Handlungskonzepte für Menschen mit einer Doppeldiagnose

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Workshop III
Handlungskonzepte für Menschen mit einer
Doppeldiagnose, Sucht und Psychose
Abi Joseph MB,BS
FA für Psychiatrie und Psychotherapie
Suchtmedizin, Notfallmedizin
Begriffsbestimmung
Doppeldiagnose
„Der haltlose Schizophrene wird leicht Trinker. Wohl
zehn Prozent unserer Alkoholiker sind zugleich
Schizophrene.“
(Bleuler 1911)
Begriffsbestimmung
Doppeldiagnose
• Gleichzeitiges Vorkommen einer Substanzstörung und einer
psychischen Störung.
• „Der Begriff Doppeldiagnose bezeichnet das gemeinsame
Auftreten eines Mißbrauchs oder einer Abhängigkeit von einer
oder mehreren psychotropen Substanzen und mindestens
einer anderen psychischen Störung bei einem Patienten“.
(Moggi und Donati 2004)
Begriffsbestimmung
Komorbidität
• Das gleichzeitige Bestehen von zwei oder mehreren
Krankheitsbildern
• Modelle gemeinsamer Faktoren
• Genetische Faktoren
• Antisoziale Persönlichkeit (APS)
voneinander unabhängige und spezifische
Risikofaktoren (i.S. einer Vulnerabilität), die
gleichermaßen in einem Individuum vorhanden
sind und die Wahrscheinlichkeit zur Entwicklung
beider Störungen erhöht
D´Amelio (2009) Doppeldiagnose Psychose und Sucht
• Modelle gemeinsamer Faktoren
• Genetische Faktoren
• Antisoziale Persönlichkeit (APS)
D´Amelio (2009) Doppeldiagnose Psychose und Sucht
Risikofaktor Droge
• Cannabiskonsumenten, haben ein zwei- bis vierfach
höheres Risiko an einer Schizophrenie zu erkranken
• Außer für die Alkoholabhängigkeit (ca. fünf Prozent der
Männer und zwei Prozent der Frauen) gibt es für die
meisten abhängigkeitsfördernden Substanzen noch keine
zuverlässigen Daten
Modelle der sekundären Suchtentwicklung
Selbstmedikationshypothese
• Aktuelle Studienlage spricht dagegen
• Substanzmißbrauch geht meist den Ausbruch der
Psychose voraus
• Psychologische und soziodemographische Merkmale
unterscheiden sich nicht von
Durchschnittspopulation (jung, männlich, impulsiv, geringe
Bildung, sensation seeking)
• Konsumverhalten unabhängig von Fluktuation der
schizophrenen Symptomen spricht gegen
Selbstmedikation
Gouzoulis-Mayfrank, Nervenarzt 7, 2004: 642-650
Modelle der sekundären Suchtentwicklung
Affektregulationsmodell
•
ähnliche Persönlichkeitsdimensionen und
eigenschaften bei Gesunden und Präschizophrenen die zur Sucht
prädisponieren
(jung, männlich, impulsiv, geringe Bildung, sensation seeking)
•
Schizophene zeigen vor Ausbruch der Psychose vermehrt
negative Affektivität, Neurotizismus, Impulsivität,
Stressintoleranz, defizitäre Copingstrategien
•
Suchtmittelkonsum als Möglichkeit zur Dysphorieverringerung
(Angst und depressive Symptome, Langeweile, Einsamkeit oder durch Neuroleptika
induzierte Syndrome)
Gouzoulis-Mayfrank, Nervenarzt 7, 2004: 642-650
Modelle sekundärer Substanzstörung
• Dysphorieregelung- betroffene habe auf der Verhaltens-,
womöglich auch auf der neurobiologischen Ebene eine gestörte
Fähigkeit zur Selbstregulation
• Iatrogene Vulnerabilität- Medikamente, v.a. D2 Antagonisten
beeinträchtigten (vermindern) die
Aktivität des durch Dopamin mediierten Belohnungssystems,
dies macht die Pat. Vulnerabel für die Einnahme exogener
Glückmacher
• Dysphorieverringerung- niedrige Toleranz gegenüber
„negativen“ bzw. dysphorischen Gefühle. Suchtmittelkonsum ist
eine Möglichkeit um Dysphorie bzw. Depression zu mildern.
D´Amelio (2009) Doppeldiagnose Psychose und Sucht
Psychose und Sucht
• Lifetimeprävalenz 47% für Mißbrauch / Abhängigkeit von
Alkohol oder anderen Substanzen (NIH Stichprobe von >20.000
Personen aus epidemiologic catchment area)
• 55-70% bei schizophrenen Patienten aus Kliniken und
komplementären Einrichtungen
• 23-37% bereits bei psychotischer Erstepisode
Gouzoulis-Mayfrank, Nervenarzt 7, 2004: 642-650
Komorbiditäten bei Borderline-PS
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Affektive Störungen 84,5%
Major Depression 83%
Substanzmissbrauch 64,4%
Drogenmissbrauch/-abhängigkeit 40,6%
Alkoholmissbrauch/-abhängigkeit 36,1%
Dysthymie 22,5%
Psychotische Störungen 12,8%
Bipolar II 1,3%
Quelle: Freiburg-Mannheimer Epidemiologie-Studie
Lifetime Achse I – Komorbiditäten bei
Borderline-PS
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Angststörungen 89,8%
PTSD 48,2%
Soziale Phobie 42,6%
Panikstörung 22,5%
Zwangsstörung 22,1%
Agoraphobie 18,7%
Spezifische Phobie 16,3%
Generalisierte Angststörung 8,5%
Noradrenalin ?
Dopamin
Kontrollverlust,
GABA/ Glutamat
Genuß,
Gewohnheit
Prägende
Erinnerungen
Freude
Impulsivität
Positiven
Aspekte
Leid Minderung
Verlangen,
Craving
Zwang
Neue
Kognitionen
Dopamin
Endorphine
Serotonin
Modifiziert nach Nutt 2012
Nikotin
Alkohol
+
Alkohol
Opioid
Peptid
-
Opiate
GABA
Glutamat vom Cortex
Stimulanzien
-
Nucl. Acc.
+ D1A
D2A
Alkohol
DA
+
Nikotin
Glutamat
z.B. von der Amygdala
NMDA
+
Cannabis
Alkohol
PCP
Neurobiologie
• Dopamin ist nicht für alles im Suchtsystem verantwortlich
Dennoch
• Abhängige haben ein unterfunktionales Belohnungssystem
und sind dauerhaft in einem Zustand der Anhedonie
• Abhängige haben weniger Dopamin Rezeptoren
• Ober- / Unterschicht Theorie (Nader et al 2010)
• Entgiftete Alkoholiker sind Dopamin depletiert
• Läsionen im Nucleus suprathalamicus mindern Drang zum
Konsum
• Dopaminagonisten verbessern diesen Zustand
(Z. B. Bromocriptin, Disulfiram)
Störung
des
Gehirns
Störung
des
Willens
eine Erfolg versprechende Doppeldiagnose
Behandlung erfordert ein besonderes
Behandlungssetting
1.
2.
3.
4.
dem Problem angemessen
konsistent
flexibel
spaltungsresistenten
Prognose relevanten Typen von
Doppeldiagnose
Typ I
Schwere Substanzstörung,
hohe psychopathologische
Belastung
Typ III
Schwere Substanzstörung,
geringe psychopathologische
Belastung
Typ II
Leichte Substanzstörung,
hohe psychopathologische
Belastung
Typ IV
Leichte Substanzstörung,
geringe Psychopathologische
Belastung
Nach Rosenthal und Westreich 1999
Doppeldiagnose als Systemsprenger
• Hilfesystem Großteiles zweispurig aufgebaut,
entweder Sucht oder Psychiatrie
• Wo setzt man die Priorität bei 2 sich gegenseitig
verschlechternden Probleme?
• Was ist das Ziel?
Abstinenz?
Affektstabilisierung?
Psychose Remission?
Schadensbegrenzung?
Besondere Probleme in der Arbeit mit Betroffenen
•
besonders anfällig für negative Affekte und
interpersonelle Schwierigkeiten
Bildquelle: http://www.google.de/imgres?q=take+home+message
Besonderheiten beim Borderline Patienten
• Selbsthass, negatives Selbstbild, dysfunktionale / negative
Selbstattributionen und Verhaltensweisen, Selbstschädigung
usw. (Kompensationsversuche)
• Dysfunktionale Überzeugungen müssen vordringlich
modifiziert werden
Dysfunktionale Verhaltensmuster und Syndrome
bei DD / PKS
•
•
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•
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•
Impulskontrollverlust
Kognitive Störungen
Psychose / Dissoziation
Fremdaggression
Selbstverletzungen
Hochrisikoverhalten
Suizidphantasien
Substanzmißbrauch
Bildquelle: http://www.borderline-plattform.de/images/stories/bilder/Borderline1.jpg
Besondere Probleme in der Arbeit mit Betroffenen
•
Verursachen viele Belastungen in der
therapeutischen Beziehung
z. B. Umgang mit Rückfällen
Bildquelle: http://www.google.de/imgres?q=take+home+message
Besondere Probleme in der Arbeit mit Betroffenen
•
Erfordern mehr Zeit, Geduld und klinische
Fertigkeiten
Bildquelle: http://www.google.de/imgres?q=take+home+message
Integrative Behandlungsansatz
• Berücksichtigt heterogene Patientengruppe
• Hier wäre eine Standardisierte Therapie kaum
Erfolgsversprechend
• Individuell zugeschnittene Beratungs-, Therapie- und
Rehabilitationsangebote erforderlich
• Interventionen müssen beide (oder mehr) Störungen
berücksichtigen
Mueser und Kavanagh 2001
Gestufte integrative Behandlung von
Patienten mit DD
• Aufbau einer Behandlungsallianz
• Überzeugung
• Aktive Behandlung
• Rückfallprävention
Moggi et al 1996, 1999, 1992
Doppelfokusschematherapie (DFST)
• Entwickelt aus der Schematherapie und der DBT
• 24 wöchige manualisierte individuelle Therapie
• Symptomfokusierte Techniken
• Schemafokusiert für maladaptive Schemata und
Bewältigungsstile
Ball & Young 1998
DBT-S
• Berücksichtigt die chronische Suizidalität
• Störung der emotionalen Regelung
• Vielfältige dysfunktionale Verhaltensweise
1.
2.
3.
4.
5.
Förderung der Therapiemotivation
Erwerb und Anwendung von Skills
Trainieren und Anwenden der neu gelernten Verhaltensweisen
Veränderung der Alltagsgewohnheiten und Umfeld
Erhalt der Motivation des Therapeuten, Vermeidung von
„Burn-out“
Hinweise zur Behandlung PKS + Sucht
• Schwerpunkt der Therapie liegt in der Behandlung der
Persönlichkeitsstörung
• Stabile Beziehung aufbauen und bei Schwierigkeiten jeglicher
Art verlässlich aufrechthalten (z.B im Umgang mit Rückfällen)
• Funktionalität des Verhaltens auf dem Hintergrund der PKS
sehen
Hinweise zur Behandlung PKS + Sucht
• Angst vor Veränderung berücksichtigen, Geduld und Vertrauen
in langfristige Perspektive aufbringen
• An Ressourcen des Rehabilitanden orientieren
• Höhere Rückfallgefahr nach der Therapie als Rehabilitanden
ohne DD
Hinweise zur Behandlung PKS + Sucht
Faktor Therapeut
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•
•
korrektes Verhalten
Zuverlässigkeit
Pünktlichkeit
Gegenübertragung beachten
Moggi & Donati 2004
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit
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