Verbrauch. XGüter zeichnen sich durch einen regelmässigen, schwankungslosen Bedarfsverlauf aus. Z-Güter haben einen äusserst unregelmässigen Bedarfsverlauf. Die XYZAnalyse erleichtert die Entscheidung, welche Sicherheitsund Höchstbestände notwendig sind. Kennzahlen zur Analyse der Kapitalstruktur Die Analyse der Kapitalstruktur vermittelt Informationen zu den Finanzierungs- bzw. Deckungsverhältnissen. Die wichtigsten Kennzahlen sind: Verschuldungsgrad = Fremdkapital x 100 / Gesamtkapital managerTool.ch 115 Eigenfinanzierungsgrad = Eigenkapital x 100 / Gesamtkapital Finanzierungsverhältnis = Eigenkapital / Fremdkapital Diese drei Kennzahlen sind lediglich unterschiedliche Darstellungen desselben Sachverhaltes und lassen sich voneinander ableiten. Ihre Aussagekraft ist beschränkt, weil sie die Aktivseite der Bilanz ausser acht lassen. Die Kennzahlen über den Deckungsgrad zeigen auf, wie es um das Verhältnis zwischen Finanzierung und Investition steht: Anlagendeckungsgrad I = Eigenkapital / Anlagevermögen Anlagendeckungsgrad II = (EK + langfristiges FK) / Anlagevermögen Mit der Ermittlung des Anlagendeckungsgrades I soll überprüft werden, ob das Anlagevermögen mit risikotragendem Kapital finanziert ist, d.h. ob die Bilanzregel eingehalten wird (Anlagendeckungsgrad I = 100%). Der Anlagendeckungsgrad II dient der Überwachung der Fristenkongruenz. Es soll damit überprüft werden, ob dem Anlagevermögen auf der Passivseite der Bilanz ein in der Höhe entsprechender Betrag an langfristig zur Verfügung stehenden Mitteln gegenübersteht. Kennzahlen zur Analyse der Liquidität Für die Beurteilung der Liquidität, d.h. die Fähigkeit einer Unternehmung, ihren kurzfristigen Verbindlichkeiten nachkommen zu können, werden in der Praxis folgende Kennzahlen verwendet: Liquiditätsgrad I = Zahlungsmittel x 100 / kurzfristiges Fremdkapital Liquiditätsgrad II = Zahlungsmittel + Forderungen x 100 / kurzfristiges Fremdkapital Liquiditätsgrad III = Umlaufvermögen x 100 / kurzfristiges Fremdkapital Net Working Capital = Umlaufvermögen - kurzfristiges Fremdkapital managerTool.ch 116 Der Liquiditätsgrad I wird kaum erwähnt. Diese Kennzahl erweist sich als wenig geeignet zur Beurteilung der Zahlungsbereitschaft, weil die kurzfristigen Verbindlichkeiten selten aus den vorhandenen flüssigen Mitteln beglichen werden müssen. Der Liquiditätsgrad II ist eine zentrale Kennzahl für die Finanzanalyse. Wenn die Zahlungsmittel und die Debitoren niedriger sind, als das kurzfristige Fremdkapital, so ist die Zahlungsbereitschaft der Unternehmung unsicher. Die Quick Ratio sollte dem Verhältnis 1:1 entsprechen. Die Current Ratio 2:1, weil die Kreditgeber wissen wollen, ob ihre Forderungen in einem Konkursfall gedeckt wären. Die Höhe der Mindestliquidität wird sowohl durch Risikowie durch Gewinnüberlegungen beeinflusst. Das Ziel der Risikoverringerung wird umso besser erfüllt, je höher die Mindestliquidität ist. Hohe Zahlungsmittelbestände sind andererseits ein Kostenfaktor, denn sie reduzieren die Rentabilität. Dieser Zielkonflikt kommt in der These „Liquidität kostet Geld, Illiquidität die Existenz“ oder „Rentabilität ist die Nahrung, Liquidität der Sauerstoff“ deutlich zum Ausdruck. Kennzahlen zur Analyse der Ertragslage Die Analyse der Ertragslage kann weiter in eine Umsatzanalyse, eine Beurteilung der Aufwand- und Ertragsstruktur, eine Cashflow-Analyse und eine Rentabilitätsanalyse unterteilt werden. Typisch umsatzbezogene Kennzahlen sind: Kapitalumschlag = Umsatz / Gesamtkapital Marktanteil = Umsatz / Umsatz der Branche Ø Verkaufspreis je Mengeneinheit = Umsatz / Menge Umsatz je Mitarbeiter = Umsatz / Anzahl Mitarbeiter Umsatzrendite = Gewinn x 100 / Umsatz Bei der Beurteilung der Aufwand- und Ertragsstruktur sind die Deckungsbeitragsrechnung und die Break-evenAnalyse nützliche Instrumente. Unter dem Deckungsbeitrag versteht man jenen Beitrag, den ein einzelnes Produkt oder eine Produktegruppe zur Deckung seiner fixen Kosten und zur Erzielung eines Gewinnes leistet. Die Deckungsbeitragsrechnung konzentriert sich darauf, den einzelnen Produkten nur diejenigen Kostenelemente zuzuteilen, die in direkter Abhängigkeit zum Produktionsvolumen (variable Kosten) stehen. Die übrigen Kosten (fixe Kosten), die nicht in direktem Zusammenhang zur Produktion stehen, werden als nicht managerTool.ch 117 beeinflussbar betrachtet. Der Deckungsbeitrag ergibt sich also aus der Differenz zwischen dem Gesamterlös und den gesamten variablen Kosten des Produktes, wie beispielsweise: • Erlösminderungen wie Verkäuferprovisionen, Preisnachlässe usw. • direkte Herstellkosten wie Material- und Lohnkosten • direkte Vertriebskosten wie Reisekosten, Spesen usw. • weitere direkte Marketingkosten (Media-Werbung, Sponsoring, Messen usw.) Der aus der Berechnung resultierende Deckungsbeitrag lässt erkennen, wieviel die einzelnen Produkte zur Deckung der fixen Kosten beitragen, wie stark sie rentieren und wo die Preisuntergrenze für den Verkauf liegt. Ein einzelnes Produkt oder eine Produktegruppe wird in der Regel so lange im Sortiment gehalten, wie die ermittelte Differenz positiv ist, d.h. ein Beitrag zur Deckung des Fixkostenblocks geleistet wird. Dies bedeutet jedoch noch nicht, dass ein Gewinn erwirtschaftet wurde, da der Deckungsbeitrag lediglich eine Bruttogrösse ist. Ein positiver Deckungsbeitrag ist nicht mit Gewinn gleichzusetzen. Wichtige Anwendungsbeispiele der Deckungsbeitragsrechnung sind die Break-even-Planung für Neuprodukte. Da sowohl Abschreibungen als auch Rückstellungen den Unternehmenserfolg beeinflussen, ist der Cashflow aussagekräftiger bezüglich der Ertragskraft als der Reingewinn: Cashflow = Reingewinn + Abschreibungen + Rückstellungen Der Cashflow vermittelt eine Aussage über die Fähigkeit der Unternehmung, • Investitionen zu finanzieren • Schulden zu tilgen • Gewinn auszuschütten. managerTool.ch