4.4.2 Mittelfristige periodische Variationen von globalen und regionalen ~ Niederschlägen El Nino Effekte ~ 4.4.2.1 Die El Nino-Southern Oscillation (ENSO) ~ Als El Nino (spanisch: das Christkind) bezeichnete man ursprünglich eine anomal warme Meeresströmung, die von Zeit zu Zeit an der Pazifik-Küste Ecuadors auftritt und stets verbunden ist mit extrem starken Niederschlägen und einem beträchtlichen Rückgang der Fisch-Produktion ~ in den sonst fischreichen Meeresgewässern. Das Auftreten der El Nino-Strömung beginnt meistens um die Weihnachtszeit (daher die Bezeichnung durch die Fischer) und hält etwa ein bis zwei Jahre an, bevor der Normalzustand wieder einkehrt und sich die kühlen, fischreichen Meeresströmungen an der Küste Südamerikas wieder einstellen. Dieser normale Zustand wird ~ ~ ~ auch als La Nina bezeichnet. Der Wechsel von La Nina zu El Nino tritt alle drei bis vier Jahre auf und ist seit dem 18. Jahrhundert historisch belegt. Wissenschaftliche Untersuchungen dieses Effektes sind jedoch erst seit etwa 30 Jahren im Gange, wobei es sich herausstellte, daß die ~ ozeanische Komponente des El Nino direkt mit der atmosphärischen Zirkulation im Süd-Pazifik ~ gekoppelt, wobei letzere während eines El Nino Jahres umschlägt in der Weise daß die normalen Ost-West Passatwinde in West-Ost Richtung umschlagen und die warmem Wassermassen im ~ Mittel-Pazifik zur Westküste Süd-Amerikas treiben. Zu Beginn eines La Nina Jahres stellt sich wieder der Normalzustand ein . Dies ist die sogenannte Southern Oscillation der Atmosphäre ~ und man bezeichnet daher das gesamte gekoppelte Phänomen als El Nino-Southern Oscillation (ENSO). Abb. 4.20: Zur Entstehung der El N i ~n o - S o u t h e r n Oscillation (ENSO) FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.23 Normal Zustand: La Nina Anomaler Zustand: El Nino Abb. 4.21: Ozeanströmungen während eines La Nina und El Nino Zyklus Datenmäßig wird die ENSO erfaßt durch: (1) Die Differenz der barometrischen Luftdrücke zwischen einer Wetterstation in Tahiti und einer an der Westküste Süd-Amerikas gelegenen die sich während ~ eines El Nino Events umkehrt und (2) Die Oberflächen-Temperatur des Ozeans (SST), ebenfalls an der Westküste SüdAmerikas wo es nach dem Gesagten zu positiven Anomalien während eines El ~ Nino-Jahres kommt (Abb 4.16) Weitere exellente Ausführungen zu diesen Thema finden sich auf der Web-page http://www.ogp.noaa.gov/enso/ FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.24 Abb. 4.22: Absolute Termperaturen und Temperatur-Anomalien des Pazifik-Ozeans während eines La Nina und El Nino Jahres. Abb. 4.23: Variationen der Oberflächen-Temperatur-Anomalien des Ozeans im mittleren Pazifik und des SOI (Luftdruckunterschiede) zwichen Tahiti und Darwin FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.23 4.4.2.2 Globale und regionale Niederschlags-Anomalien als Folge von ENSO- Ereignissen ~ Während El Nino Jahren (z. B. 1983-1984, 1987-1988, 1992-1993) kommt es in vielen Regionen der Erde zu extremen Niederschlags-Anomalien, sowohl in Form von Regenüberschuß (Peru und Ecuador, Californien, Südosten der USA) als auch Dürreperioden (Australien, Indien wo der Monsun z.T. ausbleibt) (s. Abb. 4.19). Inwieweit des Wetter in Europa davon beeinflußt wird, ist noch strittig, doch hat sich unter Meteorologen schon ~ eingebürgert alle mittelfristigen, anomalen Wetterstrukturen auf den El Nino zurück zu führen. Abb. 4.24: ~ Regionale Niederschlags- und Temperaturanomalien im El Nino Jahr Box 4.1: Naturkatastrophen häufen sich dramatisch 1998 starben mehr als 50 000 Menschen durch „atmosphärische Extremereignisse" - Düstere Prognosen Von Dankwart Guratzsch Genf/Vilm -- Eine dramatische Häufung von Naturkatastrophen registrieren die Welthilfsorganisationen und die Versicherungen. Danach war 1998 ein Jahr „atmosphärischer Extremereignisse", wie es bisher noch nicht vorgekommen ist. Mit 707 „größeren Schadensereignissen" weist es nach der Statistik der Münchner FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.24 Rückversicherungs-Gesellschaft die „höchste bisher festgestellte Anzahl" an Naturkatastrophen in einem Jahr auf. 50 000 Menschen seien getötet und Sachschäden in Höhe von 90 Milliarden Dollar (1997: 30 Milliarden) angerichtet worden. Die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften spricht in ihrem gestern veröffentlichten Weltkatastrophenbericht sogar von 59 261 Toten und 126,7 Millionen Betroffenen. 1998 sei damit das Jahr der verheerendsten Naturunglücke seit Beginn der Aufzeichnungen. Allein das pazifische Wetterphänomen „El Niño" wird vom Roten Kreuz und vom Roten Halbmond für den Tod von 21 000 Menschen verantwortlich gemacht. Weitere 10 000 Menschenleben habe der Hurrikan „Mitch" in Mittelamerika gefordert. In China waren 180 Millionen Menschen von Flutkatastrophen betroffen. Jedes derartige Ereignis löst nach Beobachtungen der Experten Kettenreaktionen aus, die ihrerseits katastrophale Auswirkungen haben können. So fielen der Trockenheit in Indonesien zuerst die Reisfelder zum Opfer, dann brannten die Wälder, dann verdunkelten für Wochen riesige giftige Rauchwolken den Himmel in Südostasien. Die Ursache für die Häufung von Katastrophen wie die 240 verheerenden Stürme und 170 Überschwemmungen des Jahres 1998 sehen Hilfsorganisationen und Versicherer übereinstimmend in menschlichen Eingriffen in die Natur. Und sie befürchten eine weitere Zunahme. Allein „die vom Menschen verursachte Klimaveränderung" werde - so die Münchner Rück - „fast zwangsläufig immer extremere Naturereignisse und infolgedessen auch immer größere Katastrophenschäden bringen". Noch dramatischer klingt die Warnung der Hilfsorganisationen, die auf einen Zusammenhang zwischen Umweltereignissen und sozialen Entwicklungen verweisen: Globale Erwärmung und Schädigungen der Umwelt würden in Kombination mit der Bevölkerungsexplosion ein „neues Zeitalter der Superkatastrophen" heraufbeschwören, das die ärmsten Länder am schwersten treffen werde. So seien 1998 durch Überschwemmungen, Dürren, Bodenerosion und Abholzung 25 Millionen Menschen in die Flucht getrieben worden - mehr als durch alle Kriege und regionalen Konflikte. Dabei entstehe eine „explosive Kombination" von Naturkatastrophen und sozialem Elend mit einem verhängnisvollen Selbstverstärkungseffekt. Mit derartigen Prognosen will sich der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) nicht zufriedengeben. In seinem Jahresgutachten 1998 „Strategien zur Bewältigung globaler Umweltrisiken" kommt er zu dem Fazit: Die Eingrenzung und Beherrschung derartiger Risiken ist möglich, wenn Vorsorge getroffen, Kapazitäten geschaffen und weltweit einsetzbare „Monitoring-Systeme" installiert werden. Voraussetzung dafür sei eine „Klassifizierung" der sehr unterschiedlichen Risikotypen. Aber wie lassen sich Risiken, deren Ausmaß, Datum, Wahrscheinlichkeit vielfach völlig ungewiß ist, „klassifizieren"? Darüber ist es jetzt in einer Expertenrunde des Beirats mit Politikern, Wirtschaftsvertretern, Psychologen, Sicherheitswissenschaftlern und Vertretern des Versicherungswesens auf der Naturschutzinsel Vilm bei Rügen zu heftigen Debatten gekommen. Die Autoren des Gutachtens haben jedem Risikotyp einen „Paten" aus der griechischen Mythologie zugeordnet. So steht Damokles für Risiken mit hohem Schadenspotential und geringer Wahrscheinlichkeit. Als Beispiele dienen Kernkraftwerke, großchemische Anlagen, Staudämme und Meteoriteneinschläge. Demgegenüber bezeichnet Kassandra Ereignisse, die mit hoher Wahrscheinlichkeit, aber erst „in weiter Zukunft" eintreten, „so daß vorerst niemand eine Bedrohung erkennen will". Hierunter zählt der Beirat auch den oben beschriebenen „schleichenden anthropogenen Klimawandel", dessen mögliche Auswirkungen bereits spürbar werden. Auch Zyklop, Pythia, Pandora und Medusa treten in dem Gutachten auf - doch alle Klassifikationen und Aufgabenbeschreibungen stoßen zuletzt an die Grenzen der Kosten-Nutzen-Abwägung oder des Risiko-Risiko-Vergleichs. So lassen sich die Risiken mit unbekannter Eintrittswahrscheinlichkeit (Zyklop), unbekannter Größenordnung (Pythia) und weltweiter, irreversibler Wirkung (Pandora) mit dem neuen Vokabular keineswegs zuverlässiger abschätzen, nur deutlicher voneinander abgrenzen. Um globale Umweltrisiken abzuwenden, können nach Meinung der Experten zwar „Entwicklungspfade" definiert werden, die sich als nachhaltig oder zukunftsfähig erweisen. Doch der Beirat gesteht ein, daß das begrenzte Wissen über die Folgen heutigen Handelns und die begrenzte Steuerungsfähigkeit klompexer ökonomischer und sozialer Systeme einem solchen Vorgehen Grenzen setzen. Er plädiert daher für eine „Mobilisierung des Potentials an Problemlösungskompetenz, das dezentral in der Gesellschaft vorhanden, aber keiner zentralen Instanz bekannt ist". Doch wie können solche Kenntnisse aufgespürt und unbekannte Risiken identifiziert werden? Der Vorschlag des Marburger Finanzwissenschaftlers Horst Zimmermann, dafür Instrumente des Versicherungswesens wie die Gefährdungshaftung einzusetzen, stieß in der Vilmer Expertenrunde auf Skepsis. „Was nicht beherrschbar ist, das ist auch nicht versicherbar", erklärte Allianz-Direktor Andreas Shell. Streicheleinheiten verabreichte nur der Sicherheitstheoretiker Siegfried Radandt (Brühl/Baden). Zum erstenmal sei es gelungen, im Umweltbereich ein Risiko als Risiko zu bewerten. Schon das sei „für den Wissenschaftsbereich ein wertvoller Beitrag". © DIE WELT, 25. 06. 1999 FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.25 4.4.3 Langfristige Trends des globalen und regionalen Niederschlages als Folge von anthropogenen Einflüssen 4.4.3.1 Einfluß der Erhöhung des CO2-Gehaltes der Atmosphäre auf den globalen Niederschlag (Treibhauseffekt) Einige neuere wissenschaftliche Untersuchungen postulieren einen Einfluß der Erhöhung des CO2-Gehaltes der Atmosphäre (seit Beginn des Industriezeitalters bis heute ist die CO2Konzentration von 275 ppm auf 350 ppm gestiegen, wobei bis zum Jahre 2050 ein Anstieg auf etwa 500 pm vorher- gesagt wird (s. Kap.3.1) ) und dem damit verbundenen projizierten globalen Temperaturanstieg durch den Treibhauseffekt von etwa 3-5 0C (in polaren Regionen allerdings auch Anstiegswerte von über 10 oC) sowohl auf den globalen als auch auf den regionalen Niederschlag. Die meisten der Computermodelle prophezeien eine Erhöhung des globalen Niederschlages, insbesondere in den mittleren Breitengraden der Erde. Dies ist offensichtlich bedingt durch ein Ansteigen der Verdunstung über den Ozeanen bei erhöhter Temperatur. Die ungeklärte Frage ist allerdings noch wie sich diese Erhöhung des Wassergehaltes in der Atmosphäre auf regionale kontinentale Niederschläge auswirken, denn es wurde heraus gefunden, daß sich die Wasseraufnahme - und damit die Evapotranspiration durch die Vegetation auf den Kontinenten infolge des CO2-Anstieges selbst verringert. Anmerkung: Infolge der praktischen Schwierigkeiten mit der integralen, kumulativen Messung des Niederschlages in einer Region (s. vorheriges Kap.) wird für mittel- und langfristige klimatologische Untersuchungen obiger Art nicht der Niederschlag P selbst gemessen, sondern statt dessen repräsentative kumulative Abflüsse R (engl. runoff) in der betrachteten Region. Letzere integrieren nämlich systematisch die lokalen Fluktuationen der Punktmessungen von P (infolge der fundamentalen Bilanzgleichung natürlich nach Abzug der Evapotranspiration ET) und liefern daher kumulativ exaktere Aussagen über P als deren direkte Messung. Auch die ~ erwähnten klimatologischen Erkenntnisse über den Einfluß von El Nino-Ereignissen beruhen auf dem Prinzip der Abfluß-Messungen. Box 4.2: Aspekte des Global Change (Globale Klimaveränderung) (Quelle: http://www.dkrz.de/tdf/klima/) FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.26 FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.27 FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.28 Anmerkung: Ozon und das Ozonloch über der Antarktis (Zerstörung von O3 durch FCKW) In etwa 30 km Höhe bildet sich Ozon. Und bildet die Ozonschicht . Sie absorbiert einen grossen Teil derlebensfeindlichen UV-Strahlung und ermöglicht damit Leben auf der Erde. Ozonbildung und Ozonabbau in der Ozonschicht stehen in einem Gleichgewicht. Der Mensch greift durch Freisetzung von gewissen Gasen (FCKW) in die Atmosphäre in dieses Gleichgewicht ein. Die FCKW-Gase entwickeln enorme Zerstörungskraft. Als Beispiel sei die Wirkung von Dichlor-Difluor-Methan demonstriert: Die UV C-Strahlung wird absorbiert, die dabei aufgenommene Energie spaltet ein Chloratom (Cl) ab. Dieses reagiert mit einem Ozonmolekül (O3) zu Sauerstoff (O2) und Chloroxid (ClO). Gleichzeitig findet die natürliche Reaktion statt, die Ozon abbaut (ein Photon wird absorbiert und ein Ozonmolekül (O3) in ein Sauerstoffatom (O) und ein Sauerstoffmolekül (O2) zerlegt). Das einzelne O reagiert mit dem Chloroxid (ClO) zu Chlor und O2. Durch diese und andere Reaktionen gewinnt der Ozonabbau gegenüberder Ozonbildung an Bedeutung. Diese Reaktionen finden in der gesamten Ozonschicht statt und schwächen diese, so dass mehr UV-Strahlung auf die Erdoberfläche gelangt, wo sie beim Menschen bei ungeschütztem und übermässigem Sonnenbaden, Hautkrebs hervorrufen kann. Besonders prekär wird die Situation jeweils im Frühjahr über dem Südpol (Oktober). Im strahlungsarmen Winter können sich in der Stratosphäre Wolken bilden. In diesen stratosphärischen Wolken können sich Chloratome (in Molekülen gebunden) ansammeln und ein Reservoir bilden. Im Frühjahr, wenn die Strahlungsstärke wieder zunimmt, beginnen die Reservoirteilchen zu reagieren und das Ozon abzubauen. Über dem Norpol ist der Reservoireffekt etwas abgeschwächt, weil die Stratosphärischen Wolken in einem Austausch mit südlicheren Luftmassen stehen. Das Frühjahres-Ozonloch über dem Nordpol (April) ist weniger gross, als über dem Südpol (Oktober). FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.29 Die Ozonschicht über der Antarktis beginnt z.Z. saisonal dünner zu werden, ein Effekt, der seinen Gipfel bisher in einem ausgeprägten Ozonloch im Herbst der vergangenen Jahre hatte. Die ersten Jahre - nach der Entdeckung des Phänomens wurde der Ozondefizit immer ausgeprägter. Das Wachstum des Defizits scheint in den letzten Jahren aber gebremst zu verlaufen, was zur Hoffnung Anlass gibt. Allerdings war auch im Oktober 1998 das Loch über der Antarktis ausgeprägt. Zum Glück werden die Ozonkiller werden immer stärker reduziert Die Ozonlöcher über Arktis und Antarktis sind zur Zeit (1999) nicht vorhanden bzw. kaum angedeutet. Die folgenden Abb. zeigen jedoch die Entwicklung der Ozonlöcher über Arktis und Antarktis während der 1980 Dekade. Abb. 4. 25 Ozon über der Arktis Links: : Ozon-Mittelwerte von 1979 bis 1982 jeweils im März Rechts: März 1997: Über dem Nordmeer klafft ein "Ozonloch" Die Ozonkonzentration wird in Dobson-Einheiten gemessen. Ozonarme Gebiete erscheinen grün Abb. 4.26: Entwicklung des Ozonloches über der Antarktis während der 1980 Dekade. Referenzen: http://www.greenpeace.org/~ozone/index.html ; http://didaktik.physik.uni-wuerzburg.de/~pkrahmer/home/ozon.html http://dc2.uni-bielefeld.de/dc2/ozon/index.html FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.30 FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.31 FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.32 Box 4.3: Klimasprünge aus den Ozeanen: Umkippen der Meeresströme befürchtet / Europa Schnee im Wenn der Treibhauseffekt die Atmosphäre erwärmt, könnte auch das sensible Gleichgewicht der Meeresströmungen umschlagen. Die Folge wäre eine abrupte Klimaveränderung, die vor allem Europa treffen würde. Wallace Broecker vom Earth Observatory of Columbia University warnte im Wissenschaftsmagazin Science (Bd. 278, S. 582, 1997) vor den Folgen: „Teile Europas würden um 10 Grad Celsius abkühlen - das Wetter in Dublin wäre dann wie in Spitzbergen." Die in den Meeren zirkulierenden Wassermassen transportieren gewaltige Mengen an Wärme rund um den Globus und bestimmen damit in vielen Regionen das Wetter. Derzeit dominiert der sogenannte Conveyor, eine Strömung, die von einer Pumpe im Nordatlantik angetrieben wird: Salzreiches Wasser kühlt dort ab und sinkt durch sein Gewicht in die Tiefe. 16 mal stärker als alle Flüsse der Welt zusammen schiebt sich dieser Strom am Atlantikboden nach Süden und trifft bei Südafrika auf kaltes Wasser, das in der Antarktis absinkt. Gemeinsam umrunden sie den Südpol, erwärmen sich und tauchen im Südpazifik wieder auf. Europa verdankt sein gemäßigtes Klima unter anderem dem warmen Wasser, das an der Oberfläche des Atlantiks als Ausgleich für die absinkenden Massen nach Norden fließt. Gemeinsam mit dem Golfstrom wärmt es den Norden. Doch die Pumpe bei Grönland ist anfällig: Steigt die Temperatur oder verdünnen Regenfälle das Salzwasser, so versiegt der Tiefseestrom - und mit ihm ein Teil der „Heizung" Europas. Andere Regionen könnten sich dagegen erwärmen. Auch der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen (WBGU) warnt vor den „möglicherweise fatalen (kühlenden!) Auswirkungen auf Europa“. Der Vorsitzende Hans-Joachim Schellnhuber sagte in einem Interview mit „Die Zeit“, daß wir „diese Grenze in hundert Jahren schon durchbrechen“ könnten. Wenn der Conveyor kippt, erwartet Broecker weitere - zum Teil gegensätzliche - Folgen für das globale Klima. Bisher nimmt das Grönlandwasser einen Teil der menschengemachten Kohlendioxid(CO2)-Emissionen mit in die Tiefe - wenn dieser Puffer wegfällt, werden selbst ehrgeizige Pläne zur Emissionsverringerung Makulatur. Ohne Conveyor wächst außerdem die Eisfläche in der Arktis. „Das Eis würde mehr Sonnenstrahlung ins All zurückreflektieren und für Abkühlung sorgen" sagt Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung. Zudem könnte sich die Verteilung von Wasserdampf in der Atmosphäre verändern. Wallace Broecker glaubt, daß dieses Treibhausgas schon öfter das Klima beeinflußt hat. Daß die Ozeane bei Klimasprüngen in der Vergangenheit tatsächlich eine tragende Rolle spielten, folgern Klimaforscher aus unterschiedlichen Beobachtungen der letzten Jahre:Von Eisbohrkernen weiß man, daß die Temperaturen oft innerhalb weniger Jahre oder Jahrzehnte umschlugen. Derzeitige Atmosphären-Modelle können jedoch nur langsame Veränderungen erklären. Im Gegensatz dazu zeigen Simulationen von Meeresströmungen sehr wohl Sprünge von einem Zustand in den anderen. Sie könnten daher der Schalter gewesen sein, der durch langsame Klimaveränderung ausgelöst wurde und das Klima rasch und weltweit umschlagen ließ. Daß das Wasser der Tiefsee nicht immer gleich strömte, lesen Wissenschaftler auch in Sedimenten des Santa Barbara Beckens im Pazifik ab: Phasen, in denen der Meeresboden gut mit Sauerstoff versorgt war, wechselten sich mit Zeiten ohne Sauerstoff ab. Ein weiteres Indiz spürten die Klimaforscher auf, als sie die Eisbohrkerne der Arktis mit der Antarktis verglichen: Zum Teil erwärmte sich der Norden, während der Süden kälter wurde und umgekehrt. Nur wechselnde Meeresströme seien in der Lage, die Wärme des Globus derart zu verteilen, nimmt Wallace Broecker an. GREGOR BUCHER SZonNet: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutscher Verlag GmbH, München, 11.12.97 Box 4.4: Einfluß des Assuan Staudammes auf Klima in Europa 1) Verrringerung der Milankovitch-Sonneneinstahlung (bedingt durch Präzissions-bewegung der Erde mit Zyklus von etwa 10000 Jahren). 2) Afrikanischer Monsoon Regen reduziert. 3) Nil-Zufluß in Mittelmeer verringert (zusätzlich zur Rückhaltung vom Assuam-Staudam). 4) Salzgehalt im Mittelmeer erhöht wegen verringertem Frischwasserzufluß (Das Gleiche auch durch globale Erwärmung durch CO2-Erhöhung). 5) Ausfluß in den Atlantik über die Straße von Gibraltar erhöht 6) Menge von aufsteigendem kalten Wasser an der schottischen Westküste erhöht, FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.33 7)Abdriften von diesem kaltem Wasser ( t ~-5 oC) zur Nordsee und des wärmeren Atlantik Wasser (vom Golf von Mexico herrührend) zur Labrador-Küste. 8) Erhöhung der Gletscherwachstums in Labrador (wegen erhöhter Advektion von Feuchte dort) und in Nord-Europa 9) Temperaturerniedrigun in diesen Gegenden. Referenz: Johnson, R.G., Climate control requires a dam at the strait of Gibraltar, Eos, Vol. 78, 277, July 8, 1997. p. 4.4.3.2 Regionale Trends infolge von Entwaldung und Entwässerung Regionale Trends der Menge und der Verteilung von Niederschlägen infolge von lokalen Entwaldungs- und Entwässerungsaktivitäten sind mittels komplexer Computermodelle (sogenannter globaler Zirkulationsmodelle) prognostiziert worden. Das wesentliche Resultat dieser Simulationen ist, daß sich auch kleinräumige lokale Beeinträchtigungen des Wasserhaushaltes durch solche anthropogene Einwirkungen global in Form von veränderten Niederschlägen über ein relativ großes Gebiet auswirken können (s. Abb. 4.17). FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.34 Abb. 4.27: Numerische Simulation der atmosphärischen Bewegung eines in dem schwarzen Element verdunsteten Wasserpartikels, das nach zwei Monaten wieder in Form von Niederschlag auf die grau-gefärbten Regionen fällt. Beispiele sind für die Amazonas Region (oben), dem Südost- Asien (Mitte) und Sudan (unten) (Dingman, 1994). Infolge von veränderter Landnutzung und klimatischer Variationen kann es in den nächsten 100 Jahren regional zu stark verändertetem Wasserdargebot kommen, wie numerische Simulationen ergeben (s. Wissenschaftliches Zentrum für Umweltsystemforschung, WZ-III; Prof Alcamo, http://www.usf.uni-kassel.de/frame-service.html.) , kann dies in einigen Weltregionen zur Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Produktion führen und dort bei wachsender Bevölkerung zu Hungersnöten. Die numerischen Simulationen zeigen, daß es speziell in Rußland bis zum Jahr 2100 zu einer beträchtlichen Reduzierung der Niederschläge und damit des Oberflächenabflusses kommt. FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch Ingenieurhydrologie 4.35