3 Folgen

Werbung
3
Folgen
3.1 Definition.
(a)
(b)
(c)
Eine Folge reeller bzw. komplexer Zahlen ist eine Vorschrift, die jedem k ∈ N eine reelle
bzw. komplexe Zahl ak zuordnet. Eine Folge schreibt man meist (a 1 , a2 , . . .) oder (ak )∞
k=1
oder kurz (ak ).
Sind n1 < n2 < n3 < . . . Elemente von N, so heißt (an1 , an2 , . . .) Teilfolge von (ak ).
Es sei (ak ) eine Folge in R oder C und a ∈ R bzw. C. Wir sagen
(ak ) konvergiert gegen a oder (ak ) ist konvergent mit Grenzwert a
falls zu jedem ε > 0 ein n0 ∈ N existiert mit
|ak − a| < ε
f ür alle
k ≥ n0 .
k→∞
(d)
Wir schreiben lim ak = a oder ak → a und nennen a den Grenzwert. Eine Folge, die
keinen Grenzwert hat, heißt divergent.
Eine Folge heißt Cauchy-Folge, falls gilt: Zu jedem ε > 0 existiert ein n 0 ∈ N mit
|ak − al | < ε
f ür alle
k, l ≥ n0 .
Die Existenz eines Grenzwerts wird hier nicht gefordert.
3.2 Beispiele.
(a)
(b)
1 konvergiert in R gegen 0.
k
Die Folge (ik )k in C ist divergent.
Die Folge
Beweis. (a) Es sei ε > 0 vorgelegt. Wir müssen ein n0 finden mit |1/k − 0| < ε für alle k ≥ n0 .
Dazu wähle n0 ∈ N mit n0 > 1/ε.1 Dann gilt für k ≥ n0 :
1
1
1
<ε
| |= ≤
k
k
n0
für alle k ≥ n0 .
(b) Gäbe es einen Grenzwert z in C, so gäbe es zu ε = 1/4 ein n0 mit
|ik − z| ≤
1
für k ≥ n0
4
und somit
|ik − il | = |ik − z + z − il | ≤ |ik − z| + |il − z| ≤
1
für k, l ≥ n0 .
2
Da jedoch i4k = 1 ist und i4k+2 = −1 für beliebiges k ∈ N, ist |i4k − i4k+2 | = 2. Widerspruch. C
3.3 Satz. Der Grenzwert ist eindeutig: Konvergiert eine Folge gegen a und a 0 , so ist a = a0 .
1
Wieso gibt es eine solche Zahl? Nehmen wir an, die Menge der natürlichen Zahlen wäre nach oben beschränkt.
Dann hätte sie ein Supremum s. Nach Definition des Supremums existierte ein n ∈ N mit n > s − 1/2. Dann wäre
jedoch n + 1 ∈ N mit n + 1 > s. Widerspruch!
14
Beweis. Sei ε > 0. Dann existiert ein n 1 : |ak − a| < ε/2 ∀k ≥ n1 und es existiert ein n2 mit
|ak − a0 | < ε/2 ∀k ≥ n2 . Dann gilt für n0 ≥ max{n0 , n1 } : |a − a0 | ≤ |a − an0 | + |an0 − a0 | < ε.
Also ist |a − a0 | = 0 bzw. a = a0 .
C
3.4 Satz. Es sei (zk ) eine Folge komplexer Zahlen, zk = xk + iyk und z = x + iy ∈ C. Dann
gilt
xk konvergiert gegen x, und
zk konvergiert gegen z ⇐⇒
yk konvergiert gegen y.
Beweis.
⇒“ Sei zk konvergent gegen z = x+iy und ε > 0. Dann existiert ein n 0 mit |zk −z| < ε ∀k ≥ n0 .
”
Also
|xk − x| = |Re zk − Re z| = |Re (zk − z)| ≤ |zk − z| < ε;
|yk − y| = |Im zk − Im z| = |Im (zk − z)| ≤ |zk − z| < ε.
⇐“ Sei ε > 0 vorgelegt. Dann existiert ein n 1 mit |xk − x| < ε/2 ∀k ≥ n1 und es existiert ein
”
n2 mit |yk − y| < ε/2 ∀k ≥ n2 . Setze n0 = max{n1 , n2 } und z = x + iy. Dann gilt für
k ≥ n0
|zk − z| = |xk − x + iyk − iy| ≤ |xk − x| + |yk − y| < ε.
C
3.5 Satz: Rechenregeln für Grenzwerte. Es seien (xk ), (yk ) Folgen in K (K = R oder
K = C), x, y ∈ K.
(a)
Ist die Folge (xk ) konvergent, so ist sie auch beschränkt, d. h.
∃ C ≥ 0 : |xk | ≤ C
(b)
(c)
f ür alle
k ∈ N.
Aus xk → x und yk → y folgt xk + yk → x + y und xk yk → xy.
Gilt xk → x und x 6= 0, so ist xk 6= 0 für alle hinreichend großen k, und es gilt
Insbesondere gilt dann yk /xk → y/x für jede Folge yk → y.
1
xk
→ x1 .
Die Umkehrung der Aussagen in (b) gilt nicht!
Beweis.
(a)
(b)
Zu ε = 1 existiert ein n0 mit |xk − x| < 1 für k ≥ n0 . Damit ist |xk | ≤ |xk − x| + |x| ≤
|x| + 1 ∀k ≥ n0 . Für C = max{|x1 |, . . . , |xn0 −1 |, |x| + 1} ergibt sich die Behauptung.
(Additivität) Sei ε > 0 vorgelegt. Dann existieren n 1 , n2 mit |xk − x| ≤ ε/2 ∀k ≥ n1 und
|yk − y| ≤ ε/2 ∀k ≥ n2 . Für k ≥ n0 := max{n1 , n2 } folgt
|(xk − yk ) − (x − y)| ≤ |xk − x| + |yk − y| < ε.
(Multiplikativität) Nach (a) existiert ein C ≥ 0 mit |y k | ≤ C für alle k. Zu ε > 0 wähle
n1 und n2 so, dass
|xk − x| <
|yk − y| <
ε
2C
∀k ≥ n1 ,
ε
2|x| + 1
15
und
∀k ≥ n2 .
Für k ≥ max{n1 , n2 } folgt
|xk yk − xy| = |xk yk − xyk + xyk − xy|
≤ |xk yk − xyk | + |xyk − xy|
≤ |xk − x| |yk | + |x| |yk − y|
ε
ε
<
C + |x|
≤ ε.
2C
2|x| + 1
(c)
Zu δ = |x|
2 > 0 existiert ein k0 mit |xk −x| < δ =
|x|/2 für k ≥ k0 . Sei ε > 0 vorgelegt. Nun ist
|x|
2
∀k ≥ k0 . Dann ist |xk | ≥ |x|−|xk −x| ≥
−1
−1
−1
−1
−1
|x−1
k − x | = |x (x − xk )xk | ≤ |x| |xk | |x − xk |.
Wähle n0 ≥ k0 so, dass |x − xk | < 2ε |x|2 für k ≥ n0 . Dann ist
−1
|x−1
k −x |<
1 2 ε 2
|x| ≤ ε.
|x| |x| 2
C
3.6 Satz. Jede konvergente Folge ist eine Cauchy-Folge.
Beweis. Es sei xk → x und ε > 0. Wähle n0 so, dass |xk − x| < ε/2 ∀k ≥ n0 . Dann ist für
k, m ≥ n0 : |xk − xm | ≤ |xk − x| + |x − xm | < ε/2 + ε/2 = ε.
C
Einige Besonderheiten reeller Folgen
3.7 Definition. Eine Folge (xk ) in R heißt
monoton wachsend, falls
streng monoton wachsend, falls
monoton fallend, falls
streng monoton fallend, falls
xk+1
xk+1
xk+1
xk+1
≥ xk
> xk
≤ xk
< xk
∀k
∀k
∀k
∀k.
3.8 Satz. Monoton wachsende, nach oben beschränkte Folgen reeller Zahlen sind konvergent:
Gibt es ein C ∈ R mit xk ≤ xk+1 ≤ C für alle k, so gilt xk → x = sup{xk }.
Beweis. Sei ε > 0 vorgelegt. Nach Definition des Supremums existiert ein n 0 mit
xn0 > x − ε.
Für alle k ≥ n0 gilt also
x − ε < x n0 ≤ x k ≤ x
und somit |x − xk | < ε.
C
3.9 Folgerung. Ist die Folge (xk ) monoton fallend und nach unten beschränkt, so ist (xk )
auch konvergent. (Betrachte (−xk )!)
3.10 Satz. Stabilität des Grenzwerts. Es seien (xk ), (yk ) Folgen in R mit xk ≤ yk ∀k. Gilt:
xk → x und yk → y, so folgt x ≤ y.
16
Beweis. Annahme: x > y. Setze ε = x − y > 0. Dann existieren n 1 , n2 mit |xk − x| < ε/2 für alle
k ≥ n1 bzw. |yk − y| < ε/2 für alle k ≥ n2 . Für k ≥ max{n1 , n2 } gilt
xk > x − ε/2 = y + ε/2 > yk .
Widerspruch!
C
3.11 Satz. Schachtelungssatz. Es seien (a k ), (bk ), (xk ) Folgen in R und
ak ≤ x k ≤ b k
für alle k ∈ N.
Gilt ak → x und bk → x, so ist auch (xk ) konvergent, und xk → x.
Beweis. Sei ε > 0 vorgelegt. Dann existieren n 1 , n2 mit |ak − x| < ε/3 ∀k ≥ n1 , |bk − x| <
ε/3 ∀k ≥ n2 . Setze n0 = max{n1 , n2 }. Dann gilt
|xk − x| ≤ |xk − ak | + |ak − x|
≤ |bk − ak | + |ak − x|
≤ |bk − x| + |x − ak | + |ak − x| < ε.
C
3.12 Satz. In R ist jede Cauchy-Folge konvergent. Eine Menge, in der jede Cauchyfolge einen
Grenzwert hat, nennt man vollständig.
Beweis. Es sei (xk ) eine Cauchy-Folge. Wir definieren zwei neue Folgen
ik = inf{xj : j ≥ k}
und
sk = sup{xj : j ≥ k}.
Dann gilt ik ≤ xk ≤ sk für alle k
(ik ) monoton wachsend und beschränkt (ik ≤ s1 ∀k) ⇒ (ik ) konvergiert gegen ein i ∈ R.
(sk ) monoton fallend und beschränkt (sk ≥ i1 ∀k) ⇒ (sk ) konvergiert gegen ein s ∈ R.
Zeige: i = s. Ist ε > 0 vorgelegt, wähle n0 so groß, dass |xj − xk | < ε/5, i − ik < ε/5, sk − s <
ε/5 für j, k ≥ n0 . Ferner existieren j0 , k0 ≥ n0 mit xj0 > sn0 − ε/5 und xk0 < in0 + ε/5. Dann ist
s − i = |s − i| ≤ |s − sn0 | + |sn0 − xj0 | + |xj0 − xk0 | + |xk0 − in0 | + |in0 − i| < ε.
Mit 3.11 folgt die Behauptung.
C
3.13 Folgerung. C ist vollständig.
Beweis. Sei (zk ) eine Cauchy-Folge in C. Dann sind (Re z k ) und (Im zk ) Cauchy-Folgen in R
nach 3.4. Mit 3.12 folgt, dass (Re zk ) und (Im zk ) Grenzwerte in R haben, und schließlich mit
3.4, dass (zk ) einen Grenzwert in C hat.
C
3.14 Definition und Bemerkung. Man sagt, eine Folge (a k ) reeller Zahlen divergiere bestimmt gegen +∞ und schreibt lim ak = +∞, falls gilt:
∀M > 0∃n0 : ak > M
∀k ≥ n0 .
Dies ist äquivalent dazu, dass ab einem festen Index n 1 gilt ak > 0 und lim a1k = 0. (Wieso?)
Ebenso: lim ak = −∞, falls lim(−ak ) = +∞, d.h. falls ∀M > 0∃n0 : ak < −M ∀k ≥ n0 .
17
Herunterladen