Vorbereitung Blatt 13: Gleichverteilung auf [0,1]

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Vorbereitung Blatt 13: Gleichverteilung auf [0, 1]
Jörg Nikutta∗
22. Januar 2003
Wir werden in Übung 13 eine für Sie noch ungewohnte Art der Wahrscheinlichkeitsrechnung verwenden. Diese möchte ich vorab näher bringen: Die Gleichverteilung
auf dem Intervall [0, 1]!
Sie kennen bereits Wahrscheinlichkeiten wie z.B. ”Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Würfel die eins gewürfelt wird?” Antwort: 16 .
1.
Erste Überlegungen
Nun geht es um Fragen, wie ”Angenommen jemand sagt Ihnen eine Zahl zwischen
null und eins1 2 . Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Zahl ≤
1
2
ist?”. Mit
Wahrscheinlichkeit eins ist die Zahl zwischen null und eins (denn das wissen wir).
Da
1
2
genau in der Mitte zwischen null und eins liegt, ist die Wahrscheinlichkeit 12 .
Die Zahl ist also mit der gleichen Wahrscheinlichkeit kleiner/gleich
1
2
wie größer 12 .
Wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit für eine Zahl ≤ 14 ? Wenn man das Intervall
zwischen null und eins in 4 gleichgroße Teile unterteilt, lautet die Frage: Wie groß
ist die Wahrscheinlichkeit, das man im ersten Teil landet? Anwort: Da man mit der
gleichen Wahrscheinlichkeit in jedem der 4 Teile landet ist die Wahrscheinlichkeit
im ersten Teil zu landen: 14 . Dies ist auch die Wahrscheinlichkeit im 2. Teil (d.h.
zwischen
∗
1
1
4
und 12 ) zu landen, etc.
Wie immer: Alles ohne Gewähr!
und verwendet Gleichverteilung, d.h. (unsauber gesprochen) alle Zahlen sind gleich wahr-
scheinlich.
2
Übrigens: JEDE Zahl ist zugelassen, auch z.B. 0.3546456243
1
Diese Überlegungen deuten die allgemeine Regel an: Man muß einfach überlegen,
wie ”lang” das betrachtete Teilintervall ist, d.h.
Intervall
Länge
Wahrscheinlichkeit im Intervall zu sein
[0, 1]
£ 1¤
0, 2
£1 ¤
,1
2
£ 1¤
0, 4
£1 1¤
,
4 2
1
1
1
2
1
2
1
2
1
2
1
4
1
4
1
4
1
4
b-a
b-a
[a, b]
für 0 ≤ a < b ≤ 1.
Die Wahrscheinlichkeit in einem beliebigen Teilintervall der Form [a, b] zu sein entspricht also gerade der Länge des Intervalls, d.h. b − a.
Alternativ kann man die Frage stellen: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit eine
Zahl kleiner/gleich b zu haben? Das ist gleichbedeutend zu: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit im Teilintervall [0, b] zu sein? Antwort: b. D.h. die Wahrscheinlichkeit
kleiner/gleich b zu sein ist gerade b.
Um dieses Verfahren zu verallgemeinern, verwendet man nicht die Länge der Intervalls, sondern die Fläche unter der Funktion3 f (x) = 1.
2
1.5
1
0.5
0
0.2
0.4
x
0.6
0.8
1
Dichte f (x) = 1
Die Fläche unterhalb dieser Funktion, gegeben das Teilintervall [a, b] , wird berechnet
3
Diese Funktion heißt übrigens DICHTE.
bl13.tex
2
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über das Integral
Z
b
(1)
f (x) dx
a
=
Z
b
1dx
a
= x|ba
= b−a
und entspricht damit der Länge. In der Rechnung sieht man, dass die Integralgrenzen a und b in die ”Funktion” x eingesetzt werden. Da diese Funktion die
Stammfunktion zu f (x) ist, wird sie mit F (x) bezeichnet4 .
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0.2
0.4
x
0.6
0.8
1
Verteilungsfunktion F (x) = x.
Wenn die Wahrscheinlichkeit gesucht wird mit der eine Zahl ≤ b ist, ist die Antwort
F (b) = b.
2.
Erwartungswert
Wie groß ist der Erwartungswert bei einem Würfelwurf? D.h. angenommen Sie
dürfen ein Mal würfeln und bekommen die Augenzahl in Euro ausgezahlt. Wieviel
Geld erwarten Sie zu bekommen?
Sie müssen jeden Fall (d.h. jede Augenzahl) mit der entsprechenden Wahrscheinlichkeit multiplizieren/gewichten. Also
1
1
1
1
1
1
1+ 2+ 3+ 4+ 5+ 6
6
6
6
6
6
6
1
=
(1 + 2 + 3 + 4 + 5 + 6)
6
1
=
21
6
= 3.5
4
Diese Funktion heißt VERTEILUNGSFUNKTION.
bl13.tex
3
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Allgemein gilt, wenn die Werte x1 , ..., xn angenommen werden können und die entsprechenden Wahrscheinlichkeiten p1, ..., pn sind, ist der Erwartungswert
p1x1 + p2 x2 + ... + pn xn
n
X
=
p i xi .
(2)
i=1
Kommen wir zurück auf unsere Zahl zwischen null und eins. Wie groß ist der
Erwartungswert wenn eine Zahl zwischen a und b per Gleichverteilung genannt wird?
Das Vorgehen ist wie gerade: alle Fälle durchgehen und die Auszahlung mit der
Wahrscheinlichkeit multiplizieren. Leider gibt es unendlich viele Fälle, aber das
Integral (1) deutet an, dass die Variable x alle Zahlen zwischen 0 und 1 ”durchläuft”.
Der Erwartungswert ist dann gegeben durch5
Z 1
E [X] =
xf (x) dx
0
Z 1
=
x1dx
0
Z 1
=
xdx
0
¯
1 2 ¯¯1
x
=
2 ¯0
1
= .
2
(3)
Bitte beachten Sie, dass Formel (2) im Prinzip das Gleiche ist wie Formel (3) .
Einzige Änderung: Die Summe wurde durch ein Integral ersetzt.
Zu beachten bei Formel (3) ist noch, dass das gesamte Intervall angegeben werden
muß, d.h. es muß gelten6
Z
1
f (x) dx =
0
Z
1
1dx = 1.
0
Wenn man hier nur ein Teilintervall betrachten würde (was falsch ist), wäre es
ungefähr so, als wenn man bei einem Würfelwurf nach der erwarteten Augenzahl
5
x steht für die ”Auszahlung” und f für die Wahrscheinlichkeit. Wobei genaugenommen eine
R
Wahrscheinlichkeit nur über f (x) gegeben ist.
6
Im Unterschied zu (3) wird hier nur die Wahrscheinlichkeit berechnet, d.h. es ist kein x
unterdem Integral.
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fragen würde, aber nur Würfe mit Augenzahl ≤ 4 zählen würde7 . Man muß bei dem
Erwartungswert also alle möglichen ”Zustände” zulassen, d.h. in diesem Fall alle
Zahlen zwischen 0 und 1.
Möchte man den Erwartungswert betrachten, wenn noch eine Funktion g dazwischen
geschaltet ist, d.h.
E [g (X)]
geht man entsprechend vor, d.h.
E [g (X)] =
=
Z
Z
1
g (x) f (x) dx
0
1
g (x) 1dx
0
= G (1) − G (0) ,
wenn G die Stammfunktion von g ist.
Interessant (für die Übung) ist der Fall, dass g folgendes Aussehen hat

 x für x ≤ b
g (x) =
.
 0 für x > b
Der Erwartungswert ist dann
E [g (X)] =
Z
1
g (x) dx
0
=
Z
b
(4)
xdx
0
=
1 2
b.
2
In Gleichung (4) bildet man also den Erwartungswert nur über den Bereich [0, b] ,
was an der Definition von g liegt.
7
Das kann man natürlich machen, aber dann ist die Wahrscheinlichkeit eine andere: Da nur 4
Würfelseiten betrachtet werden, wäre die Wahrscheinlichkeit für eine von diesen Seiten 14 .
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