Vorlesung 6. Populationsgenetik Nichtzufällige Paarung und Inzucht Nonrandom Mating and Inbreeding Drei Formen nichtzufälliger Paarung: • 1) (Positiv-)Assortative Paarung -- Paarung ähnlicher Phänotypen • 2) Nicht-Assortative Paarung -- Paarung unähnlicher Phänotypen • 3) Inzucht -- Inbreeding (Paarung von Verwandten) Effect auf Genotyp- und Allelfrequenzen? • Assortative Paarung: hängt von der genetischen Basis des Phänotypen der für die Partnerwahl verantwortlich ist, ab. Keine allgemeine Aussage möglich. • Inzucht: da Verwandte zum Teil Träger gleicher Gene sind, können wir allgemeine Aussagen über den Effekt auf Genfrequenzen machen. Inzucht hat 3 Konsequenzen Konsequenz 1 • Nachkommen sind mit höherer Wahrscheinlichkeit homozygot … • weil das gleiche Allel von beiden Eltern stammen kann. Definition: Identität durch Abstammung Zwei Allele sind… • identisch in Zustand (identical by state, IBS): wenn DNA-sequenzen identisch sind zB: Inzucht im Stammbaum A1* A2 A1 A2 A1* A1 A1* A2 A1* A1* Definition: ein Genotyp ist • homozygot wenn er zwei Allele die identisch im Zustand sind, hat • autozygot wenn er zwei Allele die identisch in Abstammung sind, hat • Identisch durch Abstammung (identical by descent, IBD): wenn zwei Allele vom gleichen Elternchromosom abstammen und deswegen identisch sind Inzucht erhöht die Homozygosität durch hinzufügen von mehr autozygoten Individuen zur Population … innerhalb einer bestimmten Zahl von Generationen! (zB 1, 5, 10 Generationen) 1 Inzuchtkoeffizienten F Konsequenz 2 • F = die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Allele in einer Population IBD sind • Genotypfrequenzen weichen von H-W ab • F = die Wahrscheinlichkeit, dass ein Individuum autozygot ist • Immer weniger Heterozygote und mehr Homozygote als unter H-W • F geht von 0 bis 1 • F = 0 -- keine Inzucht (H-W) • F = 1 -- extreme Inzucht (selbsbefruchtende Pflanzen) Berechnung von Genotypfrequenzen Definition: Auto- und Allozygote Zwei Allele sind… • Freq. allozygote Allele + autozygote Allele • Autozygote Allele: Identisch durch Abstammung (identical by descent, IBD) • Allozygote Allele: nicht IBD (aber vielleicht identisch in Zustand, identical by state) Genotypfrequenzen allozygote Allele p2 2pq q2 A1A1 autozygote Allele A1A1 p2 (1 - F) A1A2 2pq (1 - F) A2A2 q2 (1 - F) A2A2 q pF + qF p2 (1-F) + p F A1 A2 H = 2 p q (1-F) A2 A2 Q = A2A2 + Genotypenfrequenzen mit Inzucht A1 A1 P = p A1A2 1-F A1A1 q2 (1-F) + q F Inzucht verringert Heterozygosität F = 0 --> H-W F F = 1 --> P = p, H = 0, Q = q 2 Änderung der Allelfrequenzen? • p = freq(A1) = A1A1 + (1/2) A1A2 = p2 (1 - F) + p F + (1/2) 2 p q (1-F) Abnahme der Heterozygosität bei Inzucht HI = 2 p q (1-F) (Inzucht) H0 = 2 p q (HWG) H0 - HI F = H0 =p Inzucht ändert nicht die Allelfrequenzen HI =1 - 2pq Inzucht bei endlicher Populationsgröße Wähle 2 Allele zur Zeit = t+1 F mißt die Verringerung der Heterozygosität in einer Population mit Inzucht in Vergleich mit einer zufällig sich paarenden Population mit den gleichen Allelfrequenzen. Änderung in F • die gesamte Variation geht verloren. t-1 • F t+1 = IBD t + nichtIBD t = 1 2N + ( 1- 1 2N F ) Ft 1 t Zeit Am Ende sind alle Allele mit einem einzelnen anzestralen Allele IBD wenn F 0 = 0, dann ( F t+1 = 1 - 1 - 1 2N t+1 t+1 ) 1 Familienstammbaum: Berechnung des Inzuchtkoeffizienten i i i i m : mögliche Pfade ni : Zahl der Vorfahren in Pfad i Berechnungsweise • Beginne mit einem konventionellen Stammbaum, um Individuum I zu erzeugen • Identifiziere alle “gemeinsamen Vorfahren” der beiden Eltern von I. Jeder Vorfahre der ein Vorfahre beider Eltern ist, ist ein “gemeinsamer Vorfahre” FCAi : Inzuchtkoeffiezient des gemeinsamen Vorfahren (CA = Common Ancestor) in Pfad i 3 Berechnungsweise • Wähle einen gemeinsamen Vorfahren. Kennzeichne die Pfade der Gameten vom gemeinsamen Vorfahren zu I. • Verfolge den Pfad der Gameten von einem Elternteil zum gemeinsamen Vorfahren und zurück zum zweiten Elternteil von I. Berechnungsweise • Berechne die Wahrscheinlichkeit der Weitergabe des gleichen Allels auf jedem der beiden Pfade. Das ist gewöhnlich 1/2 für jeden Schritt, auf Grund der Mendelschen Spaltung. Berechnungsweise • Der gemeinsame Vorfahre A könnte auch ingezüchtet sein. Die Wahrscheinlichkeit autozygote zu sein ist FA. • Deswegen müssen die Pfade um A separat berechnen werden. 1 2 Berechnungsweise • Wenn es mehr als einen gemeinsamen Vorfahren gibt, wiederhole die Berechnung für jeden separat. • Summiere die Wahrscheinlichkeiten für alle gemeinsamen Vorfahren um die Gesamtwahrscheinlichkeit zu erhalten. • Pfade von unterschiedlichen gemeinsamen Vorfahren schließen einander aus, weil wenn I autozygot für ein Allel von A ist, kann es nicht autozygot für ein Allel von B sein. 5 ( 1 + FA ) Beispiel 1 Bruder - Schwester Paarung • 2 Pfade! • 2 mögliche gemeinsame Vorfahren! A & B 4 Berechnungsweise Beispiel 2 Cousins ersten Grades A B C D • Die Gesamtwahrscheinlichkeit der Autozygosität in I, durch das von A geerbte gleiche Allel, ist … i F E i H G m : mögliche Pfade ni : Anzahl der Vorfahren von I auf dem ganzen Pfad i • 2 Pfade! • 2 mögliche gemeinsame Vorfahren! A & B FCAi : Inzuchtkoeffiezient des gemeinsamen Vorfahren (CA = Common Ancestor) in Pfad i Berechnung von F von Stammbäumen Beispiel 3 Verhältnis ?? ?? ?? ?? A B Onkel-Nichte, Tante-Neffe 1/8 Cousins ersten Grades 1/16 First cousins once removed D C F 1/32 Second cousins 1/64 Second cousins once removed 1/128 third cousins 1/256 I Annahme: FA = 0 Homo sapiens: Häufigkeit von Ehepaaren aus Cousins erster Ordnung in der Gesamtbevölkerung Ehen zw. Cousins • Frankreich Ehen unter Blutsverwandten in Frankreich Populations F 1.3% 0.001 • Indien (A.P.) 16.6% 0.019 • Japan 6% 0.005 • USA 1% 0.001 F x 105 1926-1930 1956-1958 5 Konsequenz 3 • Erhöhtes auftreten negativer Merkmale • zB: “Inzuchtdepression”, eine Abnahme der Fitness zwischen ingezüchteten Individuen • --Rezessive Allele, verminderte Lebensfähigkeit, Fruchtbarkeit Mukais Experiment mit Drosophila wenn heterozygot wenn homozygot Messung der Inzuchtdepression bei Drosophila • Experiment von T. Mukai • Feldaufsammlung von Drosophila • Durch Kreuzungsexperimente, wurde ein Homolog des Chromosoms 2 von jedem Individuum in den selben genetischen Hintergrund eingekreuzt. • Die Überlebensfähigkeit wenn dieses Chromosom heterozygot auftritt wurde gemessen • Die Überlebensfähigkeit wenn dieses Chromosom homozygot auftritt wurde gemessen Erbkrankheiten verursacht durch recessive schädliche Allele • Diese Krankheiten treten häufiger bei Kindern verwandter Eltern auf, als bei Kindern aus der allgemeine Population Verteilung der Lebensfähigkeit von Chromosomen (het vs. homo) Häufigkeit von Ehepaaren aus Cousins erster Ordnung bei rezessiv vererbten Krankheiten Effekt der Blutsverwandtschaft 1.0 0.5 q = 0.001 Häufigkeit von 0.1 Ehen zwischen Cousins unter den Eltern betroffener 0.01 Kinder q = 0.01 (log Skala) 0.001 0.01 0.1 1.0 0.02 Häufigkeit von Ehen zwischen Cousins in der allgemeine Population (log Skala) 6 Konsequenz 3 • Recessive Erbkrankheiten treten wesentlich häufiger in Ehen zwischen Verwandten auf, als in der allgemeinen Population. • Dieser Effekt ist umso ausgeprägter, je seltener die Krankheit ist. Inzuchtvermeidung: Pflanzen • In Pflanzen ist Selbstbefruchtung üblicherweise möglich. Wenn durch Selbstbefruchtung entstandene Nachkommen geringere Fitness haben, sollten die Eltern auf Inzuchtvermeidung selektiert werden. Heterostylie bei Primula Inzuchtvermeidung: Tiere • In diploiden Tieren verhindert die Existenz zweier Geschlechter Selbstbefruchtung • Oft gibt es Verhaltensmechanismen die BruderSchwester Paarungen verhindern. • In vielen Säugetieren müssen männlichen Nachkommen zu eine anderen Population migrieren, um sich zu verpaaren. • Weibliche Nachkommen verbleiben in ihrer Geburtspopulation und paaren sich mit den zuwandernden Männchen Heterostylie • Unterschiedliche Positionen von Staubgefäßen und Stempel reduziert Selbstbestäubung • Bestäubung durch gegensätzliche Typen ist wahrscheinlicher als Bestäubung durch den gleichen Typus • Grosse Bestäuber können nicht in die Blüte gelangen, und übertragen Pollen von Staubgefäßen der “Thrum”-blüten zu Stempeln der “Pin”-blüten. Proterandrie Staubgefäße produzieren Pollen bevor die Narbe rezeptiv wird die Narben werden nur rezeptiv und erlauben den Pollenkörnern einzuwachsen nachdem die Staubgefäße der gleichen Blüte abgefallen sind. 7 Tropischer Ingwer aus China Selbstinkompatibilität • Ein Selbstinkompatibilitätslocus mit vielen Allelen • Pollen der das A1 Allel trägt wird nicht in Narben einwachsen die ebenfalls das A1 Allel exprimieren, sodass keine A1 A1 Homozygoten gebildet werden männliche Function weibliche Function Typ A morgens nachmittags Typ B nachmittags morgens 2 Arten der Selbstinkompatibilität Sporophytische Selbstinkompatbilität bei Brassica • Sporophytische : durch den diploiden Genotyp der Pflanze bedingt – SiSj, SiSk, SjSk ann nicht in SiSj wachsen – SkSm kann in SiSj wachsen • Gametophytische: durch den haploiden Genotyp des Pollens bedingt – Si, Sj kann nicht in SiSj wachsen – Sk kann in SiSj wachsen Inzucht - Zusammenfassung • Inzucht - Paarung von Verwandten • Inzuchskoeffizient F • Inzucht hat 3 Konsequenzen – Autozygositie – Änderung der Genotypfrequenzen – Inzuchtdepression • Inzuchtdepression --Rezessive Allele, verminderte Lebensfähigkeit, Fruchtbarkeit • Inzuchtvermeidung: Tiere & Pflanzen 8