Plasmide und Austausch genetischer Information zwischen Bakterien

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Plasmide und Austausch genetischer
Information zwischen Bakterien
MPM 4
Austausch genetischer Information
Lederberg & Tatum 1946
Minimalmedium:
-  organische Kohlenstoffquelle
-  anorganische Salze
Vollmedium:
Biotin–
Methionin–
auxotroph
Leucin–
Threonin–
auxotroph
- komplexe organische
Verbindungen: Aminosäuren,
Vitamine, Nucleoside
z.B. Hefeextrakt + Proteinlysate
prototroph: kann alles
selbst synthetisieren und
wächst daher auf
Minimalmedium
auxotroph: kann nicht
alles selbst synthetisieren
und wächst daher nicht
auf Minimalmedium
MPM 5
Mechanismus der Reversion zu Prototrophie
Warum konnten die Bakterien wachsen,
wenn sie miteinander gemischt wurden?
Rückmutation? Unwahrscheinlich! Mutationrate in Bakterien: 10-7 pro Gen
1 Bakterium in 107 könnte spontan zur Prototrophie in einem Gen
zurück mutieren. Bei zwei Genen würde man nur 1 in 1014 erwarten.
Daher bei 108 Zellen keine Kolonien auf Kontrollplatten!
Austausch genetischer Information: Konjugation
MPM 6
MPM 7
Konjugation
Bei der Konjugation wird genetisches Material vom Donor zum Rezipienten
transferiert.
Der Informationsaustausch ist also asymmetrisch.
Was bestimmt, welches von 2 Bakterien Donor und welches Rezipient ist?
Der Donor enthält einen Fertilitätsfaktor (d.h. der Donor ist F+), der
Rezipient nicht (F–). Dieser Faktor wird heute als F-Plasmid bezeichnet.
MPM 8
Plasmide
Definition:
Plasmide sind extra-chromosomale doppelsträngige,
zirkuläre DNAs, die autonom replizieren und unabhängig
vom bakteriellen Chromosom vererbt werden.
Chromosome
Plasmid
MPM 9
Plasmide
Definition:
Plasmide sind extra-chromosomale doppelsträngige,
zirkuläre DNAs, die autonom replizieren und unabhängig
vom bakteriellen Chromosom vererbt werden.
Es gibt viele verschiedene Typen von Plasmiden. F-Plasmide sind nur ein Beispiel.
Größe: 1 kBP bis über 1000 kBP (kilo-Basenpaare; oft kb abgekürzt)
Plasmide enthalten einen autonomen Replikations-Ursprung, der sich vom Origin
des Chromosoms unterscheidet und die Kopienzahl des Plasmids bestimmt (1-800
Kopien pro Zelle).
Die genetische Information auf natürlich vorkommenden Plasmiden ist
normalerweise nicht essentiell, aber in der Regel von Vorteil für den bakteriellen
Wirt. Plasmide können für Antibiotika-Resistenzen, Enzyme zur AntibiotikaProduktion oder zur Nutzung spezieller Nahrungsquellen, für bakterielle Toxine u.a.
kodieren.
MPM 10
Konjugation: F-Plasmid
MPM 11
Mechanismus der Konjugation
• 
• 
• 
• 
• 
• 
Viele natürliche Plasmide können zwischen Bakterien durch Konjugation
ausgetauscht werden
Dazu verbinden sich Donor (F+) und Rezipient (F-) über so genannte Sex-Pili
Die Konjugation ist an die Replikation des Plasmids vom Ori T aus gekoppelt.
Übertragen wird ssDNA (Einzelstrang-DNA), die im Rezipienten zu dsDNA
(Doppelstrang-DNA) komplettiert wird.
Der Rezipient wird F+ und kann in weiteren Konjugationen als Donor agieren.
Die Donorzelle behält ihre Kopie des F-Plasmids und bleibt F+.
MPM 12
Mechanismus der Konjugation
+
© 2006 Pearson Studium / Abbildung aus: Madigan, Martinko: Brock Mikrobiologie, 11. Auflage / ISBN: 3-8273-7187-2
MPM 13
Mechanismus der Konjugation
Die Tra-Gene kodieren für Faktoren, die für die Konjugation
benötigt werden, z.B. für Faktoren die den Pilus aufbauen.
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F+ - und Hfr-Bakterien
Bei der Standard-Konjugation werden nur die ≈ 100 000 Basenpaare des FPlasmids übertragen.
Unter bestimmten Umständen kann jedoch praktisch das gesamte bakterielle
Hauptchromosom mit übertragen werden.
Dazu muss der Donor in Hfr-Form vorliegen (high frequency of recombination).
Der Rezipient wird bei diesem Ereignis aber nicht F+ oder Hfr sondern bleibt F-
MPM 15
F+ - und Hfr-Bakterien
MPM 16
Hfr-Bakterien
In Hfr-Bakterien ist das F-Plasmid in das Hauptchromosom integriert, das bei der
Konjugation dann mit übertragen wird. Der gesamte Transfer dauert etwa 100 min.
Die Gene des Hauptchromosoms werden "in geordneter Reihenfolge" transferiert
und aus der Zeitabhängigkeit ihres Eintreffens im Rezipienten sind genaue Karten
des bakteriellen Chromosoms erstellt worden.
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Genkartierung in E. coli
© 2006 Pearson Studium / Abbildung aus: Madigan, Martinko: Brock Mikrobiologie, 11. Auflage / ISBN: 3-8273-7187-2
MPM 18
MPM 19
R- (Resistenz)-Plasmide
R-Plasmide wurden erstmals in den 50-iger Jahren in Stämme des
Ruhrerregers Shigella gefunden, die aus Antibiotika-behandelten
Patienten isoliert worden waren.
Auffallend war, daß diese Stämme eine Mehrfach-Resistenz aufwiesen
(gegen Sulfonamide, Streptomycin, Chloramphenikol, Tetracyclin,...) und
daß sich diese Resistenzen durch einfachen Zellkontakt auf andere
Bakterien wie E.coli übertragen ließen.
MPM 20
R- (Resistenz)-Plasmide
Ein Beispiel für ein natürlich vorkommendes Plasmid, isoliert aus einem
Antibiotika-resistenten Bakterienstamm.
ampR kodiert β-Lactamase, die
Resistenz gegen
Ampicillin und andere Penicillinderivate vermittelt.
kanR kodiert eine Kanamycin-Phospho-Transferase.
tetR bezeichnet das Tet-Operon, das (mehrere) TetTransporter kodiert, die wiederum Tetrazyclin aus den
Bakterien pumpen.
OriV steht für den eigentlichen Replikations-Ursprung
dieses Plasmids
Die tra-Gene kodieren wie beim F-Plasmid für
Faktoren, die für die Konjugation benötigt werden.
MPM 21
Plasmid-Bakterium-Beziehung
Die meisten natürlich vorkommenden Plasmide können nicht nur innerhalb einer
Art, sondern auch zwischen (nicht zu entfernten) Spezies übertragen werden.
Warum sollte ein Bakterium eine andere, konkurrierende Spezies mit u.U.
lebenswichtiger genetischer Information versorgen?
Man kann die Interaktion zwischen Plasmiden und Bakterien auch als eine
Symbiose zwischen zwei genetischen Systemen verstehen, die sich beide in der
Evolution behaupten müssen.
Die Bakterien replizieren die Plasmide und übertragen sie an ihre Nachkommen
bzw. durch Konjugation auf Vertreter der selben oder anderer Arten.
Als "Gegenleistung"
versorgen die Plasmide die Bakterien mit nützlicher
genetischer Information.
Ein Plasmid wird in der Regel um so "erfolgreicher" sein, von je mehr
Bakterienstämmen es aufgenommen und repliziert werden kann, je größer der
Selektionsvorteil für den Wirt ist und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, daß ein
Wirt das Plasmid wieder verliert.
MPM 22
Plasmidweitergabe an Tochterzellen
Plasmide müssen bei der Zellteilung von der Mutter- auf die beiden
Tochterzellen übertragen werden. Dabei kann es passieren, daß eine der
Tochterzellen "leer ausgeht" und somit Plasmid-freie Nachkommen entstehen.
Bei rein zufälliger Verteilung der Plasmide bei der Zellteilung hängt die
Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Zellteilung Plasmid-freie Nachkommen
entstehen von der Zahl der Plasmide in der Mutterzelle ab:
P = 21-n (n = Kopienzahl des Plasmids)
Bei einer Kopie geht eine Tochterzelle mit Sicherheit leer aus, d.h. P=1
bei 2 Plasmide gibt es mögliche 4 Kombinationen der Verteilung, von denen 2
zu einer Plasmid-freien Tochterzelle führen, d.h. P=0,5;…
Eine zufällige Plasmid-Verteilung (Engl. "Segregation") führt daher früher oder
später zu einem spontanen Plasmidverlust (Eng. "curing"), sofern nicht auf
Plasmid-haltige Bakterien selektiert wird (z.B. durch Antibiotika-Resistenz
oder Auxotrophie-Marker).
MPM 23
Mechanismen der Plasmidretension
Einige Plasmide werden jedoch ohne äußeren Selektionsdruck sehr viel seltener
verloren, als bei einer zufälligen Verteilung zu erwarten wäre.
Zwei allgemeine Strategien werden genutzt, um die Stabilität eines Plasmids in
einer Population (Engl: plasmid maintenance) zu erhöhen:
1. 
2. 
aktive, d.h. nichtzufällige Verteilung (ähnlich wie Chromosomensegregation
in der Mitose von Eukaryoten).
Toxin-Antitoxin-Systeme, die Wirtszellen auch ohne äußeren
Selektionsdruck töten, sobald sie das Plasmid verlieren.
MPM 24
Mechanismen der Plasmidretension
1. Aktive Verteilung der Plasmide
Actin
ParM
MreB
TA0583
Segregations Proteine
ParM & TA0583 sind
Actin-Homologe und
bilden in vitro und in vivo
Filamente
MPM 25
Mechanismen der Plasmidretension
1. Aktive Verteilung der Plasmide
Carballido-López (2006) Microbiol. Molecular Biol. Reviews 70:888-909
MPM 26
Mechanismen der Plasmidretension
2. Toxin-Antitoxin System
• 
Protease
• 
• 
• 
• 
Antitoxin
Toxin
• 
• 
Plasmid codiert für ein Toxin und ein
Antitoxin
Das Antitoxin bindet das Toxin und
hält es inaktiv
Das Antitoxin ist instabil und wird von
zellulären Proteasen abgebaut
Das Toxin ist stabil
Solange die Zelle das Plasmid enthält
wird immer genügend Antitoxin
nachgeliefert, um das Toxin inaktiv zu
halten
Wird bei der Zellteilung das Plasmid
nur an eine Tochterzelle
weitergegeben, verliert die Plasmidfreie Tochterzelle nach kurzer Zeit das
Antitoxin und das Toxin tötet die Zelle
ab
Nur Zellen, die das Plasmid
beibehalten können überleben
F. Hayes Science 301, 1496 -1499 (2003)
MPM 27
Plasmid codierte Toxin-Antitoxin Paare
Plasmid
Bacterium
Toxin (aa)
Antitoxin (aa)
Toxin target
F
E. coli
CcdB (101)
CcdA (72)
DNA gyrase
P1
E. coli
Doc (126)
Phd (73)
Translation?
RK2
E. coli
ParE (103)
ParD (83)
DNA gyrase
R1
E. coli
Kid (110)
Kis (84)
DnaB
pTF-FC2
A. ferrooxidans
PasB (90)
PasA (74)
ND
pSM19035
S. pyogenes
ζ(287)
ε(90)
ND
Rts1
E. coli
HigB (92)
HigA (104)
ND
P307
E. coli
RelE (95)
RelB (83)
ND
pMYSH6000
S. flexneri
MvpT (133)
MvpA (75)
ND
pRUM
E. faecium
Txe (85)
Axe (89)
ND
F. Hayes Science 301, 1496 -1499 (2003)
MPM 28
Inkompatibilität von Plasmiden
Viele Bakterien enthalten mehrere verschiedene Plasmide.
Diese Co-Existenz besagt, dass diese Plasmide miteinander verträglich oder
kompatibel sind.
Zwei verwandte Plasmide können in einer Zelle nicht stabil co-existieren; sie sind
unverträglich oder inkompatibel.
Man teilt Plasmide in Inkompatibilitätsklassen ein, abgekürzt Inc. Zur gleichen
Gruppe gehörende Plasmide sind nicht co-existent.
Für E. coli wurden >30 Inkompatibilitätsgruppen definiert.
Die Inkompatibilität ist mit der Kontrolle der Plasmid-Replikation verknüpft.
MPM 29
Austausch genetischer Information zwischen Bakterien
Transformation, Transduktion, Konjugation
•  Transformation:
Aufnahme freier DNA aus
der Umgebung (Bsp. Griffith,
Avery)
•  Transduktion:
Transfer genetischer
Information durch einen
Vektor z.B. Bakteriophagen
•  Konjugation:
Direkte Übertragung von
DNA durch Zell-ZellKontakte
© 2006 Pearson Studium / Abbildung aus: Madigan, Martinko: Brock Mikrobiologie, 11. Auflage / ISBN: 3-8273-7187-2
MPM 30
Transformation
Experiment von Griffith
© 2006 Pearson Studium / Abbildung aus: Madigan, Martinko: Brock Mikrobiologie, 11. Auflage / ISBN: 3-8273-7187-2
MPM 31
Transformation
Manche Bakterien können natürliche
Kompetenz erwerben (Bsp. Bacillus)
In diesem Zustand nehmen sie aktiv
DNA aus der Umgebung auf
Viele Bakterien können durch
chemische oder physikalisch
(elektrische Felder) Einwirkungen
kompetent gemacht werden
In diesem Zustand nehmen sie
passiv DNA aus der Umgebung auf
© 2006 Pearson Studium / Abbildung aus: Madigan, Martinko: Brock Mikrobiologie, 11. Auflage / ISBN: 3-8273-7187-2
MPM 32
Transduktion
Bei der Vermehrung eines lytischen
Bakteriophagen wird die Wirts-DNA
endonukleolytisch in Fragmente zerlegt.
Beim Zusammenbau der
Phagennachkommen kann es passieren,
dass Wirts-DNA in die Phagenhülle
verpackt wird.
Bei einer darauf folgenden Infektion wird
dann DNA des vorherigen Wirtes anstelle
der Phagen DNA in die neue Wirtszelle
injiziert.
Diese DNA kann durch homologe
Rekombination in das Wirtsgenom
integrieren.
© 2006 Pearson Studium / Abbildung aus: Madigan, Martinko: Brock Mikrobiologie, 11. Auflage / ISBN: 3-8273-7187-2
MPM 33
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