Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] Doppeldiagnose: Schizophrene Psychose und Sucht Ätiologiemodelle Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung haben Patienten mit Schizophrenie ein erhöhtes Risiko an Substanzmissbrauch oder Substanzabhängigkeit zu erkranken. Einerseits ist zur Erklärung dieses Befundes die Meinung, Verbreitung und Verfügbarkeit von Drogen in der Gesellschaft, andererseits ist die Deinstitutionalisierung als Mitverursacher zu berücksichtigen. Die Komorbidität lässt sich des Weiteren anhand folgender Ätiologiemodelle erklären (Überblick): 1. Modelle gemeinsamer Faktoren 1.1 Genetische Faktoren 1.2 Antisoziale Persönlichkeit (APS) 2. Modelle sekundärer Substanzstörung 2.1 Psychosoziale Risikofaktoren 2.1.1 Selbstmedikationsmodell 2.1.2 Dysphorieverringerung 2.1.3 Multiple Risikofaktoren 2.2 Supersensitivität 2.3 Iatrogene Vulnerabilität 3. Sekundäre psychiatrische Erkrankung 4. Bidirektionale Modelle Beschreibung der einzelnen Modelle 1. Modelle gemeinsamer Faktoren Die hohen Komorbiditätsraten sind das Ergebnis voneinander unabhängigen und spezifischen Risikofaktoren (i.S. einer Vulnerabilität), die gleichermaßen in einem Individuum vorhanden sind und die Wahrscheinlichkeit zur Entwicklung beider Störungen erhöht. Bislang sind genetische Faktoren und die Antisoziale Persönlichkeitsstörung bezüglich ihrer Rolle in der Entwicklung näher untersucht worden. 1.1 Genetische Faktoren Genetische Faktoren spielen eine wichtige Rolle in der Ausbildung einer Psychose oder Substanzstörung. Allerdings scheinen für die Entwicklung einer Komorbidität keine gemeinsamen genetische Faktoren verantwortlich zu sein: das genetische Risiko bei Patienten mit Schizophrenie korreliert nicht mit einem erhöhten Risiko eines Substanzmittelabusus bei deren Verwandten. Dagegen zeigen verschiedene Studien, höhere Raten von affektiven Störungen in Familien von Patienten mit Doppeldiagnose. 1 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] 1.2 Antisoziale Persönlichkeit (APS) APS und dessen Vorläufer in der Kindheit korrelieren stark mit späterem Substanzkonum, wobei bei vorliegender APS der Substanzkonsum früher beginnt und einen gravierenden Verlauf zeigt (i.S. von schwerer körperlicher Abhängigkeit, Delinquenz). Bezüglich der Entwicklung eines Substanzmittelabusus bei schizophrener Psychose scheinen Patienten mit gleichzeitiger APS diesbezüglich ein erhöhtes Risiko aufzuweisen. Des Weiteren gibt es Belege dafür dass Persönlichkeitsfktoren wie „novelty seeking“, Impulsivität oder Enthemmung ebenfalls mit einer erhöhten Häufigkeit von Substanzmittelkonsum bei Schizophrenie korrelieren. Zusammengefasst kann aktuell die Hypothese aufgestellt werden, dass APS ein „gemeinsamer Faktor“ ist, der zumindest teilweise die erhöhten Raten von Substanzmittelkonsumenten bei Schizophrenie erklärt. 2. Modelle sekundärer Substanzstörungen Diese Modelle gehen davon aus, dass eine schizophrene Psychose die Vulnerabilität zur Entwicklung eines Substanzmittelkonsums erhöht. Es umfasst das Modell der psychosozialen Risikofaktoren, das Supersensitivitätsmodell und das Modell der iatrogenen Vulnerabilität. 2.1 Psychosoziale Risikofaktoren Umfasst drei verschiedene Hypothesen: das „Selbstmedikationsmodell“, das Modell der „Dysphorieverringerung“ und das Modell „multipler Risikofaktoren“. 2.1.1 Selbstmedikation Geht davon aus, dass Individuen bestimmte Suchtmittel wegen ihrer pharmakologischen Wirkung konsumieren. Diese Hypothese lässt sich bislang nicht verifizieren, da schizophrene Patienten die selben Suchtmittel konsumieren wie andere Personen in der Gesellschaft und kein Zusammenhang zu bestehen scheint zwischen der Schwere oder Art der Symptome und der Menge und Art des Suchtmittels. 2.1.2 Dysphorieverringerung Dieses Modell postuliert, dass Suchtvulnerabilität eher allgemein wie spezifisch ist und dass Patienten mit Schizophrenie eine niedrige Toleranz gegenüber „negativen“ bzw. dysphorischen Gefühle aufweisen. Suchtmittelkonsum ist eine Möglichkeit um Dysphorie bzw. Depression zu mildern. Die dysphorischen Gefühle bei dieser Patientengruppe sind äusserst heterogen und schliessen bspw. Angst und depressive Symptome, Langeweile, Einsamkeit oder durch Neuroleptika induzierte Syndrome mit ein. 2.1.3 Multiple Risikofaktoren Dieses Modell wurde aus der Beobachtung heraus formuliert, dass mehrere bekannte Risikofaktoren für Substanzmittelabusus (z.B. Dysphorie, soziale Isolation, ungenügende interpersonale Fertigkeiten, schwache kognitive Fertigkeiten, fehlende Tagesstruktur, keine Arbeit und Leben in einer Nachbarschaft mit hoher Drogenverfügbarkeit) in Folge einer schizophrenen Erkrankung auftreten 2 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] können und somit die Vulnerabilität für Substanzmittelkonsum in dieser Patientengruppe erhöhen können. 2.2 Supersensitivität Schizophrene Patienten reagieren aufgrund einer (biologisch) bedingten Sensitivität, insbesondere für Amphetamine, bereits auf kleine Mengen von Suchtmittel mit klinischen Symptomen (z.B. Wahn oder Halluzinationen) und negativen Konsequenzen (z.B. Abhängigkeit oder Rückfällen). Diese Supersensitivität erklärt z.T. die hohe Prävalenz von Suchtmittelabusus in dieser Patientengruppe bei vergleichsweise niedrigerem Konsum der betreffenden Substanz als in einer nicht schizophrenen Vergleichsgruppe. 2.3 Iatrogene Vulnerabilität Diese Vorstellung besagt, dass Suchtmittelabusus allgemein auf eine beeinträchtigte (verminderten) Aktivität des durch Dopamin mediierten Belohnungssystems zurückgeführt werden kann und Personen Suchtmittel konsumieren, um „positive Gefühle“ hervorzurufen. Die Medikation mit Neuroleptika reduziert über Blockade der D2-Dopaminrezeptoren (zusätzlich?) die verfügbare Menge an Dopamin und macht deshalb psychotische Patienten vulnerabler für die Einnahme von exogenen „Glücklichmacher“. Falls die zutrifft sollten Patienten die mit atypischen Neuroleptika therapiert werden, niedrigere Raten von Suchtmittelabusus aufweisen, was zuzutreffen scheint. 3. Modelle sekundärer psychiatrischer Erkrankungen Die Hypothese geht davon aus, dass der Konsum von psychomimetischen Substanzen die Entwicklung einer Schizophrenie begünstigen kann. Das bedeutet die Psychose wäre eine Folge des Substanzmittelabusus, wobei dies insbesondere auf den Konsum (x > 50 Konsumepisoden) von Cannabis zuzutreffen scheint. Unklar ist die Bedeutung der genetischen Vulnerabilität als Voraussetzung für die Entwicklung einer schizophrenen Psychose bei exzessivem Cannabiskonsum. Allerdings scheint nachgewiesen, dass bei exzessivem Suchtmittelkonsum die Schizophrenie früher ausgelöst wird. 4. Bidirektionale Modelle Diese Modelle gehen davon aus, dass Substanzmittelabusus bei einer biologisch vulnerablen Person eine Schizophrenie auslösen kann, die in Folge von kontinuierlichem Substanzmittelkonsum aufrechterhalten wird. Obwohl es evident erscheint das Substanzmittelabusus den Verlauf einer Psychose verschlechtert, sind diese Hypothesen bislang noch nicht empirisch überprüft. Diskussion Die Forschung zeigt eine tendenzielle Bestätigung für das APS Modell (Modell gemeinsamer Faktoren) und das Supersensitivitätsmodell (Modell sekundärer Substanzmittelabusus). Das könnte möglicherweise ein Hinweis auf verschiedene Subtypen von Patienten mit Doppeldiagnosen sein, was hinsichtlich der Entwicklung von spezifischen Interventionsstrategien von 3 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] Bedeutung wäre. Auf der Grundlage der oben genannten Modelle schlagen Mueser et al. (2002) zwei Subtypen von Patienten mit Doppeldiagnosen vor: Doppeldiagnose-Subtyp Alter bei Beginn von SMA Anzahl Körperlichen Alter bei Beginn der SPS Prämorbides Größer Kleiner Stärker Schwächer Belastet Unbelastet Früher Später Randständig Gut Schlecht Gut Mehr Weniger Größer Kleiner Ungünstig Günstig soziales Funktionieren Aktuelles soziales Funktionieren Später Familiengeschichte in Bezug auf Suchtmittel Früher Abhängigkeit von Suchtmittel Supersensitivität konsumierter Suchtmittel APS Anzahl Symptome Aggressivität Prognose psychiatrischer *Legende: SPS= Schwere psychische Störung; SMA= Substanzstörung; APS= Antisoziale Persönlichkeitsstörung Patienten mit Doppeldiagnose und APS scheinen somit in der Tendenz eine im Verlauf schwerere SMA (früherer Beginn, häufigerer Drogenmissbrauch, mehr Behandlungsepisoden und höhere Raten an Gewaltereignissen aufzuweisen. Interventionen müssten hier eine aufsuchende Strategie und dichtes Monitoring beinhalten. Für Patienten mit Supersensitivität scheinen psychoedukative Methoden geeignet sein, mit Fokus auf Information über ihre gesteigerte Sensitivität bezüglich Drogen und Implementierung von Alternativen zum Substanzmittelabusus. Von klinischer Bedeutung ist auch das Modell der Dysphorie-Verringerung und das iatrogene Vulnerabilitätsmodell, da es die Notwendigkeit einer adäquaten Medikation dieser Patientengruppe unterstreicht. 4 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] Diagnostik der Komorbidität Einführung Die Erfassung der Komorbidität von Suchtmittelkonsum und Schizophrenie ist besonders wichtig, da diese Patienten aufgrund kognitiver Beeinträchtigungen oder aus mangelnder Einsicht bezüglich des Zusammenhangs zwischen psychischen Beschwerden und Suchtmittelkonsum, die Folgen ihres Substankonsums nicht klar einschätzen können. Darüber hinaus reagiert diese Patientengruppe stärker bzw. sensibler auf psychotrophe Substanzen (z.B. Rezidiv der Psychose) und auch verhältnismäßig kleine Mengen führen zu negativen Therapieergebnissen (z.B. mangelnde Medikamenten-Compliance, Behandlungsabbruch). Des Weiteren ist die Diagnostik der Komorbidität eine wesentliche Voraussetzung für die adäquate und simultane Behandlung beider Störungsbilder, unter besonderer Berücksichtigung der Interaktionen zwischen Psychose und Suchtmittelkonsum. Allerdings: Trotz hoher Prävalenz von psychischer Störung und Substanzmissbrauch, werden in psychiatrischen Institutionen substanzbezogene Störungen oft übersehen bzw. unterdiagnostiziert. Grund: Die negativen Konsequenzen des Suchtmittelkonsums sind verdeckt durch störungsbedingte multiple psychosoziale Dysfunktionen, oder kognitive und emotionale Effekte des Konsums (z.B. Depression, Angst oder Halluzinationen) werden fälschlicherweise der Psychose zugeschrieben. Diagnostische Kriterien Um eine Substanzabhängigkeit zu diagnostizieren, müssen mindestens drei der folgenden Kriterien innerhalb eines Zeitrahmens von einem Jahr auftreten: - Konsum von größeren Mengen oder über längere Zeit als beabsichtigt - Anhaltender Wunsch oder erfolglose Versuche, den Substanzkonsum zu verringern oder zu kontrollieren - Großer Zeitbedarf für Aktivitäten im Zusammenhang mit Substanzkonsum - Vernachlässigung wichtiger sozialer, beruflicher oder Freizeitaktivitäten - Fortgesetzter Substanzkonsum trotz Kenntnis von dessen negativen körperlichen oder psychischen Folgen. Substanzmissbrauch liegt dann vor, wenn der Patient durch den Substanzkonsum wiederholt und deutlich soziale Probleme bekommt, wichtigen sozialen Verpflichtungen nicht nachkommt, sich körperlich gefährdet oder mit dem Gesetz in Konflikt kommt. Differentialdiagnostische Kriterien Um eine Komorbidität von Psychose und Suchtmittelabusus zu diagnostizieren, muss die vorliegende psychische Störung substanzunabhängig sein. Von einer substanzinduzierten psychotischen Störung ist auszugehen, wenn die psychotischen Symptome auf direkte körperliche Wirkung der konsumierten Substanz zurückzuführen sind. Die psychotische Symptome können bis zu einem Monat nach Absetzen der Substanz anhalten. 5 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] Hinweise auf eine substanzinduzierte Genese psychotischer Episoden sind atypische Merkmale (z.B. Erstmanifestation psychotischer Symptome nach dem 35. LJ oder das Überwiegen nicht akustischer Halluzinationen) oder ausgeprägte Halluzinationen). Erfassung der Komorbidität 1. Screening Das Screening dient zur Identifikation von Patienten mit Doppeldiagnose. Deshalb sollte die Frage nach aktuellem und vorangegangenem Drogenkonsum bei jeder psychotischen Symptomatik erörtert werden. Dafür ist es sinnvoll, selbstanamnestische Angaben mit fremdanamnestischen Angaben und Laboruntersuchungen zu kombinieren. Prinzipiell besteht bei Patienten die Tendenz, eher vergangenen wie aktuellen Suchtmittelkonsum zu berichten. Generell kritisch sind Selbstangaben in akuten Krisen oder bei Einweisung in eine Klinik zu betrachten, wohingegen die Aussagen ambulanter Patienten in einem hohen Prozentsatz mit den werten in der Urinprobe übereinstimmt. Zu bedenken ist, dass zuverlässige Angaben sich auf die „Mitarbeit“ des Patienten stützen. Das legt den Fokus im Screening-Prozess auf die Herstellung eines guten Rapports, die vor einer nicht wertenden und Unterstützung anbietenden Haltung des Untersuchers geprägt ist. 2. Diagnostische Phase Nach einem positiven Screening sollen genauere Informationen zum Substanzkonsum, zur psychotischen Symptomatik und zur Interaktion zwischen diesen beiden Bereichen erhoben werden. Auch soll Konsummuster, Menge und „Wirkung“ der konsumierten Substanz(en) bestimmt, deren vorausgehenden Bedingungen (z.B. „Frühwarnzeichen“) und Konsequenzen (kurzfristig – langfristig; emotional – kognitiv – physiologisch – sozial) erfasst werden. Genauso wichtig ist im Sinne einer Lösungs- bzw. Ressourcenorientierung, nach Anzahl, zeitlicher Dauer und Bedingungen für abstinente Phasen zu fragen. 3. Behandlungsplanung Nach Rosenthal und Westreich (1999) sind die Patienten mit Schizophrenie und Substankonsum folgenden Kategorien zuzuordnen: Typ I: Schwere Substanzstörung mit hoher psychopathologischer Belastung Für Patienten mit schizophrener Psychose und meist Polytoxikomanie, die überwiegend auch ein niedriges psychosoziales Funktionsniveau aufweisen. Diese Patienten benötigen ein spezialisiertes stationäres Programm für Komorbidität, mit Fokus auf Entgiftung, Motivationsarbeit und Stabilisierung. Die Therapieziele orientieren sich primär an Schadensbegrenzung. Zur weiteren Unterstützung des Patienten sollte das soziale Umfeld auf jeden fall in die Behandlung miteinbezogen und psychoedukativ bzw. psychotherapeutisch betreut werden. Typ II: leichte Substanzstörung mit hoher psychopathologischer Belastung Diese Patienten lassen sich charakterisieren durch das Vorkommen einer schizophrenen Psychose und einem Abusus bzw. gelegentlichen Konsum psychotropher Substanzen. In der Regel verstärkt 6 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] sich hier der Substanzkonsum bei Exacerbation der psychischen Symptomatik und viceversa verstärkt sich die psychische Symptomatik durch den Substanzkonsum. Diese Patienten benötigen eine stationäre Krisenintervention und anschließend bzw. in stabileren Phasen, eine strukturierte unterstützende ambulante Behandlung in einem spezialisierten tagesklinischem Setting. Fokus der Behandlung sollte dabei u.a. auf psychoedukative Strategien, Medikamentenmanagement, Aufbau alternativer Verhaltensweisen, Suchtberatung und Rückfallprävention liegen. Prinzipiell sollte für jeden Patienten ein individuelles Störungs- und Behandlungsmodell erstellt werden, unter Berücksichtigung der Biographie, der aktuellen Lebenssituation, des familiären und sozialen Umfeld, sowie seiner Probleme und Ressourcen. Des Weiteren sollte der Ablauf der Intervention von der aktuellen Veränderungsphase des Patienten bestimmt werden. Weiterführende Literatur Therapiemanuale D’Amelio R, Behrendt B, Wobrock T (2006) Psychoedukation Schizophrenie und Sucht. Manual zur Leitung von Patienten- und Angehörigengruppen. München: Urban & Fischer (ISBN: 3-437 22756-4 Gouzolis-Mayfrank E (2003) Komorbidität Psychose und Sucht. Von den Grundlagen zur Praxis. Darmstadt: Steinkoff Roberts LJ, Shaner A, Eckman TA (Eds.) (1999) Overcoming Addictions. Skill Training for People with Schizophrenia. New-York, USA: W.W. Norton & Company Übersichtsbücher Graham HL, Copello A, Birchwood MJ, Mueser KT (Eds.) (2003) Substance Misuse in Psychosis. Approaches to Treatment and Service Delivery. West Sussex, England: Wiley Moggi F (Hrsg.) (2002) Doppeldiagnosen. Komorbidität psychischer Störungen und Sucht. Bern: Huber Moggi F & Donati R (Hrsg.) (2004) Psychische Störungen und Sucht: Doppeldiagnosen. Göttingen: Hogrefe Rosenthal RN, Westreich L (1999) Treatment of persons with dual diagnosis of substance use disorders and others psychological problems. In: McCrady BS & Epstein EE (Eds.) Addictions. A comprehensive Guidebook. New-York: Oxford University Press, 439-476 7 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] Psychoedukation, Rückfallmanagement und Rückfallphrophylaxe bei Patienten mit der Doppeldiagnose Psychose und Sucht: - Das GOAL-Programm (Gesund und Ohne Abhängigkeit Leben) (► Therapiemanual: D’Amelio R, Behrendt B, Wobrock T (2006) Psychoedukation Schizophrenie und Sucht. Manual zur Leitung von Patienten- und Angehörigengruppen. München: Urban & Fischer, Reihe: Im Dialog) Zielgruppe Das Programm: „Gesund und Ohne Abhängigkeit Leben“ wendet sich an Patienten mit einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit zusätzlichem Drogenkonsum und ist ein psychoedukativ-psychotherapeutisches Behandlungsprogramm zur Rückfallphrophylaxe und Rückfallmanagement. Die Patienten sollten möglichst die „Warnsignalgruppe“ (→ psychoedukative Gruppe bezüglich der schizophrenen Symptomatik) abgeschlossen haben. Des Weiteren sollten keine akuten Krankheitssymptome der Psychose mehr im Vordergrund stehen. Indikation Ziele Dauer Setting Behandlungsmodule Therapeutische Mitarbeiter Nachbetreuung Patienten mit der Doppeldiagnose schizophrene Psychose und Substanzkonsum Aufklärung über die negativen Interaktionen von Drogenkonsum und Verlauf der schizophrenen Psychose Vermittlung von Strategien und Fertigkeiten zum Rückfallmanagement und zur Rückfallprophylaxe bezüglich der Grunderkrankung und des Drogenkonsums 5 Wochen Ambulant, teilstationär oder stationär Behandlung erfolgt in verschiedenen indikativen Gruppen (s. u.) Möglichst geschlossene Gruppe(n) GOAL-Psychoedukation [10 Sitzungen, Frequenz 2x pro Woche] GOAL-Kreativ [5 Sitzungen, Frequenz 1x pro Woche] GOAL-Praxis [5 Sitzungen, Frequenz 1x pro Woche] GOAL-Sport [20 Sitzungen, Frequenz 4x pro Woche] Psychologischer Psychotherapeut Facharzt für Psychiatrie Sozialarbeiter/Sozialpädagoge Ergotherapeut Sporttherapeut Start nach Abschluss des 5-wöchigen GOALBehandlungsprogramms Offene Gruppe Frequenz 1x pro Woche Fortlaufender Modus Merkmale des GOAL-Behandlungsprogramms Ziele der Intervention 1.) Den Patienten soll über die kurz- und langfristigen Auswirkungen des Drogenkonsums, unter besonderer Berücksichtigung der schizophrenen Grunderkrankung, informiert werden. 2.) Beim Patienten soll die Entscheidung zur Abstinenz gefestigt werden. 3.) Der Patient soll lernen, rückfallgefährdende Situationen zu vermeiden. 4.) Der Patient soll Strategien erwerben, rückfallgefährdende Situationen zu bewältigen. 5.) Beim Patienten soll Verhalten angestoßen werden, das alternativ ist zum Drogenkonsum, gesund und die Lebenszufriedenheit erhöht (z. b. Sport, Hobbies, soziale Kontakte) 6.) Der Patient soll zu einer weiterführenden Behandlung der Psychose und der Drogenproblematik motiviert werden. 8 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] Setting und Dauer des GOAL-Programm Das GOAL-Programm dauert insgesamt 5 Wochen und ist stationsübergreifend angelegt: das bedeutet dass die Patienten im ambulanten (Institutsambulanz), stationären oder teilstationären (Übergangs- oder Tagesklinik) Rahmen am GOAL-Programm teilnehmen können. Ablauf und „Bausteine“ des GOAL-Programms Behandlungsmodul GOALPsychoedukation Umfang/ Frequenz 10 Sitzungen, 2x pro Woche Leitung/ Co-Leitung Leitung Psychol. Psychotherapeut oder Facharzt für Psychiatrie/ Co-Leitung Ergotherapeut, Sozialarbeiter GOAL-Praxis 5 Sitzungen, 1x pro Leitung Psychol. Psychotherapeut oder Woche Facharzt für Psychiatrie/ Co-Leitung Sozialarbeiter, Ergotherapeut GOAL-Kreativ 5 Sitzungen, 1x pro Leitung Ergotherapeut/ Co-Leitung Woche Sozialarbeiter, Psychol. Psychotherapeut oder Facharzt für Psychiatrie GOAL-Sport 20 Sitzungen, 4x pro Leitung Sporttherapeut/ Co-Leitung Woche Ergotherapeut, Psychol. Psychotherapeut oder Facharzt für Psychiatrie, Sozialarbeiter Nach Abschluss des 5-wöchigen GOAL-Behandlungsprogramms GOAL-Nachsorge Fortlaufend, 1x pro Leitung Psychol. Psychotherapeut Woche, offene Gruppe Co-Leitung Ergotherapeut Co-Leitung Sozialarbeiter Die Behandlung findet in einer geschlossenen Gruppe an vier verschiedenen Tagen pro Woche (Mo, Di, Do, Fr) statt: Montag 14-15 Uhr GOAL-Praxis 15.15-16 Uhr GOAL-Sport Dienstag 14-15 Uhr GOALPsychoeduaktion 15.15-16 Uhr GOAL-Sport Mittwoch Donnerstag 14-15 Uhr GOAL-Kreativ 15.15-16 Uhr GOAL-Sport Freitag 14-15 Uhr GOALPsychoedukation 15.15-16 Uhr GOAL-Sport Inhalt der einzelnen „Bausteine“ des GOAL-Programms GOAL-Psychoedukation Psychoedukative Gruppe mit Schwerpunkt auf Vermittlung von Wissen zum Zusammenhang von Suchmittelabusus und Exazerbation einer schizophrenen Psychose und der Vermittlung von Kompetenzen zur Rückfallverhütung und Rückfallmanagement: Sitzung 1 Sitzung2 Sitzung 3 Was will ich hier erreichen? Die Teilnehmer stellen sich untereinander vor und besprechen ihre Therapiemotivation und individuellen Sich auf Kurs bringen Therapieziele. Ich (mit und besser) Ohne Besprechung der individuellen Beweggründe für den Drogen Drogenkonsum. Des Weiteren können die Teilnehmer über ihre individuellen Erfahrungen mit und von den Wirkungen und Auswirkungen des Substanzkonsums berichten. Auswirkungen von Einführung des Konzeptes von Substanzmissbrauch als Drogenkonsum „ungesunde Gewohnheit“, die wieder verlernt bzw. durch gesundheitsdienliche Alternativen ersetzt werden kann. Bin ich wirklich süchtig? Besprechung der Merkmale von Missbrauch und Abhängigkeit von Suchtmittel. Bearbeitung von Kriterien für Missbrauch und dysfunktionalen Einstellungen zum Abhängigkeit von Drogen Suchtmittelgebrauch. 9 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] Sitzung 4 Warum auch noch Öl ins Vermittlung relevanter Fakten zum Thema Feuer gießen? schizophrene Psychose und über den Zusammenhang von Drogenkonsum und (negativen) Verlauf der Fakten zu Drogenkonsum Psychose. und Psychose Sitzung 5 Was mich in große Gefahr Analyse von Situationen und Stimmungen, die Rückfall bringt! gefährdend sind und Entwicklung von adäquaten Bewältigungs-Maßnahmen. Identifikation von Identifikation von internen und externen Triggern für Hochrisiko-Situationen und Drogenverlangen bzw. –Konsum und Besprechung von Alarm-Signalen Möglichkeiten zur Craving-Kontrolle. Sitzung 6 Einmal schadet nicht? Verdeutlichung des Unterschiedes zwischen einem „Ausrutscher“ und einem vollständigem Rückfall. Schadensbegrenzung bei Besprechung von Maßnahmen zur Begrenzung eines erneutem Drogenkonsum erneuten Substanzkonsums und zur schnellstmöglichen Wiederaufnahme der Behandlung. Sitzung 7 Zur schnellen Erinnerung! Auf der Notfallkarte, die als Erinnerungshilfe dient, werden - kurz und prägnant - die individuellen Erstellung einer Maßnahmen zur Begrenzung bzw. Bewältigung von persönlichen Notfallkarte Rückfallgefährdenden Momenten notiert. Der Patient und Benennung einer kann eine Person in seinem persönlichen Umfeld Vertrauensperson benennen, die keine Drogen konsumiert und sein Vertrauen genießt, so dass er relevante Themen mit ihr besprechen kann. Im Krisenfall (bezüglich der Psychose und/ oder des Drogenkonsums) soll sie den Patienten dazu bewegen bzw. darin unterstützen, schnellstmöglich therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sitzung 8 Alles was mir gut tut Es werden gesundheitsdienliche Aktivitäten und Erlebnisse besprochen, die dysphorische Gesundheitsförderliche Gefühlszustände verringern und Spaß und Genuss Aktivitäten, Hobbies und machen. Vorlieben Sitzung 9 Wirklich? Kurs halten! Mittels Erfahrungsaustausch und anhand einer PLUS MINUS Liste werden Nachteile des Drogenkonsums Abstinenz lohnt sich und Vorteile für ein dauerhaftes Leben ohne Drogen erarbeitet. Sitzung 10 Beste Wünsche fürs Leben Die Teilnehmer sollen sich in dieser letzten Sitzung von den anderen Gruppenmitgliedern verabschieden und Ausklang und diesen (und sich selbst) ihre „besten Wünsche“ für eine Verabschiedung drogenfreie Zukunft auszusprechen. Überblick über die Inhalte der einzelnen Sitzungen von GOAL-Psychoedukation GOAL-Praxis Anhand von geschilderten Erlebnissen der Patienten werden im Rollenspiel Fertigkeiten, Strategien und Verhaltensweisen geübt, die zur Rückfallprävention bzw. Schadensbegrenzung bei erneutem Substanzmissbrauch und zur Gestaltung von sozialen Kontakten dienlich sind. Stunde 1: Angebotene Drogen ablehnen Stunde 2: Dem Therapeuten eine Abstinenzverletzung mitteilen Stunde 3: Neuen Bekannten mitteilen, dass man Drogen genommen hat und nun „clean“ bleiben möchte Stunde 4: Mit dem Arzt Wirkung und Nebenwirkungen der Medikation kritisch besprechen, mit dem Ziel diese zu optimieren Stunde 5: Lob und Kritik äußern und entgegen nehmen Überblick über die Inhalte der einzelnen Sitzungen von GOAL-Praxis 10 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] GOAL-Kreativ In dieser Gruppe wird das Thema: „Leben mit und (besser) ohne Drogen“ mit kreativen und gestalterischen Mitteln bearbeitet. Stunde 1: "Alles ver-rückt hier - mein Erleben (in) der Psychose" Stunde 2: „Ich mit und ohne Drogen“ Stunde 3: „Alles was mir gefährlich werden kann“ Stunde 4: „Warum es mir Wert ist, clean zu bleiben“ Stunde 5: "So möchte ich gerne einmal leben - heute baue ich mein eigenes Haus" Überblick über die Inhalte der einzelnen Sitzungen von GOAL-Kreativ GOAL-Sport In dieser Gruppe soll mittels sportlicher Betätigung (Ausdauer, Krafttraining) eine Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und der sensomotorischen Koordination erreicht werden. Darüber hinaus sollen bei den Patienten Selbstwirksamkeitserwartung, Leistungsbereitschaft und Durchhaltevermögen verbessert werden. Psychoedukation für Angehörige im Rahmen des GOAL-Behandlungsprogramms Die Angehörigen von Patienten mit Doppeldiagnose benötigen ebenfalls wissenschaftlich fundierte Informationen, über Ursachen, Auswirkungen und Behandlungsmöglichkeiten der psychotischen Grunderkrankung und des Drogenkonsums. Darüber hinaus bedürfen die Angehörigen auch emotionaler Unterstützung bei der Bewältigung der psychosozialen Folgen der Erkrankung(en) ihres Familienmitgliedes. Des Weiteren können Angehörige als wertvolle „Co-Therapeuten“ im Rahmen einer Langzeitstabilisierung des Patienten wirken. Da sich die GOAL-Angehörigengruppe auf die Doppeldiagnose-Problematik konzentriert, sollten die Angehörigen nach Möglichkeit zuvor eine auf die schizophrene Psychose zentrierte psychoedukative Intervention besucht haben (z.B. Behrendt 2004). Im Rahmen des GOAL-Behandlungsprogramms wird den Angehörigen eine Betreuung im Gruppensetting angeboten. Die 9 Sitzungen der GOAL-Angehörigengruppe sind inhaltlich folgendermaßen aufgebaut: Sitzung 1 Begrüßung und Einführung Sitzung 2 Grundlegendes zur Psychose Sitzung 3 Grundlegendes zur Sucht und Suchtmittel Sitzung 4 Fakten zur Interaktion von Drogenkonsum und Psychose Sinnvolle Maßnahmen bei Rezidiven der Psychose und Rückfall bezüglich des Suchtmittelkonsum Sitzung 5 Sitzung 6 Auch mal an sich denken und sich etwas GUTES tun Sitzung 7 Weiterführende Hilfen und Behandlungsmöglichkeiten Vorstellung der Gruppenleiter und Teilnehmer, Klärung der Erwartungen und Wünsche, Darstellung des Organisatorischen (Zeitplan, generelles Vorgehen) Darstellung des Psychose- und Schizophrenie Begriffes; Klärung der Ätiologie von Psychosen (Umwelt und Vererbung) und des Verlaufes der Erkrankung; Erläuterung der medikamentösen und psychosozialen Behandlungsmöglichkeiten einer Psychose. Darstellen der Kriterien für den Missbrauch und der Abhängigkeit von Suchtmittel; Erläuterung der psychotrophen und somatischen Wirkung und Auswirkung von verschiedenen Suchstoffen; Darstellung der negativen Auswirkung von Drogenkonsum auf den Verlauf der Psychose. Klärung der Rolle der Angehörigen und Erläuterung von sinnvollen „Notfallmaßnahmen“ bzw. eines Krisenplans bei psychotischen Rezidiven und bei Drogen bedingten Rezidiven; Darstellen der Funktion einer Vertrauensperson. Was können die Angehörigen zu ihrer eigenen Gesundheitserhaltung bzw. Stabilität beitragen? Funktionaler Umgang mit Schuldund Schamgefühlen. Es werden regionale Hilfsangebote und Unterstützungsmöglichkeiten für Patienten und deren Angehörige dargestellt. 11 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] Sitzung 8 Klärung offener Fragen und Abschluss [Sitzung 9] Nachtreffen Besprechung offen gebliebener Fragen; Hinweis auf weiterführende Literatur; Rückmelderunde. Die Angehörigen berichten über Vorkommnisse und ihre Befindlichkeit seit dem Abschluss der Gruppe. Überblick über die Inhalte der einzelnen Sitzungen der GOAL-Angehörigengruppe In der folgenden Tabelle ist das GOAL-Behandlungsprogramm zusammenhängend in der ► 5Wochen-Übersicht dargestellt: MONTAG DIENSTAG GOALPsychoedukation GOALPraxis MITTWOCH DONNERSTAG FREITAG GOALKreativ GOALPsychoedukation (1) Alles verrückt hier – mein Erleben in der Psychose (2) Ich (mit und besser) Ohne Drogen Wirkungen und Auswirkungen von Drogenkonsum (2) Ich MIT und OHNE Drogen (4) Warum auch noch Öl ins Feuer gießen? Fakten zu Drogenkonsum und Psychose (3) Alles was mir gefährlich werden kann (6) Einmal schadet nicht? Schadensbegrenzung bei erneutem Drogenkonsum WOCHE 1 (1) Was will ich hier erreichen? Sich auf Kurs bringen (1) Angebotene Drogen ablehnen (3) Bin ich wirklich süchtig? - Kriterien für Missbrauch und Abhängigkeit von Drogen (2) Dem Therapeuten eine Abstinenzverletz ung mitteilen (5) Was mich in große Gefahr bringt! Identifikation von HochrisikoSituationen und Alarm-Signalen (3) Neuen Bekannten mitteilen, dass man Drogen genommen hat und nun „clean“ bleiben möchte (7) Zur schnellen Erinnerung! Erstellung einer persönlichen Notfallkarte und Benennung einer Vertrauensperson (4) Mit dem Arzt Wirkung und Nebenwirkunge n der Medikation kritisch besprechen, mit dem Ziel diese zu optimieren (9) Wirklich? Kurs halten! - Abstinenz lohnt sich (5) Lob und Kritik äußern und entgegen nehmen WOCHE 2 WOCHE 3 WOCHE 4 (4) Warum es mir Wert ist, clean zu bleiben (8) Alles was mir gut tut Gesundheitsförderliche Aktivitäten, Hobbies und Vorlieben (5) So möchte ich gerne einmal leben heute baue ich mein eigenes Haus (10) Beste Wünsche fürs Leben - Ausklang und Verabschiedung WOCHE 5 12 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] Auf den folgenden Seiten: finden sich eine Auswahl an ► Arbeitsmaterialien (Handouts) aus dem Therapiemanual: D’Amelio R, Behrendt B, Wobrock T (2006) Psychoedukation Schizophrenie und Sucht. Manual zur Leitung von Patienten- und Angehörigengruppen. München: Urban & Fischer (ISBN: 3-437-22756-4) 13 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] GOAL- Gesund und Ohne Abhängigkeit Leben Psychoedukation bei Psychose und Sucht Bin ich wirklich süchtig? NEIN JA Kriterien für den Missbrauch und der Abhängigkeit von Drogen 1. Bei mir besteht häufig ein starker Wunsch, Drogen zu konsumieren 2. Wenn ich einmal angefangen habe Drogen zu nehmen, kann ich nicht oder nur schwer damit aufhören 3. Wenn ich aufhören will mit dem Drogekonsum, fühle ich mich körperlich oder seelisch unwohl 4. Ich brauche immer mehr Drogen, um die gleiche bzw. eine angenehme Wirkung zu erzielen 5. Ich verbringe viel Zeit mit der Beschaffung und den Konsum von Drogen, so dass ich meine früheren Interessen, meine Freunde und Bekannten vernachlässige 6. Ich konsumiere weiter Drogen, obwohl bereits schädliche körperliche Folgen festgestellt worden sind oder ich mit dem Gesetz oder Menschen in meiner Umgebung in Konflikt geraten bin 7. Wenn ich Drogen nehme, kommen die Symptome meiner Psychose wieder oder werden stärker 8. Wenn ich Drogen nehme, dann nehme ich meine Medikamente nicht mehr so zuverlässig oder gar nicht mehr ein 9. Ich wurde wegen der Psychose oder des Drogenkonsums schon mehrfach in einer Klinik behandelt Bitte schätzen Sie sich selbst ein: Schaden mir Drogen? JA NEIN Bin ich abhängig von Drogen? JA NEIN 14 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] Psychoedukation bei Psychose und Sucht: 3. Sitzung / Handout 3.1 GOAL – Gesund und Ohne Abhängigkeit Leben Psychoedukation bei Psychose und Sucht Warum auch noch Öl ins Feuer gießen? Der Begriff „Psychose“ bezeichnet eine psychische Erkrankung, bei der es zu Veränderungen im: Denken – Empfinden – Wahrnehmen und Erleben kommt. Dadurch kann der Bezug zur Realität vorübergehend oder zeitweise verloren gehen. Typische Krankheitszeichen einer Psychose sind zum Beispiel: Die ansonsten vertraute Umwelt wird verändert oder fremd wahrgenommen Man bezieht Ereignisse in der Umgebung auf sich Man fühlt sich beobachtet oder verfolgt Man hört oder sieht etwas, was alle anderen nicht wahrnehmen. Die Ursachen einer Psychose sind bislang nicht eindeutig zu bestimmen. Verantwortlich dafür können ► erbliche Faktoren, ► ungünstige Lebens- und Umweltbedingungen sein, wie auch ► komplizierte Wechselwirkungen zwischen diesen Faktoren sein. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Vulnerabilität, d.h. einer gewissen Veranlagung oder Empfindlichkeit zur Entwicklung einer Psychose. Das bedeutet noch lange nicht, dass eine Psychose bei vorliegender Vulnerabilität oder Veranlagung auch ausbrechen muss. Zum Ausbruch einer Psychose kommt es oft dann, wenn die eigenen Bewältigungsstrategien (z.B. bei Stress oder anderen Lebensbelastungen) nicht ausreichen, unangemessen sind oder zu spät eingesetzt werden. Darüber hinaus ist zu betonen, dass der Konsum von Drogen oder Alkohol ein wesentlicher Risikofaktor für das Erstauftreten und der Wiedererkrankung an einer Psychose darstellt. Bei einer entsprechenden Vulnerabilität ist das so, als würde man noch zusätzlich ► Öl ins Feuer gießen und damit das Feuer noch zusätzlich „anheizen“. Viele Suchtmittel führen direkt zu einem Ausbruch der Psychose, da sie ► den Hirnstoffwechsel negativ verändern. Darüber hinaus führen viele Suchtmittel auch indirekt zu einem Ausbruch der Psychose, weil sie ► die Schutzwirkung von Medikamenten herabsetzen oder einen dazu bringen, diese ► schützenden Medikamente nur noch unregelmäßig bzw. gar nicht mehr einzunehmen. Des Weiteren führt fortgesetzter Konsum von Drogen- und Alkohol mittel- bis langfristig zu schwerwiegenden körperlichen (► z.B. Schädigung des Gehirns, der Leber, der Schleimhäute) und psychischen (► z.B. Schwierigkeiten sich zu konzentrieren und sich etwas zu merken) Folgeschäden. Dadurch können wichtige Lebensziele in Ausbildung, Beruf und Partnerschaft nicht erreicht werden. Weiter Drogen nehmen? Abstinent leben? 15 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] Psychoedukation bei Psychose und Sucht: 4. Sitzung / Handout 4.1 GOAL – GESUND und OHNE Abhängigkeit Leben Psychoedukation bei Psychose und Sucht Zukunfts-Werkstatt: Ich hab noch einiges vor! Kann ich meine Lebensziele auch MIT Drogen erreichen? nur MIT weil... nur OHNE weil... Weiter Drogen nehmen? Abstinent leben? Psychoedukation bei Psychose und Sucht: 6. Sitzung / Handout 6.1 16 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] GOAL – GESUND und OHNE Abhängigkeit Leben Psychoedukation bei Psychose und Sucht Gefahrenabwehr – sich in Sicherheit bringen! Was kann ich tun, um abstinent zu bleiben? Ich achte auf Alarmsignale und vermeide mich in Gefahr zu bringen wenn ich in einer Hochrisiko-Situation bin, dann achte ich darauf, so schnell wie möglich die Risikosituation zu verlassen Motto: „Immer umkehren und weggehen wenn ich in einer gefährlichen Situation bin!“ Was kann ich tun, um einen Rückfall schnell zu stoppen, so dass er ein „Ausrutscher“ bleibt? Wenn ich Drogen nehme, dann stoppe ich die Drogeneinnahme so früh wie möglich, bevor sie weiteren Schaden an meiner Gesundheit, meinen Beziehungen oder an meinen Finanzen verursacht. Ich spreche mit meiner Vertrauensperson und mit meinem Therapeuten und nehme schnell die Behandlung wieder auf Ich bespreche den Ausrutscher in der Gruppe/ mit meinem Therapeuten und versuche herauszufinden, wie ich ihn das nächste Mal vermeiden kann. Die Erfolgsleiter... Alles tun, um GESUND zu bleiben Bei Alarmsignalen sofort GEGENSTEUERN Hochrisiko-Situationen VERMEIDEN oder VERLASSEN Bei Ausrutschern sofort AUFHÖREN, Drogen zu nehmen Vollständiger Rückfall Psychoedukation bei Psychose und Sucht: 6. Sitzung / Handout 6.2 17 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] GOAL – GESUND und OHNE Abhängigkeit Leben Psychoedukation bei Psychose und Sucht Der Vertrag mit einer Vertrauensperson Ich: _______________________________ schließe mit meiner Vertrauensperson: ___________________________________ folgenden Vertrag ab. Falls ich wieder Drogen konsumiere verpflichte ich mich: Den Drogenkonsum unverzüglich stoppen Diese Hochrisiko-Situation sofort verlassen Meine Vertrauensperson darüber informieren, mich schnellstmöglich mit ihr zu treffen und mit ihr über den Ausrutscher sprechen Mit meiner Vertrauensperson zusammen zu überlegen, was zu dem Rückfall geführt hat und wie ich das in Zukunft vermeiden kann Mit meinem Arzt/ Therapeuten zu sprechen und meine Therapie wieder aufzunehmen Mir Mut zu machen und mir zu sagen: „Du schafft es!“ Meine Vertrauensperson verpflichtet sich: Mir dabei zu helfen, den Drogenrückfall schnellstmöglich zu beenden Mich dabei zu unterstützen, herauszufinden warum und wie es zu diesem Rückfall gekommen ist Mich dabei unterstützen, meinen Arzt/ Therapeuten zu kontaktieren und meine Therapie wieder aufzunehmen ___________________ Datum ____________________ Unterschrift der Vertrauensperson ____________________ Ihre Unterschrift Psychoedukation bei Psychose und Sucht: 7. Sitzung/ Handout 7.1 18 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] GOAL- Gesund und Ohne Abhängigkeit Leben Die Rolle von angenehmen Erlebnissen +Aktivitäten bei der Bewältigung von Stress: Liste Positiver Verstärker Was? Aktivitäten/ Erlebnisse Wie gerne? Nicht Etwas Sehr Wie häufig? Nie Selten Oft Kontakt & Geselligkeit • Mit jemanden zusammen sein, den man mag • Mit den Kindern spielen • Unternehmungen/ Ausflüge mit der Familie • Besuche machen/ Besuche empfangen • Auf Feste gehen/ Feiern ausrichten • Geschenke machen/ bekommen • Mit Freunden über ein persönliches Anliegen bzw. Problem reden • Mit dem Partner über Organisatorisches sprechen • Den eigenen Standpunkt vertreten • Kritik äußern/ Die Meinung sagen • Jemandem helfen • Jemanden anlächeln/ loben • Für jemanden etwas Besonderes tun • Einen Vertrauten um Rat/ Hilfe bitten • Ein Kaffee/ Lokal besuchen • In einem Verein mitarbeiten/ sich gemeinnützig engagieren • Gesellschaftsspiele • • • • • • • • • • • ............................................................... ............................................................... ............................................................... ............................................................... Für sich sein Zeitung/ Ein gutes Buch lesen Tagebuch/ Briefe schreiben Entspannen/ Pause machen Sauna/ Massage/ Ein Bad nehmen Den nächsten Urlaub planen Positive Zukunftspläne schmieden Tagträumen/ Meditieren Durch die Stadt bummeln Ein persönliches Problem lösen 19 Studienbrief: Doppeldiagnose Psychose und Sucht – Version 2009 Psych. Psychotherapeut R. D’Amelio, Universitätskliniken des Saarlandes, 66421 Homburg/ Saar, email: [email protected] GOAL- Gesund und Ohne Abhängigkeit Leben Die Rolle von angenehmen Erlebnissen +Aktivitäten bei der Bewältigung von Stress: Liste Positiver Verstärker Was? Wie gerne? Aktivitäten/ Erlebnisse • • • Ein Nickerchen machen/ Ausschlafen Musik hören Sich etwas zum Geschenk machen • ............................................................... ............................................................... ............................................................... ............................................................... • • • • • • • • • • • Hobbys ausüben Sich sportlich betätigen Sportveranstaltungen besuchen Gartenarbeit Sachen sammeln Basteln/ Heimwerken Sich künstlerisch betätigen Einen Kurs bei der VHS besuchen Besuch von Museum/ Theater/Kino/ Konzert/ Kunstsammlung/ Vortrag Tanzen gehen • ............................................................... ............................................................... ............................................................... ............................................................... • • • • • • • • • • Im Freien sein Spazierengehen/ Wandern Radfahren/ Laufen/ Schwimmen In der Sonne sitzen Pflanzen pflücken/ An Blumen riechen Eine schöne Aussicht genießen Barfuss laufen/ Durchs Wasser waten In den Himmel schauen Im Gras liegen Naturgeräuschen zuhören • ............................................................... ............................................................... ............................................................... ............................................................... • Nicht Etwas Wie häufig? Sehr Nie Selten Oft 20