Übungen zur Mathematik für Physiker I Der Banachsche Fixpunktsatz Kai Gehrs [email protected] 17. Dezember 2003 Es sei D ⊆ C eine nichtleere, abgeschlossene Teilmenge der komplexen Zahlen und es sei T : D → C eine stetige lineare Abbildung mit T (D) ⊆ D. Es gebe ein q < 1 mit |T (x) − T (y)| ≤ q · |x − y| für alle x, y ∈ D (man sagt: T ist eine “Kontraktion” auf D). Sei x0 ∈ D und (xn ) die über xi+1 := T (xi ) für alle i ≥ 0 rekursiv definierte Folge. (i) Zeige per Induktion nach n, dass gilt: |xn+1 − xn | ≤ q n · |x1 − x0 |. (ii) Zeige mit Hilfe der Dreiecksungleichung, dass für alle x, y ∈ D gilt: |x − y| ≤ (|T (x) − x| + |T (y) − y|). 1 1−q · (iii) Betrachte die “Fixpunktgleichung” T (x) = x für beliebige x ∈ D. Zeige, dass unter Voraussetzung, dass eine Lösung x ∈ D existiert, diese eindeutig sein muss. Nehme dazu an, es gebe neben x ∈ D mit T (x) = x noch ein y ∈ D mit T (y) = y. Folgere dann mit Hilfe von (ii), dass x = y gilt. (iv) Zeige, dass es stets eine Lösung von T (x) = x in D gibt (mit Teil (iii) folgt dann die Eindeutigkeit der Lösung). Verwende dazu die in (i) und (ii) gezeigten Abschätzungen zum Nachweis, dass (xn ) eine Cauchy-Folge ist und folgere daraus die Existenz einer Lösung von T (x) = x. (v) Sei x ∈ D die eindeutig bestimmte Lösung von T (x) = x. Zeige mit Hilfe von (ii) 1 · |xn+1 − xn | für alle n ∈ N (hier ist keine Induktion die Ungleichung |xn − x| ≤ 1−q qn · |x1 − x0 |. nötig). Zeige dann mit Hilfe von (i), dass gilt |xn − x| ≤ 1−q Das bewiesene Resultat findet sich in der Literatur auch als der “Banachsche Fixpunktsatz”. Musterlösung: (i) Für n = 0 ist die Behauptung korrekt. Die Behauptung gelte also für den Index n. Dann folgt: |xn+2 − xn+1 | = |T (xn+1 ) − T (xn )| ≤ q · |xn+1 − xn | ≤ q · q n · |x1 − x0 |, 1 also die Behauptung. (ii) Aus x−y = (x−T (x))+(T (x)−T (y))+(T (y)−y) folgt mit Hilfe der Dreiecksungleichung für die Norm in C: |x − y| ≤ |x − T (x)| + |T (x) − T (y)| + |T (y) − y| ≤ |x − T (x)| + q · |x − y| + |T (y) − y| für alle x, y ∈ D. Aus der letzten Ungleichung erhalten wir durch elementare Umformungen die Darstellung 1 · (|T (x) − x| + |T (y) − y|) |x − y| ≤ 1−q für alle x, y ∈ D. (iii) Sind x, y ∈ D Lösungen mit T (x) = x und T (y) = y, so liefert die Ungleichung aus (ii) |x − y| = 0, also x = y liefert. (iv) Setzen wir ferner in der Ungleichung aus (ii) x = xn+p und y = xn für p, n ∈ N, so gilt mit (i) 1 · (|xn+p+1 − xn+p | + |xn+1 − xn |) 1−q 1 ≤ · (q n+p + q n ) · |x1 − x0 | ≤ C · q n 1−q |xn+p − xn | ≤ 1 −x0 | mit C = 2·|x1−q . Also ist (xn )n∈N eine Cauchy-Folge (wegen q < 1 gilt C · q n → 0 für n → ∞). Da in C jede Cauchy-Folge konvergiert, besitzt sie einen Limes x in C. Da (xn )n∈N ⊆ D und D abgeschlossen ist, folgt sogar x ∈ D. Wegen xn → x folgt mit der Stetigkeit von T gerade T (xn ) → T (x) und per Definition der Folge T (xn ) = xn+1 → x, also T x = x und x ist der gesuchte Fixpunkt in D. (v) Für die erste behauptete Ungleichung setzt man x = xn und y = x in (ii). Die zweite behauptete Ungleichung folgt dann aus der ersten mit Hilfe von (i). 2