Apl. Prof. Dr. Jens Wirth, FB Mathematik, Universität Stuttgart Seite 1 von 4 Termin: 28. Juli 2017 Prüfungsklausur — Schulmathematik Termin: Hinweise: 28. Juli 2017 Lösen Sie bitte jede der Aufgaben auf einem neuen Blatt. Alle nicht in der Vorlesung behandelten Sachverhalte sind zu beweisen, Lösungsschritte entsprechend zu begründen. Verwendete Sätze sind zu benennen. Am Ende der Klausur bitte alle Lösungsblätter in das Umschlagblatt einlegen. keine 120 min Hilfsmittel: Bearbeitungszeit: Matrikel-Nr.: Name: Punkte: A1 A2 A3 A4 A5 A6 Σ Musterlösungen Aufgabe 1. (a) Welche der beiden durch Kettenbrüche dargestellten Zahlen α = [1, 2, 3, 2, 1], β = [1, 2, 3, 4, 4] ist die größere und warum? (b) Welche Zahl besitzt die Kettenbruchsdarstellung γ = [2, 2, . . .] = [2, 2] ? Lösung 1. (a) Wegen [2, 1, . . .] < [4, 4, . . .] gilt [3, 2, 1] > [3, 4, 4] und damit auch [2, 3, 2, 1] < [2, 3, 4, 4] sowie α = [1, 2, 3, 2, 1] > [1, 2, 3, 4, 4] = β. Also ist β < α. (b) Es gilt nach Definition des Kettenbruchs γ =2+ 1 γ und damit die quadratische Gleichung γ 2 − 2γ − 1 = 0. Diese besitzt die Lösungen 1 ± √ gilt, folgt γ = 1 + 2. c [email protected] http://www.iadm.uni-stuttgart.de/LstAnaMPhy/Wirth/Schulmathe17/ √ 2 und da γ > 1 Apl. Prof. Dr. Jens Wirth, FB Mathematik, Universität Stuttgart Seite 2 von 4 Termin: 28. Juli 2017 Aufgabe 2. (a) Was versteht man unter einer transzendenten (komplexen) Zahl? (b) Beweisen Sie, dass nicht konstante Polynome mit rationalen Koeffizienten transzendente Zahlen stets wieder auf transzendente Zahlen abbilden. Lösung 2. (a) Eine Zahl x ∈ C heißt transzendent, wenn es kein vom Nullpolynom verschiedenes Polynom p(·) mit ganzzahligen Koeffizienten und mit p(x) = 0 gibt. (b) Angenommen, für ein Polynom q(·) mit rationalen Koeffizienten ist q(x) algebraisch. Es gäbe also ein vom Nullpolynom verschiedenes Polynom p(·) mit ganzzahligen Koeffizienten und p(q(x)) = 0. Dann ist r(·) = p ◦ q(·) ein von Null verschiedenes Polynom. Dieses hat rationale Koeffizienten und nach Multiplikation mit dem Hauptnenner der Koeffizienten sind diese auch ganzzahlig. Weiter gilt r(x) = 0. Das widerspricht aber der Voraussetzung, dass x transzendent ist. Also bildet q transzendente Zahlen auf transzendente ab. Aufgabe 3. Seien α, β, γ ∈ C die Nullstellen des Polynoms x3 − x − 1 = 0. Finden Sie jeweils ein Polynom mit den drei Nullstellen (a) α2 , β 2 , γ 2 (b) 1 1 1 , , . α β γ Lösung 3. Es gilt nach dem Wurzelsatz von Vieta α + β + γ = 0 und αβ + βγ + γα = −1 sowie αβγ = 1. (a) Es gilt α2 + β 2 + γ 2 = (α + β + γ)2 − 2(αβ + βγ + γα) = 2 und α2 β 2 + β 2 γ 2 + γ 2 α2 = (αβ + βγ + γα)2 − 2αβγ(α + β + γ) = 1, sowie α2 β 2 γ 2 = (αβγ)2 = 1. Also impliziert der Wurzelsatz von Vieta, dass das Polynom x3 − 2x2 + x − 1 genau die Nullstellen α2 , β 2 und γ 2 besitzt. (b) Analog gilt 1 1 1 αβ + βγ + γα + + = = −1 α β γ αβγ und 11 11 11 α+β+γ + + = = 0, αβ βγ γα αβγ sowie 111 1 = = 1. αβγ αβγ Dies liefert das Polynom x3 + x2 − 1, welches damit genau die Nullstellen 1 1 α, β und 1 γ besitzt. Aufgabe 4. Zeigen Sie, dass x = cos 2π 9 eine Nullstelle der kubischen Gleichung 8x3 − 6x + 1 = 0 ist und folgern Sie die anderen beiden Nullstellen. Warum impliziert dies cos 2π 4π 8π + cos + cos =0 9 9 9 und 8 · cos 2π 4π 8π · cos · cos = −1 ? 9 9 9 c [email protected] http://www.iadm.uni-stuttgart.de/LstAnaMPhy/Wirth/Schulmathe17/ Apl. Prof. Dr. Jens Wirth, FB Mathematik, Universität Stuttgart Seite 3 von 4 Termin: 28. Juli 2017 Lösung 4. Wir nutzen die Formel für den dreifachen Winkel. Es gilt cos(3α) = cos(α + 2α) = cos α cos(2α) − sin α sin(2α) = cos α(2 cos2 α − 1) − 2 sin2 α cos α = 2 cos3 α − cos α − 2 cos α + 2 cos3 α = 4 cos3 α − 3 cos α. 1 2π Zusammen mit cos 2π 3 = − 2 folgt daraus für x = cos 9 1 2π 2π − = cos = cos 3 = 4x3 − 3x 2 3 9 und damit die Gleichung 8x3 − 6x + 1 = 0. Wegen cos 2π 1 4π = cos = − = cos 3 3 2 2π + 2π 3 = cos 8π 3 8π sind mit derselben Argumentation auch cos 4π 9 und cos 9 Lösungen dieser Gleichung. Dies liefert alle drei Lösungen, da die Zahlen aufgrund der Monotonie der Cosinusfunktion auf (0, π) cos 2π 4π 8π > cos > cos 9 9 9 erfüllen und damit verschieden sind. Also gilt nach dem Wurzelsatz von Vieta cos 2π 4π 8π + cos + cos =0 9 9 9 und 8 · cos 2π 4π 8π · cos · cos = −1. 9 9 9 Aufgabe 5. Gegeben sei ein beliebiges Dreieck 4ABC. Nun werde über der Seite AB, der Seite BC und der Seite CA wie in der nachfolgenden Abbildung jeweils ein nach außen gerichtetes gleichseitiges Dreieck errichtet. (a) Zeigen Sie, dass sich die Umkreise der entstehenden gleichseitigen Dreiecke in einem Punkt schneiden. (b) Beweisen Sie, dass das durch die Mittelpunkte der gleichseitigen Dreiecke bestimmte Dreieck GHI wiederum gleichseitig ist. c [email protected] http://www.iadm.uni-stuttgart.de/LstAnaMPhy/Wirth/Schulmathe17/ Apl. Prof. Dr. Jens Wirth, FB Mathematik, Universität Stuttgart Seite 4 von 4 Termin: 28. Juli 2017 E D C H I B A G F Lösung 5. (a) Das folgt aus dem Peripheriewinkelsatz / Sehnenviereckssatz. Sei K der Schnittpunkt der Umkreise der Dreiecke über AB und über BC. Da die äußeren Dreiecke gleichseitig sind, folgt ∠AKB = ∠BKC = 120◦ . Also folgt ∠CKA = 120◦ und dieser muss (nach der Umkehrung des Peripheriewinkelsatzes) damit auf dem Umkreis des Dreiecks über CA liegen. Was zu zeigen war. (b) Sei K der Schnittpunkt der Kreise. Dann steht die Gerade GH auf BK senkrecht, ebenso die Gerade HI auf CK und IG auf AK. Mit der Innenwinkelsumme im Viereck folgt daraus aber ∠IGH = ∠GHI = ∠HIG = 60◦ und die Aussage ist bewiesen. Aufgabe 6. Wir betrachten natürliche Zahlen a, b ∈ N = {1, 2, . . .} und definieren max(a, b) als die größere der beiden. Damit kann man nun folgenden Induktionsbeweis formulieren: Induktionsanfang Ist max(a, b) = 1, so gilt a = b = 1 und insbesondere a = b. Induktionsschritt Angenommen, wir haben schon gezeigt, dass aus max(a, b) = n stets a = b folgt. Sei nun max(a, b) = n + 1. Dann ist aber max(a − 1, b − 1) = n und somit nach Induktionsannahme a − 1 = b − 1. Also folgt a = b. Nach dem Induktionsprinzip haben wir also gezeigt, dass für jede natürliche Zahl n aus max(a, b) = n stets a = b folgt. Also gilt für alle natürlichen Zahlen a und b stets a = b. Worin besteht der Fehler in diesem Induktionsbeweis? Oder gibt es doch nur eine natürliche Zahl? Lösung 6. Die Subtraktion von 1 im Induktionsschritt ist nicht für alle natürlichen Zahlen zulässig. c [email protected] http://www.iadm.uni-stuttgart.de/LstAnaMPhy/Wirth/Schulmathe17/