Karl-Heinz Pfeffer Analysis für technische Oberschulen

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Karl-Heinz Pfeffer
Analysis für technische Oberschulen
Karl-Heinz Pfeffer
Analysis für
technische Oberschulen
Ein Lehr- und Arbeitsbuch
8., überarbeitete und erweiterte Auflage
Mit 311 Abbildungen und über 1650 Aufgaben
STUDIUM
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
Bis zur 6. Auflage erschien das Buch unter dem Titel Analysis für Fachoberschulen
beim gleichen Verlag.
1. Auflage 1981
Nachdruck 1983
2., durchgesehene Auflage 1985
Nachdruck 1986
3., verbesserte Auflage 1988
3 Nachdrucke
4., verbesserte und erweiterte Auflage 1998
5., durchgesehene Auflage 2000
6., überarbeitete Auflage 2003
Nachdruck 2004
7., überarbeitete und erweiterte Auflage 2007
Nachdruck 2009
8., überarbeitete und erweiterte Auflage 2010
Alle Rechte vorbehalten
© Vieweg+Teubner Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
Lektorat: Thomas Zipsner | Imke Zander
Vieweg+Teubner Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien.
Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.
www.viewegteubner.de
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berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im
Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher
von jedermann benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg
Technische Redaktion: Stefan Kreickenbaum, Wiesbaden
Bilder: Graphik & Text Studio, Dr. Wolfgang Zettlmeier, Barbing
Druck und buchbinderische Verarbeitung: MercedesDruck, Berlin
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier.
ISBN 978-3-8348-1024-3
V
Vorwort
Analysis für technische Oberschulen ist das Nachfolgewerk der seit 1981 aufgelegten „Analysis für
Fachoberschulen“, ergänzt durch Elemente der analytischen Geometrie und Grundlagen zum Rechnen
mit komplexen Zahlen. Es ist ein Lehr- und Arbeitsbuch für Lernende an Fach- und Berufsoberschulen
sowie an Fachgymnasien und für Studierende an Fachhochschulen im Erstsemester, ausgerichtet auf die
Fachrichtung Technik.
Die spezifisch technische Akzentuierung der Inhalte ist dabei so behutsam erfolgt, dass innermathematische Problemstellungen nicht zu kurz kommen und eine Verwendung des Buches in beruflichen Oberschulen nichttechnischer Fachrichtungen ebenfalls gut möglich ist.
Es berücksichtigt in besonderem Maße unterschiedliche mathematische Vorkenntnisse, indem wiederholende Thematik angeboten wird, die je nach Bedarf mehr oder weniger selbstständig von den Nutzern
erarbeitet werden kann.
Der didaktische Leitgedanke dieses Buches beinhaltet, grundlegende Kenntnisse über Funktionen zu
vermitteln, ohne dabei die Theorie überzubewerten. Dazu gehört es, hinführend zu den klassischen Methoden der Analysis auch die hierfür wesentlichen elementaren Rechentechniken und geometrischen
Denkweisen bereitzustellen und einzuüben.
Das geschieht zunächst durch bewusst breit angelegte Überlegungen zu den linearen und quadratischen
Funktionen, an die sich die einschlägigen Nullstellenermittlungen ganzrationaler Funktionen höheren
Grades anschließen. Abgerundet wird die elementare Funktionenlehre durch Betrachtung der trigonometrischen Grundfunktionen und mündet ein in die Erarbeitung der allgemeinen Sinusfunktion.
Dieser Einstieg in die Analysis, je nach Lerngruppe und Lernintention abkürzbar, hat den Vorteil, dass
nach der sich anschließenden optionalen Erarbeitung des Grenzwertbegriffes über Folgen bzw. über
Funktionen den Lernenden die Problemstellungen der Differential- und der Integralrechnung durchsichtiger erscheinen: Grundsätzliche Vorgehensweisen werden wieder aufgegriffen (Wiederholungseffekt!)
und gemäß Spiralprinzips in erweitertem Zusammenhang angewandt.
Besonders erwähnenswert ist, dass die Integralrechnung nicht über Ober- und Untersummenermittlung,
sondern anschaulich-direkt über Flächeninhaltsfunktionen eingeführt wird.
Neu ist der Einbezug von Elementen der Analytischen Geometrie und grundlegender Ausführungen zum
Rechnen mit komplexen Zahlen; auf „Nahtstellen“ zur Analysis wird bewusst hingewiesen.
Viele Beispielaufgaben mit Lösungen (Ź) erleichtern das selbstständige Einüben des Stoffes. Das umfangreiche, zum großen Teil ganzheitlich-anwendungsbezogene Aufgabenmaterial ermöglicht handlungsorientierte Unterrichtsansätze, schülerorientierte Übungsphasen und intensive Vorbereitung auf
Lernkontrollen. Die Aufgabenanordnung ist innerhalb derselben Thematik weitmöglichst im Sinne einer
methodischen Reihe schwierigkeitsgraddifferenziert erfolgt; besonders schwierige Aufgaben sind kursiv
gekennzeichnet.
Die mit * versehenen Inhalte dienen der Abrundung. Sie können ohne Einfluss auf das weitere Vorgehen
auch weggelassen werden. - Im Unterricht bieten sie sich durchaus als Themen für Referate an.
Meinen Kolleginnen und Kollegen danke ich für die über die Jahre hinweg erfolgten hilfreichen Anregungen und Bestätigungen, meiner Ehefrau Gertrud Annedore für unermüdliches Korrekturlesen.
Besonderer Dank gilt Herrn Thomas Zipsner aus dem Lektorat des Vieweg+Teubner Verlages für konstruktive Hinweise und kritische Sichtung des Manuskriptes.
Hannover, im Februar 2010
Karl-Heinz Pfeffer
VII
Inhaltsverzeichnis
Mathematische Zeichen und Begriffe ..............................................................................
X
Teil A: Analysis .................................................................................................................
1
1 Die reellen Zahlen ........................................................................................................
2
1.1
Die Grundeigenschaften der reellen Zahlen .........................................................
1.1.1 Von den natürlichen zu den reellen Zahlen .............................................
1.1.2 Lagebeziehungen reeller Zahlen .............................................................
Das Rechnen in R .................................................................................................
1.2.1 Der binomische Satz ................................................................................
1.2.2 Gleichungen und Ungleichungen ............................................................
2
2
11
15
15
19
2 Funktionenlehre ...........................................................................................................
39
1.2
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
Grundlagen ...........................................................................................................
2.1.1 Paarmengen .............................................................................................
2.1.2 Funktionen ..............................................................................................
Ausgewählte elementare Funktionen ....................................................................
2.2.1 Lineare Funktionen .................................................................................
2.2.2 Quadratische Funktionen ........................................................................
*2.2.3 Lineare und quadratische Betragsfunktionen ..........................................
Ganzrationale Funktionen .....................................................................................
2.3.1 Reine Potenzfunktionen ..........................................................................
2.3.2 Ganzrationale Funktionen als verknüpfte Potenzfunktionen ..................
2.3.3 Nullstellen ganzrationaler Funktionen ....................................................
2.3.4 Kurvenverlauf und Symmetrie ................................................................
Wurzelfunktionen .................................................................................................
2.4.1 Umkehrfunktionen (Umkehrrelationen) ..................................................
2.4.2 Wurzelfunktionen im engeren Sinn .........................................................
Trigonometrische Funktionen (Kreisfunktionen) .................................................
2.5.1 Die Eigenschaften der trigonometrischen Grundfunktionen ...................
2.5.2 Die allgemeine Sinusfunktion .................................................................
39
39
42
47
47
74
94
95
95
96
98
109
113
113
118
120
120
129
3 Folgen und Reihen ....................................................................................................... 133
3.1
3.2
Grundlagen ...........................................................................................................
3.1.1 Folge als Funktion ...................................................................................
3.1.2 Schreibweise von Folgen ........................................................................
3.1.3 Eigenschaften von Folgen .......................................................................
3.1.4 Reihen .....................................................................................................
Spezielle (endliche) Folgen ..................................................................................
3.2.1 Arithmetische Folgen und Reihen ...........................................................
3.2.2 Geometrische Folgen und Reihen ...........................................................
133
133
134
136
138
140
140
147
VIII
3.3
Inhaltsverzeichnis
Grenzwert von Folgen .......................................................................................... 155
3.3.1 Unendliche geometrische Folgen und Reihen ......................................... 155
*3.3.2 Verallgemeinerung des Grenzwertbegriffes ............................................ 162
4 Grenzwert von Funktionen – Stetigkeit ...................................................................... 165
4.1
Grenzwerte von Funktionen ..................................................................................
4.1.1 Erfordernis diverser Grenzwertbetrachtungen ........................................
4.1.2 Rechnerischer Umgang mit Grenzwerten ................................................
*4.1.3 Anwendung auf Kurvenuntersuchungen einfacher gebrochenrationaler Funktionen ..............................................................................
4.2 Stetigkeit ...............................................................................................................
4.2.1 Begriff der Stetigkeit ...............................................................................
4.2.2 Globale Stetigkeit ....................................................................................
165
165
169
176
183
183
186
5 Differentialrechnung ................................................................................................... 187
5.1
Das Tangentenproblem .........................................................................................
5.1.1 Die Differenzenquotientenfunktion .........................................................
5.1.2 Allgemeine Definition des Differentialquotienten ..................................
5.1.3 Einfache Differentiationsregeln ..............................................................
*5.1.4 Differenzierbarkeit und Stetigkeit ...........................................................
*5.1.5 Anwendung in der Physik .......................................................................
5.1.6 Newton’sches Näherungsverfahren .........................................................
5.2 Anwendung auf Kurvenuntersuchungen ..............................................................
5.2.1 Extremstellen von Funktionen – Krümmungsverhalten ..........................
5.2.2 Wendepunkte ...........................................................................................
5.2.3 Kurvendiskussion ganzrationaler Funktionen .........................................
5.2.4 Funktionssynthese ...................................................................................
5.3 Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen .......................................................
187
187
191
192
198
199
202
203
204
208
213
218
221
6 Integralrechnung ......................................................................................................... 228
6.1
Das bestimmte Integral .........................................................................................
6.1.1 Das Flächenproblem ................................................................................
6.1.2 Die Berechnung des bestimmten Integrals ganzrationaler Funktionen ...
*6.2 Die Integration als Umkehrung der Differentiation ..............................................
6.2.1 Stammfunktion und unbestimmtes Integral .............................................
6.2.2 Die Berechnung bestimmter Integrale mit Hilfe von Stammfunktionen .
228
228
238
251
251
254
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung .................................................. 255
7.1
Weitere Differentiationsregeln ..............................................................................
7.1.1 Produktregel ............................................................................................
7.1.2 Quotientenregel .......................................................................................
7.1.3 Kettenregel ..............................................................................................
7.2 Kurvendiskussion gebrochen-rationaler Funktionen ............................................
7.3 Kurvendiskussion trigonometrischer Funktionen .................................................
7.3.1 Die Differentiation der trigonometrischen Grundfunktionen ..................
7.3.2 Zusammengesetzte trigonometrische Funktionen ...................................
255
255
256
257
261
273
273
278
Inhaltsverzeichnis
7.4
Exponentialfunktionen ..........................................................................................
7.4.1 Allgemeine Exponentialfunktionen .........................................................
7.4.2 Euler’sche Zahl und e-Funktion ..............................................................
7.4.3 Wachstum und Zerfall .............................................................................
7.4.4 Kurvendiskussion verknüpfter e-Funktionen ..........................................
*7.5 Krümmung und Krümmungsradius einer Kurve ..................................................
IX
281
281
283
289
293
296
Teil B: Analytische Geometrie .......................................................................................... 301
8 Vektoren ....................................................................................................................... 302
8.1
8.2
8.3
Grundlagen ...........................................................................................................
8.1.1 Skalare und vektorielle Größen ...............................................................
8.1.2 Der Vektorbegriff ....................................................................................
8.1.3 Eigenschaften von Vektoren ...................................................................
8.1.4 Vektoren im Anschauungsraum ..............................................................
Elementare Rechenoperationen ............................................................................
8.2.1 Vektoraddition und -subtraktion .............................................................
8.2.2 Multiplikation eines Vektors mit einem Skalar (S-Multiplikation) .........
Vektormultiplikationen .........................................................................................
8.3.1 Das Skalarprodukt ...................................................................................
8.3.2 Das Vektorprodukt ..................................................................................
8.3.3 Das Spatprodukt ......................................................................................
302
302
302
305
307
313
313
323
333
333
344
349
9 Vektorgeometrie .......................................................................................................... 352
9.1
9.2
Vektorgeometrie der Geraden ...............................................................................
9.1.1 Die vektorielle Geradengleichung in Parameterform ..............................
9.1.2 Lagebeziehungen von Punkt und Gerade ................................................
9.1.3 Schnittpunkt zweier Geraden ..................................................................
9.1.4 Abstand Punkt – Gerade ..........................................................................
9.1.5 Abstand windschiefer Geraden ...............................................................
Vektorgeometrie der Ebene ..................................................................................
9.2.1 Die vektorielle Ebenengleichung in Parameterform ...............................
9.2.2 Koordinatenform der Ebenengleichung ..................................................
9.2.3 Schnittpunkt Gerade – Ebene ..................................................................
9.2.4 Abstand Punkt – Ebene ...........................................................................
352
352
355
358
361
364
366
366
368
370
372
10 Komplexe Zahlen ......................................................................................................... 374
10.1 Grundlagen ...........................................................................................................
10.1.1 Zahlenbereichserweiterung von R auf C ................................................
10.1.2 Darstellung komplexer Zahlen ................................................................
10.2 Grundrechenarten .................................................................................................
10.2.1 Addition und Subtraktion komplexer Zahlen ..........................................
10.2.2 Multiplikation komplexer Zahlen ............................................................
10.2.3 Division komplexer Zahlen .....................................................................
374
374
375
376
376
377
378
Ausblick .............................................................................................................................. 379
Sachwortverzeichnis .......................................................................................................... 382
X
Mathematische Zeichen und Begriffe
1 Logik
:=
definitionsgemäß gleich; Kennzeichnung einer
Definitionsgleichung, bei welcher der zu definierende Begriff auf der Seite des Doppelpunktes steht.
∧
und (im Sinne von sowohl ... als auch)
∨
oder (im nicht-ausschließenden Sinn)
Ÿ
daraus folgt; wenn ..., dann
(p Ÿ q: Aus p folgt q, d. h. p ist hinreichende
Bedingung für q und q ist notwendige Bedingung für p.)
⇔
äquivalent (gleichwertig); genau dann ..., wenn
(p ⇔ q: Aus p folgt q und umgekehrt)
2 Relationen zwischen Zahlen
a=b
a gleich b
a≠b
a ungleich b
a<b
a kleiner b
a>b
a größer b
a≤b
a kleiner oder gleich b
a≥b
a größer oder gleich b
a≈b
a ungefähr gleich b
ˆb
a=
a entspricht b (gebräuchlich z. B. bei Maßstabsangaben)
3 Mengen
A, B, C, ..., M, N, ...
Mengen
a ∈ M (M ∋ a )
a ist Element von M (M enthält a)
a∉M
a ist nicht Element von M
{a, b, c, d}
Menge mit den Elementen a, b, c und d
{x | ...}
Menge aller x, für die gilt ...
{x | ...}M
Menge aller x ∈ M, für die gilt ...
{}
leere Menge
A=B
A gleich B, d. h. x ∈ A ⇔ x ∈ B
A ⊂ B (B ⊃ A)
A ist (echte) Teilmenge von B: x ∈ A Ÿ x ∈ B
und A ≠ B (B ist (echte) Obermenge von A)
A⊆B
A ist echte oder unechte Teilmenge von B
(d. h. A ⊂ B oder A = B)
Mathematische Zeichen und Begriffe
XI
A ⊆/ B
A ist nicht Teilmenge von B
A ∩ B := {x | x ∈ A ∧ x ∈ B}
A geschnitten B
Schnittmenge (Durchschnitt) von A und B
Technik: Zwei Schalter in Reihe geschaltet
A ∪ B := {x | x ∈ A ∨ x ∈ B}
A vereinigt B
Vereinigungsmenge von A und B
Technik: Zwei Schalter parallel geschaltet
B \ A := {x | x ∈ B ∧ x ∉ A}
:= {x | x ∉ A}B für A ⊆ B
A´B
A × B := {(x; y) | x ∈ A ∧ y ∈ B}
B ohne A; Differenzmenge von B und A
Ergänzungsmenge von A zu B, d. h. A ∪ A´B = B
A kreuz B; Paarmenge von A und B (kartesisches Produkt)
charakteristische Mengen
N:= {0, 1, 2, 3, ...}
Menge der natürlichen Zahlen
N* := N \ {0}
Menge der natürlichen Zahlen ohne 0
Z:= {..., – 1, 0, 1, 2, ...}
Menge der ganzen Zahlen
Z* := Z \ {0}
Menge der ganzen Zahlen ohne 0
Q:={
p
| p∈Z ∧ q∈Z*}
q
Menge der rationalen Zahlen
R
Menge der reellen Zahlen
:= {x | x ∉ Q}R
Menge der irrationalen Zahlen
R+
Menge der positiven reellen Zahlen
R 0+
:= R+ ∪ {0}
R– := R
\R 0+
Menge der positiven reellen Zahlen einschl. 0
Menge der negativen reellen Zahlen
R* := R \ {0}
Menge der reellen Zahlen ohne 0
C := {z| z = x + iy ∧ x, y ∈ R}
Menge der komplexen Zahlen
i=
imaginäre Einheit, definiert zu i2 = -1
−1
z = x + iy
z = x - iy
konjugiert-komplexe Zahlen
[a; b] := {x | a ≤ x ≤ b}R
geschlossenes Intervall
]a; b[ := {x | a < x < b}R
offenes Intervall
[a; b[ := {x | a ≤ x < b}R
]a; b] := {x | a < x ≤ b}R
|x| :=
+ x für x ∈ R 0+
– x für x ∈ R–
halboffene Intervalle
Betrag einer (reellen) Zahl x
XII
Mathematische Zeichen und Begriffe
4 Funktionen
→
Zahlen- und Mengenzuordnungspfeil
R
Relation als Teilmenge eines kartesischen Produkts
f (auch g oder h)
Funktion als Spezialfall einer Relation
f: x → f (x)
Funktionsvorschrift
f (x)
Funktionswert (Bild von x); aber auch Funktionsterm
y = f (x)
Funktionsgleichung
f:
D→W
x → f (x)
Funktion f mit Definitionsmenge D und Wertmenge W
f –1 (R–1)
Umkehrfunktion (Umkehrrelation)
Gf ∋ P
Graph von f (Punktmenge) mit dem Punkt P(x|y)
P(x|y)
Punkt der x, y-Ebene: R2-Ebene
P(x|y|z)
Punkt des (Anschauungs-) Raumes: R3
≡
Identitätszeichen („ist identisch gleich“); z. B.
Gerade g ≡ y = 2x-1
f ° g (g ° f )
Verknüpfungszeichen für verkettete Funktionen ( f nach g bzw. g nach f )
f ', f ", f '", ..., f (n)
1., 2., 3., ..., n-te Ableitungsfunktion von f
b
³ f ( x) dx
bestimmtes Integral der Funktion f über [a; b]
³ f ( x) dx
unbestimmtes Integral der Funktion f
F ( x) = ³ f ( x) dx
Stammfunktionen von f mit F '(x) = f (x).
a
5 Weitere Zeichen
(an)
Folge mit den Gliedern (a1, a2, ..., an, ...)
n
¦ ak
Summationssymbol: a1 + a2 + ... + an–1 + an
∞
unendlich
k =1
lim an
Grenzwert einer Folge für n gegen ∞
lim f ( x)
Grenzwert einer Funktion f für x gegen x0
n →∞
x→ x 0
Mathematische Zeichen und Begriffe
XIII
6 Zeichen aus der analytischen Geometrie
G G G G G G
a , b , c ,..., x , y , z
Vektoren
JJJG
G
G
v = AB
AB als Repräsentant von v
-v
Gegenvektor zu v
|v |
Betrag von v
G
G
G
G
G
G
G
v ° oder ev
Einheitsvektor in Richtung v
ex , e y , ez
Basisvektoren des R3
0
Nullvektor
G
G
G
G
G
Ortsvektor zu einem Punkt P : rP = OP
rP
⎛v ⎞
x
G ⎜ ⎟
G
v =⎜ v y ⎟
⎜ ⎟
⎝ vz ⎠
Spaltenschreibweise von v : Spaltenvektor
v = (v x , v y , v z )
Zeilenschreibweise von v : Zeilenvektor
a
a12
§ a11 a12 ·
¨¨
¸¸ bzw. 11
a21 a22
© a21 a22 ¹
2×2-Matrix bzw. 2-reihige Determinante
(a , b) = a ⋅b
Skalar- oder Punktprodukt
[a , b]= a × b
Vektor- oder Kreuzprodukt
G
G
GG
G G
GG
G G
GG G
Spatprodukt
a , b, c
G
G
G
G
G
G
x = r0 + λ⋅v
vektorielle Geradengleichung
G
x = r0 + λ⋅v + μ⋅ w
vektorielle Ebenengleichung
7 Wichtige Begriffe
Definition
Die Bedeutung eines verwendeten Namens
oder Zeichens wird erklärt bzw. festgelegt.
Satz
Unter Beachtung der Gesetze der Logik werden aus bereits bekannten Aussagen Schlussfolgerungen (Behauptungen) gezogen, die es
zu beweisen gilt. – Zur Beweisführung darf auf
Definitionen zurückgegriffen werden.
Axiom
Anerkannter, nicht beweisbarer Grundsatz, aus
dem sich Sätze ableiten lassen.
1
Teil A: Analysis
Eines der bedeutsamsten Gebiete der Mathematik ist die Analysis, unter der man ganz allgemein die Lehre von den Funktionen versteht. Ihre charakteristischen Methoden finden inzwischen1) mannigfaltig Anwendung in Wirtschaft, Wissenschaft und Technik; sie basieren auf
den Begriffen
Zahl, Funktion, Grenzwert.
Zahl und Funktion dürften aus vorangegangener Beschäftigung mit der Mathematik mehr oder
weniger gut bekannt sein und müssen nunmehr im Rahmen eines systematischeren Aufbaus
ergänzt und vertieft werden. - Elementare Funktionsuntersuchungen rücken dabei zunächst in
den Vordergrund der Überlegungen.
Mit dem Begriff Grenzwert, sowohl über Folgen als auch über Funktionen eingeführt, erschließt sich das Rechnen mit infinitesimalen Größen. Damit werden die Grundlagen geschaffen für die Differential- und Integralrechnung mit ihren grundlegenden Problemstellungen,
nämlich der Tangenten- und der Flächenproblematik und ihren verwandten Themenbereichen.
1)
d. h. seit dem 18. Jahrhundert
2
1 Die reellen Zahlen
1 Die reellen Zahlen
1.1 Die Grundeigenschaften der reellen Zahlen
1.1.1 Von den natürlichen zu den reellen Zahlen
Peter Hoeg hat es in „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ in schöner Prosa festgehalten:
„Weißt du, was hinter der Mathematik steckt? Hinter der Mathematik stecken die Zahlen. Wenn mich
jemand fragen würde, was mich richtig glücklich macht, dann würde ich antworten: die Zahlen. Schnee
und Eis und Zahlen. Und weißt du warum? …
Weil das Zahlensystem wie das Menschenleben ist. Zu Anfang hat man die natürlichen Zahlen. Das
sind die ganzen und positiven. Die Zahlen des Kindes. Doch das menschliche Bewusstsein expandiert.
Das Kind entdeckt die Sehnsucht, und weißt du, was der mathematische Ausdruck für die Sehnsucht
ist? …
Es sind die negativen Zahlen. Die Formalisierung des Gefühls, dass einem etwas abgeht. Und das Bewusstsein erweitert sich immer noch und wächst, das Kind entdeckt Zwischenräume. Zwischen den
Steinen, den Moosen auf den Steinen, zwischen den Menschen. Und zwischen den Zahlen. Und weißt
du, wohin das führt? Zu den Brüchen. Die ganzen Zahlen plus die Brüche ergeben die rationalen Zahlen. Aber das Bewusstsein macht dort nicht halt. Es will die Vernunft überschreiten. Es fügt eine so
absurde Operation wie das Wurzelziehen hinzu. Und erhält die irrationalen Zahlen. …
Es ist ein Wahnsinn. Denn die irrationalen Zahlen sind endlos. Man kann sie nicht schreiben. Sie zwingen das Bewusstsein ins Grenzenlose hinaus. Und wenn man die irrationalen Zahlen mit den rationalen
zusammenlegt, hat man die reellen Zahlen. …
Es hört nicht auf. Es hört nie auf. Denn jetzt gleich, auf der Stelle, erweitern wir die reellen Zahlen um
die imaginären, um die Quadratwurzeln der negativen Zahlen. Das sind Zahlen, die wir uns nicht vorstellen können. Zahlen, die das Normalbewusstsein nicht fassen kann. Und wenn wir die imaginären
Zahlen zu den reellen Zahlen dazurechnen, haben wir das komplexe Zahlensystem. Das erste Zahlensystem, das eine erschöpfende Darstellung der Eiskristallbildung ermöglicht. Es ist wie eine große, offene Landschaft. Die Horizonte. Man zieht ihnen entgegen, und sie ziehen sich immer wieder zurück.
…“ 1)
Die natürlichen Zahlen
Sie sind Grundlage für den Zahlenaufbau und gemäß DIN 1302 wie folgt definiert:
Menge der natürlichen Zahlen:
N: = {0, 1, 2, 3,...} .
Die wesentlichsten Merkmale dieser Zahlenmenge:
1. 0 ist die kleinste natürliche Zahl.
2. Zu jeder natürlichen Zahl n existiert ein eindeutig bestimmter Nachfolger n' = n + 1
(Also: 0' := 1 = 0 + 1; 1' := 2 = 1 + 1; 2' := 3 = 2 + 1; usw.)
3. Es gibt keine letzte (= größte) natürliche Zahl.
(Zu einer vermeintlich letzten natürlichen Zahl ließe sich wiederholt die 1 addieren.)
1)
Peter Hoeg, Fräulein Smillas Gespür für Schnee. Roman. Aus dem Dänischen von Monika Wesemann. © 1994 Carl Hanser Verlag, München.
1.1 Die Grundeigenschaften der reellen Zahlen
3
N ist angeordnet
Die natürlichen Zahlen sind gemäß Kleiner-Relation 1) geordnet: So ist z. B. 2 < 5 und 5 < 7,
was auf 2 < 7 schließen lässt.
Der in Bild 1.1 dargestellte Zahlenstrahl veranschaulicht die
Grundsätze, wobei die Pfeilrichtung das Größerwerden anzeigt.
Bild 1.1
¾ Eine wichtige Teilmenge von N ist die der positiv-ganzen Zahlen: N* = N\{0} = {1, 2, 3, ...}.
Meinungsstreit, die Zahl 0 betreffend
In der mathematischen Literatur findet sich auch, dass die Zahl 1 kleinste natürliche Zahl sei.
Um die Zahl 0 als neutrales Element der Addition einzubeziehen, wird entsprechend wie folgt
definiert: N0 = {0}∪{1, 2, 3, ...}= {0, 1, 2, 3, ...}.
Zur Klarstellung: Für die Beschäftigung mit der Mathematik ist es letztendlich unerheblich, ob
die Zahl 0 der Menge Nzugerechnet wird oder aber nicht; es ist einzig Definitionssache.
Sonderfall: Die Zahl 1
Sie ist neutrales Element der Multiplikation und erwirkt keine Veränderung eines Produktes.
N ist abgeschlossen
Die Summe und das Produkt zweier natürlicher Zahlen sind wieder natürliche Zahlen. Die
beiden Verknüpfungen „ + “ und „ · “ führen nicht aus N heraus.
Die Notwendigkeit von Zahlenbereichserweiterungen
Die Menge N bietet wenig Möglichkeiten, Rechenoperationen ohne Einschränkungen gelten
zu lassen. Algebraisch leistungsfähigere Zahlen müssen her, was prinzipiell wie folgt geschieht:
1. Der neue Zahlenbereich lässt sich mit Hilfe bereits definierter Zahlen beschreiben.
2. Die für die ursprünglichen Zahlen formulierten Grundsätze gelten auch in der erweiterten
Zahlenmenge (Permanenzprinzip).
3. Für den erweiterten Zahlenbereich werden – soweit nötig – zusätzliche, widerspruchsfreie
Axiome formuliert.
Ganze Zahlen
Die Einführung der negativ-ganzen Zahlen mit Z– := {x | x = – n ∧ n ∈ N*}
ermöglicht die Zahlenbereichserweiterung von N zur
Menge der ganzen Zahlen:
Z:= Z– ∪ N
, also Z = {..., – 3, – 2, – 1, 0, 1, 2, 3, ...}.
N und Z– sind ebenso in Z enthalten wie die positiv-ganzen Zahlen2) mit Z+ = N*.
Erwähnenswert sind ferner Z 0+ := Z+ ∪ {0} (= N), Z 0− := Z– ∪ {0} und Z * := Z \ {0} .
1)
2)
von relatio (lat.): Beziehung
somit gilt + n = n (n ∈ N*)
4
1 Die reellen Zahlen
Entsprechend gilt Z = Z+ ∪ Z– ∪ {0},
was Bild 1.2 veranschaulicht.
Bild 1.2 Z: = Z+ ∪ Z– ∪ {0}
¾ Sonderformen 1)
Z + steht für die nicht-negativen ganzen Zahlen incl. der Zahl 0 und Z *+ := Z + \ {0}.
Z ist angeordnet
Zu jeder positiv-ganzen Zahl n existiert eine negativ-ganze Zahl – n mit n + (–n) = 0.
Bild 1.3 zeigt die orientierte Zahlengerade und veranschaulicht das Größerwerden:
Je weiter die Zahlen links von der 0 stehen, desto kleiner sind sie,
je weiter sie rechts davon angeordnet sind, desto größer werden sie.
Bild 1.3 Z ist angeordnet
Rationale Zahlen
Die ganzen Zahlen leisten algebraisch mehr als die natürlichen Zahlen. Aber auch mit ihnen ist
es nicht möglich, für Gleichungen wie z. B. 2x = 3 eine Lösung anzugeben. Bruchzahlen werden benötigt (Quotient, bestehend aus Zähler und Nenner), was eine nochmalige Zahlenbereichserweiterung erfordert:
⎧p
⎫
Menge der rationalen 2) Zahlen mit Q = ⎨ p ∈ Z ∧ q ∈ Z *⎬ .
⎩q
⎭
Die Elemente von Z sind in Q enthalten, was die folgenden Beispiele zeigen:
Beispiele: 2 = +2 = +4 = ... = −2 = ...; − 3 = +3 = −3 = ...
+1
+2
−1
−1
+1
Wie die ganzen Zahlen lassen sich auch die rationalen Zahlen weiter unterteilen, und zwar in
– negativ-rationale Zahlen, bezeichnet mit Q– und
– positiv-rationale Zahlen, bezeichnet mit Q+.
Folglich gilt Q :=Q+ ∪Q– ∪ {0}, also ist auch 0∈ Q .
Die Null kann in der Form
0
q
mit q ∈ Z* geschrieben werden.
Erwähnenswert sind ferner Q 0− :=Q– ∪ {0}, Q 0+ :=Q+ ∪ {0} sowie Q* :=Q \ {0} .
¾ Sonderformen 3)
Q + steht für die nicht-negativen rationalen Zahlen incl. der Zahl 0 und Q *+ := Q + \ {0}.
1)
2)
3)
Sie sind nach DIN 5473 auch zugelassen, werden in diesem Rahmen jedoch nicht verwandt.
ratio (lat.): Vernunft, Verstand, aber auch Verhältnis
wie 1)
1.1 Die Grundeigenschaften der reellen Zahlen
5
Konstruktion rationaler Zahlen
Wie Q aus der Menge N bzw. Z hervorgeht, veranschaulicht Bild 1.4:
Mittels 1. Strahlensatzes wird exemplarisch der Bildpunkt der rationalen Zahl r =
2
3
konstruiert.
¾ Q ist gemäß Permanenzprinzip angeordnet1).
Bild 1.4
Konstruktion der rationalen Zahl r =
2
3
Q ist dicht
1. Keine rationale Zahl weist einen unmittelbaren Vorgänger oder Nachfolger auf.
2. Zwischen zwei rationalen Zahlen (a < b) existiert mindestens eine weitere rationale Zahl
r=
a+b
mit a < r < b gemäß Bild 1.5.
2
Bild 1.5
a<
a+b
<b
2
Also: Zwischen zwei verschiedenen rationalen Zahlen existieren unendlich viele weitere davon.
¾ Die Elemente vonQ liegen dicht2).
Der Kehrwert
Zu jeder Zahl r∈Q* existiert eine reziproke Zahl (= Kehrwert)
mit der Eigenschaft
r⋅
1
=1
r
.
Hinweis: Für
1
r
1
r
∈ Q*
wird auch r –1 geschrieben.
Achtung: Im Nenner eines Bruches darf die Zahl 0 nicht auftreten(ĺ Definition vonQ).
Dieses „Teile niemals durch 0“ wird „roter Faden“ bis hin zur Differentialrechnung sein.
¾ Q ist nullteilerfrei.
Beispiel:
Es sei x = 1 Ÿ x2 = 1 ⇔ x2 – 1 = x – 1
Faktorisieren des linken Terms: (x – 1) (x + 1) = x – 1
Division mit (x – 1):
x+1=1
x = 0.
(Somit wäre 1 = 0, oder ...?)
1)
2)
Man beachte: – 1 < – 1/1000
Die Elemente von Z liegen nicht dicht; denn es gibt z. B. zwischen 1 und 2 keine weitere ganze Zahl.
6
1 Die reellen Zahlen
Dezimalbrüche als rationale Zahlen
Für eine nochmalige Zahlenbereichserweiterung werden vorab Dezimalbrüche betrachtet:
a) endliche Dezimalbrüche
Die dekadische Schreibweise kann nicht verunsichern: Endliche Dezimalbrüche lassen sich
exakt in Form eines Bruches schreiben und ggf. so weit kürzen, dass Zähler und Nenner
keinen gemeinsamen Teiler mehr haben.
1
1
1
Beispiele: 0,5 = 5 = ; 0,25 = 25 = ; 0,125 = 125 = .
10
2
100
1000
4
8
b) unendliche periodische Dezimalbrüche
Ein klassisches Beispiel ist die Dezimalzahl 0,333 …, was kürzer durch die Schreibweise
0, 3 (gelesen: 0 Komma Periode 3) angegeben wird.
Sie lässt sich gemäß Bild 1.6 einschachteln durch endliche Dezimalbrüche:
0
<
0,3
<
0,33
<
0,333 <
1
3
1
3
1
3
1
3
<l
< 0,4
< 0,34
< 0,334 usw.
Bild 1.6 Einschachtelung der rationalen Zahl
Problem: Steht 0, 3 exakt oder annähernd für die rationale Zahl
Heißt es also korrekt
0, 3 =
1
3
oder 0, 3 ≈
1
3
1
3
1
?
3
?
Multiplikation mit Faktor 3 liefert 0, 9 = 1 bzw. 0, 9 ≈ 1,
was Veranlassung sein mag, dem ungefähr gleich (≈) zuzuneigen.
Dass dem nicht so ist, zeigt nachfolgende Rechnung:
Aus r = 0, 3 folgt
10r = 3, 3 ; eine Subtraktion lässt die Periode verschwinden:
r = 0, 3 −
1
1
; d. h. ∈ Q.
3
3
¾ Fazit: Jeder unendliche periodische Dezimalbruch ist eine rationale Zahl.
9r = 3 Ÿ r =
c) unendliche nicht-periodische Dezimalbrüche
Es sei vorweggenommen: Sie gehören nicht zuQ.
Grund genug, den Zahlenbereich nochmals zu erweitern.
Irrationale Zahlen
Die dicht liegenden Bildpunkte rationaler Zahlen füllen die Zahlengerade nicht vollständig
aus. Das lässt sich konkret anhand der algebraischen Gleichung x2 = 2 zeigen.
1.1 Die Grundeigenschaften der reellen Zahlen
7
2 (bzw. – 2 ) sind Lösungen dieser Gleichung. Der vom ET-Rechner für 2 ausgewiesene endliche (!) Dezimalbruch stellt nur eine Näherung dar, das dürfte klar sein. Inwieweit
dieser sich abzuzeichnende unendliche Dezimalbruch irgendwann einmal periodisch werden
könnte und damit der Menge Q zuzurechnen wäre, ist bisher noch ungeklärt.
Das Prinzip der Einschachtelung , wie für r =
1
3
angewandt,
lässt vermuten, 2 letztendlich exakt in Form eines Bruches
schreiben zu können.
<
2 <2
1,4
<
2 < 1,5
1,41
<
2 < 1,42
<
2 < 1,415
1,414
usw.
Dass dem nicht so ist, kann bewiesen werden.
Indirekter Beweis1) zu
1
2∉Q
Annahme: Es gibt für x2 = 2 doch eine rationale Variable x als Lösung.
Schreiben lässt sich das in der Form
2
§ p·
2)
x 2 = ¨¨ ¸¸ = 2 , wobei p ∈ Z u. q ∈ Z*, ferner p und q teilerfremd zueinander sind.
©q¹
Dann gilt
p2
q2
= 2 Ÿ p2 = 2q2; Faktor 2 zeigt, dass p2 und damit p eine gerade Zahl ist,
also: p = 2r, r ∈ Z*.
Eingesetzt: (2r)2 = 2q2 ⇔ 2r2 = q2, somit wäre wegen des Faktors 2 auch q eine gerade Zahl.
Das steht im Widerspruch zu der Annahme, p und q seien teilerfremd zueinander.
Die eingangs aufgestellte Behauptung, x sei eine rationale Zahl, kann nicht richtig sein:
x ist irrational, d. h. nicht-rational.
¾ Irrational nennt man Zahlen, die nicht exakt in Form eines Bruches p/q darstellbar sind.
Konstruktion von 2
Der irrationalen Zahl 2 kann genau ein
Punkt auf der Zahlengeraden zugeordnet werden. Die Konstruktion (Bild 1.7) basiert auf
dem Lehrsatz des Pythagoras3):
( 2 )2 = 12 + 12.
Bild 1.7 Konstruktion der irrationalen Zahl
1)
2)
3)
2
Prinzip: Das Gegenteil der zu beweisenden Behauptung als wahr anzusehen und daraus einen Widerspruch abzuleiten.
Der Quotient p/q ist so weit wie möglich gekürzt.
benannt nach Pythagoras (um 570 v. Chr. – 497/96 v. Chr.); griech. Philosoph
8
1 Die reellen Zahlen
Diese Überlegungen sind übertragbar auf irrationale Zahlen wie 3 ,
(p: Primzahl)
1)
5 und allgemein
p
sowie auf die entsprechend negativen Wurzelwerte.
Noch allgemeiner: Das Symbol
a mit a∈ N*\{1} steht genau dann für eine irrationale Zahl,
wenn nicht a das Quadrat einer rationalen Zahl ist ( 9 ∈ Q; denn 9 = 3).
Weitere Beispiele für irrationale Zahlen
a) Zahlen der Form
n
a mit n ∈ N*\{1} und a ∈ Q+, z. B.
3 5, 4 10, 5
27 usw.
Gegenbeispiele: 3 27 , 5 32 usw.
b) die Zahl π ≈ 3,14159... (andere Näherung: π ≈
c)
355
113 );
die Zahl e ≈ 2,71828 ... (ĺ Kapitel 7, Abschnitt 7.4.2);
d) Logarithmen, z. B.
lg 22), definiert als diejenige (positive) Hochzahl, für die gilt 10lg2 = 2;
lb 33), definiert als diejenige (positive) Hochzahl, für die gilt 2lb3 = 3;
ln 44), definiert als diejenige (positive) Hochzahl, für die gilt eln4 = 4;
Gegenbeispiele: lg 100 = 2 ⇔ 102 = 100, lb 8 = 3 ⇔ 23 = 8 u.a.;
e) trigonometrische Funktionswerte wie sin r ⋅ π , cos r ⋅ π , tan r ⋅ π , cot r ⋅ π , wobei r∈Q;
Beispiele: sin
π 1
π 1
π
= ⋅ 2 , cos = ⋅ 3 , tan =
4 2
6 2
3
Gegenbeispiele: sin
3 , cot
π 1
=
6 3
⋅ 3 u.a.
π 1
π
π
= , cos 0 ⋅ π = 1, tan = 1, cot = 0 u.a.
6 2
4
2
¾ Die irrationalen Zahlen bilden in ihrer Gesamtheit die Menge .
Reelle Zahlen
Die Existenz irrationaler Zahlen bestätigt es: Die Zahlengerade mit den dicht angeordneten
rationalen Zahlen ist nicht vollständig ausgefüllt; es bestehen Lücken.
Um diese zu beseitigen, werden rationale und irrationale Zahlen zusammengefasst zur
Menge der reellen Zahlen: R := Q ∪ Das Einschachtelungsprinzip, exemplarisch gezeigt für 0, 3 und
jede reelle Zahl. Entsprechend erfolgt ihre Definition.
2 , ist charakteristisch für
Definition 1.1
Zahlen, durch Intervallschachtelung rationaler Zahlen bestimmt, heißen reelle Zahlen.
¾ Q und ergänzen sich zu R: Die reellen Zahlen füllen die Zahlengerade vollständig aus.
1)
2)
3)
4)
Primzahlen p ∈ N*\ {l} sind Zahlen, die genau zwei Teiler haben, nämlich sich selbst und die 1.
log n := log10 n (dekadischer Logarithmus)
lb n := log2 n (binärer Logarithmus)
ln n := loge n (natürlicher Logarithmus); e ≈ 2,71828… wird Euler’sche Zahl genannt
1.1 Die Grundeigenschaften der reellen Zahlen
9
Bild 1.8 R:= Q ∪ 1)
Bild 1.9 Übersicht über die Zahlenbereiche
Es gilt N ⊂ Z ⊂ Q ⊂ R, was sich anhand von Bild 1.9 zeigt.
Weitere Teilmengen von R sind
die positiven reellen Zahlen R+ := {x | x > 0}R,
die negativen reellen Zahlen R– := {x | x < 0}R,
ferner R 0+ := R+ ∪ {0}, R 0− := R– ∪ {0} und R* := R \{0} .
¾ Sonderformen 2)
R + steht für die nicht-negativen reellen Zahlen incl. der Zahl 0 und R *+ := R + \ {0}.
Anmerkung
Jede irrationale Zahl lässt sich durch rationale Zahlen beliebig genau annähern (z. B. 2 ≈ 1,414 oder
π ≈ 3,14159). Für die praktische Mathematik ist die Existenz irrationaler Zahlen und die damit verbundene Zahlenbereichserweiterung von Q auf R ohne Bedeutung. – Der Hinweis auf den Zahlentyp
Real (= Q) in der PC-Anwendung mag die Ausführungen bekräftigen.
Arithmetische Eigenschaften der reellen Zahlen
Die Gesetzmäßigkeiten bezüglich der Verknüpfungen „ + “ und „·“ sind diese:
1. R ist abgeschlossen,
2. besitzt ein neutrales Element der Addition (=0) und der Multiplikation (=1),
3. weist
– zu jeder Zahl r ∈ R ein additiv-inverses3) Element – r ∈ Rauf mit r + (– r) = 0 und
1
=1.
– zu jeder Zahl r* ∈ R* ein multiplikativ-inverses Element 1/r* mit r * ⋅
r*
4. Kommutativ-, Assoziativ- und Distributivgesetz gelten.
Hinweis: Diese Struktur wird auch algebraischer Körper genannt.
Der Wichtigkeit halber wird Position 4 aufgeschlüsselt:
1)
2)
3)
Q und sind disjunkt (= elementefremd) zueinander: Keine reelle Zahl ist rational und irrational.
Sie sind gemäß DIN 5473 auch zugelassen, werden in diesem Rahmen jedoch nicht verwandt.
invers (lat.): umgekehrt
10
1 Die reellen Zahlen
Axiome von Addition und Multiplikation
Für alle a, b, c ∈ R gelten
1. das Kommutativgesetz (Vertauschungsgesetz)
– der Addition:
a+b=b+a
– der Multiplikation: a · b = b · a
2. das Assoziativgesetz (Verbindungsgesetz)
– der Addition:
(a + b) + c = a + (b + c) = a + b + c
– der Multiplikation: (a · b) · c = a · (b · c) = a · b · c
3. das Distributivgesetz (Verteilungsgesetz): (a + b) · c = a · c + b · c.
Ordnungseigenschaften 1)
Bei der Vorstellung der natürlichen Zahlen sind sie bereits angedeutet worden, jetzt erfolgt die
Formulierung der Ordnungsaxiome:
1. Für zwei verschiedene Zahlen a, b ∈ R gilt: a < b oder b < a.
2. Für alle Zahlen a, b, c ∈ R gilt: a < b ∧ b < c Ÿ a < c.
Hieraus lassen sich weitere Ordnungsrelationen wie folgt definieren:
Definition 1.2
Für alle a, b, c ∈ R gilt:
a > b bedeutet b < a;
a ≥ b bedeutet b < a ∨ a = b;
a ≤ b bedeutet a < b ∨ a = b;
a < b < c bedeutet a < b ∧ b < c;
a < b ≤ c bedeutet a < b ∧ b ≤ c; usw.
Ausblick
Die algebraische Leistungsfähigkeit der reellen Zahlen R ist noch immer eingeschränkt:
Für a ∈ R– lassen sich Gleichungen der Form x2 = a in R nicht lösen.
¾ Keine reelle Zahl, die mit sich selbst multipliziert wird, liefert ein negatives Produkt.
Eine nochmalige Zahlenbereichserweiterung von den reellen zu den komplexen Zahlen (C)
schafft Abhilfe (ĺ Teil B, Kapitel 10).
• Aufgaben
1.1
Geben Sie in aufzählender Form an:
a) A = {x | x < 4}N;
b) B = {x | 2 < x ∧ x < 6}N; c) C = {x | x < 3 ∨ x = 3}N;
d) D = {x | 7 < x ∧ (x < 9 ∨ x = 9)}N; e) E = {x | x < 1 ∧ 1 < x}N; f) F = {x | x < 0 ∨ x = 0}N .
1)
Wegen ihrer Gültigkeit wird die algebraische Struktur der reellen Zahlen auch als angeordneter
Körper charakterisiert.
1.1 Die Grundeigenschaften der reellen Zahlen
11
1.2
Geben Sie für die Mengen M = {x | 8 < x ∧ x < 12}N und N = {x | 6 < x ∧ x < 10}N die Mengenverknüpfungen M \ N bzw. N \ M in beschreibender Form an.
1.3
a) Geben Sie für M = {x | 5 < x ∨ x = 5}Ndie Ergänzungsmenge MƍN in aufzählender Form an.
b) Gegeben sei NƍN = {1, 2, 3, ..., 19, 20}. – Wie heißt die Menge N in beschreibender Form ?
1.4
Oft benötigte Teilmengen von N sind die Menge der ungeraden und geraden Zahlen. – Geben Sie
beide Mengen in beschreibender Form an.
1.5
Führen Sie nachfolgende Mengenverknüpfungen durch:
a) N \ N* ;
b) N* \ N;
c) N \ {0};
d) {0} \ N*;
e) N ∩ {0};
f) N* ∩ {0};
g) N ∩ N*;
h) {0} ∩ {}.
1.6
Geben Sie in aufzählender Form an:
a) A = {x | – 2 ≤ x < 3}Z ;
1.7
b) B = {x | – 6 < x ≤ 0} Z ;
c) C = {x | – 12 < x ∧ x < – 13} Z .
Führen Sie nachfolgende Mengenverknüpfungen durch:
a) {x | x < 0}Z ∪ Z+; b) (Z \ Z+) \ Z–; c) (Z \ {0}) ∩ N; d) N \ (Z \ {0}); e) (N \ Z) ∪ {0}.
1.8
Geben Sie die Rechenregel an, die anzeigt, dass Z– bezüglich der Multiplikation nicht abgeschlossen ist.
1.9
Führen Sie nachfolgende Mengenverknüpfungen durch:
1.10
a) (Q \Q+)\Q–;
b) Z ∩Q+
d) Z\Q* ;
e) N ∩ Q* ;
b) 0, 45;
c) 1, 45;
d) 0,318 ;
e) 0,318 .
Führen Sie folgende Mengenverknüpfungen durch:
a) Q ∩ ;
e) ((Z \
Z +)
b) Q \ ;
\
Z– )
∩ R; f) (Z \
i) (R* \ ) ∩ N ;
1.12
f) Z* ∩ (Q \Q 0+ ).
Verwandeln Sie in Brüche und kürzen Sie so weit wie möglich :
a) 0, 5;
1.11
c) Z ∪Q* ;
Z– )
c) ∩ {0};
−
∩ R 0 ; g) (Z+ ∪ Z–) ∩ R+;
j) (R \R*) ∩ Z;
k) Z\ R*;
d) R* ∩ ;
h) (R \ Q) ∩ N;
l) (Z ∩ ƍR) \ Z*.
Konstruieren Sie die Bildpunkte folgender Irrationalzahlen auf der Zahlengeraden:
a)
5;
b)
18 ;
c)
20 ;
d)
23 ;
Hinweis: Für d) muss mit dem Thaleskreis gearbeitet werden.
1.1.2 Lagebeziehungen reeller Zahlen
Für viele Probleme in der Mathematik ist es wünschenswert, über die Ordnung hinaus weitere
(anschauliche) Angaben über die Lage reeller Zahlen auf der Zahlengeraden vorzunehmen.
Dazu dienen Begriffe wie Intervall, Umgebung und absoluter Betrag.
12
1 Die reellen Zahlen
Intervalle
Definition 1.3
Für a, b ∈ R und a < b heißen
1. [a; b] := {x | a ≤ x ≤ b}R geschlossenes Intervall;
2. ]a; b[ := {x | a < x < b}R offenes Intervall;
3. ]a; b] := {x | a < x ≤ b}R linksoffenes Intervall;
4. [a; b[ := {x | a ≤ x < b}R rechtsoffenes Intervall.
Die Elemente a und b nennt man Randpunkte der Intervalle.
Hinweis: Links- und rechtsoffene Intervalle gelten als halboffen.
Entsprechend obiger Definition ergibt sich
] – ∞; 0[ := R– für die negative Halbgerade,
] 0; ∞ [ := R+ für die positive Halbgerade und
] – ∞; ∞ [ := R für die vollständige Zahlengerade.
Hinweis
±∞∉ R
¾ ∞ bzw. – ∞ sind Symbole dafür, dass die reellen Zahlen nach „rechts“ hin über alle Maßen
groß (unendlich groß) und nach „links“ hin über alle Maßen klein (unendlich klein) werden.
Die Intervallbezeichnungen lassen sich gemäß Bild 1.10 veranschaulichen:
Bild 1.10
Intervalle
• Aufgaben
1.13
Geben Sie begründet an, ob es sich um abgeschlossene, offene bzw. halboffene Intervalle handelt:
a) M1 = {x | – 3 ≤ x < 5}R; b) M2 = {x | 0 < x < 7}R;
c) M3 = {x | x ≤ 4}R;
⎧
⎫
⎧
⎫
3n −1
1
∧ n ∈ N *⎬ ; f) M6 = ⎨x | x = ∧ n ∈ N *⎬ .
d) M4 = {x | – 5 ≤ x ≤ 2}R; e) M5 = ⎨x | x =
⎩
⎭
⎩
⎭
n
n
1.14
Geben Sie die Ergebnisse nachfolgender Mengenverknüpfungen in Intervallschreibweise an und
veranschaulichen Sie den jeweiligen Sachverhalt auf der Zahlengeraden:
a) [1;3] ∩ [– 2;2] ;
d)
R–
∩ ]– 3;6] ;
g) R +
0 \ [3; ∞[ ;
b) ] – 1; 0] ∩ [0; 4] ;
e)
R+
∩ ]– ∞; 3[ ;
h) R −
0 \ ]– ∞;– 5[ ;
c) [– 4; 2] ∪ ]0; 5] ;
f) R+ ∪ ]– ∞; 0] ;
i) R \ ( ]– ∞; 2[ ∪ [5; ∞[ ) .
1.1 Die Grundeigenschaften der reellen Zahlen
13
Umgebungen
Definition 1.4
Jedes offene Intervall, das eine Zahl x0 ∈ R enthält, heißt Umgebung von x0,
abgekürzt: U(x0).
Beispiele
a) ]1;3[ ist eine Umgebung von z. B. x0 = 2 oder x0 = 5 , nicht dagegen von x0 = 1 bzw. x0 = 3.
2
b) Umgebungen von 3 sind z. B. die offenen Intervalle ]2;5[, ]2,5; 6[, ]1; 4[, ]0; 3,2[ usw.
c) Einen Sonderfall stellt U(3) = ]2; 4[ dar; es ist eine symmetrische Umgebung zu x0 = 3.
Definition 1.5
Offene Intervalle der Form ]x0 – ε ; x0 + ε [ mit x0 ∈ R und dem Radius ε ∈ R + heißen
symmetrische oder kurz ε -Umgebungen von x0.
Die Bezeichnungen sind in Bild 1.11 veranschaulicht. Das Maß ε wird Halbbreite genannt.
Bild 1.11 Umgebung von x0
ε -Umgebung von x0
• Aufgaben
1.15
1.16
Geben Sie drei beliebige Umgebungen von x0 = 5 an, die ineinander geschachtelt sind.
Wie lauten symmetrische Umgebungen x0 = – 1 mit dem Radius
a) ε = 1;
1
2
b) ε = ;
c) ε =
1
10
;
d) ε =
1
100
?
Absoluter Betrag
Bei der Anordnung reeller Zahlen auf der Zahlengeraden werden die Zahl x0 ∈ R+ sowie die
additiv-inverse Zahl – x0 ∈ R– gleichweit von der 0 aufgetragen, zum einen auf der positiven,
zum anderen auf der negativen Halbgeraden: Die beiden Zahlen haben denselben Betrag.
Definition 1.6
­ + x0 , wenn x0 ≥ 0
Für den (absoluten) Betrag einer Zahl x0 ∈ R gilt |x0| : = ®
¯− x0 , wenn x0 < 0.
Beispiel: |+ 3| = + (+ 3) = 3, denn (+ 3) ≥ 0,
|– 3| = – (– 3) = 3, denn (– 3) < 0.
¾ Der Betrag einer Zahl x0 ∈ R* ist immer positiv. – Sonderfall: |0| = 0.
14
1 Die reellen Zahlen
Abstand zweier Zahlen
Für die Distanz zweier reeller Zahlen x1 und x2 auf der Zahlengeraden gilt d := | x2 − x1 | .
x1 und x2 sind miteinander vertauschbar: Ihre Entfernung zueinander ergibt sich unabhängig
von ihrer Lage (wieso?).
Beispiele
a) x1 = 3, x2 = – 2 Ÿ d = |– 2 – 3| = 5 ;
c) x1 = – 1, x2 = – 5 Ÿ d = |– 5– (– 1)| = 4 ;
b) x1 = – 3, x2 = + 2 Ÿ d = |+ 2– (– 3)| = 5 ;
d) x1 = – 5, x2 = – 1 Ÿ d = |– 1 – (– 5)| = 4 .
¾ Rechenregeln 1) für das Rechnen mit Beträgen reeller Zahlen a und b:
1. |a ⋅ b| = |a |⋅ |b |;
2.
a a
= , (b ≠ 0).
b b
• Aufgaben
1.17
Lösen Sie soweit wie möglich mündlich:
a) |3⋅(–4)| ;
b)
12
;
−3
c) |(– 2)3| ;
d)
3 − (−4)
;
3 + (−4)
e) |2a – 5a| ;
f) −
1
⋅a .
2
Hinweis: a ∈ R
1.18
1.19
Fassen Sie zusammen:
a) |– 4| – |– 5| ;
b) |– 2| – (| – 1| – | – 3|) ;
c) |– 3| – (2 – |– 1|) ;
d) |–2a| – (– 2)|– a| ;
e) |–3a| – (|– a| – 2a) ;
f) a – (|– a| + a) .
Ebenso, wenn a ∈ R:
a) |a| – a ;
1.20
c) a – |a| ;
d) – a – |– a| .
Geben Sie die Distanz folgender reeller Zahlen an:
a) x1 = 7, x2 = – 3 ;
1)
b) |– a| + a ;
b) x1 = – 4, x2 = – 7 ;
c) x1 = −
Siehe auch unter Betragsfunktionen (→ Abschnitt 2.2.3).
5
3
, x2 = ;
2
4
d) x1 =
2
11
, x2 = .
3
2
1.2 Das Rechnen in R
15
1.2 Das Rechnen in R
Die Verknüpfungen „+“ und „ · “ lassen sich in R uneingeschränkt durchführen. Dabei ergeben sich die umgekehrten Rechenoperationen „–“ und „:“ als Addition bzw. Multiplikation mit
inversen Elementen (Ausnahme: die Zahl 0 – wieso ?).
Weiter ist geläufig, dass ein Null- und ein Einselement existieren und die in R erklärten Verknüpfungen assoziativ, kommutativ und distributiv sind.
Hieraus erschließen sich sämtliche einschlägigen Regeln der Arithmetik 1) wie Vorzeichen- und
Klammerregeln, Regeln zur Bruchrechnung sowie Potenz- und Wurzelgesetze.
1.2.1 Der binomische Satz
Das Distributivgesetz a(b + c) = ab + ac verbindet für alle a, b, c ∈ R die Addition mit der
Multiplikation und begründet die Regeln für das Ausmultiplizieren von Summen und Differenzen. Als bekannt werden die klassischen binomischen Formeln vorausgesetzt:
(1) (a + b)2 = (a + b) (a + b) = a (a + b) + b (a + b) = ... = a2 + 2ab + b2 und
(2) (a – b)2 = (a + (– b)] [a + (– b)] = a [a + (– b)] + (– b) · [a + (– b)] = ... = a2 – 2ab + b2
(3) a2 – b2 = (a + b) (a – b).
Weniger bekannt dürften die folgenden Zerlegungen sein, die auch binomische Formeln sind:
(4) a3 + b3 = (a + b) (a2 – ab + b2) und
(5) a3 – b3 = (a – b) (a2 + ab + b2).
Und so gibt es eine Unmenge binomischer Formeln.
Von besonderer Bedeutung sind Binomialausdrücke der Form (a + b)n mit n ∈ N.
Das mühsame Ausmultiplizieren der Klammern kann unterbleiben, denn die Binomialkoeffizienten lassen sich in einem bestimmten Schema angeben, Pascal´sches Dreieck 2) genannt.
Unter Berücksichtigung des Sonderfalls, jeder Potenz mit dem Exponenten 0 den Wert 1 zuzuordnen3), gilt folgende Gesetzmäßigkeit:
1
11
121
1331
14641
(a + b)0 =
(a +
b)1
(a +
b)2
=
(a +
1a2b0
=
(a + b)3 =
b)4
1
1a1b0
=
+
+
=1
1a0b1
2a1b1+
=a+b
1a0b2
= a2 + 2ab + b2
1a3b0 + 3a2b1 + 3a1b2 + 1a0b3
1a4b0
+
4a3b1
+
6a2b2
+
4a1b3
+
1a0b4
= a3 + 3a2b +...
= a4 + 4a3b + …+ b4
#
Die gewonnenen Erkenntnisse lassen sich wie folgt festhalten:
1)
2)
3)
zu deutsch: Zahlenlehre, Rechenkunst
benannt nach Blaise Pascal (1623–1662); frz. Religionsphilosoph, Mathematiker und Physiker
korrekter: a° = 1 für alle a ∈ R*
16
1 Die reellen Zahlen
1. Im Pascal´schen Dreieck beginnt und endet jede Zeile mit der Zahl 1, dem Koeffizienten
von an und bn. Dazwischen wird zeilenweise mit weiteren Zahlen aufgefüllt, wobei sich
jede als Summe benachbarter Koeffizienten der jeweils vorausgehenden Zeile darstellt.
2. Die binomischen Gleichungen enthalten alle Terme der Form an–k bk (n – k ≥ 0; n, k ∈ N).
Dabei durchläuft k nacheinander die Zahlen von 0 bis n und umgekehrt nehmen die Exponenten von a alle Werte von n (wegen k = 0) bis 0 (wegen k = n) an.
(„Fallende Potenzen von a, steigende von b“)
3. Es gilt stets (n – k) + k = n: Die Summe der einzelnen Exponenten ist immer konstant n.
4. Alle Eigenschaften gelten auch für die Binomialausdrücke (a – b)n. Sie lassen sich auf die
Form [a + (– b)]n zurückführen, was für die Vorzeichen Konsequenzen hat (welche ?).
Ź Beispiel: Errechnen Sie (a – b)5.
Lösung: Das Pascal´sche Dreieck liefert die Binomialkoeffizienten 1, 5, 10, 10, 5, 1; somit gilt
(a – b)5 = [a + (–b)]5
= 1a5 (–b)0 + 5a4 (–b)1 + 10a3 (–b)2 + 10a2(–b)3 + 5a1 (–b)4 + 1a0 (–b)5 oder
(a – b)5 = a5 – 5a4b + 10a3b2 – 10a2b3 + 5ab4 – b5.
Hinweis: Das Minuszeichen ergibt sich immer dann, wenn ungerade Potenzen von b auftreten.
• Aufgaben
1.21
Berechnen Sie:
a) (a – b)3 ;
1.22
1.23
b) (a – b)4 ;
c) (a + b)6 ;
a) (a + 2)3 ;
b) (a – 3)3 ;
c) a − 1
)4 ;
d) (– a – 2)4 ;
e) (2a – 3)3 ;
f) a + 1 3 ;
(
)4
h) − a + 2 .
Ebenso:
(2 3 )
(
2
d) (a – b)7.
(
g) a + 2 ;
)4
Ebenso:
§
1·
©
¹
4
a) ¨¨ a − ¸¸ ;
a
(
)5
b) a − a ;
6
5
§
1 ·¸
d) ¨¨ a −
.
¸
§
1 ·¸
c) ¨¨ a +
;
¸
©
a¹
©
a¹
Zur Verallgemeinerung der Schreibweise von (a ± b)n bedarf es zusätzlicher Festlegungen:
Definition 1.7 („n-Fakultät“)
Definition 1.8 („n über k“)
Für alle n ∈ N* gilt
Für alle n, k ∈ N mit n – k ≥ 0 gilt
n! = 1 · 2 · 3 ... (n – 2) (n – 1) · n.
Zusätzlich wird festgelegt 0! = 1
Beispiele: 3! = 1 · 2 · 3 = 6;
5! = 120.
§n·
n!
¨¨ ¸¸ :=
© k ¹ ( n − k )! ⋅ k !
§5·
Beispiel: ¨¨ ¸¸ = 10 ; denn
© 3¹
§5·
5!
¨¨ ¸¸ =
= ...
3
−
(
5
3)! ⋅ 3 !
© ¹
1.2 Das Rechnen in R
17
• Aufgaben
1.24
Berechnen Sie:
§15 ·
§10 ·
a) ¨¨ ¸¸ ;
12
©
¹
c) ¨¨ ¸¸ ;
3
g) ¨¨ ¸¸ ;
3
h) ¨¨ ¸¸ ;
1
©
§ 4·
© ¹
§ 7·
d) ¨¨ ¸¸ ;
5
© ¹
§ 3·
f) ¨¨ ¸¸ ;
3
1.25
§ 8·
b) ¨¨ ¸¸ ;
7
¹
© ¹
§ 2·
© ¹
§ 1·
© ¹
i) ¨¨ ¸¸ ;
0
§ n ·
¸¸ ;
© n −1¹
d) ¨¨ ¸¸ ;
n
© ¹
§ 6·
e) ¨¨ ¸¸ ;
2
© ¹
§ 0·
j) ¨¨ ¸¸ .
0
© ¹
Ebenso:
§ n·
§ n·
a) ¨¨ ¸¸ ;
0
b) ¨¨ ¸¸ ;
1
© ¹
§ n·
c) ¨¨
© ¹
© ¹
§ n + 1·
¸¸ .
© n ¹
e) ¨¨
Die Binomialkoeffizienten im Pascal'schen Dreieck lassen sich nunmehr wie folgt schreiben:
§0·
¨¨ ¸¸
©0¹
n = 0:
§1·
¨¨ ¸¸
©0¹
n = 1:
§ 2·
¨¨ ¸¸
©0¹
n = 2:
§ 3·
¨¨ ¸¸
© 0¹
n = 3:
§ 4·
¨¨ ¸¸
© 0¹
n = 4:
n = 5:
§ 5·
¨¨ ¸¸
© 0¹
§ 2·
¨¨ ¸¸
©1¹
§ 3·
¨¨ ¸¸
© 1¹
§ 4·
¨¨ ¸¸
©1¹
§ 5·
¨¨ ¸¸
© 1¹
§1·
¨¨ ¸¸
©1¹
§ 3·
¨¨ ¸¸
© 2¹
§ 4·
¨¨ ¸¸
© 2¹
§ 5·
¨¨ ¸¸
© 2¹
§ 3·
¨¨ ¸¸
© 3¹
§ 4·
¨¨ ¸¸
© 3¹
§ 5·
¨¨ ¸¸
© 3¹
#
n = n:
§ 2·
¨¨ ¸¸
© 2¹
§ 4·
¨¨ ¸¸
© 4¹
§ 5·
¨¨ ¸¸
© 4¹
§ 5·
¨¨ ¸¸
© 5¹
#
⎛ n ⎞⎛ n ⎞⎛n⎞
⎜
⎟⎜
⎟⎜ ⎟
⎝n− 2⎠⎝n−1⎠⎝n⎠
§ n ·§ n ·§ n ·§ n ·
¨¨ ¸¸¨¨ ¸¸¨¨ ¸¸¨¨ ¸¸ ...
© 0 ¹© 1 ¹© 2 ¹© 3 ¹
Zum besseren Verständnis wird auf folgende Gesetzmäßigkeiten hingewiesen:
Satz 1.1
Für alle n, k ∈ N mit n – k ≥ 0 gilt
§ n· § n ·
¸¸ ;
1. ¨¨ ¸¸ = ¨¨
©k ¹ ©n − k ¹
§ n · § n · § n + 1·
¸¸ = ¨¨
¸¸ .
2. ¨¨ ¸¸ + ¨¨
© k ¹ © k + 1¹ © k + 1¹
Beispiele
⎛ 5⎞ ⎛5⎞ ⎛ 6⎞ ⎛ 6⎞ ⎛ n ⎞ ⎛ n ⎞
Satz 1.1 (1): ⎜ ⎟=⎜ ⎟; ⎜ ⎟=⎜ ⎟; ⎜ ⎟=⎜ ⎟; Satz 1.1 (2):
⎝ 2⎠ ⎝ 3⎠ ⎝ 2⎠ ⎝ 4⎠ ⎝ 0 ⎠ ⎝ n ⎠
⎛3⎞ ⎛ 3⎞ ⎛ 4⎞ ⎛ 4⎞ ⎛ 4⎞ ⎛ 5⎞
⎜ ⎟+⎜ ⎟=⎜ ⎟; ⎜ ⎟+⎜ ⎟=⎜ ⎟.
⎝1⎠ ⎝ 2⎠ ⎝ 2⎠ ⎝ 3⎠ ⎝ 4⎠ ⎝ 4⎠
18
1 Die reellen Zahlen
§n·
§ n ·
© ¹
©
¸
Mit ¨¨ ¸¸ = ¨¨
k
n−k¸
§n·
§n·
© ¹
© ¹
resultiert ¨¨ ¸¸ = ¨¨ ¸¸ ,
0
n
¹
§n· § n ·
¸¸ ,
¨¨ ¸¸ = ¨¨
© 1 ¹ © n − 1¹
§n· § n ·
¸¸ , usw.
¨¨ ¸¸ = ¨¨
© 2¹ © n − 2¹
¾ Das Pascal´sche Dreieck ist symmetrisch.
Die in einer Zeile angeordneten Binomialkoeffizienten mit gleichem Abstand vom Zeilenanfang bzw. -ende sind gleich groß.
Beispiele: ( 41 ) = ( 43 ) bzw. ( 15 ) = ( 54 ).
¾ Die Koeffizienten jeder Zeile (mit 1 beginnend) wachsen bis zur Mitte hin an und nehmen
dann umgekehrt bis zur 1 wieder ab.
¾ Der Binomialkoeffizient ck(n) := ( nk ) steht in der (n + 1)-ten Zeile an (k + 1)-ter Stelle, weil
k bzw. n jeweils von 0 an gezählt werden.
Beispiel: ( 53 ) ist in der 6. Zeile an 4. Stelle platziert.
Der binomische Satz lässt sich wie folgt formulieren:
Satz 1.2
Für alle n ∈ N und a, b ∈ R* gilt
§ n·
§ n·
§ n·
§ n · 1 n −1 § n · 0 n
¸¸a b
+ ¨¨ ¸¸a b .
(a + b)n = ¨¨ ¸¸a n b 0 + ¨¨ ¸¸a n −1b1 + ¨¨ ¸¸a n − 2 b 2 + ... + ¨¨
© 0¹
©1¹
© 2¹
© n − 1¹
© n¹
In abgekürzter Form wird auch geschrieben
(a + b)n =
n
§ n·
¦ ¨¨© k ¸¸¹ ⋅ a n − k ⋅ b k
(gelesen: Summe aller n über k... für k = 0 bis n).
k =0
Es bedeutet, der Reihe nach für k die Zahlen 0, 1, 2, ..., n einzusetzen und die so erhaltenen
Glieder zu addieren.
Ź Beispiel 1
Ź Beispiel 2
Gesucht ist die Binomialentwicklung für (a + b)3.
Für (2a – b)12 ist das 10. Glied zu bestimmen.
Lösung
Lösung
§ 3·
§ 3·
§ 3·
§ 3·
(a + b)3 = ¨¨ ¸¸a 3b 0 + ¨¨ ¸¸a 2 b1 + ¨¨ ¸¸a1b 2 + ¨¨ ¸¸a 0 b 3 ,
0
1
2
© ¹
© ¹
© ¹
© 3¹
Mit k + 1 = 10 ⇔ k = 9 folgt für den 10. Term
(a + b)3 = a3 + 3a2b + 3ab2 + b3.
( )
§12 ·
12!
T10 = ¨¨ ¸¸(2a)12−9 ⋅ (− b )9 =
⋅ (2a )3 ⋅ − b 9
9! (12 − 9)!
©9¹
10 ⋅ 11 ⋅ 12
T10 =
⋅ 8a 3 − b 9 = −1760a 3b 9 .
1⋅ 2 ⋅ 3
( )
1.2 Das Rechnen in R
19
• Aufgaben
1.26
Entwickeln Sie mit Hilfe des binomischen Satzes:
a) (a + b)7 ;
§a
b·
1.27
¹
§
1·
x¹
©
b) (1 – x)11 ;
c) 1+ 12 x
§
1 ·
e) ¨¨ x + ¸¸ ;
©
©
2¹
(
)
5
;
f) ( x −1)10 .
x2 ¹
Geben Sie jeweils das m-te Glied an:
a) (a + b)9, m = 7 ;
§a
b) (a – b)24, m = 21 ;
12
·
§ a
·
9
e) ¨¨ − 2b 2 ¸¸ , m = 4 ;
© 2b
¹
d) ¨¨ + 2b ¸¸ , m = 9 ;
©2
¹
c) (a – 3b)10, m = 4 ;
12
§
b·
©
¹
f) ¨¨ 2a − ¸¸ , m = 5.
a
Geben Sie die Binomialkoeffizienten ck (n) an für
a) a3b5 in (a + b)8 ;
1.30
§
b ·¸
f) ¨¨ a −
.
¸
6
8
d) ¨¨ x − ¸¸ ;
1.29
e) (a + 2b) 4 ;
Ebenso:
a) (1 + x)6 ;
1.28
c) (2a + b)6 ;
5
4
d) ¨¨ − ¸¸ ;
2 3
©
b) (a – b)9 ;
b) a2b8 in (a – b)10 ;
c) a3b2 in (2a + b)5 ;
d) – ab3 in (2a – 3b)4.
Fassen Sie mit Hilfe der Binomialentwicklung so weit wie möglich zusammen:
a) (a + b)n + (a – b)n ;
b) (a + b)n – (a – b)n.
Hinweis: Es sind Fallunterscheidungen erforderlich.
Ausblick
Die Binomialkoeffizienten sind u. a. von besonderer Bedeutung in der Kombinatorik. So lässt
sich angeben, wie viele Möglichkeiten es gibt, im Zahlenlotto aus 49 Zahlen 6 Gewinnzahlen
§ 49 ·
¸¸ = 13 983 816 mal.
©6¹
auszulosen; es geht c6 (49) = ¨¨
1.2.2 Gleichungen und Ungleichungen
Die Ausführungen zum binomischen Satz gehören im weitesten Sinne zur Gleichungslehre,
deren Grundsätze nachfolgend aufgefrischt bzw. vertieft werden.
Grundlagenwiederholung
Die Gleichheitsrelation ist durch folgende Gesetzmäßigkeiten charakterisiert:
Für beliebige Zahlen a, b, c ∈ R gilt
1. a = a
(Reflexivität)
2. a = b Ÿ b = a
(Symmetrie)
3. a = b ∧ b = c Ÿ a = c (Transitivität).
Gleichheitsaxiome
¾ Die Gleichheitsbeziehung ist reflexiv, symmetrisch und transitiv.
20
1 Die reellen Zahlen
Mathematische Beziehungen mit diesen Eigenschaften heißen Äquivalenzrelationen 1) 2).
Aussageformen
Durch das Gleichheitszeichen verbundene Terme T1 und T2 heißen Gleichung: T1 = T2.
Enthält diese Gleichung nur Zahlen (Konstanten), also keine Variablen, so handelt es sich um
eine Gleichheitsaussage, die keiner weiteren Erörterung bedarf. Tritt dagegen mindestens in
einem der beiden Terme eine Variable auf, so liegt eine Aussageform vor.
Ziel ist es, aus einer vorgegebenen Grund- bzw. Definitionsmenge D diejenigen Zahlen zu
ermitteln, welche statt der Variablen einzusetzen sind, um die Aussageform in eine wahre
Aussage zu überführen. Diese Zahlen heißen Lösung(selemente) der Aussageform und lassen
sich zur Lösungsmenge L zusammenfassen. Dabei gilt es 3 Fälle zu unterscheiden:
1. Die Lösung ist allgemeingültig
Diese Aussageformen heißen Identitäten 3) .
Beispiele
a) Der binomische Satz
f)
b) (a + b) (a – b) = a2 – b2
(a, b ∈ R),
c) 3x – 2x = x
1 x 2 −1
d) x − =
x
x
(x ∈ R),
e)
x ⋅ y = xy
(x ∈ R*),
(x, y ∈ R +
0 )
x
=
y
p
x
+
(x ∈ R +
0 , y∈R )
y
q
(b ∈ R +
0 )
g) b q = b p
h) (A =) π ⋅ r2 =
i) (V = )
1
4
πd2
4 π ⋅r 3 = 1 π ⋅d 3
3
6
(d, r ∈ R +
0 )
(d, r ∈ R +
0 )
¾ Die Lösungsmenge L stimmt mit der Definitionsmenge D überein: D = L.
Hinweis: Die Definitionsmengen sind hier z.T. eingeschränkt (wieso?).
2. Die Lösung ist teilgültig
Diese Aussageformen sind geläufig unter dem Begriff Bestimmungsgleichungen („Gleichung
mit einer Unbekannten“).
Zum Beispiel lässt sich für 5x – 2 = 2x – (– x + 1) die Variable x ∈ Q so bestimmen, dass eine wahre
Aussage resultiert. – Das gilt für x = ½, also ist L ={½} Lösungsmenge.
Zur Probe wird in der Bestimmungsgleichung die Variable x durch das Lösungselement ersetzt
und die Identität nachgewiesen.
¾ Die Lösungsmenge L ist in der Definitionsmenge D enthalten.
3. Keine Lösung
Für diese Aussageformen gibt es in der angegebenen Grundmenge keine Lösungselemente.
¾ Die Lösungsmenge ist leer: L = { }.
1)
2)
3)
Äquivalenz (lat.): Gleichwertigkeit
Andere Äquivalenzrelationen: Ähnlichkeit, Kongruenz und Parallelität
Die Terme sind sich selbst gleich; sie unterscheiden sich höchstens in ihrer Beziehungsweise.
1.2 Das Rechnen in R
21
Beispiele
a) 2x + 1 = 0 in Z,
b) x2 – 3 = 0 in Q und
c) x2 + 1 = x2 – 1 in R.
Hinweis: In den Fällen a) und b) vermag eine Zahlenbereichserweiterung (welche?) Abhilfe zu schaffen;
dagegen ist c) wegen des offensichtlichen Widerspruchs überhaupt nicht lösbar.
Äquivalenzumformungen
Die Lösungsstrategie besteht darin, eine Aussageform äquivalent1) so umzugestalten, dass die
Gleichungsvariable auf einer Seite des Gleichheitszeichens isoliert (allein) steht.
Dieser Sachverhalt ist insbesondere dann gegeben, wenn man in einer Gleichung T1 = T2
1. die Terme unter Anwendung von Kommutativ-, Assoziativ- und Distributivgesetz umformt, also Summen zusammenfasst, Produkte zerlegt, Faktoren ausklammert, Bruchterme
erweitert oder kürzt usw.;
2. die Terme gemäß der Symmetrie der Gleichheitsrelation vertauscht: T1 = T2 ⇔ T2 = T1;
3. einen Term T
a) addiert bzw. subtrahiert: T1 = T2 ⇔ T1 ± T = T2 ± T,
b) multipliziert:
T1 = T2 ⇔ T1 · T = T2 · T,
c) dividiert:
T1 = T2 ⇔
T1 T2
=
,
T T
wobei die beiden letzten Rechenoperationen nur dann sinnvoll sind, wenn T ≠ 0 ist.
¾ Eine äquivalente Umformung liegt nicht vor, wenn eine Aussageform potenziert wird:
T1 = T2 Ÿ T12 = T22 .
Ź Beispiel: Anzugeben sind Definitions- und Lösungsmenge der Wurzelgleichung
Lösung:
2x = x − 1 .
2 x = x − 1 Ÿ D = {x | x ≥ 1}R (wieso?); ein Potenzieren der Gleichung führt auf
2x = x – 1 Ÿ D = R (!).
Die nachfolgende Äquivalenzumformung 2x = x – 1 ⇔ x = – 1 liefert nicht die Lösung obiger Gleichung,
da – 1 ∉ D. Die Lösungsmenge ist leer, was sich auch anhand einer Probe ergibt.
• Aufgaben
1.31
Zeigen Sie, dass es sich um Äquivalenzrelationen handelt:
a) Ähnlichkeit,
1.32
1)
b) Kongruenz,
c) Parallelität.
Stellen Sie folgende physikalische Formeln (Identitäten) wie gefordert um:
Die Lösungsmenge der Gleichung ändert sich nicht.
22
1 Die reellen Zahlen
a)
p1V1 p 2V2
,
=
T1
T2
b) v = v0 + a ⋅ t,
c) f =
d)
1.33
1.34
b⋅ g
,
b+ g
1
1
1
= +
,
R R1 R2
(Boyle-Gay-Lussac´sches Gesetz);
a=?
(gleichmäßig beschleunigte Bewegung);
b=? g=?
(Abbildungsgleichung der Optik);
R = ? R1 = ?
(Parallelschaltung von Widerständen).
Geben Sie die Lösungen folgender Gleichungen in R an:
a) (x + 1)2 – (x – 1)2 = 2x – (x – 3);
b) (x – 3)2 – x2 = 5 – [3x – 2 (1 – x)];
c) (x + 1)3 + (x – 1)3 = 2 · [x (x2 + 4) + 3];
d) x3 - (x - 2)2 = (x-2)(x2 + 2x +4) – (x + 2)(x - 2).
Bestimmen Sie Definitions- und Lösungsmengen:
a)
x −3 x−5
=
;
x +1
x
x −1
2
+
=1 ;
d)
x
x −1
1.35
V1 = ? T2 = ?
b)
5
4
−
=0;
2x − 1 x + 1
e)
2 x − 1 2(x + 2 )2 − (x − 3) 3 x + 4
=
+
2x + 1
2x −1
1 − 4x 2
c)
;
f)
x
2
x −1
=
5
2
4x −1
1
1
;
−
x −1 x +1
=
3
2
2x − x
−
4
2
2x + x
.
Der Wärmedurchgang (= Energieabgabe) durch Außenwände lässt sich wie folgt modellieren:
Außenwand, nicht isoliert:
Außenwand, isoliert:
T −Ta
Wärmestromdichte q 1 = i
x1
Wärmestromdichte q2 =
λ1
Ti −Ta
x1 x 2
+
λ1
λ2
Dabei gilt:
q1,2: Stromdichte als Maß für durch die Wand entweichende Energie in W/m2;
Ti , Ta: Wandinnen- bzw. -außentemperatur in °C;
x1: Wandstärke, x2: Isoliermaterialstärke, beide in m;
λ1: Wärmeleitkoeffizient (Wand), λ2: Wärmeleitkoeffizient (Iso-Material), beide in
W
.
m⋅°C
a) Begründen Sie, dass q1 ein Sonderfall von q2 ist.
b) Berechnen Sie die Stärke x2 des Isoliermaterials so, dass der Wärmedurchgang q2 nur noch
25 % des Durchgangs einer nicht wärmeisolierten Wand beträgt.
1.36
Ein Holzwürfel mit einem Volumen von V = 0,125 m3 schwimmt im Wasser. Berechnen Sie
seine Eintauchtiefe, wenn die Dichte des Holzes mit ρH = 0,6 kg/dm3 angenommen wird.
Hinweis: Ein Körper schwimmt, wenn Auftriebs- und Gewichtskraft gleich groß sind.
1.37
Eine aus nicht rostendem Stahlblech ( ρFE =7,85 kg/dm3) gefertigte kugelförmige Boje mit dem
Außendurchmesser D = 1 m schwimmt die Fahrrinne markierend zur Hälfte eingetaucht im Seewasser ( ρH2O = 1,02 kg/dm3) vor der Nordseeküste. - Berechnen Sie die Blechstärke.
1.38
Ein waagerecht verlegter zylindrischer Erdtank (d = 2 m, l = 4,8 m) enthält in zwei getrennten
Kammern bei voller Ausnutzung gleiche Gewichtsmengen Benzin ( ρB = 0,75 kg/dm3) und Dieselöl ( ρD = 0,85 kg/dm3). Berechnen Sie, an welcher Stelle die Trennwand bei der Fertigung eingeschweißt worden ist.
1.2 Das Rechnen in R
23
1.39
Kupferdraht (d = 0,2 mm, ρCu = 8,9 kg/dm3) wird auf eine 2 N schwere Rolle gewickelt; Rolle
mit Draht wiegen dann zusammen 2 daN. Berechnen Sie die Länge des aufgewickelten Drahtes.
1.40
Ein Cu-Rohr (Ø 30 mm) bestimmter Länge ist aus wärmetechnischen Gründen so stark isoliert
worden, dass sich ein Außendurchmesser von D = 80 mm ergibt. Durch Einsatz neuwertigen Isolationsmaterials ließe sich dessen Volumen bei gleichem Dämmungsvermögen auf die Hälfte reduzieren. Berechnen Sie für diesen Fall den neuen Außendurchmesser.
1.41
Die Differenz aus der Körper- und Flächendiagonale eines bestimmten Würfels beträgt 100 mm.
Berechnen Sie sein Volumen.
Lineare Gleichungssysteme
Die Ausführungen lassen sich unter Berücksichtigung folgender Grundsätze auf lineare Gleichungssysteme (LGS) übertragen:
1. Zwecks eindeutiger Lösung muss die Anzahl der voneinander unabhängigen Gleichungen
übereinstimmen mit der Anzahl der Variablen.
2. Lineare Gleichungssysteme mit
2 Variablen
3 Variablen
haben als Lösung
Paare (x; y)
Tripel (x; y; z).
Hinweis: LGS'e mit n Variablen haben ein sog. n-Tupel als Lösung: (x1, x2, x3, ..., xn).
3. Die Lösungsstrategie besteht darin, das Gleichungssystem letztendlich zu überführen in
eine Gleichung mit nur noch einer Variablen.
LGS mit 2 Variablen:
Lösung erfolgt mit Einsetzungs-, Gleichsetzungs-, Additions- oder
Subtraktions-Verfahren.
LGS mit 3 Variablen:
Es bedarf oftmals einer Kombination dieser Verfahren.
Ź Beispiel: Gesucht ist die Lösungsmenge L ⊂ Z 3 (= Z × Z × Z) für das lineare Gleichungssystem
(1) 2x + 5y – 2z = – 1
(2) ∧ x – y + z
=0
(3) ∧ – x + 3y + z = 6.
Lösung: Aus (2) ergibt sich infolge Äquivalenzumformung z = – x + y; eingesetzt in (1) und (3) folgt
(1)' 2x + 5y – 2(– x + y) = – 1 ⇔ 4x + 3y = – 1
(3)' – x + 3y + (– x + y) = 6 ⇔ – 2x + 4y = 6.
Das Gleichungssystem mit 3 Variablen ist überführt worden in eines mit 2 Variablen. Multipliziert man
nun (3)' mit dem Faktor 2, lässt sich das Additionsverfahren anwenden:
(1)' 4x + 3y
(3)" – 4x + 8y
=–1
= 12 | +
11y = 11
y = 1.
Durch Einsetzen in z. B. (1)' resultiert x = – 1; (2) liefert z = 2.
Die Lösungsmenge enthält als Lösungselement ein Zahlentripel: L = {(– 1; 1; 2)}.
24
1 Die reellen Zahlen
• Aufgaben
1.42
Lösen Sie (zwecks Wiederholung) folgende lineare Gleichungssysteme:
a) (1) 2x – 3y
2
y
b) (1) − x + =−1
3
4
(2) 4x
= 3y
=1
(2) – 3x + 4y = – 2
1.43
(2) 4x + 2y = 3.
Ebenso:
a) (1) x + y + z
(2) 2x – y – z
=9
b) (1) 4x – 3y + 5z = – 3
=–3
(3) – 3x + 2y + z = 4
1.44
c) (1) 7x – 5y = 1
c) (1) x + 12 y - 13 z = 8
(2) – 2x + y – 3z = 5
(2) 2x – y + 2z
=0
(3) 3x – 5y + 3z = 9
(3) 3 x - y + z
= -4.
5
Bilden Sie das Produkt x ⋅ y der Zahlen, für die gilt:
a) x + y = 5 und x2 - y2 = 5 ; b) x - y = 3 und x2- y2 = 3.
1.45
Ein Motorboot legt stromabwärts fahrend eine Strecke von 48,5 km in 3 Stunden zurück; für den
Rückweg werden 5 Stunden benötigt. Berechnen Sie die eigentliche mittlere Geschwindigkeit des
Bootes und die Geschwindigkeit der Strömung.
1.46
Ein aus einer CuAl-Legierung bestehendes Bauteil wiegt 12 N und soll im Labor hinsichtlich
seiner Legierungsbestandteile Kupfer ( ρCu = 8,9 kg/dm3) und Aluminium( ρAl = 2,7 kg/dm3) geprüft werden. Zu diesem Zwecke wird es in Wasser eingetaucht und liefert wegen des Auftriebs
nur noch eine Gewichtskraft von 10,4 N. - Ermitteln Sie die Dichte der CuAl-Legierung sowie
den prozentualen Anteil der beiden Legierungsbestandteile.
1.47
In einer gemütlichen Runde zeigen drei Personen einer vierten ihre vom selben Provider ausgestellten Telefonrechnungen:
Person 1: 51,43 € 1(92 Gesprächsminuten, 40 SMS)
Person 2: 64,52 € (128 Gesprächsminuten, 35 SMS)
Person 3: 72,55 € (152 Gesprächsminuten, 28 SMS).
Die drei sind erstaunt, dass der Vierte im Bunde nach kurzer Rechnung auf dem Bierdeckel Aussagen treffen kann über Gesprächs- und SMS-Kosten bzw. zur Grundgebühr.
Vollziehen Sie die Lösungsschritte rechnerisch unter Ergebnisangabe nach.
* Determinantenmethode
Zunächst ist der Begriff Determinante zu klären. Es ist nichts anderes als die Anordnung von
Zahlen in gleicher Anzahl (!) Zeilen und Spalten geschrieben, die nach einem bestimmten
Rechenschema abzuarbeiten sind.
2-reihige Determinante:
D=
a11 a12
:= a11 ⋅ a22 − a21 ⋅ a12 .
a21 a22
¾ Produkt der Hauptdiagonale (= a11 ⋅ a22 ) minus Produkt der Nebendiagonale (= a21 ⋅ a12 ).
Beispiele
a)
2 3
4 5
= 2 ⋅ 5 − 4 ⋅ 3 = −2 ;
b)
3 −4
2
5
= 3 ⋅ 5 − 2 ⋅ (−4) = 23 .
1.2 Das Rechnen in R
25
Hinweise zu Schreib- und Sprechweise bzw. zur Platzierung
Der Koeffizient a12 (gelesen: „a - eins - zwei“) steht in der 1. Zeile, 2. Spalte;
der Koeffizient a21 (gelesen: „a - zwei - eins“) steht in der 2. Zeile, 1. Spalte.
LGS mit 2 Variablen
Die Lösungsstrategie soll allgemein entwickelt werden:
(1)
(2)
a11x + a12 y = k1
a21x + a22 y = k2
|⋅ a22
|⋅ a12
(1) a11 ⋅ a22 ⋅ x + a12 ⋅ a22 ⋅ y = k1 ⋅ a22
(2) a12 ⋅ a21 ⋅ x + a12 ⋅ a22 ⋅ y = k 2 ⋅ a12
|−
a11 ⋅ a22 ⋅ x − a12 ⋅ a21 ⋅ x = k1 ⋅ a22 − k 2 ⋅ a12
(a11 ⋅ a22 − a12 ⋅ a21 ) ⋅ x = k1 ⋅ a22 − k 2 ⋅ a12
k a − k 2 a12
x = 1 22
.
a11a22 − a12 a21
|: (a11 ⋅ a22 − a12 ⋅ a21 ) ≠ 0
Die Herleitung für die Variable y erfolgt analog (Aufgabe!) und liefert y =
k 2 a11 − k1a21
.
a11a22 − a12 a21
Mit Determinanten geschrieben eröffnet sich ein geradezu verblüffender Zusammenhang,
Cramer’sche Regel 1) genannt:
k1 a12
k2 a22
Dx
=
x=
a11 a12
D
a21 a22
a11 k1
a21 k2
=
und y =
. Achtung: D ≠ 0.
a11 a12
D
a21 a22
Dy
¾ Die Nennerdeterminante enthält alle Koeffizienten in der der Gleichungsschreibweise
passenden Platzierung; sie wird deshalb auch Koeffizienten-Determinante genannt.
¾ Für die Zählerdeterminanten gilt Folgendes:
Dx entsteht aus D durch Spaltentausch:
Dy entsteht aus D durch Spaltentausch:
§ a11 ·
§k ·
¨¨
¸¸ ↔ ¨¨ 1 ¸¸ .
a
21
©
¹
© k2 ¹
§ a12 ·
§k ·
¨¨
¸¸ ↔ ¨¨ 1 ¸¸ .
a
22
©
¹
© k2 ¹
Ź Beispiel: Die Lösung ist gesucht für das LGS
(1) 2,4 x + 3,2 y = 5,8
(2) 6,5 x - 2,9 y = 1,7.
1)
Cramer, G. (1704–1752); Schweizer Mathematiker
26
1 Die reellen Zahlen
Lösung
2, 4 5,8
6,5 1,7
2, 4⋅1,7 − 6,5⋅5,8
y=
=
=
2, 4 3, 2
D
2, 4⋅(−2,9) − 6,5⋅3, 2
6,5 −2,9
5,8 3,2
1,7 − 2,9
Dx
5,8 ⋅ (−2,9) − 1,7 ⋅ 3,2
x=
=
=
2,4 3,2
D
2,4 ⋅ (−2,9) − 6,5 ⋅ 3,2
6,5 − 2,9
Dy
y =1, 211.
x = 0,802.
¾ Ein LGS mit 2 Variablen hat genau dann eine eindeutige Lösung, wenn gilt D  0 .
Für D = 0 ergeben sich unendlich viele (Dx,y,z = 0) oder gar keine Lösungen (Dx,y,z  0),
was hier nicht weiter thematisiert werden soll.
Koeffizienten-Matrix
Zwecks Anwendung der Cramer’schen Regel ist es hilfreich, LGS’e mit 2 Variablen entsprechend strukturiert anzugeben und sie computergerecht aufzubereiten.
Die Koeffizienten der Nennerdeterminante lassen sich festhalten in der
⎛a
a ⎞
Koeffizienten-Matrix A = ⎜ 11 12 ⎟.
a
a
⎝ 21 22 ⎠
Hinweis: Die Matrix wird 2 × 2-Matrix genannt, da sie aus 2 Zeilen und 2 Spalten besteht.
¾ Der 2 × 2-Matrix A wird eindeutig ein Zahlenwert zugeordnet, der sich als 2-reihige Determinante ergibt: |A| = D.
Erweiterte Koeffizienten-Matrix (Systemmatrix)
Vollständig definiert ist das LGS durch Einbezug der Konstanten k1 und k2:
⎛a
a k ⎞
(A|k) = ⎜ 11 12 1 ⎟, erweiterte Koeffizienten-Matrix oder Systemmatrix genannt.
⎝ a21 a22 k2 ⎠
LGS mit 3 Variablen
⎛ a11 a12
⎜
Die Systemmatrix (A|k) = ⎜ a21 a22
⎜a
⎝ 31 a32
(1)
a11x + a12 y + a13 z = k1
(2)
a21x + a22 y + a23 z = k2
(3)
a31x + a32 y + a33 z = k3.
a13
a23
a33
k1 ⎞
⎟
k2 ⎟ steht für das folgende LGS:
k3 ⎟
⎠
Ohne die umfangreiche Herleitung vorzunehmen: Die Cramer’sche Regel gilt, also
1.2 Das Rechnen in R
k1
k2
k3
D
x= x =
D
a11
a21
a31
27
a12 a13
a22 a23
a32 a33
a12 a13
a22 a23
a32 a33
und
a11
a21
Dy
a31
y=
=
D
a11
a21
a31
k1 a13
k2 a23
k3 a33
a12 a13
a22 a23
a32 a33
und
a11
a21
a31
D
z= z =
D
a11
a21
a31
a12 k1
a22 k2
a32 k3
.
a12 a13
a22 a23
a32 a33
¾ Ein LGS mit 3 Variablen hat genau dann eine Lösung, wenn gilt D  0 .
Für D = 0 ergeben sich unendlich viele (Dx,y,z = 0) oder gar keine Lösungen (Dx,y,z  0),
was hier nicht weiter thematisiert werden soll.
3-reihige Determinanten
Wie 3-reihige Determinanten rechnerisch anzugehen sind, sagt nachfolgende Definition einer
Unterdeterminanten-Entwicklung 1) „nach der 1. Spalte“:
Definition 1.9
Unter der Determinante D einer 3 × 3-Matrix A versteht man den Zahlenwert
a11
a12
a13
a31 a32
a33
D = |A| = a21 a22 a23 = a11⋅
a22
a32
a23
a
− a21⋅ 12
a33
a32
a13
a
+ a31⋅ 12
a33
a22
a13
.
a23
Das Entwicklungsschema „nach der 1. Spalte“ läuft wie folgt ab:
Alle drei Koeffizienten der 1. Spalte treten genau in ihrer Reihenfolge als Faktoren vor den
2-reihigen Unterdeterminanten auf, und zwar mit wechselndem Vorzeichen: a11 positiv, a21
negativ und a31 wiederum positiv (Schachbretteffekt: weißes Feld – schwarzes Feld usw.).
Die Koeffizienten der Unterdeterminanten ergeben sich als verbleibender Rest von D, indem
neben der „Entwicklungsspalte“ jeweils die zu a11, a21 und a31 gehörigen Zeilen gestrichen
werden. – Bei einer Zeilenentwicklung gilt alles analog.
Hinweis zum „Schachbretteffekt“: Ist die Summe der Indizes eine gerade Zahl, so wird der Faktor positiv
gewertet, ist die Summe der Indizes eine ungerade Zahl, entsprechend negativ.
¾ Entwicklung „nach der 1. Zeile“
a11
a12
a13
D = |A| = a21 a22 a23 = a11 ⋅
a31
a32
a33
a22
a23
a32
a33
− a12 ⋅
a21 a23
a31
a33
+ a13 ⋅
a21 a22
a31
a32
.
¾ Entwicklung „nach der 2. Spalte“
1)
Laplace’scher Entwicklungssatz: Er gilt auch für 4-, 5-, …, n-reihige Determinanten.
Laplace (1749–1827); frz. Mathematiker, Physiker und Astronom
28
1 Die reellen Zahlen
a11
a12
a13
D = |A| = a21 a22 a23 = −a12 ⋅
a31 a32
a33
a21 a23
+ a22 ⋅
a31 a33
a11
a13
a31 a33
− a32 ⋅
a11
a13
a21 a23
.
2 9 4
Beispiel: D = 7 5 3 = …= -360.
6 1 8
Entwicklung nach der 2. Zeile
Entwicklung nach der 1. Spalte
D = 2⋅
5 3
9 4
9 4
−7⋅
+ 6⋅
1 8
1 8
5 3
D = (−7) ⋅
= 2 ⋅ ( 40 − 3) − 7 ⋅ (72 − 4) + 6 ⋅ (27 − 20)
D = −360.
9 4
2 4
2 9
+ 5⋅
− 3⋅
1 8
6 8
6 1
= ( −7) ⋅ (72 − 4) + 5 ⋅ (16 − 24) − 3 ⋅ (2 − 54)
D = −360.
Sonderfall: Regel von Sarrus 1)
Sie gilt ausschließlich für 3-reihige Determinanten und läuft nach folgendem Schema ab:
– Die 1. und 2. Spalte werden rechts davon noch
einmal hingeschrieben,
– anschließend wird die Summe der 3 Hauptdiagonalen-Produkte gebildet und
– davon die Summe der 3 Nebendiagonalen-Produkte subtrahiert.
Also:
D = a11 ⋅a22 ⋅a33 + a12 ⋅a23 ⋅a31 + a13 ⋅a21⋅a32 − ( a31⋅a22 ⋅a13 + a32 ⋅a23 ⋅a11 + a33 ⋅a21⋅a12 ).
• Aufgaben
1.48
1.49
Bestimmen Sie die Lösungen nachfolgender LGS'e mit Cramer'scher Regel:
a) (1) 1,36 x + 2,88 y = 8,12
b) (1) 5,72 x – 3,54 y = 2,35
c) (1) 2,53 x - 3,62 y = 6,54
(2) 2,84 x + 4,65 y = 9,54
(2) 4,34 x + 2,76 y = 9,75
(2) -1,78x + 5,15 y = 6,78.
Die Koeffizienten-Matrix eines LGS lautet
a)
r
2
2 r
b)
r− 5
2
2
−r
c)
r−2
3
−2
r +3
d)
r
−1
2 r+2
.
Geben Sie jeweils r ∈ R so an, dass das LGS keine Lösungen aufweist.
1.50
Beweisen Sie speziell für 2-reihige Determinanten, dass sich
a) … ihr Zahlenwert nicht ändert, wenn Zeilen und Spalten miteinander vertauscht werden.
b) … ihr Vorzeichen ändert, wenn zwei Zeilen (zwei Spalten) miteinander vertauscht werden.
1)
Sarrus (gesprochen: Sarü, 1798–1861); frz. Mathematiker
1.2 Das Rechnen in R
1.51
29
Bei der Festigkeitsberechnung einer mehrfach gelagerten Welle tritt für die Stützmomente M1,
M2 und M3 folgendes LGS auf (Angaben in kNm). – Berechnen Sie diese mittels Cramer'scher
Regel.
= 4,775
(1) 2,308 M1 + 0,502 M2
(2) 0,757 M1 + 1,354 M2 + 0,416 M3 = 5,325
(3)
0,816 M2 + 1,459 M3 = 3,125.
1.52
In verzweigten Stromkreisen verteilt sich der Strom in den
Stromverzweigungspunkten (= Knotenpunkte) so, dass
sich ein Gleichgewicht der Ladungen einstellt: Die Summe der zufließenden Ströme ist dort so groß wie die
Summe der abfließenden Ströme.
Ferner gilt, dass in einer Masche die Summe der Spannungen gleich 0 ist, wenn man diese entsprechend ihrer
Bild 1.12
Zählpfeile addiert.
Ermitteln Sie für den in Bild 1.12 dargestellten Schaltplan die Ströme I1, I2 und I3, wenn gilt
U1 = U2 = 24 V, R1 = 15 Ω, R2 = 22 Ω, R3 = 30 Ω.
1.53
Geben Sie an, für jeweils welchen Koeffizienten r die zugehörige Determinante 0 wird:
a)
1.54
§ 3 1 2·
¨
¸
¨5 3 r ¸ ;
¨ 4 2 4¸
©
¹
§ − 3 9 − 6·
¨
¸
b) ¨ 2 4 3 ¸ ;
¨ 1 r 2 ¸
©
¹
§ 1 2 3·
¨
¸
c) ¨ 4 r 6 ¸.
¨7 8 9¸
©
¹
Lösen Sie das durch folgende System-Matrix beschriebene LGS:
§ 1
3 2 3·
¨
¸
(A|k) = ¨ − 1 − 1 − 1 3 ¸ .
¨¨
¸¸
© − 3 2 2 4¹
Lineare Ungleichungen
Zwei Terme durch Ordnungsrelationen miteinander verbunden, heißen Ungleichungen:
T1 < T2 bzw. T1 > T2.
Tritt dabei in mindestens einem der beiden Terme eine Variable auf, liegt wiederum eine Aussageform vor. Die Zielsetzung entspricht der von Gleichungen: Aus einer Definitionsmenge D
sind diejenigen Zahlen zu bestimmen, welche an Stelle der Variablen eingesetzt die Aussageform in eine wahre Aussage überführen.
Da die Ordnungsrelationen zwar transitiv, nicht aber reflexiv und symmetrisch sind (wieso
nicht?), bedarf es zusätzlicher Rechenregeln:
Monotonieaxiome
1. Für alle a, b, c ∈ R gilt:
2. Für alle a, b ∈ R und c ∈
a<b⇔a+c<b+c
R+
gilt: a < b ⇔ a · c < b · c.
¾ Die Monotonieeigenschaft der Multiplikation gilt nur für c ∈R+.
30
1 Die reellen Zahlen
Ist c ∈ R–, erschließt sich das folgende Inversionsgesetz:
Satz 1.3
Für alle a, b ∈ R und c ∈ R– gilt: a < b ⇔ a · c > b · c.
Hinweis: Das Relationszeichen hat sich umgekehrt !
Beweis
Es sei a, b ∈ R und c ∈ R–; dann ist – c ∈ R+ (wieso?). Somit ergibt sich
a < b ⇔ a ( – c) < b · ( – c)
⇔ – (ac) < – (bc)
⇔
bc < ac
(Monotonieeigenschaft der Multiplikation)
(Monotonieeigenschaft der Addition).
Die aufgezeigten Regeln gelten auch, wenn „ < “ durch „ ≤ “ ersetzt wird.
Die Gesetzmäßigkeiten zur Umformung von Gleichungen lassen sich unter Einbezug von
Monotonieaxiomen und Inversionsgesetz anwenden auf das Lösen linearer Ungleichungen.
Darunter versteht man die in R lösbaren Aussageformen der Gestalt
ax + b
0 (a ∈ R*, b ∈ R),
bzw. solche Ungleichungen, die man äquivalent in diese Form überführen kann.
Ź Beispiel 1: Anzugeben ist die Lösungsmenge L der Ungleichung 2x – (3x – 1) < 5 – (2 – x).
Lösung: Termumformungen führen auf
–x+1<3+x
⇔ – 2x < +2
⇔
x > – 1 (Inversionseigenschaft!).
Bild 1.13 L = {x | x > – 1}•
Die Lösungsmenge ergibt sich zu L = {x | x > – 1}R und lässt sich auf der Zahlengeraden graphisch veranschaulichen (Bild 1.13).
Ebenfalls zu den linearen Ungleichungen zählen Bruchungleichungen der Form
ax + b
cx + d
k (a, b, c, d ∈ R, k ∈ R und cx + d ≠ 0).
Sie lassen sich für cx + d ≠ 0 äquivalent in Aussageformen vorangegangenen Typs umschreiben. Dazu bedarf es verschiedener Fallunterscheidungen.
Ź Beispiel 2: Zu bestimmen sind Definitions- und Lösungsmenge der Bruchungleichung
3
< 1.
x−2
Lösung
Maximale Definitionsmenge ist D = R \ {2} (wieso?).
1. Fall: x – 2 > 0 ⇔ x > 2; somit gilt
3
<1⇔3<x–2⇔5<x
x−2
2. Fall: x – 2 < 0 ⇔ x < 2; somit gilt
3
<1⇔3>x–2⇔5>x
x−2
Ÿ L1 {x | x > 2 ∧ x > 5}R = {x | x > 5}R.
Ÿ L2 = {x | x < 2 ∧ x < 5}R = {x | x < 2}R.
1.2 Das Rechnen in R
31
Die gesuchte Lösungsmenge L ist die Menge aller Zahlen, die in L1 oder L2 enthalten sind:
L = L1 ∪ L2 = {x | x > 5}R ∪ {x | x < 2}•
L = {x | x < 2 ∨ x > 5}R = \ [2; 5],
Bild 1.14 L = R \ [2; 5]
was in Bild 1.14 veranschaulicht ist.
• Aufgaben
1.55
1.56
1.57
Lösen Sie folgende Ungleichungen und stellen Sie die Lösungsmengen auf der Zahlengeraden
graphisch dar:
1
3
1
5
c) − x + <
2
2
x+ ;
15
3
a) 5x – 3 < 3x + 1;
b) 3x – 6 > 7x + 4;
d) 3x – [2x – (– x + 1)] < x – (3 – x);
e) – 7x – [– (– x + 2)] < – 5x – [2– (1 – x)];
f) 1 – [5x – 3x (2 – x)] > (1 – x) (3 + 3x);
g) (1 – x)4 + (1 + x)4 > 2x2 (x2 + 6) – (x + 1).
Bestimmen Sie Definitions- und Lösungsmengen folgender Bruchungleichungen; veranschaulichen Sie die jeweilige Lösung graphisch auf der Zahlengeraden:
a)
1
<1 ;
x
b)
1
>2 ;
x
c)
x −1
<2 ;
x
d)
x
<2 ;
x −1
e)
2 x −1
+1< 0 ;
x−2
f)
x−2
−1< 0 .
2 x +1
Ebenso:
a)
3
1
< ;
x−4 x
b)
1
2
> ;
x +1 x
c)
1
1
>
;
x x −1
d)
4
2
<
;
x −1 x +1
e)
x
x +1
>
;
x +1
x
f)
x
x −3
<
.
x+3
x
Quadratische Gleichungen
Es handelt sich um Aussageformen der Gestalt
ax2 + bx + c = 0 mit a ∈ R*, b, c ∈ R,
die sich äquivalent in die normierte Form (Normalform) bringen lassen:
c
b
c
x 2 + x + = 0 ; mit p := b und q := a folgt
a
a
a
x2 + px + q = 0
⇔ x2 + px
p
quadratische Ergänzung von ( 2 )2 liefert
= – q,
⎛ p ⎞2 ⎛ p ⎞2
x 2 + px +⎜ ⎟ =⎜ ⎟ − q , Umgestaltung des linken Terms mit 1. binomischer Formel
⎝2⎠ ⎝2⎠
2
2
p·
§
§ p·
¨x+ ¸ =¨ ¸ −q
2¹
©
©2¹
32
1 Die reellen Zahlen
p·2
§
§ p·
¨x+ ¸ = ¨ ¸−q
2
©
¹
©2¹
⇔
2
⇔
x+
p
§ p·
= ¨ ¸ − q .1)
2
©2¹
Gemäß Definition 1.6 gilt es zwei Fälle zu unterscheiden:
2
2
2
2
1. Fall: x +
p
≥ 0:
2
p·
p
§
§ p·
§ p·
+¨x+ ¸ = ¨ ¸ −q ⇔ x = − + ¨ ¸ −q
2¹
2
©
©2¹
©2¹
2. Fall: x +
p
< 0:
2
p·
p
§
§ p·
§ p·
−¨x + ¸ = ¨ ¸ −q ⇔ x = − − ¨ ¸ −q .
2¹
2
©
©2¹
©2¹
Satz 1.4
Die normierte quadratische Gleichung x2 + px + q = 0 ( p, q ∈ R) hat die Lösungen
2
2
p
§ p·
+ ¨ ¸ − q oder
2
©2¹
abgekürzt:
x=−
p
§ p·
− ¨ ¸ −q ;
2
©2¹
x=−
2
x1,2 = −
p
§ p·
± ¨ ¸ −q
2
©2¹
( p,q-Formel).
Hinweis: Quadratische Gleichungen zunächst in die normierte Form überführen .
Ź Beispiel: Zu bestimmen ist die Lösungsmenge der quadratischen Aussageform – 2x2 – 6x + 8 = 0.
Lösung: – 2x2 – 6x + 8 = 0 ⇔ x2 + 3x – 4 = 0.
Es folgt
3 ⎛ 3 ⎞2
x1,2 = − ± ⎜ ⎟ − (−4)
2 ⎝2⎠
x1,2 = −
3
±
2
25
Ÿ x1 = 1 bzw. x2 = – 4,
4
d. h. L = {– 4, + 1} ist Lösungsmenge.
Fallunterscheidungen
Bezüglich der Lösungen quadratischer Gleichungen sind 3 Fälle zu unterscheiden, abhängig
2
von der sog. Diskriminante
1)
§ p·
D := ¨ ¸ − q :
©2¹
Der Wurzelausdruck ist positiv definiert und für alle a ∈ R gilt die Festlegung
a 2 : = |a| .
1.2 Das Rechnen in R
33
1. D > 0: x1, x2 ∈ R ∧ x1 ≠ x2
2. D = 0: x1, x2 ∈ R ∧ x1 = x2
3. D < 0: x1, x2 ∉ R (!)
wie z. B. für x2 – x – 2 = 0;
wie z. B. für x2 – 2x + 1 = 0;
wie z. B. für x2 – 2x + 2 = 0.
(Bitte die Richtigkeit der Angaben anhand der aufgeführten Beispiele begründet überprüfen.)
Es besteht ein weiterer Zusammenhang zwischen den reellen Lösungen einer quadratischen
Gleichung sowie den Koeffizienten p und q, der Satz von Viëta 1) genannt wird:
Satz 1.5
Für die Lösungen x1, x2 ∈ R der normierten quadratischen Gleichung x2 + px + q = 0 gilt
x1 + x2 = – p
und
x1 · x2 = q
.
Beweis
§
¨ p
x1 + x2 = ¨ − +
¨ 2
©
⎛
p
x1 ⋅ x2 =⎜
⎜− 2 +
⎝
· §
·
2
2
¸ ¨ p
¸ § p·
§ p·
§ p·
¨ ¸ − q ¸ + ¨ − − ¨ ¸ − q ¸ = 2¨ − ¸ = − p ;
2
2
2
© ¹
© ¹
¸ ¨
¸ © 2¹
¹ ©
¹
⎞⎛
⎤⎞
⎛ p ⎞2
⎛ p ⎞2
⎛ p ⎞2 ⎡⎛ p ⎞2
⎟⎜ p
⎟
⎜ ⎟ − q ⎟⎜− − ⎜ ⎟ − q =⎜− ⎟ −⎢⎜ ⎟ − q ⎥⎟= q .
⎝2⎠
⎝2⎠
⎝ 2⎠ ⎢
⎝
⎠
2
2
⎥
⎣
⎦⎠
⎠⎝
Linearfaktorenzerlegung
Der Satz von Viëta dient einmal dazu, die Lösungen einer quadratischen Gleichung einer
Probe zu unterziehen. Zum anderen erlaubt er eine Umformung des quadratischen Terms in
Linearfaktoren:
Mit x1 + x2 = – p ⇔ p = – (x1 + x2) und q = x1 · x2 geschieht diese Umformung wie folgt:
x2 + px + q = 0
⇔ x2 – (x1 + x2) x + x1x2 = 0
⇔
x2 – x1x – x2x + x1x2 = 0
⇔ x (x – x1) – x2 (x – x1) = 0
⇔
(x – x1) (x – x2) = 0, d. h.
x2 + px + q = 0 ⇔ (x – x1) (x – x2) = 0.
Konsequenz: Quadratische Gleichungen lassen sich insbesondere dann eleganter lösen, wenn
ganzzahlige Ergebnisse zu erwarten sind. Dazu bedarf es des Satzes vom Nullprodukt:
Satz 1.6
Für alle a, b ∈ R gilt
a·b=0⇔a=0∨b=0 ;
in Worten: Ein Produkt ist 0, wenn mindestens einer der Faktoren 0 ist.
1)
Viëta (1540–1603); frz. Mathematiker
34
1 Die reellen Zahlen
Ź Beispiel: Mittels Linearfaktorenzerlegung und Satz vom Nullprodukt soll die quadratische Gleichung
x2 – 4x + 3 = 0 gelöst werden.
Lösung
Die Linearfaktorenzerlegung erfordert zwei reelle Zahlen x1 und x2, die gemäß des Satzes von Viëta als
Produkt „+3“ und als Summe „– ( – 4)“ aufweisen.
Also: x2 – 4x + 3 = 0 ⇔ (x – 1) (x – 3) = 0 ⇔ x – 1 = 0 ∨ x – 3 = 0, d. h. L = {1, 3}.
• Aufgaben
1.58
Geben Sie die Lösungsmengen folgender quadratischer Aussageformen an:
a) x2 – 5x + 4 = 0;
b) – x2 + x + 6 = 0;
1
3
9
e) x 2 − x = − ;
4
2
4
d) – 6x2 + x + 1 = 0;
1.59
b) x2 – 3x + 2 = 0;
3
e) x 2 + x −1 = 0 ;
2
d) x2 + 6x + 9 = 0;
b) L2 = {– 5, – 4};
e) L5 = {– 2};
c) L3 ={-ѿ, 3};
f ) L6 = {a + b, a – b}.
Bestimmen Sie c ∈ R so, dass sich 2 verschiedene (2 gleiche, keine) Lösungen in R ergeben:
a) x2 – 2x + c = 0;
1.62
c) x2 + 5x + 6 = 0;
3
1
f ) x2 − x + = 0 .
4
8
Ermitteln Sie die normierten quadratischen Gleichungen mit den Lösungsmengen
a) L1 ={3, 5};
d) L4 = {0, 4};
1.61
2
1
1
x + = − x2 .
5
2
10
f)
Ebenso mittels Linearfaktorenzerlegung:
a) x2 – 2x = 0;
1.60
c) 2x2 + x – 3 = 0;
b) 2x2 – 3x + c = 0;
1
3
c) − x 2 − 2 x + c = 0 .
Geben Sie Definitions- und Lösungsmengen folgender Bruchgleichungen an:
a)
2x −1 1
1
2− x
− =
−
;
x x+2
4
2
b)
3x
1
3
+
=
;
x −1 x +1 x2 −1
c)
x −1
x
x +1
−
=
−1 .
x +1 x − 2
x
1.63
Bei einem Unwetter ist ein Stahlmast 5 m oberhalb des eben verlaufenden Erdbodens abgeknickt
worden. Seine Spitze hat 12 m vom Fußpunkt des Turmes entfernt Bodenkontakt. Berechnen Sie
die ursprüngliche Masthöhe.
1.64
Zwei Glühlampen haben in Reihe geschaltet einen Widerstand von 20 Ω; bei Parallelschaltung
beträgt er noch 4,8 Ω. – Berechnen Sie die Größe der beiden Widerstände.
1.65
Lösen Sie folgende Wurzelgleichungen (Probe!):
1.66
a)
2x = x + 2 ;
b)
x = x−2;
c)
x +1 = 3 − x − 2 ;
d)
− x = 5− x − 5+ x ;
e)
6 x − 15 = 2 x + 1 − x − 4 ;
f)
9x + 3 = x − 2 + 6x − 3 .
Bilden Sie das Produkt x⋅y der Zahlen, für die gilt:
a) x + y = 1 und x3 + y3 = 7 ; b) x - y = 1 und x3 - y3 = 37.
1.67
Klären Sie, was nachfolgend falsch ist:
⎛ x −1 ⎞2
⎜
⎟ =1 ⇒ ( x −1)2 = ( x +1)2 ⇒ x −1= x +1 ⇒−1=+1.
⎝ x +1 ⎠
1.2 Das Rechnen in R
35
Exponentialgleichungen
Aussageformen, in denen die Variable x als Exponent vorkommt, heißen Exponentialgleichungen; sie haben die Form
bx = n
mit b ∈ R+ \ {1} und n ∈ R+.
Ihre Lösungen werden mittels besonderen Symbols dargestellt: bx = n ⇔ x := logb n, wobei x
als Logarithmus von n zur Basis b bezeichnet wird und die Hochzahl angibt, mit der man b
potenzieren muss, um den sog. Numerus 1) n zu erhalten: b log b n = n .
Für einige Spezialfälle lässt sich der Logarithmus ohne Rechenaufwand finden:
a) 2x = 8 ⇔ x = log2 8 =
3, da 23 = 8;
b) 4x = 2 ⇔ x = log4 2 =
1
2
1
, da 4 2 = 2;
c) 8x =
1
8
⇔ x = log8
1
8
= – 1, da 8–1 =
d) 9x =
1
3
⇔ x = log9
1
3
=–
e)
25x
1
2
, da 9
= 1 ⇔ x = log25 1 = 0, da
−1
2
250
1
8
=
;
1
3
;
= 1.
In der Regel müssen die Lösungen von Exponentialgleichungen rechnerisch ermittelt werden.
Überwiegend geschieht es unter Anwendung der Logarithmengesetze und unter Verwendung
eines geeigneten Logarithmensystems.
Logarithmengesetze
Satz 1.7
Es sei b ∈ R+ \ {1}, ferner u, v ∈ R+ und r ∈ R.
Dann gilt
(1)
(2)
(3)
logb (u · v) = logb u + logb v;
§u·
logb ¨ ¸ = logb u – logb v;
©v¹
logb (ur) = r · logb u.
Beweis zu (1)
Mit u = blogb u , v = blogb v und uv = blogb (uv ) folgt
u ⋅v = blogb (uv ) = blogb u ⋅blogb v ;
das 1. Potenzgesetz 2) führt auf
blogb (uv ) = blogb u+logb v (Exponentenvergleich!)
⇔ logb (uv) = logb u + logb v.
Für (2) verläuft der Beweis entsprechend, lediglich ist das 2. Potenzgesetz 3) anzuwenden.
1)
2)
3)
numerus (lat.): Zahl
Potenzen mit gleicher Basis werden multipliziert, indem man ihre Exponenten addiert.
Potenzen mit gleicher Basis werden dividiert, indem man ihre Exponenten subtrahiert.
36
1 Die reellen Zahlen
Beweis zu (3)
Mit u = blogb u folgt
r
u r = blogb (u ) = (blogb u )r ;
r
das 5. Potenzgesetz 1) liefert blogb (u ) = b r⋅logb u (Exponentenvergleich!)
⇔ logb (u r ) = r ⋅log b u .
Hinweis: Das 3. Logarithmengesetz beinhaltet sowohl die Regel für das Logarithmieren einer
Potenz als auch das einer Wurzel, wie folgende Beispiele verdeutlichen:
1
a) x = logb
3
u ⇔ x = logb u 3 ⇔ x =
b) x = logb
4
u 3 ⇔ x = logb u 4 ⇔ x =
1
3
logb u;
3
4
logb u.
3
Logarithmensysteme
Von besonderer Bedeutung sind die Logarithmen bestimmter Basen. Dieses sind
– die dekadischen und
– die natürlichen Logarithmen.
Dekadische Logarithmen
Natürliche Logarithmen2)
b = 10
b=e
lg n = log10 n
ln n = loge n
Basis
Schreibweise
Ihre Werte lassen sich für n ∈ R+ mittels ET-Rechner „abfragen“ wie z. B.
lg 2 ≈ 0,3010, da 100,3010 ≈ 2 bzw. ln 2 ≈ 0,6931, da e0,6931 ≈ 2.
Hinweis: Die meisten Logarithmen sind irrational, entsprechen somit Näherungen.
Lösungsverfahren
Folgende Äquivalenz bildet die Grundlage für das weitere Vorgehen:
T1 = T2 ⇔ logb T1 = logb T2
Unter Anwendung der Logarithmengesetze und unter Zugriff auf eines der beiden Logarithmensysteme lässt sich der Zahlenwert der Variablen bestimmen.
1)
2)
Potenzen werden potenziert, indem man ihre Exponenten multipliziert.
Euler’sche Zahl: e ≈ 2,71828459…
1.2 Das Rechnen in R
37
Ź Beispiel: Gesucht ist die Lösung von 2x = 20.
Lösung
2x = 20 ⇔ lg 2x = lg 20
Mit dekadischen Logarithmen folgt
lg 20
Ÿ x ≈ 4,3219.
lg 2
Hinweis: Entsprechend ergibt sich der Rechengang mit natürlichen Logarithmen.
⇔ x · lg 2 = lg 20 ⇔ x =
Sonderfall: Exponentenvergleich
Ein Exponentenvergleich ist immer dann angebracht, wenn sich die Terme von Exponentialgleichungen als Potenz mit gleicher Basis schreiben lassen.
Ź Beispiel 2
Ź Beispiel 1
Gesucht ist die Lösung für 162x–1 = 64x–1 .
§1·
©8¹
Ebenso für ¨ ¸
x+2
= 2 ⋅ 4 x −1 .
Lösung
Lösung
162x–1
§1·
¨ ¸
©8¹
64x–1
=
(24)2x–1 = (26)x–1
28x–4 = 26x–6 (Exponentenvergleich!)
8x – 4 = 6x – 6
2x = – 2
x =–1
x+2
= 2 ⋅ 4 x −1
(2–3)x+2 = 21 · (22)x–1
2–3x–6 = 22x–2+1 (Exponentenvergleich!)
– 3x – 6 = 2x – 1.
x = – 1.
• Aufgaben
1.68
Geben Sie (mündlich) an, welche Zahlen gemeint sind mit
a) log2 16;
f) log3
1
;
27
k) log100 10;
p) log1000
1.69
1
;
10
b) log3 81
g) log4
c) log4 64;
1
64
h) log8
1
;
64
l) log125 1;
m) log25
q) logb b;
r) logb 1;
1
;
5
1
;
2
d) log5 5;
e) log2
i) log32 2;
j) log49 7;
n) log64
1
;
4
s) logb bm;
o) log256
1
;
16
t) logb n b .
Lösen Sie die folgenden Exponentialgleichungen mittels Exponentenvergleichs:
1
;
25
a) 3x+2 = 27;
b) 43–2x = 256;
c) 52x–1 =
d) 63x–4 = 1;
e) 81 ⋅ 9x = 3x;
f) 25 ⋅ 5–3x = 51–2x;
g) 2⋅ ( 2 ) x = 4 x − 4 ;
h)
x
64 = 16 x−2 ;
i)
x−1
⎛ 1 ⎞5−2 x
81 = x ⎜ ⎟
.
⎝3⎠
38
1.70
1 Die reellen Zahlen
Geben Sie die Lösungen folgender Exponentialgleichungen an:
a) 5x =16;
d) 7 ·
1.71
1.72
5x
b) 7x – 4 = 10;
= 0,5 ·
7x;
e) 3 ·
5x+2
f) 5 · 8x+3 = 3 · 16x+2.
Ebenso:
a) 9 · 3x+2 – 5x+3 = 21 · 3x – 5x+2;
b) 3x+2 – 7 · 2x+1 = 9 · 2x – 11 · 3x–2;
c) 7 · 32x–1 + 4 · 5x–1 = 5x+1;
d) 4 · 52x – 23x+1 = 52x+1 – 3 · 23x.
Ebenso:
a) 4x – 3 · 2x + 2 = 0;
c) 2 ·
1.73
=
c) 6 – 2x = 3;
15x–1;
4x–1
+ 8 = 17 ·
b) 3x – 9 · 3–x – 8 = 0;
2x–1;
d) 32x–1 + 1 = 28 · 3x–2.
Angelegtes Kapital K0 wächst bei p % Zinsen nach n Jahren gemäß der sog. Zinseszinsformel auf
p
folgenden Betrag an: K n = K 0 ⋅(1+ 100 ) n .
a) Berechnen Sie, wie viele Jahre 1200 € zu 5 % Zinsen angelegt worden sind, wenn sie jetzt
mit 1.688,52 € zu Buche stehen.
b) Nach wie viel Jahren verdoppelt sich ein Kapital beliebiger Höhe bei 5 %-iger Verzinsung?
c) Wie viele Jahre dauert die Kapitalverdoppelung, wenn nur 2,5 %-ige Verzinsung erfolgt?
1.74
Nach welcher Zeit erreicht ein Kapital von 2000 € mit 5 %-iger Verzinsung den gleichen Wert
wie ein Kapital von 6000 € bei 2 %-iger Verzinsung?
1.75
Nach einem vereinfachten Wachstumsmodell vermehrt sich die Weltbevölkerung zurzeit etwa
nach folgender Gesetzmäßigkeit: Nn = N0 ⋅ 1,008n, wobei n für Jahre steht.
a) Berechnen Sie, nach wie viel Jahren die Menschheit von z. Zt. 6,7 Mrd. Menschen 1) auf
9,5 Mrd. anwächst.
b) Wie lange wird es nach diesem Modell dauern, bis sich die Weltbevölkerung verdoppelt?
1.76
Ein bestimmtes radioaktives Element zerfällt etwa nach folgender Gesetzmäßigkeit, wobei n für
Jahre steht: mn = m0 ⋅ 0,99956 n.
a) Geben Sie an, nach wie viel Jahren 10 % des Materials m0 zerstrahlt sind.
b) Berechnen Sie die Halbwertzeit dieses Elementes.
1.77
Ein Lichtstrahl besonderer Art und Intensität verliert beim Durchdringen einer Glasplatte bestimmter Stärke ein Zwölftel seiner Helligkeit.
Aus wie viel Platten besteht der Stoß, wenn der Lichtstrahl noch ca. 20 % seiner ursprünglichen
Helligkeit aufweist?
1.78
In der Bodenmessstation des Towers eines in 1000 m Höhe gelegenen Flughafens wird bei einer
bestimmten Witterungslage ein Luftdruck von 925 hPa gemessen, der mit zunehmender Höhe abnimmt, und zwar alle 10,5 m exponentiell um jeweils 1 ‰.
Berechnen Sie die Flughöhe eines Flugzeuges über N.N., dessen Messinstrumente einen Außenluftdruck von 600 hPa anzeigen.
1)
Stand März 2007
39
2 Funktionenlehre
2.1 Grundlagen
2.1.1 Paarmengen
Der Begriff Paarmenge wird als bekannt vorausgesetzt; gleichwohl soll das Wichtigste darüber
noch einmal anschauungsorientiert herausgestellt werden:
Zwei Freunde treffen in einer Discothek auf ein weibliches Trio und verabreden untereinander,
im Laufe des Abends mit jeder der drei Frauen je einmal tanzen zu wollen.
Mit den Zuordnungen
M := {ax, bx} für die beiden Tänzer und
N := {ay, by, cy} für die drei Tänzerinnen
ergeben sich die mit Pfeildiagramm (Bild 2.1) dargestellten Konstellationen der (Tanz-)Paare:
(ax; ay), (ax; by), (ax; cy),
(bx; ay), (bx; by), (bx; cy).
Bild 2.1 Pfeildiagramm von M × N
Da nach Georg Cantor „ jede Zusammenfassung von wohlunterschiedenen Objekten ... zu
einem Ganzen“ eine Menge genannt werden kann, lassen sich die Paare zu einer Paarmenge
zusammenfassen:
M × N = {(ax; ay), (ax; by), (ax; cy), (bx; ay), (bx; by), (bx; cy)}
(gelesen: die Paarmenge M kreuz N).
Die Elemente der Paarmenge heißen (geordnete) Paare.
Sie besitzen eine
1. Komponente (= x) aus M und eine
2. Komponente (= y) aus N.
Paar (x; y)
Hinweis: Üblich ist auch die Schreibweise (x, y). Für konkrete Zahlenangaben, insbesondere Dezimalzahlen, ist das Semikolon oder sogar ein Trennungsstrich angebrachter: (1,2; 2,3) oder (1,2|2,3).
Entsprechend lassen sich Paarmengen wie folgt definieren:
40
2 Funktionenlehre
Definition 2.1
Die Paarmenge M × N ist die Menge aller geordneten Paare (x; y), deren 1. Komponente aus M und deren 2. Komponente aus N stammt:
M × N := {(x; y) | x ∈ M ∧ y ∈ N}.
Die Menge M wird Urmenge, die Menge N Zielmenge genannt.
Ź Beispiel: Für M = {1, 2} und N = {3, 4, 5} sind M × N bzw. N × M anzugeben.
Lösung: Definitionsgemäß ergibt sich
M × N = {(1; 3), (1; 4), (1; 5), (2; 3), (2; 4), (2; 5)} bzw.
N × M = {(3; 1), (3; 2), (4; 1), (4; 2), (5; 1), (5; 2)}.
Daraus resultiert M × N ≠ N × M (wieso?); das Kommutativgesetz gilt nicht.
• Aufgaben
2.1
Bilden Sie jeweils die Paarmengen M × N bzw. N × M:
a) M = {0, 1, 2}
N = {3, 4}
b) M = {3}
N = {1, 2, 3}
c) M = {1, 2, 3, 4}
N=M
d) M = { }
N = {0}.
2.2
Gegeben: A = {x | x ∈ [–2; 1]}Z und B = {y | y ≤ 2}N
Geben Sie A × B in aufzählender Form an.
2.3
a) Aus wie vielen Elementen besteht M × N, wenn die Menge M vier und die Menge N drei
Elemente aufweist?
b) Wie viele Elemente enthalten jeweils M und N, wenn M × N aus 16 Paaren besteht?
c) Begründen Sie, warum die Paarmenge auch als Produktmenge bezeichnet wird.
Graphische Darstellung von Paarmengen
Neben der Darstellung im Pfeildiagramm ist es sinnvoll, den Paaren (x; y) in einer x,y-Ebene
Punkte P(x|y) zuzuordnen. Sie ergeben sich als Gitterpunkte der auf der Waagerechten
(Abszissenachse) dargestellten x-Koordinaten (1. Komponente) mit den auf der Senkrechten
(Ordinatenachse) festgelegten y-Koordinaten (2. Komponente).
Die im kartesisch1)-rechtwinkligen Koordinatensystem dargestellte Punktmenge
wird als Graph bezeichnet.
Bild 2.2
Graph von M × N
Bild 2.2 zeigt den Graphen der Paarmenge M × N = {(ax; ay), (ax; by),..., (bx; cy)}.
Demnach ist z. B. dem Paar (bx; cy) der Punkt P(bx|cy) als Gitterpunkt der Abszisse bx mit der
Ordinate cy zugeordnet.
Anmerkung: Die vorgenommene Unterscheidung zwischen geordnetem Paar und Paarmenge einerseits
bzw. Punkt und Graph andererseits wird im mathematischen Schrifttum nicht einheitlich vollzogen.
1)
benannt nach René Descartes (1596–1650); frz. Mathematiker, Begründer der Analytischen Geometrie
2.1 Grundlagen
41
• Aufgaben
2.4
Gegeben seien M = {0, 1, 2, 3, 4} und N = {1, 2, 3}.
Stellen Sie M × N bzw. N × M graphisch dar.
2.5
Stellen Sie jeweils M × N im kartesischen Koordinatensystem dar, wenn gelten soll:
a) M1 = {x | x ≤ 4}N
und N1 = {y | y ∈ [–3; 3]}Z
b) M2 = {x | –2 ≤ x < 4}Z
und N2 = {y | y ≤ 3}N
c) M3 = {x | x ∈ [– 3; 3]}Z
und N3 = {y | y ∈ [– 5; 4]}R
d) M4 = {x | x ∈ ]– 3; 3[}R
und N4 = {y | y ∈ ] – 5; 4[}Z
e) M5 = {x | 2 ≤ x < 5}N
und N5 = {y | y ∈ [– 3; 2]}R .
2.6
Zeichnen Sie den Graphen von M3 × N3 (Aufgabe 2.5c), wenn M3 ⊂ R und N3 ⊂ R.
2.7
Geben Sie ausschnittweise die Graphen der Paarmengen an, für die gilt:
a) (x; y) ∈ N × N (N2-Ebene);
b) (x; y) ∈ N × Z;
c) (x; y) ∈ Z × N;
d) (x; y) ∈ Z × Z (Z2-Ebene);
e) (x; y) ∈ Z × R;
f) (x; y) ∈ R × Z;
g) (x; y) ∈ R × R (R2-Ebene);
h) (x; y) ∈ {1} × R;
i) (x; y) ∈ R* × {1}.
Die R2-Ebene
Der Paarmenge R × R lassen sich umgekehrt eindeutig 1) alle Punkte der R 2-Ebene zuordnen.
Für die graphische Darstellung dieses Sachverhalts reicht es verabredungsgemäß aus, das
Koordinatenkreuz unter Angabe der gewählten Längeneinheit und unter Beschriftung von
Abszissen- und Ordinatenachse zu zeichnen.
Der Schnittpunkt der Koordinatenachsen wird Ursprung
(lat.: Oregon) genannt: O(0|0), während
+
die R +
0 × R 0 -Ebene 1. Quadrant,
+
die R −
0 × R 0 -Ebene 2. Quadrant,
−
die R −
0 × R 0 -Ebene 3. Quadrant und
−
die R +
0 × R 0 -Ebene 4. Quadrant
heißen (Bild 2.3).
Bild 2.3
Kartesisches Koordinatensystem
Hinweis: Der mathematische Drehsinn verläuft entgegen dem Uhrzeigersinn.
Ausblick
1. Der Anschauungsraum: R3
Die Tripelmenge R × R × R steht für die Menge aller Tripel (x; y; z), der umgekehrt eindeutig
alle Punkte im R3 zuzuordnen sind. Zum Auftragen von z-Komponenten 2) wird eine 3. Achse
benötigt, die durch den Ursprung geht und rechtwinklig auf x- und y-Achse steht.
1)
2)
Zu jedem Paar gehört ein Punkt, zu jedem Punkt gehört ein Paar.
Die z-Komponente wird (selten) auch Kote (= Höhenzahl) genannt.
42
2 Funktionenlehre
Das 3-dimensionale kartesische Koordinatensystem (Bild 2.4) bildet
ein Rechtssystem: Die Richtung von z ergibt sich im Sinne der
Rechtsschraubenregel durch kürzeste Drehung von positiver x- zu
positiver y-Achse.
Bild 2.4
x, y, z-Koordinatensystem
2. Die 4. Dimension: R4
Haben zwei Flugzeuge, bezogen auf ein und dasselbe Koordinatensystem, die gleichen Raumkoordinaten, so ist das noch lange nicht Besorgnis erregend. Erst wenn sich die Koordinaten
zur gleichen Zeit einstellen (= Raumzeit), wäre die Katastrophe perfekt:
Jedem 4-Tupel (x1, x2, x3, x4) – auch Quadrupel 1) genannt – lässt sich umgekehrt eindeutig ein
Punkt im R4 zuordnen. Unerheblich dabei, dass das nicht zu zeichnen ist.
3. Die Verallgemeinerung: Rn
Jedem n-Tupel (x1, x2, x3,..., xn) lässt sich umgekehrt eindeutig ein Punkt im n-dimensionalen
Raum Rn zuordnen.
2.1.2 Funktionen
Funktionen als Spezialfall von Relationen
Ordnet man Elementen der Menge M aufgrund einer wie auch immer gearteten Zuordnungsvorschrift ein oder mehrere Elemente der Menge N zu, so heißen die Paarmengen Relationen.
¾ Jede Teilmenge von M × N ist eine Relation.
Beispiele zeigen die Bilder 2.5–2.7:
Bild 2.5 Relation
Bild 2.6 Relation
Bild 2.7 Funktion
Bild 2.7 zeigt eine Besonderheit: Von jedem Element der Menge M geht genau ein Pfeil aus.
Dieser Spezialfall einer Relation wird Funktion (oder Abbildung) genannt und wie folgt definiert:
1)
Tupel und Quadrupel sind Kunstwörter, geschaffen zur Erweiterung der Begriffe Paar und Tripel.
2.1 Grundlagen
43
Definition 2.2
Unter einer Funktion f als Teilmenge von M × N wird die Menge verstanden, deren
Paare daraus resultieren, dass jedem x ∈ M genau ein y ∈ N zugeordnet wird.
x heißt unabhängige Variable,
y abhängige Variable oder Funktionswert von f an der Stelle x, geschrieben y = f (x).
Entsprechend heißt die Menge aller Punkte P(x| f (x)) Graph von f (= Gƒ).
Anmerkung: x wird gelegentlich als Urbild von y und y als Bild von x bezeichnet.
Definitions- und Wertemenge
Die Elemente von M, die die x-Komponenten der Paare (x; y) bilden, fasst man zur Definitionsmenge D zusammen.
¾ Generell gilt für Funktionen D = M.
Die Elemente von N, die die y-Komponenten der Paare (x; y) bilden, fasst man zur Wertemenge W zusammen.
Je nach Art der Funktion ist W echte oder unechte Teilmenge (W = N) von N.
Hinweis: Gebräuchlich sind auch die Begriffe Definitions- und Wertebereich.
An einem Beispiel soll die Begriffsvielfalt erhellt werden:
Ein Schüler zieht kurz vor dem Zeugnistermin „Bilanz“ über die in den Mathematikklassenarbeiten
erzielten Noten und kommt zu folgendem Ergebnis:
4, 3, 2, 3, 3.
Als Funktion geschrieben, die Reihenfolge angebend, resultiert:
f KA= {(1; 4), (2; 3), (3; 2), (4; 3), (5; 3)}.
Die Definitionsmenge ist D = M = N *5 = {1, 2, 3, 4, 5} und für
die Wertemenge gilt
W = {2, 3, 4}, eine Teilmenge von N = N *6 = {1, 2, 3, 4, 5, 6}.
Die Visualisierung (Bild 2.8) erfolgt mittels Pfeildiagramm bzw. prägnanter durch Darstellung in
einem kartesischen Koordinatensystem (= Graph von f KA).
Bild 2.8
Graphische Darstellung einer
Klassenarbeitsnoten-Bilanz
Achtung: Die diskreten Punkte dürfen bei dieser Sachlage nicht miteinander verbunden werden.
44
2 Funktionenlehre
Schreibweise von Funktionen
Die besonders anschauliche Darstellung mittels Pfeildiagramm bzw. das Aufzählen der Paare
(auch in Form einer Wertetabelle) ist im Allgemeinen für die in der Analysis zu untersuchenden Funktionen nicht bzw. nur bedingt zu verwenden.
Zur Festlegung einer Funktion bedarf es in der Regel und so weit es möglich ist der Angabe
von
– Zuordnungsvorschrift 1) und
– Definitionsmenge.
Dem wird Rechnung getragen mit der Schreibweise
f: x → f (x), x ∈ D .
Das Symbol x → f (x) (gelesen: x abgebildet auf f von x) heißt Zuordnungs- oder Funktionsvorschrift 2).
Hinweis: Neben f und F werden z. B. auch die Buchstaben g und h verwandt.
Beispiele:
f: x → x2 + 1, x ∈ Z; g: x → 2x – 1, x ∈ N.
Angabe der Funktionsgleichung
Statt der Zuordnungsvorschrift kann die Funktionsgleichung angegeben werden:
f: y = f (x), x ∈ D .
Beispiel:
f : y = 3x – 4, x ∈ R ; oder kürzer: f (x) = 3x – 4, x ∈ R.
Diese Art der Darstellung ist in der Handhabung am freundlichsten, insbesondere dann, wenn
auf die Angabe der Definitionsmenge verzichtet werden kann (siehe weiter unten).
Angabe der Wertemenge
Die Wertemenge braucht für schulische Belange in der Regel nicht aufgeführt zu werden; ihre
Elemente ergeben sich aus Zuordnungsvorschrift und Definitionsmenge. Soll sie doch genannt
werden, könnte das z. B. wie folgt geschehen:
f : R → R 0+ , x → x2 oder f:
R → R 0+
x → x2.
Reelle Funktionen
Es sind Funktionen, deren Definitions- und Wertebereich die reellen Zahlen oder Teilmengen
davon sind.
¾ Die Angabe der Definitionsmenge erübrigt sich, wenn aus dem Zusammenhang heraus
deutlich wird, dass der maximal mögliche Definitionsbereich D = R ist.
1)
Für Fieberkurven ist es z. B. nicht möglich, eine Zuordnungsvorschrift anzugeben.
2)
In der Literatur auch mit Funktionsbildungsoperator (6) angegeben, was hier bewusst nicht geschieht.
2.1 Grundlagen
45
Einschränkung des Definitionsbereichs
Auf eine Aussage bezüglich der Definitionsmenge kann jedoch dann nicht verzichtet werden,
wenn eine willkürliche Einengung des Definitionsbereichs vorgesehen ist (z. B. auf N) bzw.
sich eine Einschränkung wegen der Zuordnungsvorschrift ergibt. Das hat zu geschehen, weil
a) nicht durch 0 dividiert werden darf,
b) die Radikanden von Wurzelausdrücken nicht negativ sein dürfen,
c) der Logarithmus negativer Zahlen nicht ermittelt werden kann.
Einzelheiten werden in Zusammenhang mit einschlägigen Funktionsklassen thematisiert.
Beispiele
a) f1: x → 1 , x ∈ R \ {0};
x
b) f2: x →
x , x ∈ R 0+ ;
c) f3: x → lg x, x ∈ R+
• Aufgaben
2.8
Nachfolgend dargestellt sind die Graphen verschiedener Relationen (Bild 2.9).
Welche der Beispiele zeigen Funktionsgraphen?
Bild 2.9
46
2.9
2 Funktionenlehre
Eine isotherme Zustandsänderung ist im p,V-Diagramm (Bild 2.10)
festgehalten. Welchen Wert kann V nicht annehmen? – Begründen
Sie Ihre Antwort aufgrund des physikalischen Sachverhalts.
Bild 2.10
2.10
An einem Seil hängt mittig eine Last der Gewichtskraft FG (Bild
2.11). Die Seilkräfte ergeben sich aus der Beziehung
Fs =
FG
.
2 sin α
Bild 2.11
a) Bestätigen Sie den angegebenen Sachverhalt.
b) Bei gleich bleibender Last, aber anzustrebender Winkelverkleinerung (Seil soll weniger stark
durchhängen), wird FS = f (α). Geben Sie für die Funktion f den Definitionsbereich an und begründen Sie die Einschränkung für α.
2.11
Nach der Einstein'schen Relativitätstheorie 1) nimmt die Masse m eines Körpers gegenüber der
sog. Ruhemasse m0 zu, wenn er sich gegenüber dem ruhenden System relativ mit der Geschwindigkeit v bewegt:
m=
m0
1−
v2
(c =ˆ Lichtgeschwindigkeit).
c2
a) Welche Definitionsmenge resultiert daraus für m = f (v)?
b) Wie lässt sich das Ergebnis physikalisch interpretieren ?
Hinweis: Nach Einstein lassen sich die Überlegungen auf die Zeit t übertragen, die bei genügend
großer Geschwindigkeit auch eine veränderliche Größe ist.
t0
.
Die Änderung geschieht nach folgender Gesetzmäßigkeit: t =
v2
1−
c2
1)
Albert Einstein (1879–1955); dt. Physiker
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
47
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
2.2.1 Lineare Funktionen
Klassische Beispiele sind proportionale Zuwächse wie sie sich abzeichnen bei der jährlichen
Erstellung von Gas-, Strom- und Wasserrechnungen durch die Stadtwerke. Der zu entrichtende
Jahresbetrag resultiert aus einem Produkt, bestehend aus von nach Verbrauchsgrenzen gestaffeltem Arbeitspreis multipliziert mit dem Jahresverbrauch x, zu dem ein verbrauchsunabhängiger Grundpreis (Zählermiete) addiert wird:
Gasrechnung:
f G(x) = 4,3 Ct/kWh ⋅ x + 140 €, wobei x in kWh anzugeben ist;
Stromrechnung:
f S(x) = 13,66 Ct/kWh ⋅ x + 81,04 €, wiederum x in kWh;
Wasserrechnung: f W(x) = 0,84 €/m3 ⋅ x + 36,72 €, wobei x in m3 gemessen werden.
Entsprechende Überlegungen gelten für proportionale Abnahmen. – Veranlassung genug,
grundlegend die Gesetzmäßigkeiten linearer Funktionen mit ihren Anwendungsmöglichkeiten
unter die Lupe zu nehmen.
Die Gerade als Graph linearer Funktionen
Die Ursprungsgerade
Als Hinführung dient folgende in charakteristischer Paarmengenangabe definierte Funktion:
f = {(x; y) | y = 2x ∧ x ∈ [– 2; +3]}Z × Z.
Die zugehörigen Paare lassen sich in einer Wertetabelle (Tabelle 2.1) festhalten; der Graph
von f (= Gf ) zeigt sich in Bild 2.12 als endliche Punktmenge.
Tabelle 2.1
x −2 −1 0 1 2 3
y −4 −2 0 2 4 6
Bild 2.12
Gf zu f (x) = 2x bei eingeschränktem Definitionsbereich
48
2 Funktionenlehre
Wird als Definitionsbereich D = R zugelassen, ergeben sich unendlich viele Punkte, dicht an
dicht liegend die besondere Charakteristik der Funktion symbolisierend: Gf zeigt sich ausschnittsweise in Bild 2.13 als Ursprungsgerade spezifischen Steigungsverhaltens.
Unter Steigung wird die y-Zunahme pro x-Einheit verstanden 1). Sie ergibt sich mit Blick auf
das Steigungsdreieck (Bild 2.14) geometrisch-anschaulich als konstantes Verhältnis
2 = 4 = ... = 2 .
1 2
Der eingezeichnete Winkel σ, unter dem die Gerade die Abszissenachse schneidet, gibt mit
seinem Tangenswert das Steigungsverhältnis an:
tan σ = 2 =
y
Ÿ y = 2x. – Die Zahl 2 wird Steigungs- bzw. Proportionalitätsfaktor genannt.
x
Bild 2.14 Geometrische
Deutung der Steigung 2
Bild 2.15 Geometrische Deutung
der Steigung m = tan σ
Bild 2.13 Gf zu f (x) = 2x, x ∈ R.
Allgemein gilt gemäß Bild 2.15
Mit dem Steigungsfaktor
y1 y 2
y
=
= ... = = tan σ.
x1 x2
x
m := tan σ
folgt
y
= m ⇔ y = mx.
x
Satz 2.1
Reelle Funktionen f mit
f (x)= mx
(m ∈ R)
symbolisieren bei maximalem Definitionsbereich Ursprungsgeraden mit m = tan σ.
σ ist der Schnittwinkel zwischen der jeweiligen Geraden und der positiven x-Achse.
Bild 2.16 zeigt eine Ursprungsgerade mit m ∈ R+.
1)
Das Verkehrsschild mit der Angabe „10 % Steigung“ besagt, dass die Straße, 100 m horizontal gemessen, vertikal um 10 m ansteigt.
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
Bild 2.16 Gf zu ƒ (x) = mx, x ∈ R, als
Ursprungsgerade mit m ∈ R +
49
Bild 2.17 Graph der identischen
Funktion ƒ(x) = x, x ∈ R
¾ Sonderfall: Die identische Funktion f mit f(x) = x symbolisiert die Winkelhalbierende des 1.
Quadranten der R2-Ebene (Bild 2.17): m = tan σ = 1 Ÿ σ = arctan 11) Ÿ σ = 45°.
• Aufgaben
2.12
Zeichnen Sie die Graphen nachfolgender Funktionen (D = R) in ein gemeinsames Koordinatensystem und bestimmen Sie rechnerisch den jeweiligen Schnittwinkel mit der positiven x-Achse:
a) f1(x) =
1
x;
2
b) f2(x) =
4
x;
3
c) f3(x) = – x ;
d) f4(x) = −
3
x.
4
Zusatzfrage: Was zeichnet den Graphen von f3 besonders aus ?
2.13
a) Eine Ursprungsgerade geht durch P(2|3). Geben Sie die Zuordnungsvorschrift an.
b) Eine Gerade schneidet die Abszissenachse im Ursprung unter einem Winkel von 30°. Weisen
Sie rechnerisch nach, dass R ( 3 | 1) auf dieser Geraden liegt .
2.14
Geben Sie die Schnittwinkel zwischen jeweils zwei Ursprungsgeraden an, deren Zuordnungsvorschriften wie folgt angegeben werden können:
1
3
a) f1(x) = x
g1(x) = x
b) f2(x) = 2x
g2(x) = 3x
4
3
c) f3(x) = − x
g3(x) = –x
4
3
3
g4(x) = − x .
4
d) f4(x) = + x
Die Normalform der Geradengleichung
1
x um 3 Einheiten in
2
positiver y-Richtung verschoben, so nehmen die Ordinaten aller Geradenpunkte ebenfalls um
1
+3 Einheiten zu (Bild 2.18); es gilt
f2(x) = x + 3.
2
Der Winkel, mit dem die neue Gerade die Abszissenachse schneidet, ist erhalten geblieben
(wieso?), lediglich der Schnittpunkt mit der Ordinatenachse hat sich verändert: Sy(0|+3).
Wird eine Ursprungsgerade mit z. B. der Funktionsgleichung f1(x) =
1)
arctan 1 („Arcus Tangens“) gibt an, dass der Winkel gesucht ist, dessen Tangenswert 1 ist.
50
2 Funktionenlehre
Bild 2.18 Die Graphen zu
f1(x) =
1
2
x und f2(x) =
1
2
x + 3, jeweils für x ∈ R
Bild 2.19 Der Graph von
f (x) = mx + b, x ∈ R, mit m, b ∈ R+.
¾ Verallgemeinerung: Eine Addition des Funktionsterms f(x) = mx mit einer Zahl b ∈ R
bewirkt eine Verschiebung der Ursprungsgeraden in y-Richtung, und zwar
- in positiver Richtung (also nach „oben“), wenn b > 0 (Bild 2.19) und
- in negativer Richtung (nach „unten“), wenn b < 0 ist.
Satz 2.2
Reelle Funktionen f mit f ( x) = mx + b (m, b ∈ R)
symbolisieren bei maximalem Definitionsbereich Geraden, die
– mit positiver x-Achse den Winkel σ = arctan m einschließen und
– die Funktionswertachse in Sy (0|b) schneiden.
¾ Reelle Funktionen der Form f(x) = mx + b heißen lineare Funktionen.
Die Schreibweise steht für die Normalform der Geradengleichung.
Sonderfälle der Geradengleichung (Bild 2.20)
1. Parallele zur x-Achse: m = 0 Ÿ y = b.
Diese lineare Funktion hat für jedes x ∈ R denselben Funktionswert b, man nennt daher
y = f ( x) = b konstante Funktion.
Bild 2.20
Parallelen zu den
KO-Achsen mit a, b > 0
2. Parallele zur y-Achse: σ = 90°, d. h. m wird „über alle Maßen“ groß.
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
51
Dieser Sonderfall (kein Funktionsgraph !) stellt eine notwendige Ergänzung zur Normalform der Geradengleichung dar:
Es reicht, den Schnittpunkt mit der x-Achse anzugeben, hier also x = a
mit a ∈ R.
Allgemeine Form der Geradengleichung
Lineare Funktionen sind durch die Koeffizienten m und b hinreichend bestimmt. Ihre Graphen
lassen sich ohne Erstellung einer Wertetabelle zeichnen. Das ist auch dann möglich, wenn die
Funktionen implizit angegeben werden; eine Äquivalenzumformung führt zur gewünschten
expliziten Form:
implizite Form: Ax + By + C = 0 (A, B, C ∈ R ∧ B ≠ 0)
explizite Form:
⇔ y= −
A
C
x− ,
B
B
dabei ist m := −
A
C
und b := − .
B
B
Ź Beispiel
Graphisch darzustellen ist die Punktmenge g: 3x – 4y + 6 = 0.
Lösung
Eine Äquivalenzumformung ergibt die explizite Form y =
3
4
3
x+2 ;
Festlegung des Ordinatenschnittpunktes Sy (0 | 3 ) und Verifikation
2
(„Verwirklichung“) der Steigung liefern die verlangte Gerade.
Hinweis: Das Steigungsdreieck einzuzeichnen ist eher unüblich .
Bild 2.21
y = g(x) = 3 x + 3 mit x ∈ R.
4
2
• Aufgaben
2.15
Zeichnen Sie die Graphen nachstehender linearer Funktionen (D = R) in ein gemeinsames Koordinatensystem
1
5
3
b) f2(x) = − x +1 ;
c) f3(x) = − x − .
a) f1(x) = x – 3;
2
4
2
2.16
Geben Sie die Normalform nachfolgender Geraden an und zeichnen Sie diese:
1
2
4
3
1
1
c) h : − x − y = .
a) f: x – 3y – 6 = 0;
b) g : x + y − = 0 ;
3
5
5
4
8
16
2.17
Eine Geradenschar sei gegeben durch G ≡ 5x – 4y + C = 0 mit C ∈ R.
a) Was zeichnet alle diese Geraden besonders aus ?
b) Stellen Sie den Sachverhalt graphisch dar für C = 2, 4 und 8 .
2.18
Es sei f = {(x; y) | 2x – 6y – 3 = 0 ∧ x ∈ [– 3; + 3]}.
Zeichnen Sie die Funktionsgraphen, wenn für den Definitionsbereich D gelten soll:
a) D = R ;
b) D = R +
0;
c) D = R+ ;
d) D = R– .
52
2.19
2 Funktionenlehre
Die Geraden g1 ≡ 5x + 3y – 15 = 0, g2 ≡ y = 0 und g3 ≡ x = 0 markieren ein Dreieck.
a) Zeichnen Sie das Dreieck.
b) Bestimmen Sie rechnerisch – soweit erforderlich – die Winkel des Dreiecks.
c) Berechnen Sie den Flächeninhalt dieses Dreiecks.
2.20
Ein Viereck sei festgelegt durch A(0|0), B(5|3), ferner durch BC ≡ x = 5, AD ≡ x = 0 und
CD ≡ 3x – 5y + 10 = 0.
a) Führen Sie den rechnerischen Nachweis, dass es sich um ein Parallelogramm handelt.
b) Berechnen Sie die Winkel des Parallelogramms .
c) Bestimmen Sie seinen Flächeninhalt.
Anwendung linearer Funktionen
Von Bedeutung ist die Anwendung linearer Funktionen in vielen wissenschaftlichen Bereichen. Zahlreiche Sachzusammenhänge lassen sich exakt bzw. näherungsweise durch lineare
Funktionsgleichungen beschreiben. Definitions- und Wertemenge ergeben sich gemäß der
jeweiligen Problemstellung. – Dass die Variablen nicht x und y zu heißen brauchen, dürfte klar
sein.
Für die zeichnerische Darstellung – auch Diagramm genannt – ist es notwendig, geeignete
Maßstäbe festzulegen. Die Koordinatenachsen werden zweckmäßigerweise beschriftet mit
Quotienten, bestehend aus der gewählten Variablen im Zähler und der zugehörigen Maßeinheit
im Nenner (Beispiel: F , d. h. Kraft F wird in der Maßeinheit Newton angegeben).
N
Beispiele für Ursprungsgeraden
1. Die Aussage eines Kfz-Herstellers, der angebotene Pkw habe
einen Benzinnormverbrauch von 12 Litern auf 100 km, lässt sich
bei gleichmäßiger Fahrweise als linearer Zusammenhang gemäß
Bild 2.22 darstellen; der Steigungsfaktor gibt den Testverbrauch
pro gefahrenem Kilometer an.
Bild 2.22 Benzinverbrauch VB = f (s)
2. Die Abhängigkeit der Masse eines Körpers von seinem Volumen lässt sich als lineare Funktion darstellen: m = ȡ · V; dabei ergibt sich der Steigungsfaktor tan σ := ȡ als spezifische Dichte des betrachteten Materials.
3. Das Weg-Zeit-Diagramm einer gleichförmigen Bewegung mit der Funktionsgleichung s = f (t) = v · t
(t ∈ R +
0 ) führt auf eine Ursprungsgerade, deren Steigungsfaktor als Geschwindigkeit v definiert ist.
4. Das Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung mit der Funktionsgleichung v = f (t) = a · t (t ∈ R +
0 ) führt ebenfalls auf eine Ursprungsgerade, deren Steigungsfaktor als Beschleunigung a definiert ist.
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
53
5. Die elastische Formänderung z. B. einer Schraubenfeder
unter Einwirkung einer Kraft F lässt sich als Funktion
s = f (F) – oder wie allgemein üblich – als Funktion
F = f (s) darstellen (Bild 2.23). Je nach Beschaffenheit
und Material der Feder ergeben sich unterschiedlich
steile Geraden, wobei der Steigungsfaktor tan σ : = D
als Federkonstante (oder Federrate) bezeichnet wird und
eine Aussage über die Härte der Feder macht.
Bild 2.23 Federkennlinien
Anmerkung: In der Festigkeitslehre kommt der abgewandelten Beziehung σ = E ⋅ ε 1) große Bedeutung zu. Die Zugfestigkeit σ ist in Abhängigkeit von der Dehnung ε angegeben, wobei der Steigungsfaktor hier Elastizitätsmodul E genannt wird.
6. Zwischen der Normalkraft FN und der Reibungskraft FR besteht ein linearer Zusammenhang der
Form FR = μ · FN ; der Steigungsfaktor ist hier m = tan σ = μ, der Reibungskoeffizient.
1
· U stellt für I = f (U) ebenfalls eine
R
1
lineare Funktion dar; der Steigungsfaktor der sich ergebenden Ursprungsgeraden ist m = tan σ =
.
R
7. Das in der Elektrotechnik auftretende Ohm'sche Gesetz I =
Er heißt Leitwert G und hat die Einheit Siemens. Je größer der ohmsche Widerstand R ist, desto
flacher verläuft die Gerade und umgekehrt.
Beispiele für die Normalform der Geradengleichung
1. Die gleichförmige Bewegung eines Körpers mit der Geschwindigkeit v, der zu Beginn der Zeitmessung (t = 0) bereits einen bestimmten Weg s0 zurückgelegt hat, lässt sich im s, t-Diagramm als eine
aus dem Ursprung heraus verschobene Gerade betrachten (Bild 2.24).
Die Funktionsgleichung s = f (t) ergibt sich dann zu s = v · t + s0 .
2. Für den Fall, dass zu Beginn der Zeitmessung bereits eine Anfangsgeschwindigkeit v0 gemessen
werden kann, ergibt sich die Funktionsgleichung v = f (t) zu v = at + v0 .
Der Graph ist wiederum eine aus dem Ursprung heraus verschobene Gerade mit dem Ordinatenschnittpunkt (0 |v0) (Bild 2.25).
Bild 2.24 s, t-Diagramm einer gleichförmigen Bewegung
1)
Bild 2.25 v, t-Diagramm einer gleichmäßig
beschleunigten Bewegung
Dieser proportionale Zusammenhang wird Hooke'sches Gesetz genannt (nach R. Hooke, 1635–1703;
engl. Physiker); die sich ergebende Gerade heißt Hooke'sche Gerade.
54
2 Funktionenlehre
• Aufgaben
2.21
Ein Pkw-Fahrer tankt an einer Tankstelle „voll“ (ca. 53 Liter) und bezahlt 78 €.
a) Geben Sie den Preis in Abhängigkeit vom Tankinhalt an und zeichnen Sie ein Diagramm.
b) Ermitteln Sie zeichnerisch und rechnerisch, wie viel Liter Benzin für 20 € zu erhalten wären.
c) Berechnen Sie Kosten dafür, auch den Reservekanister (5 Liter) zu füllen .
2.22
Ein bestimmter Pkw-Typ verbraucht auf 100 Kilometer ungefähr 12 Liter Benzin. – Stellen Sie
den Benzinverbrauch als Funktion der zurückgelegten Wegstrecke auf und bestimmen Sie die
Entfernung, die mit einer Tankfüllung (53 Liter) zurückgelegt werden kann.
2.23
Die Tabelle zeigt das gleichmäßig-elastische Verhalten einer Schraubenfeder bei Belastung:
Kraft F in N
Federweg s in mm
0
0
10
40
20
80
30
120
40
160
50
200
a) Zeichnen Sie die Federkennlinie und erstellen Sie ihre Funktionsgleichung.
b) Geben Sie die Federkonstante D an.
2.24
Temperaturmessungen erfolgen durch Angabe von Celsiusgraden (°C) bzw. im angelsächsischen
Sprachraum durch Angabe von Fahrenheitgraden (°F); dabei gelten die Umrechnungswerte
0 °C =ˆ 32°F sowie 100 °C =ˆ 212 °F.
a) Erstellen Sie den funktionalen Zusammenhang für TF = f(TC), zeichnen Sie den Graphen
und führen Sie Umrechnungen durch für – 20 °C, – 10 °C, + 15 °C, + 30 °C, + 50 °C;
b) erstellen Sie den funktionalen Zusammenhang für TC = f(TF), zeichnen Sie den Graphen
und führen Sie Umrechnungen durch für – 10 °F, 0 °F, + 20 °F, + 150 °F, + 215 °F.
2.25
Ein Pkw wird aus einer Geschwindigkeit von v0 = 108
km
heraus innerhalb von drei Sekunden
h
gleichmäßig verzögert bis zum Stillstand abgebremst.
Stellen Sie die Funktionsgleichung v = f (t) auf und geben Sie die Geschwindigkeiten nach einer
bzw. nach zwei Sekunden an. – Ermitteln Sie die Bremsverzögerung in m ⋅ s-2.
Nullstellen linearer Funktionen
Schnittpunkt mit der y-Achse
Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass das absolute Glied b im Funktionsterm
f (x) = mx + b den Schnittpunkt der zugehörigen Geraden mit der y-Achse markiert: Sy(0|b).
¾ Schnittpunkt mit der y-Achse: x = 0 setzen!
f (0) = m⋅0 + b
f (0) = b.
Schnittpunkt mit der x-Achse
Man spricht von der Nullstelle und definiert verallgemeinernd wie folgt:
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
55
Definition 2.3
Es sei y = f (x) die Funktionsgleichung einer reellen Funktion f.
Dann heißt x0 Nullstelle der Funktion, wenn f (x0) = 0 ist.
¾ Schnittpunkt mit der x-Achse: y = 0 setzen .
Speziell für die Nullstelle linearer Funktionen mit m ≠ 0 gilt: mx + b = 0 Ÿ
x0 = –
b
.
m
Die Gerade schneidet die x- Achse in Sx N (− mb | 0) .
Anmerkung
Definitionsgemäß heißen nur die Abszissen der Schnittpunkte von Funktionsgraphen mit der x-Achse
Nullstellen. – Die Ordinate des Schnittpunktes mit der y-Achse hat keinen speziellen Namen.
Ź Beispiel 1
Zu bestimmen ist die Nullstelle der Funktion y = f (x) =
1
x – 2.
2
Lösung
1
x – 2 Ÿ x0 = 4.
2
Mit Sy(0|–2) und Sx N(4|0) ist die zugehörige Gerade markiert.
Die Setzung y = 0 führt auf 0 =
Ź Beispiel 2
Eine Gerade sei durch g ≡ 3x – 4y + 6 = 0 symbolisiert.
Zeichnen Sie g, ohne zunächst die explizite Form zu erstellen.
Lösung
Da nach Euklid 1) eine Gerade durch zwei Punkte hinreichend genau festgelegt ist, kann – ausgehend von
der impliziten Form – der Graph der linearen Funktion g gezeichnet werden, indem die Schnittpunkte mit
den Koordinatenachsen errechnet werden:
3
a) Schnitt mit der y-Achse: x = 0 Ÿ 3 · 0 – 4y + 6 = 0 ⇔ y = ;
2
b) Schnitt mit der x-Achse: y = 0 Ÿ 3x – 4 · 0 + 6 = 0 ⇔ x = – 2.
Eintragung der Punkte (0|1,5) und (– 2|0) im kartesischen Koordinatensystem sowie das Einzeichnen
ihrer Verbindungsgeraden führen zum gewünschten Ergebnis.
• Aufgaben
2.26
2.27
1)
Errechnen Sie jeweils den Schnittpunkt mit der x-Achse:
1
b) f2(x) = x+1 ;
a) f1(x) = x – 3;
2
5
3
c) f3(x) = − x − .
4
2
Zeichnen Sie die Geraden, indem Sie die Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen errechnen:
1
5
1
b) g2: x + y − = 0 .
a) g1: 2x – 3y + 6 = 0
3
4
5
Euklid (etwa 365/300 v. Chr.); griech. Mathematiker, Begründer der euklidischen Geometrie
56
2.28
2 Funktionenlehre
Ein Viereck sei wie folgt markiert:
AB ≡ 3x + 5y = 15, BC ≡ 3x – 2y + 6 = 0, CD ≡ 4x + 2y + 8 = 0 und AD ≡ 4x – 5y = 20 .
a) Zeigen Sie, dass die Eckpunkte des Vierecks verteilt auf den Koordinatenachsen liegen. Ordnen Sie den Eckpunkten passend Buchstaben zu.
b) Bestimmen Sie die Fläche des Vierecks.
c) Verändern Sie die Ordinate des Punktes D so, dass sich ein Trapez ergibt.
d) Formulieren Sie eine allgemeine Aussage bezüglich des Diagonalenschnittpunkts.
Schnittpunkt zweier Geraden
Zwei Geraden mit den Funktionsgleichungen
f(x) = m1 x + b1 und g(x) = m2 x + b2
schneiden sich, falls m1 ≠ m2; das dürfte anschaulich klar sein.
Die Koordinaten dieses Schnittpunktes S erfüllen sowohl die Funktionsvorschrift von f als
auch die von g. – Der Durchschnitt (= Schnittmenge) von f und g ist gesucht: S ∈ f ∩ g.
Es bedeutet, algebraisch das nachfolgende lineare Gleichungssystem zu lösen:
L(S) = {(x; y) | y = m1 x + b1 ∧ y = m2 x + b2}R× R .
Dies geschieht am besten mit der Gleichsetzungsmethode:
m1 x + b1 = m2 x + b2
(Schnittpunktbedingung zweier Geraden).
Im Hinblick auf eine Verallgemeinerung lässt sich einfacher Folgendes merken:
¾ Für die Graphen zweier reeller Funktionen y = f(x) und y = g(x) gilt als Forderung zur
Ermittlung der gemeinsamen Punkte die Schnittpunktbedingung
f(x) = g(x)
.
Ź Beispiel
Gesucht ist der Schnittpunkt der Geraden zu f (x) = – 3x + 1 und g(x) = 2x – 4.
Lösung
Schnittpunktbedingung: f (x) = g(x)
Ÿ – 3x + 1 = 2x – 4
5x = 5
x = 1.
Durch Einsetzen in eine der beiden Funktionsgleichungen folgt
z. B. f (1) = – 2.
S(1|–2) ist der Punkt in der R2-Ebene, der die Bedingungen
erfüllt (Bild 2.26).
Bild 2.26
Schnittpunkt S als Durchschnitt von f und g
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
57
• Aufgaben
2.29
Berechnen Sie, inwieweit sich die Geraden folgender Funktionen in einem Punkt schneiden:
a) f1(x) = x, f2(x) = 0,5 x + 1 , f3(x) = −1,5 x + 5 ;
2.30
b) g1(x) = – 2x, g2(x) = + 1, g3(x) = 0,1x + 1,1.
Ein Dreieck sei festgelegt durch die Geraden
AB ≡ 4x + 13y + 12 = 0, BC ≡ 12x + 5y – 32 = 0 und AC ≡ x – y + 3 = 0 .
Errechnen Sie die Koordinaten der Eckpunkte A, B und C und kontrollieren Sie das Ergebnis
anhand einer graphischen Darstellung.
2.31
Ermitteln Sie allgemein den Schnittpunkt für f (x) = m1x + b1 und g(x) = m2x + b2 . Interpretieren
Sie das Ergebnis im Hinblick auf eine ggf. erforderliche Einschränkung .
2.32
Die Stadtwerke einer mittelstädtiGrundtarif I
Grundtarif II
schen Kommune bieten für die VerArbeitspreis
13,64
Ct/
kWh
13,50
Ct / kWh
sorgung mit Elektrizität u. a. nebenGrundpreis
38,€
/
Jahr
45,50
€/Jahr
stehende Stromtarife ohne Mehrwertsteuer an. - Ab welchem Jahresverbrauch in kWh wird Tarif II günstiger sein als Tarif I?
2.33
Jemand möchte für einen Tag einen Mietwagen ausleihen; die Angebote zweier Verleiher sind zwecks
besserer Übersicht tabellarisch festgehalten.
Welcher Anbieter ist zu bevorzugen?
2.34
Verleiher V1
Verleiher V2
Tagessatz
24,95 €
33,75 €
km-Satz
0,15 €
0,10 €
Das Team einer Verbraucherberatung hat verschiedene Handytarife analysiert und konnte dabei
u. a. auf folgende Informationen zurückgreifen:
Tarif A: 0,15 € pro Gesprächsminute, keine Grundgebühr.
Tarif B: 0,09 € pro Gesprächsminute, 20 € Grundgebühr.
Tarif C: Mindestumsatz 10 €, darin enthalten 300 Gesprächsminuten, jede weitere Minute danach kostet 22 Ct.
Stellen Sie die Tarife zum besseren Vergleich in einem Koordinatensystem dar und ermitteln Sie
rechnerisch, welche Tarife bis zu welchen Gesprächszeiten optimal sind.
2.35
Pkw I benötigt für eine 40 km lange Strecke 30 Minuten Fahrzeit, Pkw II 40 Minuten.
a) Erstellen Sie die Funktionsgleichungen für die gleichförmige Bewegung beider Pkw und
zeichnen Sie ihre Graphen.
b) Geben Sie die Funktionsgleichung für die gleichförmige Bewegung eines 3. Pkw´s an, der
10 Minuten nach dem Start von Pkw I und II auf die Strecke geht und diese mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h durchfährt .
c) Berechnen Sie Zeitpunkt und Stelle, zu der die beiden Pkw eingeholt bzw. überholt werden.
2.36
In einer Montagehalle der Automobilindustrie bewegt sich auf einem Transportband eine Baueinheit mit v1 = 0,12 m/s an einem Kontrollpunkt P vorbei. 2 Minuten später folgt auf einem parallel
verlaufenden Band ein Werkstück mit v2 = 0,18 m/s. Berechnen Sie, nach wie viel Sekunden und
in welchem Abstand von P die Montage der beiden Baueinheiten erfolgt.
2.37
Die Ausgangskennlinie eines bestimmten Transistors lässt sich näherungsweise funktional durch
die Gleichung I(u) = 0,5u + 3 beschreiben, die Arbeitsgerade des Kollektorwiderstandes entsprechend durch die Gleichung IR(u) = - u + 6.
Ermitteln Sie rechnerisch den Arbeitspunkt dieser Transistorschaltung, wenn sich die Funktionsgleichungen auf Angaben in Volt und Ampere beziehen.
Hinweis: Der Arbeitspunkt ist der Schnittpunkt beider Kennlinien.
58
2 Funktionenlehre
2.38
Zwei Leichtathleten laufen im Training auf einer 400 m-Bahn in entgegengesetzter Richtung. Der
eine Läufer benötigt für eine Bahn 60 Sekunden, der andere nur 50 Sekunden.
a) Ermitteln Sie, nach welcher Zeit bei gleichem Startbeginn und nach wie viel Metern sich die
beiden Läufer das erste Mal begegnen.
b) Klären Sie, ob sich die beiden Läufer das zweite Mal begegnen, bevor oder nachdem der
schwächere Leichtathlet seinen Startpunkt wieder erreicht hat .
Hinweis: Zeichnerische und rechnerische Lösung sind erwünscht .
2.39
Um 10 Uhr durchfährt ein Güterzug den Hauptbahnhof in Hannover in Richtung Göttingen
(Entfernung: 108 km) mit einer mittleren Geschwindigkeit von 72 km/h; um 10.20 Uhr verlässt
ein InterCity Hannover mit erstem Halt in Göttingen (mittlere Geschwindigkeit: 216 km/h).
a) Geben Sie an, zu welcher Uhrzeit beide Züge Göttingen erreichen.
b) Wie viele Kilometer vor Göttingen und zu welcher Zeit muss dem IC eine Überholmöglichkeit
eingeräumt werden, indem der Güterzug auf einem Nebengleis wartet ?
c) Ermitteln Sie, an welchen Stellen und zu welchen Zeiten der RegionalExpress von Göttingen
nach Hannover (Abfahrt in Göttingen um 10 Uhr) den entgegenkommenden Zügen begegnet,
wenn er mit einer mittleren Geschwindigkeit von 90 km/h fährt.
Hinweis: Zeichnerische und rechnerische Lösung sind erwünscht . – Legen Sie die Abfahrtzeit 10
Uhr in den Ursprung des s, t-Diagramms.
2.40
Eine Gruppe Radfahrer will zu Trainingszwecken eine Strecke von 100 km mit einer mittleren
Geschwindigkeit von 35 km/h absolvieren. Der Trainer beabsichtigt, 90 Minuten später in gleicher Richtung mit einem Kleinbus (vBus ≈ 80 km/h) zu starten, um die verschwitzten Radfahrer
aufzunehmen.
a) Nehmen Sie rechnerisch begründet zu der Zeitplanung Stellung.
b) Welche rechnerisch belegte Maßnahmen (2 sind erwünscht) könnte der Trainer ergreifen, um
zeitgleich mit der Radfahrergruppe am Zielort anzukommen?
2.41
Der alleinige Anbieter (= Monopolist) eines bestimmten Produktes orientiert sich anhand einer
Marktanalyse an folgenden Eckdaten, die aufgrund bestimmter ökonomischer Gegebenheiten
durch eine lineare Angebotsfunktion zu modellieren sind:
Angebotsmenge 3000 Stück pro Monat: Herstellungskosten 16,3 €/Stück;
Angebotsmenge 4000 Stück pro Monat: Herstellungskosten 19,8 €/Stück.
a) Erstellen Sie die Angebotsfunktion pA(x), wobei x für die monatliche Stückzahl/1000 steht.
b) Die durchgeführte Marktbeobachtung lässt vermuten, dass die nachgefragte Menge von 4000
Stück bei einem Preis von 30 € um 1000 Stück pro Monat steigt, wenn der Preis um 2 € pro
Stück reduziert wird. Erstellen Sie die gemäß linearer Gesetzmäßigkeit modellierte Nachfragefunktion pN(x).
c) Errechnen Sie monatliche Stückzahl und Preis im Marktgleichgewicht (Angebot = Nachfrage).
d) Stellen Sie die Geraden zu pA und pN unter Berücksichtigung eines sinnvollen Definitons- und
Wertebereichs in einem gemeinsamen Koordinatensystem dar.
Hinweis: Sy der Nachfrage-„Kurve“ liefert den Sättigungspreis, Sx die Sättigungsmenge.
Schnittwinkel zweier Geraden – Orthogonalität
Zwei nichtparallele Geraden (m1 ≠ m2) schneiden sich unter einem bestimmten Winkel ε,
Schnittwinkel genannt. Definiert ist er als derjenige, der von der Geraden mit dem kleineren
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
59
Steigungswinkel zur Geraden mit dem größeren Steigungswinkel im mathematischen Drehsinn
(= Gegenuhrzeigersinn) überstrichen wird 1). Er lässt sich gemäß folgendem Satz berechnen:
Satz 2.3
Für zwei sich schneidende Geraden mit m1 < m2 ergibt sich der Schnittwinkels ε zu
ε = arctan m2 – arctan m1 .
Hinweis: Bild 2.27 veranschaulicht den Sachverhalt für m1 < m2 mit m1,2 ∈ R+.
Beweis
Es ist m1 = tan σ1 und
m2 = tan σ2;
somit folgt
σ1 = arctan m1 und
σ2 = arctan m2.
Mit
ε = σ2 – σ1 resultiert
ε = arctan m2 – arctan m1.
Bild 2.27 Schnittwinkel ε zweier Geraden f und g
Ź Beispiel 1
Der Schnittwinkel ε1 ist zu bestimmen zwischen den Geraden zu f1(x) =
1
x + 1 und g1(x) = 3x – 2.
2
Lösung
ε1 = arctan mg1 – arctan mf1
Ÿ ε1 = arctan 3 – arctan ½
ε1 = 71,565° – 26,565°
ε1 = 45°.
Ź Beispiel 2
Gesucht ist der Schnittwinkel ε 2 der Geraden mit den Funktionsgleichungen
3
f2(x) = x – 1 und g2(x) = – x + 2.
2
1)
Unabhängig hiervon schlägt DIN 1312 vor, als Schnittwinkel den kleinsten Winkel anzugeben, den
zwei sich schneidende Geraden miteinander bilden.
60
2 Funktionenlehre
Lösung
3
2
ε 2 = arctan (– 1) – arctan
ε 2 = 135° – 56,31°
ε 2 = 78,69°.
Achtung: ET-Rechner erstellen in der Regel für
ε2 = arctan (– 1) – arctan
3
als Lösung
2
ε´2 = – 45° – 56,31° = – 101,31°.
Bild 2.28 Schnittwinkel ε2 mit (negativ
gemessenem) Supplementwinkel ε´2
Bild 2.28 zeigt, dass der Supplementwinkel 1) zu ε 2 angegeben wird, und zwar negativ , also
entgegen dem mathematischen Drehsinn.
Hinweis: Zur Vermeidung von Irrtümern empfiehlt sich generell eine graphische Darstellung.
Alternativlösung: In der mathematischen Literatur findet sich häufig ein anderes Verfahren zur
Schnittwinkelbestimmung:
Gemäß Bild 2.27 gilt
ε = σ2 – σ1
Ÿ tan ε = tan (σ2 – σ1) und aufgrund eines entsprechenden Additionstheorems
(vgl. Abschnitt 2.5.1, Aufgabe 2.185b)
tan ε =
tan σ 2 − tan σ1
; mit m1 = tan σ1 und m2 = tan σ2 folgt
1 + tan σ1 ⋅ tan σ 2
tan ε =
m2 − m1
.
1 + m1 ⋅ m2
Schnittwinkelbestimmung zweier Geraden
mit den Steigungen m1 und m2
Anmerkung: Diese Formel bedarf im Gegensatz zu der von Satz 2.3 einer Einschränkung betreffs der
Steigungen m1 und m2 (welcher?).
• Aufgaben
2.42
Bestimmen Sie den Schnittwinkel ε zwischen jeweils zwei Geraden, wenn gilt:
2
3
b) f2(x) = x – 2,
g2(x) = −2 x + ;
a) f1(x) = x+1 , g1(x) = 3x – 1;
5
2
1
1
3
c) f3(x) = – 4x,
g3(x) = − x + ;
d) f4(x) = − x + 2, g4(x) = 1.
5
2
4
2.43
Berechnen Sie, unter welchen Winkeln g ≡ 7x – 4y + 14 = 0 die Koordinatenachsen schneidet.
2.44
Ein Dreieck sei festgelegt durch die Graphen folgender linearer Funktionen:
1)
Ergänzungswinkel zu 180°
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
61
1
1
3
1
3
f1(x) = − x , f2(x) = − x +
und f3(x) = x− .
2
4
2
4
2
Bestimmen Sie rechnerisch die Innenwinkel des Dreiecks sowie dessen Eckpunkte .
2.45
Errechnen Sie die Innenwinkel des in Aufgabe 2.30 beschriebenen Dreiecks .
2.46
Ein Parallelogramm sei gegeben mit AB ≡ y = 0, CD ≡ y = 4 sowie den Diagonalen
AC ≡ 4x – 7y = 0 und BD ≡ 4x + 5y – 24 = 0.
a) Errechnen Sie die Koordinaten der Eckpunkte sowie des Diagonalenschnittpunktes und überprüfen Sie das Ergebnis anhand der graphischen Darstellung.
b) Ermitteln Sie rechnerisch den Schnittwinkel der Diagonalen .
2.47
In einem Labor für experimentelle Lasertechnik wird auf
einem Tisch mit den Maßen 120 cm × 100 cm ein Laserpointer so ausgerichtet, dass der von P1(100|60) ausgehende Laserstrahl über einen Spiegel S reflektiert in einem Messpunkt
P2(10|84) aufgefangen und messtechnisch verwertet wird
(Bild 2.29).
Berechnen Sie das Abstandsmaß a für die Spiegelanordnung.
Hinweis: Einfallswinkel = Reflexionswinkel
P2
P1
S
a
Bild 2.29
Sonderfall: Orthogonalität
Ź Beispiel: Gegeben seien f (x) =
4
3
x − 1 und g(x) = − x + 2 . Der Schnittwinkel ist zu bestimmen .
3
4
Lösung 1
Lösung 2
ε = arctan m2 – arctan m1
Ÿ ε = arctan (− 43 ) – arctan 3
tan ε =
4
ε = 143,130° – 53,130°
ε = 90°.
Hinweis: Zeichnung empfehlenswert!
Ÿ tan ε =
m2 − m1
1 + m1 ⋅ m2
−3−4
4 3 =
1 + 4 ⋅ (− 3 )
3
4
− 25
12
0
Ÿ Lösung kann nicht angegeben werden.
Lösung 1 besagt, dass sich die Geraden zu f und g rechtwinklig schneiden, also orthogonal
zueinander sind. – Ein Vergleich mit Lösung 2 lässt vermuten, dass für ε = 90° der Nenner 0
wird:
1 + m1 · m2 = 0
m1 · m2 = – 1.
Satz 2.4
Zwei Geraden mit f (x) = m1 x + b1 und g(x) = m2 x + b2 sind orthogonal zueinander,
wenn gilt
m1 · m2 = – 1
(Orthogonalitätsbedingung).
62
2 Funktionenlehre
Beweis
Vorausgesetzt sei, dass die Graphen von f und g
orthogonal zueinander sind und σ2 > σ1 ist.
Bild 2.30
Orthogonale Geraden
Es ist
mf = m1 = tan σ1, und
mg = m2 = tan σ2; mit σ2 = σ1 + 90° folgt
m2 = tan (σ1 + 90°) oder
m2 = – cot σ1; aufgrund der Beziehung tan σ1 · cot σ1 = 1 folgt
m2 = −
m2 = −
1
tan σ 1
oder
1
⇔ m1 ⋅ m2 = – 1.
m1
• Aufgaben
2.48
Prüfen Sie, ob sich die Geraden mit den Steigungen m1 und m2 rechtwinklig schneiden:
a) m1 = 3,
1
m2 = − ;
3
d) m1 = + 1,
m2 = – 1;
1
g) m1 = ⋅ 3 , m2 = − 3 ;
3
1
,
2
4
e) m1 = ,
5
b) m1 =
h) m1 = 32,
m2 = +2;
c) m1 = – 2,
5
m2 = − ;
4
5
f) m1 = − ,
3
m2 = – 3–2;
i) m1 = −2
−
1
3
1
m2 = + ;
2
3
m2 = ;
5
, m2 = 3 2 .
2.49
1. Benennen Sie jeweils die Gleichungen der Ursprungsgeraden, die orthogonal sind zu
1
2
1
2
b) g: x + y = 4 ;
c) h: − x + y − 2 = 0 .
a) f : 2x – 3y + 1 = 0;
4
5
5
7
2. Unter jeweils welchem Winkel schneiden die orthogonalen Geraden die Abszissenachse ?
2.50
Eine Gerade schneidet die x-Achse unter einem Winkel von
a) 30°,
b) 60°.
Geben Sie jeweils eine mögliche lineare Funktion an, deren Graph orthogonal zur beschriebenen
Geraden verläuft, aber nicht durch den Ursprung geht.
Wie viele Lösungen wären generell für a) bzw. b) zu erwarten ? (Begründung !)
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
63
Erstellung linearer Funktionen
Synthese linearer Funktionen aus Punkt und Steigung
Die Normalform der Geradengleichung y = mx + b verdeutlicht es:
Eine Gerade kann durch Angabe von Steigung m und Ordinatenabschnitt b gezeichnet werden.
Gleiches gilt, wenn die Steigung und ein beliebiger Punkt der Geraden gegeben sind (wieso ?).
Es soll nun untersucht werden, inwieweit aufgrund beider Angaben rechnerisch die lineare
Funktionsgleichung zu erstellen ist.
Ź Beispiel
Eine Gerade mit m = −
1
gehe durch P1(–1|3). – Die zugehörige Funktionsgleichung ist aufzustellen.
2
Lösung
1
x + b.
2
b kann mit Hilfe von P1 bestimmt werden; denn P1 liegt laut Aufgabenstellung auf der Geraden, seine
Koordinaten erfüllen die Zuordnungsvorschrift. – Eine Inzidenzprobe1) (anschaulicher auch Punktprobe
genannt – abgekürzt: P.P.) ergibt die gewünschte Aussage.
Der Ansatz y = mx + b führt auf y = −
1
(– 1) + b
oder
2
5
1
5
b= + Ÿ y=− x+ .
2
2
2
P.P. mit P1(–1|3): 3 = −
* Punktsteigungsform der Geradengleichung
Die Forderung lautet, allgemein eine Geradengleichung zu erstellen, wenn Steigung m und
Punkt P1(x1|y1) der Geraden gegeben sind.
Der Ansatz y = mx + b ermöglicht den Ordinatenabschnitt b zu bestimmen.
P.P. mit P1(x1|y1):
y1 = mx1 + b oder
b = y1 – mx1; eingesetzt in die Normalform y = mx + b ergibt sich
y = mx + y1 – mx1 oder
y = m (x – x1) + y1 und schließlich
y – y1 = m (x – x1).
Satz 2.5
Durch P1(x1|y1) und Steigung m festgelegte Geraden lassen sich beschreiben mit der
Punkt-Steigungsform
y – y1 = m (x – x1) .
ŹBeispiel
Die Gleichung der Geraden ist gesucht, die die x-Achse unter 45° schneidet und durch P1(2|3) geht.
Lösung
Es ist y –y1 = m (x – x1); mit m = 1 folgt
y – 3 = + 1 (x – 2) oder
y = x + 1.
1)
Inzidenz (lat. incidere): „Hineinfallen“ des Punktes in den Graphen
64
2 Funktionenlehre
• Aufgaben
2.51
a) Bestimmen Sie b ∈ R so, dass die Gerade zu y =
1
3
x + b durch P1(3|–1) geht .
b) Wie groß muss m ∈ R sein, damit der Graph zu f mit f(x) = mx – 2 durch P2(1|–3) geht ?
2.52
2
3
Erstellen Sie jeweils die Gleichung der Geraden mit m = − , die durch folgenden Punkt geht:
a) P1(2|–3);
b) P2(–1|–1);
c) P3(–2|3).
2.53
Der Graph einer linearen Funktion schneidet die Abszissenachse unter 135° und geht durch
P1(–2|1). – Wie heißt die Funktion ?
2.54
Es sei g ≡ 2x + y + 1 = 0.
a) Geben Sie die Funktionsgleichung der zu g parallelen Geraden durch P(–1|–2) an.
b) Bestimmen Sie die Funktionsgleichung der zu g orthogonalen Geraden durch Q(1|–1).
c) Berechnen Sie, in welchem Punkt sich Parallele und Orthogonale zu g schneiden.
2.55
Wie lauten die Funktionsgleichungen der Orthogonalen, die in den Schnittpunkten der Geraden
g ≡ 2x – 3y – 6 = 0 mit den Koordinatenachsen errichtet werden ?
2.56
Von P(–3|4) wird das Lot auf die 1. Winkelhalbierende gefällt.
a) Geben Sie die Funktionsgleichung dieses Lotes an.
b) Wo schneidet es die Koordinatenachsen und unter welchen Winkeln geschieht es ?
2.57
Von einem Punkt P(4|3) trifft ein Lichtstrahl unter einem Winkel von σ = arctan 2 auf der
x-Achse auf und wird von dieser sowie anschließend von der y-Achse reflektiert. – Geben Sie die
Funktionsgleichungen des einfallenden und des reflektierten Lichtstrahles an.
Hinweis: Zeichnen Sie den Strahlengang unter Berücksichtigung des Reflexionsgesetzes.
2.58
Zu der Geraden mit g(x) = – 2x + 4 sind die Funktionsgleichungen der Ursprungsgeraden rechnerisch zu ermitteln, die mit ihr einen Winkel von 45° bilden .
2.59
Zwei Halbzeuge sollen nach Zeichnung (Bild 2.31) durch automatisches Schweißen in einer
Vorrichtung zum fertigen Werkstück verbunden werden.
Zur Programmierung des Automaten werden die Koordinaten von Anfangs- und Endpunkt der
Schweißnaht benötigt.
Bild 2.31
2.60
Bild 2.32
Bestimmen Sie zwecks CNC-Programmierung des dargestellten Frästeiles (Bild 2.32) die Koordinaten des Punktes P1, bezogen auf den Werkstück-Nullpunkt auf 3 Nachkommastellen.
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
2.61
65
Es sei f : y = − 2 x − 2 , x ∈ R.
3
Geben Sie die Gleichungen der Geraden durch P(–1|1) an, die Gf unter 45° schneiden.
2.62
Eine Gerade g schließt zusammen mit den Koordinatenachsen eine Dreiecksfläche von 6 FE
(FE: Flächeneinheiten) ein. Erstellen Sie die Funktionsgleichung der Geraden, wenn (4|6) ∈ g ist .
Hinweis: Es ergeben sich zwei Lösungen .
Synthese linearer Funktionen aus zwei Punkten
Eine Geradengleichung lässt sich nicht nur aufstellen, wenn die Koordinaten eines Punktes
sowie der Steigungsfaktor m bekannt sind. Es ist ebenfalls möglich, die Funktionsgleichung
einer durch 2 Punkte festgelegten Geraden rechnerisch zu erstellen.
Ź Beispiel
Eine Gerade geht durch P1(1|1) und P2(3|4). – Die Funktionsgleichung der Geraden ist gesucht.
Lösung
Die Normalform der Geradengleichung führt über zweimalige Punktprobe auf ein lineares Gleichungssystem mit zwei Variablen m und b.
y = mx + b
Ansatz:
P.P. mit P1: 1 = m + b
3
1
Ÿ–m+1=4–3m⇔m= Ÿb=− .
2
2
P.P. mit P2: 4 = 3m + b
Somit lautet die Funktionsgleichung f (x) =
3
1
x− .
2
2
* Zweipunkteform der Geradengleichung
Allgemein soll die Geradengleichung erstellt werden, wenn zwei ihrer Punkte P1(x1|y1) und
P2(x2|y2) gegeben sind, wobei x1 ≠ x2 vorausgesetzt wird (warum wohl?).
Der Ansatz y = mx + b ermöglicht mit Inzidenzprobe m zu bestimmen:
P.P. mit P1: y1 = mx1 + b
P.P. mit P2: y2 = mx2 + b
⇔ y1 – y2 = mx1 – mx2 ⇔ y1 – y2 = m (x1 – x2).
Hieraus resultiert die wichtige Beziehung
m=
y2 − y1
x2 − x1
, wobei x1 ≠ x2.
Unter Verwendung der Punktsteigungsform folgt dann y − y1 =
y 2 − y1
( x − x1 ) oder
x2 − x1
y − y1 y 2 − y1
.
=
x − x1 x2 − x1
Satz 2.6
Durch P1(x1|y1) und P2(x2|y2) festgelegte Geraden lassen sich beschreiben mit der
Zweipunkteform
y − y1 y 2 − y1
=
x − x1 x2 − x1
(x1 ≠ x2).
66
2 Funktionenlehre
Der Beweis erfolgt in Anlehnung an Bild 2.33:
Es ist
tan σ = m =
y 2 − y1
(siehe oben) und
x2 − x1
tan σ = m =
y − y1
;
x − x1
durch Gleichsetzen resultiert die Zweipunkteform.
Bild 2.33
y −y
Steigungsfaktor m = tan σ = 2 1
x2 − x1
¾ Die Zweipunkteform lässt sich auch in Determinantenschreibweise angeben:
2-reihig:
y − y1
y2 − y1
x − x1
x2 − x1
x
3-reihig: x1
x2
= 0,
y 1
y1 1 = 0.
y2 1
Ź Beispiel
Für eine durch P1(– 3 | 1) und P2(2 | – 3) verlaufende Gerade sind die Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen zu bestimmen.
Lösung
Zweipunkteform:
y −1
−3 − 1
y −1
4
4
7
=
⇔
=− ⇔ y=− x− .
x − ( −3) 2 − ( −3)
x+3
5
5
5
Für den Schnittpunkt mit der y-Achse ergibt sich unmittelbar Sy(0|– 7 );
5
für den Schnittpunkt mit der x-Achse muss die Gleichung – 4 x –
5
7
5
7
4
= 0 gelöst werden: N(– |0).
Alternativlösung erfolgt mit 2- bzw. 3-reihiger Determinante.
•
Aufgaben
2.63
Ein Dreieck habe die Eckpunkte A(–1|1), B(5|–1) und C(1|5). – Geben Sie die Gleichungen der
Dreiecksseiten an.
2.64
Gegeben sind P1(–2|–3), P2(4|2) und P3(4|3).
a) Geben Sie die Funktionsgleichung der Parallelen zu P1P3 durch P2 an.
b) Wie lautet die Funktionsgleichung der Orthogonalen zu P1P2 durch P3 ?
2.65
Gegeben: f1(x) =
2
3
x −
3
2
1
2
und f2(x) = − x + 2.
Ermitteln Sie die Geradengleichung durch S ∈ f1 ∩ f2 und P(–2|1) .
2.66
Prüfen Sie rechnerisch, ob P(½|–½) auf der Geraden durch P1(–2|–3) und P2(4|3) liegt.
2.67
Prüfen Sie rechnerisch, ob drei Punkte auf jeweils einer gemeinsamen Geraden liegen:
a) P1(–4|1), P2(2,5|-1,5), P3(4|–2);
b) P1(–3|–2), P2(0,5|2), P3(4|6).
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
67
2.68
Eine Gerade sei festgelegt durch P1(–2|1) und P2(3|3). – Berechnen Sie, unter welchem Winkel
der Graph der identischen Funktion f ( x ) = x die beschriebene Gerade schneidet.
2.69
A(–2|–3), B(5|–1), C(2,5|4) und D(–1|3) markieren ein Viereck. Klären Sie rechnerisch, ob
a)
b)
c)
d)
es sich um ein Trapez handelt,
die Verbindungslinie AC durch den Ursprung geht,
sich die Diagonalen AC und BD in S(1|1,5) schneiden,
die Diagonalen senkrecht aufeinander stehen.
2.70
Ein Viereck habe die Eckpunkte A(–1|–1), B(5|–2), C(6|5) und D(0|4).
a) Wo und unter welchem Winkel schneidet das Lot von C auf BD die Abszissenachse ?
b) Prüfen Sie, ob das beschriebene Lot identisch ist mit der Diagonalen AC .
2.71
Errechnen Sie für ein Dreieck mit den Eckpunkten A(–1|–1), B(6|2) und C(–1,5|5) die Koordinaten des Fußpunktes der Höhe ha .
2.72
Gegeben ist ein Dreieck mit A(–5|2), B (2|–4) und C(0|5). – Bestimmen Sie die Koordinaten des
Höhenschnittpunktes .
2.73
Von einem Dreieck sind die Eckpunkte A(–4|–2) und B(5|1) sowie der Höhenschnittpunkt H(1|3)
bekannt. – Berechnen Sie die Koordinaten des Eckpunktes C .
2.74
Aus einer bestimmten Anfangsgeschwindigkeit v0 heraus wird ein Körper gleichmäßig beschleunigt; nach 3 Sekunden hat er eine Geschwindigkeit von v1 = 10 m/s, nach 10 Sekunden eine solche von v2 = 24 m/s. – Welche Anfangsgeschwindigkeit hatte der Körper?
Stellen Sie den Sachverhalt im v, t-Diagramm für t ≥ 0 graphisch dar.
2.75
Um Energiekosten einzusparen, kann die Vorlauftemperatur TV einer Heizungsanlage in Abhängigkeit von der Außentemperatur TA geregelt werden; der funktionale Zusammenhang wird in
sog. „Heizkurven“ (Bild 2.34) dargestellt.
a) Stellen Sie für „Heizkurven“ mit der Steilheit s1 = 1 und s2 = 2 die Funktionsgleichungen auf.
Interpretieren Sie anhand der Ergebnisse den Terminus „Steilheit“.
b) Erstellen Sie für die verbleibenden beiden Heizkurven ebenfalls die Funktionsgleichungen.
Hinweis: Beachten Sie den Maßstab auf der Abszissenachse .
2.76
Bestimmen Sie zum Fertigen der Nut (Bild 2.35) die Koordinaten des Punktes P.
Bild 2.34
Bild 2.35
68
2 Funktionenlehre
2.77
Bei einer Autobatterie wurden an einem veränderbaren Außenwiderstand einmal 13,3V und 1A
und ein weiteres Mal 12,9V und 5A gemessen.
a) Ermitteln Sie die Geradengleichung der Innenwiderstandskennlinie, skizzieren Sie diese und
errechnen Sie den Innenwiderstand der Autobatterie.
b) Weisen Sie nach, dass allgemein für eine Innenwiderstandskennlinie mit I(u) = m⋅u + Ik immer
die Aussage Ri = – 1/m gilt.
2.78
Beim Testen eines neu entwickelten Elektrogerätes bestimmter Bauart zeigt sich nach kürzerer
Betriebsdauer, dass sich der Widerstand der Heizwicklung von R20 = 25 Ω auf R48 = 27 Ω erhöht.
a) Geben Sie die Funktion in der Form R = f (ϑ) an (ϑ in °C gemessen), wenn die Temperaturabhängigkeit von Widerständen unter bestimmten technologischen Voraussetzungen als lineare
Funktion modelliert werden kann.
b) Für die Steigung gilt m = R0 ⋅ α. – Bestimmen Sie den Temperaturbeiwert α der Wicklung.
Hinweis: Die Indizes der Widerstände beziehen sich auf gemessene Temperaturen.
2.79
Ausgehend von einem katasteramtlichen Messpunkt sind die Eckpunkte eines sich dreieckig abzeichnenden Mischwaldes durch P1(–1|2), P2(5|–1) und P3(2,5|9) (Angabe in 100 m) festgelegt.
Über P1 verlaufend soll eine Gas-Pipeline so durch das Waldgebiet geführt werden, dass sie es
geometrisch gesehen als Winkelhalbierende durchschneidet. – Geben Sie zwecks Trassierung
rechnerisch abgesichert die Ordinaten für xW1 = 50 m, xW2 = 200 m und xW3 = 350 m an.
* Länge einer Strecke
Bild 2.33 verdeutlicht, dass gemäß Pythagoras folgender Satz gilt:
Satz 2.7
Die Strecke P1P2 einer durch P1(x1|y1) und P2(x2|y2) festgelegten Gerade g hat die Länge
l = | P1P2 | =
( x2 − x1 )2 + ( y2 − y1 ) 2 .
Anmerkung: Satz 2.7 gilt unabhängig von der Lage der Punkte P1 und P2 zueinander (wieso ?).
Ź Beispiel
Die Entfernung zwischen den Punkten P1(–3|1) und P2(4|3) ist zu bestimmen .
Lösung:
Es ist l = | P1P2 | = [4 − (−3)]2 + (3 − 1) 2 = 53 Ÿ l = 7,28 LE.
80
Ɣ Aufgaben
2.80
Für das in Bild 2.36 dargestellte Stanzteil ist die Schneidkraft FS zu berechnen, wenn Rm = 450 N/mm² beträgt.
Hinweis: FS = Scherfläche × τ B , wobei τ B ≈ 4 Rm .
70
35
5
t=5
0
Bild 2.36
2.81
Von einem Dreieck sind die Eckpunkte A(0|–1), B(4|1) und C(–2|3) gegeben.
Weisen Sie nach, dass das Dreieck rechtwinklig ist und bestimmen Sie seinen Flächeninhalt.
90
105
40
0
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
69
Ein Dreieck habe die Eckpunkte A(–2|3), B(3|–6) und C(4|5).
2.82
a) Errechnen Sie die Dreiecksfläche unter Zuhilfenahme der Beziehung A = ½ b c ⋅ sin α .
b) Leiten Sie die genannte Beziehung her.
Die Eckpunkte A(–4|–4), B(2|–1), C(4|5) und D(–2|2) markieren ein Parallelogramm.
Bestimmen Sie seinen Flächeninhalt mit Hilfe der Aussage A = Grundlinie × Höhe.
2.83
* Abstand Punkt - Gerade
Die bislang zu praktizierende Vorgehensweise zur Abstandsermittlung von Punkt zu Gerade
(ĺ Aufgabe 2.83) lässt sich eleganter gestalten. Mit Bezug auf Bild 2.37 gilt Folgendes:
y0 = h1 + h2, es folgt mit
P0(x0|y0)
y
g
a
d
h1
tan α = a−x ⇔ h1 = (a − x0 ) tan α und
0
.
h2
cosα = hd
⇔ h2 = cosd α
2
(a|0)
y0 = (a − x0 ) tan α + cosd α
h1
a
.
x
y0 cos α = (a − x0 )sin α + d
d = x0 sin α + y0 cos α − a sin α
(0|b)
Bild 2.37
Die umgeformte Achsenabschnittsform
d = x0
d=
b
a 2+b 2
+ y0
x0b+ y0 a−ab
a 2+b 2
a
a 2+b 2
−
ab
a 2+b 2
.
x + y = 1 ⇔ xb + ya − ab = 0 zeigt,
a b
dass im Zähler die
implizite Form der Geradengleichung steht, üblicherweise mit Ax + By + C = 0 angegeben.
Entsprechend gilt für die Parallele zu g durch P0(x0|y0): Ax0 + By0 + C = 0, so dass folgende
Feststellung resultiert:
Satz 2.8
Der Punkt P0(x0|y0) hat von der Geraden g: Ax + By + C = 0 den Abstand d =
Ź Beispiel
Der Abstand des Punktes P0(1|-2) von der Geraden g: y = 43 x − 2 ist zu errechnen.
Lösung
y = 43 x − 2 ⇔ 4 x − 3 y − 6 = 0, also folgt d =
4 ⋅1− 3⋅ (−2) − 6
42 + (−3)2
= 54 .
Hinweis, das Vorzeichen von d betreffend:
d ist positiv, wenn P0 und Ursprung auf verschiedenen Seiten ½
¾ der Geraden g liegen.
d ist negativ, wenn P0 und Ursprung auf der gleichen Seite ¿
Ax0 + By0 + C
A² + B ²
.
70
2 Funktionenlehre
¾ Sonderfall: Abstand Gerade – Ursprung
Aus Satz 2.8 folgt wegen O(0|0) direkt d0 =
C
A2+B 2
.
Für obiges Beispiel resultiert d 0 = − 65 .
Ɣ Aufgaben
2.84
Berechnen Sie jeweils den Abstand folgender Geraden vom Ursprung O(0|0):
a) g1 ≡ 2x + y – 5 = 0;
2.85
c) g3 ≡ x + 3y + 10 = 0 .
Bestimmen Sie rechnerisch jeweils den Abstand Punkt - Gerade für
a) f1(x) =
2.86
b) g2 ≡ 6x – 8y + 25 = 0;
1
x + 2 , P1(2|6);
3
1
2
b) f2(x) = − x + 1 , P2(-3|-2,5).
Errechnen Sie die Abstände folgender Parallelen:
a) f1: x – 2y = 0 und f2: x – 2y + 5 = 0;
b) g1: 3x + 4y + 12 = 0 und g2: 3x + 4y – 13 = 0.
2.87
Ein Dreieck sei festgelegt durch A(–3|–5), B(5|–1) und C(2|5).
Errechnen Sie das Maß für den Radius des Inkreises.
Hinweis: Der Mittelpunkt des Inkreises ist der Schnittpunkt der Winkelhalbierenden.
2.88
Ein Dreieck habe die Eckpunkte A(–4|2), B(6|–3) und C(2|5).
Ermitteln Sie, wie viel % der Dreiecksfläche durch den Inkreis abgedeckt werden.
*Dreiecksfläche
Die bislang praktizierte rechnerisch aufwändige Vorgehensweise bei der Ermittlung von
Dreiecksflächen lässt sich erheblich reduzieren, wie die nachfolgende Herleitung zeigt. Die
Flächenmaßzahl des in Bild 2.38 durch P1(x1|y1), P2(x2|y2) und P3(x3|y3) markierten Dreiecks
ergibt sich als Flächenbilanz dreier Trapezflächen:
AΔ =
AΔ =
AΔ =
AΔ =
AΔ =
y3 + y1
y +y
y +y
( x3 − x1 ) + 2 3 ( x2 − x3 ) − 2 1 ( x2 − x1 )
2
2
2
1 [( y + y )( x − x ) + ( y + y )( x − x ) + ( y + y )( x − x )]
3 3
1
2
3 2
3
1
2 1
2
2 1
1 [ y x − y x + y x − y x + ... + y x − y x + y x − y x ]
1 1
3 3
3 1
1 1
1 2
2 1
2 2
2 1 3
1 [ x ( − y − y + y + y ) + ... + x ( y + y − y − y )]
1
3
1
2
3 1
3
2
3
2 1
1 [ x ( y − y ) + x ( y − y ) + x ( y − y )].
2 3 1
3 1 2
2 1 2 3
P3
y
P2
P1
x
Bild 2.38
Satz 2.9
Für die Maßzahl A einer durch P1(x1|y1), P2(x2|y2) und P3(x3|y3) markierten Dreiecksfläche
gilt
AΔ = 1 [ x1 ( y 2 − y3 ) + x2 ( y 3− y1 ) + x3 ( y1− y2 )] .
2
Hinweis: Die Anordnung der Punkte muss im mathematischen Drehsinn erfolgen. Geschieht das nicht,
ergibt sich die Flächenmaßzahl ggf. negativ.
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
71
¾ Determinantenschreibweise
x
1 1
Satz 2.9 lässt sich als Merkregel besser wie folgt schreiben: AΔ = ⋅ x2
2
x3
y1 1
y2 1 .
y3 1
Ź Beispiel
Die Flächenmaßzahl eines durch A(–4|0), B(5|3,5) und C(–1|6) markierten Dreiecks ist zu berechnen.
Lösung 1:
AΔ = 12 [−4(3,5 −6) + 5(6 − 0) + ( −1)(0 −3,5)] ⇒ AΔ = 21, 75 FE .
−4 0 1
1
1
Lösung 2: AΔ = ⋅ 5 3,5 1 = [−4(3,5 − 6) − 5(0 − 6) + (−1)(0 − 3,5)] ⇒ AΔ = 21,75 FE.
2
2
−1 6 1
Ɣ Aufgaben
2.89
Errechnen Sie die Fläche eines durch A(–1|–1), B(5|–1,5) und C(2|6) festgelegten Dreiecks.
2.90
Berechnen Sie, wie schwer ein Transport von 10.000 der in Bild 2.36 dargestellten Teile wird,
wenn ρFE = 7,85 kg/dm3 beträgt.
2.91
Vor der Nordseeküste hat ein Tanker Öl verloren; der Ölteppich zeichnet sich angenähert in Form
eines Dreiecks auf dem Wasser ab. Über Satellit werden die Eckpunkte, bezogen auf die Radaranlage des Entsorgungsschiffes (Angabe in m) wie folgt markiert:
P1(500|200), P2(1300|500) und P3(700|900).
Berechnen Sie zwecks Kalkulation des Bindemitteleinsatzes die Fläche des Ölteppichs.
2.92
Landvermesser haben aus der Luft gesehen
das in Bild 2.39 skizzierte Gelände markiert (Angabe in km). Es zeigt die Fahrbahnkreuzung eines Kanals mit einer Bundesautobahn.
Berechnen Sie die Größe der schraffierten
Fläche.
P4 (2|8)
BAB
Kanal
P2 (0|5)
P1 (0|1)
y
x
Bild 2.39
P3 (10|6)
72
2 Funktionenlehre
* Mitte einer Strecke
Neben der Längenberechnung einer Strecke P1P2 ist es in vielen Problemstellungen von
Bedeutung, den Mittelpunkt von P1 P2 festzulegen. Es geschieht gemäß nachfolgendem Satz:
Satz 2.10
Die Strecke P1P2 einer durch P1(x1|y1) und P2(x2|y2) festgelegten Gerade g weist einen
Mittelpunkt Pm ∈ P1P2 auf mit den Koordinaten
xm =
x1 + x2
2
und
ym =
y1 + y2
2
.
Beweis
1
| P1P2 |
x
=2
, also
x2 − x1
| P1P2 |
Gemäß Bild 2.40 ist xm = x1 + x ; nach dem 1. Strahlensatz gilt
x −x
xm = x1 + 2 1 oder
2
xm =
2 x1 + x2 − x1
und schließlich
2
x +x
xm = 1 2 .
2
Für ym erfolgt die Beweisführung analog.
Bild 2.40 Mittelpunkt einer Strecke P1 P2
Ź Beispiel
Für ein Parallelogramm mit A(0|0), B(4|1), C(5|4) und D(1|3) ist der Diagonalenschnittpunkt gesucht.
Lösung
In einem Parallelogramm halbieren sich die Diagonalen:
xm =
x A + xC 0 + 5
y + yC 0 + 4
=
= 2,5 und ym = A
=
=2 ;
2
2
2
2
der Diagonalenschnittpunkt ist S(2,5|2).
Alternativlösung: Gleichungen der Diagonalen aufstellen und Schnittpunktbedingung anwenden.
•
Aufgaben
2.93
Bestimmen Sie die Mittelpunkte der Strecken, die durch folgende Endpunkte festgelegt sind:
a) P1(2|1), P2(4|3);
2.94
b) Q1(3|4), Q2(– 3|– 2);
c) R1(– 1,5|– 2,5), R2(8,5|– 0,5).
Von einer Strecke sind Anfangs- und Mittelpunkt gegeben; bestimmen Sie die Endpunkte:
a) P1(0|– 1), Pm(1|1);
b) Q1(– 2|1), Qm(0|– 2);
c) R1(– 3|– 2), Rm (–1|0,5).
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
2.95
73
4
3
Gegeben: Eine Gerade g mit g(x) = − x + 4 und ein Punkt Pm, der das zwischen den Koordinatenachsen liegende Geradenstück halbiert.
a) Bestimmen Sie die Funktionsgleichung der Ursprungsgeraden durch Pm.
b) In welchem Verhältnis teilt diese Gerade die Dreiecksfläche, die von den Koordinaten-Achsen
sowie der Geraden g begrenzt wird?
c) Geben Sie allgemein die Lösung zu b) an.
2.96
Errechnen Sie den Schwerpunkt des Dreiecks mit den Eckpunkten A(– 2|– 1), B(4|0) und C(1|4).
Hinweis: Der Schwerpunkt ist der Schnittpunkt der Seitenhalbierenden.
2.97
Von einem Dreieck sind die Eckpunkte A(– 4|1), B(6|2) und C(2|7) gegeben.
Berechnen Sie den Radius des Umkreises.
Hinweis: Der Schnittpunkt Ms der Mittelsenkrechten liefert den Umkreismittelpunkt.
2.98
Der Schweizer Mathematiker Leonhard Euler (1707–1783) hat u. a. herausgefunden, dass Höhenschnittpunkt, Schwerpunkt und Mittelpunkt des Umkreises eines beliebigen Dreiecks auf einer
gemeinsamen Geraden liegen, ihm zu Ehren Euler´sche Gerade genannt.
a) Bestätigen Sie diese Aussage rechnerisch für ein Dreieck mit A(0|0), B(6|0) und C(0|5).
b) Stellen Sie für ein beliebiges Dreieck den vollständigen Sachverhalt in der x,y-Ebene dar .
2.99
Von einem Parallelogramm, dessen Diagonalen sich im Ursprung des Koordinatensystems
schneiden, sind zwei Seiten wie folgt gegeben:
AB ≡ x – 7y – 11 = 0 und AD ≡ 3x + y + 11 = 0.
Erstellen Sie die Gleichungen für die anderen Parallelogrammseiten sowie der Diagonalen.
2.100 Von einem Rechteck sind Eckpunkt A(– 1|– 3) sowie Diagonalenschnittpunkt S(2,5|0) gegeben.
Errechnen Sie die Koordinaten der Eckpunkte B, C und D, wenn AB ≡ y =
1
11
.
x−
4
4
2.101 Die Diagonale e eines Rhombus (Raute) ist durch die 1. Winkelhalbierende festgelegt, zwei
seiner Seiten durch die Geraden g1 ≡ x – 5y + 16 = 0 und g2 ≡ x – 5y – 8 = 0.
Errechnen Sie die Koordinaten der Eckpunkte und bestimmen Sie den Flächeninhalt der Raute.
74
2 Funktionenlehre
2.2.2 Quadratische Funktionen
Klassisches Beispiel ist der freie Fall: Ein Körper durchfällt eine Fallstrecke s, die in Abhängigkeit von
der Zeit t unter Vernachlässigung des Luftwiderstandes überproportional anwächst nach der Gesetzmäßigkeit s =
1
2
⋅ g ⋅ t 2 , wobei die Fallbeschleunigung mit g ≈ 9,81
m
s2
eingesetzt wird.1)
Es handelt sich mit s = f(t) um eine quadratische Funktion, was in der Mathematik umfassender wie folgt definiert wird.
Definition 2.4
Reelle Funktionen der Form
f(x) = ax2 + bx + c
(a, b, c ∈ R ∧ a ≠ 0)
nennt man quadratische Funktionen.
Dabei heißen ax2 quadratisches, bx lineares und c absolutes Glied des Funktionsterms.
Die Normalparabel
Die besondere Charakteristik quadratischer Funktionen und ihrer Graphen soll einführend an
einem Sonderfall betrachtet werden. Die Funktionsangabe erfolgt in der Paarmengenschreibweise mit willkürlicher Einschränkung des Definitionsbereichs:
f = {(x;y) | y = x2 ∧ x ∈ [– 3; + 3]}Z×N.
Die sich ergebenden geordneten Paare sind schematisch in Tabelle 2.2 festgehalten:
–3 –2 –1 0
9 4 1 0
1
1
2
4
3
9
Tabelle 2.2
Symmetrie zur y-Achse
f (x) = f (-x)
Wegen des eingeschränkten Definitonsbereichs würde
sich der Graph von f als endliche Punktmenge ergeben.
Erst die Erweiterung der Definitionsmenge auf D = R
verdeutlicht das spezifische Verhalten des Graphen dieser quadratischen Funktion:
Es ist „die Mutter aller Parabeln“ (Bild 2.41),
- eine nach oben geöffnete Normalparabel,
- symmetrisch zur y-Achse,
- mit stärkster Krümmung (= Scheitelpunkt) im Ursprung.
Bild 2.41 Normalparabel y = x2
1)
Die Größe der Fallbeschleunigung ist nicht an allen Orten der Erde gleich: Sie ist an den Polen am
größten (≈9,84 m/s2) und nimmt zum Äquator hin ab auf 9,78 m/s2.
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
75
Verschiebung in y-Richtung
Wird diese Normalparabel um ys Einheiten in yRichtung verschoben, so nehmen die Ordinaten aller
Parabelpunkte ebenfalls um ys Einheiten zu (ys > 0)
bzw. ab (ys < 0); die Zuordnungsvorschrift lautet entsprechend
y = f (x) = x2 + ys (ys ∈ R).
Der Scheitelpunkt hat nunmehr die Koordinaten S(0|ys).
Bild 2.42 zeigt den Sachverhalt für
ys1 = 1 bzw. ys2 = – 2.
Bild 2.42 Verschiebung der Normalparabel in y-Richtung, dargestellt für
f1(x) = x2 + l und f2(x) = x2 – 2.
Verschiebung in x-Richtung
Sie wird bewirkt durch Funktionsgleichungen wie
y = f3(x) = (x + 1)2 bzw. y = f4(x) = (x – 2)2.
Es ergeben sich zur Normalparabel kongruente Parabeln (Bild 2.43) mit den
– Symmetrieachsen x = – 1 bzw. x = + 2 und den
– Scheitelkoordinaten S3(– 1|0) bzw. S4(+ 2|0).
Hinweis: Man beachte, dass f3(– 1) = 0 bzw. f4(+ 2) = 0 ist.
Bild 2.43 Verschiebung der Normalparabel in x-Richtung, dargestellt für
f3(x) = (x + 1)2 und f4(x) = (x – 2)2.
Verschiebung in x- und y-Richtung
Die Vermutung ist angebracht, dass z. B. y = f5(x) = (x – 2)2 + 1 eine Verschiebung sowohl in
x- als auch in y-Richtung präsentiert.
Bild 2.44 zeigt eine zur Normalparabel kongruente Parabel
mit dem
– Scheitelpunkt S(2|1) und der
– Symmetrieachse x = 2.
Bild 2.44 Verschiebung der Normalparabel in x- und y-Richtung,
dargestellt für y = f5(x) = (x – 2)2 + 1.
76
2 Funktionenlehre
¾ Verallgemeinernd lässt sich feststellen, dass eine Parabel mit der Funktionsgleichung
y = (x – xs)2 + ys
(xs, ys ∈ R)
(Scheitelgleichung)
– kongruent zur Normalparabel y = x2 ist,
– sich nach oben öffnet und
– die Scheitelkoordinaten S(xs|ys) aufweist.
Aufstellen der Scheitelgleichung
Die Angabe quadratischer Funktionen erfolgt in der Regel jedoch nicht in Form der Scheitelgleichung (siehe Definition 2.4). Falls die Scheitelkoordinaten zu bestimmen sind oder eine
„Schnellkonstruktion“ der Parabel erfolgen soll, ist der Funktionsterm
f(x) = ax2 + bx + c
(hier: a = 1 )
in die Scheitelgleichung umzuformen. Das geschieht mit Hilfe der quadratischen Ergänzung.
Ź Beispiel
Die Parabel zu f (x) = x2 + 4x + 3 ist darzustellen .
Lösung
Aus y = x2 + 4x + 3 folgt mit quadratischer Ergänzung
§4·
©2¹
2
§4·
©2¹
y = x2 + 4x + ¨ ¸ + 3 – ¨ ¸
2
oder
y = (x + 2)2 – 1 Ÿ S(–2|–1) ist Scheitelpunkt.
Die „Schnellkonstruktion“ wird aus Bild 2.45 ersichtlich.
Der Schnittpunkt der Parabel mit der y-Achse bei y = +3
(wieso ?) liefert einen weiteren „Anhalts“-Punkt .
Bild 2.45
Graph zu f (x) = x2 + 4x + 3
Erstellen der Funktion mittels Scheitelgleichung
Ist der Scheitelpunkt einer aus dem Ursprung heraus verschobenen Normalparabel bekannt,
lässt sich durch konkrete Termumformung der Scheitelgleichung auf die Koeffizienten der
allgemeinen Form f(x) = x2 + bx + c schließen.
Das geht auch, wenn die durch den Scheitelpunkt gehende Symmetrieachse – also die
xs-Komponente – und ein zusätzlicher Punkt der Parabel gegeben sind.
Ź Beispiel
Die Funktionsgleichung der zu x = 2 symmetrischen Normalparabel durch P(4|3) ist zu ermitteln.
Lösung
Wegen xs = 2 ergibt sich y = (x – 2)2 + ys;
Punktprobe mit P(4|3):
3 = (4 – 2)2 + ys, also
ys = – 1.
Somit gilt y = (x – 2)2 – 1 oder y = x2 – 4x + 3.
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
•
77
Aufgaben
2.102 Bestimmen Sie die Scheitelkoordinaten und geben Sie den Wertebereich an, wenn D = R ist:
a) y = x2 – 2x + 2;
b) y = x2 + 4x + 1;
c) y = x2 – x + 1;
1
3
d) y = x 2 + x −
1
.
2
2.103 Erstellen Sie die Scheitelkoordinaten der nach oben geöffneten Normalparabel, symmetrisch zur
y-Achse, die durch jeweils folgenden Punkt geht:
a) P(2|1);
b) Q(3|5);
c) R(– 0,5|1,25).
2.104 Der Funktionsterm von f (x) = x2 + bx + c ist so anzugeben, dass die zugehörige Parabel
a) die stärkste Krümmung in S(1,5|0) hat;
b) symmetrisch zu x = 1 verläuft und durch P(2|3) geht;
c) durch P1(–3|2) und P2(1|6) verläuft.
Allgemeine Form der Scheitelgleichung
Gemäß Definition 2.5 gilt f(x) = ax2 + bx + c, wobei a ∈ R*.
Mit a = 1 liegt der klassische Sonderfall vor: Normalparabel.
Als 1. Schritt „weg von der Normalparabel“ werden zunächst Funktionen der Form f (x) = ax2
betrachtet.
Bild 2.46 mit den Fällen
a1 = – 1, a2 = −
1
1
, a3 =
und a4 = 2
2
4
offenbart folgendes:
¾ f(x) = ax2 symbolisiert eine zur y-Achse symmetrische Parabel mit Scheitelpunkt S(0|0).
Ist a ∈ R+, so ist die Parabel nach oben geöffnet (Wertemenge W = R +
0 );
für a ∈ R– ergibt sich eine Öffnung nach unten (W = R −
0 ).
Der Koeffizient a beeinflusst die Form der Parabel, er heißt daher Formfaktor.
a ∈ R+
Bild 2.46
Einfluss des Formfaktors; dargestellt für f (x) = x2,
1
1 2
f1 (x) = – x2, f2 (x) = − x2, f3 (x) =
x , f4(x) = 2x2
2
4
a ∈ R–
78
2 Funktionenlehre
Hinsichtlich seiner Größe ist eine weitere Unterscheidung erforderlich:
1. |a| > 1: Die Parabeln verlaufen steiler als die Normalparabel; sie sind im Vergleich dazu
gestreckt („schlanker“).
2. |a| < 1: Die Parabeln verlaufen flacher als die Normalparabel; sie sind im Vergleich dazu
gestaucht („dicker“).
Die Funktion f2(x) = - ½ x2 symbolisiert eine nach unten geöffnete Parabel, die im Vergleich
zur Normalparabel flacher verläuft, also gestaucht ist.
Beispiele
a) Das s, t-Diagramm (Bild 2.47) einer gleichmäßig beschleunigten
Bewegung stellt eine nach oben geöffnete Parabel mit Scheitel im
Ursprung dar.
1
2
Für t ∈ R +
0 gilt s = a · t , wobei a die Beschleunigung in
2
¾ Sonderfall: Für den freien Fall gilt s =
1
⋅
2
m
s2
ist.
g ⋅ t 2.
Bild 2.47 s, t-Diagramm einer
gleichmäßig beschleunigten
Bewegung
b) Analoges gilt für P, I-Diagramme mit P(I) = R ⋅ I 2 und P,U- Diagramme mit P(U) = 1 ⋅ U 2 .
R
Verschiebung in x-und y-Richtung
Verschiebungen der Parabel P: y = ax2 in y- oder x-Richtung erfolgen gemäß der im Zusammenhang mit der Scheitelgleichung der Normalparabel vorgestellten Gesetzmäßigkeiten:
Satz 2.11
Eine quadratische Funktion mit der Funktionsgleichung
y = a(x – xs)2 + ys
(xs, ys ∈ R ∧ a ∈ R*)
symbolisiert eine zu P: y = ax2 kongruente Parabel mit den Scheitelkoordinaten S(xs|ys).
Beweis
Es sei
y = a(x – xs)2 + ys oder
y – ys = a(x – xs)2.
Mit
y = y – ys und
x = x – xs folgt
y = a · x2 .
Bild 2.48 zeigt eine beliebige Parabel mit dem
Scheitel im Ursprung eines x , y -Koordinatensystems.
Jeder Punkt P(x|y) im x, y-Koordinatensystem
entspricht einem Punkt P ( x | y ) des x | y Systems mit der Maßgabe x = xs + x und
y = ys + y .
Bild 2.48 Parabel im x, y - bzw. x , y Koordinatensystem
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
79
Somit ist der Graph im x, y-Koordinatensystem eine Parabel, deren Scheitel in S(xs|ys) liegt
und eine parallel zur y-Achse verlaufende Symmetrieachse aufweist.
¾ Die Funktionsgleichung y = a(x – xs)2 + ys heißt allgemeine Form der Scheitelgleichung.
Ź Beispiel
Für f (x) =
1 2
x – 2x + 1 sind die Scheitelkoordinaten der sich ergebenden Parabel zu ermitteln.
2
Lösung
y=
1 2
x – 2x + 1 ⇔ 2y = x2 – 4x + 2; mit Hilfe der quadratischen Ergänzung folgt
2
2y = x2 – 4x +
2
( 42 )
+ 2−
2
( 42 )
2y = (x – 2)2 – 2
1
y=
(x – 2)2 – 1 Ÿ S(2|–1).
2
Es handelt sich um eine nach oben geöffnete, gegenüber der Normalparabel gestauchte Parabel.
Erstellen der Funktion mittels allgemeiner Form der Scheitelgleichung
Die im Zusammenhang mit der Normalparabel angestellten Überlegungen gelten hier analog.
Neu ist, in der Scheitelgleichung den Formfaktor a mitzuführen. Schlussfolgerung hieraus:
– Eine Parabel ist allein durch Angabe ihres Scheitelpunktes nicht hinreichend bestimmt; es
bedarf der Angabe eines zusätzlichen Punktes.
– Ist nur die Symmetrieachse vorgegeben, reicht auch das nicht; es muss z. B. ein zweiter
Punkt der Parabel benannt werden.
Ź Beispiel
Die Funktionsgleichung der zu x = – 1 symmetrischen Parabel durch P1(1|2) und P2(3|5) ist gesucht.
Lösung
xs = – 1 führt auf y = a(x + 1)2 + ys;
P.P. mit P1(1|2): 2 = a(1 + 1)2 + ys,
P.P. mit P2(3|5): 5 = a(3 + 1)2 + ys.
Es resultiert ein lineares Gleichungssystem:
(1) 2 = 4a + ys
(2) 5 = 16a + ys
(2) − (1)
>
12a = 3 ⇔ a =
Die Scheitelgleichung lautet y =
•
1
; in (1): ys = 1.
4
1
1
1
5
(x + 1)2 + 1 ⇔ y = x2 + x + .
4
4
2
4
Aufgaben
2.105 Bestimmen Sie die Scheitelpunktkoordinaten der Parabeln mit folgenden Funktionsgleichungen:
1
1
4
a) y = – x2 – 2x + 5;
b) y = x 2 + x − ;
c) y = − 3 x 2 − 4 x −1 .
2
2
2.106 Bilden Sie die explizite Form der reellen Funktion f: 3x2 – 4(x – 2y) = 0 und geben Sie ihre Wertemenge an.
2.107 Stellen Sie die Funktionsgleichung der Parabel auf, die durch den Ursprung und durch P(– 4|2)
verläuft und symmetrisch zur y-Achse ist.
80
2 Funktionenlehre
2.108 Geben Sie die Funktionsgleichungen der Parabeln an, die durch P(3|2) gehen und folgende Scheitelkoordinaten aufweisen:
a) S1(2|1);
b) S2(– 1|– 2);
c) S3(1|4);
d) S4(4|4).
2.109 Eine Parabel P sei symmetrisch zur y-Achse und gehe durch P1(–1|½) und P2(2|0).
Prüfen Sie rechnerisch, ob Q(– 3|– 1) auf der Parabel liegt.
Nullstellen quadratischer Funktionen
Mittels Scheitelgleichung ergeben sich die Scheitelkoordinaten einer Parabel. Normalparabeln
lassen sich dann sofort zeichnen. In allen anderen Fällen ist es ratsam, weitere Punkte zu ermitteln, insbesondere die Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen.
Für quadratische Funktionen mit dem Funktionsterm f(x) = ax2 + bx + c ergibt sich der
Schnittpunkt mit der Ordinatenachse zu Sy(0|c) (wieso?), für Schnittpunkte mit der Abszissenachse (Nullstellen!) führt das Kriterium f(x) = 0 auf die quadratische Bestimmungsgleichung
ax2 + bx + c = 0; die normierte Form (Normalform) ergibt sich zu
x2 +
b
c
b
c
x + = 0 , mit p := und q := folgt
a
a
a
a
x2 + px + q = 0. Die Nullstellen sind
2
x1,2 = −
p
§ p·
± ¨ ¸ −q
2
©2¹
.
Ź Beispiel
Für f (x) = –
1
2
x2 +
1
2
x +1 ist die Parabel unter Festlegung ihrer markanten Punkte zu zeichnen.
Lösung
1. Es handelt sich um eine nach unten geöffnete, im Vergleich zur Normalparabel gestauchte Parabel.
2. Der Schnittpunkt mit der y-Achse ergibt sich zu Sy(0|1).
(
3. Die Ermittlung der Scheitelgleichung führt auf y =− 12 x − 12
)
2
+
9
8
⇒S
( 12 | 98 ) .
4. Die Schnittpunkte mit der x-Achse (Nullstellen) können unterschiedlich ermittelt werden:
1. Variante
1
1
y =− x 2 + x +1
2
2
1 2 1
y = 0 Ÿ 0 =− x + x +1
2
2
⇔ 0 = x2 – x – 2.
2
1 ⎛1⎞
Ÿ x1,2 = ± ⎜ ⎟ + 2
2 ⎝2⎠
1 3
x1,2 = ±
2 2
Ÿ x1 = 2 bzw. x2 = – 1.
2. Variante
2
1⎛
1⎞ 9
y =− ⎜ x − ⎟ +
2⎝
2⎠ 8
2
1⎛
1⎞ 9
y = 0 Ÿ 0 = − ⎜x− ⎟ +
2⎝
2⎠ 8
2
2
⎛
⎛
1⎞ 9
1⎞ 9
⇔ ⎜x− ⎟ =
oder ⎜−x + ⎟ =
⎝
⎝
2⎠ 4
2⎠ 4
1 3
1 3
Ÿ x− =
oder
−x + =
2 2
2 2
x = 2 oder
x = – 1.
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
81
Noch eine Variante: x2 – x – 2 = 0 ⇔ (x + 1) · (x – 2) = 0 ⇔ x = –1 ∨ x = 2.
5. Die ermittelten drei Punkte reichen aus, die Parabel in ihrer „Qualität“ bzw. Charakteristik ungefähr
(= frei Hand) zu zeichnen, also den qualitativen Kurvenverlauf darzustellen.
Wird mit Schablone oder mit Plotter gezeichnet (Bild 2.49), ist es ein quantitativer Kurvenverlauf.
Bild 2.49
Parabel zu f (x) = –
1
1
x² +
x +1, x ∈ R
2
2
Nullstellen und Scheitelkoordinaten
Die Scheitelkoordinaten lassen sich auch mittels Nullstellen errechnen.
x +x
Aufgrund der Symmetriebedingung ist nämlich xs = 1 2 .
2
Die ys-Komponente ergibt sich schließlich durch Einsetzen in die Funktionsgleichung:
ys = f ( xs ) = axs2 + bxs + c .
Für
f(x) = –
xs =
1 2 1
x +
x + 1 mit den Nullstellen x1 = 2 und x2 = – 1 resultiert
2
2
2 + (−1) 1
=
2
2
2
1⎛ 1 ⎞ 1 1
9
und ys = f(x) = − ⎜ ⎟ + ⋅ +1= .
⎝
⎠
2 2
2 2
8
Sind ausschließlich die Scheitelkoordinaten zu ermitteln, geht es noch einfacher:
x +x
xs = 1 2 kann wegen x1 + x2 = – p (ĺSatz des Vieta) überführt werden in
2
p
b
xs =− , mit p := folgt
a
2
xs =−
b
.
2a
Die ys-Komponente resultiert wiederum durch konkretes Einsetzen der Abszisse xs:
ys = axs2 + bxs + c führt wegen xs =−
b
auf
2a
⎛ b ⎞ ⎛ b ⎞
b2 b2
ys = a⎜− ⎟2+ b⎜− ⎟+ c = − + c oder
⎝ 2a ⎠ ⎝ 2a ⎠
4a 2a
ys = c −
b2
.
4a
82
2 Funktionenlehre
Die Bedeutung der Diskriminante für die Nullstellen
Beim Versuch, Graphen quadratischer Funktionen mit Hilfe der Nullstellen zu zeichnen, kann
es Schwierigkeiten geben. Die Problematik zeigt sich an nachfolgendem Beispiel:
Ź Beispiel
Es sind die Nullstellen folgender Funktionen zu bestimmen:
a) f1(x) = x2 – x – 6;
b) f2(x) = x2 – 2x + 1;
c) f3(x) = x2 + 2x + 2.
Lösung
a) y = 0:
x2 – x – 6 = 0
2
1 ⎛1⎞
⇒ x1,2 = ± ⎜ ⎟ + 6
2 ⎝2⎠
1 5
x1,2 = ± , also
2 2
x1 =−2 bzw. x2 =+3 .
b) y = 0: x2 – 2x +1 = 0
Ÿ x1,2 = + 1 ± 12 −1
x1,2 = + 1 ± 0, also
x1 = x2 =1 .
c) y = 0: x2 +2x + 2 = 0
Ÿ x1,2 = –1 ± (−1)2 − 2
x1, 2 = –1 ± − 1 .
Ÿ keine reellen Nullstellen (wieso ?).
Bild 2.50 zeigt die Besonderheiten der Graphen
von f1,2,3 hinsichtlich ihrer Nullstellen.
Bild 2.50 Nullstellen verschiedener Parabeln
2
Die Beispiele a) - c) verdeutlichen die Aussagekraft der
§ p·
Diskriminante D = ¨ ¸ − q
©2¹
.
Drei Fälle sind zu unterscheiden:
1. D > 0: Es ergeben sich 2 verschiedene reelle Lösungen;
der Funktionsgraph schneidet die x-Achse zweimal (Beispiel a) mit f1).
2. D = 0: Es ergeben sich 2 gleiche reelle Lösungen;
der Funktionsgraph berührt die x-Achse (Doppelnullstelle gemäß Beispiel b) mit f2).
3. D < 0: Es ergeben sich keine reellen Lösungen;
der Funktionsgraph schneidet die x-Achse nicht (Beispiel c) mit f3).
¾ Schlussfolgerung: Eine quadratische Funktion hat maximal 2 Nullstellen.
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
83
• Aufgaben
2.110 Bestimmen Sie die Nullstellen nachfolgender Funktionen, schließen Sie auf die Scheitelkoordinaten
der Parabeln, zeichnen Sie diese und geben Sie jeweils den Wertebereich an:
a) f1(x) = x2 – 3x + 2;
1
d) f4(x) = − x 2 + x + 4 ;
2
1
1
b) f2(x) = −x 2 + x + ;
2
2
1 2
e) f5(x) = x − 2 x + 3 ;
3
c) f3(x) = 2x2 – 4x –
f) f6(x) =
5
;
2
1 2
x + x +1 .
4
2.111 Der Graph einer quadratischen Funktion hat seinen tiefsten Punkt in S(1|– 3) und geht ferner
durch P(3|5). – Wo schneidet er die Koordinatenachsen ?
1 2
x + x + c, x ∈ R.
3
a) Bestimmen Sie c ∈ R so, dass der Graph von f die x-Achse berührt .
b) Für welche Werte von c ergeben sich zwei bzw. gar keine Nullstellen?
2.112 Gegeben sei f (x) =
2.113 Eine nach oben geöffnete Normalparabel mit Scheitel auf der x-Achse gehe durch P(5|1).
Erstellen Sie ihre Funktionsgleichung. – Interpretieren Sie das Ergebnis graphisch.
2.114 Der Graph einer quadratischen Funktion geht durch P1(0|– 2) und P2(2|0), ferner berührt er die
Abszissenachse. – Stellen Sie die zugehörige Funktionsgleichung auf.
2.115 Aus drei Meter Höhe wird ein Stein mit einer Anfangsgeschwindigkeit von v0 = 15 m/s senkrecht
nach oben geworfen. – Berechnen Sie die Steigzeit und Steighöhe sowie die Zeit, die bis zum
Aufschlag des Steines auf dem Boden vergeht.
2.116 Die große Gartenfontäne im Herrenhäuser Garten von Hannover erreicht eine Höhe von ca. 80 m.
a) Berechnen Sie, mit welcher Geschwindigkeit v0 der Wasserstrahl unter Vernachlässigung des
Luftwiderstandes die Austrittsdüse verlassen muss.
b) Wie viele Sekunden dauert es, bis das Wasser die maximale Höhe erreicht hat ?
Hinweis: Stellen Sie zunächst die Bedingung für die max. Steighöhe auf .
2.117 Die Dichte des Wassers ist temperaturabhängig, was sich in bestimmtem Temperaturintervall
durch die Funktion ρW = f ( ϑ) =−0,9375⋅10−4 ϑ2 + 7,5⋅10−4 ϑ+ 0,9985 beschreiben lässt.
Errechnen Sie, bei welcher Temperatur die Dichte des Wassers am größten ist und welchen
Wert sie dabei annimmt.
Schnittpunkte Gerade – Parabel
Die Grundüberlegung stimmt überein mit der zur Schnittpunktermittlung von Geraden:
Ansatz ist die Schnittpunktbedingung f(x) = g(x), die auf eine quadratische Gleichung führt.
Auch hierbei erweist sich die Betrachtung der Diskriminante als sinnvoll.
Ź Beispiel
Gegeben seien die reellen Funktionen f1(x) = x2, f2(x) = x + 2, f3(x) = 2x – 1, f4(x) = 2x – 2.
Zu bestimmen sind a) f1 ∩ f2; b) f1 ∩ f3 und c) f1 ∩ f4.
84
2 Funktionenlehre
Lösung
a) Die Schnittpunktbedingung lautet
f1(x) = f2(x)
Ÿ x2 = x + 2 ⇔ x2 – x – 2 = 0
2
1 ⎛1⎞
Ÿ x1,2 = ± ⎜ ⎟ + 2 .
2 ⎝2⎠
Es folgt f1 ∩ f2 = {(– 1; 1); (2; 4)}, die Gerade schneidet die Parabel zweimal (Bild 2.51a).
b) Aus
f1(x) = f3(x) ergibt sich
x2 = 2x – 1 ⇔ x2 – 2x + 1 = 0
Ÿ
x1,2 =+1± 12 −1 .
Es folgt f1 ∩ f3 = {(1; 1)}; die Gerade berührt die Parabel in B(1|1) (Bild 2.51b).
c) Aus
f1(x) = f4(x) folgt
x2 = 2x – 2 ⇔ x2 – 2x + 2 = 0
Ÿ x1,2 =+1± 12 − 2 ⇔ x1,2 =+1± −1 .
Damit ist x1,2 ∉ R und f1 ∩ f4 = { }; Gerade und Parabel schneiden sich nicht (Bild 2.51c).
¾ Sonderfall: Tangenten an die Parabel
Bei der Schnittpunktbestimmung von Gerade mit Parabel stellt b) einen Sonderfall dar: Beide
Schnittpunkte sind identisch; die Gerade berührt die Parabel, sie ist ihre Tangente 1).
a) D > 0
b) D = 0
c) D < 0
Bild 2.51 Schnittpunkt Gerade-Parabel
Wie die Tangentengleichung rechnerisch ermittelt wird, zeigt folgendes Beispiel:
Ź Beispiel: Die Gleichung der Gerade mit m = 2 ist gesucht, die Tangente an P ≡ y = x2 ist.
1)
Diese Tangentendefinition genügt anschaulich für quadratische Funktionen und deren Graphen; im
Rahmen der Differentialrechnung erfolgt eine strengere Definition.
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
85
Lösung
Aus der Geradenschar G: y = 2x + b (Bild 2.52) ist diejenige
Gerade herauszufinden, die die Parabel berührt.
Schnittpunktbedingung: x2 = 2x + b ⇔ x2 – 2x – b = 0
Ÿ x1,2 = 1 ± 1 + b .
Die Gerade mit y = 2x + b ist genau dann Tangente, wenn die
Diskriminante D = 1 + b den Wert 0 annimmt; also folgt
1 + b = 0 ⇔ b = – 1 Ÿ t ≡ y = 2x – 1.
Weiter lässt sich unmittelbar ersehen, dass wegen D = 0 die
Abszisse des Berührpunktes x1,2 = 1 ist, also B(1|1).
Bild 2.51 veranschaulicht die Ausführungen.
D > 0: Geraden sind Sekanten;
D = 0: Gerade (!) ist Tangente;
D < 0: Geraden sind Passanten.
Bild 2.52
Parabel mit Geradenschar
• Aufgaben
2.118 Eine den Markt bestimmende Fahrradmanufaktur beabsichtigt die Herstellung ausgefallener auf
Jugendliche zugeschnittene und auf Körpermaße angepasste Mountainbikes, mit der das Unternehmen mit entsprechenden Lizenzen zu einem Angebotsmonopolisten werden würde. Die Marketingabteilung ermittelte folgende betriebswirtschaftlich markante Daten:
Pro Fahrrad müssten für Materialkosten und Lizenzgebühren 300 € in Ansatz gebracht werden;
außerdem entstünden Fixkosten in Höhe von 1600 €. - Die auf die Woche bezogene Preisabsatzfunktion wird mit p A ( x) =−200 x + 2100 angenommen.
a) Erstellen Sie die Erlösfunktion E(x) = x ⋅ pA (x) und geben Sie die Kapazitätsgrenze an.
Hinweis: Die Kapazitätsgrenze ist obere Grenze des Definitionsbereichs.
b) Ermitteln Sie die Kostenfunktion K(x) und berechnen Sie aus der Bedingung E(x) = K(x) die
Gewinnschwelle und die Gewinngrenze.
c) Erstellen Sie die Gewinnfunktion G(x) = E(x)-K(x) und errechnen Sie, bei welcher wöchentlichen Absatzmenge die Manufaktur den größten Gewinn erzielen wird.
d) Stellen Sie den Sachverhalt in einem gemeinsamen Koordinatensystem graphisch dar.
2.119 Von einer Autobahnbrücke aus wird ein Pkw ins Visier genommen, der in einem Baustellenbereich statt der erlaubten 60 km/h konstant mit 108 km/h fährt. Die über Funk informierte Polizeistreife macht sich mit 75 m Rückstand an die Verfolgung und beschleunigt ihr Fahrzeug ziemlich
konstant mit 2,5 m/s2. Ermitteln Sie zeichnerisch wie rechnerisch, nach wie viel Sekunden der
Streifenwagen den Pkw eingeholt und wie viel Meter er dabei zurückgelegt hat.
2.120 Parabel und Gerade seien jeweils durch folgende reelle Funktionen beschrieben:
1
1
5
a) f1(x) = − x 2 + 3 x − 6 und g1(x) = x – 2; b) f2(x) = + x 2 + 3 x − 5 und g2(x) = x − 2 .
4
2
2
Überprüfen Sie rechnerisch, ob die Geraden Tangenten der zugehörigen Parabeln sind .
1
2.121 Eine Parabel sei durch f (x) = 3 x 2 − x +1 festgelegt. – Zeigen Sie, dass die nachfolgend genann-
ten Geraden Tangenten der Parabel sind und ermitteln Sie die Berührpunkte:
5
2
1
b) g2(x) = − x + ; c) g3(x) = .
a) g1(x) = x – 2;
3
3
4
Interpretieren Sie insbesondere das Ergebnis von c) .
86
2 Funktionenlehre
2.122 Eine Parabel sei durch f (x) = – x2 + 3x + 1 beschrieben.
a) Geben Sie die Funktionsgleichung der Tangente an die Parabel an, die parallel zur 1. Winkelhalbierenden verläuft . - Welche Koordinaten hat der Berührpunkt B ?
b) Berechnen Sie, in welchem Punkt die Normale1) in B die Parabel ein zweites Mal schneidet.
c) Stellen Sie den Sachverhalt in der R2-Ebene graphisch dar.
2.123 Mit f (x) = x2 + 4x + c ist eine Parabelschar beschrieben.
a) Bestimmen Sie diejenige Parabel aus der Parabelschar, die die Gerade durch P1(– 3|– 5) und
P2(2|5) als Tangente aufweist.
b) Ermitteln Sie die gemeinsamen Punkte dieser Parabel mit der Normale.
c) Stellen Sie den Sachverhalt im Koordinatensystem dar.
1
2
2.124 Eine Parabel sei durch f (x) = − x 2 + 2 beschrieben.
Erstellen Sie die Funktionsgleichungen der durch T (1|2) gehenden Tangenten an die Parabel.
Stellen Sie den Sachverhalt graphisch dar .
¾ Sonderfall: Tangentensteigung im Ordinatenschnittpunkt von Parabeln
Wegen des markanten Ergebnisses wird zu dieser Thematik gesondert Stellung genommen.
Die Parabel mit f ( x ) = ax 2 + bx + c ist zum Schnitt zu bringen mit der Geraden g ( x) = mx + c,
wobei hier c für den gleichen Ordinatenabschnitt von Parabel und Gerade steht, also:
ax 2 + bx + c = mx + c ⇔ ax 2 + (b − m) x = 0
b−m
x2 +
x=0
a
2
Ÿ x1,2 =
m−b
§ m−b·
± ¨¨
¸¸ − 0 .
2a
© 2a ¹
Gerade g kann nur Tangente sein, wenn die Diskriminante 0 wird, also m- b = 0 ⇔ m = b .
1
Beispiel: Die Parabel mit f ( x) =− x 2 + x + 2 ist
2
1
) und
2
- schneidet unter 45° (b = 1) die Ordinatenachse in Sy(0|2) (c = 2), also t(x) = x + 2.
- nach unten geöffnet und gegenüber der Normalparabel gestaucht (a = -
Ausblick
m−b
resultiert der „Fingerabdruck“ quadratischer Funktionen betreffs der
2a
Tangentensteigungen zugehöriger Parabeln: m = 2a ⋅ x B + b (ĺ Kapitel 5).
Aus x1,2 = xB =
Beispiel: Die genannte Parabel mit f ( x ) = − 1 x 2 + x + 2 liefert bezüglich ihres Tangentensteigungsver2
haltens den „Fingerabdruck“ m = − xB + 1 , also m(-1) = 2, m(0) = 1, m(1) = 0, m(2) = -1 usw.
1)
Die im Berührpunkt der Tangente zu errichtende orthogonale Gerade heißt Normale.
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
87
Schnittpunkte Parabel – Parabel
Wieder ist die Schnittpunktbedingung mit dem Gleichsetzen der Funktionsterme angesagt.
Bezüglich des Formfaktors der Parabeln bedarf es einer differenzierten Betrachtung:
1. Die Formfaktoren sind gleich
Aus P1: f1(x) = a1x2 + b1x + c1 und
P2: f2(x) = a2x2 + b2x + c2
resultiert durch Gleichsetzen der Funktionsterme und wegen a1 = a2 die Gleichung
b1x + c1 = b2x + c2 oder
(b1 – b2) x = c2 – c1
x=
und schließlich die Schnittstelle
c2 − c1
, wobei b1 ≠ b2. – Der y-Wert ergibt sich auf übliche Weise.
b1 − b2
2. Die Formfaktoren sind ungleich
Die Schnittpunktbedingung liefert eine wie gewohnt zu lösende quadratische Aussageform.1)
Ź Beispiel
Gesucht sind die Schnittpunkte der Parabeln mit f1(x) =
1 2 1
1
x − x + 4 und f2(x) = − x 2 + 4 x − 2 .
4
2
2
Lösung
Schnittpunktbedingung:
1 2 1
1
x − x + 4 =− x 2 + 4 x − 2 ⇔ x2 – 6x + 8 = 0
4
2
2
Ÿ x1,2 = 3± 32 −8 , also
x1 = 2 bzw. x2 = 4.
Eingesetzt in eine der beiden Funktionsgleichungen ergeben sich die Schnittpunkte S1(2|4) und S2(4|6).
• Aufgaben
2.125 Zwei Parabeln sind wie folgt gegeben: P1: y = x2 + 5x + 6 bzw. P2: y = x2 – x – 2.
a) Berechnen Sie die gemeinsamen Punkte beider Parabeln.
b) Zeichnen Sie die Parabeln unter Festlegung ihrer markanten Punkte.
2.126 Ebenso für
5
2
a) P1: y = − x 2 − x + 4
1 2
x − 2x + 4
4
1
c) P1: y = − x 2 + 2 x − 2
2
b) P1: y =
1)
1 2
x − x +1 ;
2
und
P2 : y =
und
P2: y = – x2 + 3x – 1;
und
P2 : y = x 2 − 3 x + 6 .
3
8
Ist D > 0, ergeben sich zwei Schnittpunkte,
für D = 0 berühren sich die Parabeln,
für D < 0 ergibt sich kein gemeinsamer Schnittpunkt.
88
2 Funktionenlehre
2.127 Bei der Erstellung eines Tunnels ist der Vortrieb gleichzeitig von beiden Seiten erfolgt. Wegen
unterschiedlicher Bodenbeschaffenheit und diverser ungleichmäßig verteilter Störfälle ist die
Bohrleistung entsprechend unterschiedlich ausgefallen. Im Nachhinein lässt sie sich etwa nach
folgender funktionaler Gesetzmäßigkeit modellieren, wobei x in Monaten und f (x) in Metern einzusetzen sind:
Vortriebsmaschine 1: f1( x) = − 7 x 2 + 307 x ,
Vortriebsmaschine 2:
2
2
2 255
5
f 2 ( x) = x −
x + 3114 .
2
2
a) Interpretieren Sie die funktionalen Zusammenhänge und geben Sie die Tunnellänge an.
b) Berechnen Sie, nach wie vielen Monaten der Durchstich erfolgt ist und schließen Sie auf die
von Maschine 1 erarbeitete Bohrstrecke.
2.128 Gegeben sei die Parabelschar P: y = x2 + x + c.
1
4
a) Welche dieser Parabeln berührt den Graphen der Funktion f ( x ) = − x 2 + 2 x − 3?
b) Ermitteln Sie c ∈ R so, dass Schnittpunkte existieren bzw. nicht existieren.
c) Skizzieren Sie den Sachverhalt unter Festlegung markanter Punkte.
Erstellung quadratischer Funktionen
Beim Aufstellen der Scheitelform ist die Problematik bereits angerissen worden. Jetzt soll
ausgehend von der Nullstellenermittlung eine Verallgemeinerung erfolgen:
Die Funktionen
1
2
1
2
f1(x) = − x 2 + x + 1 ,
f2(x) = x2 – x – 2,
f3(x) = 2x2 – 2x – 4 und
5
2
5
2
f4(x) = − x 2 + x + 5
haben gleiche Nullstellen, allerdings auch dieselbe Symmetrieachse, nämlich xs = 1 .
2
Zur Festlegung einer Parabel bedarf es einer 3. Angabe 1), was übrigens auch daran zu erkennen ist, dass der Funktionsterm f(x) = ax2 + bx + c drei Koeffizienten a, b und c enthält.
¾ Eine Parabel ist durch drei voneinander unabhängige Angaben hinreichend bestimmt.
Ź Beispiel 1
Die Funktionsgleichung einer Parabel mit den Nullstellen x1 = – 1 und x2 = 2 ist zu ermitteln, wenn
a) der Formfaktor a = 1 ist;
b) die Parabel durch P(1|1,5) geht .
Lösung
Die Aussage über die Nullstellen liefert den Ansatz y = a · (x + 1) · (x – 2).
1)
Klar: Die Flugbahn eines Fußballes beim Eckstoß mit dem Ziel Elfmeterpunkt des gegnerischen
Strafraumes ist nicht eindeutig durch eine einzige Parabel festgeschrieben.
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
89
a) Wegen a = 1 folgt
b) Punktprobe mit P(1|1,5) führt auf
3
= a · (1 + 1) · (1 – 2) oder
2
3
3
3
3
a = − ⇒ y =− x 2 + x + .
4
4
4
2
y = (x + 1) · (x – 2) oder
y = x2 – x – 2.
Diese Vorgehensweise versagt, wenn beliebige Punkte der Parabel gegeben sind. Hier hilft in der Regel
nur der Weg über den Ansatz f (x) = ax2 + bx + c.
Ź Beispiel 2
Die Gleichung der Parabel ist gesucht, die durch P1 (1| 11
), P2(2|4) und P3(4|5) festgelegt ist .
4
Lösung
y = ax2 + bx + c
Ansatz:
P.P. mit P1 (1 | 11 ) :
4
11
4
=
a+b+c
(1)
P.P. mit P2(2|4):
4 = 4a + 2b + c
(2)
P.P. mit P3(4|5):
5 = 16a + 4b + c
(3)
Es ergibt sich ein lineares Gleichungssystem (abgekürzt: LGS) mit drei Variablen.
Eine Lösungsmöglichkeit besteht darin, z. B. aus Gleichung (1) die Variable c zu eliminieren und in die
Gleichungen (2) und (3) einzusetzen.
Besser ist es, zweimal das Subtraktionsverfahren 1) anzuwenden:
(2) – (1):
5
4
(3) – (2):
1 = 12a + 2b
= 3a + b
Das LGS mit drei Variablen ist reduziert worden auf ein solches mit nur noch zwei Variablen. Mit Einsetzungs- oder Subtraktionsverfahren ergibt sich a = −
1
4
1
4
und schließlich y = − x 2 + 2 x + 1 .
• Aufgaben
2.129 Eine Parabel mit Formfaktor a = – 1 habe dieselben Achsenschnittpunkte wie die Gerade mit der
2
3
Funktionsgleichung y = − x + 2 .
Ermitteln Sie die Parabel gleichung und stellen Sie den Sachverhalt unter Berücksichtigung der
Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen graphisch dar.
2.130 Die Funktionswerte der Geraden mit g(x) = – x – 3 stimmen für x1 = – 4 und x2 = 1 mit denen
einer quadratischen Funktion überein.
a) Welche Nullstellen hat die quadratische Funktion, wenn ihr Graph durch Sy(0|–5) geht?
b) Skizzieren Sie den Sachverhalt unter Berücksichtigung der Scheitelkoordinaten.
2.131 Eine Parabel ist durch drei Punkte hinreichend genau festgelegt. – Wie lautet jeweils die quadratische Funktionsgleichung und wie sieht der qualitative Kurvenverlauf unter Berücksichtigung
der Nullstellen aus, wenn die Punkte wie folgt angegeben sind:
a) P1(– 2|0), P2(4|– 3), P3(8|5);
1)
b) Q1(– 2|– 1), Q2(1|2,75), Q3(4|–2)?
Das Verfahren ist hier uneingeschränkt vorzuziehen, da die Variable c bei dieser Problemstellung
immer nur mit dem Koeffizienten 1 belegt sein wird.
90
2 Funktionenlehre
2.132 Mit Hilfe Computer gestützten Fotomaterials lässt sich der Hochsprungablauf eines Springers der
Weltelite wie folgt simulieren:
Der Absprung erfolgt 0,9 m vor der Latte unter einem Winkel von 72,75°, bezogen auf den in
1,1 m Höhe liegenden Körperschwerpunkt des Athleten und ist angenähert parabelförmig.
a) Berechnen Sie die bei erfolgreicher Ausführung des Sprunges zu wertende Sprunghöhe, wenn
der Körperschwerpunkt im höchsten Punkt bei Fosbury-Flop-Technik 10 cm über der Latte
angenommen wird.
b) Wie weit vom Absprung entfernt landet der Springer mit dem Rücken auf einer 60 cm hohen
Matte und unter welchem Winkel geschieht das?
2.133 Eine Freileitung (Masthöhe 20 m) soll bei einem horizontal gemessenen Mastabstand von je
150 m mit drei Masten einen Niveauunterschied von 48 m überbrücken, und zwar zunächst von
Mast I zu Mast II 6 m und schließlich von Mast II zu Mast III 42 m (Bild 2.53).
Erstellen Sie die Funktionsgleichung der Freileitung, wenn sie angenähert als Parabel aufgefasst
werden kann und ermitteln Sie die Stelle des stärksten Durchhangs .
Hinweis: Legen Sie den Ursprung des Koordinatensystems in den Fußpunkt von Mast I .
Bild 2.53
Bild 2.54
2.134 Das Seil einer Drahtseilbahn hängt in der Nähe der Talstation angenähert in Form einer Parabel
durch, wobei horizontal im Abstand von 150 m Masten (h = 10 m) zur Stützung aufgestellt sind.
Ermitteln Sie die Funktionsgleichung der Parabel, wenn der Ursprung des gewählten Koordinatensystems (Bild 2.54) im Fußpunkt des Mastes der Talstation liegt und von der Fahrkanzel bis
zum 2. Mast ein Niveauunterschied von 50 m zu überwinden ist.
2.135 Die skizzierte Stahlbrücke (Bild 2.55) hat Parabelform. Bestimmen Sie die Länge der Vertikalstäbe I und II, die 6 m bzw. 12 m von der Brückenmitte entfernt sind.
2.136 Die skizzierte Stahlbrücke (Bild 2.56) besteht aus zwei Parabelbögen. Berechnen Sie die Länge
der Stäbe 1, 2 und 3.
Bild 2.55
Bild 2.56
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
91
2.137 Eine in Auftrag gegebene Marktanalyse zeigt, dass die Nachfrage nach einem ganz bestimmten
Jahreszeit unabhängigen Artikel von 4000 auf 5000 Stück pro Monat steigt, wenn der Preis von
30 €/Stück um 2 € reduziert wird.
a) Modellieren Sie die Nachfragesituation durch eine Funktion der Form pN (x) = ax2 + b mit x in
Stück/1000.
b) Ermitteln Sie den Prohibitivpreis (= Sättigungspreis) und die Sättigungsmenge.
c) Berechnen Sie den Erlös im Marktgleichgewicht, wenn die Angebotsfunktion unter bestimmten nicht näher zu erläuternden ökonomischen Bedingungen durch pA(x) = 4 x + 10 modelliert
3
wird. - Schließen Sie auf den jährlichen Verkaufserlös im Marktgleichgewicht.
*Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen
Optimalität ist eine Fundamentalidee menschlichen Strebens: Viele Probleme naturwissenschaftlicher, technischer und auch nichttechnischer Art erfordern eine optimale (sprich wirtschaftliche) Lösung: Je nach Problemstellung ist eine Maximierung oder Minimierung anzustreben. Dazu ist oftmals hilfreich, den zu optimierenden Sachverhalt durch eine Funktion zu
beschreiben und für den zugehörigen Funktionsgraphen die Abszisse zu ermitteln, für die sich
ein Maximum (Hochpunkt) oder ein Minimum (Tiefpunkt) ergibt.
Auf quadratische Funktionen übertragen bedeutet es, die Abszisse xS des Scheitelpunktes einer
Parabel zu bestimmen und zu klären, ob die Parabel nach oben (Tiefpunkt = Minimum) oder
unten (Hochpunkt = Maximum) geöffnet ist.
Ź Beispiel
Aus zwei Brettern von je 10 m Länge soll ein einfacher Sandkasten mit maximaler Grundfläche gebaut
werden. – Die Abmessungen sind zu errechnen.
Lösung
1. Zunächst fertigt man eine Skizze an und führt Variable ein (Bild 2.57):
Bild 2.57
2. Für die zu optimierende Größe wird mit Hilfe der gewählten Variablen der funktionale Zusammenhang erstellt, auch Hauptbedingung genannt:
Hauptbedingung: A = x ⋅ y ; mit Hilfe der Nebenbedingung x + y = 10 ⇔ y = 10 – x folgt
A = f (x) = x (10 – x) oder
A (x) = – x2 + 10x .
Der Graph dieser Zielfunktion A (x) ist eine nach unten geöffnete Parabel (Bild 2.58) mit eingeschränktem Definitionsbereich. Sie visualisiert, wie sich die Fläche in Abhängigkeit von Maß x ändert. Der Scheitelpunkt ist Hochpunkt (= Maximum), d. h. für xs wird die Fläche A maximal groß
werden.
92
2 Funktionenlehre
3. Das Wissen über die Zusammenhänge von Nullstellen und
xS-Komponente des Scheitels führt auf
xs =
x1 + x2
= 0 +10 = 5 Ÿ x = 5m .
2
2
Eingesetzt in die Nebenbedingung resultiert y = 5 m. Beide
Bretter müssen jeweils mittig durchgeschnitten werden,
damit die Fläche maximal wird.
Alternativlösung: xS =− 2ba =− 2(10
= 5 usw.
−1)
Bild 2.58 Fläche A = f (x)
• Aufgaben
2.138 Ein an ein Haus angrenzendes Rasenstück (Bild 2.59) soll mit
einem 100 m langen Zaun so eingezäunt werden, dass die eingeschlossene Rechteckfläche maximal wird. – Ermitteln Sie
die Abmessungen und geben Sie die Größe des eingezäunten
Rasenstücks an.
Bild 2.59
2.139 Aus Blechtafeln (2 mm × 400 mm × 1000 mm) sollen Ablaufrinnen gemäß Bild 2.60 durch Abkanten hergestellt werden. –
Berechnen Sie, bei welchen Maßen die Querschnittsfläche für
den Ablauf maximal wird.
10
00
Bild 2.60
2.140 Für ein neu anzulegendes Stadion (Innenbereich: Rechteck mit zwei aufgesetzten Halbkreisen)
werden alternativ zwei Entwürfe angedacht, für die die jeweiligen Abmessungen gesucht sind:
Die 400 m-Bahn soll geometrisch so gestaltet werden, dass im Innenbereich
a) ein maximal großes Fußballfeld 1) angelegt werden kann;
b) eine maximale Gesamtfläche für weitere leichtathletische Disziplinen umschlossen wird.
2.141 Aus 40×5-Stahlrohren von insgesamt 24 m Länge soll durch Verschraubung mit geeigneten
Schraubmuffen das Kantenmodell eines geraden quadratischen Prismas hergestellt werden, das
als Träger für eine Plane benötigt wird. Berechnen Sie die Abmessungen so, dass die als Werbeträger vorgesehene Mantelfläche maximal wird.
Hinweis: Zur Mantelfläche gehören nicht die quadratischen Grund- und Deckflächen.
2.142 Ein rechteckiger Metallrahmen soll so angefertigt werden, dass er einen äußeren Umfang von
3600 mm hat und die diagonal anzubringende Versteifungsstrebe eine minimale Länge aufweist.
Errechnen Sie die Abmessungen und schließen Sie auf die Länge der Versteifungsstrebe .
Hinweis: Stellen Sie das Quadrat der Diagonalen als Funktion einer Rechteckseite dar .
1)
Fußballfeld ist nicht gleich Fußballfeld: Die DFB-Regel besagt, dass die Länge nicht weniger als 90 m
und nicht mehr als 120 m, die Breite nicht weniger als 45 m und nicht mehr als 90 m betragen soll und
dass die Länge die Breite übertreffen muss.
2.2 Ausgewählte elementare Funktionen
93
2.143 An der Giebelseite eines Fachwerkhauses bilden drei bestimmte Balken ein rechtwinkliges
Dreieck, wobei der Horizontalbalken die eine Kathete (l1 = 1200 mm) und der Vertikalbalken die
andere Kathete (l2 = 1600 mm) darstellt.
Ermitteln Sie rechnerisch die Maße, die ein zwischen den Balken anzubringendes rechteckiges
Fenster maximaler Fläche aufweist.
*Parabelsegmentfläche
Die Flächenberechnung von Parabelsegmenten kann auf einfache Weise erfolgen. Das Verfahren basiert auf der Exhaustionsmethode 1), einer „Vorläuferin“ der fast 2000 Jahre später entwickelten Integralrechnung, und soll hier nur angedeutet werden:
Das Parabelsegment (Bild 2.61) wird in immer kleinere Dreiecksflächen unterteilt, bis es völlig
„ausgeschöpft“ ist.
Die Beziehung ist verblüffend einfach und liefert erstaunlicherweise als Ergebnis immer dann eine rationale Zahl, wenn s, h ∈ Q:
A=
2
⋅s⋅h
3
.
Ź Beispiel
Bild 2.61
Gesucht ist die Flächenmaßzahl des Parabelsegments, markiert durch
Parabelfläche A =
1
4
f1(x) = − x 2 + 1 und x-Achse.
2
sh
3
Lösung
Die Nullstellen ergeben sich zu x1 = 2 bzw. x2 = -2, also ist A = 2 ⋅ 4 ⋅ 1 Ÿ A = 8 FE.
3
3
• Aufgaben
2.144 Bestimmen Sie jeweils den Flächeninhalt des Flächenstücks, das von der x-Achse sowie den
Parabeln mit folgenden Funktionsgleichungen begrenzt wird:
1
3
a) f1(x) = − x 2 + x ;
b) f2(x) =
1 2
+
x − 2x + 2 , x ∈ R 0 ;
2
1
2
c) f3(x) = − x 2 + x +
3
.
2
2.145 Eine Parabel mit f ( x) = ax ² + bx + c geht durch P(1|2) und schneidet die x-Achse bei xN1 = – 1.
Bestimmen Sie die Koeffizienten a, b, c ∈ R so, dass das von der Parabel und den Koordinatenachsen im 2. Quadranten eingegrenzte Flächenstück einen Inhalt von A = 56 FE erhält.
3
2.146 Bestimmen Sie die Funktionsgleichung einer zur y-Achse symmetrischen Parabel durch P (2 |2 ) ,
die zusammen mit der x-Achse eine Fläche von A = 32
3 FE begrenzt .
Hinweis: Die zu erstellenden Koeffizienten sind rational.
2.147 Die Parabel mit f (x) = – 2x2 + 4x und die 1. Winkelhalbierende schließen ein Flächenstück ein.
Berechnen Sie dessen Flächeninhalt.
Hinweis: Es wird die Tangente an die Parabel parallel zur 1. Winkelhalbierenden benötigt.
1)
„Ausschöpfungsmethode“, entwickelt von Archimedes (ca. 285–212 v. Chr.); griech. Mathematiker
94
2 Funktionenlehre
*2.2.3 Lineare und quadratische Betragsfunktionen
Anhand von Beispielen soll gezeigt werden, was Betragsfunktionen sind und wie zweckmäßigerweise vorzugehen ist, um ihre Graphen zu zeichnen.
Ź Beispiel 1: Zu zeichnen ist der Graph von f (x) =|x|, x ∈ R.
Lösung
Gemäß der Definition des absoluten Betrages einer Zahl ist
­ + x für x ≥ 0
|x| = ®
¯− x für x < 0,
somit ist eine Fallunterscheidung vorzunehmen.
1. Fall: x ≥ 0 Ÿ y = + x;
2. Fall: x < 0 Ÿ y = – x.
Es resultiert der Graph von f gemäß Bild 2.62.
Bild 2.62
Der Graph von f (x) = |x|, x ∈ R
Ź Beispiel 2: Zu zeichnen ist der Graph von h(x) = x2 – 2 · |x – 1| – 1, x ∈ R.
Lösung
1. Fall: x – 1 ≥ 0 ⇔ x ≥ 1 Ÿ y = x2 – 2 · [+ (x – 1)] – 1
y = x2 – 2x + 1
2
y = (x – 1) Ÿ Scheitelpunkt S1(1|0).
2. Fall: x – 1 < 0 ⇔ x < 1 Ÿ y = x2 – 2 · [– (x – 1)] – 1
y = x2 + 2x – 3
y = (x + 1)2 – 4 Ÿ Scheitelpunkt S2(-1|– 4).
Der Graph (Bild 2.63) ergibt sich aufgrund der Fallunterscheidungen.
Bild 2.63
Der Graph von h(x) = x2 – 2 · |x – 1| – 1
• Aufgaben
2.148 Zeichnen Sie die Graphen folgender Funktionen:
a) f1(x) = |x| – 2;
b) f2(x) = |x – 2|;
c) f3(x) = 2 – |x|;
d) f4(x) = x + 2|x|;
e) f5(x)= ||x| – 2|;
f) f6(x) = |x – 2 |x||;
g) f 7 (x) = |x – 2| + |x|;
h) f8(x) = |x + 2| – |x|.
2.149 Stellen Sie im R2 graphisch dar:
a) | y| = x;
b) |x| + |y| = 1.
2.150 Zeichnen Sie die Graphen nachfolgender Funktionen in je ein Koordinatensystem:
a) f1(x) = |x| · (x – 2);
b) f2(x) = x · |x – 2|;
c) f3(x) = |x| · |x – 2|.
d) f4(x) = x2 – 2 |x| + 1;
e) f5(x) = |x| · x – 2 |x| + 1;
f) f6(x) = x2 – 2 |x + 1|;
g) f 7 (x) = |x| · x – 4;
h) f8(x) = |x2 – 4|;
i) f9(x) = ||x| · x – 4|.
2.3 Ganzrationale Funktionen
95
2.3 Ganzrationale Funktionen
2.3.1 Reine Potenzfunktionen
Angelehnt an die Normalparabel PN: y = x2 sollen verallgemeinernd reelle Funktionen der
Form f(x) = xn, n ∈ N* betrachtet werden, die (reine) Potenzfunktionen n-ten Grades heißen.
Für n = 1 und n = 2 sind die Eigenschaften der Potenzfunktionen bekannt. Um für alle anderen
Funktionen dieses Typs Aussagen zu treffen, sind Fallunterscheidungen erforderlich.
1. Fall: n ist gerade, also n = 2m, m ∈ N*.
Es handelt sich um gerade Funktionen; denn es gilt stets
f(x) = f(–x), hier somit
x2m = (–x)2m.
Die geraden Potenzfunktionen sind für x ∈ R −
0 streng
monoton fallend:
x1 < x2 Ÿ x12m > x22m (Inversionseigenschaft!), also
f(x1) > f(x2);
für x ∈ R +
0 sind sie streng monoton steigend:
x1 < x2 Ÿ x12m < x22m , also
Bild 2.64
Graphen gerader Potenzfunktionen
f(x1) < f(x2).
Bild 2.64 zeigt die Graphen der ersten drei geraden Potenzfunktionen (n = 2, 4, 6), die wegen
f(x) = f(–x) symmetrisch zur y-Achse sind. Dabei ist zu erkennen, dass die Kurven für
x ∈ R \ ] – 1; + 1[ umso steiler verlaufen, je größer der Exponent n wird. In der Umgebung des
Ursprungs dagegen schmiegen sich die Graphen mit wachsendem n fortlaufend dichter an die
Abszissenachse an, so dass sie für x ∈ ] – 1; + 1[ ein immer ausgeprägteres „kastenförmiges“
Aussehen erhalten.
2. Fall: n ist ungerade, also n = 2m – 1, m ∈ N*.
Es handelt sich um ungerade Funktionen; denn es gilt
stets
f(– x) = – f(x), hier somit
(– x)2m–1 = – x2m–1.
Weiter ist zu vermerken, dass die ungeraden Potenzfunktionen für x ∈ R streng monoton steigend sind:
x1 < x2 Ÿ x12m−1 < x22m−1 , also
f (x1) < f(x2).
Bild 2.65
Graphen ungerader Potenzfunktionen
96
2 Funktionenlehre
Bild 2.65 zeigt die Graphen der ersten drei ungeraden Potenzfunktionen (n = 1, 3, 5), die wegen f (–x) = – f (x) punktsymmetrisch zum Ursprung sind. – Das Steigungsverhalten der Kurven
ist, wie bei den geraden Funktionen beschrieben, in analoger Weise abhängig von der Größe
des Exponenten n.
¾ Die Graphen aller reinen Potenzfunktionen gehen durch die Punkte O(0|0) und P1(1|1).
¾ Die Graphen aller geraden Potenzfunktionen verlaufen zusätzlich durch P2(–1|1),
¾ die Graphen aller ungeraden Potenzfunktionen haben den Punkt P3(–1|–1) gemeinsam.
Die Betrachtungen über das Symmetrieverhalten der Graphen gerader bzw. ungerader Potenzfunktionen sind auf beliebige reelle Funktionen übertragbar:
1. (Achsen-) Symmetrie zur y-Achse:
f (x) = f (– x);
2. (Punkt-) Symmetrie zum Ursprung:
f (x) = – f (– x)
⇔ f (–x) = – f (x).
Formfaktor a
Aus den Potenzfunktionen lassen sich durch geeignete Verknüpfungen weitere Funktionen ermitteln. Ein einfaches Verfahren besteht darin, den Funktionsterm mit einem Faktor
a ∈ R* zu multiplizieren:
Die reine Potenzfunktion y = xn geht über in eine Funktion
mit der Funktionsgleichung y = a · xn .
Je nach der Größe von a ist der Kurvenverlauf
– steiler (|a| > 1) oder
– flacher (0 < |a| < 1) als der einer reinen Potenzfunktion.
Ist a < 0, so führt das zu einer Spiegelung des Funktionsgraphen an der x-Achse. Bild 2.66 demonstriert diesen Aspekt
für y = f1(x) = x3 und y = f2(x) = – x3.
Bild 2.66
Die Graphen von f1(x) = x3 und f2(x) = – x3
2.3.2 Ganzrationale Funktionen als verknüpfte Potenzfunktionen
Weitere Funktionen resultieren daraus, dass Potenzfunktionen durch Addition, Subtraktion
bzw. Multiplikation miteinander verknüpft werden.
Beispiel
f1(x) = x2
g1(x) = x
Ÿ
f1(x) + g1(x)= x2 + x;
f1(x) – g1(x) = x2 – x;
f1(x) · g1(x) = x3.
2.3 Ganzrationale Funktionen
97
Von besonderer Bedeutung ist die additive Verknüpfung:
Der Graph von f (x) = f1(x) + g1(x) ergibt sich gemäß Bild 2.67 durch Addition der Funktionswerte, Superposition genannt.
Bild 2.68 zeigt, wie man den Graphen von g(x) = x3 – x ebenfalls durch Superposition erhält.
Bild 2.67 Der Graph von f (x) = x2 + x,
dargestellt durch Superposition von
f1(x) = x2 und g1(x) = x
Bild 2.68 Der Graph von g(x) = x3 – x,
dargestellt durch Superposition von
f2(x) = x3 und g2(x) = – x
Eine neue Klasse von Funktionen ist entstanden, ganzrationale Funktionen genannt.
Definition 2.5
Reelle Funktionen der Form
f(x) = anxn + an–1xn–1 + ... + a2x2 + a1x + a0 mit n ∈ N*
heißen ganzrationale Funktionen n-ten Grades.
Der Funktionsterm anxn + an–1xn–1 + ... + a1x + a0 wird Polynom n-ten Grades genannt;
a0, a1, ..., an–1, an ∈ R mit an ≠ 0 sind die Koeffizienten.
Hinweis: Ganzrationale Funktionen heißen auch Polynomfunktionen.
Schreibweise für
lineare Funktionen:
y = a1x + a0, wobei a1 := m und a0 := b ist;
quadratische Funktionen: y = a2x2 + a1x + a0, wobei a2 dem Formfaktor entspricht.
Um die konstanten Funktionen f (x) = c, x ∈ R, (Graphen sind Parallelen zur x-Achse !) einzubeziehen, ist es zweckmäßig, von ganzrationalen Funktionen 0. Grades zu sprechen.
98
2 Funktionenlehre
Anmerkungen
1. Die Schreibweise y = a0x0 (a0 = c) verdeutlicht, warum zwecks „lückenlosen“ Aufbaues von ganzrationalen Funktionen 0. Grades gesprochen wird. Sie ist jedoch nicht völlig korrekt, da y = a0x0 im
Gegensatz zu den konstanten Funktionen nur für x ∈ R* zugelassen werden könnte (wieso?).
2. Die im Zusammenhang mit den Potenzfunktionen beschriebene Überführung von y = xn in y = axn lässt
sich somit als multiplikative Verknüpfung einer ganzrationalen Funktion n-ten Grades mit einer solchen
0-ten Grades auffassen.
¾ Ganzrationale Funktionen sind bezüglich Addition, Subtraktion und Multiplikation abgeschlossen, d. h. aus diesen Verknüpfungen resultieren wiederum ganzrationale Funktionen.
Beispiel
f(x) = x3, x ∈ R
g(x) = x2 – 2x + 1, x ∈ R
Ÿ f (x) + g(x) = x3 + x2 – 2x + 1:
f (x) – g(x) = x3 – x2 + 2x – 1;
f (x) ⋅ g(x) = x5 – 2x4 + x3.
Hinweis: Für die verknüpften Funktionen gilt D = Df ∩ Dg, also hier D = R.
¾ Die ganzrationalen Funktionen sind nicht abgeschlossen bezüglich der Division.
Diese Verknüpfung führt zu keiner ganzrationalen Funktion (ĺ Kapitel 4).
Die Eigenschaften ganzrationaler Funktionen höheren Grades (n ≥ 3) anzugeben, ist nicht
immer einfach. Es bedarf weiterer Überlegungen – abschließend erst im Rahmen der Differentialrechnung durchzuführen ! –, wobei die Nullstellenbestimmung erste wertvolle Anhaltspunkte liefert.
2.3.3 Nullstellen ganzrationaler Funktionen
Im Zusammenhang mit linearen und quadratischen Funktionen ist es thematisiert worden: Man
spricht genau dann von der Nullstelle x0 einer Funktion f, wenn f (x0) = 0 ist. Somit ist allgemein für ganzrationale Funktionen n-ten Grades nachfolgende Definition angebracht:
Definition 2.6
Unter den Nullstellen ganzrationaler Funktionen versteht man die reellen Lösungen
algebraischer Gleichungen der Form
anxn + an–1xn–1 + ... + a2x2 + a1x + a0 = 0.
Die Nullstellen ganzrationaler Funktionen 1. und 2. Grades lassen sich ohne nennenswerten
Rechenaufwand exakt bestimmen. Für solche höheren Grades gilt das häufig nicht mehr.
Die zweckmäßige Vorgehensweise basiert auf dem Nullstellensatz. Er wird hier eingeschränkt
auf ganzrationale Funktionen formuliert:
Satz 2.12
Hat eine ganzrationale Funktion f im Intervall [a; b] ihres Definitionsbereichs an den
Stellen x = a und x = b verschiedene Vorzeichen, gilt also z. B. f (a) > 0 und f(b) < 0, so
liegt in ]a; b[ mindestens eine Nullstelle x0 dieser Funktion f.
2.3 Ganzrationale Funktionen
99
Bild 2.69 veranschaulicht die Richtigkeit des Satzes.
Bild 2.69
Nullstellensatz: f (a) · f (b) < 0
Funktionstermumformung durch Ausklammern
Beispiel 1:
f1(x) = x2 – 2x
f1(x) = 0 Ÿ x2 – 2x = 0
x (x – 2) = 0; der Satz vom Nullprodukt führt auf
x1 = 0 bzw. x2 = 2.
Den Graphen von f1 zu zeichnen dürfte nicht schwierig sein.
Um allgemeingültige Lösungsstrategien zu entwickeln, sollen im Folgenden die Bereiche der
x,y-Ebene markiert werden, in denen der Graph auf gar keinen Fall verlaufen kann:
Eine Gebietseinteilung ist vorzunehmen.
Dazu erfolgt eine Termumformung mittels Linearfaktorenzerlegung: y = x2 – 2x = x (x – 2).
Diese Schreibweise erlaubt Aussagen darüber, für welche
x ∈ R die y-Werte ihr Vorzeichen wechseln:
x < 0 Ÿ y > 0,
Wenn
wenn 0 < x < 2 Ÿ y < 0,
wenn
x > 2 Ÿ y > 0.
Bild 2.70
Graph von f1(x) = x2 – 2x
Die Gebietseinteilung ergibt sich gemäß Bild 2.70. Sperrbezirke der x,y-Ebene, in denen keine
Kurvenpunkte liegen, sind schraffiert dargestellt. Die eingezeichnete Parabel verdeutlicht die
Zusammenhänge.
Dieses Verfahren – hier ganz bestimmt überflüssig, aber bei komplizierteren Funktionen hilfreich! – lässt sich schematisieren. Die Linearfaktoren werden 0 gesetzt und es erschließen sich
die Grenzgeraden, bei deren Überschreiten der besagte Vorzeichenwechsel erfolgt:
Die Sperrbezirke werden durch Geraden mit den Gleichungen
y = 0 (x-Achse), x = 0 (y-Achse) und x = 2 begrenzt (Bild 2.70).
100
2 Funktionenlehre
Beispiel 2: f2(x) = x2 – x – 2
f2(x) = 0 Ÿ x2 – x – 2 = 0; nach dem Satz von Vieta folgt
(x + 1) · (x – 2) = 0, der Satz vom Nullprodukt liefert
x1 = – 1 bzw. x2 = 2.
Die Schreibweise y = (x + 1) (x – 2) ermöglicht die Gebietseinteilung:
Wenn
x < – 1 Ÿ y > 0,
wenn – 1 < x < + 2 Ÿ y < 0,
wenn
x > + 2 Ÿ y > 0.
Die schematische Vorgehensweise liefert die Grenzgeraden wie folgt:
Da z. B. f2(1) = – 2 Indiz für einen Bezirk ist, in dem Kurvenpunkte
existieren, resultieren die anderen „erlaubten“ bzw. „verbotenen“
Gebiete im Wechsel nach jedem Überschreiten einer ermittelten
Grenzgeraden (Schachbretteffekt, Bild 2.71).
Bild 2.71
Graph von f2(x) = x2 – x – 2
Beispiel 3: f3(x) = x3 – x2 – 6x
f3(x) = 0 Ÿ x3 – x2 – 6x = 0
x (x2 – x – 6) = 0; weitere Zerlegung nach Vieta:
x (x + 2) (x – 3) = 0, also
x1 = 0, x2 = – 2 und x3 = 3.
Ermittlung der Grenzgeraden
Bild 2.72
Graph von f3(x) = x3 – x2 – 6x
Da z. B. f3(1) < 0 ist, ergeben sich Gebietseinteilung und Graph von f3 qualitativ gemäß Bild 2.72.
Hinweis: Genauere Untersuchungen sind erst mit Hilfe der Differentialrechnung möglich.
2.3 Ganzrationale Funktionen
101
Beispiel 4: f4(x) = x4 + 5x3 + 6x2
f4(x) = 0 Ÿ x4 + 5x3 + 6x2 = 0
x2 (x2 + 5x + 6) = 0
x2 (x + 3) (x + 2) = 0,
also x1,2 = 0, x3 = – 3 und x4 = – 2.
Ermittlung der Grenzgeraden
Bild 2.73
Graph von f4(x) = x4 + 5x3 + 6x2
Die Linearfaktoren x · x (= x2) verursachen keinen Vorzeichenwechsel (wieso nicht?).
Wegen z. B. f4(1) > 0 erschließen sich Gebietseinteilung und qualitativer Kurvenverlauf gemäß
Bild 2.73.
Für x = 0 ergibt sich eine Doppelnullstelle: Der Graph von f4 berührt hier die x-Achse.
Beispiel 5: f5(x) = x4 – 2x3
f5(x) = 0 Ÿ x4 – 2x3 = 0
x3 (x – 2) = 0,
also x1,2,3 = 0 und x4 = 2.
Ermittlung der Grenzgeraden
Bild 2.74
Graph von f5(x) = x4 – 2x3
Die Linearfaktoren x · x · x (= x3) bewirken einen Vorzeichenwechsel (wieso ?).
Mit f5(1) = – 1 ergeben sich Gebietseinteilung und qualitativer Kurvenverlauf gemäß Bild 2.74.
Für x = 0 hat f5 eine Dreifachnullstelle: Der Graph schneidet die x-Achse waagerecht.
Biquadratische Funktionsterme
Beispiel 6: f6(x) = x4 – 5x2 + 4
f6(x) = 0 Ÿ x4 – 5x2 + 4 = 0.
Eine algebraische Gleichung 4. Grades mit absolutem Glied gilt es zu lösen. Ein im Allgemeinen nicht ganz leichtes Unterfangen, wenn nicht hier nur Potenzen mit geraden Exponenten existierten. Das Polynom 4. Grades ist mittels geeigneter Substitution (= Einsetzung) in
ein Polynom 2. Grades überführbar, daher auch biquadratische Gleichung genannt:
Substitution z = x2: z2 – 5z + 4 = 0
5
2
⎛ 5 ⎞2
⎝2⎠
Ÿ z1,2 =+ ± ⎜ ⎟ − 4 Ÿ z1 = 4 bzw. z2 = 1 .
102
2 Funktionenlehre
Die Lösungen erschließen sich durch Resubstitution:
z1 = x2 = 4 ⇒ x1 = 2, x2 = – 2
z2 = x2 = 1 ⇒ x3 = 1, x4 = – 1.
bzw.
Es ergeben sich vier Nullstellen; entsprechend sieht die Linearfaktorenzerlegung aus:
f (x) = (x – 1) (x + l) (x – 2) (x + 2).
Alternativlösung: Sie resultiert unter Anwendung des Satzes von Viëta:
z2 – 5z + 4 = 0 ⇔ (z – 1) (z – 4) = 0
(x2 – 1) (x2 – 4) = 0
(x + 1) (x – 1) (x + 2) (x – 2) = 0.
Der Satz vom Nullprodukt liefert die bereits angegebenen Nullstellen.
Ermittlung der Grenzgeraden
Wegen f6(0) = 4 kann die Gebietseinteilung vorgenommen
werden. Die Symmetrie zur y-Achse (wieso?) liefert weitere
Anhaltspunkte.
Der Graph von f6 ergibt sich qualitativ gemäß Bild 2.75.
Bild 2.75
Graph von f6(x) = x4 – 5x2 + 4
Funktionstermumformung mittels Polynomdivision
1 3
5
x + x2 − x − 3
2
2
1 3
5
f7(x) = 0 ⇒ x + x 2 − x − 3 = 0
2
2
x3 + 2x2 – 5x – 6 = 0 (normierte Form!).
Beispiel 7: f7(x) =
Diese algebraische Gleichung 3. Grades zu lösen, bereitet zunächst Schwierigkeiten. Wegen
des vorhandenen absoluten Gliedes ist ein Faktorisieren ohne weiteres nicht möglich; die
Substitutionsmethode führt gar nicht zum Ziel.
Um das bewährte Abspalten von Linearfaktoren dennoch durchführen zu können, muss – soweit möglich – eine Lösung geraten (!) werden. Durch Probieren resultiert f7(2) = 0, somit ist
x1 = 2 Nullstelle von f7.
Das Polynom 3. Grades lässt sich aufspalten in einen Linearfaktor und ein noch nicht näher
bestimmtes quadratisches Polynom Q(x):
x3 + 2x2 – 5x – 6 = 0 ⇒ (x – 2) · Q(x) = 0.
2.3 Ganzrationale Funktionen
103
Um Q(x) zu bestimmen, bedient man sich der in der Arithmetik üblichen Mittel:
Wenn von einem gegebenen Produkt ein Faktor bekannt und der andere gesucht ist, hilft ein
geeignetes Dividieren (z. B. 12 · x = 2544 ⇔ x =212). Hier bedarf es einer Polynomdivision :
(x3 + 2x2 – 5x – 6) : (x – 2) = x2 + 4x + 3
– (x3 – 2x2)
+ 4x2 – 5x
2544 : 12 = 212, einmal anders schriftlich dividiert:
(2⋅103 + 5⋅102 + 4⋅101 + 4⋅10°) : (1⋅101 + 2⋅10°) = 2⋅102 + 1⋅101 + 2⋅10°
– (+ 4x2 – 8x)
+ 3x – 6
– (2 ⋅ 103 + 4 ⋅ 102)
1 ⋅ 102 + 4 ⋅ 101
– (+ 3x – 6)
– –
– (1 ⋅ 102 + 2 ⋅ 101)
2 ⋅ 101 + 4 ⋅ 10°
– (2 ⋅ 101 + 4 ⋅ 10°)
–
–
Aufgrund der durchgeführten Division folgt
x3 + 2x2 – 5x – 6 = 0 ⇔ (x – 2) (x2 + 4x + 3) = 0; Nullstellen sind somit
x1 = 2 (geraten !) und
x2,3 = – 2 ± 2 2 − 3 , also
x1 = 2, x2 = – 1, x3 = – 3.
Eleganter ist es, das Polynom Q(x) weiter in Linearfaktoren zu zerlegen:
(x – 2) (x2 + 4x + 3) = 0 ⇔ (x – 2) (x + 1) (x + 3) = 0.
Der Satz vom Nullprodukt liefert dann die bereits angegebenen Lösungen.
Ermittlung der Grenzgeraden
Bild 2.76
Graph von f7(x) =
1 3
5
x + x2 − x − 3
2
2
Mit f7(0) = –3 ergeben sich Gebietseinteilung und Kurvenverlauf gemäß Bild 2.76.
Für das erforderliche Raten einer Lösung kann ein Fingerzeig gegeben werden:
Satz 2.13
Wenn algebraische Gleichungen anxn + an–1xn–1 + ... + a1x + a0 = 0 mit a0 ≠ 0
ganzzahlige Lösungen haben, dann sind sie Teiler von a0.
104
2 Funktionenlehre
Beweis
Es sei x0 ∈ R* Lösung einer algebraischen Gleichung n-ten Grades, dann folgt
an x0n + an–1 x0n−1 + ... + a2 x02 + a1x0 + a0
=0
⇔ an x0n + an–1 x0n−1 + ...+ a2 x02 + a1x0
= – a0
⇔ x0(an x0n−1 + an–1 x0n−2 + ... + ax2x0 + a1) = – a0 .
Da im ganzzahligen linken Term x0 als Faktor auftritt, muss x0 (positiver oder negativer) Teiler
von a0 sein.
Für Beispiel 7 mit der algebraischen Gleichung x3 + 2x2 – 5x – 6 = 0 kommen die Abszissen in
Betracht, die Teiler von – 6 sind.
Zutreffend ist das für ± 1, ± 2, ± 3 oder ± 6; ein Probieren zeigt, dass z. B. x1 = 2 zu einer wahren Aussage führt, ebenso x2 = – 1 und x3 = – 3.
* Polynomdivision mittels Hornerschema
Zunächst soll für die aus Beispiel 7 abzuleitende Ersatzfunktion f7* ( x) = x3 + 2 x 2 − 5 x − 6 der
Funktionswert an der Stelle a ∈ R* bestimmt werden:
Es ist
f7* (a) = 1⋅ a3 + 2 · a2 – 5 · a – 6, durch geeignetes wiederholtes Ausklammern resultiert
f7* (a) = (a2 + 2a – 5)a – 6
und schließlich
f7* (a) = [(a + 2)a – 5]a – 6.
Das Vorgehen lässt sich schematisieren,
wird zu Ehren des Erfinders Hornerschema1) genannt und läuft wie folgt ab:
x=a
1
0
1
2
–5
a
(a+2)a
a+2 (a+2)a –5
–6
[(a+2)a –5]a
[(a+2)a –5]a–6 = f(a).
1. In der ersten Zeile werden alle Koeffizienten des Polynoms aufgeführt; in der zweiten Zeile
steht an erster Stelle immer die 0.
2. Die weiteren Positionen der zweiten Zeile ergeben sich nach folgender Gesetzmäßigkeit:
a) Die Zahlen der 1. Spalte werden addiert und in der 3. Zeile an die erste Stelle geschrieben. Dieses Ergebnis wird mit der Abszisse a multipliziert und als Produkt in die
2. Spalte der 2. Zeile geschrieben.
b) Die Zahlen der 2. Spalte werden addiert und als Summe in der 3. Zeile an zweiter Stelle
geschrieben. Dieses Ergebnis wird wiederum mit der Abszisse a multipliziert und als
Produkt in die 3. Spalte der 2. Zeile geschrieben usw.
c) Das Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis schließlich in der letzten Spalte (hier ist es
die 4. Spalte, abhängig vom Grad des Polynoms) die Zahlen der 1. und 2. Zeile addiert
den Funktionswert ergeben.
Konkret für z. B. a = –2 zeigt sich nebenstehendes
Schema; es ergibt sich f (–2) = 4 .
1)
William Horner (1756–1837); engl. Mathematiker
x = –2
1
0
1
2
–2
0
–5
0
–5
–6
+10
4 = f(–2).
2.3 Ganzrationale Funktionen
105
Das Hornerschema reduziert die erforderlichen Rechenvorgänge auf ein einfaches Multiplizieren mit einer Konstanten (nämlich der jeweiligen Abszisse) und einem anschließenden Addieren. Insofern ist es gut geeignet, die Funktionswerte ganzrationaler Funktionen zu ermitteln,
wenn Taschenrechner mit STO-(Store-) und RCL-(Recall-)Taste genutzt werden oder zu dieser Thematik eine Programmierung beabsichtigt ist.
1
2 –5
–6
Für die in Beispiel 7 geratene Nullstelle a = x1 = 2
x=2
2
+6
zeigt sich nebenstehendes Schema mit der Aussage
0
8
f (2) = 0, was sicherlich nicht überrascht. Das Be1
4
3
0 = f (2).
sondere liefert die 3. Zeile des Hornerschemas:
Die eingerahmten Koeffizienten 1, 4 und 3 stehen für das aus der Polynomdivision resultierende quadratische Restpolynom Q(x), also
x3+ 2x2 – 5x – 6 = 0 ⇔ (x – 2) (1x2 + 4x + 3) = 0.
Ohne weitere Vertiefung und Fundierung sei vermerkt, dass dieser beschriebene Aspekt generell bei ganzrationalen Funktionen auftritt.
Anmerkungen
1. Das Hornerschema lässt sich allgemein für ganzrationale Funktionen n-ten Grades anwenden; es ergibt
sich für
f (x) = anxn + an–1xn–1 + ... + a2x2 + a1x + a0
gemäß nebenstehender Darstellung.
Die Koeffizienten werden schrittweise wie beschrieben errechnet:
x = x1
an-1 an-2
an
x1bn x1bn-1
0
an=bn bn-1 bn-2
…
…
…
a2
x1b3
b2
a1
x1b2
b1
a0
x1b1
b0 =ƒ(x1)
bn = an,
bn–1 = x1bn + an–1,
bn–2 = x1bn–1+ an–2,
#
b2 = x1b3 + a2,
b1 = x1b2 + a1 und
b0 = x1b1 + a0.
Für den besonderen Fall, dass x1 Nullstelle der Funktion ist, stellen bn, ..., b1 ∈ R die Koeffizienten des
jeweils um einen Grad niedrigeren Restpolynoms dar, und zwar von links nach rechts geordnet nach
fallenden Potenzen von x.
2. Es müssen alle Koeffizienten a0,...,an aufgeführt werden, selbst wenn sie den Wert 0 haben. So ist z. B.
f (x) = x4 – 3x + 2 zunächst umzuformen zu f (x) = 1 · x4 + 0 · x3 + 0 · x2 – 3x + 2.
Zusammenfassung
Das Abspalten von Linearfaktoren ist zentraler Aspekt bei der Nullstellenermittlung ganzrationaler Funktionen. Die gewonnenen Erkenntnisse gilt es festzuhalten.
Unter der Voraussetzung, dass x1∈R Lösung ist, gilt
– für algebraische Gleichungen 3. Grades
a3x3 + a2x2 + a1x + a0 = 0 ⇔ (x – x1) · Q(x) = 0, wobei Q(x) ein quadratisches Polynom ist;
106
2 Funktionenlehre
– für algebraische Gleichungen n-ten Grades
anxn + an–1xn–1 + ... + a1x + a0 = 0 ⇔ ( x – x1) · g(x) = 0,
wobei g(x) Polynom (n –1)-ten Grades ist.
¾ Die Polynomdivision mit Linearfaktor (x – x1) liefert g(x) ohne Rest, d. h. sie „geht auf “.
Der Nachweis ist schnell erbracht:
f (x) = (x – x1) · g(x) + R
f (x1) = (x1 – x1) · g(x1) + R, mit f (x1) = 0 folgt
0 · g(x1) + R, somit muss R = 0 sein.
0=
Iterationsverfahren
Beispiel 8: f8(x) = x3 − 6 x 2 + 9 x +1
f8(x) = 0 Ÿ x3 − 6 x 2 + 9 x +1= 0 .
Diese algebraische Gleichung lässt sich mit den bislang thematisierten Verfahren nicht lösen.
Hilfreich für das weitere Vorgehen ist, dass anhand nachfolgender Wertetabelle eine Nullstelle
im Intervall ] –½; 0[ erwartet werden kann (wieso?), was Bild 2.77 bestätigt.
x
y
–1
–15
–½
–5,1
0
1
½
4,1
1
5
2
3
3
1
4
5
5
21
Bild 2.77
Wertetabelle und Graph der Funktion
f 8(x) = x3– 6x2 + 9x + 1
Zweckmäßig ist es, sich der gesuchten Nullstelle anzunähern, was von links bzw. von rechts
geschehen kann. Unter Einführung eines Korrekturfaktors |ε| 1 folgt bei
Annäherung von rechts mit dem Startwert x1 = 0
(0 – ε)3 – 6(0 – ε) 2 + 9 (0 – ε) + 1 ≈ 0
– ε3 + 6ε2 – 9ε + 1 ≈ 0, wegen |ε| 1 sind ε2 ≈ 0 und ε3 ≈ 0, also
ε≈
1
.
9
1
Die 1. Näherung liefert als Nullstelle x0 ≈ 0 − ≈ – 0,11.
9
1
Soll es genauer werden, muss das Verfahren wiederholt werden, jetzt mit Startwert x2 = − :
9
2.3 Ganzrationale Funktionen
107
1
1
1
(− − ε )3 − 6(− − ε )2 + 9(− − ε ) +1 ≈ 0
9
9
9
1
1
1
2
1
(−ε 3 − ε 2 − ε −
) − 6(ε 2 + ε + ) −1− 9ε +1 ≈ 0, wegen |ε| 1 folgt
3
27
729
9
81
1
4
1
2
− ε − ε − 9ε −
− ≈0
27
3
729 27
11
.
⇒ ε ≈−
1512
Die 2. Näherung liefert als Nullstelle x0 ≈ − 1 − (−
9
11 ) ≈ −0,104.
1512
Anmerkung: Diese Nullstelle liefern auch die gängigen CAS-Rechner.
Annäherung von links mit dem Startwert „ − 1 “ erfordert den Ansatz
2
(− 12 + ε )3 − 6(− 12 + ε )2 + 9(− 12 + ε ) +1 ≈ 0 ,
ε≈
diverse Umformungen führen schließlich auf
41
.
126
Die Nullstelle würde sich in 1. Näherung jetzt zu x0 ≈ − 1 +
2
41 ≈ −0,175 ergeben.
126
Eine 2. Näherung mit Startwert „– 0,175“ führt auf x0 ≈ –0,1067 und
eine 3. Näherung dann mit Startwert „– 0,1067“ auf x0 ≈ – 0,104. – Probieren Sie es aus!
¾ Verallgemeinerung für Polynome 3. Grades
Annäherung an x0 von rechts mit Startwert x1 (Bild 2.78) führt auf den folgenden Ansatz:
y
a ( x1 − ε )3 + b( x1 − ε ) 2 + c( x1 − ε ) + d ≈ 0
f
a ( x13 − 3x12 ε + 3x1ε 2 − ε 3 ) + b( x12 − 2 x1ε + ε 2 ) + cx1 − cε + d ≈ 0,
mit ε 3 ≈ 0 und ε 2 ≈ 0 folgt
ax13 − 3ax12 ε + bx12 − 2bx1ε + cx1 − cε + d ≈ 0
ax13 + bx12 + cx1 + d − ε (3ax12 + 2bx1 + c) ≈ 0
ax13 + bx12 + cx1 + d
≈ε
3ax12 + 2bx1 + c
Die 1. Näherung liefert x0 ≈ x2 = x1 −
die 2. Näherung analog x0 ≈ x3 = x2 −
ax13 + bx12 + cx1 + d
3ax12 + 2bx1 + c
ax23 + bx22 + cx2 + d
3ax22 + 2bx2 + c
ε
x0
Bild 2.78
,
usw.
Um den Iterationsprozess zu verdeutlichen, wird üblicherweise geschrieben
x0 ≈ xn+1 = xn −
axn3 + bxn2 + cxn + d
, wobei n ∈ N* .
3axn2 + 2bxn + c
x1
x
108
2 Funktionenlehre
¾ Verallgemeinerung für Polynome 4. Grades
Die Herleitung erfolgt entsprechend mit dem Ansatz
a ( x1 − ε ) 4 + b( x1 − ε )3 + c( x1 − ε ) 2 + d ( x1 − ε ) + e ≈ 0 , woraus schließlich (Aufgabe!) resultiert
x0 ≈ xn+1 = xn −
axn4 + bxn3 + cxn2 + dxn + e
, wobei n ∈ N* .
4axn3 + 3bxn2 + 2cxn + d
Anmerkungen
1. Der Startwert x1 muss so gewählt werden, dass der Nenner nicht 0 wird.
2. Er ist zu verwerfen, wenn sich die Näherungen verschlechtern.
Ausblick: Das Newton’sche Näherungsverfahren (ĺ Abschnitt 5.1.6) verallgemeinert die eben
angestellten Ausführungen.
Zusammenfassung
Die aufgeführten Beispiele zur Nullstellenbestimmung ganzrationaler Funktionen haben zwei
wesentliche Sachverhalte offenbart.
1. Es gibt unterschiedliche Arten von Nullstellen:
Einfach-, Doppel- und Dreifachnullstellen.
Entsprechend zeigen die Funktionsgraphen ganzrationaler Funktionen gemäß Bild 2.79 in der
Umgebung ihrer Nullstellen unterschiedliche Charakteristik.
Bild 2.79 Einfach-, Doppel- bzw. Dreifachnullstellen 1)
2. Anschaulich resultiert weiter, dass
¾ sich ein Polynom n-ten Grades maximal in n Linearfaktoren zerlegen lässt 2) und dass
¾ ganzrationale Funktionen n-ten Grades maximal n Nullstellen haben.
Es müssen nicht n verschiedene sein, das zeigen Doppel- und Dreifachnullstelle.
Anmerkung: Die Wertung der Nullstellencharakteristik und die Festlegung eines Kurvenpunktes reichen
meist aus, Graphen ganzrationaler Funktionen qualitativ zu zeichnen. Mit etwas Übung kann dann auf
eine Gebietseinteilung mit Schraffur „verbotener“ Bezirke der x, y-Ebene verzichtet werden.
1)
2)
Die graphischen Besonderheiten betreffend sind analog zu den Doppelnullstellen die 2n-fachen
(n ∈ N*) und zu den Dreifachnullstellen die (2n +1)-fachen Nullstellen zu sehen.
Carl-Friedrich Gauß (1777–1855) hat das im Fundamentalsatz der Algebra allgemeiner formuliert,
indem er auch nicht-reelle Lösungen einbezog.
2.3 Ganzrationale Funktionen
109
2.3.4 Kurvenverlauf und Symmetrie
Für die Darstellung des qualitativen Kurvenverlaufs ganzrationaler Funktionen sind die nachfolgenden Ausführungen hilfreich. Sie basieren auf Erkenntnissen zu den Potenzfunktionen
und nehmen Überlegungen zum Verhalten der Funktionen für sehr große bzw. sehr kleine
Werte von x vorweg (ĺ Kapitel 4).
¾ Es kommt auf den Leitkoeffizienten an an und darauf, ob n gerade oder ungerade ist.
n ist ungerade
Die Graphen ganzrationaler Funktionen n-ten Grades mit n = 1, 3, 5, ... verlaufen global gesehen für
an ∈ R+
an ∈ R–
von
„links unten nach rechts oben“.
von
„links oben nach rechts unten“.
Bild 2.80
Bild 2.81
Anmerkung: „Eselsbrücke“ ist das Verhalten linearer Funktionen der Form f (x) = a1x; der Koeffizient
a1: = m markiert die jeweilige Richtung der Ursprungsgeraden.
Sonderfall: Punktsymmetrie zum Ursprung:
f (– x) = – f (x)
¾ Kein absolutes Glied, also a0 = 0; im Funktionsterm treten nur ungerade Exponenten auf.
Nachweis, exemplarisch gezeigt an ganzrationalen Funktionen 5. Grades:
f(x)
= a5x5 + a3x3 + a1x
x = x1:
f(x1)
= a5 x15 + a3 x13 + a1x1,
x = – x1:
f(– x1) = a5(– x1)5 + a3(– x1)3 + a1(– x1)
f(– x1) = a5(– 1)5 · x15 + a3 · (– 1)3 · x13 + a1 · (– 1) · x1
f(– x1) = (– 1) · [a5 · (– 1)4 · x15 + a3 · (– 1)2 · x13 + a1x1]
f(– x1) = (– 1) · [ a5 x15 + a3 x13 + a1x1]
Ÿ f(– x1) = – f(x1).
Beispiele
a) f(x) = x5 – 5x3 + 4x:
Graph ist punktsymmetrisch zum Ursprung und verläuft von „links unten nach
rechts oben“;
110
2 Funktionenlehre
b) g(x) = – x3 – x2 + 2x: Graph geht zwar durch den Ursprung, ist aber nicht punktsymmetrisch; er verläuft von „links oben nach rechts unten“.
n ist gerade
Die Graphen ganzrationaler Funktionen n-ten Grades mit n = 2, 4, 6, ... verlaufen global
gesehen für
an ∈ R+
an ∈ R –
von
„links oben nach rechts oben“
von
„links unten nach rechts unten“
Bild 2.82
Bild 2.83
Anmerkung: „Eselsbrücke“ ist das Verhalten quadratischer Funktionen der Form f (x) = a2x2; der Koeffiˆ Formfaktor der Parabel) markiert die jeweilige Öffnung der Parabeln.
zient a2 ( =
Sonderfall: Achsensymmetrie zur y-Achse:
f (– x) = f (x)
¾ Es treten nur gerade Exponenten im Funktionsterm auf.
Nachweis, exemplarisch gezeigt an ganzrationalen Funktionen 4. Grades:
f(x)
x = x1:
= a4x4 + a2x2 + a0
f(x1) = a4 x14 + a2 x12 + a0,
x = – x1: f(– x1) = a4(– x1)4 + a2(– x1)2 + a0
f(– x1) = a4(– 1)4 · x14 + a2(– 1)2 · x12 + a0
f(– x1) = a4 x14 + a2 x12 + a0
Ÿ f(– x1) = f(x1).
Beispiele
a) f (x) = x4 – 5x2 + 6:
Graph ist symmetrisch zur y-Achse und verläuft von „links oben nach rechts
oben“;
b) g(x) = – x4 – x2 + 2x:
Graph geht zwar durch den Ursprung, zeigt aber keinerlei Symmetrie; er
verläuft von „links unten nach rechts unten“.
2.3 Ganzrationale Funktionen
111
• Aufgaben
2.151 Zeichnen Sie die Graphen folgender Funktionen qualitativ unter Festlegung von Nullstellen,
Schnittpunkten mit der y-Achse sowie „erlaubter“ bzw. „verbotener“ Gebiete:
a) f1(x) = (x – 3) (x – 1) x;
c) f3(x) =
1
b) f2(x) =
1
(x + 2) (x – 1) (x – 3)2;
9
d) f4(x) =
(x + 3) (x + 1) (x – 2);
4
5
16
(x – 1) (x + 2)3.
2.152 Geben Sie jeweils die Funktionsgleichung der ganzrationalen Funktion 3. Grades, für die gilt:
a) Nullstellen für
x1 = – 4, x2 = – 2, x3 = + 1 und (0; – 2) ∈ f1;
b) Nullstelle für
x1 = – 5, Doppelnullstelle für x2,3 = 0 und (– 1; 0, 8) ∈ f2;
c) Dreifachnullstelle für x1,2,3 = – 2 und (–3; – 0,25) ∈ f3 .
Zeichnen Sie die Funktionsgraphen qualitativ .
2.153 Geben Sie jeweils die Funktionsgleichung der ganzrationalen Funktion 4. Grades, für die gilt:
a) Doppelnullstellen für x1,2 = – 1 sowie für x3,4 = 1 und (2; – 3) ∈ f1;
b) Nullstelle für x1 = – 2, Dreifachnullstelle für x2,3,4 = 1 und (2; – 2) ∈ f2 .
Zeichnen Sie die Funktionsgraphen qualitativ .
2.154 Bestimmen Sie die Nullstellen nachfolgender Funktionen und skizzieren Sie den jeweiligen
Kurvenverlauf unter Berücksichtigung einer Gebietseinteilung:
a) f1(x) =
1 3 5 2
x + x + 3x ;
2
2
d) f4(x) = x4 – x3 – 2x2;
1
3
1
2
b) f2(x) = − x 3 + 2 x 2 − 2 x ;
c) f3(x) = − x 3 + x 2 .
1
3
1
3
f) f6(x) = − x 4 + x 3 .
3 4 3 2
x − x +3;
16
2
c) f3(x) = − x 4 +
e) f5(x) = x 4 + 2 x3 + 3 x 2 ;
2.155 Ebenso:
1
9
a) f1(x) = − x 4 +
13 2
x −4 ;
9
b) f2(x) =
1
2
3 2
x +2.
2
Zusatzaufgabe: Zeichnen Sie den Graphen von f4(x) = − 12 x 4 − 32 x 2 + 2 und vergleichen Sie ihn
mit dem von f3. Begründen Sie seine andere Form in der Umgebung von Sy(0|2).
2.156 Zeichnen Sie die Graphen nachfolgender Funktionen qualitativ unter Berücksichtigung der
Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen:
a) f1(x) = 1 x3 + x 2 − 5 x − 3 ; b) f2(x) = − 1 x 3 + 3 x 2 − 9 x + 1 ; c) f3(x) = 1 x3 − 2 x 2 − 1 x + 3 .
2
2
2
2
6
2
3
2.157 Ebenso:
a) f1(x) = x4 – 3x3 – x2 + 3x;
b) f2(x) = 1 x 4 − 9 x 2 + x + 3 ;
c) f3(x) = x4 – 2x3 – 3x2 + 4x + 4
d) f4(x) = x4 – x3 – 3x2 + 5x – 2.
4
4
2.158 Zeichnen Sie die Graphen unter Berücksichtigung von Nullstellen und gemeinsamen Punkten:
a) f1(x) =
1 3
3
x + x 2 − x und g1(x) = x + 3;
2
2
1
3
2
3
1
3
b) f2(x) = x 3 − x 2 − x und g2(x) = x −
8
.
3
112
2 Funktionenlehre
2.159 Ebenso:
1 3
x − 2x2 + 4x
4
1
5
b) f2(x) = x 3 + x 2 − x − 3
2
2
1 3
5
c) f3(x) = x − x 2 − x + 3
2
2
a) f1(x) =
und g1(x) =
1 2 9
x − x;
2
4
und g2(x) = – x2 – 3x;
1
3
1
3
und g3(x) = x 2 − x − 2 .
2.160 Ebenso:
a) f1(x) = x3 – 4x2 + 3x
b) f2(x) =
2 3
2
x − x2 − x +
3
3
2 3
x − 2x 2 ;
3
1
4
= − x3 + x 2 −
3
3
und g1(x) =
und g2(x)
.
2.161 Zerlegen Sie mittels Hornerschema in einen Linearfaktor und ein Restpolynom 2. Grades:
a) f1(x) = x3 + 2x2 – x – 2;
b) f2(x) = – x3 + 3x + 2;
c) f3(x) =
1 3 5 2
x + x + x−4 .
2
2
2.162 Zerlegen Sie mittels Hornerschema jeweils in Linearfaktoren und ein Restpolynom 2. Grades:
a) f1(x) = x4 – 3x3 + x2 + 3x – 2;
b) f2(x) = x4 – 2x2 + 1;
c) f3(x) = – x4 + 3x2 + 4.
2.163 Das Modell des Produktlebenszyklus beschreibt den Lebensweg eines Produktes zwischen seiner
Markteinführung und seinem Ausscheiden aus dem Markt, gemessen am Umsatz oder an der
Gewinnhöhe. - Für ein bestimmtes Produkt stellen sich folgende Zusammenhänge dar:
Mengenmäßiger Umsatz U, bezogen auf Monate x:
U ( x ) = x 4 − 10 x3 + 19 x 2 + 30 x ;
erzielter Gewinn G in 1000 €, bezogen auf Monate x : G ( x) = x 4 − 10 x3 + 23 x 2 + 10 x − 24 .
Berechnen Sie, nach wie viel Monaten das Produkt aus dem Markt ausscheidet und den Zeitraum,
in dem positive Gewinne erwirtschaftet werden, wenn für den ökonomischen Definitionsbereich
Dök = [0;5] gilt. - Zeichnen Sie beide Graphen mit maximalem Definitionsbereich.
Hinweis: Für beide Funktionen ergibt sich eine Nullstelle für x = -1 außerhalb von Dök .
2.164 Ermitteln Sie die Nullstellen nachfolgender Funktionen mittels Iteration:
a) f1(x) = x3 + 3x2 – 3;
b) f2(x) = – x3 + 3x – 1;
1
c) f3(x) = x4 – x3 – 2x2 + 1;
d) f4(x) = − x 4 + x3 − 1 .
3
2.165 Eine Kugel (d = 400 mm) mit einer Masse von 4712 g schwimmt im Wasser. Berechnen Sie die
Eintauchtiefe h in mm.
Hinweis: Die Eintauchtiefe ergibt sich als Nullstelle von
f (h) = –h3 + 6h2 – 4,5 (Nachweis!).
2.166 Bild 2.84 zeigt im Querschnitt einen an einer Hauswand
entlang verlegten Entlüftungskanal (1 m × 1 m), der mit 3 m
langen Solarpaneelen abgedeckt ist und für diese als Stütze
verwendet wird. - Berechnen Sie den Winkel α.
Hinweis: Maß x ergibt sich als Nullstelle der Funktion
f ( x) = x 4 − 2 x3 − 7 x 2 +18 x − 9 (Nachweis!).
Paneele
α
xx
Bild 2.84
Ausblick
Die rechnerische Erfassung weiterer markanter Punkte von Funktionsgraphen erfolgt im Rahmen der Differentialrechnung.
2.4 Wurzelfunkionen
113
2.4 Wurzelfunktionen
Der freie Fall soll noch einmal aufgegriffen werden:
1
2s
mit s ∈ R +
Die Beziehung f : s = gt 2 mit t ∈ R +
0 lässt sich umstellen nach t, also t =
0 .
2
g
Es handelt sich um eine klassische „Formelumstellung“, wie sie in verschiedensten Problemstellungen anzutreffen ist. Weiterer Erläuterungen bedürfte es nicht, zumal sich damit im s,tDiagramm kein neuer Graph ergibt. Für die Schreibweise der Paare heißt es dann lediglich, an
1. Stelle die s- und erst an 2. Stelle die t-Komponente aufzuführen.
In der Funktionenlehre gibt man sich damit nicht zufrieden, zusätzlich werden die Variablen
vertauscht: Die Funktionen werden umgekehrt.
2.4.1 Umkehrfunktionen (Umkehrrelationen)
Für die nachfolgende Funktion
f ={(x; y) ∈ D × W | y = x2} mit D = {0, 1, 2, 3} und W = {0, 1, 4, 9}
sind die Paare im Pfeildiagramm (Bild 2.85) gemäß der Zuordnung x → x 2 festgehalten:
Bild 2.85 Pfeildiagramm zu y = f (x) = x2
Bild 2.86 Pfeildiagramm zu x = f (y) =
y
Die besagte „Formelumstellung“ sieht dann so aus: y = x 2 ⇒ x = y 1).
Das kommt einer Umkehrung der Zuordnungspfeile gleich; es gilt y → y (Bild 2.86).
Die Zuordnungsvorschrift lautet ausführlicher geschrieben
f = {(y; x) ∈ D × W | x = y } mit D = {0, 1, 4, 9} und W = {0, 1, 2, 3}.
Konsequenz: An 1. Stelle werden die y- und erst an 2. Stelle die x-Komponenten aufgeführt.
Vertausch der Variablen
In der Mathematik üblich ist, die unabhängige Variable x auf der Horizontal- und die abhängige Variable y auf der Vertikalachse aufzutragen; die Variablen müssen vertauscht werden:
Es wird f = {(y; x) ∈ D × W | x = y } überführt in
f –1 = {(x; y) ∈ D × W | y = x } = {(0; 0); (1; 1); (4; 2); (9; 3)},
1)
Korrekt wäre y = x 2 ⇒ | x |= y , was hier wegen ausschließlich positiver x-Werte unnötig ist.
114
2 Funktionenlehre
was sich mittels Tabelle veranschaulichen lässt:
f:↓
x
y
0
0
1
1
2
4
3
9
y
x
↑ : f –1
¾ f −1 heißt Umkehrfunktion1).
Definition 2.7
Gegeben sei eine Funktion f mit den Definitions- und Wertebereichen D und W.
Ist es dann möglich, jedem y-Wert von W genau einen x-Wert von D zuzuordnen, so ist
f umkehrbar, also x = f ( y ) .
Vertauscht man die Variablen x und y, so nennt man die neue Funktion Umkehrfunktion zu f und schreibt f –1.
Der Vertausch der Variablen x und y ist entscheidend, damit einhergehend:
Die Definitionsmenge von f geht über in die Wertemenge von f –1,
die Definitionsmenge von f –1 entspricht der Wertemenge von f.
Konsequenz
Der Graph der Umkehrfunktion f – 1 resultiert durch Spiegelung des Graphen der Ausgangsfunktion f an der
1. Winkelhalbierenden. Bild 2.87 zeigt den Sachverhalt
für den erweiterten Definitionsbereich D = R 0+ .
Bild 2.87
+
–1
Die Graphen von f (x) = x2, x ∈ R +
0 , und f (x) = x , x ∈ R 0
¾ Mit der vorgenommenen Umkehrung ergibt sich hier unter Erweiterung von Definitionsund Wertebereich der Urtyp einer neuen Funktionsklasse, Wurzelfunktionen genannt, davon später mehr.
Konkrete Vorgehensweise
1. Explizite Funktionsgleichung y = f (x) umstellen nach x, also x = f ( y ) ;
2. Vertausch der Variablen x und y liefert die Umkehrfunktion f –1 in expliziter Form.
Anmerkung: Es kann auch zuerst der Variablentausch und danach die Umstellung nach y erfolgen.
1)
auch inverse Funktion genannt (von lat. inversus: umgekehrt)
2.4 Wurzelfunkionen
115
Sonderfall 1: Die Umkehrung linearer Funktionen
¾ Bei linearen Funktionen führt die Umkehrung wieder zu einer linearen Funktion.
Ź Beispiel
Für y = f ( x) = 2 x − 1 ist die inverse Funktion f –1 gesucht.
Lösung 1
Lösung 2
y = f ( x) = 2 x −1 ,
1
1
x = f ( y) = y + ,
umstellen nach x:
2
2
1
1
Vertausch der Variablen: y = f –1(x) = x + .
2
2
y = f ( x) = 2 x −1 ,
Vertausch der Variablen:
x = f ( y ) = 2 y −1 ,
umstellen nach y:
y = f –1(x) =
1
1
x+ .
2
2
Bild 2.88 zeigt die Graphen von f und f –1 als Spiegelbilder an der 1. Winkelhalbierenden.
Bild 2.88
Die Graphen der linearen Funktionen
f (x) = 2x – 1 und f –1(x) =
1
1
x+
2
2
Bild 2.89
Die Normalparabel, gespiegelt an der
1. Winkelhalbierenden
Sonderfall 2: Umkehrrelationen
Die selbstverständlich anmutende Zielsetzung, von einer Funktion die inverse Funktion zu
erstellen, lässt sich nicht immer verwirklichen:
Für f (x) = x2, x ∈ R, ergibt sich als Umkehrung eine Relation, nämlich die Umkehrrelation
R–1 = {(x; y)| y = ±
x ); denn jedem x ∈ R 0+ sind zwei y ∈ R zuzuordnen, wie die Spiege-
lung der Normalparabel an der 1. Winkelhalbierenden verdeutlicht (Bild 2.89).
Trickreiche Variante:
−1
Aus f1 ( x) = x 2 , x ∈ R+
0 (Graph: rechter Parabelast) folgt f1 ( x ) = x ;
−1
aus f 2 ( x) = x 2 , x ∈ R−
0 (Graph: linker Parabelast) folgt f 2 ( x ) =− x .
Kriterien für Umkehrbarkeit von Funktionen
Ohne Einschränkung klappt das nur für streng monotone Funktionen.
116
2 Funktionenlehre
Definition 2.8
Eine Funktion f heißt in ihrem Definitionsbereich D mit x1, x2 ∈ D
monoton steigend,
monoton fallend,
wenn für alle x1 < x2 folgt
f (x1) ≤ f (x2),
f (x1) ≥ f (x2).
Gilt das Gleichheitszeichen nicht, spricht man von strenger Monotonie.
Bild 2.90 stellt allgemein-anschaulich ausschnittsweise die Graphen einer streng monoton
steigenden (2.90a) bzw. einer streng monoton fallenden Funktion (2.90b) dar.
Bild 2.90 Streng monoton steigende Funktion, streng monoton fallende Funktion
Beispiele
a) Lineare Funktionen sind für D = R und m ∈ R \ {0} streng monoton, und zwar
–
–
streng monoton steigend, wenn m > 0 bzw.
streng monoton fallend, wenn m < 0 ist.
¾ Für m = 0 ergeben sich konstante Funktionen, die monoton, also nicht umkehrbar sind.
b) Quadratische Funktionen der Form y = ax2 (a > 0) sind
–
für x∈ R −
0 streng monoton fallend,
– für x∈ R +
0 streng monoton steigend.
Ist dagegen a < 0, so gilt das Umgekehrte.
¾ Quadratische Funktionen sind für D = R nicht monoton, also nicht umkehrbar.
Anmerkung: Für viele Funktionen lässt sich anschaulich klären, ob sie streng monoton sind.
Schneiden nämlich beliebige Parallelen zur x-Achse den Graphen der Funktion jeweils nur
einmal, so herrscht strenge Monotonie.
Aufgrund obiger Überlegungen lässt sich nachfolgender Satz (ohne Beweis) formulieren:
Satz 2.14
Zu jeder streng monoton steigenden bzw. fallenden Funktion gibt es eine entsprechend
steigende bzw. fallende Umkehrfunktion.
Anmerkung: Existiert zu einer Funktion f die Umkehrfunktion, so heißt f bijektiv oder eineindeutig.
2.4 Wurzelfunkionen
117
Ź Beispiel
Für f (x) = x2 + 2x – 3, x ∈ R ist die Umkehrrelation R–1 gesucht. Ferner ist anzugeben, für welche Definitionsmenge f eineindeutig wird.
Lösung
Scheitelgleichung: y = (x + 1)2 – 4 mit Sf (– 1|– 4), ferner Df = R und Wf = {y | y ≥ – 4}R.
Umformung:
y + 4 = (x + 1)2 Ÿ x = R (y) = ± y + 4 −1 .
Vertausch der Variablen:
y = R–1(x) = ± x + 4 −1 mit SR–1(–4|–1), ferner DR–1 = {x | x ≥ – 4}•
und WR–1 = R.
Hinweis: Augenfällig ist der Vertausch von Scheitelkoordinaten, Definitions- und Wertemengen .
Eineindeutigkeit ist gewährleistet (Bild 2.91), wenn
a) Df1 = R \ ] – ∞; – 1] ; es ergibt sich die Umkehrfunktion y = f1−1 (x) = + x + 4 −1 bzw.
b) Df2= R \ [ – 1; ∞[ ;
es resultiert y = f 2−1 (x) = − x + 4 −1 .
Bild 2.91
Die Parabel P: y = x2 + 2x – 3, gespiegelt an der
1. Winkelhalbierenden
Anzumerken bleibt noch, dass auch f1−1 und f 2−1 Wurzelfunktionen sind.
Symmetrie zur 1. Winkelhalbierenden
Der Vertausch der Variablen bewirkt generell eine Spiegelung des Funktionsgraphen an der 1. Winkelhalbierenden.
Das Spiegelbild zeigt den Graphen der Umkehrfunktion.
Nachweisen lässt sich das in Anlehnung an Bild 2.92:
ΔSPP ist gleichschenklig-rechtwinklig. Somit gilt
x = y und
x = x + y – y ; wegen x = y folgt
x =y.
Bild 2.92 Der Graph von f –1 als
Spiegelbild des Graphen von f
118
2 Funktionenlehre
• Aufgaben
2.167 Geben Sie die inversen Funktionen an und zeichnen Sie ihre Graphen zusammen mit denen der
Ausgangsfunktion:
2
3
4
a) f1(x) = x ;
b) f2(x) = x+ 2 ;
c) f3(x) = − x +1 ;
d) f4(x) = 2.
4
3
3
2.168 Geben Sie die für f (x) = mx + b inverse Funktion f –1 an, wenn m ≠ 0 ist.
2.169 a) Es sei f ∩ f –1 = {(xs; ys)}. – Welche Beziehung gilt dann generell zwischen xs und ys?
b) Für welche linearen Funktionen gilt f ≡ f –1? (Begründung !)
2.170 Der Graph einer linearen Funktion sei festgelegt durch P1(–2|1) und P2(4|3). – Bestimmen Sie die
inverse Funktion, ohne zuvor die Funktionsgleichung der Geraden durch P1P2 zu ermitteln.
2.171 Eine Gerade habe die nachfolgend aufgeführten Achsenabschnitte:
a) a1 = – 3, b1 = +2;
b) a2 = + 4, b2 = – 1;
1
c) a3 = – 3, b3 = − .
2
Wo und unter welchem Winkel schneidet der Graph der Umkehrfunktion jeweils die Gerade ?
2.4.2 Wurzelfunktionen im engeren Sinn
Der „Klassiker“ aller Wurzelfunktionen und ihr Graph sind bekannt: f ( x) = x (Bild 2.87).
Ein Abkömmling hiervon ist die Funktion g ( x) =− x ; ihr Graph ist der zweite Parabelast.
Beide Graphen vereint zeigt Bild 2.91 als nach rechts geöffnete zur x-Achse symmetrische
Normalparabel, die den Graphen der zu y = x2 ermittelten Umkehrrelation darstellt.
Die Einschränkung des Definitionsbereichs (D = R +
0 ) ist nachvollziehbar:
¾ Der Radikand darf nicht negativ sein.
Die weitergehende Thematisierung erfolgt eingeschränkt für Funktionen der Form
f ( x) = a⋅ x + b + c bzw. g ( x) =− a⋅ x + b + c mit a, b, c ∈ R und a ≠ 0,
Wurzelfunktionen i.e.S. (= im engeren Sinn) genannt.
Einfluss des Parameters a
Für a ∈ R+ ergeben sich nach rechts geöffnete Halbparabeln,
für a ∈ R– ergeben sich nach links geöffnete Halbparabeln.
Ist |a| < 1 ergeben sich Parabel-Äste, die weiter geöffnet sind als die von Normalparabeln;
ist |a| > 1 ergeben sich Parabel-Äste, die enger geöffnet sind als die von Normalparabeln.
¾ Sonderfall: a = 1: Es handelt sich um Halbäste von Normalparabeln.
Beispiel 1: f ( x) = 2 x symbolisiert eine nach rechts geöffnete gestauchte Halbparabel (D = R +
0) .
Nachweis: y = 2 x wird überführt in x =
1 2
1
y ; Vertausch der Variablen: y = x 2 .
2
2
2.4 Wurzelfunkionen
119
Beispiel 2: g ( x ) = − 12 x symbolisiert eine nach links geöffnete gestreckte Halbparabel (D = R −
0).
Nachweis: y = − 12 x wird überführt in x =−2 y 2 ; Vertausch der Variablen: y =−2 x 2 .
Einfluss des Parameters b
b < 0: Die Halbparabeln sind um b Einheiten in positiver x-Richtung verschoben.
b > 0: Die Halbparabeln sind um b Einheiten in negativer x-Richtung verschoben.
Beispiel 3: f ( x) = x − 2 symbolisiert den oberen Halbast einer nach rechts geöffneten Normalparabel,
definiert für x ≥ 2 . Die Nullstelle („halber“ Scheitelpunkt) ist markiert durch N (2|0).
Beispiel 4: g ( x) = − 12 x +1 symbolisiert den oberen Halbast einer nach links geöffneten gestreckten
Parabel, definiert für x ≤+2 ; Nullstelle („halber“ Scheitelpunkt): N (2|0).
Nullstellenberechnung: y = 0 führt auf − 12 x +1= 0 ⇔ x =+2 .
Definitionsbereichsermittlung: − 12 x +1≥ 0 ⇔ x ≤+2 (Inversionseigenschaft beachten!).
Einfluss des Parameters c
Ein absolutes Glied im Funktionsterm bewirkt immer eine Verschiebung in y-Richtung, und zwar bei
c > 0 in positiver und bei
c < 0 in negativer y-Richtung.
Beispiel 5: f ( x) = x + 4 −1 symbolisiert den oberen Halbast einer nach rechts geöffneten Normalparabel, definiert für x ≥−4 , die um 1 Einheit aus der Null-Lage in negativer y-Richtung verschoben ist:
„Halber“ Scheitelpunkt für S(–4|–1) (Bild 2.91, Graph von f1−1 ).
Nullstellenermittlung: y = 0 führt auf 0 = x + 4 −1 ⇔ x + 4 =1 ⇒ x =−3 .
Das Pendant, g ( x) =− x + 4 −1 , symbolisiert den unteren Halbast der vorgestellten Normalparabel.
• Aufgaben
2.172 Ermitteln Sie für f1 ( x) = x +1 − 2 und f 2 ( x) =− x +1 − 2 die Umkehrfunktionen. – Zeichnen
Sie alle Graphen unter Berücksichtigung ihrer markanten Punkte.
2.173 Für die Funktionsgraphen zu f1 ( x) = 7 + x und f 2 ( x) =− 7 + x sind die Schnittpunkte mit der
Geraden g(x) = x + 1 zu errechnen. - Stellen Sie den gesamten Sachverhalt graphisch dar.
2.174 Zeichnen Sie die Graphen nachfolgender Funktionen jeweils in ein gemeinsames Koordinatensystem und bestimmen Sie die Flächenmaßzahl der von beiden Graphen und der x-Achse eingeschlossenen Fläche:
a) f1 ( x) = x − 3 und g1 ( x) = −x + 5 ;
b) f 2 ( x) = x −1 und g 2 ( x) = 2 x − 6 .
2.175 Die Gerade g ( x) = x − 2 schneidet von der Halbparabel mit f ( x) = x − 2 ein Segment ab.
Berechnen Sie die Größe dieses Flächenstücks.
120
2 Funktionenlehre
2.5 Trigonometrische Funktionen (Kreisfunktionen)
In der Trigonometrie dominieren die Winkelfunktionen des Sinus, Kosinus, Tangens und Kotangens als Hilfsmittel zur Dreiecksberechnung. Dabei rücken zunächst die Darstellungen der
Streckenverhältnisse im rechtwinkligen Dreieck bei entsprechender Beschränkung der Winkelgrößen auf 180° in den Vordergrund, kaum dagegen der Funktionscharakter.
Für die Analysis ist losgelöst vom Dreieck eine Erweiterung der trigonometrischen Beziehungen auf beliebige Winkelgrößen vonnöten. Dazu bedarf es einer allgemeinen Definition dieser
Funktionen, was orientiert am Einheitskreis1) erfolgt.
2.5.1 Die Eigenschaften der trigonometrischen Grundfunktionen
b2
r1
Die bislang praktizierte Messung von Winkeln im Gradmaß
ist wenig geeignet, die trigonometrischen Beziehungen als
reelle Funktionen darzustellen. Zweckmäßig ist der Übergang vom Grad- zum Bogenmaß:
Der Mittelpunktswinkel ϕ (Bild 2.93) schließt ähnliche
Kreisausschnitte ein, für die das Verhältnis aus jeweiliger
Kreisbogenlänge und zugehörigem Radius konstant ist,
nämlich
b
b
b
x := arc ϕ 2) = 1 = 2 = ... = = const.
r1 r2
r
b
b
b
x := arc ϕ = 1 = 2 = = const.
r1 r2 r
r2
Das Bogenmaß eines Winkels
ϕ
b
b1
0
r
Bild 2.93
Diese Verhältniszahl x heißt Bogenmaß und lässt sich wie folgt definieren:
Definition 2.9
Unter dem Bogenmaß x eines Winkels ϕ versteht man die Längenmaßzahl des Bogens
im Einheitskreis, zu dem der Mittelpunktswinkel ϕ gehört.
Bild 2.94 veranschaulicht die Definition.
Schlussfolgerung: Der im Gradmaß angegebene Vollwinkel von 360° entspricht einem im
Bogenmaß angegebenen Winkel von 2π , also
2π rad := 360° .
1)
2)
(Alte Schreibweise: arc 360° = 2π )
Unter Einheitskreis versteht man im kartesischen Koordinatensystem einen Kreis um den Ursprung
mit Radius r = 1 LE.
Gelesen: arcus ϕ, wobei arcus (lat.) für Bogen steht.
2.5 Trigonometrische Funktionen (Kreisfunktionen)
121
Die Angabe im Bogenmaß erfolgt mit der Einheit Radiant: 1 rad = 1
m
m
.
Anmerkung: Diese Einheit kann gemäß DIN 1315 sogar weggelassen werden,
wenn keine Missverständnisse zu befürchten sind.
Bild 2.94 x := arc ϕ
¾ 1 Radiant ist das Bogenmaß des Winkels, für den Radius und Bogen
gleich lang sind.
Umrechnungen vom Grad- ins Bogenmaß und umgekehrt.
Ist ϕ der im Gradmaß und x der im Bogenmaß angegebene Winkel, folgt
ϕ
360°
=
π
x
°
⇔ x=
⋅ϕ ⇔ ϕ = 180
⋅x .
π
2π
180°
1 L (= rechter Winkel) ist somit durch x = π2 rad festgelegt; entsprechend gilt:
1 rad =
180°
π
≈ 57,3° .
Im Bogenmaß angegebene Winkel sind reelle Zahlen. Notiert werden sie ausgehend von der
positiven x-Achse
– positiv, wenn entgegen dem Uhrzeigersinn und
– negativ, wenn im Uhrzeigersinn gedreht wird.
Da die Winkeldrehung nicht auf 360° beschränkt ist, kann mit dem Bogenmaß umgekehrt
eindeutig jedem Winkel eine reelle Zahl zugeordnet werden.
• Aufgaben
2.176 Geben Sie folgende Winkel im Bogenmaß an:
a) 30°;
b) 45°;
c) 60°;
d) 75°;
e) 120°;
f) 276°;
g) 335°;
h) 422°;
i) 810°;
j) 1000°.
2.177 Geben Sie im Gradmaß an:
a)
π
;
12
f) 0,12;
3
π;
4
g) 1,35;
b)
5
π;
6
h) 2,43;
c)
7
π;
3
i) 5,61;
d)
e) 5π ;
j) 10,27.
Die Sinus- und Kosinusfunktion
In Bild 2.95 ist für den 1. Quadranten des kartesischen Koordinatensystems der Einheitskreis
gezeichnet. Der eingetragene Winkel mit Bogenmaß x schneidet mit seinem freien Schenkel
den Kreis in P(u|ν).
122
2 Funktionenlehre
Aufgrund der geometrischen Gesetzmäßigkeiten ergibt sich dann
– der Sinus als Ordinate
– der Kosinus als Abszisse
des Punktes P (u|v):
u: = cos x bzw. ν: = sin x.
Durchläuft nun der Drehwinkel alle 4 Quadranten, erfasst er den Definitionsbereich [0; 2π]. Bei entsprechend
fortgesetzter periodischer Erweiterung sowohl in positiver als auch negativer Drehrichtung ergibt sich schließlich als Definitionsmenge D = R.
Für jedes x ∈ R lassen sich demzufolge die Maßzahlen
der Abszissen und Ordinaten des sich auf dem Einheitskreis bewegenden Punktes P(cos x|sin x) zuordnen, so
dass die ersten beiden Kreisfunktionen wie folgt definiert werden können:
Bild 2.95
Sinus und Kosinus im
Einheitskreis
Definition 2.10
1. Unter der Sinusfunktion f mit f(x) = sin x, x ∈ R, versteht man die Vorschrift, die
jedem Winkel x seinen Sinuswert zuordnet.
2. Unter der Kosinusfunktion g mit g(x) = cos x, x ∈ R, versteht man die Vorschrift,
die jedem Winkel x seinen Kosinuswert zuordnet.
Die Graphen von Sinus- und Kosinusfunktion ergeben sich mit Hilfe des Einheitskreises,
im ersten Fall mittels direkter Konstruktion (Bild 2.96a),
im zweiten Fall durch Abgreifen der Kosinuswerte am Einheitskreis (Bild 2.96b):
Beide Funktionen nehmen regelmäßig wiederkehrend die gleichen Werte aus dem Wertebereich W = {y | – 1 ≤ y ≤ + 1}R an.
Ihre Graphen sind periodisch mit der Periodenlänge 2π;
sin (x ± 2n · π) = sin x bzw.
cos (x ± 2n · π) = cos x, wobei n ∈ N*.
Weiter zeigt sich, dass der Graph der Kosinusfunktion hervorgeht durch Verschiebung der
Sinuskurve um
π
2
Einheiten in negativer x-Richtung (also nach links):
π·
§
cos x = sin ¨ x + ¸ .
2¹
©
2.5 Trigonometrische Funktionen (Kreisfunktionen)
Bild 2.96 a) f (x) = sin x
123
b) g(x) = cos x
Analog: Die Sinuskurve ergibt sich, indem der Graph der Kosinusfunktion um
π
2
Einheiten in
positiver x-Richtung verschoben wird:
⎛π
⎞
⎛
π⎞
sin x = cos⎜ x − ⎟⇔ sin x = cos⎜ − x ⎟ 1).
⎝2
⎠
⎝
2⎠
Symmetrieeigenschaften
Die zuletzt aufgezeigte Äquivalenz lässt sich damit begründen (Aufgabe !), dass die Kosinusfunktion eine gerade Funktion ist. Ihr Funktionsgraph verläuft symmetrisch zur y-Achse,
also
f(x) = f(– x) bzw. cos x = cos (– x).
Bei der Sinusfunktion dagegen handelt es sich um eine ungerade Funktion. Ihr Funktionsgraph
verläuft demzufolge punktsymmetrisch zum Ursprung, somit ist
f(– x) = – f(x) bzw. sin (– x) = – sin x.
1)
Der Sinus eines Winkels ist gleich dem Kosinus seines Komplementwinkels (= Ergänzungswinkel zu
90° =
π
2
rad).
Umgekehrt ist auch der Kosinus eines Winkels gleich dem Sinus seines Komplementwinkels, was die
Wortschöpfung cos aus complementi sinus (d. h. Sinus des Komplementwinkels) erklärt.
124
2 Funktionenlehre
Nullstellen
Die Punktsymmetrie gilt periodisch fort für alle Nullstellen der Sinuskurve, die dort auch ihre
Wendepunkte (ĺ S. 208) hat. Allgemein lassen sich die Nullstellen wie folgt angeben:
sin x = 0 ⇔ x = k · π mit k ∈ Z.
Wegen der bereits angesprochenen Verschiebung des Graphen der Kosinusfunktion gegenüber
der Sinuskurve lässt sich auf die Nullstellen der Kosinusfunktion analog schließen:
cos x = 0 ⇔ x = (2k + 1) ⋅
π
2
mit k ∈ Z.
Von der Anschauung her ergibt sich, dass es dieselben periodisch wiederkehrenden Abszissen
sind, für die die Sinuskurve „klappsymmetrisch“ ist.
Zusammenhänge, die Sinus- und Kosinuswerte von Winkeln x >
π
2
betreffend
Aufgrund der Periodizität der aufgezeigten Eigenschaften reicht es aus, die Winkelfunktionswerte im Teilintervall [0; π ] zu kennen, um auf die gesamte Periode schließen zu können:
2
π
2
<x≤π:
sin x = + sin (π – x)
bzw. cos x = – cos (π – x);
3π
:
2
sin x = – sin (x – π)
bzw. cos x = – cos (x – π);
sin x = – sin (2π – x)
bzw. cos x = + cos (2π – x).
π<x≤
3π
< x ≤ 2π :
2
Die „Nahtstelle“ schließlich zwischen den Sinus- und Kosinuswerten eines Winkels x ∈ R
liefert der trigonometrische Pythagoras. Für den in Bild 2.95 dargestellten geometrischen
Sachverhalt mit Winkeln 0 ” x ”
π
2
gilt
(sin x)2 + (cos x)2 = 1, kürzer geschrieben
sin2 x + cos2 x = 1
1)
(gelesen: Sinus Quadrat x + ...).
Diese Aussage lässt sich verallgemeinern für alle x ∈ R, was hier nicht bewiesen werden soll.
Additionstheoreme des Sinus und Kosinus
Obwohl nicht zum Themenbereich der Analysis gehörend, soll hier wegen noch zu erwartender
Problemstellungen auf die wesentlichsten Funktionalgleichungen (Additionstheoreme) eingegangen werden.
1)
Man beachte, dass z. B. sin2 x := (sin x)2, wobei (sin x)2 ≠ sin x2.
2.5 Trigonometrische Funktionen (Kreisfunktionen)
125
Satz 2.15
Für Winkel x1, x2 ∈ R gilt
(1) sin (x1 + x2) = sin x1 · cos x2 + cos x1 · sin x2;
(2) cos (x1 + x2) = cos x1 · cos x2 – sin x1 · sin x2.
Die Beweisführung (ĺ Bild 2.97) bezieht sich auf Winkel
x1,2 < 90°.
Beweis zu (1)
Für Δ ABC lässt sich die folgende Flächenbilanz angeben:
1
2
a · b · sin (x1 + x2) =
1
2
1
2
· b · h · sin x1 + · a · h · sin x2
1)
Bild 2.97
Zum Beweis von Satz 2.15
⇔ a · b · sin (x1 + x2) = b · h · sin x1 + a · h · sin x2;
mit h = a · cos x2 und h = b · cos x1 folgt
a · b · sin (x1 + x2) = b · a · cos x2 · sin x1 + a · b · cos x1 · sin x2 oder
sin (x1 + x2) = sin x1 · cos x2 + cos x1 · sin x2.
Beweis zu (2)
Unter Anwendung des Kosinussatzes gilt
(p + q)2 = a2 + b2 – 2ab ⋅ cos (x1 + x2)
cos (x1 + x2) =
a 2 + b 2 − ( p + q )2 (a 2 − p 2 ) + (b 2 − q 2 ) − 2 pq
=
;
2ab
2ab
mit a2 – p2 = h2 und b2 – q2 = h2 folgt
2h 2 − 2 pq h 2 − pq
=
cos (x1 + x2) =
2ab
ab
h h p q
cos (x1 + x2) = ⋅ − ⋅
a b q b
Ÿ cos (x1 + x2) = cos x1 · cos x2 – sin x2 · sin x1 oder
cos (x1 + x2) = cos x1 · cos x2 – sin x1 · sin x2.
• Aufgaben
2.178 Ermitteln Sie anhand von gleichschenklig-rechtwinkligem bzw. gleichseitigem Dreieck die folgenden Sinus-Funktionswerte als algebraisch-irrationale Ausdrücke:
a) sin
π
π
π
;
b) sin ;
c) sin .
6
4
3
Welche Kosinus-Funktionswerte lassen sich diesen Winkeln zuordnen?
1)
Vorübung: Fläche eines Dreiecks berechnen, wenn z. B. b, c und (α gegeben sind.
126
2 Funktionenlehre
2.179 Zeichnen Sie die Graphen folgender Funktionen:
a) f (x) = – sin x, x ∈ [– π; 2π]
⎡ π 5π ⎤
b) g(x) = – cos x, x ∈⎢− ;
⎥.
⎣ 2 2 ⎦
2.180 Beweisen Sie folgende Additionstheoreme für x ∈ R:
b) cos 2x = cos2 x – sin2 x;
a) sin 2x = 2 · sin x · cos x
c) sin 3x = 3 · sin x – 4 ·
sin3
x;
d) cos 3x = 4 · cos3 x – 3 · cos x.
2.181 Beweisen Sie folgende Additionstheoreme für x1, x2 ∈ R:
a) sin (x1 – x2) = sin x1 · cos x2 – cos x1 · sin x2;
b) cos (x1 – x2) = cos x1 · cos x2 + sin x1 · sin x2.
2.182 Ebenso:
a) sin x1 + sin x2 = 2 sin
x1 + x2
x − x2
⋅ cos 1
;
2
2
c) cos x1 + cos x2 = 2 cos
b) sin x1 – sin x2 = 2 cos
x1 + x2
x − x2
⋅ sin 1
;
2
2
x1 + x2
x − x2
x + x2
x − x2
⋅ cos 1
; d) cos x1 – cos x2 = – 2 sin 1
⋅ sin 1
.
2
2
2
2
Hinweis: Setzen Sie x1 = x + y bzw. x2 = x – y mit x, y ∈ R.
Die Tangens- und Kotangensfunktion
Zu den trigonometrischen Grundfunktionen gehören auch der
Tangens und Kotangens, deren Beziehungen sich aufgrund des
geometrischen Sachverhalts ebenfalls als Streckenverhältnisse am
Einheitskreis (Bild 2.98) darstellen lassen.
Bild 2.98
Tangens und Kotangens im Einheitskreis
Formal können beide Funktionen wie folgt definiert werden:
Definition 2.11
sin x
versteht man die Vorcos x
schrift, die jedem Winkel x ∈ R\{x| cos x = 0} seinen Tangenswert zuordnet.
1. Unter der Tangensfunktion f(x) = tan x mit tan x :=
cos x
versteht man die Vorsin x
schrift, die jedem Winkel x ∈ R \{x| sin x = 0} seinen Kotangenswert zuordnet.
2. Unter der Kotangensfunktion g(x) = cot x mit cot x :=
2.5 Trigonometrische Funktionen (Kreisfunktionen)
127
Aus der Definition erschließt sich zweierlei:
1. Die Nullstellen der Tangensfunktion stimmen mit denen der Sinusfunktion überein1).
2. Die Definitionslücken2) entsprechen den Nullstellen der Kosinusfunktion.
Analog: Die Nullstellen der Kotangensfunktion sind identisch mit denen der Kosinusfunktion.
Die Definitionslücken stimmen überein mit den Nullstellen der Sinusfunktion.
In beiden Fällen markieren die Definitionslücken die Senkrechten, Polgeraden genannt, an die
sich die Funktionsgraphen dichter und dichter annähern:
x = (2k + 1) ⋅
π
2
mit k ∈ Z
x = k · π mit k ∈ Z
(Tangensfunktion) bzw.
(Kotangensfunktion).
Offensichtlich weist somit der Graph der Tangensfunktion überall dort Polgeraden auf, wo der
Graph der Kotangensfunktion die Abszissenachse schneidet, und umgekehrt. Bild 2.99 veranschaulicht die Ausführungen.
Festzuhalten bleibt, dass sich der Graph der Tangensfunktion direkt mit Hilfe des Einheitskreises konstruieren lässt, indem man die jeweiligen Abschnitte der Tangente an den Kreis in
P(1|0) wie angedeutet überträgt. Die Kotangenswerte werden dagegen entweder am Einheitskreis abgegriffen oder aber unter Berücksichtigung der Komplementbeziehung3) ermittelt.
Beide Funktionen nehmen regelmäßig wiederkehrend die gleichen Werte aus dem Wertebereich W = R an; sie sind periodisch mit der Periodenlänge π:
tan (x ± n · π) = tan x bzw.
cot (x + n · π) = cot x, wobei n ∈ N*.
Weiter fällt auf, dass beide Funktionsgraphen punktsymmetrisch zum Ursprung sind. Sowohl
die Tangens- als auch die Kotangensfunktion sind ungerade Funktionen, somit gilt wegen
f(– x) = – f(x)
tan (– x) = – tan x bzw.
cot (– x) = – cot x.
Die Punktsymmetrie gilt periodisch fort für alle Nullstellen beider Funktionen, deren Graphen
dort auch ihre Wendepunkte aufweisen.
1)
2)
3)
Ein Quotient kann nur Null sein, wenn der Zähler Null ist.
Der Nenner darf nicht Null sein.
Der Kotangens (Komplement-Tangens) eines Winkels ist gleich dem Tangens seines Komplementwinkels.
128
2 Funktionenlehre
Bild 2.99 a) f (x) = tan x
b) g(x) = cot x
Zusammenhänge, die Tangens- und Kotangenswerte von Winkeln x >
π
betreffend
2
Aufgrund der Periodizität der aufgezeigten Eigenschaften reicht es aus, die Winkelfunktionswerte im Teilintervall ]0; π [ zu kennen, um auf die gesamte Periode schließen zu können:
2
π
2
<x<π:
π<x
3π
:
2
tan x = – tan (π – x)
bzw. cot x = – cot (π – x);
tan x = + tan (x – π)
bzw. cot x = + cot (x – π);
3π
< x < 2π :
tan x = – tan (2π – x)
bzw. cot x = – cot (2π – x).
2
Die „Nahtstelle“ zwischen den Tangens- und Kotangenswerten eines Winkels x ∈ R liefert
die Identität tan x · cot x = 11), die sich aus Definition 2.11 ableiten lässt:
tan x =
sin x
1
1
⇔ tan x ⋅ cot x = 1 .
= cos x ⇔ tan x =
cos x
cot x
sin x
1)
Hierin liegt begründet, warum ET-Rechner keine cot x-Funktionstaste aufweisen.
2.5 Trigonometrische Funktionen (Kreisfunktionen)
129
Bezieht man den trigonometrischen Pythagoras ein, ergeben sich weitere Zusammenhänge
zwischen den Winkelfunktionswerten. Interessierte mögen sie eigenständig unter Berücksichtigung des jeweiligen Definitionsbereichs beweisen (Aufgabe !):
1 + tan2 x =
1
1 + cot2 x =
bzw.
2
cos x
1
.
sin 2 x
• Aufgaben
2.183 Ermitteln Sie anhand von gleichschenklig-rechtwinkligem bzw. gleichseitigem Dreieck die folgenden Tangens-Funktionswerte als algebraisch-irrationale Ausdrücke:
a) tan
π
6
;
b) tan
π
4
;
c) tan
π
3
.
Welche Kotangens-Funktionswerte lassen sich diesen Winkeln zuordnen ?
2.184 Zeichnen Sie die Graphen folgender Funktionen:
⎤ π 5π ⎡
a) f(x) = – tan x, x ∈ ⎥− ; ⎢ ;
⎦ 2 2⎣
⎤ π 5π ⎡
b) g(x) = – cot x, x ∈ ⎥− ; ⎢ .
⎦ 2 2⎣
2.185 Beweisen Sie folgende Additionstheoreme unter Angabe des jeweiligen Definitionsbereichs:
a) tan (x1 + x2) =
tan x1 + tan x2
;
1− tan x1 ⋅ tan x2
b) tan (x1 – x2) =
tan x1 − tan x2
;
1+ tan x1 ⋅ tan x2
c) cot (x1 + x2) =
cot x1 ⋅ cot x2 −1
;
cot x2 + cot x1
d) cot (x1 – x2) =
cot x1 ⋅cot x2 +1
.
cot x2 − cot x1
2.186 Ebenso:
a) tan 2x =
c) tan 3x =
2⋅ tan x
1− tan 2 x
;
3⋅ tan x − tan 3 x
2
1− 3tan x
b) cot 2x =
;
d) cot 3x =
cot 2 x −1
;
2cot x
cot 3 x − 3cot x
3⋅ cot 2 x −1
.
2.5.2 Die allgemeine Sinusfunktion
Die dargestellten trigonometrischen Grundfunktionen reichen in der Regel nicht aus,
entsprechend anwendungsbezogene Problemstellungen in Naturwissenschaft und Technik
mathematisch zu beschreiben. So erfordern insbesondere die mannigfaltig auftretenden
Schwingungen z. B. im Maschinen- oder Brückenbau, in der Wechselstromtechnik, der Akustik oder Optik eine Verallgemeinerung der Sinusfunktion.
Es gilt die Sinus-Grundfunktion so umzuändern, dass zwar bestehende Einschränkungen aufgehoben werden, grundsätzliche Eigenschaften jedoch erhalten bleiben. Die vorzunehmenden
Veränderungen sowie deren Auswirkungen auf die Sinuskurve sollen dabei unter elementarmathematischem Aspekt an einzelnen Beispielen aufgezeigt werden.
130
2 Funktionenlehre
Beispiel 1: f1(x) = 2 · sin x, x ∈ R.
Jeder Funktionswert der Sinus-Grundfunktion g(x) = sin x wird mit dem Faktor 2 multipliziert, d. h. die
(klassische) Sinuskurve wird in y-Richtung gestreckt (Bild 2.100).
Die Nullstellen sowie die Abszissen der Hoch- und Tiefpunkte bleiben erhalten, ebenso
die Punktsymmetrie des Graphen zum Ursprung bzw. zu den Wendepunkten mit xWp = k · π ∧ k ∈ Z.
Das Maximum der Ordinaten wird Schwingungsweite oder
Amplitude genannt und beträgt hier a = 2.
Bild 2.100
Der Graph von f1(x) = 2sin x im Vergleich zur Sinuskurve
¾ Allgemein: Die Funktionsgleichung y = a · sin x, a ∈ R*, steht für eine Sinusfunktion,
deren Graph die Amplitude |a| aufweist, und der durch Streckung (a > 1) oder Stauchung
(0 < a < 1) in y-Richtung aus der Sinuskurve der Grundfunktion g hervorgegangen ist.
Für a ∈ R– erfolgt zusätzlich eine Vorzeichenumkehr, was eine Spiegelung des Funktionsgraphen an der x-Achse bewirkt.
Beispiel 2: f2(x) = sin
Der Faktor
mehr
2π
2
3
2
x, x ∈ R.
3
2
verändert die Periodenlänge der Sinus-Grundfunktion g von ursprünglich 2π auf nun3
= 3π, d. h. der Graph von f2 ist im Vergleich zur Sinuskurve in x-Richtung gestreckt, und zwar
mit dem Streckungsfaktor
1
b
=
3
2
(Bild 2.101).
Mit anderen Worten: Während der Graph zu f2 eine Schwingung mit der Periodenlänge 3π absolviert,
durchläuft der Graph von g bereits 32 Schwingungen.
Bild 2.101
Der Graph von f2(x) = sin 32 x im Vergleich zur Sinuskurve
¾ Allgemein: Die Funktionsgleichung y = sin b · x, b ∈ R*, steht für eine Sinusfunktion,
deren Graph mit Amplitude 1 aus der Sinuskurve der Grundfunktion g hervorgegangen ist
durch Streckung (0 < b < 1; Streckungsfaktor: 1b > 0) oder Stauchung (b > 1; Stauchungsfaktor:
0 < 1b < 1) in x-Richtung. Die Perioden- oder Wellenlänge ergibt sich zu λ=
2π
.
b
Für b ∈ R– erfolgt wegen sin bx = – sin |b| · x (Punktsymmetrie zum Ursprung!) wiederum
zusätzlich eine Spiegelung des Funktionsgraphen an der x-Achse.
2.5 Trigonometrische Funktionen (Kreisfunktionen)
131
Beispiel 3: f3(x) = sin (x – 1), x ∈ R.
Der Graph von f3 unterscheidet sich von der Sinuskurve lediglich dadurch, dass er um 1 Einheit in positiver x-Richtung phasenverschoben ist (Bild 2.102).
Bild 2.102
Der Graph von f3(x) = sin (x – 1) im Vergleich zur Sinuskurve
¾ Allgemein: Die Funktionsgleichung y = sin (x – c), c ∈ R, steht für eine Sinusfunktion,
deren Graph kongruent zur Sinuskurve der Grundfunktion g ist und der eine Phasenverschiebung c in positiver (c > 0) oder negativer x-Richtung (c < 0) erfahren hat.
Für den Sonderfall c = 0 ergibt sich keine Phasenverschiebung.
Beispiel 4: f4(x) = sin x + 2, x ∈ R.
Der Graph von f4 ist gegenüber der Sinuskurve um 2 Einheiten
in positiver y-Richtung versetzt; die sog. Null-Lage der
Schwingung wird durch die Achse y = 2 fixiert (Bild 2.103).
Bild 2.103
Der Graph von f4(x) = sin x + 2 im Vergleich zur Sinuskurve
¾ Allgemein: Die Funktionsgleichung y = sin x + d, d ∈ R, steht für eine Sinusfunktion, deren
Graph kongruent zur Sinuskurve der Grundfunktion g ist und der in positiver (d > 0) oder
negativer y-Richtung (d < 0) verschoben ist. Die Achse y = d markiert die Null-Lage der
Schwingung. Für den Sonderfall d = 0 findet keine Verschiebung statt.
Die aufgezeigten Gesetzmäßigkeiten lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Satz 2.16
Die Funktionsgleichung y = a · sin [b (x – c)] + d mit a, b ∈ R* und c, d ∈ R
beschreibt eine Sinuskurve, welche
– die Amplitude |a| aufweist,
2π
besitzt,
– die Periodenlänge
b
– eine Phasenverschiebung um c Einheiten in positiver (c > 0) oder negativer (c < 0)
x-Richtung erfahren hat und
– insgesamt um d Einheiten in positiver (d > 0) oder negativer (d < 0) y-Richtung
versetzt ist.
Die Sinusschwingung erfolgt um die Achse y = d, beginnend
– mit einem Wellenberg, wenn a⋅b > 0, und
– mit einem Wellental, wenn a⋅b < 0 ist.
132
2 Funktionenlehre
⎡2
⎤
Ź Beispiel: Die Sinusschwingung f (x) = 2 sin⎢ ( x −1) ⎥+ 2 ist graphisch darzustellen.
⎣3
⎦
Lösung
Amplitude: a = 2; Periodenlänge: λ = 3π; Phasenverschiebung: c = 1.
Bild 2.104
Sinusschwingung der Funktion f mit
⎡2
⎤
f (x) = 2 sin⎢ ( x −1) ⎥+ 2
⎣3
⎦
Die Sinuskurve beginnt mit einem Wellenberg (x0 = 1); sie schwingt um die Achse y = 2 (Bild 2.104).
• Aufgaben
2.187 Geben Sie die Eigenschaften der wie folgt definierten Sinusschwingungen (Zeichnung!) an:
a) y = 3 ⋅ sin x;
b) y =
1
⋅ sin x;
2
3
c) y = − ⋅ sin x.
2
2.188 Ebenso:
a) y = sin 2 x;
b) y = sin
⎛ 3 ⎞
c) y = sin⎜− x ⎟.
⎝ 2 ⎠
1
x;
2
2.189 Ebenso:
a) y = 2 ⋅ sin
4
x;
3
b) y = – 3 ⋅ sin
3
x;
2
⎛ 2 ⎞
c) y = – 4 ⋅ sin⎜− x ⎟.
⎝ 3 ⎠
2.190 Ebenso:
π⎞
1⎛
a) y = 2 ⋅ sin 2⎜ x − ⎟;
⎝
2⎠
⎛
π⎞
b) y = 4 ⋅ sin 2⎜ x + ⎟;
⎝
2⎠
c) y = 3 ⋅ sin (x + 1) – 2;
3
5
d) y = − sin [−2( x −1)]+ .
2
2
2.191 Die Spannung in normalen Haushaltssteckdosen beträgt 230V. Es handelt sich bei dieser Spannungsangabe um den so genannten Effektivwert, der eine Amplitude von û =230 V ⋅ 2 ≈ 325 V
aufweist. Diese Netzwechselspannung hat eine Frequenz von 50 Hz, was bedeutet, dass der
Spannungswert 50-mal in der Sekunde eine Sinusperiode von 2π durchläuft.
a) Berechnen Sie für diese 230 V/50 Hz-Spannung die Momentanwerte, wenn t1 = 5 ms,
t2 = 10 ms und t3 = 12 ms beträgt.
b) Berechnen Sie für eine 110 V/60 Hz-Spannung die Momentanwerte für t1= 1 ms und t2 = 5 ms.
c) Ermitteln Sie, zu welchen Zeitpunkten die Spannung von b) ihr Maximum annimmt.
2.192 a) Berechnen Sie, zu welchen Zeitpunkten eine sinusförmige Wechselspannung mit û = 325 V
und f = 50 Hz den Wert 300 V hat.
Hinweis: Es reicht aus, alle Zeitpunkte einer Periode anzugeben.
b) Berechnen Sie die Zeitdauer, bis die Spannung von 100 V auf 200 V angestiegen ist.
3.1 Grundlagen
133
3 Folgen und Reihen
3.1 Grundlagen
3.1.1 Folge als Funktion
In der Praxis spielen Angaben eine große Rolle, bei denen es auf eine bestimmte Reihenfolge
ankommt. So werden z. B. Warenein- und -ausgänge, Kontobewegungen, Temperatur- und
andere meteorologische Messdaten, Messergebnisse verschiedenster wissenschaftlicher und
technischer Versuchsreihen an Ordnungszahlen gebunden (am 1., 2., 3., ... Tag; der 1., 2., 3., ...
Versuch usw.). Im mathematischen Sinn bedeutet es den natürlichen Zahlen N* oder aber
einem Anfangsstück der natürlichen Zahlen N *k := {1, 2, 3, ..., k} bestimmte Werte (reelle
Zahlen ohne Angabe der Maßeinheit) zuzuordnen.
Die zugeordneten Daten, auf deren Reihenfolge es ankommt, nennt man in ihrer Gesamtheit
eine (Zahlen-) Folge und die Einzeldaten heißen dann die Glieder der Folge.
Definition 3.1
Ordnet man den natürlichen Zahlen aufgrund irgendeiner Vorschrift je genau eine reelle
Zahl zu, so nennt man diese Funktion eine reelle (Zahlen-) Folge.
Um die Einschränkung des Definitionsbereichs zu signalisieren, schreibt man statt
x → f(x), x ∈ N*,
nunmehr
n → an mit an = f(n).
Bild 3.1
Folge als Funktion mit eingeschränktem Definitionsbereich
So ist dann
f(1) := a1, f(2) := a2, f(3) := a3, ... , f(n) := an, ...,
und man spricht vom 1., 2., 3., ..., n-ten Glied der Folge.
Das Pfeildiagramm (Bild 3.1) veranschaulicht die Funktion
fn = {(1; a1), (2; a2), (3; a3), ..., (n; an), ...}; wegen n∈N* kürzer geschrieben
(an) = (a1, a2, a3, a4, ..., an, ...)
(gelesen: Folge an mit den Gliedern a1, a2, ...).
Anmerkung: Die Klammern ( ) sollen daran erinnern, dass es sich um eine Paarmenge handelt; vereinfachte Schreibweise: (an) = a1, a2, a3,…, an,… – Im Schrifttum auch üblich: <an>.
3.2 Spezielle (endliche) Folgen
3.59
151
Die Weltbevölkerung stieg von 1995 bis 2007 von 5,7 auf 6,7 Mrd. Menschen.
a) Prognostizieren Sie, wie viele Menschen bei Anwendung des Modells vom geometrischen
Wachstum voraussichtlich im Jahr 2015 die Erde bevölkern werden.
b) Wie viele Jahre beträgt bei dieser Zuwachsrate der Zeitraum, bis sich die Weltbevölkerung
verdoppeln wird ?
* Geometrische Folgen als Exponentialfunktionen
Analog zur Definitionsbereichserweiterung bei arithmetischen Folgen (→ lineare Funktionen)
erschließen sich aus den geometrischen Folgen die Exponentialfunktionen (ĺ Kapitel 7.4).
Aus dem allgemeinen Bildungsgesetz an = f(n) = a1 · q n-1 ergibt sich mit
n ∈ N*: an = f(n) =
a1 n
⋅ q , somit für
q
a
y = f ( x ) = a⋅b x , wobei a := 1 und b := q.
q
Entscheidend neu im Vergleich zu den ganzrationalen Funktionen ist, dass die unabhängige
Variable x als Exponent auftritt.
x ∈ R:
Die Konsequenz:
¾ Terme der Form 2x, 3x, … wachsen für x ∈ R+ stärker als ganzrationale Terme wie x2, x3, …
Die Summenformel der geometrischen Reihe
Zu der endlichen geometrischen Folge
(an) = (a1, a1q, a1q2, ..., a1qn–2, a1 qn–1)
gehört gemäß Definition 3.4 die endliche geometrische Reihe
a1 + a1q + a1q2 + ... +a1qn–2 + a1qn–1 =
n
∑ a1q k−1 .
k=1
Ihre Summe (n-te Teilsumme) erschließt sich allgemein durch eine Summenformel.
Zu ihrer Herleitung schreibt man die Reihe zweimal untereinander, das zweite Mal mit dem
Faktor q multipliziert, und subtrahiert beide Zeilen spaltenweise:
sn = a1 + a1q + a1q2 + ... + a1qn–2 + a1qn–1
q · sn =
a1q + a1q2 + ... + a1qn–2 + a1qn–1 + a1qn
Ÿ sn – qsn = a1 – a1qn
sn (1 – q) = a1(1 – qn)
a (1− q n )
(Achtung: q ≠ 1 – wieso ?).
sn = 1
1− q
Durch Erweitern mit (–1) ergibt sich die gleichwertige Aussage sn = a1 ⋅
mäßigerweise dann verwendet wird, wenn |q| > 1 ist.
q n −1
, die zweckq −1
134
3 Folgen und Reihen
Beispiel
3
1
1
3
(an) = (2, − 2 , 1, − 2 , 0, 2 , −1, 2 , ...) steht für die Funktion
fn =
{ (1;2),(2;− 32 ), (3;1), (4;− 12 ), (5;0), ...} .
Bild 3.2 zeigt den Graphen von fn ausschnittsweise; Abszissen- und Ordinatenachse sind vereinbarungsgemäß mit n bzw. an beschriftet.
Bild 3.2
Graph einer Folge
¾ Zur graphischen Darstellung von Folgen wird immer nur der 1. und ggf. der 4. Quadrant
eines kartesischen Koordinatensystems benötigt (wieso?).
3.1.2 Schreibweise von Folgen
1. Die aufzählende Form
Diese Darstellungsform ist insbesondere dann angezeigt, wenn kein allgemeines Bildungsgesetz formuliert werden kann bzw. nur wenige Folgeglieder anzugeben sind.
Beispiele
a) Klassenarbeitsnotenbilanz
b) mittlere Sonnenscheindauer (h) eines Urlaubsortes im Juli
(an) = (4, 3, 2, 3, 3)
(an) = (8, 10, 10, 12, ..., 11, 10)
2. Die beschreibende Form (Angabe eines Bildungsgesetzes)
– Angabe der Zuordnungsvorschrift
Beispiele
a) n → n2
Ÿ (an) = (1, 4, 9, 16, ..., n2, ...);
Ÿ (an) = (4, 5, 6, 7, ..., n + 3, ...);
b) n → n + 3
c) n → (–
1)n
·n
Ÿ (an) = (– 1, 2, – 3, 4, – +..., (– 1)n ⋅ n, ...);
aber:
d) n →
n +1
, n ∈ N *4 Ÿ (an) = 2, 32 , 43 , 54
n
(
)
(endliche Folge).
¾ Drei Punkte am Ende der Folgegliederangabe signalisieren unendliche Folgen (n ∈ N*).
¾ Endliche Folgen sind für ein Anfangsstück N *k der natürlichen Zahlen definiert.
3.1 Grundlagen
135
– Angabe des n-ten Gliedes
Beispiele
n 2 −1
n
b) an = 2n–1
(
)
2
,..., n n−1 , ... ;
Ÿ (an) = 0, 32 , 83 , 15
4
a) an =
Ÿ (an) = (1, 2, 4, 8, ...,
2n–1,
...);
c) an = (– 1)n+1 · n2 Ÿ (an) = (1, – 4, 9, –16, ..., (– 1)n+1 · n2, ...).
Alternativschreibweise: (n2) beschreibt die Folge (n2) = (1, 4, 9, ..., n2, ...).
3. Die rekursive Form
Neben der Angabe des ersten Gliedes a1 bzw. der ersten beiden Glieder a1 und a2 bedarf es
zur Ermittlung der Folgeglieder einer Rechenvorschrift, Rekursionsformel 1) genannt, die besonders im Computerbereich ihre Bedeutung hat.
Beispiele
a) a1 = 3, an+1 = an + 2 Ÿ (an) = (3, 5, 7, 9, ...);
1
, 13 , ...)
b) a1 = 2, a2 = 1, an+2 = an+1 + ⋅an ⇒ (an ) = ( 2,1, 2, 52 , 72 , 19
4 2
2
Anmerkung: Diese Darstellungsform ist nicht geeignet, z. B. auf Anhieb a100 oder a200 zu bestimmen. Es
müsste das allgemeine Bildungsgesetz herausgefunden werden – ein oftmals schwieriges Unterfangen.
• Aufgaben
3.1
3.2
Geben Sie die Folgen für ein Anfangsstück N *5 an:
b) n →
1
;
n
c) n → 3n – 1;
d) n →
⎛ 1 ⎞−n
e) n →⎜ ⎟ ;
⎝2⎠
f) n →
n−1
;
2n
g) n → 1 – (– 1)n;
h) n → (– n)n–3.
Geben Sie jeweils die ersten fünf Glieder der Folgen an:
1
b) an = 2n – 1;
c) an =
a) an = 3n;
;
n+1
e) an =
3.3
n 2 −1
;
n
f) an = (– 1)n;
g) an = (– 1)n+1 ⋅
n
;
n+ 2
d) an =
n −1
;
n2
1− n
.
h) an = (– 1)n–1 ⋅
1+ n
Geben Sie das jeweilige Bildungsgesetz an:
d) (an) = (1, 12 , 14 , 18 , ...) ;
(
)
1
1
1
1 , ... ;
e) (an) = (− 2 , 4 , − 8 , 16
)
3
f) (an) = (0, − 14 , 92 , − 16
, ...) ;
g) (an) = (0, 2, 0, 2, ...);
h) (an) = (1, 0, 1, 0, ...);
i) (an) = (− 12 , 95 , − 12 ,
a) (an) = (1, 2, 3, 4, ...);
1)
n2
;
n+1
a) n → 2n;
von recurrere (lat.): zurücklaufen
b) (an) = 1, 13 , 15 , 17 , ... ;
c) (an) = ( 12 , 32 , 43 , 54 , ...) ;
).
11 , ...
25
136
3.4
3.5
3 Folgen und Reihen
Errechnen Sie je vier weitere Glieder der Folge:
a) a1 = 1, an+1 = an + 2;
b) a1 = 1, an+1 = – an + 3;
d) a1 = – 1, an+1 = – 2an;
e) a1 = 3, an+1 =
1
an + 1;
2
c) a1 = 3, an+1 =
1
an;
3
f) a1 = – 1, an+1 = an2 – 1.
Errechnen Sie je drei weitere Glieder der Folge:
a) a1 = 1, a2 = 2, an+2 = an+1 + an;
b) a1 = – 1, a2 = 1, an+2 = an+1 ⋅ an.
3.1.3 Eigenschaften von Folgen
Beispiele und Übungen haben gezeigt, dass die Folgen Besonderheiten aufweisen; diese sollen
durch nachfolgende Definitionen herausgestellt werden.
Alternierende Folgen
Definition 3.2
Eine Folge (an) heißt alternierend 1), wenn ihre Glieder ständig das Vorzeichen wechseln, also an · an+1 < 0 ist für alle n ∈ N*.
Beispiele
a) an = (– 1)n · 2n
Ÿ (an) = (– 2, + 4, – 6, +8, – + ..., (– 1)n · 2n, ...);
b) an = (– 1)n+1 · 2n Ÿ (an) = (+ 2, – 4, + 6, –8, + – ..., (– 1)n+1 · 2n, ...).
Monotone Folgen
Definition 3.3
Eine Folge (an) heißt
streng monoton wachsend, wenn für alle n ∈ N* gilt: an+1 > an;
streng monoton fallend, wenn für alle n ∈ N* gilt: an+1 < an.
Gilt an+1 ≥ an bzw. an+1 ≤ an, dann ist die Folge monoton (wachsend oder fallend).
(vgl. Abschnitt 2.3.1 und Abschnitt 2.4.1, Definition 2.8)
Beispiele
a) Alternierende Folgen sind nicht monoton;
b) (n) = (1, 2, 3, 4, ...) ist streng monoton steigend;
⎛n⎞
c) ⎜ ⎟= ( 1,1, 12 , 16 ,
⎝ n!⎠
) ist monoton fallend.
1
, ...
24
Oftmals reicht ein Hinsehen um zu entscheiden, ob eine Folge die Monotoniebedingungen
erfüllt oder aber nicht. In der Regel jedoch bedarf es einer exakten Untersuchung.
1)
von alternare (lat.): abwechseln
3.1 Grundlagen
137
Ź Beispiel
⎛ 2n − 3 ⎞
Zu untersuchen ist, ob die Folge ⎜
⎟streng monoton steigend ist.
⎝ n ⎠
an < an+1
Lösung:
Ÿ
2n − 3 2(n +1) − 3
<
n
n +1
⇔ (2n – 3) (n + 1) < (2n – 1) n
⇔
2n2 – n – 3 < 2n2 – n.
Diese Aussage ist wahr für alle n ∈ N*, also ist die Folge wegen an < an+1 streng monoton steigend.
* Beschränkte Folgen
Es geht um die Fragestellung, ob die Wertemenge W = {a1, a2, a3, ..., an, ...} einer Folge
eingeschränkt bzw. beschränkt ist. Das träfe dann zu, wenn sich W durch ein Intervall
[sk; SK] ∈ R beschreiben ließe.
Beispiele
a) Die Folge (n – 1) = (0, 1, 2, 3, ...) besitzt eine größte untere Schranke sk = 0, aber keine obere
Schranke SK ; damit ist sie insgesamt gesehen nicht beschränkt.
b) Die Folge (3 – n) = (2, 1, 0, – 1, ...) besitzt eine kleinste obere Schranke SK = 2, aber keine untere
Schranke sk, damit ist sie insgesamt gesehen nicht beschränkt.
c) Die Folge
( 2nn−3 ) = (−1, 12 ,1, 54 , 75 , 32 , ...) ist beschränkt.
Als größte untere Schranke kann sk = – 1 angegeben und
als kleinste obere Schranke SK = 2 vermutet werden, die
aber von den Folgegliedern nicht angenommen wird.
Bild 3.3 veranschaulicht die Zusammenhänge und verdeutlicht insbesondere, dass auch andere untere und obere Schranken genannt werden können.
Letztendlich interessieren als Schranken jedoch nur
–
die größte untere
(= untere Grenze oder Infimum) und
–
die kleinste obere
(= obere Grenze oder Supremum).
§ 2n − 3 ·
¸
© n ¹
Bild 3.3 Schranken der Folge ¨
Anmerkung: Untere bzw. obere Grenze lassen sich oftmals aufgrund des Augenscheins angeben; grundsätzlich liefert nur ein korrekter Rechengang Klarheit.
Ź Beispiel
⎛ 2n − 3 ⎞
Zu zeigen ist, dass die Folge ⎜
⎟ beschränkt ist.
⎝ n ⎠
138
3 Folgen und Reihen
Lösung
b) nach oben beschränkt: SK = 2
an ≤ SK
2n − 3
≤2
n
2n – 3 ≤ 2n
– 3 ≤ 0 (gilt für alle n ∈ N*).
a) nach unten beschränkt: sk = –1
sk ” an
2n − 3
−1≤
n
– n ≤ 2n – 3
3 ≤ 3n
1 ≤ n (Bedingung erfüllt!)
Die Folge ist nach unten und oben beschränkt, also insgesamt beschränkt.
• Aufgaben
3.6
3.7
Klären Sie per Augenschein, welche der in den Aufgaben 3.1–3.5 angegebenen Folgen
a) alternierend,
b) monoton bzw. streng monoton,
c) nach unten bzw. oben beschränkt,
d) beschränkt sind.
Weisen Sie rechnerisch nach, welche der Folgen streng monoton wachsend bzw. fallend sind:
⎛ n+ 2 ⎞
a) ⎜
⎟;
⎝ n ⎠
⎛ 2n −1 ⎞
b) ⎜
⎟;
⎝ 1− 3n ⎠
⎛ n +1 ⎞
c) ⎜ 2 ⎟;
⎝ n ⎠
⎛ 2n ⎞
d) ⎜
⎜ n2 ⎟
⎟.
⎝ ⎠
3.8
Welche der Folgen aus 3.7 sind beschränkt? – Geben Sie ggf. obere und untere Grenzen an.
3.9
Ebenso für a) n ĺ 2n–1 und b) nĺ (–2)1–n.
3.1.4 Reihen
In vielen Kaufhäusern werden Warenein- und -ausgänge mittels Computer festgehalten, wobei
insbesondere die Warenausgänge unmittelbar an den Kassen (sog. Kassenterminals) unter
Angabe der Artikelnummern eingespeist werden. Eine Fortschreibung jeder Veränderung
erlaubt es, jeden Abend nach Geschäftsschluss den Istbestand des Warenlagers anzugeben, so
dass u. a. Entscheidungen über weitere Einkäufe getroffen werden können. Die Warenbestandsänderung eines bestimmten Artikels ließe sich als Folge mit z. B. nachstehenden Gliedern angeben:
a1 =
a2 =
a3 =
a4 =
a5 =
usw.
2.000
– 1.200
– 750
+ 500
– 325
(Wareneinkauf),
(reißender Absatz!),
(weiterer Absatz),
(Wareneinkauf),
(weiterer Absatz),
Der jeweilige Warenbestand (Istwert) resultiert wie folgt:
s1 = a1 = 2.000
s2 = a1 + a2 = 2.000 + (– 1.200)
s3 = a1 + a2 + a3 = 2.000 + (– 1.200) + (– 750)
s4 = a 1 + a 2 + a 3 + a 4 = …
s5 = a 1 + a 2 + a 3 + a 4 + a 5 = …
usw.
(Istwert nach der 1. Veränderung)
(Istwert nach der 2. Veränderung)
(Istwert nach der 3. Veränderung)
(Istwert nach der 4. Veränderung)
(Istwert nach der 5. Veränderung)
3.1 Grundlagen
139
Mit Fortschreibung des Warenbestandes ergibt sich eine neue Folge (sn).
Die Glieder s1, s2, s3, ..., sn heißen erste, zweite, dritte, ..., n-te Teilsumme (Partialsumme). Der
unausgerechnete Term der n-ten Teilsumme, also
sn = a1 + a2 + a3 + ... + an–1 + an
wird auch Reihe genannt.
Definition 3.4
Durch n → an sei eine Folge (an) definiert. Dann ergibt sich durch n → sn mit
sn = a1 + a2 + a3 + ... + an–1 + an
die Reihe dieser Folge (an).
¾ Anschaulicher: Verknüpft man die Glieder einer Folge additiv miteinander, so heißt der
unausgerechnete Summenterm Reihe.
Für die Schreibweise einer Reihe wird eine verkürzte Form bevorzugt:
n
sn = a1 + a2 + a3 + ... + an = ∑ ak
(gelesen: Summe aller ak für k = 1 bis n).
k=1
n
Das Summationszeichen1)
∑
fordert auf, nacheinander für k die natürlichen Zahlen 1 bis n
k=1
einzusetzen und die sich ergebenden Glieder a1 bis an zu addieren.
Beispiele für endliche Reihen
5
a)
∑ (2k −1) = 1 + 3 + 5 + 7 + 9;
k=1
4
b)
∑ (k 2 +1) = 2 + 5 + 10 + 17;
k=1
n
c)
1
∑k
k=1
1 1 1
1
= 1 + + + +...+ .
2 3 4
n
Anmerkungen
1. Summierungs-Aufforderungen müssen sich nicht nur auf Anfangsstücke Nk der natürlichen Zahlen
beziehen. Im Prinzip ließe sich unabhängig vom Folgebegriff jedes Intervall in N bzw. in Z angeben, so
z. B.
3
∑ k = –1 + 0 + 1 + 2 + 3
6
oder
k=−1
∑ k 2 = 4 + 9 + 16 + 25 + 36.
k=2
2. Soll verdeutlicht werden, dass es sich um eine unendliche Reihe handelt, schreibt man üblicherweise
∞
¦a
k
: = a1 + a2 + a3 + ... + an + ...
k =1
Hierüber bedarf es jedoch zu einem späteren Zeitpunkt weiterer Überlegungen.
1)
großer griechischer Buchstabe Sigma
140
3 Folgen und Reihen
• Aufgaben
3.10
Schreiben Sie als Reihe und ermitteln Sie die jeweilige Teilsumme:
6
5
a) ∑ (2k +1) ;
k=1
k=1
4
k=1
6
k2
;
k=1 k +1
d) ∑
3.11
4
c) ∑ 2k−1 ;
b) ∑ (1− 2k ) ;
7
f) ∑ (−1) k+1 ⋅(k 2 −1) .
e) ∑ (−1)k k 2 ;
k=1
k=1
Schreiben Sie kürzer mit Hilfe des Summationszeichens ¦:
3 4 5 6 7
+ + + + ;
2 3 4 5 6
1 4 1 16 32 64
d) − + − + − + − 2 ;
2 9 2 25 25 49
a)
1 1 1
1 5 1 11 7 17
b) 1− + − ;
c) + + + + +
;
2 3 4
2 9 2 25 18 49
3 2 5
1
7
e) 2 + + + + +
; f ) 0 + 1 + 0 + 1 + 0.
2 3 24 20 720
3.2 Spezielle (endliche) Folgen
3.2.1 Arithmetische Folgen und Reihen
Das Bildungsgesetz
In den nachfolgend exemplarisch genannten streng monotonen Folgen
(n) = (1, 2, 3, 4, ...),
(2n – 1) = (1, 3, 5, 7, ...) und
(1 – 3n) = (– 2, – 5, – 8, – 11, ...)
zeigt sich ein gemeinsames Prinzip:
¾ Die Differenz zweier aufeinander folgender Glieder ist konstant.
Allgemein lässt sich das Entwicklungsschema rekursiv beschreiben in der Form
an+1 − an = d ⎫
⎬ ⇔ an+1 − an = an − an−1 .
an − an−1 = d ⎭
Hieraus resultiert
2 · an = an–1 + an+1 ⇔ an =
an−1 + an+1
.
2
Diese „konstanten Differenzenfolgen“ sind so strukturiert, dass mit Ausnahme von Anfangsund Endglied jedes Glied der Folge arithmetisches Mittel seiner Nachbarglieder ist.
Definition 3.5
Eine Folge (an), für deren benachbarte Glieder gilt, dass die Differenz
d = an+1 – an
mit d ∈ R*
für alle n ∈ N*
konstant ist, heißt arithmetische Folge.
3.2 Spezielle (endliche) Folgen
141
Zwei Fälle sind zu unterscheiden:
1. d > 0: die Folgen sind streng monoton steigend;
2. d < 0: die Folgen sind streng monoton fallend.
¾ Sonderfall: Für d = 0 ergeben sich konstante Folgen, die keine arithmetischen sind.
Mittels Rekursionsformel an+1 = an + d und Anfangsglied a1 lässt sich leicht entwickeln
a2 = a1 + d,
a3 = a2 + d = a1 + 2d,
a4 = a3 + d = a1 + 3d, usw.
und durch Verallgemeinerung auf folgenden Satz schließen:
Satz 3.1
Das allgemeine Bildungsgesetz einer arithmetischen Folge lautet für alle n ∈ N*
an = a1 + (n – 1) ⋅ d, wobei d ≠ 0.
Ź Beispiel 1: Von einer AF (Abk. f. arithmetische Folge) sind a1 = 3 und d = – 2 bekannt.
Das allgemeine Bildungsgesetz ist zu erstellen.
Lösung: an = a1 + (n – 1) d Ÿ an = 3 + (n – 1) (– 2)
an = 5 – 2n.
Ź Beispiel 2: Von einer AF sind a1 = – 7 und d = 4 bekannt. – Die Anzahl n der Glieder ist gesucht,
wenn an = 53 ist.
Lösung: Das allgemeine Bildungsgesetz lässt sich überführen in n =
an − a1
+1 (Achtung: d ≠ 0)
d
Ÿ n=
53−(−7)
+1=16.
4
*Arithmetische Folgen als lineare Funktionen
Das in Beispiel 1 ermittelte Bildungsgesetz erinnert an lineare Funktionen.
n ∈ N*: an = f(n) = – 2n + 5,
x ∈ R:
y = f(x) = – 2x + 5.
Die veränderte Schreibweise der Variablen (y statt an bzw. x statt n) symbolisiert vereinbarungsgemäß die Erweiterung des Definitionsbereichs von N* auf R.
Konsequenzen für die graphische Darstellung: Für x ∈ R ergibt sich eine „klassische“ Gerade.
Allgemein gilt
an = f(n) = a1 + (n – 1) · d = a1 + nd – d oder
an = f(n) = d · n + (a1 – d),
das ist analog zu
y = f(x) = m · x + b.
Offensichtlich hierbei, dass d := m Steigungsfaktor ist.
142
3 Folgen und Reihen
• Aufgaben
3.12
3.13
Geben Sie für die arithmetischen der nachstehend aufgeführten Folgen das allgemeine Bildungsgesetz an:
a) (an) = (1, 5, 9, 13, ...);
b) (an) = (–7, –2, + 3, + 8, ...);
c) (an) = (6, 3, 0, – 3, ...);
d) (an) = (1, 2, 4, 8, ...);
⎛ 1 1 1 ⎞
e) (an) = ⎜1, , , , ...⎟;
⎝ 2 4 6 ⎠
⎛ 1
1 ⎞
f) (an) = ⎜1, , 0, − , ...⎟.
⎝ 2
2 ⎠
Vervollständigen Sie die Tabelle:
a)
3.14
a1
6
an
d
n
–
7
12
b)
–
105
5
26
c)
11
123
–
15
d)
56
2
–3
–
Geben Sie jeweils das 25. Glied einer AF an, wenn gilt:
a) a6 = 18, d = 3;
b) a9 = 25, d = – 2;
c) a3 = – 6, d =
1
;
2
d) a12 =
1
1
, d =− .
4
3
3.15
Zwischen 2 und 127 sollen 24 Zahlen so eingeschaltet werden, dass eine AF entsteht. Geben Sie
das allgemeine Bildungsgesetz an.
3.16
Von einer AF sind a5 = 17 und a37 = 145 bekannt. – Bestimmen Sie a100.
3.17
Geben Sie jeweils Anfangsglied a1 und Differenz d jener arithmetischen Folgen an, für die gilt:
a) a5 – a2 = 2
und a3 + a5 = 6;
b) a3 + a7 = 60
und a5 + a8 = 75.
3.18
Wie viele dreistellige natürliche Zahlen weisen als letzte Ziffer eine 9 auf ?
3.19
Wie viele dreistellige bzw. vierstellige natürliche Zahlen sind durch 12 dividierbar ?
3.20
Berechnen Sie, wie viele natürliche Zahlen ohne Rest durch 8 dividierbar sind zwischen
a) 1 und 1000;
b) 1001 und 10 000;
c) 10 001 und 100 000.
3.21
a) Ab wievieltem Glied sind die Glieder der Folge (an) = (–5, –3, –1, ...) größer als 1 000 ?
b) Ab wievieltem Glied sind die Glieder der Folge (an) =
( 72 , 12 , −52 , ...) kleiner als – 500 ?
3.22
Die Drehzahlstufen eines Stufenscheibentriebes mit unveränderlichem Achsabstand werden
wegen der erforderlichen gleich bleibenden Riemenspannung nach den Gesetzmäßigkeiten einer
AF ausgelegt (Arithmetische Drehzahlstufung; d wird Stufenschritt genannt).
Geben Sie die einzelnen Drehzahlstufen an, wenn gelten soll:
a) n1 = 120 min–1 und n4 = 600 min–1;
b) n1 = 75 min–1 und n5 = 535 min–1.
3.23
Eine Sauerstoff-Flasche (40 Liter, 1 bar) wird wieder aufgefüllt (Fülldruck 200 bar), dabei werden mit
jedem Kolbenhub des Kompressors 250 cm3 Sauerstoff in die Flasche gepresst.
Wie viele Minuten dauert der Füllvorgang, wenn pro Minute 1 200 Hübe durchgeführt werden ?
3.24
Ein Automat packt je Arbeitsgang 16 Pralinen in eine Schachtel. Infolge Stromausfalls ergibt sich
eine zweimalige Unterbrechung der Maschinenarbeit, und zwar das erste Mal, nachdem 896 Pralinen und das zweite Mal, nachdem 16 752 Pralinen verpackt worden sind.
Berechnen Sie die Anzahl der zwischen den beiden Stromausfällen gelegenen Arbeitsgänge.
3.2 Spezielle (endliche) Folgen
3.25
143
Ein Formel-I-Rennwagen wird nach dem Abwinken aus einer Geschwindigkeit von 216 km/h
heraus gleichmäßig so abgebremst, dass sich sein Tempo pro Sekunde um 5 m/s verringert.
a) Wann beträgt die Geschwindigkeit noch ca. 50 km/h ?
b) Nach welcher Bremszeit insgesamt kommt der Wagen zum Stillstand ?
Die Summenformel der arithmetischen Reihe
Zu der endlichen arithmetischen Folge
(an) = (a1, a1 + d, a1 + 2d, ..., a1 + (n – 2) d, a1 + (n – 1) d)
gehört gemäß Definition 3.4 die endliche arithmetische Reihe
n
a1 + (a1 + d) + (a1 + 2d) + ... + [a1 + (n – 2) d] + [a1 + (n – 1) d] = ∑ [a1 + (k −1)d ] .
k=1
Ihre Summe (n-te Teilsumme) erschließt sich allgemein durch eine Summenformel.
Zu ihrer Herleitung schreibt man die Reihe zweimal untereinander, das zweite Mal von hinten
nach vorn und addiert beide Zeilen spaltenweise1):
sn =
a1
+
(a1 + d)
+ ... + [a1 + (n – 2) d] + [a1 + (n – 1) d]
sn = [a1 + (n – 1) d] + [a1 + (n – 2) d] + ... +
(a1 + d)
+
a1
Ÿ 2 · sn = [2a1 + (n – 1) d] + [2a1 + (n – 1) d] + ... + [2a1 + (n – 1) d] + [2a1 + (n – 1) d]
2 · sn = n · [2a1 + (n – 1) d]
sn =
n
⋅ [2a1 + (n – 1) d] oder mit an = a1 + (n – 1) d
2
sn =
n
⋅ (a1 + an ).
2
Satz 3.2
Die n-te Teilsumme einer arithmetischen Reihe ergibt sich für alle n ∈ N* zu
n
n
sn = (a1 + an ) = ⋅ [2a1 + (n − 1)d ] .
2
2
Streng mathematisch muss die Gültigkeit der Aussage für alle n ∈ N* bewiesen werden.
Das geschieht weiter unten mittels Vollständiger Induktion.
Ź Beispiel 1: Zu bestimmen ist der Summenwert der Reihe 2 + 7 + 12 + ... + 372.
Lösung: Zunächst muss n (= Anzahl der Glieder) ermittelt werden:
1)
Dieses Verfahren wird Carl-Friedrich Gauß (1777–1855) zugeschrieben. Er soll es erstmalig im Kopf
rechnend angewandt haben, als er in einer Braunschweiger Grundschule die Summe der ersten 100 natürlichen Zahlen zu bestimmen hatte.
144
3 Folgen und Reihen
an = a1 + (n −1)d ⇔ n =
an − a1
372 − 2
+1 ⇒ n =
+1 = 75.
5
d
Somit ist die 75. Teilsumme der Reihe zu bestimmen; sie ergibt sich gemäß Satz 3.2 zu
75
(2 + 372)
2
s75 = 14 025.
s75 =
Ź Beispiel 2: Gesucht ist die Anzahl der Glieder der arithmetischen Reihe sn =1 + 4 + 7 + ...= 3 725.
Lösung:
n
sn = ⋅[2a1 + ( n −1)d ] ⇔ 2 sn = n⋅[2a1 + (n −1)d ]
2
2sn = 2a1n + n2d – nd
0 = dn2 + (2a1 – d) n – 2sn
0 = n2 +
2a1 − d
2s
n − n , (d  0);
d
d
durch Einsetzen ergibt sich
2⋅1− 3
2⋅3 725
n−
=0
3
3
1
7 450
⇔ n 2 − ⋅n −
=0
3
3
n2 +
Ÿ n1 = 50 bzw. n2 = −
149
(ohne Sinn! – wieso ?).
3
* Vollständige Induktion
Für die in Satz 3.2 verankerte Aussage kann trotz Herleitung nicht geschlossen werden, dass
sie Gültigkeit für alle n ∈ N* hat. Das ist Veranlassung, exemplarisch auf ein besonderes Beweisverfahren aufmerksam zu machen. Es wird Vollständige Induktion genannt und ist immer
dann angebracht, wenn in der Aussage die Variable n ∈ N* vorkommt.
Der eigentliche Beweis erschließt sich aus der Struktur der natürlichen Zahlen und läuft nach
einem fest gefügten Verfahren ab. Dabei ist aus hier nicht näher zu erläuternden Gründen die
nachstehende Schrittfolge einzuhalten:
1. Man zeigt, dass eine Aussage A konkret für die Zahl n = 1 gültig ist [Induktionsanfang];
2. aus der Annahme, dass die Aussage für ein beliebiges n ∈ N* gilt, folgert man, dass sie
auch für den Nachfolger n' = n + 1, richtig ist und weist das nach [Induktionsschritt];
3. dann kann daraus geschlossen werden, dass die Aussage für alle n ∈ N* Gültigkeit besitzt
[Induktionsschluss].
Die Richtigkeit des Satzes 3.2 für alle n ∈ N* lässt sich demnach wie folgt beweisen:
1
2
(1) Induktionsanfang: A(1): s1 = a1 = (a1 + a1) (wahre Aussage)
(2) Induktionsschritt: A(n) Ÿ A(n + 1)
n
n +1
sn = (a1 + an ) ⇒ sn+1 =
(a1 + an+1 ) .
2
2
3.2 Spezielle (endliche) Folgen
145
Nachweis
sn =
n
n
( a1 + an ) Ÿ sn +1 = ⋅ ( a1 + an ) + (a1 + nd )
2
2
Ÿ s n +1 =
Ÿ s n +1 =
Ÿ sn +1 =
Ÿ s n +1 =
Ÿ sn +1 =
Ÿ s n +1 =
Ÿ s n +1 =
Ÿ s n +1 =
n
n
⋅ a1 + ⋅ an + a1 + nd
2
2
n
n
1
a1 + 2 a1 +12 a1 + an + nd
2
2
n +1
n
a1 +12 a1 + [a1 + (n − 1)d ] + nd
2
2
n +1
n
nd
1
a1 +2 a1 + a1 +
(n − 1) + nd
2
2
2
n +1
n +1
nd
a1 +
a1 +
(n − 1 + 2)
2
2
2
n +1
n +1
nd
a1 +
a1 +
(n + 1)
2
2
2
n +1
(a1 + a1 + nd )
2
n +1
(a1 + an +1 ) .
2
• Aufgaben
3.26
a) Gegeben: a1 = 3, d = 2, gesucht: s25;
b) gegeben:
a1 = 25, an = – 27, sn = – 12, gesucht: n;
c) gegeben:
a1 = 6, d = 5, sn = 1 524, gesucht: an;
d) gegeben:
an = – 2, d = – 3, n = 17, gesucht: sn;
e) gegeben:
an = – 112, n = 21, sn = – 1 155, gesucht: d;
f ) gegeben:
an = 27, d = 2, sn = 192, gesucht: a1.
3.27
Wie groß ist die Summe aller zweistelligen bzw. dreistelligen natürlichen Zahlen ?
3.28
Berechnen Sie die Summe der ersten hundert ungeraden bzw. geraden natürlichen Zahlen .
3.29
Wie groß ist die Summe der ersten 25 ohne Rest durch 13 dividierbaren Zahlen ?
3.30
Zwischen 17 und 335 sollen mehrere Zahlen so eingeschoben werden, dass eine AF entsteht,
deren Summenwert sn = 1 232 ist.
Erstellen Sie das allgemeine Bildungsgesetz der Folge .
3.31
Von einer arithmetischen Reihe sind bekannt s5 = 25 und s8 = 64.
Beschreiben Sie die Reihe mit Hilfe des Summationszeichens.
3.32
Die Seiten eines rechtwinkligen Dreiecks bilden eine AF mit dem Summenwert s3 = 48 cm.
Berechnen Sie die Flächenmaßzahl des Dreiecks.
3.33
Berechnen Sie n, wenn gilt sn = ∑ (4k −1) = 4 465.
n
k=1
146
3.34
3 Folgen und Reihen
Weisen Sie die Richtigkeit der Aussagen nach:
n
n
a) sn = ∑ (k +1) = (n + 3) ;
2
k=1
n
n
n
b) sn = ∑ (k −1) = ( n −1) ; c) sn = ∑ (2k −1) = n 2 ;
2
k=1
k=1
n
n
k=1
k=1
d) sn = ∑ (2k − 3) = n(n − 2) ; e) sn = ∑ (4k − 2) = 2n 2 ;
n
n
f) sn = ∑ (5k − 2) = (5n +1) .
2
k=1
Zusatzaufgabe: Beweisen Sie ihre Gültigkeit für alle n ∈ N*.
3.35
Ein Eisstadion für 6 840 Zuschauer wird konzipiert. In der ersten Sitzreihe rund ums Spielfeld
sollen 400 Zuschauer Platz finden, und von Sitzreihe zu Sitzreihe soll die Platzzahl um jeweils 8
zunehmen. – Berechnen Sie die Anzahl der Sitzreihen.
3.36
a) Berechnen Sie, aus wie vielen Sitzreihen ein Theater mindestens bestehen muss, wenn es
1 200 Personen fassen soll, in der ersten Reihe 40 Sitze platziert sind und in den folgenden
Reihen die Anzahl der Sitze von Reihe zu Reihe um jeweils 10 Sitze zunimmt .
b) Wie viele Sitze sind in der letzten Sitzreihe zu montieren, wenn aus baupolizeilichen Gründen
auf gar keinen Fall mehr als 1 200 Personen Platz finden dürfen ?
3.37
Ein Fußballstadion hat insgesamt 33 Sitzreihen, wobei sich in der untersten Reihe 800 und in der
obersten 4 160 Sitzplätze befinden. Bei einer Begehung durch Sicherheitsexperten kam man zu
dem Schluss, dass dieses Stadion zukünftig maximal 75 000 Zuschauer aufnehmen sollte.
Wie viele Reihen wären zu demontieren, wenn dieses von unten beginnend zu geschehen hätte ?
3.38
Ein Tunnel von 2880 m Länge wurde – wie allgemein üblich – von zwei Seiten vorgetrieben. Es
ergaben sich bereits in der ersten Bauwoche Unterschiede im Vorankommen, nämlich 125 m an
der Baustelle A und 150 m an der in B. Wegen zunehmender Probleme verschiedener Art verringerte sich der Vortrieb in A nachfolgend wöchentlich um 5 m gegenüber der jeweiligen Vorwoche, in B sogar um 7 m. – Nach wie vielen Wochen Bauzeit war der Durchstich geschafft ?
3.39
In Supermärkten ist häufig zu sehen, dass z. B. Konservendosen nach den Gesetzmäßigkeiten
einer AF gestapelt werden: Die Anzahl der Dosen nimmt (mit 1 beginnend) in jeder gestapelten
Lage um jeweils eine Dose zu.
a) Errechnen Sie, wie viele Dosen als „Basis“ aufgestellt werden müssen, wenn insgesamt 78
unterzubringen sind und wie hoch der Stapel wird (Dosenhöhe h = 120 mm) .
b) Wie viele Dosen würden in der obersten Lage zu stehen kommen, wenn man als „Basis“ mit
15 beginnen würde ?
3.40
Im luftleeren Raum durchfällt ein Körper in der ersten Sekunde eine Höhe von h1 = 4,905 m und
legt infolge Fallbeschleunigung (g ≈ 9,81 m/s2) in jeder weiteren Sekunde 9,81 m mehr zurück
als in der jeweils vorhergehenden.
a) Wie viele Meter durchfällt der Körper in der 10. Sekunde ?
b) Welche Fallhöhe ergibt sich insgesamt nach 10 Sekunden freiem Fall ?
c) Nach welcher Zeit schlägt ein aus 10 000 m Höhe frei fallender Körper auf der Erde auf?
3.41
Die Druckerei einer großen hannoverschen Tageszeitung bekommt das zur Zeitungsherstellung
benötigte Papier (Papierstärke ca. 0,1 mm) in Ballen angeliefert, auf denen jeweils eine Papierbahn von 6 km Länge aufgewickelt ist.
Berechnen Sie den Durchmesser eines solchen Ballens, wenn die erste Bahn auf einer Rolle vom
Durchmesser D = 185 mm aufgebracht ist.
3.2 Spezielle (endliche) Folgen
147
3.2.2 Geometrische Folgen und Reihen
Das Bildungsgesetz
In den beispielhaft aufgeführten Folgen
(2n) = (2, 4, 8, ...),
(
1 1
3 9
)
(31–n) = 1, , , ... und
⎛ 1
⎜ −2
⎝
( )
n⎞
(
)
⎟= − 12 , + 14 , − 18 , ...
⎠
ist wiederum ein gemeinsames Prinzip zu erkennen:
¾ Der Quotient zweier aufeinander folgender Glieder ist konstant.
Allgemein lässt sich das Entwicklungsschema rekursiv beschreiben in der Form
an+1
= q bzw.
an
Hieraus resultiert
an
=q .
an−1
an+1
a
= n ⇔ an2 = an−1 ⋅an+1 ⇔ | an |= an−1⋅an+1 .
an
an−1
Die vorgestellten „konstanten Quotientenfolgen“ sind offensichtlich so strukturiert, dass mit
Ausnahme von Anfangs- und Endglied jedes Glied der Folge geometrisches Mittel1) seiner
Nachbarglieder ist.
Definition 3.6
Eine Folge (an) mit a1 ≠ 0, für deren benachbarte Glieder gilt, dass der Quotient
q=
an+1
an
mit q ∈ R*\{1} für alle n ∈ N*
konstant ist, heißt geometrische Folge.
Für a1 ∈ R+ sind drei Fälle zu unterscheiden:
1. q > 1:
die Folgen sind streng monoton steigend;
2. 0 < q < 1:
die Folgen sind streng monoton fallend;
3. q < 0:
die Folgen sind alternierend.
Für a1 ∈
1)
R–
leiten sich z.T. andere Schlussfolgerungen ab (welche ?).
Geometrisches Mittel zweier Zahlen a, b ∈ R+: mg = a⋅b .
Der geometrische Sachverhalt ist im Zusammenhang mit dem Höhensatz zu
sehen; gemäß Bild 3.4 gilt nämlich h2 = a ⋅ b Ÿ h = a⋅b .
Bild 3.4
Höhensatz: h = a⋅b
148
3 Folgen und Reihen
¾ Sonderfall: Für q = 1 ergeben sich konstante Folgen, die keine geometrischen sind.
Mittels Rekursionsformel an+1 = an · q und Anfangsglied a1 lässt sich entwickeln
a2 = a1 · q,
a 3 = a 2 · q = a 1 · q 2,
a4 = a3 · q = a1 · q3, usw.
Durch Verallgemeinerung ergibt sich nachfolgender Satz:
Satz 3.3
Das allgemeine Bildungsgesetz einer geometrischen Folge mit a1 ≠ 0 lautet für alle n ∈ N*
an = a1 · qn–1, wobei q ∈ R* \ {1}.
Anmerkung: Ließe man q = 0 zu, so ergäbe sich für n = 1 der unbestimmte Ausdruck 0°.
Ź Beispiel 1: Von einer GF (Abkürzung für geometrische Folge) sind a1 = 243 und q =
1
3
bekannt.
Das allgemeine Bildungsgesetz ist zu erstellen.
Lösung: Allgemein gilt an = a1 · qn–1
Ÿ an = 243 ·
( 13 )
n−1
= 35 · 3–(n–1) Ÿ an = 36–n.
Ź Beispiel 2: Von einer GF sind a1 = 4 und q = 2 bekannt. – Die Anzahl der Glieder n ist gesucht,
wenn an = 65 536 ist.
Lösung: Das allgemeine Bildungsgesetz lässt sich durch Äquivalenzumformung zunächst überführen in
q n−1 =
an
durch Logarithmieren ergibt sich
a1
(n – 1) · log q = log an – log a1
⇔ n −1=
log an − log a1
log q
⇔
log an − log a1
+1 .
log q
n=
(Achtung: q ≠ 0 – wieso?)
Der ET-Rechner liefert bei Zugriff
auf dekadische Logarithmen (log x-Taste)
natürliche Logarithmen (ln x-Taste)
lg 65536 − lg 4
n=
+1
lg 2
n=
ln 65536 − ln 4
+1
ln 2
n=
11,09035489 −1,386294361
+1
0,6931471805
n=
4,816479931− 0,6020599913
+1
0,3010299995
n = 15.
n = 15.
3.2 Spezielle (endliche) Folgen
149
• Aufgaben
3.42
Geben Sie für die geometrischen der nachstehend aufgeführten Folgen das allgemeine Bildungsgesetz an:
⎛1 1
⎞
a) (an) =⎜ , ,1...⎟;
⎝8 4
⎠
⎛1 1
⎞
b) (an) =⎜ , ,1, ...⎟ ;
⎝ 16 4
⎠
⎛
9 ⎞
d) (an) =⎜−64,12, − , ...⎟;
⎝
4 ⎠
3.43
d)
a1
3
–
an
–
96
1
____
8
5
−1280
64
0,015625
f) (an) = (π, 2π, 3π, ...).
q
2
–2
n
7
8
–
12
1
2
–
Geben Sie jeweils die ersten 6 Glieder sowie das 10. Glied einer GF an, für die gilt:
a) a1 = 32 und a6 = 243;
3.45
e) (an) = (π, π 2, π 3, ...);
Vervollständigen Sie die Tabelle:
a)
b)
c)
3.44
c) (an) = (0,1; 0,01; 0,001; ...);
4
8
b) a3 = − und a4 = ;
3
9
c) a6 = – 121,5 und a8 = – 1093,5 mit q > 0.
2
Zwischen 7 und 33 614 sind fünf Zahlen so einzuschalten, dass eine GF mit q ∈ N* entsteht.
Geben Sie die Zahlen an.
3.46
Ermitteln Sie jeweils die Position, ab welcher die Glieder der Folge
(
16
)
a) (an) = 3, 4, 3 , ... größer als 1 000 ;
3.47
(
9
)
b) (an) = 4, 3, 4, ... kleiner als
1
_____
1000
sind.
Das erste Glied einer steigenden GF sei 1; addiert man es mit dem ersten Glied einer AF, so
ergibt sich – 7.
a) Geben Sie das allgemeine Bildungsgesetz der GF an, wenn beide Folgen im 2. und 3. Glied
übereinstimmen.
b) Wie lautet das allgemeine Bildungsgesetz für die entsprechende alternierende GF?
3.48
Geben Sie jeweils Anfangsglied a1 ∈ N* und Quotient q ∈ R+ einer GF an, für die gilt:
a) a2 + a4 = 10 und a4 – a2 = 6;
b) a1 + a3 = 34 und a2 – a3 = 6;
c) a1 + a3 = 10 und a2 + a4 = 30;
d) a5 – a3 = 90 und a1 + a5 = 194.
3.49
Berechnen Sie die Fläche eines rechtwinkligen Dreiecks, wenn die Winkel eine GF bilden und
die Hypotenuse 5 cm lang ist.
3.50
Blendenwerte von Kameras sind geometrisch gestuft. – Berechnen Sie die Anzahl der Blendeneinstellmöglichkeiten einer gängigen Kleinbildkamera mit einer größten Blende 2,8 und einer
kleinsten Blende 22, wenn der Stufensprung q ≈ 1,41 beträgt.
3.51
Die Durchmesser von kalt gezogenem Stahldraht (DIN 177) sind gemäß einer GF gestuft.
a) Berechnen Sie die Größe des Stufensprungs, wenn zwischen ∅ 0,1 mm und ∅ 0,9 mm 18
Durchmesserstufen liegen .
b) Wie viele Durchmesserstufen werden bei gleichem Stufensprung zwischen ∅ l mm und
∅ 8 mm angeboten ?
150
3 Folgen und Reihen
3.52
Grundlage für die Stufung technischer Größen (Längen-, Flächen-, Raummaße, Drehzahlen,
Leistungen, Übersetzungen u.v.a.m.) bilden die Normzahlen nach DIN 323, die auf den Gesetzmäßigkeiten geometrischer Folgen basieren. So bedeutet z. B. Normzahlreihe R10, dass der Stufensprung q = 10 10 beträgt, und Normzahlreihe R5 steht für q = 5 10 .
a) Die Länge von M 8-Schrauben soll nach der Normzahlreihe R10 gestuft werden. Ermitteln Sie
das Längensortiment (beginnend mit 10 mm) für 11 Schrauben .
Hinweis: Runden Sie auf bzw. ab.
b) Welches Sortiment ergibt sich bei einer R5-Normzahlreihe, wenn kleinste und größte Schraubenlänge von a) beibehalten werden?
3.53
Das für den Antrieb der Arbeitsspindel einer Drehmaschine wesentliche Hauptgetriebe ist geometrisch gestuft.
a) Berechnen Sie die Anzahl der Drehzahlstufen, wenn die kleinste Drehzahl mit 11,2 min–1 und
die größte mit 2240 min–1 angegeben werden und die Abstufung gemäß DIN 804 nach der
Normzahlreihe R 20/2 (Stufensprung wie R 10) erfolgt .
b) Wie viele Drehzahlstufen sind für den in a) genannten Drehzahlbereich mindestens vorzuseˆ q = 2 (Normzahlreihe R 20/3) betragen soll ?
hen, wenn der Stufensprung ϕ =
3.54
Das gebräuchliche DIN A-Papierformat mit festgelegtem Seitenverhältnis Länge : Breite = 2 : 1
entsteht dadurch, dass ein DIN A0-Bogen (1 m2 Fläche) durch fortlaufendes Halbieren unter Beibehaltung des Seitenverhältnisses verkleinert wird.
DIN A1 heißt somit, dass dieses Format durch einmaliges Falten aus dem Grundformat A0 hervorgegangen ist; entsprechend resultiert ein DIN A4-Bogen durch viermaliges Falten aus dem
Grundformat A0.
a) Bestimmen Sie zunächst aufgrund des geometrischen Sachverhaltes die Abmessungen eines
DIN A0-Zeichenbogens in mm.
b) Berechnen Sie die Fläche einer DIN A6-Postkarte und geben Sie deren Abmessungen an.
c) Ordnen Sie einem Papierbogen von 74 mm × 52 mm das entsprechende DIN-Format zu.
3.55
Die Halbwertzeit des radioaktiven Elementes Radium beträgt 1580 Jahre.
a) Wie viel % des Elementes Radium sind nach 100 Jahren durch Strahlung zerfallen ?
b) Wie viele Jahre dauert es, bis nur noch 10 % des radioaktiven Materials vorhanden sind ?
3.56
Ein Gefäß enthält 100 Liter 45 %-igen Weingeist. Durch mehrmaliges Entnehmen von jeweils 10
Liter Weingeist und Nachfüllen von destilliertem Wasser wird die Konzentration verringert.
a) Wie viel %-ig ist der Weingeist, wenn der beschriebene Vorgang insgesamt fünfmal erfolgt?
b) Wie oft ist destilliertes Wasser nachgefüllt worden, wenn die Konzentration etwas weniger als
10 % beträgt ?
3.57
Aus einem Glasballon mit 30 Liter 80 %-igem Alkohol wird zweimal Flüssigkeit abgefüllt und
durch destilliertes Wasser ersetzt; der Alkoholgehalt beträgt schließlich noch 45 %.
Berechnen Sie, wie viel destilliertes Wasser nach jedem Abfüllen zugeschüttet worden ist.
3.58
In einer Stadt wurden 1999 29 200 Kraftfahrzeuge gezählt, 2006 waren es bereits 32 400. Mit
welchem Kfz-Bestand plant die Stadtverwaltung für das Jahr 2015, wenn für die Prognose die
Gesetzmäßigkeiten einer GF zugrunde gelegt werden ?
152
3 Folgen und Reihen
Satz 3.4
Die n-te Teilsumme einer geometrischen Reihe ergibt sich für alle n ∈ N* zu
sn = a1 ⋅
q n −1
1− q n
(|q| > 1) bzw. sn = a1⋅
(|q| < 1).
1− q
q −1
Die Gültigkeit der Aussage für alle n ∈ N* müsste mittels Vollständiger Induktion (Aufgabe!)
bewiesen werden.
Ź Beispiel 1: Zu bestimmen ist die 6. Teilsumme der Reihe 243 + 162 + 108 + ...
Lösung: Es handelt sich um eine geometrische Reihe mit q =
162 2
= ; für a1 = 243 und n = 6 folgt
243 3
1− ( 23 ) 6
6⎤
⎡
= 3⋅243⋅⎢1− ( 23 ) ⎥⇒ s6 = 665 .
s6 = 243 ⋅
⎣
⎦
1− 23
Ź Beispiel 2: Zu bestimmen ist die Anzahl der Glieder einer GR mit
Lösung
sn = a1⋅
2
+ 2 + 10 + ... = 39062,4.
5
q n −1
s
⇔ qn = n (q – 1) + 1, durch Logarithmieren folgt
a1
q −1
⎡s
⎤
n⋅log q = log⎢ n ⋅(q −1) +1⎥ , also
⎣ a1
⎦
⎡s
⎤
log⎢ n ⋅(q −1) +1⎥
⎣ a1
⎦
n=
.
log q
⎡ 39062, 4
⎤
lg⎢
(5 −1) +1⎥
⎣ 0, 4
⎦ lg 390625
=
⇒ n =8 .
Mit dekadischen Logarithmen gilt n =
lg 5
lg 5
Ź Beispiel 3: Zwischen 1 und 1 024 sind mehrere Zahlen so einzuschieben, dass sie eine geometrische
Folge mit dem Summenwert 1 365 bilden. – Die Glieder der Folge sind zu bestimmen.
Lösung:
sn = a1
sn =
q n −1 a1q n − a1
=
; mit an = a1qn–1 ⇔
q −1
q −1
an q n − a1
q −1
an ⋅q = a1⋅q n folgt
sn ⋅ (q – 1) = anq – a1 ⇔ q(sn – an) = sn – a1
s −a
q= n 1 .
s n − an
Speziell ist somit q =
1365 −1
= 4 ; also n = 6 und schließlich (an) = (1, 4, 16, 64, 256, 1 024).
1365 −1024
3.2 Spezielle (endliche) Folgen
153
• Aufgaben
3.60
a) Gegeben: a1 = – 2, q = – 4, n = 8, gesucht: sn;
b) gegeben: a1 = 2, an = 4 374, n = 8, gesucht: sn;
c) gegeben: an = 320, q = 2, n = 7, gesucht: sn;
1
d) gegeben: q = 5 , n = 6, sn = 11 718, gesucht a1 und an;
e) gegeben: a1 = – 5, q = – 2, sn = – 3 415, gesucht: an.
3.61
Weisen Sie die Richtigkeit der Aussagen nach:
n
a) sn = ∑ 2k−1 = 2n −1 ;
k=1
n
b) sn = ∑ 21−k = 2 − 21−n .
k=1
Zusatzaufgabe: Beweisen Sie ihre Gültigkeit für alle n ∈ N*.
3.62
Es sei (an) = (2, 10, 50, ..., 6 250).
Bestimmen Sie die entsprechende Teilsumme der zugehörigen Reihe.
3.63
Berechnen Sie, wie viele Glieder der Folge (an) = (3, 6, 12, ...) als Summe 6 141 ergeben.
3.64
Es gelte sn = ∑ 4⋅36−k =1 456 – Bestimmen Sie an.
n
k=1
3.65
Geben Sie die Zwischenglieder an für die GR mit sn = – 3 + ... + 3 072 = 2 457.
3.66
Von einer GF sind a1 = 4 374, a4 = 1 296 und an = 256 bekannt. Errechnen Sie sn.
3.67
Die Seiten a, b, c eines Dreiecks mit dem Umfang U = 37 cm bilden eine steigende GF.
Berechnen Sie die Fläche des Dreiecks, wenn c = 16 cm lang ist.
Hinweis: Ermitteln Sie zunächst die Länge der anderen Seiten .
3.68
Ein n-Eck hat bei einem Umfang von U = 43,75 cm eine längste Seite von a = 16 cm und eine
kleinste Seite von 6,75 cm Länge, abgestuft gemäß einer fallenden GF.
a) Bestimmen Sie die Anzahl der Ecken n und berechnen Sie die Längen aller Seiten.
b) Zeichnen Sie die Figur für β = 60° und unter Berücksichtigung, dass keiner der anderen Winkel einzeln größer als 180° ist.
c) Bestimmen Sie den Flächeninhalt des n-Ecks.
3.69
Drei Zahlen bilden eine fallende GF mit der Summe 21.
Subtrahiert man von der ersten Zahl 9, so ergibt sich eine AF. – Geben Sie die Glieder beider
Folgen an.
3.70
Ein Eigenheimbesitzer will sich einen Brunnen zur Bewässerung seines Grundstücks bohren
lassen. Der mit der Arbeit beauftragte Brunnenbauer verlangt für den ersten Meter Bohrung
2,50 € und für jeden weiteren Meter 75 % mehr als für den jeweils vorhergehenden.
a) Was kostet die Brunnenbohrung, wenn in 8 m Tiefe mit Wasser zu rechnen ist ?
b) Wie viel Geld kostet es zusätzlich, noch einen weiteren Meter bohren zu lassen ?
3.71
Im Immobilienteil einer Tageszeitung war folgende Annonce zu lesen:
„Herrschaftliche Villa, umgeben von altem Baumbestand (50 Bäume), zu verkaufen; Preisvorstel1
lung: Es sollen nur die Bäume bezahlt werden, und zwar für den ersten Baum ________
1 000 000 Cent und
für jeden weiteren 100 % mehr als für den jeweils vorhergehenden.“
Errechnen Sie den Kaufpreis für die Villa .
154
3 Folgen und Reihen
3.72
Eine Rechengerätefabrik produziert im ersten Monat des neuen Geschäftsjahres 15 000 elektronische Taschenrechner und steigert nachfragebedingt die Produktion monatlich um jeweils 5 ‰.
a) Wie viele Rechner werden im letzten Monat des laufenden Geschäftsjahres produziert ?
b) Wie viele Rechner sind insgesamt bis zum Ende des Geschäftsjahres ausgeliefert worden?
c) In welchem Monat wird der 1 000 000-ste Rechner gefertigt werden ?
3.73
Die Fassade des öffentlichen Gebäudes einer Stadt soll gestrichen werden; dafür werden aus dem
laufenden Etat 10 000 € zur Verfügung gestellt.
Zwei Malereibetriebe (A, B) beteiligen sich an der Ausschreibung mit folgenden Angeboten:
A: Jeder Quadratmeter kostet mit Vorarbeiten und Anstrich 15 €.
B: Der erste Quadratmeter kostet mit Vorarbeiten und Anstrich 0,50 €, jeder weitere Quadratmeter 1 % mehr als der jeweils vorhergehende.
a) Berechnen Sie, für welches Angebot sich der Rat der Stadt entscheidet, wenn das zur Verfügung stehende Geld optimal eingesetzt werden soll .
b) Bis zu welcher Flächengröße wäre das Angebot des anderen Unternehmens günstiger?
3.74
Von einem Punkt P aus bewegt sich ein Körper K1 geradlinig in bestimmter Richtung; er legt
dabei in der 1. Sekunde einen, in der 2. Sekunde zwei, in der 3. Sekunde vier Meter usw. zurück.
6 Sekunden nach dem Start von K1 setzt sich ein zweiter Körper K2 in gleicher Richtung in
Bewegung, legt in der 1. Sekunde 73 m zurück und verdoppelt wie K1 die pro Zeiteinheit zurückgelegte Wegstrecke gegenüber dem jeweils vorherigen Messwert.
Wie viele Sekunden nach dem Start von K1 befinden sich beide Körper auf gleicher Höhe ?
3.75
Ein Sägewerk will für einen Baumarktkonzern aus Rundhölzern von jeweils 3,8 m Länge drei
verschieden lange Palisaden schneiden. Wie eine Marktanalyse ergeben hat, sollte die längste
Palisade ein Maß von 1,8 m nicht überschreiten.
Wie müssen dann die beiden anderen Palisaden abgelängt werden, wenn eine geometrische
Stufung optimale Sortierung gewährleistet ?
3.76
Eine Firma für Messtechnik stellt Endmaße her. Im Sortiment befindet sich u.a. ein Satz, der aus
einem größten Endmaß von 44,8 mm besteht; alle anderen sind halb so lang wie das jeweils vorhergehende und ergeben hintereinander gelegt ein Gesamtmaß von 88,9 mm.
Wie viele Endmaße enthält der Satz ?
3.77
Ein Millionär setzt beim Roulett das erste Mal 5 € und vergrößert seinen Einsatz nach jedem
verlorenen Spiel um einen bestimmten gleich bleibenden Faktor k. – Das Glück ist ihm nicht
hold; er verliert jedes Spiel, beim letzten schließlich den Einsatz von 10 240 € und hat insgesamt
20 475 € Verlust zu beklagen.
Ermitteln Sie die Anzahl der Spiele, die zu dem Verlust geführt haben.
3.3 Grenzwert von Folgen
155
3.3 Grenzwert von Folgen
Der für die Differential- und Integralrechnung wesentliche Begriff Grenzwert soll eingeführt
werden, und zwar angelehnt an geometrische Folgen und Reihen.
3.3.1 Unendliche geometrische Folgen und Reihen
Die bisherigen Überlegungen zu geometrischen Folgen und Reihen bezogen sich auf deren
Anfangsstücke. Nun ist das Augenmerk auf deren Endstücke zu richten. Es ist zu untersuchen,
wie sich die Folgeglieder verhalten, wenn zu jedem an immer wieder ein nachfolgendes (n + 1)tes Glied existiert, wenn also die Anzahl der Glieder über alle Maßen wächst, größer wird als
jede angebbare Zahl, d. h. unendlich groß wird.
Grenzwertverhalten der GF für |q| < 1
Die erforderlichen Gedankengänge erschließen sich durch nachfolgenden Sachverhalt:
In einem Quadrat mit der Seitenlänge l werden die Seitenmitten untereinander verbunden, so
dass – was leicht nachzuprüfen ist – ein neues Quadrat entsteht. In dieses kann auf gleiche
Weise ein weiteres Quadrat gezeichnet werden usw. (Bild 3.5); ein Verfahren, das sich theoretisch beliebig oft fortsetzen ließe. Die Flächenmaßzahlen der entstehenden Quadrate bilden die
Glieder einer fallenden geometrischen Folge mit der Gesetzmäßigkeit
a1 = l 2,
a2 =
1 2
2l
a3 =
1
4
(wieso?),
l2
:
an = l 2 ⋅
§1 ·
¨2 ¸
© ¹
n −1
.
Bild 3.5
Lässt man die Anzahl der Folgeglieder unbeschränkt wachsen (das Einzeichnen der Quadrate
erfolgt immer wieder ), muss das Verhalten von an geklärt werden:
Die Flächenmaßzahlen nähern sich bei genügend großem n immer mehr der Zahl 0 an; eine
Entwicklung, die gut mit ET-Rechnern nachzuvollziehen ist:
a10 = l 2 · 1,95 · 10–3 =
1,95 2
l ,
103
a100 = l 2 · 1,58 · 10–30 =
1,58 2
l ,
1030
a300 = l 2 · 9,82 · 10–60 =
9,82 2
l ,
1060
a329 = l 2 · 1,83 · 10–99 =
1,83 2
l .
1099
Mit der Bestimmung des 329. Gliedes ist die Kapazität gebräuchlicher ET-Rechner ausgeschöpft; für das 330. Glied der Folge zeigen sie lediglich den abgerundeten Wert 0 an.
156
3 Folgen und Reihen
Formal-mathematisch kann diese Annäherung von an an die Zahl 0, hervorgerufen durch unbeschränktes Anwachsen von n, so festgehalten werden:
§1·
g = lim an = lim l2 ¨ ¸
n →∞
n →∞ © 2 ¹
n −1
n
§1·
= lim 2l2 ¨ ¸ = 0. 1)
n →∞
© 2¹
¾ Die Zahl g (hier: g = 0), gegen die an strebt oder konvergiert 2), heißt Grenzwert der Folge.
Dass g = 0 (Gleichheitszeichen!) geschrieben werden darf, obwohl diese Zahl g streng genommen niemals erreicht wird, liegt am Grenzwertbegriff.
Der Grenzwert gilt dann als existent, wenn fast alle3) Glieder der Folge in einer beliebig kleinen Umgebung von g liegen.
Für das gewählte Beispiel (l = 1 LE) ergäbe sich bei einer Umgebung mit willkürlich festgelegtem Radius r = ε = 10–99, dass 329 Glieder (endlich viele!) außerhalb und alle anderen
Folgeglieder (unendlich viele!) innerhalb der sog. ε-Umgebung liegen, somit dem Grenzwert
g=0 beliebig nahe kommen. Bild 3.6 stellt den Sachverhalt auf der Zahlengeraden dar.
Bild 3.6
Umgebung von g = 0
Sollte dieser Umgebungs-Radius ε als zu breit angesehen werden, ließe sich eine beliebig
kleinere Halbbreite vorgeben. Dann lägen z. B. 1 000 Glieder – oder aber bei noch schmalerem
Radius beispielsweise 1 000 000 Glieder – der Folge außerhalb der willkürlich gewählten εUmgebung. Entscheidend ist, dass alle anderen, nämlich unendlich viele Glieder innerhalb
dieser Umgebung liegen werden.
¾ Für unendliche GF stellt sich der Grenzwert g = 0 immer dann ein, wenn |q| < 1 ist.
Plausibilitätsnachweis
g = lim an = lim a1qn–1 = lim
n→∞
n→∞
n→∞
a1 n
⋅q ;
q
a1
q
ist bezogen auf n konstant, also
a1
⋅ lim q n und damit
q n→∞
g = 0.
g=
¾ Jede Folge (an) mit dem Grenzwert 0 heißt Nullfolge: g = lim an = 0 .
n→∞
1)
2)
3)
Gelesen: Limes von an für n gegen unendlich.
Von limes (lat.): Grenze; n → ∞ ist die symbolische Schreibweise dafür, dass n über alle Maßen
wächst, also größer wird als jede angebbare Zahl (∞ ∉ N, ∞ ∉ R).
konvergieren (lat.): annähern, zusammenlaufen
Der Ausdruck fast alle ist im Sinne von alle, bis auf endlich viele zu verstehen.
3.3 Grenzwert von Folgen
157
Grenzwertverhalten der GR für |q| < 1
Anhand des Eingangsbeispiels soll nun untersucht werden, welche Flächensumme sich ergibt,
wenn die Flächenmaßzahlen aller theoretisch möglichen Quadrate addiert werden. Somit ist zu
überlegen, wie sich die Folge der Teilsummen verhält, wenn n über alle Maßen wächst.
Allgemein gilt für endlich viele Glieder
sn = a1 ⋅
1− qn
und speziell mit a1 = l2 und q =
1− q
§1·
1− ¨ ¸
2
sn = l 2 ⋅ © ¹
1
1−
2
1
2
n
oder
ª § 1 ·n º
sn = 2l 2 ⋅ «1 − ¨ ¸ » .
«¬ © 2 ¹ »¼
Mit dem ET-Rechner ergibt sich z. B. s10 = 1,998046875 · l2 bzw.
s30 = 1,999999998 · l2,
so dass sich die Glieder der Folge (sn) mit wachsendem n der Flächensumme s = 2l2 annähern.
Formal-mathematisch schreibt man
ª § 1 ·n º
s = lim sn = lim 2l2 ⋅ «1 − ¨ ¸ » ; unter Berücksichtigung, dass lim ( 1 ) n = 0 ist, folgt
n →∞ 2
n →∞
n →∞
«¬ © 2 ¹ »¼
s = 2l2.
Der Grenzwert s der Folge der Teilsummen (sn) wird auch Summe der zugehörigen unendlichen geometrischen Reihe genannt.1)
¾ Für unendliche GR lässt sich allgemein schließen, dass sich der Grenzwert g = s ∈ R*
genau dann einstellt, wenn |q| < 1 ist.
Es fällt auf, dass der Grenzwert im Gegensatz zu GF nicht den Wert 0 annimmt. Welche Werte
das sind, soll der Plausibilitätsnachweis zeigen:
s = lim sn = lim a1 ⋅
1− qn
1− q
=
ª a
º
lim « 1 (1 − q n )» ;
n →∞
n → ∞ ¬1 − q
a1
⋅ lim (1 − q n ) ; mit lim qn = 0 folgt
s=
1 − q n →∞
n →∞
n →∞
s=
1)
¼
a1
ist bezogen auf n konstant, also
1− q
a1
.
1− q
Die Bezeichnung dieses Grenzwertes mit dem Buchstaben s (statt g) soll diesem Sachverhalt Rechnung tragen.
158
3 Folgen und Reihen
Satz 3.5
∞
Die unendliche geometrische Reihe a1 + a1q + ... + a1qn–1 + ... = ∑ a1q k−1
k=1
konvergiert genau dann, wenn |q| < 1 ist; ihr Grenzwert ist
a
s = lim sn = 1 .
1− q
n→∞
Beweis
Die Richtigkeit des vorstehenden Satzes soll für 0 < q < 1 geometrisch-anschaulich bewiesen
werden (Bild 3.7). Die Konstruktion des rechtwinkligen Dreiecks ABC muss bezüglich der
Existenz des Schnittpunktes C erläutert werden:
Die Scheitelpunkte T1, T2, T3, ..., Tn, ... der „Treppen“-Stufen liegen auf einer unter 45° zur
Verlängerung von AT1 geneigten Geraden (wieso?). Diese Gerade wiederum schneidet den
unter (α von A ausgehenden Strahl in C, und zwar nur, weil α = arctan q wegen 0 < q < 1
immer kleiner als 45° ist.
Bild 3.7
Geometrischer Beweis von Satz 3.7
Aufgrund der geometrischen Zusammenhänge (a1 ≠ 0) gilt
aq ⎫
tan α = 1 ⎪
s − a1
a
a1 ⎪
⎬⇔ q=
⇔ s − s⋅q = a1 ⇔ s = 1 .
s − a1 ⎪
s
1− q
tan α =
⎭
s ⎪
⎛1 1 1
⎞
1
Ź Beispiel: Es sei (an) =⎜ , , , ..., n , ...⎟; der Grenzwert der Teilsummenfolge (sn) ist gesucht.
⎝2 4 8
⎠
2
a
Lösung: |q| < 1 Ÿ s = lim sn = 1
1− q
n→∞
1
s = 2 =1 .
1
1−
2
3.3 Grenzwert von Folgen
159
Das Ergebnis lässt sich veranschaulichen (Bild 3.8):
Eine Strecke mit der Längeneinheit 1 kann mit dem
Zirkel (theoretisch) beliebig oft halbiert werden; die
Längenmaßzahlen der sich ergebenden Abschnitte
werden bei Addition den Wert 1 nicht überschreiten,
also ist
1 1 1
s = + + +... =1 .
2 4 8
Bild 3.8
∞
1
=1
k
2
k=1
Geometrische Veranschaulichung für ∑
* Periodische Dezimalzahlen als Grenzwert unendlicher geometrischer Reihen
Aus Abschnitt 1.1.1 ist bekannt, dass jede periodische Dezimalzahl eine rationale Zahl (Q) ist,
also als Bruch geschrieben werden kann. Mit Hilfe der Reihenentwicklung lässt sich diese
Aussage erhärten, was beispielhaft gezeigt werden soll.
Ź Beispiel 1: Zu zeigen ist, dass 0,5 ∈ Q ist.
5
5
5
+
+... ;
Lösung: 0, 5 = +
10 100 1000
Ź Beispiel 2: Zu zeigen ist, dass 0,54 ∈ Q ist.
5
4
4
4
+
+
+... ;
Lösung: 0,54 = +
10 100 1 000 10 000
5
5
5
5
+
+... = 10 ,
Ÿ 0, 5 = +
1
10 100 1000
1−
10
5
also 0, 5 = ∈ Q.
9
4
5
5
4
100
= + ,
Ÿ 0,54 = +
1
10
10 90
1−
10
49
∈ Q.
also 0,54 =
90
Uneigentliches Grenzwertverhalten für |q| > 1
Von der Anschauung her resultiert, dass z. B. bei (an) = (2, 4, 8, ..., 2n, ...) die Glieder mit
wachsendem n schließlich über alle Maßen groß werden, also nicht gegen einen Grenzwert
g ∈ R konvergieren; man sagt, die Folge (an) ist divergent1).
¾ Eine Folge (an), die nicht konvergent ist, heißt divergent.
Bestimmte und unbestimmte Divergenz
Die begriffliche Zuordnung hängt davon ab, ob die Folgeglieder in gleich bleibender Richtung
divergieren oder aber ob es mit wechselnden Vorzeichen geschieht.
Bei den geometrischen Folgen ergeben sich vorrangig drei unterschiedliche Fälle:
1)
divergieren (lat.): auseinanderlaufen
160
3 Folgen und Reihen
1. q > 1, a1 > 0:
(an) ist bestimmt divergent, man schreibt symbolisch lim an = + ∞
2. q > 1, a1 < 0:
(an) ist wiederum bestimmt divergent, jedoch gilt lim an = – ∞
3. q < – 1, a1 ≠ 0:
Die alternierende Folge (an) ist unbestimmt divergent, da die Glieder
der Folge mit wachsendem n nicht in gleich bleibender Richtung über
alle Maßen groß bzw. klein werden; eine eindeutige Angabe der Divergenz nach + ∞ bzw. – ∞ kann nicht erfolgen.
n→∞
n→∞
Uneigentlicher Grenzwert
Die Schreibweise lim an = + ∞ bzw. lim an = – ∞ ist symbolisch zu verstehen; gelegentlich
n→∞
n→∞
wird von uneigentlichem Grenzwert + ∞ bzw. – ∞ gesprochen.
Aber: Ein Grenzwert wird letztendlich damit nicht angegeben; besagt dieser Begriff doch, dass
g ∈ R sein muss.
Eine erste (vorläufige) Definition soll das verdeutlichen:
Eine Zahl g ∈ R heißt Grenzwert der Folge (an), wenn bis auf endlich viele Anfangsglieder alle anderen ihrer Nachfolgeglieder in jeder zu g symmetrischen Umgebung beliebiger Halbbreite ε liegen.
¾ Anschaulich kann für Folgen mit uneigentlichem Grenzwertverhalten + ∞ oder – ∞ festgehalten werden, dass in jeder ε-Umgebung einer Zahl r ∈ R nur endlich viele Folgeglieder auftreten, unendlich viele liegen jedoch außerhalb.
Analoge Aussagen lassen sich für unendliche geometrische Reihen treffen:
Satz 3.6
Unendliche geometrische Folgen und Reihen sind für |q| > 1 divergent.
Die Divergenz unendlicher GR für q > 1 zeigt sich gemäß Bild 3.7 (wieso?).
• Aufgaben
3.78
Bestimmen Sie jeweils die Summe der unendlichen geometrischen Reihen:
∞
⎛ 1 ⎞k−1
a) s = ∑ 3⎜ ⎟ ;
⎝4⎠
k=1
3.79
∞
⎛ 3 ⎞k−1
c) s = ∑ 7⎜− ⎟ ;
⎝ 4⎠
∞
⎛ 2 ⎞k−1
d) s = ∑ (−5)⎜− ⎟ .
⎝ 3⎠
1
b) 5 −1+ −+ ... ;
5
c) 16 + 12 + 9 +…
d) – 72 + 48 – 32 + – ... .
k=1
k=1
Ebenso:
2
2 ⎛2⎞
a) 1+ +⎜ ⎟ + ... ;
7 ⎝7⎠
3.80
∞
⎛ 2 ⎞k−1
b) s = ∑ 6⎜ ⎟ ;
⎝5⎠
k=1
Schreiben Sie als echten Bruch:
a) 0, 4 ;
b) 0, 47 ;
c) 0, 473 ;
d) 0, 47 ;
e) 0, 473 ;
f) 0, 473 .
3.3 Grenzwert von Folgen
3.81
161
Wie viel % beträgt der Fehler, wenn statt mit 0,87 mit folgenden Werten gerechnet wird:
a) 0,87;
b) 0,88;
c) 0,9?
3.82
Die Summe einer unendlichen geometrischen Reihe ergibt sich zu s = 81; ihre 3. Teilsumme ist
s3 = 57. – Geben Sie das allgemeine Bildungsgesetz an.
3.83
Die 4. Teilsumme einer alternierenden unendlichen geometrischen Reihe ist s4 = 85; die Summe
der restlichen Glieder (also mit a5 beginnend) ist
1
3
.
Geben Sie die ersten fünf Glieder der Reihe an.
3.84
Auf einen Würfel mit der Kantenlänge a = 12 cm wird ein zweiter Würfel so
aufgesetzt, dass dessen Ecken die Kanten des größeren Würfels halbieren
(Bild 3.9). Darauf werden auf dieselbe Weise weitere, jeweils entsprechend
kleinere Würfel gestapelt.
Berechnen Sie das Volumen aller Würfel zusammen .
Bild 3.9
3.85
In ein Quadrat mit der Seitenlänge l = 7 cm wird ein zweites Quadrat so eingezeichnet, dass
dessen Ecken die Seiten des größeren Quadrates im Verhältnis 3 : 4 teilen. In das zweite Quadrat
wird auf gleiche Weise (d. h. unter Wahrung der Streckenverhältnisse) ein drittes, viertes, ...
Quadrat eingezeichnet.
Wie groß ist a) die Fläche, b) der Umfang aller theoretisch möglichen Quadrate ?
3.86
In einem gleichseitigen Dreieck (c = 8 cm) werden die Seitenmitten untereinander verbunden, so
dass ein neues gleichseitiges Dreieck entsteht. In dieses wird auf gleiche Weise ein drittes
Dreieck gezeichnet, usw.
Bestimmen Sie die Summe a) der Flächen, b) der Umfänge aller denkbaren Dreiecke .
3.87
In ein Rechteck (8 cm × 6 cm) wird ein Viereck so eingezeichnet, dass man die Mittelpunkte der
Rechteckseiten miteinander verbindet. In das so entstandene Viereck wird wie beschrieben ein
weiteres Viereck eingezeichnet usw.
a) Berechnen Sie die Flächensumme aller möglichen Vierecke .
b) Wie groß ist ihr Umfang?
3.88
In den Umkreis eines Rechtecks (8 cm × 6 cm) sind weitere
kleinere Umkreise mit einbeschriebenen Rechtecken eingezeichnet (Bild 3.10).
Berechnen Sie die Summe der Umfänge und der Flächen
a) aller Umkreise;
b) aller einbeschriebenen Rechtecke.
Bild 3.10
3.89
Ein Gymnastikball wird aus einer Höhe von 1,5 m frei fallen gelassen. Er ist so aufgepumpt, dass
er jeweils auf 90 % seiner vorherigen Fallhöhe zurückspringt.
Welchen (theoretischen) Gesamtweg legt der Ball zurück, bis er endgültig zur Ruhe kommt?
162
3.90
3 Folgen und Reihen
Ein als Fachwerk ausgelegter Dachbinder
einer Lagerhalle (Stützweite s = 16 m,
Stützhöhe h = 2144 mm) ist gemäß Bild
3.11 aufgebaut. Welche Gesamtlänge
werden die zwischen dem Untergurt
sowie den Obergurten angebrachten
Füllstäbe niemals überschreiten können?
Bild 3.11
*3.3.2 Verallgemeinerung des Grenzwertbegriffes
Anhand unendlicher geometrischer Folgen ist der Grenzwertbegriff bewusst anschaulich eingeführt worden. Die Abhandlung wichtiger Definitionen und Sätze ist so allgemein wie möglich und so streng wie gerade nötig erfolgt. Zum weiteren Verständnis des Grenzwertbegriffes
folgt nun eine (behutsame) verallgemeinernde Betrachtung.
Das Grenzwertverhalten harmonischer Folgen
Der Grenzwert der harmonischen Folge
Die Glieder der harmonischen1) Folge (an) =
( 1, 12 , 13 , ..., 1n , ...)
1
=0 .
n→∞ n
streben mit wachsendem n gegen die Zahl 0, sie bilden eine Nullfolge: lim
Es bedeutet, dass von einer bestimmten Platznummer an jedes weitere Glied der Folge kleiner
als eine willkürlich gewählte Zahl ε ∈ R+ sein wird. Schließlich werden alle (bis auf einige
wenige) Glieder der Folge in einer zu g = 0 symmetrischen ε-Umgebung liegen. Anhand von
Bild 3.12 zeigt sich, dass gelten muss
an < ε
⇒
1 <ε
n
⇔ n > 1ε .
Bild 3.12
Konvergenz der Folge mit an =
1
gegen g = 0
n
Die Ungleichung erlaubt eine Platznummer nε = 1ε anzugeben, ab der alle weiteren Glieder der
Folge n > nε in der ε-Umgebung von g = 0 liegen:
1
Für ε = 10
ergibt sich nε =
1
für ε = 100
ergibt sich nε = 100, also n > 100;
10, also n >
10;
1 ergibt sich n = 1000, also n > 1000 usw.
für ε = 1000
ε
1)
Jedes Glied – mit Ausnahme des 1. Gliedes – ist harmonisches Mittel seiner Nachbarglieder.
2ab
Harmonisches Mittel zweier Zahlen a, b ∈ R*: mh =
.
a +b
3.3 Grenzwert von Folgen
163
Je kleiner die Halbbreite ε gewählt wird, desto mehr Anfangsglieder liegen außerhalb dieser
ε -Umgebung. Darauf kommt es letztendlich nicht an. Entscheidend ist,
– dass es endlich viele sind und
– dass rechnerisch eine Zahl ermittelt werden kann, ab der sich alle weiteren Folgeglieder nur
noch innerhalb dieser Umgebung zu g befinden.
Das Grenzwertverhalten der harmonischen Reihe
Für die Folge der Teilsummen (sn) eine Aussage über das Grenzwertverhalten anzustellen,
gestaltet sich schwieriger.
Zur Erinnerung: Unendliche geometrische Folgen sind für |q| < 1 Nullfolgen, deren Summen
endlich sind. Für harmonische Reihen gilt diese Schlussfolgerung nicht:
¾ Die harmonische Folge (an) =
( 1, 12 , 13 , ..., 1n , ...) bildet zwar eine Nullfolge;
die Folge der Teilsummen (sn) jedoch divergiert.
Eine Abschätzung schafft Gewissheit:
∞
1
k=1 k
1 1 1
∑ =1 + 2 + 3 + 4 + 15+ 16+ 17 + 18 + 19+...+161 + 171 +...+ 321 +... .
N >
1
2
>
1
2
>
1
2
>
1
2
Der Grenzwert der alternierenden harmonischen Folge
⎛
⎞
1
Die alternierende harmonische Folge (an) =⎜1, − 12 , , − 14 , ... ,(−1) n+1⋅ 1n , ...⎟ ist eine Nullfolge.
⎝
⎠
3
Ihre Glieder nähern sich abwechselnd von beiden Seiten der Zahl 0 und sind betragsmäßig von
einer bestimmten Platznummer an kleiner als ε ∈ R+.
Zweckmäßig ist es, eine zu g = 0 symmetrische ε -Umgebung zu betrachten (Bild 3.13). Zur
Bestimmung der Platznummer nε muss nunmehr folgender Ansatz zum Tragen kommen:
1
|an| < ε ⇒ (−1) n+1 ⋅ < ε
n
⇒
1
1
<ε ⇔ n> .
ε
n
Bild 3.13
Konvergenz der Folge mit an = (– 1)n+1
Für z. B. ε =
1
1000
1
gegen g = 0
n
resultiert, dass endlich viele Glieder (nämlich 1000) außerhalb und ab 1001.
Glied alle weiteren in der zu g = 0 symmetrischen ε -Umgebung liegen, also dem Grenzwert g
beliebig nahe kommen.
Hinweis: Die alternierende harmonische Reihe konvergiert ebenfalls: s = lim sn = ln2 .
n→∞
164
3 Folgen und Reihen
Definition des Grenzwertes und 1. Konvergenzkriterium
Aufgrund dieser Ausführungen ist es sinnvoll, den Grenzwert einer Folge so zu definieren:
Definition 3.7
Eine Folge (an) heißt konvergent mit dem Grenzwert g ∈ R, wenn es für jede beliebig
breit gewählte symmetrische ε-Umgebung von g mit Radius ε ∈ R+ eine Zahl nε ∈ N*
gibt, ab der alle weiteren Glieder der Folge mit n > nε in dieser ε-Umgebung liegen,
wenn also gilt
|an – g| < ε für n > nε .
Zugegeben, es ist eine sehr abstrakte Definition . Und dass der hierauf basierende Konvergenznachweis nicht besonders gut vonstatten geht, haben die zwei durchgerechneten Beispiele
bereits gezeigt. Dennoch ist Land in Sicht: Unter Einbeziehung des Begriffes Nullfolge erschließt sich das benutzerfreundliche 1. Konvergenzkriterium1) als Satz wie folgt:
Satz 3.7
Eine Folge (an) konvergiert genau dann gegen den Grenzwert g ∈ R, wenn die Differenzfolge (an – g) Nullfolge ist.
Zu zeigen ist, dass die Folge mit an =
Ź Beispiel:
4n + 5
4
gegen g = konvergiert.
5n
5
⎛ 4n + 5 4 ⎞
− ⎟Nullfolge ist.
Es muss gezeigt werden, dass die Folge⎜
⎝ 5n
5⎠
⎛ 4n + 5 4 ⎞
⎛ 4n + 5 − 4n ⎞
− ⎟= lim⎜
Also: gN = lim⎜
⎟,
⎠
5 ⎠ n→∞⎝
5n
n→∞⎝ 5n
Lösung:
gN = lim
5
n→∞ 5n
= lim
1
n→∞ n
und somit
gN = 0.
Praktische Alternativlösung:
Man bedient sich dabei des Wissens um lim
1
n→∞ n
n ( 4+ n )
4n + 5
= lim
5n
n→∞ 5n
n→∞
=0 .
5
Es ist
g = lim
(kürzen !)
lim ( 4 + 5n )
⎛1⎞
⇒ g = n→∞
, da 5 ⋅⎜ ⎟ Nullfolge ist (wieso?), folgt schließlich
⎝n⎠
5
4
g= .
5
1)
Auf andere Konvergenzkriterien soll in diesem Rahmen nicht eingegangen werden.
165
4 Grenzwert von Funktionen – Stetigkeit
4.1 Grenzwerte von Funktionen
4.1.1 Erfordernis diverser Grenzwertbetrachtungen
Ganz ohne Folgen geht es nicht. Folgen1) sind Funktionen, deren Definitionsbereich in der
Regel eingeschränkt ist auf N*. Zur Einstimmung in das Thema ist die harmonische Folge mit
1
der Funktionsvorschrift an = f(n) = gut geeignet.
n
Mit der Schreibweise (n statt x, an statt y) ergibt sich die Funktion wie folgt:
1 ),..., (100; 1 );..., (1000 ; 1 ),..., ( n ; 1 ),... }.
an = f(n) = { (1;1), (2; 12 ), (3; 13 ),..., (10; 10
100
1000
n
Für die Grenzwertbetrachtung ist das Anfangsstück dieser Funktionen nicht relevant, es sind
die Endstücke. Die Schlüsselfrage lautet:
Wie verhalten sich die Funktionswerte, wenn die auf der Horizontalachse aufgetragenen Abszissen über alle Maßen groß werden? Offensichtlich: Die Funktionswerte (= Ordinaten) streben mit wachsenden Abszissen gegen 0. Die Symbolschreibweise trägt dem Rechnung:
1
= 0 , wobei g für Grenzwert steht2).
n
n→∞
g = lim an = lim
n→∞
Dass g = 0 (Gleichheitszeichen!) geschrieben wird, obwohl diese Zahl nie ganz erreicht wird,
liegt am Grenzwertbegriff. Es wird bereits dann von der Existenz des Grenzwertes ausgegangen, also das Gleichheitszeichen gesetzt, wenn mit größer werdenden Abszissen der Abstand
der Funktionswerte von g = 0 immer, immer kleiner wird.
Man kann sich das Ganze auch so vorstellen: Überzieht man die positive Abszissenachse mit
einem Schlauch relativ kleinen Durchmessers (Ø 0,01 LE oder Ø 0,001 LE oder …) und ist
dann gewährleistet, dass mit größer werdenden Abszissen die Funktionswerte nicht außerhalb
dieses Schlauches auftreten, existiert der Grenzwert g.
Das zunächst einmal sehr abstrakt Wirkende bekommt realistische Bedeutung:
a) Weg-Zeit-Gesetzmäßigkeit
Die physikalische Gesetzmäßigkeit s = v⋅t ⇔ t = vs verdeutlicht, dass es immer eine bestimmte
Zeit t erfordert, eine vorgegebene Wegstrecke s zu durchfahren. Je höher die Geschwindigkeit
v ansteigt, desto geringer wird die Zeit t, diese Strecke zurückzulegen, aber: Die benötigte Zeit
wird nie ganz 0 werden können.
1)
2)
Genaueres steht im Abschnitt 3.1.1
Genaueres steht im Abschnitt 3.3.2
166
4 Grenzwert von Funktionen – Stetigkeit
1
Für eine Strecke von z. B. s =1 km kann geschrieben werden g: = t g = lim = 0 ;
v→∞ v
s
für beliebige vorgegebene Strecken s gilt entsprechend g: = t g = lim = 0 .
v→∞ v
Die angestellten Überlegungen sind nachvollziehbar für v ∈ N*. Realistisch werden sie aber
erst für v ∈ R+, was mathematisch einer Definitionsbereichserweiterung gleich kommt.
Alternativ und mehr den physikalischen Gegebenheiten Rechnung tragend, lässt sich auch die
Umkehrfunktion v = f (t ) = st betrachten. In Analogie zu den eben angestellten Überlegungen
wird offensichtlich, dass für t →∞ resultiert, dass die Geschwindigkeit gegen 0 gehen muss,
s
also vg = lim = 0 .
t →∞ t
Von besonderem Interesse für das weitere Vorgehen ist die bislang
noch nicht thematisierte und bei Folgen auch nicht relevante Fragestellung:
Was geschieht, wenn angestrebt wird, die für die Wegstrecke erforderliche Zeit immer mehr zu verringern, also gegen 0 gehen zu lassen?
Bild 4.1
s
1
Es ist wegen v = f(t) = = s⋅ unmöglich, eine vorgegebene Strecke in t = 0 Sekunden zu
t
t
bewältigen. Klar: Selbst das Licht benötigt zum Zurücklegen einer Wegstrecke Zeit, und zwar
für ca. 300.000 km eine Sekunde.
s
Für t → 0 würde die Geschwindigkeit v über alle Maßen groß werden: vg = lim =∞ .
t→0 t
Hinweis: Diese Schreibweise ist nicht unproblematisch. Der Begriff Grenzwert besagt, dass sich die
Funktionswerte einer bestimmten Zahl annähern; hier ist es nicht der Fall. Man spricht deshalb auch von
uneigentlichem Grenzwert, der eigentlich gar keiner ist.
Bild 4.1 veranschaulicht die Ausführungen, wobei der Kurvenverlauf asymptotisches Verhalten zeigt. Damit ist gemeint, dass sich der Graph einerseits der Horizontal- andererseits der
Vertikalachse beliebig dicht annähert (ĺ Schlauchmodell).
b) Boyle-Mariotte'sches Gesetz
1
Es ist wegen p ⋅ V = const. oder p = f(V) = c⋅ unmöglich, in einem abgeschlossenen System
V
(z. B. Kolben und Zylinder) das Volumen eines Mediums so zu verdichten, dass V = 0 sein
könnte. Für V → 0 würde der Druck p über alle Maßen groß werden. Vorher geschähe etwas
anderes: Der Zylinder würde bersten !
Andererseits: Für Vĺ’ erschließt sich der Grenzwert pg= 0.
Die Graphik entspricht der von Bild 4.1, wobei die Abszissenachse mit der Variablen V und
die Ordinatenachse mit der Variablen p zu beschriften sind.
4.1 Grenzwerte von Funktionen
167
c) Kondensator im Stromkreis
Ein Kondensator bewirkt im sinusförmigen Wechselstromkreis eine besondere Art von Wider1
stand, der kapazitiver Widerstand XC genannt wird. Dabei gilt XC ~ , wobei f für die Fref
quenz in Hertz steht. Die Graphik ergibt sich wie gehabt, wobei die Abszissenachse mit der
Variablen f und die Ordinatenachse mit der Variablen XC zu beschriften sind.
Für f → 0 würde XC über alle Maßen groß werden.
Die elektrotechnischen Gegebenheiten bestätigen die mathematische Schlussfolgerung: Ein
Kondensator ist im Gleichstromkreis ( f = 0) ein unendlich großer Widerstand; Gleichstrom
geht durch den Kondensator nicht hindurch !
Andererseits: Für f ĺ ’ erschließt sich der Grenzwert XCg= 0.
Grenzwertbetrachtungen zu f (x) =
1
x
Die aufgeführten Anwendungsbeispiele werden letztendlich alle repräsentiert durch den Urtyp
einer spezifischen Funktion: f ( x) = 1x mit x ∈ R*. Der Definitionsbereich ist jetzt erweitert
worden auf die negative x-Achse. Konsequenzen ergeben sich hinsichtlich der Notwendigkeit
von Grenzwertbetrachtungen und für den Graphen selbst.
Grenzwerte für x → ± ∞
Analog zur bisherigen Vorgehensweise lässt sich der Grenzwert für x → + ∞ ermitteln zu
1
g = lim f ( x) = lim =+0 .
x→+∞
x→+∞ x
Mit wachsenden Abszissen x nähern sich die Funktionswerte f(x) aus dem positiven Zahlenbereich kommend der Zahl g = 0 an.
Insofern nichts Neues, einmal abgesehen von der Schreibweise. Sie hebt hervor, dass die Einschränkung des Definitionsbereichs auf N* (Folgen !) nicht mehr besteht.
Neu ist, dass nun auch die Grenzwertbetrachtung für x → – ∞ durchgeführt werden kann:
1
g = lim f ( x) = lim =−0 .
x→−∞
x→−∞ x
Die Funktionswerte nähern sich g = 0 an, jetzt aus dem negativen Zahlenbereich kommend.
Die geometrische Interpretation der unterschiedlichen Annäherung der Funktionswerte
f(x) an g = 0 erfolgt gemäß Bild 4.2.
Bild 4.2
1
f (x) = : Asymptotisches Verhalten für x → ± ∞
x
168
4 Grenzwert von Funktionen – Stetigkeit
Waagerechte Asymptote
Der Funktionsgraph kommt für x → + ∞ bzw. für x → – ∞ der x-Achse (yA := g = 0) beliebig
dicht nahe, er nähert sich ihr asymptotisch:
¾ Die Gerade yA = A(x) = 0 ist Asymptote.
Grenzwerte für x → 0
Neben der Ermittlung der Grenzwerte für x → ± ∞ kann bei reellen Funktionen für jede
Abszisse x0 ∈ R eine Grenzwertbetrachtung durchgeführt werden. Ein Muss besteht für jene
x0-Werte, die nicht zur Definitionsmenge gehören, d. h. für die die Funktion nicht definiert ist,
also eine Definitionslücke aufweist.
Für f ( x) = 1x mit dem Definitionsbereich D = R* (wieso ?) ist demnach zu untersuchen, wie
sich die Funktion verhält für x → x0 = 0.
Zwei Möglichkeiten bieten sich an: Der Funktionswertachse lässt sich sowohl von rechts als
auch von links beliebig dicht nahe kommen. Die praktizierte Annäherung an x0 = 0 zeigt sich
in der nachfolgend aufgeführten Wertetabelle und lässt jeweils die Tendenz vermuten:
-0,1
-0,01
-0,001
…ĺ…
x=0
…ĸ…
0,001
0,01
0,1
-10
-100
-1000
…
×××
…
1000
100
10
¾ Links- wie rechtsseitige Annäherung liefern uneigentliche Grenzwerte:
1
=−∞ ,
x→0−0 x
linksseitiger Grenzwert: gl = lim
1
=+∞ .
x→0+0 x
rechtsseitiger Grenzwert: g r = lim
Hinweis: Die Angaben – 0 bzw. + 0 beschreiben die Richtung, aus der man sich x0 = 0 annähert.
Die geometrische Interpretation ist in Bild 4.2 gestrichelt markiert. Der Graph in seiner Gesamtheit heißt (rechtwinklige) Hyperbel und zeigt sich gemäß Bild 4.3.
Polgerade
Je dichter die Annäherung an x0 = 0 von rechts erfolgt, desto
mehr wachsen die Funktionswerte an; sie werden schließlich
über alle Maßen groß.
Bei entsprechender Annäherung von links werden die Ordinaten schließlich kleiner als jede angebbare Zahl.
Der Graph nähert sich asymptotisch einer Vertikalen, hier ist
es die y-Achse.
¾ Die Gerade xp = 0 ist Polgerade (= senkrechte Asymptote).
Bild 4.3
Graph von f(x) =
1
, x ∈ R*
x
4.1 Grenzwerte von Funktionen
169
4.1.2 Rechnerischer Umgang mit Grenzwerten
Grenzwerte für x → ± ∞
Definition des Grenzwertes
Die in der mathematischen Literatur geläufige Definition lehnt sich stark an die von Folgen an
(Definition 3.7), sie ist entsprechend abstrakt. Hier soll eine anschaulichere Formulierung
gewählt werden. Dazu ist ein nochmaliger Blick auf Bild 4. 2 erforderlich:
Für x → + ∞ durchlaufen die Abszissen z. B. die Folge (xn) = (1, 10, 100, 1000, ...), entspre1 1
, 100 , ...), die gegen 0 konvergiert.
chend durchlaufen die Funktionswerte die Folge (yn) = (1, 10
Entsprechendes gilt für beliebige andere Folgen wie z. B.
(xn) = (5, 10, 15, ...) oder (xn) = (2, 8, 32, ...):
Die verschiedenen Funktionswert-Folgen (yn) haben, gleiche Funktion vorausgesetzt, alle den
gleichen Grenzwert.
Analoge Aussagen lassen sich für x → – ∞ anstellen.
Somit ist verallgemeinernd folgende Definition angebracht:
Definition 4.1
Es sei f eine reelle Funktion mit nach rechts hin unbeschränktem Definitionsbereich.
Konvergiert dann die Folge der Funktionswerte (yn) für jede über alle Maßen wachsende
Folge (xn) gegen G, dann heißt G Grenzwert der Funktion f und man schreibt
lim f ( x) = G .
x→+∞
Unter der Voraussetzung eines nach links hin unbeschränkten Definitionsbereiches gilt
analog
lim f ( x) = g 1).
x→−∞
Achtung: Die Grenzwerte sind unterschiedlich mit G bzw. g bezeichnet worden:
¾ Es gilt nicht generell, dass das Grenzwertverhalten für x → + ∞ bzw. x → – ∞ gleich ist.
Beispiel: Die Exponentialfunktion f (x) = 2x
Für x → + ∞ zeigt sich uneigentliches Grenzwertverhalten; der Grenzwert G existiert gar nicht:
lim 2 x = +∞ , die Funktionswerte wachsen unbeschränkt.
x→+∞
Für x → – ∞ folgt anschauungsorientiert g = lim 2 x =+ 0 .
x→−∞
1)
Bedeutet, dass die Folge der Funktionswerte (yn) für jede über alle Maßen klein werdende Folge (xn)
gegen den Grenzwert g konvergiert.
170
4 Grenzwert von Funktionen – Stetigkeit
Bild 4.4 zeigt die asymptotische Annäherung an die negative xAchse.
Anmerkung: Für die zu f (x) = 2x inverse Funktion f –1(x) = lb x
ergibt sich die Frage nach dem Grenzwert für x → – ∞ gar nicht;
denn Df –1 = R+.
Bild 4.4
Die Graphen von f (x) = 2x und f –1(x) = lb x
Grenzwertsätze für Grenzwerte xĺ ±∞
Satz 4.1
Für reelle Funktionen f und g, deren Grenzwerte Gf und Gg für xĺ∞ existieren, gilt
1. lim [f(x) ± g(x)] = lim f(x) ± lim g(x) = Gf ± Gg;
x→∞
x→∞
x→∞
2. lim [f(x) ⋅ g(x)] = lim f(x) ⋅ lim g(x) = Gf ⋅ Gg;
x→∞
x→∞
x→∞
lim f ( x)
Gf
f ( x) x→∞
=
=
, falls Gg  0 ist.
lim g ( x) Gg
x→∞ g ( x )
3. lim
x→∞
Analoge Aussagen gelten für x → – ∞ .
Ź Beispiel 1: Für f (x) =
3 x −1
sind die Grenzwerte für x → ± ∞ zu bestimmen.
2x
Lösung
⎛
1⎞
1
x⎜3− ⎟
3−
3x −1
⎝
x⎠
x ⇒G= 3 .
= lim
= lim
a) G = lim f ( x) = lim
2x
2
x→+∞
x→+∞ 2 x
x→+∞
x→+∞ 2
3
Genauer könnte geschrieben werden G = − 0 ; geometrisch interpretiert:
2
Der Graph nähert sich für immer größer werdende Abszissen (xĺ ∞ ) von unten kommend beliebig
3
dicht an die zur x-Achse parallele Gerade yA = an, die somit seine Asymptote ist.
2
1
3−
3 x −1
x ⇒ g= 3 .
= ... = lim
b) g = lim f ( x) = lim
2
x→−∞
x→−∞ 2 x
x→−∞ 2
3
Genauer: g = + 0 ; der Graph nähert sich für immer kleiner werdende Abszissen (x ĺ – ∞ ) von
2
3
oben kommend asymptotisch an yA = an. - Es gilt g = G = yA.
2
4.1 Grenzwerte von Funktionen
171
Ź Beispiel 2: Für die Funktion f (x) = x3 + x2 ist das Grenzwertverhalten für x → ± ∞ zu untersuchen.
Lösung
⎛ 1⎞
g = lim ( x3 + x 2 ) = lim x3⎜1+ ⎟
x⎠
x→−∞
x→−∞ ⎝
g=-∞.
⎛ 1⎞
G = lim ( x3 + x 2 ) = lim x3⎜1+ ⎟
x⎠
x→+∞
x→+∞ ⎝
G =∞ .
Der Potenzausdruck x3 ist verantwortlich für das in beide Richtungen uneigentliche Grenzwertverhalten.
Jetzt erklärt sich, warum Graphen ganzrationaler Funktionen 3. Grades für Leitkoeffizient a3 ∈ R+ von
„links unten nach rechts oben“ verlaufen (ĺAbschnitt 2.3.4).
• Aufgaben
4.1
Bestimmen Sie die Grenzwerte folgender Funktionen für x → ± ∞:
a) f1(x) = x3 – 4x2 + x – 1;
4.2
4.3
4.4
1
c) f3(x) = − x 4 + x 2 − 3 .
2
Ebenso:
a) f1(x) =
2 x −1
;
3 x +1
b) f2(x) =
1− 3x
;
1+ 2 x
d) f4(x) =
x3 − x +1
;
x2
e) f5(x) =
2 x3 − 3 x 2 + x −1
;
5 x3 + x − 2
Ebenso allgemein für f (x) =
c) f3(x) =
x 2 −1
;
x 2 +1
f) f6(x) =
x5 − 3 x 2 +1
.
x6 − x 4 + x 2 −1
a1x + a0
, wobei a1, b1 ≠ 0. Formulieren Sie die Gesetzmäßigkeit.
b1x + b0
Geben Sie die Grenzwerte folgender Funktionen für x → ± ∞ an:
a) f1(x) = 2–x;
4.5
b) f2(x) = – x3 + 3x – 2;
b) f2(x) = ex;
c) f3(x) = e–x.
Ebenso:
a) f1(x) =
d) f4(x) =
| x|
;
x
b) f2(x) =
x 2 +1
;
x
e) f5(x) =
x2
;
2x
c) f3(x) =
2 x +1
2
x +1
;
2x
;
x2
f) f6(x) =
−3 x
x2 +9
.
Hinweis: Es gilt lim n f ( x) = n lim f ( x) , falls die Grenzwerte existieren. Analoges gilt für x → – ∞.
n→∞
x→∞
Grenzwerte für x → x0 mittels Testfolge
Ein Blick zurück auf das Eingangsbeispiel y =
1
und die angestellten Grenzwertüberlegungen
x
zu x → x0 mit x0 = 0:
Die Wertetabelle zeigt, dass die x-Werte eine Folge (xn) durchlaufen und die Funktionswerte
eine der Zuordnung entsprechende Folge (yn).
172
4 Grenzwert von Funktionen – Stetigkeit
1
2
1
3
...
–
1
10
...
x
…
0- 1
0- 1
…
0-
1
10
…
x
…
–2
–3
...
–1
–
0-1
–1
2
–
3
–10
... y =
1
x
…
1
10
0+
1
10
10
1
2
...
1
3
…
0+1
0+1
0+1
...
3
2
1
3
1
2
Rechtsseitiger Grenzwert gr:
Linksseitiger Grenzwert gl :
⎛
1⎞ ⎛
1 ⎞
1
( xn )l =⎜ 0 − ⎟=⎜−1, −2 , ..., − , ...⎟
⎝
n⎠ ⎝
n ⎠
⎛ 1 ⎞
⎟
⇒ ( yn )l =⎜
⎜ 1 ⎟= (−1, − 2, ..., − n, ...)
⎝ 0 −n ⎠
⎛
1⎞ ⎛ 1
1 ⎞
( xn )r =⎜ 0 + ⎟=⎜1, 2 , ..., , ...⎟
⎝
n⎠ ⎝
n ⎠
⎛ 1 ⎞
⇒ ( yn ) r =⎜
⎜ 1⎟
⎟= (1, 2, ..., n, ...)
⎝ 0 +n ⎠
Anders formuliert:
Um die Grenzwerte für x → x0 zu ermitteln, ist es zweckmäßig, den Grenzwert einer Folge (yn)
mit yn = f(xn) zu bestimmen, wobei (xn) – Testfolge genannt – so gewählt werden muss,
dass lim xn = x0 ist.
n→∞
Für das gewählte Beispiel resultiert
gl = lim y = lim
x→0−0
x→0−0
⇒ gl = lim yn
= lim
g r = lim y = lim
x→0+0
1
⇒ g r = lim yn
n→∞ xn
n→∞
⇒ gl = lim
1
x
1
n→∞ 0 −1n
n→∞
= lim (−n) =−∞
n→∞
⇒ g r = lim
1
n→∞ 0 +1n
x→0+0
= lim
1
x
1
n→∞ xn
= lim (+n) =+∞ .
n→∞
Sonderfall: x0 ist nicht Definitionslücke
Es lassen sich für alle Abszissen x0 Grenzwertbetrachtungen durchführen, die zum Defini1
tionsbereich einer Funktion gehören. So kann z. B. für f(x) = der Grenzwert für x → 2 ermitx
telt werden:
1
, mit (xn)l = 2 − 1n
x→2−0 x
(
Es ist gl = lim
gl = lim
1
_
n → ∞ 2 −1n
1
2
= .
)
folgt
1
, mit (xn)r = 2 + 1n folgt
x→2+0 x
(
Es ist gr = lim
gr = lim
1
n → ∞ 2+ 1
n
)
1
2
= .
Der Grenzwert für x → 2 existiert (g = ½) und stimmt mit dem Funktionswert f (2) = ½ überein. - Hierzu bedarf es im Abschnitt 4.2 (Stetigkeit) zusätzlicher Überlegungen.
4.1 Grenzwerte von Funktionen
173
Definition des Grenzwertes für x → x0
Die Definition des Grenzwertes erfolgt unter der Maßgabe, dass x0 Definitionslücke sein kann,
aber nicht sein muss.
Definition 4.2
Eine Zahl g ∈ R heißt Grenzwert einer Funktion f für x → x0, wenn für jede Folge (xn)
mit lim xn = x0 die Folge (yn) mit yn = f (xn) konvergiert und lim f ( xn ) = g ist.
n →∞
n→∞
Man schreibt lim f ( x) = lim f ( xn ) = g .
n→∞
x → x0
¾ Die Angabe g ∈ R besagt, dass genau dann vom Grenzwert einer Funktion für x → x0 gesprochen werden kann, wenn
– links- und rechtsseitiger Grenzwert existieren (also gl, gr ∈ R) und
– beide miteinander übereinstimmen (gl = gr).
Ź Beispiel: Zu bestimmen ist
g = lim
Lösung
2 x −1
x→1 x 2 +1
Rechtsseitiger Grenzwert:
Linksseitiger Grenzwert:
gl = lim
2 x −1
x→1−0 x 2 +1
⎛ 1⎞
, Testfolge: (xn) =⎜1− ⎟:
⎝ n⎠
⎛ 1⎞
2
2⎜1− ⎟−1
1−
⎝ n⎠
n
gl = lim
= ... = lim
2
2 1
n→∞⎛
n→∞
1⎞
2− + 2
⎜1− ⎟ +1
n
n
⎝ n⎠
gl =
.
1
.
2
g r = lim
2 x −1
x→1+0 x 2 +1
⎛ 1⎞
, Testfolge: (xn) =⎜1+ ⎟:
⎝ n⎠
⎛ 1⎞
2⎜1+ ⎟−1
⎝ n⎠
g r = lim
=…
2
n→∞⎛
1⎞
⎜1+ ⎟ +1
⎝ n⎠
gr =
1
.
2
Es ist gl = gr . Der Grenzwert g = ½ existiert und stimmt überein mit dem Funktionswert der Funktion
2 x −1
f (x) = 2
an der Stelle x0 = 1.
x +1
Spezielle Grenzwerte
a) konstante Funktion: f0(x) = c, c ∈ R
g = lim f0 ( x) = lim c
x→ x0
⇒ g = c.
x→ x0
b) identische Funktion f1(x) = x
g = lim f1 ( x) = lim x
x→ x0
x→ x0
⎛
1⎞
⇒ g = lim⎜ x0 ± ⎟= x0 .
n⎠
n→∞⎝
174
4 Grenzwert von Funktionen – Stetigkeit
c) quadratische Funktion f2(x) = x2
2
⎛
⎛
1⎞
1 1 ⎞
g = lim f 2 ( x ) = lim x 2 ⇒ g = lim⎜ x0 + ⎟ = lim⎜ x02 + 2 x0 ⋅ + 2 ⎟, also
n⎠
n n ⎠
x→ x0
x→ x0
n→∞⎝
n→∞⎝
g = x02 .
Zusammengefasst:
lim c = c;
x→ x0
lim x 2 = x02 ; ... ;
lim x = x0 ;
x→ x0
x→ x0
lim x n = x0n
x→ x0
Grenzwertsätze für Grenzwerte x ĺ x0
Die Grenzwertsätze für x ĺ ±∞ sind auf das Grenzwertverhalten für x → x0 übertragbar:
Satz 4.2
Es seien f1 und f2 zwei reelle Funktionen, die in einer Umgebung von x = x0 definiert
sind und deren Grenzwerte g1 = lim f1 ( x) bzw. g2 = lim f 2 ( x) existieren.
x→ x0
x→ x0
Dann gilt
1.
2.
lim [ f1 ( x ) ± f 2 ( x)] = lim f1 ( x) ± lim f 2 ( x) = g1 ± g 2 ;
x→ x0
x→ x0
x→ x0
lim [ f1 ( x )⋅ f 2 ( x)] = lim f1 ( x )⋅ lim f 2 ( x) = g1⋅ g 2 ;
x→ x0
f ( x)
3. lim 1
x→ x0 f 2 ( x )
x→ x0
x→ x0
lim f1 ( x)
=
x→ x0
lim f 2 ( x)
x→ x0
=
g1
, falls g2  0 ist.
g2
Unter Berücksichtigung von Grenzwertsätzen und speziellen Grenzwerten resultiert für obiges
−1
−1
Beispiel ohne Rechenaufwand g = lim 2xx²+
= 21²⋅1+
= 12 .
1
1
x→1
¾ Sonderfall: Grenzwert des Nennerpolynoms für x → x0 ist 0
Die gezeigte Alternativlösung versagt, wenn der Grenzwert des Nennerpolynoms g2 = 0 wird.
In solchen Fällen gibt es zwei Möglichkeiten:
1
n
1. Der Ansatz mit Testfolge ( x0 ± ) führt bei gebrochen-rationalen Funktionen (siehe unten
Definition 4.3) immer zum Ziel.
2. Günstiger ist es, die evtl. im Zähler- und Nennerpolynom auftretenden gemeinsamen Linearfaktoren der Form (x – x0) aufzuspüren und zunächst zu kürzen. Die verbleibende Ersatzfunktion ist dann der geplanten Grenzwertbetrachtung unter Anwendung der Grenzwertsätze zu unterziehen.
x2 − 2 x −3
.
x→−1 x 2 + 3 x + 2
Ź Beispiel: Zu bestimmen ist der Grenzwert g = lim
4.1 Grenzwerte von Funktionen
175
Lösung: Grenzwertsatz 4.2 (3) kann nicht angewandt werden; denn g2 = lim (x2 + 3x + 2) = 0.
x→−1
Es bleibt der Weg über den Ansatz (xn) =
1
(−1± )
n
– eine gute Übung!
Lösungsvariante: Zähler- und Nennerpolynom lassen sich in Linearfaktoren z.T. gleicher Art zerlegen.
x2 − 2 x −3
( x +1)( x − 3)
= lim
folgt mit x ≠ – 1
x→−1 x 2 + 3 x + 2
x→−1 ( x +1)( x + 2)
x −3
g = lim
=− 4 .
x
x→−1 + 2
Aus g = lim
1
Hinweis: Den Grenzwert für x→ – 2 zu ermitteln geht nur mit der Folge (xn) = (−2 ± n ) .
Ausblick
Für rationale Funktionen reichen die angestellten Überlegungen zur Grenzwertermittlung aus;
bei komplizierteren Funktionen kann es Probleme geben. Die höhere Mathematik liefert dafür
eine Methode – Regel von l'Hospital genannt –, auf die hier nicht eingegangen wird.
• Aufgaben
4.6
Bestimmen Sie folgende Grenzwerte:
f ) lim
e) lim
x3 −1
;
x→−1 x −1
x→0
| x|
.
x
Ebenso:
x 2 − 2 x +1
;
x→1
x 2 −1
4.9
x3 − 2 x 2 + x
;
x
x→0
x
;
x→0 x
a) lim
4.8
c) lim
b) lim
d) lim
4.7
x 2 −1
;
x→−1 x 2 +1
x −1
;
x→0 x +1
a) lim
x2 −5x + 6
;
x→2 x 2 + x − 6
b) lim
x3 −1
.
x→1 x −1
c) lim
Ebenso:
⎡ x2 −9 x + 2 ⎤
⎥;
a) lim⎢
+
x+3 ⎦
x→3⎣ x − 3
⎡ x 2 − 4 x +1 ⎤
⎥;
b) lim ⎢
−
x −1 ⎦
x→−2⎣ x + 2
⎡ x 2 −16
x 2 −1 ⎤
⎥;
c) lim⎢
⋅ 2
x→1⎣ x + 4
x − 4x+3 ⎦
⎡ x2 − x − 2 x2 + 4 x +3 ⎤
⎥.
d) lim ⎢
: 2
x→−1⎣ x 2 −1
x +5x + 4 ⎦
Überprüfen Sie, ob links- und rechtsseitiger Grenzwert existieren:
x 2 +1
;
x→1 x 2 −1
c) lim
x2 + x − 2
;
x→−1 x 2 − x − 2
f) lim
x −1
;
x→−1 x +1
b) lim
x2 − x − 2
;
x→−2 x 2 + x − 2
e) lim
a) lim
d) lim
x 2 −1
;
x→3 x 2 − 2 x − 3
x 2 + 3x + 2
.
x→0
x3
176
4 Grenzwert von Funktionen – Stetigkeit
*4.1.3 Anwendung auf Kurvenuntersuchungen einfacher gebrochen-rationaler
Funktionen
Die gewonnenen Erkenntnisse über Grenzwerte von Funktionen lassen sich gut auf Kurvenuntersuchungen gebrochen-rationaler Funktionen anwenden1).
Definition 4.3
Es sei P(x) ein Polynom n-ten und Q(x) ein Polynom m-ten Grades mit m ≥ 1.
Dann heißen reelle Funktionen der Form f ( x =
P( x)
gebrochen-rationale Funktionen.
Q( x)
Definitionslücken
Der maximal mögliche Definitionsbereich D gebrochen-rationaler Funktionen hängt ab vom
Nennerpolynom Q(x). Da der Nenner nicht 0 werden darf, ergeben sich durch den Ansatz
Q(x) = 0 die Definitionslücken dieser Funktionen; es resultiert
D = R \ {x | Q(x) = 0}R.
Beispiele
a) f1(x) =
1
x2
⇒ D1= R* ; b) f2(x) =
Gegenbeispiel: f (x) =
x +1
Ÿ D2 = R \ {1};
x −1
c) f3(x) =
x +1
Ÿ D3 = R \ {– 2; +2}.
x2 − 4
x
Ÿ D = R (keine Definitionslücken !).
x 2 +1
Polstellen
Die Definitionslücken x0 sind einer Grenzwertuntersuchung x → x0 zu unterziehen, von rechts
1
und von links annähernd, wie bereits oben anhand von f(x) = gezeigt.
x
Definition 4.4
Die Definitionslücke x0 ∈ R einer Funktion f heißt Polstelle2) oder Pol, wenn gilt
lim f ( x) = +∞ oder 3) lim f ( x ) = −∞ .
x → x0
x → x0
Die durch x = x0 beschriebene Gerade – auch Polgerade genannt – stellt dann die vertikale Asymptote des Graphen von f dar.
¾ Kriterien für Polstellen
1. Es existiert mindestens eine Definitionslücke x04).
2. Das Grenzwertverhalten für x → x0 ist uneigentlich.
1)
2)
3)
4)
Gemeint sind solche gebrochen-rationale Funktionen, die ohne Kenntnisse der Differentialrechnung
(ĺ Kapitel 5) zu diskutieren sind.
auch Unendlichkeitsstelle genannt
Oder ist im mathematischen Sinn gebraucht.
Keine Definitionslücke, dann keine Polstelle.
4.1 Grenzwerte von Funktionen
177
Waagerechte Asymptoten
Das Verhalten der Funktion für x → + ∞ bzw. x → – ∞ ist ausschlaggebend.
Definition 4.5
Existieren die Grenzwerte G = lim f ( x) bzw. g = lim f ( x) reeller Funktionen f, so
x→+∞
x→−∞
heißen die Geraden mit den Funktionsgleichungen y = G bzw. y = g
waagerechte Asymptoten des Graphen von f.
Sonderfall: Gebrochen-rationale Funktionen
Existieren1) die Grenzwerte g und G, so gilt yA = g = G.
¾ Kriterien für waagerechte Asymptoten
Die Ausführungen basieren auf den Grenzwertsätzen. Die Graphen gebrochen-rationaler FunkP( x)
tionen der Form f (x) =
haben eine waagerechte Asymptote, wenn gilt:
Q( x)
Der Grad np des Zählerpolynoms ist kleiner oder gleich dem Grad des Nennerpolynoms nQ:
np ≤ nQ
2)
np = nQ : yA = g*
np < nQ : yA = 0
Eine Parallele zur x-Achse ist Asymptote:
g* = g \ {0} .
Die x-Achse ist Asymptote.
Für np = nQ lässt es sich noch konkreter sagen:
f ( x) =
a
P ( x ) an x n + an−1x n−1 + ... + a1x + a0
=
⇒ y A = A( x) = n
n
n
1
−
bn
Q( x) bn x + bn−1x + ... + b1x + b0
, wobei an, bn ≠ 0.
Der Nachweis (Aufgabe!) erfolgt mittels Grenzwertbetrachtung für x → + ∞.
Tipp: xn im Zähler und Nenner ausklammern .
Beispiele
a) f1 ( x) =
2x
⇒ yA = 0 ;
2
x −1
Gegenbeispiel: f ( x) =
1)
2)
b) f 2 ( x) =
3x
3
⇒ yA = ;
2 x −1
2
c) f3 ( x) =
2x2
⇒ y A =−2 .
1− x 2
x2
⇒ keine waagerechte Asymptote (ĺ Kapitel 7.2).
x −1
Heißt: Uneigentliches Grenzwertverhalten ist ausgeschlossen.
Voraussetzung: Die Polynome P(x) und Q(x) enthalten keinen gemeinsamen Linearfaktor (x – x0), mit
dem gekürzt werden könnte.
178
4 Grenzwert von Funktionen – Stetigkeit
Verlaufsschema für Kurvendiskussionen einfacher gebrochen-rationaler Funktionen
1. P(x) und Q(x) haben keinen gemeinsamen Linearfaktor
Die Kurvenuntersuchung erfolgt für f(x) =
P ( x)
nach folgendem Schema:
Q( x)
1. Angabe der Definitionsmenge
Definitionslücken bestimmen – Kriterium: Q(x) = 0 setzen .
2. Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen
a) Schnitt mit der y-Achse – Kriterium: x = 0 setzen .
b) Schnitt mit der x-Achse – Kriterium: y = 0 setzen oder besser: P(x) = 0 .
3. waagerechte Asymptote
Grenzwerte für x → ± ∞ bilden oder Kriterienkatalog anwenden .
4. Polstellen
Die evtl. vorhandenen Definitionslücken müssen einer Grenzwertbetrachtung unterzogen werden. - Testfolgen einsetzen .
5. Graph
Er wird qualitativ unter Berücksichtigung der diversen Grenzwertbetrachtungen gezeichnet. - Ggf. kleine Wertetabelle erstellen.
Ź Beispiel: Zu untersuchen ist die Funktion f (x) =
x −1
.
x +1
Lösung
a) Angabe der Definitionsmenge
Nenner Q(x) = 0 Ÿ x + 1 = 0 ⇔ x = – 1 Ÿ D = R \ {– 1}.
b) Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen
y-Achse: x = 0 Ÿ y = – 1;
x −1
⇔ x – 1 = 0 ⇔ x = 1 (Nullstelle).
x-Achse: y = 0 Ÿ 0 =
x +1
c) waagerechte Asymptote
Es müssen die Grenzwerte für x → ± ∞ bestimmt werden:
g1 = lim
x −1
x→+∞ x +1
=1
x −1
g 2 = lim
=1
x→−∞ x +1
Ÿ yA = 1 ist waagerechte Asymptote.
d) Polstellen
Es müssen die Grenzwerte für x → – 1 ± 0 bestimmt werden:
4.1 Grenzwerte von Funktionen
(−1− 1n )−1
x −1
= lim
1
x→−1−0 x +1 n→∞ (−1− n )+1
179
(−1+ 1n )−1
x −1
= lim
1
x→−1+0 x +1 n→∞ (−1+ n )+1
gl = lim
g r = lim
gl = lim (2n +1)
g r = lim (−2n +1)
gl =+∞ .
g r =−∞ .
n→∞
n→∞
Ÿ x0 = – 1 ist Polstelle; die Polgerade hat die Gleichung xp = – 1.
e) Graph
Anhand der Ergebnisse lässt sich der Graph von f qualitativ zeichnen (Bild 4.5(a)).
Bereitet die Angabe des Kurvenverlaufs Schwierigkeiten, so ist das in Abschnitt 2.3.3 dargestellte Verfahren der Gebietseinteilung von Nutzen. Das Erstellen der sog. Grenzgeraden resultiert wie folgt:
y=
x −1
⇔ y (x + 1) = x – 1
x +1
y = 0 x = – 1 x = + 1.
Da z. B. f (0) = – 1 ist, ergeben sich die erlaubten bzw. verbotenen Gebiete der R2-Ebene unter Berücksichtigung des „Schachbretteffektes“ gemäß Bild 4.5(b).
Anmerkung: Die Gebietseinteilung ist so aussagekräftig, dass auf die aufwändige Berechnung des
Grenzwertes für x ĺ – 1 verzichtet werden könnte.
Bild 4.5 Graph von f(x) =
x −1
, x ∈ R \ {– 1}, ohne (a) bzw. mit Gebietseinteilung (b)
x +1
Hinweis zur Symmetrie
Der Funktionsgraph ist punktsymmetrisch zum Schnittpunkt von Asymptote und Polgerade.
Nachweis: Ein x , y -Koordinatensystem mit Ursprung in S(–1|1) bewirkt die Transformation
x = x +1⎫
x−2
( x −1) −1
−2
x −1
⎬⇒ y =
⇔ y=
−1 ⇔ y =
⇔ y +1=
.
( x −1) +1
x
x
y = y −1⎭
x +1
Offensichtlich: Punktsymmetrie zum Ursprung des x , y -Koordinatensystems.
180
4 Grenzwert von Funktionen – Stetigkeit
• Aufgaben
4.10
4.11
Führen Sie gemäß angegebenen Verlaufsschemas Kurvenuntersuchungen durch:
a) f1(x) =
x −1
;
x
b) f2(x) =
x
;
x −1
c) f3(x) =
x+ 2
;
x−2
d) f4(x) =
4x − 2
;
2 x +1
e) f5(x) =
−2 x
;
2 x −1
f) f6(x) =
2 x −1
.
−x − 2
Ebenso:
a) f1(x) =
4.12
c) f3(x) =
1
;
( x −1) 2
d) f4(x) =
−1
.
( x + 2)
−2
;
x2 − 4
c) f3(x) =
1
;
x 2 +1
d ) f4(x) =
x
.
x 2 +1
b) f2(x) = −
1
;
x 2 −1
b) f2(x) =
Ebenso:
a) f1(x) =
4.13
1
;
x2
1
;
x2
Unter nicht näher zu erläuternden ökonomischen Bedingungen lassen sich Angebot und Nachfrage eines bestimmten Gutes durch folgende Funktionen modellieren (Angabe jeweils in 10.000
Stück; Preis in € pro Stück):
16 − 2 x
, x≥0 .
pA(x) = x + 2 und pN ( x) =
x +1
a) Ermitteln Sie die Menge und den Preis im Marktgleichgewicht.
b) Stellen Sie den Sachverhalt graphisch dar.
2. P(x) und Q(x) haben gemeinsame Linearfaktoren: Lücken im Funktionsgraphen
Die Ausführungen über Grenzwerte von Funktionen für x → x0 haben gezeigt, dass nicht jede
Definitionslücke uneigentliches Grenzwertverhalten bewirkt (ĺ S. 174). – Dieser Aspekt
bedarf der Vertiefung:
x 2 −1
ist für x ∈ R \ {1} definiert; x0 = 1 ist ihre Definitionslücke.
Die Funktion y = f (x) =
x −1
Die Grenzwertbetrachtung für x → 1 offenbart jedoch
keine Polstelle; denn es ist
x 2 −1
= lim( x +1) = 2 .
x→1 x −1
x→1
g = lim
x 2 −1
= x + 1 für x ∈ R \ {1} ergibt sich
x −1
Gf als Gerade (Bild 4.6), die den Punkt L(1|2) nicht beinhaltet: Der Funktionsgraph hat in L(1|2) eine Lücke.
Wegen f (x) =
Bild 4.6
Graph von f(x) =
Verallgemeinernd lässt sich wie folgt definieren:
x 2 −1
, x ∈ R \ {1}
x −1
4.1 Grenzwerte von Funktionen
181
Definition 4.6
Es sei f (x) =
P( x)
mit Q(x) ≡
/ 0, ferner x0 ∈ R Definitionslücke der Funktion f.
Q( x)
Haben dann die Polynome P(x) und Q(x) einen gemeinsamen Teiler der Form (x – x0)
und existiert y0 = lim f ( x), so heißt L(x0|y0) Lücke des Graphen von f.
x→ x0
Es müssen demnach 3 Bedingungen erfüllt sein, damit Lücken in Funktionsgraphen gebrochen-rationaler Funktionen auftreten können:
¾ Kriterien für Lücken
1. Es existiert mindestens eine Definitionslücke x0.
2. Der Linearfaktor (x – x0) tritt sowohl im Nenner- als auch im Zählerpolynom auf; es
lässt sich kürzen .
3. Der Grenzwert für x → x0 existiert.
Anmerkung: Das Schema zur Kurvenuntersuchung muss um die Position Lücken ergänzt werden, also zweckmäßigerweise „4. Polstellen und Lücken“.
¾ Polstellen und Lücken
Wie am besten vorzugehen ist, zeigt nachfolgendes Beispiel.
Ź Beispiel: Es sei f (x) =
x2 − x − 2
. – Gesucht sind die Koordinaten der Lücken von Gf.
x2 − 4
Lösung: Die Definitionsmenge ist D = R \ {– 2, +2}, also Definitionslücken für x0 ∈ {– 2, 2}.
a) Von den Definitionslücken diejenigen herausfinden, für die auch das Zählerpolynom 0 wird:
4
Ÿ keine Lücke, aber Polstelle für x = –2;
f (– 2) =
0
0
f ( + 2) =
Ÿ vermutlich Lücke für x = + 2.
0
b) Gemeinsamen Linearfaktor (x – x0) des Zähler- und Nennerpolynoms abspalten, Restpolynome bestimmen und kürzen:
Der Linearfaktor (x – 2) muss daher gemeinsamer Teiler sein, also
f ( x) =
x 2 − x − 2 ( x − 2)⋅ P ( x)
=
;
x2 − 4
( x − 2)⋅Q( x )
die Restpolynome P (x) bzw. Q (x) sind zu bestimmen, ggf. mittels Polynomdivision.
Hier geht es einfacher: f ( x) =
f * ( x) =
x 2 − x − 2 ( x − 2)( x +1)
=
, wegen x ≠ 2 folgt
( x − 2)( x + 2)
x2 − 4
x +1
.
x+2
Hinweis: f * ist eine Ersatzfunktion, die für sich allein betrachtet nur eine Definitionslücke aufweist,
nämlich x0 = – 2.
182
4 Grenzwert von Funktionen – Stetigkeit
c) Existiert der Grenzwert für x → 2?
Die Grenzwertbetrachtung liefert
x +1
y0 = lim f ( x) = lim
x→2
x→2 x + 2
3
⇒ y0 = ⇒ Lücke L ( 2 | 34 ) .
4
Bild 4.7
Graph von f ( x) =
x2 − x − 2
, x ∈ R \ {– 2, + 2}
x2 − 4
Für x0 = – 2 dagegen ergibt sich keine Lücke sondern eine Polstelle, was im Zusammenhang mit
einer Kurvendiskussion nachgeprüft werden könnte. – Bild 4.7 nimmt das Ergebnis vorweg.
Gegenbeispiel: f ( x) =
also ist
f (x) =
x2 − x − 2
hat zwar im Zähler wie im Nenner denselben Linearfaktor (x – 2),
x2 − 4x + 4
x2 − x − 2
( x − 2)( x +1)
=
,
x 2 − 4 x + 4 ( x − 2)( x − 2)
dennoch resultiert für x0 = 2 keine Lücke, weil y0 = lim f(x) nicht existiert (uneigentlicher Grenzwert!).
x→2
Das Verlaufsschema für Kurvendiskussionen bedarf abschließender Ergänzungen:
1. Zunächst mit dem ggf. in Zähler und Nenner gemeinsam auftretenden Linearfaktor kürzen,
dann erst nach dem angegebenen Verlaufsschema die Ersatzfunktion diskutieren.
2. Daran denken: Die Lücke (können auch mehrere sein!) unter Angabe ihrer Koordinaten
(Grenzwertbetrachtung!) im Funktionsgraph markieren.
• Aufgaben
4.14
4.15
Zeichnen Sie die Graphen nachstehender Funktionen unter Berücksichtigung ihrer Lücken:
a) f1(x) =
x
;
x
b) f2(x) =
x2 − 4
;
x−2
c) f3(x) =
4 x 2 −1
;
2 x +1
d) f4(x) =
x2 + 2 x −3
;
x+3
e) f5(x) =
x3 − 2 x 2
;
x2 − 2 x
f ) f6(x) =
x3 − 2 x 2 − x + 2
.
x 2 −1
x3 − x
;
x
b) f2(x) =
−x3 + x 2 + 2 x
;
x +1
c) f3(x) =
x3 −1
.
x −1
Ebenso:
a) f1(x) =
4.16
Führen Sie für nachfolgende Funktionen eine Kurvenuntersuchung durch:
a) f1(x) =
x2 + 3x + 2
;
x2 − x − 2
b) f2(x) =
x2 − 2 x −3
;
x2 − x − 6
c) f3(x) =
x2 − 4
.
x − x2 − 4 x+ 4
3
4.2 Stetigkeit
183
4.2 Stetigkeit
4.2.1 Begriff der Stetigkeit
Zwei Beispiele aus dem Umweltbereich sollen in den Themenkreis einführen:
1. Portogebühren1) für einen Inlandbrief
Standardbrief bis 20 g: –,55 €
Kompaktbrief bis 50 g: -,90 €
Großbrief bis 500 g:
1,45 €
Bild 4.8
Graph der Portofunktion
Bild 4.8 stellt den Sachverhalt graphisch dar.
2. Stromkosten für eine 1-Zimmer- Wohnung
Grundpreis:
33 € pro Jahr;
Arbeitspreis: –,12 € pro Kilowattstunde.
Bild 4.9
Graph der Stromkostenfunktion
Bild 4.9 zeigt, dass jede Veränderung auf der Abszissenachse in positiver Richtung (Mehrverbrauch) eine gleichmäßig ansteigende Veränderung der Funktionswerte (Preis) bewirkt.
Hinweis: Die von den Stromversorgungsunternehmen geübte Praxis, Stromverbrauch nur für „volle“
Kilowattstunden in Rechnung zu stellen, soll hier unberücksichtigt bleiben.
In Anlehnung an die umgangssprachliche Gepflogenheit, jemanden als unstet (= unstetig) zu
bezeichnen, der sprunghaftes Verhalten an den Tag legt, lässt sich zunächst einmal anschaulich
Folgendes feststellen:
Der Graph der Portofunktion ist an mehreren Stellen (welchen ?) unstetig, während der Kurvenverlauf der Stromkostenfunktion als stetig anzusehen ist.
¾ Populärwissenschaftliche Definition
Eine Funktion heißt an einer Stelle x0 ihres Definitionsbereichs stetig, wenn ihr Graph dort
keine Sprünge aufweist, also ohne abzusetzen gezeichnet werden kann.
Diese anschauliche Definition hilft erklären, dass z. B. ganzrationale Funktionen für jede Abszisse x0 ∈ R stetig sind. Dennoch ist das Kriterium des Zeichnens ohne Sprünge nicht hinreichend, wie mit nachfolgendem Beispiel unterstrichen werden kann:
1)
Stand: 07/2006
184
4 Grenzwert von Funktionen – Stetigkeit
+ x für x ∈ Q
ist stetig für x0 = 0,
– x für x ∈ R \ Q
obwohl sich ihr Graph nicht zeichnen lässt und sogar in einer Umgebung von x = x0 unendlich
viele Sprünge (wieso ?) aufweist.
Die Funktion mit der Funktionsgleichung y = f(x) =
Die Begründung für die Stetigkeit resultiert aus der nachfolgenden Definition, die wiederum
auf dem Grenzwertbegriff von Funktionen basiert:
Definition 4.7
Eine Funktion f heißt an einer Stelle x0 ihres Definitionsbereichs D stetig, wenn
– der Grenzwert für x → x0 existiert und
– mit dem Funktionswert an der Stelle x0 übereinstimmt: lim f ( x) = f ( x0 ) .
x→ x0
Anmerkung: Die Definition verlangt, dass x0 ∈ D ist. – Die Frage nach der Stetigkeit gebrochenrationaler Funktionen in ihren Definitionslücken stellt sich somit gar nicht, obwohl der Graph an diesen
Stellen nicht ohne abzusetzen gezeichnet werden kann.
Ź Beispiel 1: Es ist zu untersuchen, ob f (x) = x + 1 stetig ist für x0 = 3.
Lösung
a) Existiert der Grenzwert für x → 3 ?
Es ist lim ( x + 1) = 4 Ÿ Grenzwert existiert !
x→3
Ź Beispiel 2: Es ist f (x) =
x
b) Stimmen Grenzwert und Funktionswert überein ?
Es ist f (x) = x + 1 Ÿ f (3) = 3 + 1 = 4
Ÿ Funktion ist für x0 = 3 stetig !
für x ∈ R+
– x + 1 für x ∈ R 0− .
Zu untersuchen ist die Stetigkeit für x0 = 0.
Lösung: Für die Nahtstelle der abschnittsweise definierten Funktion müssen links- und rechtsseitiger
Grenzwert gebildet werden.
Es ist gl = lim (− x + 1) = +1 bzw. gr = lim x = 0.
x→−0
x→+0
Der Grenzwert existiert nicht, da gl ≠ gr; Funktion ist für x0 = 0 unstetig
(→ Bild 4.10).
Bild 4.10
Unstetigkeit an der Stelle x0 = 0
• Aufgaben
4.17
Überprüfen Sie die Stetigkeit nachfolgender Funktionen an der jeweils angegebenen Stelle x0:
a) f1(x) = x2 – 2x, x0 = – 2;
b) f2(x) = x3 – x2 + x – 1, x0 = 0;
c) f3(x) =
x 2 −1
, x0 = – 1.
x 2 +1
4.2 Stetigkeit
4.18
185
Überprüfen Sie die Stetigkeit folgender abschnittsweise definierten Funktionen an ihren jeweiligen Nahtstellen:
a) f1(x) =
2x für x ∈ R +
0
0 für x ∈ R- ;
– x für x ∈ R+
2x für x ∈ R −
0
b) f2(x) =
2x + 1 für x ∈ Rc) f3(x) =
4.19
x – 2 für x ∈ R \ ]– ∞; 2[ ;
– x + 1 für x ∈ R +
0 \ [+ 1; ∞[
d) f4(x) =
0 für x ∈ R \ ]– ∞ ; 1]
0,001 für x = 1 .
Ebenso:
a) f1(x) =
c) f3(x) =
4.20
x + 1 für x ∈ R \ [2; ∞[
1
für x ∈ R+
x
x für x ∈ R −
0 ;
x3 − x 2
für x ∈ R \ {1}
x −1
0
für x = 1 ;
−
b) f2(x) =
1
für x ∈ R*
x2
0 für x = 0 ;
x3 − 5 x 2 + 6 x
für x ∈ R \ {3}
x −3
3
für x = 3 .
d) f4(x) =
Überprüfen Sie die Stetigkeit an der Stelle x0 = 0, wenn gilt:
a) f1(x) =
1 für x ∈ Q
x + 1 für x ∈ R \ Q ;
0 für x ∈ Q
1 für x ∈ R \ Q .
b) f2(x) =
Klassische unstetige Funktionen
1. Gaußklammer-Funktion (Integer-Funktion) mit g(x) = [x]1)
Die Gaußklammer [x] bedeutet, jeder Abszisse x ∈ R die größte ganze Zahl zuzuordnen,
die kleiner oder gleich x ist2) (Bild 4.11), also
#
– 2 für – 2 ≤ x < – 1
– 1 für – 1 ≤ x <
[x] :=
0 für
0
0≤x<+1
+ 1 für + 1 ≤ x < + 2
+ 2 für + 2 ≤ x < + 3
Beispiele:
1)
2)
#
[1,1] = 1; [2,7] = 2; aber: [–1,1] = – 2.
gelesen Gaußklammer von x
PC-Programmierung: Zahlentyp Integer, abgekürzt: INT (x)
Bild 4.11 Graph der Integerfunktion
186
4 Grenzwert von Funktionen – Stetigkeit
⎧1 für x > 0
2. Heaviside1)-Funktion (Indikatorfunktion) mit H(x) = ⎨
⎩0 für x ≤ 0
Der in Bild 4.12 dargestellte Graph lässt die Bedeutung der Funktion in der Regelungstechnik erahnen.
Bild 4.12 Graph der Indikator-Funktion
⎧−1 für x < 0
⎪
3. Signum-Funktion (Vorzeichenfunktion) mit sgn (x) = ⎨ 0 für x = 0
⎪
⎩+1 für x > 0
Die Festlegung lässt keinen Zweifel am Aussehen
des Graphen (Bild 4.13).
Bild 4.13 Graph der Signum-Funktion
4.2.2 Globale Stetigkeit
Die Aussage, eine Funktion sei an einer ganz bestimmten Stelle x0 stetig (lokale Stetigkeit),
lässt sich oftmals erweitern auf ein Intervall bzw. auf den gesamten Definitionsbereich.
Man spricht dann von globaler Stetigkeit, was hier nicht vertieft werden soll. Zum Abschluss
lediglich eine für die weitere Arbeit wichtige Feststellung:
Satz 4.3
1. Ganzrationale Funktionen sind in R stetig.
2. Gebrochen-rationale Funktionen mit f(x) =
P( x)
sind stetig für x ∈ R \ {x |Q(x) = 0}R .
Q( x)
Anmerkung: Aus Satz 4.3 (2) darf nicht abgeleitet werden, dass gebrochen-rationale Funktionen in ihren
Definitionslücken x0 ∈ {x |Q(x) = 0}R unstetig sind (siehe oben !).
1)
benannt nach Oliver Heaviside (1850–1925); brit. Physiker und Elektriker
187
5 Differentialrechnung
5.1 Das Tangentenproblem
5.1.1 Die Differenzenquotientenfunktion
Was unter der Steigung einer Geraden durch zwei Punkte zu verstehen ist, dürfte klar sein. In
vielen Anwendungen der Naturwissenschaften, der Technik und der Wirtschaft besteht das
Problem weitergehend darin, die Steigung beliebiger Funktionsgraphen Gf in ausgewählten
Punkten zu ermitteln. - Die dazu erforderlichen Überlegungen werden zunächst konkretanschaulich vorgestellt.
Gerade
Parabel
y
1m
Für die schematisch und nicht maßstabsgerecht
dargestellte Wasserrutsche (Bild 5.1) geht es
darum, in P(1|1) den parabelförmigen Verlauf
krümmungsfrei in eine Gerade übergehen zu
lassen, nicht zuletzt, damit der Einstieg u. a. aus
Sicherheitsgründen nicht zu steil verläuft.
P
Q0
x
Die Frage nach der Steigung in einem Punkt
stellt sich, was sich durch einen Annäherungsprozess von Sekantensteigungen ermitteln lässt.
1m
2m
Bild 5.1
Bezogen auf den Fixpunkt P(1|1) ergeben sich die Sekantensteigungen für f(x) = x2 zu
ms =
y P − yQn
xP − xQn
⇒ mS 0 =
1− 0
1− 0, 25
1−1 0
=1 ⇒ ... ⇒ mS 5 =
=1,5 ⇒ ... ⇒ mS10 =
= = ??? ,
1− 0
1− 0,5
1−1 0
nachfolgend übersichtlich in Tabellenform festgehalten:
xQ
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1
yQ
0
0,01
0,04
0,09
0,16
0,25
0,36
0,49
0,64
0,81
1
ms
1
1,1
1,2
1,3
1,4
1,5
1,6
1,7
1,8
1,9
×××
Eine Aussage über die Sekantensteigung in P anzustellen, wenn P und Q identisch sind, ist
nicht möglich; für Qn ĺ P ist eine Grenzwertbetrachtung erforderlich:
1− x ²
= lim(1+ x) = 2.
x→1 1− x
x→1
mt = lim ms = lim
x→1
Fazit: Die Steigung der sich krümmungsfrei anschließenden Geraden beträgt mt = 2; es ist die
Steigung der Tangente in P(1|1). - Der Rutscheneinstieg erfolgt in 3 m Höhe (Aufgabe!).
Würde die Rutsche über P hinaus gehend parabelförmig gestaltet, ergäbe sich für x = 2 eine
Steigung von mt(2) = 4 und das in 4 m Höhe (Aufgabe!).
188
5 Differentialrechnung
Das Tangentensteigungsverhalten der Normalparabel
Ausgangssituation: Normalparabel mit f(x) = x2, fixer Parabelpunkt P1(1|1) und ein weiterer
auf der Parabel beweglicher Punkt Q (x|x2).
Für die Steigung der Sekante durch P1 und Q gilt
gemäß Bild 5.2 (a)
yQ − yP1
ms = tan σ =
xQ − xP1
Ÿ ms = tan σ =
x 2 −1
, wobei x ≠ 1.
x −1
Bezogen auf den Fixpunkt P1(1|1) kann für jedes
x ∈ R \ {1}die Sekantensteigung errechnet werden:
Q1(–2|4) Ÿ ms(–2) =
4 −1
= –1;
−2 −1
Q2(–1|1) Ÿ ms(–1) =
1−1
= 0;
−1−1
Q3(0|0)
Ÿ ms(0) =
0 −1
0 −1
= 1;
Q4(2|4)
Ÿ ms(2) =
4 −1
2 −1
= 3; usw.
Bild 5.2
(a) Graph von f (x) = x2 mit Sekantenbüschel durch
P1(1|1) und
(b) zugehörigem Graph der Differenzenquotientenfunktion
ms = f (x) =
x 2 −1
, x ∈ R \ {1}
x −1
Der aufgezeigte funktionale Zusammenhang
x 2 −1
, x ∈ R \ {1} heißt Differenzenquotientenfunktion.
ms = ms(x) =
x −1
Der Funktionsgraph ist in Bild 5.2 (b) dargestellt und offenbart für L(1|2) eine Lücke.
Ihr Vorhandensein erklärt sich, weil
- an der Stelle x =1 keine Sekantensteigung angegeben werden kann (wieso nicht?), und
- der Grenzwert für x → 1 existiert.
Der Funktionswert der Lücke (hier: yL = 2) ergibt sich als Grenzwert der Differenzenquotientenfunktion:
x 2 −1
=2 .
x→1 x −1
lim ms ( x) = lim
x→1
5.1 Das Tangentenproblem
189
Anders formuliert: Mit dem Grenzwert der Sekantensteigung ist der geometrischen Erfordernis
Rechnung getragen, die Steigung der Parabel in P1(1|1) zu ermitteln. Gleichbedeutend hiermit
ist die Aussage, die Steigung der Tangente in P1 anzugeben.
¾ Die Tangente erschließt sich als „Grenzsekante“: Q ist gegen P1 gewandert.
Somit kann geschrieben werden
mt = tan τ = lim ms ( x) = 2 .
x→1
Bild 5.3 veranschaulicht die Zusammenhänge.
Bild 5.3
Graph von f (x) = x2 mit Sekante und Tangente in P1(1|1)
Verallgemeinerung
Auf analoge Weise lassen sich für beliebige Punkte P des Funktionsgraphen Gf mit der Gleichung f(x) = x2 Differenzenquotientenfunktionen aufstellen:
P2(2|4) Ÿ ms (x) =
x2 − 4
, x ∈ R \ {2}
x−2
P5(– 1|1) Ÿ ms (x) =
x 2 −1
, x ∈ R \ {– 1}
x − (−1)
P3(3|9) Ÿ ms (x) =
x2 −9
, x ∈ R \ {3}
x −3
P6(– 2|4) Ÿ ms (x) =
x2 − 4
, x ∈ R \ {– 2}
x − (−2)
P4(0|0) Ÿ ms (x) =
x2 − 0
, x ∈ R \ {0}
x−0
P7(– 3|9) Ÿ ms (x) =
x2 −9
, x ∈ R \ {– 3}
x − (−3)
usw.
Die im Koordinatensystem dargestellten Graphen dieser Differenzenquotientenfunktionen (Bild 5.4) demonstrieren, dass alle
Lücken auf einer gemeinsamen Geraden liegen. Das lässt eine
Gesetzmäßigkeit zwischen der Funktion f und den Ordinaten
der Lücken vermuten.
Bild 5.4
Schar der Differenzenquotientenfunktions-Graphen für P ≡ y = x2
Zu diesem Zwecke soll der Sachverhalt für P0 ( x0 | x02 ) allgemein dargestellt werden (Bild 5.5).
190
5 Differentialrechnung
Steigung der Sekante
ms(x) =
x 2 − x02
, x ∈ R \ {x0};
x − x0
Steigung der Tangente
mt = lim
x→ x0
x 2 − x02
= lim ( x + x0 )
x − x0
x→ x0
Bild 5.5 Sekantensteigung zweier
Punkte der Normalparabel P ≡ y = x2
mt = 2x0.
Für den beliebig vorgegebenen Punkt P0 ( x0 | x02 ) ergibt sich die Steigung des Funktionsgraphen zu mt (x0) = 2x0. Da x0 in keiner Weise einzuschränken ist, gilt die Aussage für jede
Abszisse x ∈ R.
Dieser funktionale Zusammenhang wird durch die in Bild 5.4 gestrichelt dargestellte Verbindungslinie der Lücken veranschaulicht: eine Ursprungsgerade. Der Austausch der Variablen
x0 durch x1) ergibt die Funktionsvorschrift mt(x) = 2x.
Üblich ist die Festsetzung y' := mt
, also gilt
y' = f '(x) = 2x.
¾ f ' heißt 1. Ableitungsfunktion. Mit ihr lässt sich jeder Abszisse x des Definitionsbereichs
der Ausgangsfunktion f die Steigung mt der Tangente an den Graphen Gf zuordnen.
Für das gewählte Beispiel mit der mt – Charakteristik y = f(x) = x2 Ÿ y' = f’ (x) = 2x folgt
y'(1) = f '(1) = 2 ⋅ 1 = 2;
y'(3) = f '(3) = 2 ⋅ 3 = 6;
y'(0) = f '(0) = 2 ⋅ 0 = 0;
y'(–1) = f '(– 1) = 2 ⋅ (– 1) = – 2; usw.
Ź Beispiel: Die Funktionsgleichung der Tangente an die Parabel P: y = x2 in B(1,5|yB) ist gesucht.
Lösung
a) Steigung der Tangente: y' = 2x Ÿ y' (1,5) = 3;
b) yB ermitteln: y = x2 Ÿ y(1,5) = yB = 2,25;
c) Tangentengleichung: Punktsteigungsform2) führt auf y – 2,25 = 3(x – 1,5) Ÿ y = 3x – 2,25.
1)
2)
Üblicherweise wird die unabhängige Variable mit „x“ bezeichnet.
vgl. Abschnitt 2.2.1
5.1 Das Tangentenproblem
191
5.1.2 Allgemeine Definition des Differentialquotienten
Die Ausführungen werden zwecks Verallgemeinerung auf
global stetige Funktionen mit y = f(x) übertragen.
Die Steigung der Sekante ergibt sich gemäß Bild 5.6 als
Differenzenquotientenfunktion zu
tan σ = ms(x) =
f ( x) − f ( x0 )
, wobei x ≠ x0.
x − x0
Für die Steigung der Tangente resultiert
tan τ := mt(x0) = lim ms .
x→ x0
Bild 5.6
Tangente und Sekante durch P0
Nachfolgende Definition sagt es genauer:
Definition 5.1
Eine Funktion f heißt an der Stelle x0∈]a; b[ ihres Definitionsbereichs D differenzierbar,
wenn für die Differenzenquotientenfunktion
ms ( x) =
f ( x) − f ( x0 )
, x∈D\{x0}, der Grenzwert für x → x0 existiert.
x − x0
Der Grenzwert gibt das Steigungsverhalten des Funktionsgraphen in P0(x0|f(x0)) an:
mt = lim
x→ x0
f ( x) − f ( x0 )
x − x0
, Differentialquotient genannt.
¾ Ist f an jeder Stelle x0∈]a; b[ differenzierbar, so heißt die resultierende Differentialquotien-
tenfunktion 1. Ableitung von f und man schreibt y' = f '(x).
Anmerkungen
1. Die Definition schließt die Randpunkte x0 = a bzw. x0 = b aus; das liegt am Grenzwertbegriff von
Funktionen (wieso?).
Existiert jedoch gr = lim ms ( x) bzw. gl = lim ms ( x) , so nennt man die Funktion
x→a+0
x→a−0
für x0 = a rechtsseitig bzw. für x0 = b linksseitig differenzierbar.
2. Das Erstellen der Ableitungsfunktion f ' wird auch Differenzieren genannt; die Rechenoperation
selbst heißt dann Differentiation.
3. Der Begriff 1. Ableitung beinhaltet, dass die aus der Stammfunktion hervorgegangene Ableitungsfunktion weiter differenziert werden kann. Man spricht dann von der 2., 3., 4.,..., n-ten Ableitung und
schreibt y", y'", yIV, usw. (gelesen: y zwei Strich, y drei Strich, ...).
192
5 Differentialrechnung
Das Differential
Gemäß Bild 5.7 erschließt sich aus der
Δy
die
Δx
Δy
.
Steigung der Tangente: mt = lim
Δ x→0 Δ x
Steigung der Sekante: ms =
Bild 5.7 Steigung der Sekante ms =
Δy
Δx
Mit der Festlegung
dy
Δy
:= lim
dx Δ x→0 Δ x
folgt y' =
dy df ( x )
=
(gelesen: dy nach dx).
dx
dx
Die Symbole dy und dx heißen Differentiale.- Bezüge ergeben sich zur Integralrechnung.
Ź Beispiel 1
Zu differenzieren ist die Funktion f(x) = x3.
Ź Beispiel 2
Lösung
Lösung
f ( x) − f ( x0 )
, x  x0
Es ist mt = lim
x − x0
x→ x0
Es ist mt = lim
⇒ mt = lim
x→ x0
x3 − x03
( x − x0 )( x 2 + xx0 + x02 )
= lim
x − x0
x − x0
x→ x0
mt = lim ( x 2 + xx0 + x02 ) = 3x02
x→ x0
oder
Zu differenzieren ist die Funktion f (x) = 3x2 – 4x.
(3 x 2 − 4 x) − (3 x02 − 4 x0 )
, x  x0
x − x0
x→ x0
3( x 2 − x02 ) − 4( x − x0 )
x − x0
x→ x0
mt = lim [3( x + x0 ) − 4] = 6 x0 − 4 oder
⇒ mt = lim
x→ x 0
y' = 6x – 4.
y ':= mt ( x) = 3 x 2 .
5.1.3 Einfache Differentiationsregeln
Die Beispiele lassen Gesetzmäßigkeiten (Regeln) vermuten, anhand derer ganzrationale Funktionen mit geringerem Rechenaufwand als bisher zu differenzieren sind.
Potenzregel
Aus den Vorüberlegungen zu reinen Potenzfunktionen ist gesichert:
y = x2 Ÿ y' = 2x;
y = x3 Ÿ y' = 3x2;
y = x4 Ÿ y' = 4x3.
Die allgemeine Gesetzmäßigkeit lässt sich als Satz wie folgt festhalten:
Satz 5.1
Für die Ableitung von Potenzfunktionen gilt y = x n ⇒ y ' = nx n−1, n ∈ N * (Potenzregel).
5.1 Das Tangentenproblem
193
x n − x0n
, x ≠ x0
x → x 0 x − x0
Beweis: Es ist mt ( x0 ) = lim
ª § x ·n º
n
§ x0 ·
x n ⋅ «1 − ¨ 0 ¸ »
1− ¨ ¸
«¬ © x ¹ »¼
© x ¹
= lim x n −1 ⋅ lim
Ÿ mt = lim
x
x → x0
x → x0
x → x0
ª x º
1− 0
x ⋅ «1 − 0 »
x
x¼
¬
2
n −1
ª x
§x · º
§x ·
Ÿ mt ( x0 ) = x0n −1 ⋅ lim «1 + 0 + ¨¨ 0 ¸¸ + ... + ¨¨ 0 ¸¸ » 1)
x © x ¹
x → x0 «
© x ¹ »¼
¬
Ÿ mt ( x0 ) = x0n −1 ⋅ n oder auch laut Vereinbarung
y' = n ⋅ xn–1.
¾ Sonderfall: n = 1
y = x Ÿ y' = 1 ⋅ x0 Ÿ y' = 1. Die Steigung des Funktionsgraphen ist für jedes x ∈ R konstant.
Anmerkung: Die Potenzregel für n = 1 zuzulassen, ist unter formal-mathematischem Aspekt problematisch, da die Ableitungsfunktion y' = 1 ⋅ x0 nur für x ∈ R* definiert ist (wieso ?). Für praktische Belange
sind diese Überlegungen jedoch ohne Bedeutung .
Geltungsbereich der Potenzregel
¾ Die Potenzregel gilt für Exponenten n ∈ R, damit auch für solche aus Z und aus Q.
Ź Beispiel 1: Zu zeigen ist, dass zum Ableiten von f(x) =
1
, x ∈ R*, auch die Potenzregel gilt.
x
1 1
−
x x0
Lösung: Es ist mt ( x0 ) = lim
, x ≠ x0
x→ x0 x − x0
x0 − x
1
−( x − x0 )
x⋅ x0
Ÿ mt ( x0 ) = lim
= lim
= lim −
x→ x0 x − x0
x→ x0 xx0 ⋅( x − x0 )
x→ x0 x⋅ x0
mt ( x0 ) =−
y ' =−
1
oder für alle x ∈ R* wie verabredet
x02
1
.
x2
Mittels Potenzregel resultiert
1
−1
y = = x−1 ⇒ y ' = (−1) x−2 ⇒ y ' = 2 .
x
x
Hinweis: Die Tangentensteigung ist für jede Abszisse des Definitionsbereichs negativ (wieso?).
1)
Der Klammerausdruck stellt eine endliche geometrische Reihe dar.
194
5 Differentialrechnung
Ź Beispiel 2: Ebenso für die Wurzelfunktion f(x) = x , x ∈ R +
0.
x − x0
, x ≠ x0
x − x0
Lösung: Es ist mt ( x0 ) = lim
x→ x0
x − x0
x + x0
x − x0
⋅
= lim
x − x0
x→ x0 ( x − x0 )( x + x0 )
x + x0
Ÿ mt ( x0 ) = lim
x→ x0
mt ( x0 ) =
1
2 x0
oder y' =
1
2 x
für x ∈ R*
1
Unter Anwendung der Potenzregel ergibt sich
1
1 −
1
y = x = x 2 ⇒ y '= x 2 ⇒ y '=
2
2 x
.
Für x = 0 existiert der Grenzwert der Sekantensteigung nicht; die Tangentensteigung wird für x ĺ 0 über
alle Maßen groß: τ = 90°. – Veranschaulichen Sie sich den Sachverhalt am Graphen.
Faktoren- und Konstantenregel
Sie sind allgemein gültig und werden unabhängig vom Funktionstyp formuliert:
Satz 5.2
1. Ein konstanter Faktor c ∈ R* bleibt beim Differenzieren erhalten:
y = c ⋅ f(x) Ÿ y' = c ⋅ f '(x) (Faktorenregel).
2. Ein konstanter Summand entfällt beim Differenzieren:
y = f(x) + c Ÿ y' = f '(x)
(Konstantenregel).
¾ Die Ableitung der konstanten Funktion ist 0: y = c Ÿ y' = 0 , wobei c∈ R*.
Klar: Graphen konstanter Funktionen sind Parallelen zur x-Achse mit Steigung m = 0.
Beweis: Wegen f(x) = f(x0) = c und x ≠ x0 ist y' = lim
x → x0
c−c
= 0.
x − x0
Beweis zu 5.2(1)
y = c ⋅ f(x) Ÿ y'(x0) = lim
x → x0
c ⋅ f ( x ) − c ⋅ f ( x0 )
f ( x ) − f ( x0 )
= c ⋅ lim
, x ≠ x0
x − x0
x − x0
x → x0
y' ( x0 ) = c ⋅ lim
x → x0
f ( x ) − f ( x0 )
= c ⋅ f '(x0) oder aber wegen beliebiger Abszisse x0
x − x0
y' = c ⋅ f '(x).
Satz 5.2 lässt sich übertragen auf Potenzfunktionen mit einer Formvariablen an∈ R*:
y = an ⋅ xn, n∈ N* Ÿ y' = an ⋅ nxn–1.
Beispiel: y = 3x2 Ÿ y' = 2 ⋅ 3x = 6x.
5.1 Das Tangentenproblem
195
Ź Beispiel 1
Ź Beispiel 2
−2
Gesucht ist die Ableitung von f (x) = 3 , x ∈ R* .
x
Lösung
−2
y = 3 =−2 x−3
x
6
⇒ y ' = (−2)(−3) x−4 = 4 .
x
Ebenso für f (x) = 12 ⋅ 3 x 2 , x ∈ R +
0.
¾ Funktionen z. B. der Form y =
c
m
Lösung
2
1
1
y = ⋅ 3 x2 ⇒ y = x 3
2
2
1
1 2 −
1
⇒ y '= ⋅ x 3 = 3 .
2 3
3 x
q
, m ∈ N*, bzw. y = c x p , p ∈ Z, q ∈ N*, lassen
x
sich differenzieren, ohne dass es einer aufwändigen Grenzwertbetrachtung bedarf.
Summenregel
Diese Gesetzmäßigkeit bezieht sich auf eine additive Verknüpfung zweier (oder mehrerer)
differenzierbarer Funktionen:
Satz 5.3
Eine Summe von Funktionen wird gliedweise differenziert:
y = f(x) + g(x) + h(x) +…Ÿ y' = f '(x) + g'(x) + h'(x) + …
(Summenregel).
Beweis
Für y(x) = f(x) + g(x) + h(x) folgt
y ( x) − y ( x0 )
, x ≠ x0
x − x0
x→ x0
y'(x0) = lim
Ÿ y'(x0) = lim
x→ x0
f ( x) + g ( x ) + h( x) −[ f ( x0 ) + g ( x0 ) + h( x0 ]
=…
x − x0
f ( x) − f ( x0 )
g ( x) − g ( x0 )
h( x) − h( x0 )
+ lim
+ lim
x
x
x
x
x − x0
−
−
x→ x0
x→ x0
x→ x0
0
0
Ÿ y'(x0) = lim
Ÿ y'(x0) = f '(x0) + g'(x0) + h '(x0) oder aber
y' = f '(x) + g'(x) + h '(x).
Ź Beispiel: Für y = f (x) = x3 – 2x2 – 7x – 1 ist die Steigung von Gf an der Stelle x = 2 gesucht.
Lösung: Eine kombinierte Anwendung der aufgeführten Differentiationsregeln führt auf
y' = 3x2 – 4x – 7 Ÿ y'(2) = 3 ⋅ 22 – 4 ⋅ 2 – 7 = – 3.
Das Beispiel unterstreicht, dass gemäß Satz 5.2(2) ein konstanter Summand, also das absolute
Glied des Funktionsterms beim Differenzieren entfällt:
196
5 Differentialrechnung
y = x3 – 2x2 – 7x + 3
Ÿ y' = 3x2 – 4x – 7;
y = x3 – 2x2 – 7x – 2
d. h. die Funktionsgraphen haben dasselbe Steigungsverhalten.
Das leuchtet geometrisch-anschaulich ein: Ein absolutes
Glied im Funktionsterm bewirkt lediglich eine Verschiebung des Funktionsgraphen in y-Richtung. – Bild 5.8
offenbart die Zusammenhänge für den allgemeinen Fall:
y = f(x) + c Ÿ y' = f '(x).
Bild 5.8
Der Graph von f2 als Parallelverschiebung des Graphen von f1:
Das Steigungsverhalten ist gleich.
• Aufgaben
5.1
Differenzieren Sie mündlich:
a) y = x5;
2
3
d) y = − x3 + x 2 ;
3
2
b) y = – x2;
4
5
e) y = − x3 + x 2 − 3 x + 2 ;
3
2
c) y = 2x3;
1
3
f) y = − x 4 + 2 x3 − x 2 + x −1 .
2
2
5.2
Erstellen Sie die 1. Ableitungsfunktion und geben Sie deren jeweilige Definitionsmenge an:
1
2
3
a) f1(x) = − ;
b) f2(x) = 3 ;
c) f3(x) = − 5 ;
x
x
x
1
1
d) f4(x) = 3 x ;
e) f5(x) = − x ;
f) f6(x) = x − 2 .
x
x
5.3
Unter welchem Winkel schneidet der Graph von f(x) = x3 + x2 + 2x die x-Achse ?
5.4
Berechnen Sie die Winkel, unter welchen sich die Graphen der beiden Funktionen schneiden:
5
1
f1(x) = −x 2 − x + 4 und f2(x) = x 2 − x +1 .
2
2
5.5
Ermitteln Sie jeweils die Tangentengleichung im Berührpunkt B(1|yB) der Graphen nachfolgender
Funktionen:
a) f1(x) =
5.6
5.7
5.8
1 2
1
x + 3x − ;
2
2
b) f2(x) = x3 – 2x2 + x – 2;
c) f3(x) =
1
;
x
d) f4(x) = 3⋅ 3 x .
Erstellen Sie für die in Aufgabe 5.5 aufgeführten Funktionen die Normalengleichung in B(1|yB).
1
, x ∈ R*.
x
In welchem Punkt berührt eine Tangente parallel zur 2. Winkelhalbierenden Gf ?
Es sei f (x) =
1
, x ∈ R*.
x2
a) Ermitteln Sie die Gleichung der Tangente an Gf, wenn diese eine Steigung mt = 2 aufweist.
b) In welchem Punkt schneidet die Tangente den Funktionsgraphen ?
Es sei f (x) =
5.1 Das Tangentenproblem
5.9
197
Es sei f (x) = x2 – 3x – 1.
a) Wie lautet die Funktionsgleichung der zur 1. Winkelhalbierenden parallelen Tangente an Gf ?
b) Berechnen Sie, in welchem Punkt die Normale im Tangentenberührpunkt den Funktionsgraphen ein zweites Mal schneidet und unter welchem Winkel das geschieht.
5.10
Erstellen Sie die Funktionsgleichung der Geraden, die die Parabel mit P(x) = x2 –1,5x+ 4 berührt
und die Gerade mit g(x) = 2x – 3 rechtwinklig schneidet .
5.11
Bestimmen Sie a ∈ R* so, dass der Graph zu f (x) = ax3 die Gerade mit g(x) = − x +
1
3
4
3
recht-
winklig schneidet.
5.12
5.13
1
, x ∈ R*.
x2
Bestimmen Sie a ∈ R* so, dass sich die Graphen von f1 und f2 berühren. – Stellen Sie den Sachverhalt im KO-System dar.
Gegeben seien die Funktionen f1(x) = ax2 + 2, x ∈ R, und f2(x) =
Gegeben: f1(x) =
1
2
x2 und f2(x) = x – 3.
Errechnen Sie den kürzesten Abstand zwischen den Funktionsgraphen von f1 und f2.
5.14
Es sei f (x) = – x2 + 2x.
Ermitteln Sie die Funktionsgleichungen der Tangenten an Gf , die durch T(2|4) gehen.
Skizzieren Sie die Zusammenhänge .
5.15
Eine nach unten geöffnete Normalparabel, deren Symmetrieachse parallel zur y-Achse verläuft,
1
4
berührt die Parabel mit der Funktionsgleichung y =
x2 – 2x + 5 in B(2|yB).
Geben Sie die Funktionsgleichung der Normalparabel an.
5.16
Gegeben sei f (x) = x2 + 3x + 1.
Erstellen Sie die Funktionsgleichung der Parabel, die mit dem Graphen von f im Berührpunkt die
gemeinsame Tangente t ≡ y = – x – 3 hat und für deren Symmetrieachse x + 4 = 0 gilt.
5.17
Eine die x-Achse in xT = – ½ schneidende Gerade ist Tangente an eine nach oben geöffnete Normalparabel, deren Symmetrieachse parallel zur y-Achse verläuft. Wie heißt die Parabelgleichung,
wenn die Normale im Berührpunkt durch g(x) = –
5.18
1
2
x–
3
2
beschrieben werden kann ?
Bei Satellitenempfangsanlagen erfolgt die Datenübertragung nach folgendem Prinzip: Die vom
Sender ausgestrahlten Signale werden von entsprechend ausgerichteten Parabolantennen aufgefangen, am Parabolspiegel reflektiert (Eintrittswinkel = Austrittswinkel), dem im sog. Brennpunkt
angeordneten Empfangsteil zugeführt und dann per Kabel zum DVB-T-Receiver weitergeleitet. Berechnen Sie für einen marktüblichen Parabolspiegel mit Durchmesser d = 80 cm und 8 cm
Bautiefe die Lage des auf der Symmetrieachse angeordneten Empfangsteiles.
Hinweis: Es kann davon ausgegangen werden, dass die Signale parallel zur Symmetrieachse auf
dem Spiegel auftreffen.
5.19
Bei einem Kugelstoßwettbewerb erzielt ein Schüler eine Weite von 10 m; der Stoß erfolgt dabei
aus 1,5 m Höhe unter einem Winkel von 45°.
Unter welchem Winkel schlägt die Kugel auf dem Erdboden auf, wenn die Wurfbahn angenähert
dem Funktionsgraphen einer ganzrationalen Funktion 2. Grades entspricht ?
198
5 Differentialrechnung
5.20
Während eines Basketballspieles wagt ein Spieler einen 3-Punkte-Wurf: Er wirft den Ball vom
6,25m-Halbkreis aus einer Höhe von 2,13 m unter einem Winkel von 45° ab und hat dabei die
Korbmitte in 3,05 m Höhe anvisiert. - Prüfen Sie rechnerisch, ob der 3-Punkte-Wurf gelingt.
Hinweis: Der Basketball-Durchmesser beträgt d = 24 cm, der Korbdurchmesser D = 45 cm.
5.21
Das Seil einer Drahtseilbahn hängt in der Nähe der Talstation in Form einer Parabel durch
(Bild 5.9), die sich bei dem gewählten KO-System angenähert durch die Funktionsgleichung
y=
1
450
x2 + 10 beschreiben lässt.
Bedingt durch das Gelände soll das Seil ab einer bestimmten Stelle so geführt werden, dass der
weitere Verlauf grob angenähert als Gerade mit der Steigung m = 4 aufgefasst werden kann.
3
Durch welche lineare Funktion und in welchem Punkt geschieht das ?
Bild 5.9
Bild 5.10
5.22
Eine Freileitung (Masthöhe 20 m) soll bei einem horizontal gemessenen Mastabstand von je 150 m
mit drei Masten einen Niveauunterschied von 48 m überbrücken, und zwar zunächst von Mast I zu
Mast II 6 m und schließlich von Mast II zu Mast III 42 m (Bild 5.10).
Errechnen Sie die Winkel, unter denen die drei Masten die auftretenden Seilkräfte aufnehmen.
Hinweis: Fassen Sie die Seildurchhängung angenähert als Parabel auf.
5.23
Ein Brückenbogen mit nebenstehendem Querschnittsprofil (Bild
5.11) – angenähert als Parabel aufzufassen – wird in A und B gelagert, wobei B 36 m rechts von A und 18 m höher liegt. Der
Brückenbogen läuft mit einer Steigung von m = + 2 (gemessen
gegen die Horizontale) in A ein.
a) Stellen Sie die Funktionsgleichung für den Brückenbogen auf.
b) Unter welchem Winkel läuft der Brückenbogen in B ein ?
c) Geben Sie die Lage der schwächsten Stelle der Brücke an.
Bild 5.11
*5.1.4 Differenzierbarkeit und Stetigkeit
Die Ausführungen zur Stetigkeit von Funktionen (ĺ Abschnitt 4.2) bedürfen hinsichtlich ihrer
Differenzierbarkeit einer Ergänzung:
¾ Funktionen f, die an einer Stelle x0 ihres Definitionsbereichs differenzierbar sind, sind dort
auch stetig.
Die Umkehrung dieser Aussage, dass nämlich Funktionen in einem Punkt differenzierbar sind,
wenn sie dort stetig sind, gilt jedoch nicht.
5.1 Das Tangentenproblem
199
Dies lässt sich an nachfolgendem klassischen Beispiel zeigen:
Die Funktion f(x) = |x| ist für x = 0 zwar stetig, aber nicht differenzierbar, da links- und
rechtsseitiger Grenzwert der Differenzenquotientenfunktion nicht übereinstimmen (vgl. Bild
5.12).
Definitionsgemäß ist für x0 ∈ R
| x | − | x0 |
, x ≠ x0 ;
x→ x0 x − x0
f '( x0 ) = lim
x0 ∈ R–
−x − (−x0 )
⇒ f '( x0 ) = lim
x − x0
x→ x0
= lim
x→ x0
x0 ∈ R+
⇒ f '( x0 ) = lim
x→ x0
x − x0
=+1 .
x − x0
−( x − x0 )
=−1
x − x0
Für x0 = 0 resultiert somit
| x |− 0
| x |− 0
=−1 und g r = lim
=+1 .
x
−
0
x→−0
x→+0 x − 0
gl = lim
Wegen gl ≠ gr gilt die Betragsfunktion im Ursprung als
nicht differenzierbar.
Bild 5.12 Der Graph von f (x) = |x|.
f ist für x = 0 nicht differenzierbar.
Bild 5.13 zeigt allgemein den Funktionsgraphen einer stetigen Funktion, die an den Stellen x1,
x2 und x3 nicht differenzierbar ist.
Für x1 ergeben sich zwei unterschiedliche Tangentensteigungen,
d. h. links- und rechtsseitiger Grenzwert der zugehörigen Differenzenquotientenfunktion stimmen nicht überein.
Für x2 und x3 ist besagter Grenzwert uneigentlich; die Tangentensteigungen sind unendlich groß (bzw. unendlich klein).
Bild 5.13
Der Graph einer für x1, x2 und x3 nicht differenzierbaren Funktion
Anmerkung: Gelegentlich wird P1 als Knickpunkt bezeichnet. P2 stellt einen Wendepunkt dar und P3
heißt Umkehrpunkt, beide mit vertikaler Tangente.
*5.1.5 Anwendung in der Physik
Die bislang dargestellte Problematik der Differentialrechnung basiert im Wesentlichen auf
Überlegungen des deutschen Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716),
einem der Begründer der Differential- und Integralrechnung, seit 1676 bis zu seinem Tode in
Hannover tätig. – Unabhängig von ihm hat der englische Physiker und Mathematiker Isaac
Newton (1642–1727) Grundlegendes zur gleichen Thematik veröffentlicht, z. T. mit anderer,
aus der Mechanik stammenden Zielsetzung.
200
5 Differentialrechnung
Die nachfolgenden Ausführungen zur Bewegungslehre zeigen beispielhaft die Bedeutung der
Differentialrechnung für Naturwissenschaften und Technik auf 1):
Momentangeschwindigkeit und -beschleunigung
Die Gesetzmäßigkeit des freien Falls erschließt sich in der Form
m
s = 12 g ⋅t 2 ( Fallbeschleunigung g ≈ 9,81 2 )
s
und stellt im s, t-Diagramm für t ∈ R +
0 eine Parabel dar.
Bedeutsam für den Anwendungsbereich ist die Frage nach der Momentangeschwindigkeit
eines frei fallenden Körpers nach t0 Sekunden. – Eine mittlere Geschwindigkeit errechnet sich
in Anlehnung an Bild 5.14a allgemein zu
ν=
s (t ) − s (t0 )
(t ≠ t0 ) ⇒ ν =
t − t0
1
2
gt 2 − 12 gt02
t − t0
.
Bild 5.14 Zusammenhang zwischen Weg s, Geschwindigkeit ν und Beschleunigung a
Die Differenzenquotientenfunktion ν = f (t ) erfordert die Grenzwertbildung für t → t0; es
resultiert als Tangentensteigung im s, t-Diagramm die Momentangeschwindigkeit
ν = lim
1
2
gt 2 − 12 gt02
t − t0
t→t0
t 2 − t02
t →t0 t − t0
= 12 ⋅ g ⋅ lim
⇒ ν = 12 g ⋅ lim (t + t0 ) oder
t →t0
ν = gt0 .
Da diese Aussage für alle t0 ∈ R +
0 gültig ist, lässt sich auch ν = gt schreiben, was der 1. Ableitungsfunktion des Weg-Zeit-Gesetzes entspricht:
1
ds
s = g ⋅t 2 ⇒ s' = = g ⋅t oder s ' := ν = g ⋅t .
2
dt
1)
Es entbrannte noch zu Lebzeiten beider Gelehrter ein Prioritätenstreit. Leibniz wurde insbesondere
von englischer Seite vorgeworfen, er hätte von Newton „abgeschrieben“. Dass diese Vorwürfe zu Unrecht erfolgten, konnte der Schweizer Mathematiker Johann Bernoulli (1667–1748) nach Leibniz’ Tod
aufzeigen: Leibniz hatte unabhängig von Newton das umfassendere und wesentlichere Gedankengut
zur Infinitesimalrechnung (Differential- und Integralrechnung) geliefert.
5.1 Das Tangentenproblem
201
Bild 5.14b zeigt den Graphen der 1. Ableitungsfunktion im ν, t-Diagramm.
Differenziert man nun ein weiteres Mal, ergibt sich
dν
ν = g ⋅t ⇒ υ ' = = g oder s ' := ν = g ⋅t ,
dt
wobei a für Beschleunigung steht, die beim freien Fall g ≈ 9,81
m
s2
beträgt.
Bild 5.14c zeigt den Graphen der 2. Ableitungsfunktion im a, t-Diagramm.
Allgemein gilt für jede differenzierbare Weg-Zeit-Gesetzmäßigkeit s = f(t) Folgendes:
Momentangeschwindigkeit
Momentanbeschleunigung
ν = s' (t) = s
a = s" (t) = s bzw.
a = ν ' (t) = ν .
Die Schreibweisen s , s bzw. ν (gelesen: s Punkt, s zwei Punkt usw.) gehen auf Newton
zurück; gemäß Leibniz'scher Schreibweise gilt
ds
d2s
dν
s :=
s := 2 (gelesen: d zwei s nach dt Quadrat) bzw. ν :=
.
, dt
dt
dt
Ź Beispiel: Für einen Körper, der sich nach dem Weg-Zeit-Gesetz s = f (t) = 2t3 – 5t2 + 3t bewegt,
sind Momentangeschwindigkeit und -beschleunigung nach t = 2 sec. zu bestimmen.
m
m
=7 .
s
s
m
m
Ÿ a (2) = (12 ⋅ 2 – 10) 2 = 14 2 .
s
s
Lösung: Es ist ν = s' (t) = 6t2 – 10t + 3 Ÿ ν (2) = (6 ⋅ 22 – 10 ⋅ 2 + 3)
Ferner ist
a = s" (t) = 12t – 10
Mittelwertsatz der Differentialrechnung
Die Zusammenhänge zwischen mittlerer und momentaner
Geschwindigkeit sollen um einen selbstverständlich anmutenden Aspekt erweitert werden:
Bewegt sich ein Verkehrsmittel von einem Punkt P1 zu
einem anderen Punkt P2, so lehrt die Erfahrung, dass es
auf dieser Strecke mindestens einen Zeitpunkt tm geben
wird, bei dem die Momentangeschwindigkeit νm gleich
der mittleren Geschwindigkeit ν ist.
In Anlehnung an Bild 5.15 gilt offensichtlich
νm := s '(tm ) =
s2 − s1
=ν
t2 − t1
Bild 5.15 Veranschaulichung des
Mittelwertsatzes
Entsprechendes lässt sich im ν, t-Diagramm über die Momentanbeschleunigung aussagen.
202
5 Differentialrechnung
Verallgemeinernd kann geometrisch-anschaulich Folgendes als gesichert festgehalten werden:
¾ Zwischen zwei verschiedenen Punkten P1 und P2 eines Graphen existiert mindestens ein
Kurvenpunkt, in welchem die Tangente parallel zur Sekante P1P2 verläuft.
Diese Erkenntnis spiegelt den Mittelwertsatz der Differentialrechnung wider, wobei in diesem
Rahmen auf eine genaue Ausformulierung verzichtet wird.
• Aufgaben
5.24
Geben Sie Geschwindigkeit und Beschleunigung nach jeweils 1 Sekunde an:
a) s = f1(t) = 7t + 2;
5.25
b) s = f2(t) = 5t2 – 2t + 3;
c) s = f3(t) = t3 + 6t2 – 8t.
Ein frei fallender Körper erfährt auf der Erde eine Fallbeschleunigung von ca. 9,81 m ⋅ s-2, auf
dem Mond eine solche von 1,62 m ⋅ s-2. - Berechnen Sie jeweils die Geschwindigkeit in km/h
a) nach 3 Sekunden freiem Fall,
b) wenn der Körper aus 10 m Höhe auf der Erd- bzw. Mondoberfläche auftrifft.
5.26
Aus drei Metern Höhe wird ein Stein mit einer Anfangsgeschwindigkeit von ν
0
= 15
m
s
senk-
recht nach oben geworfen. – Berechnen Sie die Steigzeit und -höhe sowie die Zeit, die bis zum
Aufschlag des Steines auf dem Boden vergeht.
1
Hinweis: Es ist allgemein s = f (t) = s0 + ν0t − 2 gt ² , t ∈ R +
0 , wobei mit s0 die Höhe angegeben
wird, aus der der Wurf beginnt.
5.27
Die große Gartenfontäne im Herrenhäuser Garten von Hannover erreicht eine Höhe von ca. 80 m.
Berechnen Sie unter Vernachlässigung des Luftwiderstandes
a) die Geschwindigkeit v0 des Wasserstrahls an der Austrittsdüse und
b) die Zeitdauer, bis das Wasser die maximale Höhe erreicht hat.
5.1.6 Newton’sches Näherungsverfahren
Im Abschnitt 2.3.3 ist ein Iterationsverfahren zur Berechnung von Nullstellen ganzrationaler
Funktionen vorgestellt worden; u. a. für solche 3. Grades wie folgt entwickelt:
x0 ≈ xn+1 = xn −
axn3 + bxn2 + cxn + d
3axn2 + 2bxn + c
, wobei n ∈ N* .
Der Korrekturquotient lässt einen Zusammenhang zwischen Funktion und 1. Ableitungsfunktion vermuten. Es scheint sich letztendlich um eine Tangentenproblematik zu handeln, was es
zu zeigen gilt.
Bild 5.16 zeigt den Graphen Gf einer beliebigen differenzierbaren Funktion f mit einer nur
näherungsweise zu ermittelnden Nullstelle x0 und einem nahebei liegenden Startwert x1.
Für die Tangente t im x1 zuzuordnenden Punkt P1 ∈ Gf lässt sich folgende Aussage treffen:
5.1 Das Tangentenproblem
5.2 Anwendung auf Kurvenuntersuchungen
203
f ( x1 ) ⎫
⎪
f ( x1 )
x −x
1
= f '( x1 ) ⇔ 1 2 =
x1 − x2 ⎬ ⇒
x1 − x2
f ( x1 )
f '( x1 )
mt = f '( x1 ) ⎪
⎭
mt =
f ( x1 )
oder
f '( x1 )
f ( x1 )
x2 = x1 −
.
f '( x1 )
⇔ x1 − x2 =
Sollte x2 als Näherungswert noch zu ungenau sein, empfiehlt
sich ein zweiter Durchgang:
f(x)
Gf
f(x1 )
P1
x0 x2 x1
t
x
Bild 5.16
f ( x2 )
.
x3 = x2 −
f '( x2 )
Das Isaac Newton zuzuschreibende Verfahren lässt sich bei Bedarf mehrfach anwenden und
wird allgemein so angegeben:
x0 ≈ xn+1 = xn −
f ( xn )
, wobei n ∈ N*
f '( xn )
(Newton’sches Näherungsverfahren).
Die in Abschnitt 2.3.3 angestellten Überlegungen finden verallgemeinernd Bestätigung.
¾ Startwert-Konvergenzbedingung
Dem Startwert x1 kommt besondere Bedeutung zu; denn nicht immer klappt die beschriebene
Annäherung an x0. Das Gütekriterium für geeignete Startwerte ergibt sich ohne es weiter zu
vertiefen wie folgt:
f ( x1 )⋅ f ''( x1 )
[ f '( x1 )]2
< 1, wobei f '( x1 ) ≠ 0 .
• Aufgaben
5.28
Bearbeiten Sie – falls noch nicht geschehen – die Aufgaben 2.165 und 2.166.
5.2 Anwendung auf Kurvenuntersuchungen
Die bislang praktizierten Verfahren zur Untersuchung von Funktionen und deren Graphen
erfahren mit den Möglichkeiten der Differentialrechnung eine hervorragende Ausweitung.
Insbesondere ist es jetzt gegeben,
– die Extrempunkte sowie
– die Wendepunkte
von Funktionsgraphen zu ermitteln.
204
5 Differentialrechnung
5.2.1 Extremstellen von Funktionen – Krümmungsverhalten
Zunächst soll definiert werden, was unter Extremstellen zu verstehen ist:
Definition 5.2
Es sei f eine im Intervall [a; b] ihres Definitionsbereichs stetige Funktion.
Dann besitzt f an der Stelle xH ∈ ]a; b[ ein relatives Maximum, wenn für alle von xH verschiedenen Abszissen x einer Umgebung von xH gilt:
f(xH) > f(x). - H(xH | f(xH)) heißt Hochpunkt von Gf.
Entsprechend besitzt f an der Stelle xT ∈ ]a; b[ ein relatives Minimum, wenn für alle von
xT verschiedenen Abszissen x einer Umgebung von xT gilt:
f(xT) < f(x). - T(xT | f(xT)) heißt Tiefpunkt von Gf .
Bild 5.17 veranschaulicht die Definition.
Bild 5.17
Hochpunkt H und Tiefpunkt T
Zur sauberen Verwendung der Begriffe noch soviel:
H und T sind Extrempunkte.
xH bzw. xT markieren die Extremstellen, die zusammengefasst mit xE bezeichnet werden.
f(xE) ist Extremwert (analog: Funktionswert).
Die Definition bedarf zusätzlicher Erläuterungen.
Der in Bild 5.18 dargestellte Graph besitzt im Intervall ]a; b[ vier Extrempunkte.
Zu beachten ist, dass
– für x1 ein relatives Maximum (H1) und
– für x4 ein relatives Minimum (T2) vorliegt,
obwohl f(x1) < f(x4).
Bild 5.18 Relative Hoch- und Tiefpunkte
¾ Aussagen über relative Maxima bzw. Minima (= Mehrzahl von Maximum bzw. Minimum)
erschließen sich anschaulich nur im Vergleich zur Umgebung eines Extrempunktes.
5.2 Anwendung auf Kurvenuntersuchungen
205
Sonderfall: Randextrema
Die Randpunkte des Intervalls [a; b] sind gemäß Definition 5.2 einer Extremwertbetrachtung
entzogen, was formal mit dem Umgebungsbegriff zu tun hat (wieso?). Sollen die Funktionswerte f(a) bzw. f(b) dennoch in die Überlegungen einbezogen werden, spricht man von sog.
Randextrema1). Ihnen kommt dann eine gewisse Bedeutung zu, wenn es die absoluten Extremwerte im Intervall [a; b] sind.
Bild 5.18 zeigt für x = a ein absolutes Minimum und für x = b ein absolutes Maximum.
Die Randextrema sind ein Sonderfall; denn vordergründig dominiert die Frage nach den relativen Maxima und Minima einer Funktion. – Zwecks Vereinfachung wird vereinbart, im Folgenden den Begriff Extrema zu verwenden, wenn relative Extrema gemeint sind.
Rechnerisches Vorgehen
Die Bilder 5.17 und 5.18 zeigen, dass die den Extremstellen xE zugeordneten Hoch- und Tiefpunkte eines Funktionsgraphen Tangenten parallel zur x-Achse aufweisen, also gilt für die
Tangentensteigung
mt = f '(xE) = 0 .
¾ Die Nullstellen der 1. Ableitungsfunktion sind zu bestimmen.
Beispiel 1
f1(x) =
x2
– 2x + 3, x ∈ R
y' = f1' (x) = 2x – 2
y' = 0
Beispiel 2
Ÿ 2x – 2 = 0 ⇔ x = 1;
f1(1) = 2 Ÿ Extremum E1(1; 2).
f2(x) = – x2 + 2x + 1, x ∈ R
y' = f 2' (x) = – 2x + 2
y' = 0
Ÿ – 2x + 2 = 0 ⇔ x = 1;
f2(1) = 2 Ÿ Extremum E2(1; 2).
Obwohl in beiden Fällen die Komponenten der Extrema dieselben sind, handelt es sich bei E1
um das Minimum der Funktion f1, während E2 Maximum der Funktion f2 ist.
Zu E1 gehört der Tiefpunkt T(1|2),
zu E2 der Hochpunkt H(1|2).
Beide Punkte repräsentieren die Scheitelpunkte der nach oben geöffneten Parabel zu f1 bzw.
der nach unten geöffneten Parabel zu f2; hier sind sie absichtlich identisch.
Die Bilder 5.19 und 5.20 veranschaulichen die Ausführungen. Sie geben darüber hinaus auch
die Graphen der zugehörigen 1. und 2. Ableitungsfunktion an, deren weitere Bedeutung noch
zu erläutern ist.
1)
Mehrzahl von Extremum (= das Äußerste); Sammelbegriff für Maximum und Minimum
206
5 Differentialrechnung
Bild 5.19 Graph von f1(x) = x2 – 2x + 3
im Zusammenhang mit den Graphen der
1. und 2. Ableitungsfunktion
Bild 5.20 Graph von f2(x) = – x2 + 2x + 1
im Zusammenhang mit den Graphen der
1. und 2. Ableitungsfunktion
Linkskurve: Tiefpunkt
Die Steigung des Graphen von f1 ist in positiver x-Richtung fortschreitend
zunächst negativ
(y' < 0),
dann im Tiefpunkt 0 (y' = 0),
schließlich positiv
Ÿ Linkskurve.
(y' > 0).
Die Tangentensteigung nimmt in der Umgebung eines Tiefpunktes von negativen zu positiven
Werten hin zu:
¾ Der Graph der 1. Ableitungsfunktion hat positiven Nulldurchgang.
Die 2. Ableitung liefert das Steigungsverhalten des Graphen der 1. Ableitungsfunktion:
¾ Für den gesamten Bereich der Linkskurve gilt
y '' > 0 .
Im konkreten Fall ist y" = f "(x) = 2 konstant positiv, Gf1 ist ausschließlich linksgekrümmt.
5.2 Anwendung auf Kurvenuntersuchungen
207
Rechtskurve: Hochpunkt
Für Beispiel 2 ist alles umgekehrt:
Die Steigung des Graphen von f2 ist in positiver x-Richtung fortschreitend
zunächst positiv
(y' > 0),
dann im Hochpunkt 0 (y' = 0),
schließlich negativ
Ÿ Rechtskurve.
(y' < 0).
Die Tangentensteigung nimmt in der Umgebung eines Hochpunktes von positiven zu negativen Werten hin ab:
¾ Der Graph der 1. Ableitungsfunktion hat negativen Nulldurchgang.
Die 2. Ableitung liefert das Steigungsverhalten des Graphen der 1. Ableitungsfunktion:
¾ Für den gesamten Bereich der Rechtskurve gilt
y '' < 0 .
Im konkreten Fall ist y" = f "(x) = – 2 konstant negativ, Gf2 ist ausschließlich rechtsgekrümmt.
Die Extrema einer Funktion rechnerisch zu erfassen erfordert zweierlei:
1. Zur Bestimmung ihrer Lage ist es notwendig, die Nullstellen der 1. Ableitungsfunktion zu
ermitteln.
2. Es bedarf der 2. Ableitungsfunktion, um das Krümmungsverhalten des Graphen der Ausgangsfunktion zu bestimmen und damit die Art der Extrema hinreichend anzugeben.
Die zur praktischen Durchführung erforderlichen Kriterien sind wie folgt zusammengefasst:
Satz 5.4
Es sei f im Intervall ]a; b[ ihres Definitionsbereichs zweimal differenzierbar.1)
Dann hat f an der Stelle xE ∈ ]a; b[ ein (relatives)
– Maximum, wenn f '(xE) = 0 und f "(xE) < 0;
– Minimum, wenn f '(xE) = 0 und f "(xE) > 0.
Ź Beispiel: Es sei f (x) =
1 3 3 2
x − x , x ∈ R. – Zu bestimmen sind Lage und Art der Extrema .
3
2
Lösung
1)
Mit der Voraussetzung, f solle differenzierbar sein, sind solche Extrema ausgeschlossen, die sich im
Funktionsgraphen als Knick- oder Umkehrpunkt bemerkbar machen (ĺ Abschnitt 5.1.4, Bild 5.13).
208
5 Differentialrechnung
Lage der Extrema
1
3
y = x3 − x 2
3
2
y ' = x 2 − 3x⎫
⎬⇒ x 2 − 3x = 0 ⇔ x( x − 3) = 0 ⇔ x = 0∨ x = 3.
y '= 0
⎭
Ÿ f(0) = 0, f(3) = – 4,5;
Es ergeben sich die Extremalpunkte E1(0|0) und E2(3|– 4,5).
Art der Extrema
y" = 2x – 3
y" (0) = – 3 < 0 Ÿ E1 ist Hochpunkt;
y" (3) = + 3 > 0 Ÿ E2 ist Tiefpunkt.
Gf ist zusammen mit den Graphen der zugehörigen 1. und
2. Ableitungsfunktion in Bild 5.21 dargestellt.
Bild 5.21
Graph von f (x) = 13 x3 − 23 x 2
5.2.2 Wendepunkte
Für die obige Funktion mit f(x) =
1 3 3 2
x − x
3
2
können folgende Ergebnisse als gesichert ange-
sehen und graphisch veranschaulicht werden:
1. Für das Maximum mit der Abszisse xH = 0 gilt:
a) Der Graph von f beschreibt in der Umgebung von xH eine Rechtskurve und besitzt einen
Hochpunkt H(0|f(0)); also H(0|0);
b) der Graph von f ' schneidet bei xH = 0 die x-Achse (y' = 0) und hat dort eine negative
Tangentensteigung (y" < 0), man spricht von einer Fallstelle;
c) der Graph von f " verläuft wegen f "(0) < 0 unterhalb der x- Achse.
2. Für das Minimum mit der Abszisse xT = 3 gilt:
a) Der Graph von f beschreibt in der Umgebung von x2 eine Linkskurve und besitzt einen
Tiefpunkt T(3|f(3)), also T(3|– 4,5);
b) der Graph von f ' schneidet bei xT = 3 die x-Achse (y' = 0) und hat dort eine positive
Tangentensteigung (y" > 0), man spricht von einer Steigstelle;
c) der Graph von f " verläuft wegen f "(3) > 0 oberhalb der x-Achse.
Die 2. Ableitungsfunktion y" = f "(x) = 2x – 3 liefert Aussagen zum Kurvenverhalten des Graphen der Ausgangsfunktion f : Dieser beschreibt
eine Rechtskurve für 2x – 3 < 0 ⇔ x <
3
2
bzw. eine Linkskurve für 2x – 3 > 0 ⇔ x >
3
.
2
5.2 Anwendung auf Kurvenuntersuchungen
3
2
WP 3 | f ( 3 )
2
2
209
Für xWp = ist der Funktionsgraph weder rechts- noch linksgekrümmt; der zugehörige Punkt
(
), also WP ( 32 | − 94 ), heißt Wendepunkt, im Folgenden auch nur mit W abgekürzt.
¾ Ein Wendepunkt markiert den Übergang von einem Krümmungsbereich zum anderen.
Bild 5.22 veranschaulicht die Zusammenhänge:
1. Der Graph von f zeigt einen Wendepunkt WP1
mit Übergang von Rechts- zu Linkskrümmung:
a) Der Graph von f ' besitzt einen Tiefpunkt.
b) Der Graph von f "
– schneidet bei xwP1 die x-Achse (y" = 0) und
– hat positiven Nulldurchgang (y'" > 0).
2. Der Graph von f zeigt einen Wendepunkt WP2
mit Übergang von Links- zu Rechtskrümmung:
a) Der Graph von f ' besitzt einen Hochpunkt.
b) Der Graph von f "
– schneidet bei xwP2 die x-Achse (y" = 0) und
– hat negativen Nulldurchgang (y'" < 0).
Bild 5.22 Wendepunkte mit verschiedenen
Krümmungsübergängen
Die Ergebnisse werden in nachfolgendem Satz zusammengefasst:
Satz 5.5
Es sei f im Intervall ]a; b[ ihres Definitionsbereichs dreimal differenzierbar.
Dann hat der Graph von f an der Stelle xW ∈ ]a; b[ einen Wendepunkt mit
– L-R-Übergang, wenn f "(xW) = 0 und f "'(xW) < 0;
– R-L-Übergang, wenn f "(xW) = 0 und f '"(xW) > 0.
Ź Beispiel: Es sei f (x) =
1 3 3 2 3
3
x − x + x + , x ∈ R.
4
2
4
2
Zu bestimmen sind die Wendepunkt-Koordinaten sowie die Funktionsgleichung der Wendetangente.
Lösung: f '(x) =
3 2
3
3
x − 3x + ⇒ f "(x) = x − 3 ;
4
4
2
3
f "(x) = 0: x − 3 = 0 ⇔ x = 2 ⇒ y = f (2) =−1 .
2
Ferner ist y'" = 3 und damit f '" (2) ≠ 0, was hinreichend gewährleistet, dass W(2|– 1) Wendepunkt ist.
2
Für das Erstellen der Funktionsgleichung der Wendetangente – das ist die Tangente im Wendepunkt – ist
es zunächst einmal erforderlich, die Tangentensteigung zu ermitteln. Mit der Punktsteigungsform der
Geradengleichung resultiert schließlich das gewünschte Ergebnis:
210
5 Differentialrechnung
3
3
y' (2) = ⋅22 − 3⋅2 +
4
4
9
Ÿ y' (2) = – (Steigung der Wendetangente)
4
9
y – (– 1) = – (x – 2)
4
9
7
Ÿ y = – x + (Gleichung der Wendetangente).
4
2
Bild 5.23
Graph mit Wendepunkt und Wendetangente
Bild 5.23 zeigt Gf ausschnittsweise in einer Umgebung des Wendepunktes.
Die Wendetangente veranschaulicht die generelle Änderung im Krümmungsverhalten eines Graphen.
¾ Sonderfall: Sattelpunkt
Der Sachverhalt soll anhand eines durchgerechneten Beispiels verdeutlicht werden.
Ź Beispiel: f (x) =
1 3 3 2
x − x + 3 x ist auf Extrem- und Wendepunkte zu untersuchen.
4
2
Lösung
Extrema
3 2
x − 3x + 3
4
y' = 0
y' =
Ÿ
3 2
x – 3x + 3 = 0 ⇔ x2 – 4x + 4 = 0 ⇔ (x – 2) (x – 2) = 0;
4
x = 2 ist doppelte Nullstelle der 1. Ableitungsfunktion f '; ferner gilt f (2) = 2.
Um eine Aussage über die Art des Extremums und damit über das Krümmungsverhalten des Funktionsgraphen an der Stelle x = 2 anzustellen, bedarf es der 2. Ableitungsfunktion:
3
y" = f " (x) = x − 3 Ÿ y" (2) = 0;
2
der Funktionsgraph ist gemäß Satz 5.5 weder rechts- noch linksgekrümmt, also existiert kein Extremum.
Wendepunkte
⎪ 3
y '' = 32 x − 3⎫
⎬⇒ 2 x − 3 = 0 ⇔ x = 2.
⎪
y '' = 0
⎭
Bild 5.24
Graph mit Sattelpunkt und waagerechter Tangente
Wegen y'"(2) ≠ 0 ist W(2|2) Wendepunkt des Graphen von f, allerdings mit einer Besonderheit:
Die Wendetangente verläuft parallel zur x-Achse, also y' (2) = 0 (Bild 5.24).
¾ Ein Sattel- oder Terrassenpunkt ist ein Wendepunkt mit waagerechter Tangentensteigung.
5.2 Anwendung auf Kurvenuntersuchungen
211
Notwendige und hinreichende Bedingungen für Extrem- und Wendepunkte
In nachfolgender Tabelle sind die erarbeiteten Kriterien für Extrem- und Wendepunkte zusammengefasst; unterschieden wird zwischen notwendigen und hinreichenden Bedingungen:
Extrempunkte
Maximum (HP)
Notwendige
Bedingung
Hinreichende
Bedingung
Wendepunkte
Minimum (TP)
normal
Sattelpunkt
y" (xW) = 0
y' (xW) = y" (xw) = 0
y"(xW) = 0
∧ y"'(xw) ≠ 0
y' (xW) = y"(xW) = 0
∧ y'" (xw) ≠ 0
y' (xE) = 0
y'(xE) = 0
∧ y"(xE) < 0
y'(xE) = 0
∧ y"(xE) > 0
Hinweis: xE bzw. xW stehen jeweils für die Extrem- bzw. Wendestellen.
Die Tabelle bedarf zusätzlicher Erläuterungen:
1. Mit y'(xE) = 0 ∧ y"(xE) ≠ 0 Ÿ Extremum wird die hinreichende Bedingung für Extrema
festgeschrieben. Die Pfeilrichtung darf nicht umgekehrt werden; denn y"(xE) ≠ 0 ist keine notwendige Bedingung für Extrema, wie folgendes Beispiel zeigt:
Beispiel: Die geraden Potenzfunktionen y = x4, y = x6, ..., y = x2n (n ∈ N* \ {1}) besitzen alle mit E(0; 0)
ein Minimum, dennoch ist jeweils y"(0) = 0.
Wenn also trotz y"(xE) = 0 ein Extremum vermutet wird, untersucht man das Verhalten der
1. Ableitungsfunktion in der Umgebung ihrer Nullstelle, was wie folgt geschieht:
gl = lim 4 x3 =− 0
y = x4 Ÿ y' = 4x3
x→−0
g r = lim 4 x3 =+ 0
Ÿ Extremum für xE = 0.
x→+0
Hinweis: Wegen der Steigstelle ist das Extremum ein Minimum.
Einfacher ist das Extremum gemäß nachstehender Vorgehensweise nachzuweisen:
Es wird so oft differenziert, bis sich schließlich eine höhere Ableitung geraden Grades ergibt,
die für x = xE nicht Null wird. Es liegt dann ein relatives Maximum bzw. Minimum in xE vor,
je nach dem, ob diese Ableitung an der Stelle xE negativ oder positiv ist.
Für obiges Beispiel mit xE = 0 gilt somit
y = x4 Ÿ y' = 4x3 Ÿ y" = 12x2 Ÿ y'" = 24x Ÿ yIV = 24.
Da y' (0) = y"(0)= y'"(0) = 0, aber yIV(0) = 24 > 0, ergibt sich für x = 0 ein Tiefpunkt.
2. Mit y"(xW) = 0 ∧ y'"(xW) ≠ 0 Ÿ Wendepunkt wird die hinreichende Bedingung für
Wendepunkte festgeschrieben. Wieder darf die Pfeilrichtung nicht umgekehrt werden; denn
y'"(xW) ≠ 0 ist keine notwendige Bedingung für Wendepunkte, wie folgendes Beispiel zeigt:
Beispiel: Der Graph von f(x) = x5 – x, x ∈ R, besitzt einen Wendepunkt W(0|0), dennoch ist y'"(0) = 0.
212
5 Differentialrechnung
Wenn also trotz y"'(xW) = 0 ein Wendepunkt vermutet wird, untersucht man das Verhalten der
2. Ableitungsfunktion in der Umgebung ihrer Nullstelle:
gl = lim 20 x3 =− 0
y = x5 – x Ÿ y' = 5x4 – 1 Ÿ y" = 20x3
x→−0
g r = lim 20 x3 =+ 0
Ÿ Wendepunkt mit xw=0.
x→+0
Hinweis: Wegen der Steigstelle ist es ein Wendepunkt mit Übergang von Rechts- zu Linkskrümmung.
Einfacher ist der Wendepunkt wie folgt nachzuweisen:
Man differenziert so lange, bis sich eine höhere Ableitung ungeraden Grades ergibt, die für
x = xw nicht Null wird. Dann liegt ein Wendepunkt vor.
Für obiges Beispiel gilt somit
y = x5 – x Ÿ y' = 5x4 – 1 Ÿ y" = 20x3 Ÿ y'" = 60x2 Ÿ yIV = 120x Ÿ yV = 120.
Da y"(0) = y'"(0) = yIV(0) = 0, aber yV(0) = 120 ≠ 0, ergibt sich für x = 0 ein Wendepunkt.
Hinweis: Ein geradezu klassisches Beispiel stellen auch die ungeraden Potenzfunktionen
mit den Funktionsgleichungen y = x2n+1 (n ∈ N*) dar, wobei im Ursprung wegen y'(0) = 0
jeweils ein Sattelpunkt auftritt.
¾ Sonderfall: Flachpunkt
1 4 1 3 3 2 läuft zunächst alles routinemäßig ab:
Für z. B. f ( x ) = 16
x −2 x +2 x
Doppelnullstelle im Ursprung (= Tiefpunkt), keine weiteren Null- bzw. Extremstellen.
Die Wendepunkt-Ermittlung führt über f ''( x) = 34 x 2 − 3 x + 3 auf die Gleichung
0 = 34 x 2 − 3x + 3 ⇔ 0 = ( x − 2)( x − 2)
⇒ xw1,2 = 2.
.
Aber: f '''( x) = 32 x − 3 ⇒ f '''(2) = 0.
Der Graph hat keinen Wendepunkt; er weist einen sog. Flachpunkt aus für F(2|3). In der Umgebung dieses Punktes verläuft der Graph relativ gerade. – Lassen Sie sich den Funktionsgraphen einmal ausdrucken (Aufgabe!).
Anschaulich dürfte der Sachverhalt klar sein: Wenn zweimal im gleichen Punkt eine Kurvenänderung „angesagt“ ist, gibt es keine.
¾ Ein Flachpunkt ist ein „scheinbarer“ Wendepunkt mit doppelter Wendestelle.
5.2 Anwendung auf Kurvenuntersuchungen
213
5.2.3 Kurvendiskussion ganzrationaler Funktionen
Auf der Basis der bereits mehrfach praktizierten Nullstellenermittlung (→ Abschnitt 2.3.3)
lassen sich mit dem Kriterienkatalog zur Bestimmung von Extrem- und Wendepunkten ganzrationale Funktionen genauer als bisher untersuchen.
Vorab bedarf es einer selbstverständlich anmutenden Feststellung, stillschweigend schon früher1) als richtig unterstellt:
¾ Zwischen zwei aufeinander folgenden Nullstellen einer ganzrationalen Funktion liegt mindestens ein Extremum2).
Diese Gesetzmäßigkeit erschließt sich aus dem Mittelwertsatz (siehe S. 201), auf den hier nicht
weiter eingegangen werden soll.
Verlaufsschema für Kurvendiskussionen ganzrationaler Funktionen
Vorbemerkung: Eine Aussage über den Definitionsbereich kann in der Regel unterbleiben;
denn ganzrationale Funktionen sind für alle x ∈ R definiert.
1. Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen
a) Schnitt mit der y-Achse – Kriterium: x = 0 setzen!
b) Schnitt mit der x-Achse (Nullstellen) – Kriterium: y = 0 setzen!
¾ Eine ganzrationale Funktion n-ten Grades hat maximal n Nullstellen.
2. Lage und Art der Extrema
a) Lage der Extrema – Kriterium: y' = 0 setzen!
b) Art der Extrema – Kriterien: y" < 0 (Maximum) bzw. y" > 0 (Minimum).
¾ Eine ganzrationale Funktion n-ten Grades hat maximal (n – 1) Extrema.
3. Wendepunkte
a) Lage der Wendepunkte – Kriterium: y" = 0 setzen!
b) Art des Krümmungsübergangs – Kriterien: y'" < 0 (Links-Rechtskrümmung),
y'" > 0 (Rechts-Linkskrümmung);
c) ggf. Sonderfall des Sattelpunktes beachten – Kriterium: y' = 0 ∧ y" = 0.
¾ Eine ganzrationale Funktion n-ten Grades hat maximal (n – 2) Wendepunkte.
4. Graph
Der Funktionsgraph wird qualitativ (ggf. kleine Wertetabelle) unter Berücksichtigung des Grenzverhaltens der Funktion für x → ± ∞ im kartesischen Koordinatensystem dargestellt.
1)
2)
Geschehen ist es in Verbindung mit dem Zeichnen ganzrationaler Funktionsgraphen als Resultat von
Nullstellenermittlung und Gebietseinteilung.
Genau genommen ist es stets eine ungerade Zahl von Extrema.
214
5 Differentialrechnung
Beim Zeichnen ist ein eventuell existierendes Symmetrieverhalten1) in die Überlegungen einzubeziehen:
a) Symmetrie zur y-Achse – Kriterium: f(x) = f(–x).
b) Symmetrie zum Ursprung – Kriterien: 1. Graph geht durch O(0|0);
2. f(–x) = – f(x).
Zusätzlich ist es hilfreich, das Steigungsverhalten des Graphen in den Nullstellen bzw. Wendepunkten zu berücksichtigen.
Ź Beispiel 1: Eine Kurvendiskussion ist durchzuführen für f ( x ) = 13 x3 − 12 x 2 − 2 x + 10
.
3
Lösung
1. Schnitt mit den Koordinatenachsen
10
a) y-Achse: x = 0 Ÿ y =
;
3
1
1
10
b) x-Achse (Nullstellen): y = 0 ⇒ x3 − x 2 − 2 x + = 0
3
2
3
3 3 2
⇔ x − x − 6 x +10 = 0 .
2
Die zu ratende Lösung findet sich unter den Teilern
Polynomdivision
des absoluten Gliedes 10, hier: x1 = 2, also
3
1
( x3 − x 2 − 6 x +10) : ( x − 2) = x 2 + x − 5
3
2
2
x3 − x 2 − 6 x +10 = 0 ⇒ (x – 2) · P(x) = 0,
2
– (x3 – 2x2)
wobei P(x) durch Polynomdivision bestimmt wird:
1 2
x −6x
2
3 3 2
2 1
x − x − 6 x +10 = 0 ⇔ ( x − 2)( x + x − 5) = 0
1
2
2
−( x 2 − x)
2
1
⇔ x = 2∨ x 2 + x − 5 = 0 .
– 5x + 10
2
– (– 5x + 10)
––
1
1
+ 5 , d. h.
Die Nullstellen ergeben sich zu x1 = 2 und x2,3 = − ±
4
16
5
x1,2 = 2 und x3 = − . (Achtung: x1,2 = 2 ist Doppelnullstelle!)
2
2. Lage und Art der Extrema
y' = x2 – x – 2
y' = 0
Ÿ x2 – x – 2 = 0 ⇔ (x – 2) (x + 1) = 0 ⇔ x = 2 ∨ x = – 1.
Für x4 = 2 ist y4 = f (x4) = 0,
für x5 = – 1 ist y5 = f (x5) =
y"= 2x – 1
9
.
2
y" (2) = 3
Ÿ Minimum (Tiefpunkt) für T(2|0)
y" (– 1) = – 3 Ÿ Maximum (Hochpunkt) für H(–1|4,5).
Hinweis: Die Doppelnullstelle „entpuppt“ sich als Extremum .
1)
siehe hierzu nochmals Abschnitt 2.3.4
5.2 Anwendung auf Kurvenuntersuchungen
215
3. Wendepunkte
y" = 2x – 1
Ÿ 2x – 1 = 0 ⇔ x =
y" = 0
1
.
2
9
.
4
y'" = 2 > 0 Ÿ W (0,5|2,25) ist Wendepunkt, und zwar mit R-L-Übergang.
Der Funktionswert zu x6 =
1
ist y6 =
2
4. Graph
Grenzverhalten für x → ± ∞:
⎛1
⎛1 1
1
10 ⎞
2
10 ⎞
lim ⎜ x3 − x 2 − 2 x + ⎟= lim x3⎜ − − 2 + 3 ⎟=+∞ ;
2
3 ⎠ x→+∞ ⎝ 3 2 x x
x→+∞⎝ 3
3x ⎠
⎛1 1
2
10 ⎞
lim x3⎜ − − 2 + 3 ⎟=−∞ .
⎝ 3 2x x
3x ⎠
Der Graph (Bild 5.25) verläuft von „links unten nach rechts oben“.
x→−∞
Bild 5.25
1
1
10
Graph von f (x) = x3 − x 2 − 2 x + , x ∈ R
3
2
3
¾ Wendepunkt – Symmetrie
Ganzrationale Funktionen 3. Grades – und nur diese ! – zeichnen sich durch eine Besonderheit aus; ihre
Graphen sind punktsymmetrisch zum Wendepunkt:
xW p =
xH + xT
2
bzw.
yW p =
yH + yT
.
2
Die Zusammenhänge lassen sich anhand der 1. und 2. Ableitungsfunktion verdeutlichen (Aufgabe !).
Hinweis: Der Graph der 1. Ableitungsfunktion ist immer eine Parabel.
1
1
8
2
Ź Beispiel 2: Es sei f (x) = x 4 − x3 , x ∈ R. – Eine Kurvendiskussion ist durchzuführen.
Lösung
1. Schnitt mit den Koordinatenachsen
a) y-Achse: x = 0 Ÿ y = 0 (Graph von f geht durch den Ursprung)
1
1
b) x-Achse: y = 0 Ÿ x 4 − x3 = 0 ⇔ x3(x – 4) = 0,
8
2
Nullstellen sind x1,2,3 = 0 (Dreifachnullstelle!) und x4 = 4.
2. Lage und Art der Extrema
y' = 12 x3 − 23 x 2
y' = 0
⇒
1 3 3 2
x − x = 0 ⇔ x 2 ( x − 3) = 0 .
2
2
Nullstellen der 1. Ableitungsfunktion sind x5,6 = 0 und x7 = 3; y7 = f(x7) = – 3,375.
y" =
3 2
x − 3x
2
y" (0) = 0 Ÿ (vermutlich) kein Extremum, sondern Sattelpunkt.
9
y" (3) = > 0 ⇒ Minimum (Tiefpunkt) für T(3|–3,375).
2
216
5 Differentialrechnung
3. Wendepunkte
3 2
x − 3x
2
y" = 0
y" =
⇒
3 2
x − 3x = 0 ⇔ x( x − 2) = 0 .
2
Man erhält x8 = 0 und x9 = 2; y9 = f (x9) = – 2.
y'"(0) = – 3 Ÿ
W1(0|0) ist Wendepunkt (= Sattelpunkt) mit Übergang von
Links- zu Rechtskrümmung;
y'"(2) = + 3 Ÿ
W2(2|– 2) ist Wendepunkt mit R-L-Übergang.
y'" = 3x – 3
4. Graph
Grenzverhalten für x → ± ∞:
⎛1
⎛1 1 ⎞
1 ⎞
lim ⎜ x 4 − x3 ⎟= lim x 4 ⋅⎜ − ⎟=+∞ ;
2 ⎠ x→+∞ ⎝ 8 2 x ⎠
x→+∞⎝ 8
⎛1 4 1 3⎞
⎛1 1 ⎞
lim ⎜ x − x ⎟= lim x 4 ⋅⎜ − ⎟=+∞ ;
2 ⎠ x→−∞ ⎝ 8 2 x ⎠
x→−∞⎝ 8
Der Graph (Bild 5.26) verläuft von „links oben
nach rechts oben“.
Bild 5.26
1
1
Graph von f (x) = x 4 − x3 , x ∈ R
8
2
• Aufgaben
5.29
5.30
Führen Sie eine Kurvendiskussion durch:
1
a) f1(x) = − x3 + 2x2 – 3x;
3
b) f2(x) = – 6x3 + 18x2 – 15x;
d) f4(x) = – x3 + 6x2 – 9x + 2;
e) f5(x) =
1 3 3 2 9
x + x + x−2 ;
8
4
8
c) f3(x) = 3 x3 - 6 x2 +6x ;
f) f6(x) = 2x3 + 4x2 + 4x + 2.
Ebenso:
1 4
1
2
x + 2 x3 + 3 x 2 ;
b) f2(x) = −2 x 4 + 2 x3 + 4 x 2 ; c) f3(x) = − x 4 + x3 ;
3
6
3
3
3
5
9
1
11
d) f4(x) = − x 4 + 4 x3 − 6 x 2 ; e) f5(x) = x 4 − x3 + x 2 ; f) f6(x) = − x 4 + 2 x3 − x 2 + 6 x .
4
8
2
2
4
2
a) f1(x) =
5.31
Ebenso:
a) f1(x) =
5.32
1 4
x − 2 x 2 +1 ;
3
b) f2(x) =
1 4
x − x2 +3 ;
2
c) f3(x) =
1 4
9
x + 2 x2 − .
4
4
Ebenso:
1 4
3
x − x3 − x 2 + 2 x + 2 ;
2
2
1 4 9 2
c) f3(x) = x − x + x + 3 ;
4
4
a) f1(x) =
e) f5(x) = − 1 x 4 + 1 x3 + 3 x 2 − 5 x ;
2
2
2
2
9 4
9
x − 3 x3 + x 2 − 3 ;
16
2
1 4 20 3
d) f4(x) = − x + x − 4 x 2 + 3 ;
3
9
b) f2(x) =
f) f6(x) = − 1 x 4 + x + 13 .
4
4
5.2 Anwendung auf Kurvenuntersuchungen
5.33 Ebenso:
a) f1(x) = 12 x5 + 12 x 4 − 52 x3 − 12 x 2 + 4 x ;
c) f3(x) = 6x5 + 15x4 + 10x3 + 2;
217
b) f2(x) = − 18 x5 + 2 x + 3 ;
d) f4(x) = 53 x5 − 2 x 4 + 2 x3 +1 .
Hinweis: Die Graphen zu b), c) und d) haben jeweils nur eine Nullstelle.
5.34
Eine Zulieferfirma der Autoindustrie, die u.a. Bauteile für die Steuerelektronik von Pkw herstellt,
modelliert im Jahresabschluss ihre Gesamtkosten für diese Bauteile durch die Kostenfunktion
K(x) = 0, 25 x3 − 0,75 x 2 + x + 2 mit dem ökonomischen Definitionsbereich DÖk=[0;5], wobei x für
Mengeneinheiten ME in Stück/10.000 und K(x) in €/100.000 steht .
a) Berechnen Sie die Gewinnschwelle und die Gewinngrenze, wenn der Erlös durch die Erlösfunktion E(x) = 2,5x beschrieben werden kann.
Hinweis: Für Gewinnschwelle und -grenze gilt E(x) = K(x).
b) Ermitteln Sie den maximalen Gewinn, wenn für die Gewinnfunktion gilt G(x) = E(x)-K(x).
c) Stellen Sie den gesamten Sachverhalt in einem Koordinatensystem dar.
5.35
Anbietende Unternehmen versuchen der abnehmenden Attraktivität alternder Produkte und somit
dem Umsatzrückgang durch verbesserte und modernisierte Produkte ab einem bestimmten Zeitpunkt entgegenzuwirken. Eine derartige Wiederbelebung wird für ein bestimmtes Produkt durch
eine besondere Art von Gewinnfunktion G dargestellt, die sog. Zwei-Höcker-Funktion; hier:
G ( x) =−x 4 + 20 x3 −137 x 2 + 358 x − 240 , wobei x für Jahre und G(x) für 1000 € steht.
a) Bestätigen Sie, dass die erste Gewinnphase bei x = 1 beginnt und bei x = 5 endet und ermitteln Sie Anfang und Ende der zweiten Phase, in der positive Gewinne erwirtschaftet werden.
b) Berechnen Sie, wann in beiden Phasen Maximalgewinne aufgetreten sind und welche Ausmaße sie gehabt haben.
5.36
Geben Sie für nachstehende Funktionen die Wendetangenten ihrer Funktionsgraphen an:
a) f1(x) = – 2x3 + 4x + 1;
1
c) f3(x) = x3 − 3x 2 + 4 x −1 ;
2
5.37
b) f2(x) = x3 + 3x2;
1
d) f4(x) = x3 + x 2 + x + 3 .
3
Erstellen Sie für nachfolgende Funktionen die Funktionsgleichungen der Wendenormalen und
errechnen Sie, wo und unter welchen Winkeln sich jeweils die Wendenormale mit zugehörigem
Funktionsgraphen schneidet:
1
3
1
5
a) f1(x) = − x3 + x 2 − x + ;
b) f2(x) = x3 – 3x2 + 4x + 1.
2
2
2
2
Hinweis: Die Wendenormale verläuft orthogonal zur Wendetangente.
5.38
Es sei f(x) =
1 4
x − x3 , x ∈ R.
4
Erstellen Sie die Funktionsgleichung der Wendetangente mit Steigung mt ≠ 0 und geben Sie
Schnittpunkt sowie Schnittwinkel mit dem Graphen von f an.
5.39
Berechnen Sie, in welchen Punkten und unter jeweils welchem Winkel sich die Wendetangenten
der Graphen folgender Funktionen schneiden:
1
9
5
1
3
3
a) f1(x) = – x 4 + x3 − x 2 + 2 x − ;
b) f2(x) = + x 4 − x3 + x 2 .
8
4
8
8
4
2
218
5 Differentialrechnung
5.2.4 Funktionssynthese
Neben den bislang praktizierten Kurvenuntersuchungen sind solche Problemstellungen von
Bedeutung, bei denen aufgrund vorgegebener Bedingungen wie z. B. Mess- oder Planungsdaten die Funktionsgleichungen mehr oder weniger angenähert zu ermitteln sind, gewissermaßen
also eine umgekehrte Kurvendiskussion zu erfolgen hat.
Für ganzrationale Funktionen n-ten Grades bedeutet es, über (n +1) voneinander unabhängige
Informationen zu verfügen, mittels derer ein Gleichungssystem mit (n +1) algebraischen Gleichungen erstellt werden kann.
Ź Beispiel 1: Bild 5.27 zeigt zwei geradlinig verlaufende
Teile einer in Planung befindlichen Achterbahn. Das fehlende Zwischenstück soll ohne Knick und ohne Sprung
durch ein parabelförmiges Segment ergänzt werden. Unter
Bezug auf ein bestimmtes KO-System kann zur Bestimmung der Parabelgleichung von folgenden Planungsdaten
(Angaben in m) ausgegangen werden:
linkes Geradenstück:
gl(x) = – x + 5, x∈[–8;0],
rechtes Geradenstück: gr(x) =
1
2
Bild 5.27
x + n , x∈[12;20], wobei n = ?
Lösung
Für die gesuchte Funktionsgleichung ergibt sich der Ansatz
y = f ( x) = ax ² + bx + c .
Aufgrund vorgegebener Planungsdaten resultieren folgende Aussagen:
a) Sprungfreier Übergang von gl zur Parabel:
f ( x) = ax 2 + bx + c⎫
⎬⇒ c = 5;
f (0) = 5
⎭
b) knickfreier Übergang von gl zur Parabel:
f '( x) = 2ax + b⎫
⎬⇒ 2a⋅0 + b =−1, also b =−1;
f '(0) =−1
⎭
c) knickfreier Übergang von der Parabel zu gr:
f '( x) = 2ax + b ⎫
⎪
1
1
⎬⇒ 2a⋅12 + b = , also 24a + b = .
f '(12) = 12
2
2
⎪
⎭
Mit b = –1 folgt 24a - 1 =
1
1
⇔ a= .
2
16
1 2
Die Funktionsgleichung für das einzusetzende Parabelstück lautet f ( x ) = 16
x − x + 5.
Um einen sprungfreien Übergang von der Parabel zur Geraden gr zu gewährleisten, muss das im Stützpunkt P(12|2) erfolgen; entsprechend ist gr durch gr(x) =
1
2
x - 4 (Aufgabe!) zu modellieren.
5.2 Anwendung auf Kurvenuntersuchungen
219
Ź Beispiel 2: Der Graph einer ganzrationalen Funktion 3. Grades besitzt für x = – 1 eine waagerechte
Tangente sowie einen Wendepunkt W(1|2); die Wendetangente verläuft parallel zur Geraden
g ≡ y = – 2x. – Die beschriebene Funktion ist anzugeben .
Lösung: Die gesuchte Funktion lässt sich allgemein in der folgenden Form schreiben:
y = ax3 + bx2 + cx + d.
Aufgrund vorgegebener Bedingungen resultieren nunmehr nachstehende Bestimmungsgleichungen:
a) W gehört zum Funktionsgraphen, also Punktprobe mit W(1|2):
f (x) = ax3 + bx2 + cx + d
f (1) = 2
Ÿa+b+c+d=2
(1);
b) waagerechte Tangente für x = – 1:
f '(x) = 3ax2 + 2bx + c
f '(– 1) = 0
Ÿ 3a – 2b + c = 0
(2);
c) Wendetangente parallel zu g ≡ y = – 2x, also mtw = – 2:
f '(x) = 3ax2 + 2bx + c
f '(1) = – 2
Ÿ 3a + 2b + c = – 2
(3);
d) Wendepunkt hat die Abszisse xWp = 1:
f "(x) = 6ax + 2b
f "(1) = 0
Ÿ 6a + 2b = 0
(4).
Das (lineare) Gleichungssystem für die Variablen a, b, c und d besteht aus vier voneinander unabhängigen algebraischen Gleichungen. Es ergeben sich die Lösungen (bitte nachprüfen !)
1
1
3
23
a = , b =− , c =−
und d =
, also
6
2
2
6
1
1
3
23
y = x3 − x 2 − x +
.
6
2
2
6
• Aufgaben
5.40
Bestimmen Sie jeweils die Funktionsgleichung der Parabel, die
a) die x-Achse bei x0 = – 1 schneidet und in P(3|2) eine waagerechte Tangente besitzt ;
b) in P(– 3|1) eine Tangente hat, die die x-Achse in N(– 1|0) schneidet und für die durchgängig
y" = 1 gilt.
5.41
Eine Skischanze bestimmter Bauart lässt sich im Absprungbereich des Schanzentisches wie folgt
modellieren (Angabe in m):
1 2
f ( x ) = 40
x für x ∈ [0; 20] . - Für x ∈ [20; 30] verläuft die Schanze übergangslos geradlinig.
Berechnen Sie die Absprunggeschwindigkeit der Skispringer, wenn sich der Schanzeneinstieg
horizontal gemessen 30 m vom Schanzentisch entfernt befindet.
Hinweis: Zwecks Vereinfachung soll der Energieerhaltungssatz m⋅ g ⋅h = m2 v 2 gelten.
5.42
Ermitteln Sie, zu welcher ganzrationalen Funktion 3. Grades ein Funktionsgraph mit Extremum
E(– 1|5) sowie Wendepunkt W(1|3) gehört.
220
5 Differentialrechnung
5.43
Der Graph einer ganzrationalen Funktion 3. Grades geht durch den Ursprung und besitzt einen
Wendepunkt mit der Abszisse xW = – 2, ferner schneidet die Wendenormale die x-Achse in
N (− 4 | 0) unter einem Winkel von σN = 45°. – Geben Sie seine Funktionsgleichung an .
3
5.44
Der Graph einer ganzrationalen Funktion 3. Grades schneidet die Parabel mit P(x) = x2 – 2x im
Ursprung rechtwinklig und hat seinen Wendepunkt dort, wo die Parabel ein zweites Mal die
x-Achse schneidet. – Geben Sie die Funktionsgleichung an .
5.45
Der Graph einer ganzrationalen Funktion 3. Grades berührt mit seinem Wendepunkt die Parabel
mit der Funktionsgleichung P(x) = x2 – 2x in deren Scheitel und schneidet die Ordinatenachse in
Q(0|–2). – Geben Sie die Funktionsgleichung an .
5.46
Geben Sie die ganzrationale Funktion 3. Grades an, deren Graph einen Hochpunkt H(–2|3) aufweist und die Parabel P ≡ y = – x2 + 2x + 4 an der Stelle xB = – 1 berührt .
5.47
Wie lautet die Funktionsgleichung der ganzrationalen Funktion 3. Grades, deren Graph einen
Wendepunkt mit der Abszisse xW = 1 hat, die x-Achse im Ursprung berührt und sie ein weiteres
Mal unter 45° schneidet ?
5.48
Es sei f (x) = x3 – 3x2 – x + 3, x ∈ R.
a) Gesucht ist die ganzrationale Funktion 3. Grades, die für x ∈ R+ (!) dieselben Nullstellen
aufweist wie f und deren Graph in W (0|– 1) einen Wendepunkt besitzt.
b) Wo schneidet der Graph von f den Graphen der gesuchten Funktion ein weiteres Mal ?
5.49
Der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der
Produktionsmenge x, den Herstellungskosten K(x)
und den Grenzkosten K’(x) eines bestimmten Produktes ist unvollständig in nebenstehender Tabelle
festgehalten. – Vervollständigen Sie diese.
5.50
x
K(x)
K’(x)
0
2
31
15
4
6
11
45
Berechnen Sie zwecks CNC-Programmierung des
in Bild 5.28 dargestellten Blechteiles die Ordinate
des Stützpunktes P, wenn die Kontur dem Graphen einer ganzrationalen Funktion 3. Grades entspricht.
Hinweis: Geben Sie die Maßangaben in cm ein.
Bild 5.28
Zwei geradlinig verlaufende Straßenabschnitte
(jeweils 6 m Breite) sollen durch einen Übergangsbogen gemäß Bild 5.29 (Angabe in m) möglichst glatt miteinander verbunden werden.
Um die Straßenführung abstecken zu können,
muss die Funktionsgleichung ermittelt werden.
Geben Sie diese unter Bezug auf das einen Messpunkt markierende eingetragene Koordinatensystem an.
40m
y
P(-20|10)
20m
5.51
Bild 5.29
x
Q(20|-10)
5.3 Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen
5.52
221
In einer Sägerei werden zum Betrieb der Sägen Drehstrom-Asynchron-Motoren eingesetzt, für
die folgende Daten gelten:
Antriebsdrehmoment: MA = 62,5 Nm, Nenndrehmoment Mn = 25 Nm bei nn = 2835 min-1 .
Das maximale Drehmoment von 74,5 Nm stellt sich bei einer Drehzahl von 2000 min-1 ein.
Zur Kundeninformation soll die Drehzahl-Drehmomenten-Kennlinie der Motoren möglichst
genau mit einem Computerprogramm gezeichnet werden. Ermitteln Sie dazu die Gleichung der
ganzrationalen Funktion 3. Grades in der Form M = f (n), wobei die Skalierung von n auf der
Horizontalachse in
min−1
1000
vorgenommen werden soll.
Hinweis: Geben Sie die Koeffizienten a, b, c gerundet als ganze Zahlen an.
5.53
Der Graph einer ganzrationalen Funktion 4. Grades besitzt im Ursprung einen Hochpunkt und
weist in P(2|–4) eine Ursprungsgerade als Wendetangente auf. – Geben Sie die zugehörige Funktionsgleichung an.
5.54
Der Graph einer ganzrationalen Funktion 4. Grades geht durch den Ursprung des Koordinatensystems, hat in W1 (1| −0,625) einen Wendepunkt mit waagerechter Tangente sowie einen weiteren Wendepunkt mit der Abszisse xW = 3.- Geben Sie die Funktionsgleichung an.
5.55
Der Graph einer ganzrationalen Funktion 4. Grades besitzt einen Tiefpunkt T (0|0) und einen
Flachpunkt mit der Abszisse xF = 2; die Tangente ist dort mit tF ≡ y = 4x – 2 angegeben. Wie
heißt die zugehörige Funktionsgleichung ?
5.56
Der Graph einer ganzrationalen Funktion 4. Grades hat in Sp(2|0) einen Sattelpunkt und geht
unter einem Winkel von 135° durch den Ursprung. – Geben Sie die Funktionsgleichung an .
5.57
Der zur y-Achse symmetrische Graph einer ganzrationalen Funktion 4. Grades geht durch P(–3|1)
und hat in W ( 3 | 3) einen Wendepunkt. Wie heißt die Funktionsgleichung?
5.58
Der zur y-Achse symmetrische Graph einer ganzrationalen Funktion 4. Grades besitzt einen
Wendepunkt Wp(1|1) mit R-L-Übergang. – Bestimmen Sie die zugehörige Funktionsgleichung,
wenn die Wendetangenten orthogonal zueinander sind .
5.59
Ermitteln Sie jeweils die Gleichung der ganzrationalen Funktion 5. Grades, deren Graph
2
a) sowohl im Ursprung als auch für P(–1|–2) je einen Sattelpunkt aufweist;
b) die x-Achse bei x0 = 2 berührt und im Ursprung eine Wendenormale nw(x) =
1
2
x hat.
5.3 Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen
Optimalität ist eine Fundamentalidee menschlichen Strebens: Viele Probleme naturwissenschaftlicher, technischer und auch nichttechnischer Art erfordern eine optimale (sprich wirtschaftliche) Lösung, d. h. je nach Problemstellung ist eine Maximierung bzw. Minimierung
anzustreben.
Dazu ist oftmals hilfreich, den zu optimierenden Sachverhalt mittels differenzierbarer Funktion zu beschreiben und für den zugehörigen Funktionsgraphen die Abszisse zu ermitteln, für
die sich ein Maximum oder ein Minimum ergibt.
Die Vorgehensweise entspricht einer verkürzten Kurvendiskussion: Die Nullstellen sind wegen
des Definitionsbereichs bis zu einem gewissen Grade relevant; in erster Linie interessiert das
Extremum, nicht dagegen ggf. existierende Wendestellen und auch nicht der Graph.
222
5 Differentialrechnung
Ź Beispiel 1: Zur Herstellung eines Blechbehälters mit quadratischer Grundfläche soll zunächst aus
21,3 m langem gleichschenkligem Winkelstahl ein umlaufender Versteifungsrahmen gefertigt werden.
Es sind die Abmessungen (in mm) zu bestimmen, die ein maximales Behältervolumen gewährleisten.
Lösung
Aufgrund der in der Schemazeichnung (Bild 5.30) eingeführten Variablen ergibt
sich für das zu maximierende Volumen
V = x2y,
wobei V Funktion zweier Veränderlicher ist: V = f (x, y).
Mittels Nebenbedingung lässt sich eine Variable durch die andere beschreiben:
21,3− 8 x
⇔ y =−2 x + 5,325 . Somit resultiert
21,3 = 8x + 4y ⇔ y =
4
V = x2 ⋅ (– 2x + 5,325),
Bild 5.30
wobei nunmehr V Funktion einer Veränderlichen ist: V = f (x);
also
V(x) = –2x3 + 5,325x2 (gelesen: V von x gleich ...).
Bild 5.31 zeigt den Funktionsgraphen.
Bild 5.31
⎡ 5,325 ⎤
Graph von f: V(x) = – 2x3 + 5,325x2, x ∈⎢ 0;
⎥
⎣
2 ⎦
⎧
⎡ 5,325 ⎤⎫
⎬ (wieso?), wobei den Randpunkten
Der Definitionsbereich dieser Funktion ist Df = ⎨x | x ∈⎢ 0;
⎣
⎦⎭
2 ⎥
⎩
R
des Intervalls hier nur untergeordnete Bedeutung zukommt: Das Volumen hat dort jeweils den Wert 0 .
Die notwendige Bedingung für Extrema führt auf
V ' (x) =
dV
= – 6x2 + 10,65x
dx
V ' (x) = 0
Ÿ – 6x2+ 10,65x = 0 ⇔ x = 0 ∨ x = 1,775.
Die 2. Ableitung verschafft Gewissheit:
V " (x) = – 12x + 10,65 Ÿ V " (1,775) < 0 Ÿ Maximum für x = 1,775 ;
wegen der Nebenbedingung resultiert y = – 2 ⋅ 1,775 + 5,325 Ÿ y = 1,775.
Der Behälter maximalen Volumens hat Würfelform mit einer Kantenlänge von x = y = 1775 mm. Das
maximale Volumen beträgt Vmax = 5,59 m3, was der Ordinate des Hochpunktes entspricht.
Das Lösungsschema für Extremwertaufgaben lässt sich allgemein wie folgt angeben:
5.3 Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen
223
1. Soweit erforderlich, Skizze anfertigen und Variable einführen.
2. Für die Größe, die ein Maximum oder Minimum annehmen soll, mit Hilfe der Variablen den funktionalen Zusammenhang erstellen. – In der Regel ergeben sich Funktionen
mehrerer Veränderlicher.
3. Mittels Nebenbedingung(en) den funktionalen Zusammenhang reduzieren auf eine
Funktion mit einer Veränderlichen und den Definitionsbereich dieser Funktion angeben.
4. Abszisse des gesuchten Extremums1) bestimmen, also 1. Ableitung bilden und 0 setzen
(notwendige Bedingung für Extrema).
5. Ggf. Nachweis bezüglich Maximum oder Minimum führen, also 2. Ableitung bilden
(hinreichende Bedingung für Extrema). – Dieser Nachweis kann unterbleiben, wenn
sich die Sachlage aus dem Zusammenhang heraus eindeutig ergibt.
6. Die in der Aufgabenstellung enthaltenen Fragen beantworten.
Noch einmal: Vorrangig die Extremstellen sind von Interesse. Insofern ist es erlaubt, die zu
untersuchende Funktion – soweit möglich ! – zu vereinfachen, indem man z. B. einen im Funktionsterm auftretenden konstanten Faktor wegfallen lässt oder gar das Quadrat der Funktion
betrachtet: Die Extremstellen ändern sich dadurch nicht. – Dafür ein weiteres Beispiel:
Ź Beispiel 2: Aus einer Edelstahlblechabwicklung mit der Stärke t = 5 mm und konstruktiv bedingt
vorgegebener Mantellinie von s = 6 soll ein kegelförmiger Trichter für eine Getreidetrocknungsanlage
angefertigt werden. – Durchmesser und Höhe des Trichters sind unter Vernachlässigung des Auslaufdurchmessers so anzugeben, dass das Volumen maximal wird.
Lösung: Gemäß der in Bild 5.32 eingeführten Variablen ist das Volumen
1 π x2
V= ⋅
⋅h ;
3 4
die Nebenbedingung liefert s 2 =
( 2x ) + h2
2
1
oder h = ⋅ 4 s 2 − x 2 .
2
Somit resultiert
V ( x) =
V ( x) =
π
12
π
24
1
x 2 ⋅ ⋅ 4s 2 − x 2
2
oder mit s =
Bild 5.32
6 dm
x 2 ⋅ 24 − x 2 , wobei x ∈ [0; 24 ] ist (wieso ?).
Die Vereinfachung besteht darin, den konstanten Faktor
π
24
des Funktionsterms wegfallen zu lassen und
nachfolgende Ersatzfunktion zu betrachten:
V (x) = x2 ⋅ 24 − x 2 .
Diese Funktion kann mit den bislang dargestellten Differentiationsregeln nicht differenziert werden.
Ein „Trick“ hilft weiter, nämlich die quadrierte Funktion der weiteren Untersuchung zu unterziehen:
1)
Überwiegend wird es sich hierbei um das absolute Extremum der Funktion handeln.
Vorsicht ist angebracht, wenn die Abszissen der Extrema außerhalb des (sinnvollen) Definitionsbereichs liegen; insbesondere dann muss untersucht werden, ob Randextrema existieren.
224
5 Differentialrechnung
[ V (x)]2 := Q(x) = x4 ⋅ (24 – x2) oder
Q (x) = – x6 + 24x4.
Die notwendige Bedingung für Extrema liefert
Q '( x) =
dQ
=−6 x5 + 96 x3 = 0 ⇒ 6 x3 ( x 2 −16) = 0 ;
dx
man erhält x1,2,3 = 0, x4 = 4 und x5 = – 4.
Der Trichter muss einen Durchmesser von d := x = 4 m haben; seine Höhe ergibt sich aufgrund der
Nebenbedingung zu h = 2 m.
Alternativlösung: Sie bestätigt einerseits die Richtigkeit obiger Vorgehensweise (Quadrieren !) und zeigt
andererseits, dass es unerheblich ist, mittels welcher Variablen der funktionale Zusammenhang beschrieben wird.
Die Hauptbedingung V =
⎛ x ⎞2
x 2 h kann mit der Nebenbedingung s2 =⎜ ⎟ + h2 ⇔ x2 = 4s2 – 4h2 über⎝2⎠
12
π
führt werden in
V(h) =
Ÿ V(h) =
V (h) =
π
12
π
3
π
3
(4s2 – 4h2) ⋅ h (Achtung: V = f (h))
⋅ (s2 – h2) ⋅ h oder mit s = 6 dm
⋅ (6 – h2) h.
Es genügt folgende Ersatzfunktion zu betrachten:
V (h) = (6 – h2) ⋅ h = – h3 + 6h.
Die notwendige Bedingung für Extrema liefert
V ' (h) =
dV
= – 3h2 + 6 = 0 ⇔ h2 = 2, wobei nur die Lösung h = + 2 sinnvoll ist.
dh
• Aufgaben
5.60
Lösen Sie – falls noch nicht im Zusammenhang mit Anwendung quadratischer Funktionen geschehen – die Aufgaben 2.138–2.143 (ĺ S. 92 f.) mittels Differentialrechnung.
5.61
a) In einer Stanzerei fallen quadratische Abfallstücke aus Messingblech
(240 mm × 240 mm) an. Ein findiger Betriebsingenieur schlägt vor,
hieraus durch Ausschneiden von Quadraten in den 4 Ecken (Bild
5.33), anschließendem Abkanten und Verlöten oben offene Kästchen
herzustellen und auf den Markt zu bringen.
Berechnen Sie, für welche Abszisse x das Volumen maximal wird.
Geben Sie die Abmessungen der Kästchen an.
Bild 5.33
b) Ermitteln Sie, welche Kästchen-Abmessungen sich bei gleicher Zielsetzung ergeben, wenn
die Abfallstücke DIN A4-Format (210 mm × 297 mm) haben.
c) Lösen Sie das Problem allgemein für Abfallstücke mit den Maßen a × b.
5.3 Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen
5.62
225
Aus Karton (450 mm × 300 mm) werden durch Ausschneiden
von Quadraten gemäß Bild 5.34 Halbzeuge gefertigt, aus
denen sich Schachteln falten lassen, deren Deckel auf 3 Seiten
übergreifen.
Bestimmen Sie die ein maximales Volumen gewährleistenden
Schachtelabmessungen.
Bild 5.34
5.63
Oben offene Streichholzschachteln mit rechteckigem Querschnitt sollen wegen der besonderen
Art von Zündhölzern zum Anzünden von Kaminholz bei einem geplanten Volumen von 0,54 l
eine Länge von 200 mm aufweisen. Ermitteln Sie die Abmessungen unter Einbezug der Hülle so,
dass zur Herstellung minimaler Materialverbrauch ansteht.
Hinweis: Bei der Hülle ist zu berücksichtigen, dass für eine der beiden kleineren Flächen eine
Materialüberlappung vorzunehmen ist. – Toleranzen sollen außer Acht bleiben.
5.64
Ein Teegroßhändler vertreibt verschiedene seiner Teesorten in Büchsen aus Weißblech mit quadratischer Grundfläche und verschließt sie mit einem Kunststoffdeckel. Geben Sie die Abmessungen an, wenn die Behälter bei minimalem Blechverbrauch ein Volumen von 1 l aufweisen.
5.65
Ein Hausbesitzer plant den Anbau einer 18 m2 großen Veranda, deren Dachgesims eine Holzverkleidung erhalten soll. – Wie sind die Verandaabmessungen (Länge × Breite) zu wählen, wenn
die umlaufende Holzattika wegen der Kosten eine minimale Länge aufweisen soll ?
Hinweis: Die Veranda wird an einer Seite von der Hauswand begrenzt .
5.66
In den Service-Informationen der Deutschen Post AG (Stand: 07/2006) heißt es unter der Rubrik
„DHL Päckchen“ für den internationalen Versand von Päckchen in Rollenform, dass Länge plus
zweifacher Durchmesser zusammen nicht mehr als 104 cm betragen dürfen.
Welches sind die ein Maximalvolumen gewährleistenden Abmessungen ?
5.67
Aus gleicher Quelle ist zu entnehmen, dass quaderförmige Päckchen im internationalen Versand
höchstens wie folgt abgemessen sein dürfen: „L + B + H = 90, keine Seite länger als 60 cm“.
Welche Maße sind zu empfehlen, wenn ein maximales Volumen erwünscht ist und sich aus verpackungstechnischen Gründen Länge zu Breite wie 3:2 verhalten sollen ?
5.68
Kunststoff-Fenster werden zwecks besserer Steifigkeit mit einem Aluminium- oder Stahlkern
versehen; aus diesem Grunde resultiert der Fensterpreis in erster Linie in Abhängigkeit von der
Profillänge des Fensterrahmens.
Welche Abmessungen sollte man zweckmäßigerweise für ein rechteckiges Fenster wählen, das
wegen der einfallenden Lichtmenge eine Fläche von A = 2,25 m2 haben müsste ?
5.69
Welche Fensterabmessungen sind zu wählen, wenn das Fensterformat aus einem ringsum gerahmten Rechteck mit aufgesetztem Halbkreis besteht, für das Aufmaß eine Profillänge von 6 m
zu Grunde gelegt und eine maximale Fensterfläche angestrebt wird ?
5.70
Zwei Kondensatoren ergeben parallel geschaltet eine Gesamtkapazität von C = C1 + C2 = 8 μF.
Bestimmen Sie C1 und C2 so, dass bei Reihenschaltung die Gesamtkapazität maximal wird.
Hinweis: Reihenschaltung von Kondensatoren: 1 = 1 + 1 .
C C1 C2
226
5.71
5 Differentialrechnung
Mit einem Schneidwerkzeug sollen Bleche mit den Abmessungen
3 mm × 60 mm × 100 mm mit je zwei Langlöchern (Bild 5.35)
versehen werden, die aus konstruktiven Gründen zusammen eine
Fläche von 1 400 mm2 aufweisen müssen.
Wie sind die Abmessungen zu wählen, wenn die Schnittkante L
wegen der damit in direktem Zusammenhang stehenden Schnittkräfte minimal sein soll ?
Bild 5.35
5.72
Das Ergebnis der in Aufgabe 5.71 aufgeführten Problemstellung erfordert ein Umdenken: Es sollen
nunmehr Langlöcher ausgeschnitten werden, die eine Rechteckform mit einem aufgesetzten Halbkreis aufweisen. – Geben Sie die Abmessungen an, wenn die Zielsetzung (minimale Schnittkantenlänge!) dieselbe sein soll .
5.73
Durch Tiefziehen sollen 2-Liter-Kochtöpfe ohne Deckel hergestellt werden. Geben Sie die Abmessungen so an, dass der Materialverbrauch minimal wird .
5.74
Eine Firma stellt zylinderförmige Dosen mit Deckel her. Als Halbzeuge
dienen Weißbleche gemäß Bild 5.36 mit einer Fläche von A = 6 dm2.
Bestimmen Sie die Dosenabmessungen für ein maximales Volumen.
Bild 5.36
5.75
Ein Erdtank zur Lagerung von leichtem Heizöl soll aus zwei halbkugelförmigen Spezialbetonschalen und einem Hohlzylinder gleichen Materials so gefertigt werden, dass sich ein Fassungsvermögen von 6000 Litern ergibt.
Wie sind die Abmessungen zu wählen, wenn wegen der erforderlichen Ummantelung mit glasfaserverstärktem Kunststoff die Oberfläche minimal sein soll ?
5.76
Ein an seinen Enden frei aufliegender Balken mit rechteckigem Querschnitt (b × h) biegt sich bei
gleichmäßig auf gesamter Länge verteilter Last umso weniger durch, je größer das Wider1
standsmoment W = bh2 des Balkenquerschnitts ist.
6
a) Bestimmen Sie die Abmessungen des Balkens mit geringster Durchbiegung, der aus einem
runden Holzstamm mit dem Durchmesser d = 300 mm herausgeschnitten werden kann.
b) Geben Sie allgemein das Verhältnis von Breite zu Höhe an .
c) Bewerten Sie in diesem Zusammenhang die folgende Zimmermannsregel:
„Trage im kreisförmigen Querschnitt des Baumstammes den Durchmesser mit Anfangspunkt
A und Endpunkt B ein. Teile AB in drei gleiche Abschnitte und errichte in den Teilungspunkten jeweils die Senkrechte, im ersten Teilungspunkt nach oben, im zweiten Teilungspunkt
nach unten abgetragen. Diese Senkrechten markieren zusammen mit der Peripherie des Kreises die Schnittpunkte C und D. ABCD umreißt den Rechteckquerschnitt des auszuschneidenden Balkens mit optimaler Biegesteifigkeit.“
5.77
Ein größeres Drehteil hat die Form eines Zylinders mit aufgesetztem Kegel und muss wegen
erforderlicher Gewichtskraftbeschränkung ein Volumen von V = 48 π Litern aufweisen. Ermitteln
Sie die Abmessungen für Kegel und Zylinder, wenn die Oberfläche wegen der daraus resultierenden Kosten für eine nachfolgende Oberflächenhärtung minimal sein soll und die Höhe des Kegels
aus konstruktiven Gründen
2
3
des Grundkreisdurchmessers zu betragen hat .
5.3 Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen
227
5.78
Ein Hersteller für Sonnenkollektoren und sog. Energiedächer will seine Erzeugnisse auf einer
Fachmesse vorstellen. Zu diesem Zwecke wird ein Ausstellungspavillon in Form einer quadratischen Pyramide entworfen, der genügend Dachflächen bereitstellt (A = 173,205 m2).
Geben Sie die erforderlichen Abmessungen so an, dass das Innere des Pavillons für zusätzliche
Aggregate und Informationsstände einen möglichst großen umbauten Raum gewährleistet.
5.79
Die Querschnittsfläche eines durch Regenwasser ausgewaschenen Straßengrabens kann angenä1
8
hert als Parabelsegment mit der Funktionsgleichung y = x 2 −
3
2
aufgefasst werden.
Welche Abmessungen müsste der Graben erhalten, wenn er im Zuge einer Straßenverbreiterung
rechteckig ausgemauert werden soll und ein maximaler Strömungsquerschnitt erwünscht ist ?
5.80
Der Mantel eines Kegels entspricht einer Kreisausschnittsfläche mit Zentriwinkel ϕ. – Wie groß
muss ϕ gewählt werden, damit das Kegelvolumen maximal wird ?
Hinweis: Beachten Sie, dass die Mantellinie konstant ist.
5.81
Eine Tunnelröhre, deren Querschnitt (Bild 5.37) sich angenä1
3
hert durch f (x) = – x2 + 4 symbolisieren lässt, soll wegen Baufälligkeit so ausgemauert werden, dass eine nunmehr rechteckige Durchfahrt mit maximaler Querschnittsfläche entsteht.
Geben Sie die Abmessungen des rechteckigen Tunnelquerschnitts an.
5.82
Bild 5.37
Bei der Planung einer Schwimmhalle wird beabsichtigt, eine
der beiden parabelförmigen Giebelseiten so zu verglasen, dass
sich eine möglichst große dreieckige Fensterfläche mit rechtem
Winkel gemäß Bild 5.38 ergibt. Ermitteln Sie die Fenstermaße.
Bild 5.38
5.83
Das Bauamt einer Stadtverwaltung soll auf Beschluss des Stadtrates einen Bebauungsplan erstellen. Ein Eckgrundstück (Bild
5.39) ist so einzubeziehen, dass ein Bauplatz von 1010 m2
Größe ausgewiesen werden kann.
Legen Sie die Abmessungen für die beiden Straßenfronten so
fest, dass sie wegen resultierender Straßenreinigungskosten
minimal lang werden.
Hinweis: Eine mögliche Alternative ist gestrichelt angegeben.
Bild 5.39
5.84
Berechnen Sie, welcher Punkt der Parabel mit f (x) = x2 + 1 am nächsten z u P(3|1) liegt.
5.85
Es sei f (x) =
5.86
Durch P(3|2) soll eine Gerade so hindurchgezeichnet werden, dass die von ihr sowie den Koordinatenachsen begrenzte Dreiecksfläche im 1. Quadranten des Koordinatensystems minimal wird.
Bestimmen Sie rechnerisch die Funktionsgleichung dieser Geraden .
5.87
Es sei f (x) =
4 2
x2
1
27
, x ∈ R+. Welcher Punkt von Gf hat die kürzeste Entfernung zum Ursprung ?
x3 , x ∈ R +
0 . Bestimmen Sie P ∈ Gf so, dass der Abschnitt, den die Normale in P
auf der y-Achse abschneidet, ein Minimum wird.
228
6 Integralrechnung
6 Integralrechnung
Differential- und Integralrechnung werden üblicherweise unter dem Sammelbegriff Infinitesimalrechnung1) aufgeführt:
Infinitesimalrechnung
Differentialrechnung
Integralrechnung
(Tangentenproblem: Ableitung)
(Flächenproblem: bestimmtes Integral)
Bei der Integralrechnung steht eine geradezu klassisch anmutende anwendungsbezogene Thematik im Vordergrund, nämlich den Flächeninhalt beliebiger ebener Flächenstücke zu bestimmen. Eine Aufgabenstellung, die zunächst einmal keinen Zusammenhang mit dem Tangentenproblem der Differentialrechnung erkennen lässt und die obige Begriffszusammenfassung
nicht zu rechtfertigen scheint. – Die Nahtstelle zwischen Differential- und Integralrechnung
aufzuzeigen ist eine der Aufgaben dieses Kapitels.
6.1 Das bestimmte Integral
6.1.1 Das Flächenproblem
Vorbemerkungen
Es geht nicht darum, die unter elementar-geometrischen Gesichtspunkten zu ermittelnden
Flächeninhalte geradlinig begrenzter Flächen wie Dreieck, Rechteck, Trapez usw. einer vertiefenden Betrachtung zu unterziehen. Vielmehr ist zu thematisieren, wie der Flächeninhalt eines
beliebigen ebenen Flächenstücks allgemein definiert und berechnet werden kann.
Dass diese Fragestellung praktischen Bezügen entspringt, zeigen nachfolgende Beispiele:
1. Einem Körper, der sich unter Einwirkung einer Kraft F entlang einer
Wegstrecke s von s1 = a nach s2 = b bewegt, wird Arbeit W zugeführt.
Sie entspricht im F, s-Diagramm der Größe des Flächenstücks, das
zwischen dem Graphen der Kraft-Weg-Funktion und der Abszissenachse s liegt sowie von den Parallelen s1 = a und s2 = b begrenzt wird.
Bild 6.1 zeigt ein solches Diagramm, und zwar mit veränderlicher 2)
Kraft F.
Bild 6.1
Arbeit W als Fläche im F, s-Diagramm (F ≠ const.)
1)
2)
Die Rechnung mit unendlich kleinen Größen
Ist F konstant, resultiert die bekannte Beziehung W = F ⋅ s bzw. hier W = F ⋅ (sb – sa), was der Maßzahl einer entsprechend dimensionierten Rechteckfläche im F, s-Diagramm entspricht.
6.1 Das bestimmte Integral
229
Konkreter: Die Fläche unterhalb einer degressiven1) Federkennlinie (Bild 6.2) liefert die Maßzahl für die in einer Feder bei Belastung (hier bis zu einer Dehnung sx) gespeicherten Federungsarbeit.
Das Flächenstück unter der Kurve eines Spannungs-Dehnungs-Diagramms (Bild 6.3) gibt das
Maß für die beim Zugversuch aufzuwendende Verformungsarbeit bis zum Bruch des Probestabes an.
Bild 6.2 Federungsarbeit bei degressiver
Federkennlinie
Bild 6.3 Verformungsarbeit als Fläche im
Spannungs-Dehnungsdiagramm
2. Im ν, t-Diagramm wird mit der Fläche unterhalb des Kurvenzuges der zurückgelegte Weg s
angegeben. – Bild 6.4 zeigt den Zusammenhang für eine Bewegung mit veränderlicher
Beschleunigung (hier bis zu einer Zeit tx).
3. Die Verbrennungsarbeit eines 4-Takt-Motores ergibt sich als Maßzahl der in Bild 6.5
schraffierten Fläche eines p, V-Diagramms.
Bild 6.4 Der Weg als Fläche im
ν, t-Diagramm
Bild 6.5 Verbrennungsarbeit als Fläche im
p, V-Diagramm
Flächeninhaltsfunktion
Das zu entwickelnde Verfahren soll an konkreten Beispielen aufgezeigt werden. Um die Richtigkeit der Vorgehensweise überprüfen zu können, erfolgt zunächst einmal die Flächenbestimmung geradlinig begrenzter Flächenstücke unter folgender Maßgabe:
1)
Bei Federn mit degressiven Kennlinien (z. B. Gummi bei Zugbelastung) nimmt die Federhärte mit
steigender Belastung ab.
230
6 Integralrechnung
1. Die Flächenstücke liegen im 1. Quadranten des Koordinatensystems1)
2. Die 1. Begrenzungslinie ist generell die x-Achse.
3. Die zweite, in y-Richtung vorzunehmende Begrenzung ist jeweils durch einen Funktionsgraphen gegeben. Die zugehörige Funktion heißt demzufolge Randfunktion.
4. Ausgangspunkt (= Bezugspunkt) für die Maßzahlen der Flächeninhalte ist der Ursprung
des Koordinatensystems bzw. die Ordinatenachse.
5. Die vierte, in positiver x-Richtung vorzunehmende Begrenzung ergibt sich durch die
Variable x, die geometrisch eine Parallele zur y-Achse markiert.
1. Beispiel: Randfunktion
f1(x) = 1
Bild 6.6 veranschaulicht den Sachverhalt. Die Maßzahlen für die Rechteckflächen ergeben sich in Abhängigkeit von der jeweiligen Abszisse:
x = 1 führt auf A(1) = [ A]10 = 1 FE (= Flächeneinheit),
x = 2 führt auf A(2) = [ A]02 = 2 FE,
x = 3 führt auf A(3) = [ A]30 = 3 FE, usw.
Der Flächeninhalt offenbart einen funktionalen Aspekt.
Bild 6.6 f1(x) = 1 und [ x]10
Bezogen auf den Ursprung des Koordinatensystems2) ergibt sich die
¾ Flächeninhaltsfunktion A(x) :=
F1(x) = x
.
Entsprechend ist
A(a) = F(a) = [ x]0a = a und
A(b) = F(b) = [ x]b0 = b.
Anschaulich erschließt sich für das von x = a und x = b mit a < b begrenzte Flächenstück A (Bild 6.7)
A = [ A]ba = [ x]b0 – [ x]0a = : [ x]ba = b – a.
Bild 6.7 A(x) = [ x]ba
Mit der Schreibweise [ A]ba = [ x]ba wird angezeigt, dass
–
das betrachtete Flächenstück A in x-Richtung durch das Intervall [a; b] markiert ist und
–
sich seine Maßzahl mit Hilfe der Flächeninhaltsfunktion F(x) = x bestimmen lässt.
Es geschieht, indem die Variable x erst durch die obere Intervallgrenze b, dann durch die untere Intervallgrenze a ersetzt und anschließend die Differenz gebildet wird.
1)
2)
Diese Einschränkung entfällt später.
durch das Symbol [ ]0 gekennzeichnet
6.1 Das bestimmte Integral
231
f2(x) = 2x
2. Beispiel: Randfunktion
In Anlehnung an Bild 6.8 ergibt sich für die Maßzahlen der Dreiecksflächen der tabellarisch festgehaltene funktionale Zusammenhang wie folgt:
x
y
A(x)
0
0
0
1
2
1
2
4
4
3 ... a ... b
6 ... 2a ... 2b
9 ... a2 ... b2
Bezogen auf den Ursprung des Koordinatensystems lautet offensichtlich die
¾ Flächeninhaltsfunktion A(x) := F2 ( x) = x 2
Bild 6.8 f2(x) = 2x und [ x 2 ]10
Für die in Bild 6.9 dargestellte Trapezfläche gilt dann
A = [ A]ba = [ x 2 ]ba = b2 – a2.
Die Berechnung mittels Trapezformel bestätigt das Ergebnis:
2 a + 2b
A = [ A]ba =
2
= (b – a) =(b + a) (b – a)
Ÿ A = b2 – a2.
Bild 6.9 A(x) = [ x 2 ]ba
3. Beispiel: Randfunktion f3 ( x) = 2 x +1
Für die Maßzahlen der Trapezflächen (Bild 6.10) resultiert folgender Zusammenhang:
x
y
A(x)
0
1
0
1
3
2
2
5
6
3
7
12
... a
... b
... 2a + 1 ... 2b + 1
... a2 + a ... b2 + b
Bild 6.10 f3(x) = 2x + 1 und [ x 2 + x]10
Bezogen auf den Koordinatenursprung lautet diesmal die
¾ Flächeninhaltsfunktion A(x) := F3 ( x) = x 2 + x
Für die in x-Richtung durch x = a und x = b markierte Trapezfläche
(Bild 6.11) resultiert somit
A = [ A]ba = [ x 2 + x]ba = (b2 + b) – (a2 + a),
was sich wiederum mittels Trapezformel nachweisen ließe.
Bild 6.11 A(x) = [ x 2 + x]ba
232
6 Integralrechnung
4. Beispiel: Randfunktion f 4 ( x) = 3 x 2
Erstmalig erfolgt in y-Richtung eine krummlinige Begrenzung des Flächenstücks (Bild 6.12). Den funktionalen Zusammenhang für die Flächenmaßzahlen anzugeben, scheint zunächst einmal nicht möglich zu sein.
Bild 6.12
f4(x) = 3x2 und [ x3 ]10
Über einen Umweg kommt „Land in Sicht“. Es müssen zunächst Parabelsegmente berechnet werden, wie sie in Bild 6.13 gezeigt sind.
Es geschieht mit der Beziehung A = 2 ⋅ s ⋅ h
3
1)
.
Bild 6.13
Der funktionale Zusammenhang ergibt sich nun wie folgt:
x
y
A(x)
0
0
0
1 2 3 ... a ... b
3 12 27 ... 3a2 ... 3b2
1 8 27 ... a3 ... b3
Bezogen auf den Ursprung des Koordinatensystems erschließt sich für die
¾ Flächeninhaltsfunktion A := F4 ( x) = x3
Für die in x-Richtung durch x = a und x = b markierte Fläche (Bild 6.14)
resultiert schließlich
Bild 6.14 A(x) = [ x3 ]ba
A = [ A]ba = [ x3 ]ba = b3 – a3.
Die folgende Übersicht fasst die gewonnenen Erkenntnisse zusammen und hilft, eine Vermutung über
den Zusammenhang zwischen Randfunktion und Flächeninhaltsfunktion zu äußern:
Randfunktion
1)
Flächeninhaltsfunktion
f1(x) = 1
F1(x) = x
f2(x) = 2x
F2(x) = x2
f3(x) = 2x + 1
F3(x) = x2 + x
f4(x) = 3x2
F4(x) = x3
Das Verfahren geht auf Archimedes zurück (ĺ Abschnitt 2.2.2, S. 93)
6.1 Das bestimmte Integral
233
Offensichtlich und doch verblüffend:
¾ Die Ableitung der Flächeninhaltsfunktion liefert die Randfunktion.
¾ Die „Aufleitung“ der Randfunktion führt auf die Flächeninhaltsfunktion.
Verallgemeinerung
Bild 6.15 zeigt ein Flächenstück, begrenzt durch
–
–
–
die x-Achse,
die Geraden x = a und x = b,
den Graphen einer in [a; b] stetigen und monoton steigenden Randfunktion y = f(x).
Mit F(x), der auf den Ursprung des Koordinatensystems bezogenen Flächeninhaltsfunktion,
resultiert für die Maßzahl des markierten Flächenstücks
A = [ A]ba = [ F ( x)]ba = F(b) – F(a).
Unterteilt man die Fläche in ein einbeschriebenes (= zu klein geratenes) und ein umschreibendes (= zu groß geratenes) Rechteck, dann ergibt sich folgende Abschätzung:
f(a) ⋅ (b – a) ≤ F(b) – F(a) < f(b) ⋅ (b - a),
Division mit dem Faktor (b – a), wobei b ≠ a, führt auf
f(a) ≤
F (b) − F (a)
≤ f (b) .
b−a
Bild 6.15 f (a) ⋅ (b – a) < A(x) < f (b) ⋅ (b – a)
Der eingeschachtelte Quotient erinnert an Eingangsüberlegungen zur Differentialrechnung.
Mit a := x0 und b := x wird es noch deutlicher:
F ( x) − F ( x0 )
≤ f ( x) .
x − x0
F ( x) − F ( x0 )
≤ f ( x0 )
Da f stetig ist, gilt lim f (x) = f (x0), also auch f ( x0 ) ≤ lim
x − x0
x→ x0
x→ x0
F ( x) − F ( x0 )
⇒ f ( x0 ) = lim
,
x → x0
x→ x0
wofür gemäß Definition 5.1 geschrieben werden kann
f ( x0 ) ≤
f (x0) = F '(x0) oder
f (x) = F '(x) .
Reine Potenzfunktionen als Randfunktion
Gemäß eben angestellter Ausführungen ist es ein Leichtes, für Flächenstücke, die von Graphen
reiner Potenzfunktionen (Bild 6.16) begrenzt werden, Aussagen über die jeweilige Flächenmaßzahl A anzustellen:
234
6 Integralrechnung
b
y = x:
ª x2 º
b2 a2
A=« » =
−
;
2
2
«¬ 2 »¼ a
b
y=
x2:
ª x3 º
b3 a 3
A=« » =
−
;
3
3
«¬ 3 »¼ a
y=
x4:
ª x5 º
b5 a 5
.
A=« » =
−
5
«¬ 5 »¼ a 5
b
y=
x3:
ª x4 º
b4 a4
A=« » =
−
;
4
4
¬« 4 ¼» a
b
…
(d)
b
b
b
b
ª x5 º
ª x3 º
ª x2 º
ª x4 º
» ; (b) y = x2: A = « » ; (c) y = x3: A = « » ; (d) y = x4: A = « »
«¬ 2 »¼
«¬ 4 »¼
¬« 5 ¼» a
¬« 3 »¼ a
a
a
Bild 6.16 (a) y = x: A = «
Hinweis: Für (a) und (b) geht es auch herkömmlich, für (c) usw. hilft nur noch das neue Verfahren.
Das bestimmte Integral als Operator
dy
;
dx
für das Aufleiten muss er noch vorgestellt werden:
Für das Ableiten ist der Operator bekannt: y' =
Das in Bild 6.17 dargestellte Flächenstück, in positiver y-Richtung vom Graphen einer stetigen
Randfunktion f begrenzt, soll flächenmäßig bestimmt werden.
Die Maßzahl ergibt sich als Summe unendlich vieler Rechteckstreifen
mit
– infinitesimaler Breite dx1) und
– Länge f (x),
aufsummiert von x = a bis x = b.
Bild 6.17
Infinitesimales Flächenstück dA = f (x) · dx
Symbolisiert wird dieser Grenzwert 2 ) einer Flächen-Summe durch ein langgezogenes s: ³ ,
Integral genannt.
1)
infinitesimal: zum Grenzwert hin immer kleiner werdend; dx := lim Δx (→ Differentiale)
2)
falls er existiert
Δx→0
6.1 Das bestimmte Integral
235
Definition 6.1
Es sei f eine im Intervall [a; b] stetige Funktion mit f (x) ≥ 0 für alle x ∈ [a; b].
Dann versteht man unter dem bestimmten Integral der Funktion f in den Grenzen von
a bis b die Maßzahl der vom Graphen von f und der x-Achse sowie den Geraden x = a
und x = b eingeschlossenen Fläche:
b
[ A]ba =
³ f ( x) ⋅ dx
(gelesen: Integral f (x) dx von a bis b).
a
Die Randfunktion wird auch Integrandenfunktion genannt; entsprechend heißt der Funktionsterm f (x) auch Integrand.
a und b nennt man untere bzw. obere Integrationsgrenze.
Hauptsatz der Infinitesimalrechnung
Das bestimmte Integral als Operator fordert auf,
– die Funktion F(x) zu ermitteln, die abgeleitet die Integrandenfunktion f (x) liefert, und
– anschließend die Differenz der Funktionswerte F(b) – F(a) zu bilden:
b
[ A]ba =
³ f ( x) ⋅ dx = [ F ( x)]ba = F(b) – F(a), wobei F '(x) = f (x).
(Hauptsatz)
a
Hinweis: F(x) wird auch Stammfunktion genannt (ĺ Abschnitt 6.2.1)
Für die bisherigen Beispiele mit Integrandenfunktion der Form y = xn mit n ∈ {1, 2, 3, 4} und
x ∈ R+
0 (ĺ Bild 6.16), lässt sich jetzt unter Verwendung des bestimmten Integrals schreiben:
b
⎡
2 ⎤b
2
2
a) y = f1(x) = x: [ A]ba = ∫ x ⋅dx =⎢ x ⎥ = b − a ;
2
2
⎣ 2 ⎦
a
a
b
⎡
3 ⎤b
3
3
4
4
5
5
b) y = f2(x) = x2: [ A]ba = ∫ x 2 ⋅ dx =⎢ x ⎥ = b − a ;
3
3
⎣ 3⎦
a
a
b
⎡
4 ⎤b
c) y = f3(x) = x3: [ A]ba = ∫ x3 ⋅ dx =⎢ x ⎥ = b − a ;
4
4
⎣ 4 ⎦
a
a
b
⎡
5 ⎤b
d) y = f4(x) = x4: [ A]ba = ∫ x 4 ⋅ dx =⎢ x ⎥ = b − a .
5
5
⎣ 5 ⎦
a
a
Verallgemeinernd zeichnet sich die wichtigste Regel der Integralrechnung ab:
236
6 Integralrechnung
Potenzregel
Satz 6.1
Für Potenzfunktionen der Form f (x) = xn mit n ∈ N* und [a; b] ⊂ R gilt
b
∫
xn
a
⎡ x n+1 ⎤b b n+1 a n+1
⎥ =
−
dx =⎢
.
n +1 n +1
⎣ n +1 ⎦
(Potenzregel)
a
x n+1
⇒ F '( x) = x n .
n +1
Plausibel lässt sich das machen, indem differenziert wird: F(x) =
Integrationsgrenzen für [a; b] ⊂ R
Die Integrationsgrenzen a und b sind nicht auf die positive x-Achse beschränkt.
Sie treten als Differenz auf, genügen der Ungleichung b – a > 0.
Diese Aussage ist wahr für alle a, b ∈ R mit a < b: Es bedarf keiner Einschränkung hinsichtlich des Intervalls [a; b].
Ź Beispiel: Gesucht ist der Inhalt A der Fläche, die vom Graphen der Funktion f (x) = x4 und der x-Achse
einerseits sowie andererseits von folgenden Geraden begrenzt wird:
a) x = 2 und x = 3 bzw. b) x = – 3 und x = – 2.
Lösung
a) Es ist A
= [ A]32
3
⎡ x5 ⎤
= ∫ x dx =⎢ ⎥
⎣ 5 ⎦2
2
3
4
b) Es ist A
5
5
A = 3 − 2 = 211 ⇒ A = 42, 4 FE.
5
5
5
2
= [ A]−
−3
A=
−2
−2
⎡ x5 ⎤
= ∫ x dx =⎢ ⎥
⎣ 5 ⎦−3
−3
4
(−2)5 (−3)5 211
−
=
⇒ A = 42, 4 FE.
5
5
5
Hinweis: Dass die beiden Flächen hier gleich groß sind, kommt nicht von ungefähr (wieso?).
• Aufgaben
6.1
Errechnen Sie den Integralwert und skizzieren Sie das inhaltsmäßig festgelegte Flächenstück:
3
a)
4
∫ x dx ;
b)
1
6.2
∫ x dx ;
0
∫ x 2 dx ;
1
d)
∫ x 2 dx ;
−2
2
2
e)
∫ x3 dx ;
5
f)
1
∫ dx .
2
Bestimmen Sie
2,5
für y = f1(x) = x;
a) [ A]0,5
6.3
3
c)
2
2
b) [ A]−
1 für y = f2(x) = x ;
c) [ A]13 für y = f3(x) = x3.
Geben Sie die jeweils unbekannte Integrationsgrenze an, wenn gilt:
b
a)
∫ xdx = 6
2
1
;
b)
∫ x 2dx = 3 ;
a
b
2
c)
∫ x3dx =1 ;
a
d)
∫ x3dx = 0 .
−2
6.1 Das bestimmte Integral
237
Das bestimmte Integral für f (x) < 0
Alle bisherigen Überlegungen haben sich auf solche Funktionen bezogen, für die f (x) ≥ 0 ist.
b
³ f ( x) dx
¾ Das bestimmte Integral
kann nur dann Flächenmaßzahl mit [ A]ba ≥ 0 sein, wenn
a
jedes einzelne infinitesimale Flächenstück dA = f(x) ⋅ dx positive Länge aufweist.
Für Funktionen mit f(x) < 0 für a ≤ x ≤ b resultiert dA = f(x) dx < 0
b
⇒ A = ∫ f ( x) dx < 0 .
a
Schlussfolgerung: Treten im Intervall [a; b] sowohl positive als auch negative Funktionswerte
auf, stimmt der Integralwert nicht mehr überein mit der Maßzahl des Flächeninhaltes [ A]ba .
Beispiel
Der Flächeninhalt des vom Graphen der Funktion f (x) = x, der x-Achse sowie den Geraden x = – 2 und
x = + 2 eingeschlossenen Flächenstücks wird unter Missachtung obiger Ausführungen falsch wie folgt
bestimmt:
+2
+2
⎡ x2 ⎤
22 (−2) 2
⎥ = −
=0 ;
2
2
⎣ 2 ⎦−2
∫ x dx =⎢
−2
ein Ergebnis, das der Anschauung (Bild 6.18) völlig widerspricht
Bild 6.18
f (x) = x, x ∈ [– 2; + 2],
mit negativem und positivem Integralwert
Der Fehler liegt an der Integration über das gesamte Intervall [– 2; +2]:
Die Funktionswerte sind für [– 2; 0[ negativ, nämlich
0
⎡ x2 ⎤
0
∫ x dx =⎢ 2 ⎥
⎣
−2
⎦−2
= 0−
(−2) 2
=−2 .
2
Der negative Integralwert signalisiert, dass das von x = – 2 und x = 0 begrenzte Flächenstück unterhalb
der x-Achse liegt.
Teilintegrale
Zur Flächenberechnung muss das Gesamtintegral korrekterweise in zwei Teilintegrale zerlegt
werden. Für f(x) < 0 dient der Betrag des bestimmten Integrals als Summand:
2
A = [ A]+
−2 =
0
2
−2
0
∫ x dx + ∫ x dx
Ÿ A = | – 2| + (+ 2)
Ÿ A = 4 FE.
238
6 Integralrechnung
Verallgemeinernd lässt sich Folgendes feststellen:
Bei der Ermittlung von [ A]ba ist die Berechnung von Teilflächen immer dann erforderlich,
wenn die Randfunktion innerhalb des Intervalls [a; b] Nullstellen aufweist. – Diese liefern die
Integrationsgrenzen der Teilintegrale.
Inwieweit schließlich der jeweilige Teilintegralwert oder aber dessen Betrag zur inhaltsmäßigen Bestimmung der Gesamtfläche herangezogen werden muss, hängt letztendlich davon
ab, ob f(x) ≥ 0 oder aber negativ im Teilintervall ist.
6.1.2 Die Berechnung des bestimmten Integrals ganzrationaler Funktionen
Integrierbarkeit
Die bisherigen Ausführungen haben bewusst auf strenge Entwicklung des Integralbegriffes
über Grenzwertbildung verzichtet. Dass Grenzwertüberlegungen mitgespielt haben, ist zumindest angedeutet worden. Damit dürfte klar sein, dass es generell nicht selbstverständlich ist,
dem bestimmten Integral immer einen Zahlenwert zuordnen zu können.
Vor diesem Hintergrund ist die folgende Feststellung sinnvoll:
Definition 6.2
Reelle Funktionen f heißen im Intervall [a; b] ihres Definitonsbereiches integrierbar,
b
wenn ein Zahlenwert existiert für ∫ f ( x ) dx .
a
Zwei erfreuliche Schlussfolgerungen, wobei auf Beweise verzichtet wird:
¾ Jede im Intervall [a; b] ⊂ Rstetige Funktion ist dort auch integrierbar.
¾ Ganzrationale Funktionen sind in jedem Intervall [a; b] ⊂ Rintegrierbar.
Anmerkung
Die Stetigkeit ist eine hinreichende Bedingung für die Integrierbarkeit einer Funktion.
Im Intervall [a; b] ⊂ R abschnittsweise definierte beschränkte Funktionen mit endlich vielen
Unstetigkeitsstellen lassen sich ebenfalls integrieren. Eine Zerlegung in Teilintegrale ist erforderlich, wobei die Integrationsgrenzen abhängig von den Unstetigkeitsstellen sind.
Für den in Bild 6.19 dargestellten Sachverhalt ergibt sich folgender
Ansatz zur Bestimmung des Flächeninhaltes:
c
d
b
a
c
d
[ A]ba = ∫ f ( x) dx + ∫ f ( x) dx + ∫ f ( x) dx .
Bild 6.19
Bestimmtes Integral abschnittsweise stetiger Funktionen
6.1 Das bestimmte Integral
239
• Aufgaben
Bestimmen Sie
6.4
3
a) [ A]+
−1 für y = f1(x) = x;
b) [ A]+
−
3
2
für y = f2(x) = x3;
1
5
c) [ A]+
−2 für y = f3(x) = x .
Geben Sie den jeweiligen Integralwert an und begründen Sie, ob es die Flächenmaßzahl ist.
6.5
+1
4
a)
∫ x dx ;
b)
−3
∫ x 2 dx ;
−2
+2
c)
∫ x3 dx .
−1
⎧ x für x ∈ [−2;0]
Zeichnen Sie den Funktionsgraphen für f (x) = ⎨ 2
.
⎩ x für x ∈ ]0;+2]
6.6
+2
Bestimmen Sie a)
∫ f ( x) dx ;
−2
2
b) [ A]+
−2 .
⎧ x für x ∈ [−3;−1]
Zeichnen Sie den Funktionsgraphen für f (x) = ⎨ 2
.
⎩ x für x ∈ ]−1;+2]
6.7
+2
Bestimmen Sie a)
∫ f ( x) dx ;
−3
2
b) [ A]+
−3 .
⎧x 2 für x ∈ [−2;−1]
⎪
Zeichnen Sie den Funktionsgraphen für f (x) = ⎨ x3 für x ∈]−1;+1[ .
⎪ x für x ∈ [+1;+3]
⎩
6.8
3
Bestimmen Sie a)
∫ f ( x) dx ;
−2
3
b) [ A]+
−2 .
Integrationsregeln
Das Integral als Operator fordert auf, diejenige Funktion F(x) zu erstellen, die differenziert
die Integrandenfunktion f(x) ergibt: F ' ( x) = f ( x) .
Satz 6.2
Es sei f eine ganzrationale Funktion. Dann gilt:
⎡ a ⋅ x n+1 an−1 ⋅ x n
+
∫ (an x n + an−1x n−1 +...+ a1x + a 0 )dx =⎢ n
n
⎣ n +1
a
b
⎤b
a1 ⋅ x 2
+...+
+ a0 ⋅ x ⎥ .
2
⎦
a
Plausibel lässt sich das machen, indem differenziert wird:
a ⋅ x n+1 an−1⋅ x n
a ⋅ x2
F ( x) = n
+
+...+ 1
+ a0 ⋅ x ⇒ F '( x) = an ⋅ x n + an−1⋅ x n−1 +...+ a1⋅ x + a0 = f ( x).
2
n +1
n
Den Integralwert zu ermitteln, erfordert
– die Funktionswerte F(b) und F(a) zu bestimmen und
– die Differenz F(b) – F(a) zu bilden.
Das alles allgemein hinzuschreiben, würde zu umfangreich werden. Ein Beispiel bringt Klarheit:
240
6 Integralrechnung
b
Ź Beispiel: Es ist allgemein der Wert für ∫ (2 x3 − 6 x 2 + 3 x −1) dx anzugeben .
a
Lösung
⎡ x4
⎤b ⎡ x 4
⎤b
x3
x2
3
2
3 3 2
⎢
⎥
⎢
⎥
(2
6
3
1)
d
2
6
3
2
x
−
x
+
x
−
x
=
⋅
−
⋅
+
⋅
−
x
=
−
x
+
x
−
x
∫
3
2
2
⎣ 4
⎦a ⎣ 2
⎦a
a
b
⎡ b4
⎤ ⎡ a4
⎤
3
3
=⎢ − 2b3 + b 2 − b ⎥−⎢ − 2a3 + a 2 − a ⎥.
2
2
⎣ 2
⎦ ⎣ 2
⎦
Ein Vergleich des in eckiger Klammer aufgeführten Polynoms 4. Grades
x4
3
F ( x ) = − 2 x3 + x 2 − x mit dem Integranden f (x) = 2 x3 – 6x2 + 3x – 1 bestätigt F '(x) = f (x).
2
2
Die Lösungsstrategie zeigt, dass neben der Potenzregel andere analog zur Differentialrechnung
geltende Integrationsregeln eingesetzt worden sind:
Faktoren-, Konstanten- und Summenregel
Faktorenregel:
b
∫
a
c⋅ x n
b
dx = c ∫
xn
a
⎡ x n+1 ⎤b
⎥ .
dx = c⋅⎢
⎣ n +1 ⎦
a
¾ Ein konstanter Faktor c ∈ R*bleibt erhalten und wird vor das Integral geschrieben.
b
b
a
a
Konstantenregel: ∫ c dx = c⋅∫ dx = c⋅[ x]ba = c(b − a) .
Summenregel:
Jeder Summand des Funktionsterms wird einzeln integriert.
Die Lösung zum obigen Beispiel lässt sich demnach (umständlicher) auch so schreiben:
b
b
b
b
b
a
a
a
a
a
∫ (2 x3 − 6 x 2 + 3x −1) dx = 2∫ x3 dx − 6∫ x 2 dx + 3∫ x dx − ∫ dx = ...
¾ Regeln für die Integrationsgrenzen
b
c
b
1. Für a ≤ c ≤ b gilt ∫ f ( x ) dx = ∫ f ( x) dx + ∫ f ( x) dx
a
a
c
1)
2.
b
a
a
b
∫ f ( x) dx =−∫ f ( x) dx
a
¾ Sonderfall: a = b: ∫ f ( x) dx = 0 .
a
1)
Begründung: Bestimmte Integrale sind letztendlich Grenzwerte (ĺ Grenzwertsätze: Kapitel 4.2).
6.1 Das bestimmte Integral
241
• Aufgaben
6.9
Berechnen Sie nachstehende Integrale:
2
b)
−1
0
d)
+1
3
∫ (2 x −1) dx ;
a)
∫ ( x3 − x +1) dx ;
e)
∫ (−x 2 + 2 x) dx ;
c)
0
−1
−1
+1
∫ ( x4 − x 2 −1) dx ;
f)
−2
−1
∫ ( x2 − 3x +1) dx ;
∫ ( x5 − x3 ) dx .
−1
Klären Sie begründet, ob der jeweilige Integralwert für die Flächenmaßzahl steht.
6.10
Ebenso:
2
a)
−1
c)
6.11
+1
−1
0
∫ ( x3 − 3x2 + x −1) dx + ∫ ( x3 − 3x2 + x −1) dx ;
b)
2
0
1
2
−1
0
1
∫ (7 x6 − 2 x5 ) dx + ∫ (7 x6 − 2 x5 ) dx + ∫ (7 x6 − 2 x5 ) dx .
Geben Sie die obere Integrationsgrenze b ∈ R so an, dass gilt:
b
a)
b
∫ (−2 x +1) dx =−6 ;
b)
∫ (3x 2 − 2 x +1) dx = 4 ;
−1
0
6.12
0
3
∫ ( x 2 − 3) dx + ∫ ( x 2 − 3) dx ;
b
c)
∫ (4 x3 − 6 x) dx = 6 .
+1
Bestimmen Sie die Integrationsgrenzen für b ∈ R+, wenn gilt:
b+1
b
a)
∫ 2 x dx = 5 ;
b−1
b
c) ∫ ( x 2 − 2 x +1) dx =
−b
b)
∫ (3x2 −1) dx =18 ;
b
b+2
8
;
3
d)
∫ ( x3 + x) dx = 24 .
b
Fläche zwischen Funktionsgraph und x-Achse
Die wesentlichsten Überlegungen sind erfolgt; hier nochmals die Besonderheit:
Für die Flächeninhaltsbestimmung der in Bild 6.20 schraffierten Flächenstücke ist vorab die
Ermittlung der Nullstellen erforderlich: Ein Integrieren über die Nullstellen hinweg liefert zwar
einen Integralwert, der aber wegen z.T. negativer Funktionswerte nicht mit der Maßzahl des
Flächeninhalts übereinstimmt. - Der Ansatz lautet wie folgt:
c
d
b
a
c
d
A = [ A]ba = ∫ f ( x) dx + ∫ f ( x) dx + ∫ f ( x) dx .
Bild 6.20
Flächen oberhalb ( + ) und unterhalb ( – ) der x-Achse
242
6 Integralrechnung
1
1
2
Ź Beispiel: Es sei f (x) = x3 − x 2 − x , x ∈ R. – Zu bestimmen ist der Inhalt des Flächenstücks, das
6
2
3
von der x-Achse sowie dem Graphen von f begrenzt wird.
Lösung: Die Integrationsgrenzen der Teilintegrale ergeben sich mittels Nullstellenbestimmung:
1
1
2
f (x) = 0 ⇔ x3 − x 2 − x = 0 ⇔ x (x2 – 3x – 4) = 0 ⇔ x (x – 4) (x + 1) = 0;
6
2
3
Nullstellen also für x1 = – 1, x2 = 0 und x3 = 4.
Bild 6.21
1
1
2
6
2
3
Graph von f ( x) = x3 − x 2 − x und die x-Achse
begrenzen zwei Flächenstücke
Mit f (x) < 0 für x ∈ ]0; +4[ (Bild 6.21) ergibt sich für den gesuchten Flächeninhalt
0
⎛1 3 1 2 2 ⎞
4
=
A = [ A]+
⎜ x − x − x ⎟dx +
∫
−1
⎝6
2
3 ⎠
−1
4
⎛1
2 ⎞
1
∫⎜⎝ 6 x3 − 2 x2 − 3 x⎟⎠dx
0
+4
⎡
⎡x
3
128
131
x
x
x3 x 2 ⎤
4 ⎢x
⎥
⎢
⎥
⇒ A=
FE.
A = [ A]+
−
−
+
−
−
=
= +−
−1
24
24
24
3 ⎦
3 ⎦
⎣ 24 6
⎣ 24 6
−1
0
4
3
2 ⎤0
4
• Aufgaben
6.13
Rechnen Sie – falls noch nicht geschehen – die Aufgaben 2.144 – 2.147 (ĺ S. 93).
6.14
Bestimmen Sie jeweils den Flächeninhalt der von x-Achse und Funktionsgraph eingeschlossenen
Flächen:
1
a) f1(x) = x3 – 4x;
b) f2(x) = – x3 + 2x2 + 3x; c) f3(x) = − x3 + x 2 ;
3
3 3 9 2
3
2
3
e) f5(x) = x + 2x – x – 2; f ) f6(x) = x + 2x2 + 2x + 1, x ∈ R−
d) f4(x) = − x + x − 3
0 .
4
4
6.15
Ebenso:
a) f1(x) =
1
12
1
b) f2(x) = − x 4 + 2 x 2 ;
2
1
x 4 − x3 ;
3
1
3
c) f3(x) = − x 4 + x3 + x 2 − 2 x − 2 ;
2
2
6.16
Ebenso:
a) f1(x) = x5 – 4x3;
6.17
1
9
1
3
d) f4(x) = − x 4 + x 2 − x − .
8
8
2
2
1
b) f2(x) = − x5 + 2 x3 − 4 x ;
4
c) f3(x) = x5 + x4 – 5x3 – x2 + 8x – 4.
Ermitteln Sie die Funktionsgleichung einer ganzrationalen Funktion 3. Grades, deren Graph die
x-Achse im Ursprung berührt und bei x0 = 2 so schneidet, dass das zusammen mit der Abszissen4
achse eingeschlossene Flächenstück einen Inhalt von A = 3 FE aufweist .
6.18
Der Graph einer ganzrationalen Funktion 3. Grades schneidet die Koordinatenachsen in S(0|3)
2
und N(1|0), ferner besitzt er einen Wendepunkt mit der Abszisse xwp = 3 .
6.1 Das bestimmte Integral
243
Geben Sie die Funktionsgleichung an, wenn das von Koordinatenachsen und Graph eingeschlos5
sene Flächenstück einen Inhalt von A = 6 FE hat .
6.19
Der Graph einer ganzrationalen Funktion 3. Grades berührt die Abszissenachse in xN = 2 und
schneidet die Ordinatenachse bei + 4, wobei das vom Funktionsgraphen und den Koordinatenachsen begrenzte Flächenstück einen Inhalt von A1 = 4 FE besitzt. – Wie groß ist der Flächeninhalt
der gesamten von Funktionsgraph und x-Achse eingeschlossenen Fläche ?
6.20
In einem Fischrestaurant soll ein 3 m breiter und 2 m hoher Wandbereich mit Leuchtdioden farbig so gestaltet werden, dass sich ein Fischsymbol als Blickfang ergibt. Die das Logo markierenden Kurven sind Graphen ganzrationalen Funktionen 3. Grades, dadurch gekennzeichnet, dass sie
sich im Ursprung eines mit der Horizontalachse in Höhenmitte einzuplanenden Koordinatensystems schneiden, sich in 2 m Abstand vom linken Rand auf besagter Achse berühren und durch
den rechten oberen ( f1) bzw. rechten unteren Eckpunkt ( f2) des Wandbereichs gehen. Berechnen
Sie, wie viel % der Gesamtfläche von dem Fischsymbol abgedeckt werden.
Hinweis: Für die Randfunktionen gilt f1 = –f2.
6.21
Der Graph einer ganzrationalen Funktion 4. Grades besitzt in Sp(–1|0) einen Sattelpunkt und in
P(0|– 2) eine Normale mit der Steigung mN = 0,2. – Berechnen Sie, in welchem Verhältnis die
y-Achse das unterhalb der x-Achse gelegene, vom Graphen begrenzte Flächenstück teilt.
6.22
Die Dachform eines 30 m langen Gewächshauses soll angenähert als Graph einer ganzrationalen
Funktion 2. Grades (Bild 6.22) aufgefasst werden. – Bestimmen Sie das für eine Wärmebedarfsrechnung benötigte eingeschlossene Volumen.
Hinweis: Berechnen Sie die Parabelsegmentfläche mittels Integralrechnung und vergleichen Sie
das Ergebnis mit der von Archimedes entwickelten Methode (ĺ Bild 6.13).
6.23
Eine 24 m breite Brücke mit parabelförmigem Bogen (Bild 6.23) wurde aus Beton geschüttet.
Geben Sie mittels Integralrechnung an, wie viel m3 Beton erforderlich waren .
6.24
Ein kreisrundes Portalfenster (∅ 2 m) soll aus zwei flächengleichen, jedoch farblich unterschiedlichen Fensterhälften so erstellt werden, dass sich ein Symbol gemäß Bild 6.24 ergibt. Dabei kann
der Kurvenverlauf einer zwischen beiden Fensterteilen erforderlichen Bleifassung als Funktionsgraph einer ganzrationalen Funktion 3. Grades aufgefasst werden, der mit der markierten x-Achse
zwei halbmondförmig aussehende Flächenstücke einschließt, deren Flächeninhalt zusammen
12,5% der Kreisfläche ausmacht.-Erstellen Sie die Funktionsgleichung der beschriebenen Kurve .
Bild 6.24
6.25
Bild 6.25
Die Form einer Dachrinne (Bild 6.25) entspricht annähernd dem Graphen einer ganzrationalen
Funktion 4. Grades. – Bestimmen Sie die Querschnittsfläche in cm2.
244
6 Integralrechnung
Fläche zwischen zwei Funktionsgraphen
Die anzustellenden Überlegungen zielen darauf ab, jene Flächen inhaltsmäßig zu berechnen,
die von den Graphen vorgegebener Funktionen eingeschlossen werden.
Die Entwicklung erfolgt allgemein; in den Aufgaben werden dann ausschließlich ganzrationale
Integranden verwandt.
Für den im Bild 6.26 dargestellten Sachverhalt lässt sich der Flächeninhalt A als Flächenbilanz wie folgt ermitteln:
b
b
a
a
A = ∫ f ( x) dx − ∫ g ( x ) dx (wieso?)
oder
b
A = ∫ [ f ( x) − g ( x)]dx .1)
a
Bild 6.26
b
Fläche zwischen zwei Kurven: A = ∫ [ f ( x ) − g ( x )]dx
a
Das Ergebnis soll schärfer festgehalten werden:
Satz 6.3
Es seien f und g zwei reelle Funktionen, ferner x = a und x = b die Abszissen der
Schnittpunkte ihrer Funktionsgraphen.
Sind dann f und g im Intervall [a; b] integrierbar und ist f(x) ≥ g(x) für alle x ∈ [a; b],
so ist
b
A = ∫ [ f ( x) − g ( x)]dx
a
die Flächenmaßzahl der von den Funktionsgraphen zu f und g eingeschlossenen Fläche.
Anmerkungen
1. Die Flächenberechnung erfolgt unabhängig von den Nullstellen der Funktionen f und g.
2. Ist nicht bekannt, ob für alle x ∈ [a; b] die Aussage f (x) ≥ g(x) oder aber f (x) ≤ g(x) gilt, ist eine
graphische Darstellung angebracht bzw. die Flächenberechnung wie folgt in Ansatz zu bringen:
b
A=
∫[ f ( x) − g ( x)]dx
.
a
3. Die Voraussetzung, dass x = a und x = b die Abszissen der Schnittpunkte sein müssen, kann mit Blick
auf die in Bild 6.27 schraffierte Fläche fallen gelassen werden: Obige Formel gilt auch hier.
1)
Betrachtung der infinitesimalen Rechteckstreifen: dA = dAf - dAg = f(x)⋅dx -g(x)⋅dx (ĺ Bild 6.17)
6.1 Das bestimmte Integral
245
Bild 6.27
Fläche zwischen zwei sich nicht
schneidenden Kurven:
b
A = ∫[ f ( x) − g ( x )]dx
a
Ź Beispiel 1: Gesucht ist der Flächeninhalt des Flächenstücks, das von der Geraden mit der Funktionsgleichung f (x) = x + 2 sowie der Normalparabel mit der Gleichung g(x) = x2 begrenzt wird.
Lösung: Der Sachverhalt ist in Bild 6.28 graphisch dargestellt, wobei
sich die Schnittstellen mit x1 = – 1 bzw. x2 = + 2 ergeben.
Gemäß Satz 6.3 ist dann
2
2
A = ∫ [( x + 2) − x 2 ] dx = ∫ (−x 2 + x + 2) dx
−1
−1
+2
⎡ x3 x 2
⎤
A =⎢− + + 2 x ⎥
2
⎣ 3
⎦
−1
⎛ 8
⎞ ⎛ 1 1
⎞
A =⎜− + 2 + 4⎟−⎜+ + − 2⎟
⎝ 3
⎠ ⎝ 3 2
⎠
⇒ A= 4,5 FE.
Bild 6.28
Fläche zwischen den Graphen zu
f(x) = x + 2 und g(x) = x2
Ein 2. Beispiel zeigt die Vorgehensweise, wenn sich mehr als zwei Schnittpunkte ergeben.
Ź Beispiel 2: Der Flächeninhalt der von den Graphen von f mit f (x) = x3 – 4x und g mit g(x) = x2 – 4
eingeschlossenen Flächen ist zu berechnen .
Lösung
Die Schnittpunktbestimmung führt auf die algebraische Gleichung
x3 – x2 – 4x + 4 = 0 mit den selbst nachzuprüfenden Lösungen
x1 = – 2, x2 = + 1 und x3 = + 2 (Aufgabe!).
Eine kleine sich anschließende Kurvendiskussion liefert schließlich
den in Bild 6.29 dargestellten Sachverhalt mit
f (x) ≥ g(x) für alle x ∈ [– 2; + 1] und
f (x) ≤ g(x) für alle x ∈ [+ 1; + 2] .
Bild 6.29
Fläche zwischen den Graphen zu f (x) = x3 – 4x und g(x)= x2 – 4
Hieraus resultiert
1
2
−2
1
A = A1 + A2 = ∫ [ f ( x) − g ( x)] dx + ∫[ g ( x) − f ( x)] dx
oder
246
6 Integralrechnung
1
2
A = A1 + A2 = ∫ [( x3 − 4 x) − ( x 2 − 4)] dx + ∫[( x 2 − 4) − ( x3 − 4 x)] dx
−2
1
1
2
A = A1 + A2 = ∫ ( x3 − x 2 − 4 x + 4) dx + ∫ (−x3 + x 2 + 4 x − 4) dx
−2
1
1
2
⎡ x 4 x3
⎤
⎡ x 4 x3
⎤
A = A1 + A2 =⎢ − − 2 x 2 + 4 x ⎥ +⎢− + + 2 x 2 − 4 x ⎥
3
3
⎣ 4
⎦−2 ⎣ 4
⎦1
A = A1 + A2 =11, 25 +
7
Ÿ A =11,83 FE.
12
1
2
Hinweis: Der Ansatz A = ∫ [ f ( x) − g ( x)] dx +
∫[ f ( x) − g ( x)] dx
−2
führt zum gleichen Ergebnis.
1
• Aufgaben
6.26
6.27
1
1 2
x + 3 und g(x) =
x – x – 3.
2
4
Bestimmen Sie die Größe des von beiden Funktionsgraphen eingeschlossenen Flächenstücks.
Gegeben seien die Funktionen f (x) = –
Es sei f (x) = – 2x2 + 4x, x ∈ R.
a) Berechnen Sie den Flächeninhalt des vom Funktionsgraphen und der 1. Winkelhalbierenden
eingeschlossenen Flächenstücks.
b) Welches Größenverhältnis besteht zwischen dieser Fläche und der, die vom Graphen von f und
der x-Achse begrenzt wird ?
6.28
Vor der Nordseeküste hat ein Tanker Öl verloren. Die Ränder des Ölfilmes lassen sich bezogen
auf das Messblatt einer Luftbildaufnahme annähernd durch folgende Funktionen beschreiben:
f ( x ) = −0,25 x 2 + 2,5 x + 1 und g ( x ) = 0,5 x 2 − 3,5 x + 10 (Koordinatenangaben in km).
Berechnen Sie zwecks Kalkulation des Bindemitteleinsatzes die Ölmenge in Liter, wenn die
Ölschicht durchschnittlich 1 cm dick verteilt ist.
6.29
Die Funktionswerte der Geraden g: y = – x – 3 stimmen für x1 = – 4 und x2 = + 1 mit denen einer
quadratischen Funktion überein, deren Graph die y-Achse bei – 5 schneidet. Welche Fläche wird
von Gerade und Parabel eingeschlossen ?
6.30
Eine Parabel mit dem Formfaktor a = – 1 habe dieselben Achsenschnittpunkte wie die Gerade mit
der Funktionsgleichung y = −
2
3
x + 2. – In welchem Verhältnis teilt die Gerade das von der Para-
bel und der x-Achse begrenzte Flächenstück ?
6.31
Es sei f (x) = – x2 + 3x + 1, x ∈ R.
Wie groß ist der Inhalt des Flächenstücks, das vom Funktionsgraphen sowie der Normalen in
B(xB|yB) eingeschlossen wird, die orthogonal zur 1. Winkelhalbierenden verläuft ?
6.32
Eine Parabel ist Graph der Funktion f (x) = – x2 + 3x + 4, x ∈ R+
0 . Die Tangenten in den Schnittpunkten mit den Koordinatenachsen begrenzen zusammen mit dem Parabelbogen, der die beiden
Schnittpunkte miteinander verbindet, ein Flächenstück. Geben Sie dessen Inhalt an .
6.33
Berechnen Sie den Inhalt der von wie folgt definierten Parabeln eingeschlossenen Fläche:
P1 ≡ y = x 2 +
5
2
x − 4 und P2 ≡ y = −
1
2
x2 + x −1 .
6.1 Das bestimmte Integral
6.34
247
Gegeben seien die Funktionen f (x) = −
1
2
x2 +
3
2
1 3
+
x , x ∈ R+
0 und g(x) = x , x ∈ R0 .
8
In welchem Verhältnis teilt der Graph von g die von Gf und x-Achse eingeschlossene Fläche?
6.35
Berechnen Sie den Flächeninhalt der von den Graphen Gf1 und Gf2 eingeschlossenen Fläche.
Skizzieren Sie beide Graphen unter Festlegung ihrer Nullstellen :
a) f1(x) = x3 – 3x2 und f2(x) = x3 – 5x2 + 6x;
6.36
3
Die Graphen Gf1 und Gf2 begrenzen zwei Flächenstücke; bestimmen Sie jeweils deren Größe :
a) f1(x) =
1
2
b) f1(x) =
c) f1(x) =
6.37
b) f1(x) = x3 – 4x2 + 3x und f2(x) = 2 x3 – 2x2.
x3 + x 2 −
1
2
2
3
x3 + x2 –
3
2
x und f2(x) = x + 3;
5
2
x – 3 und f2(x) = – x2 – 3x;
x3 – x2 – x + 2 und f2(x) = –
1
3
x3 + x2.
Bestimmen Sie die Größe des Flächenstücks, das vom Graphen von f (x) = 1 x3 –
3
2 2
x
3
– x sowie
seiner Tangente in B(2|yB) eingeschlossen wird.
6.38
Es sei f (x) = –
1
8
x4 +
1
2
x3, x ∈ R.
Wie groß ist der Flächeninhalt der Fläche, die von der Wendetangente mit mt ≠ 0 und Gf
begrenzt wird ?
6.39
Es sei f (x) =
1
4
x3 –
3
4
x2 + x + 2, x ∈ R.
Bestimmen Sie den Inhalt der Fläche, die vom Funktionsgraphen, der Wendenormalen und der
Normalen in N(x0|0) begrenzt wird.
6.40
Berechnen Sie jeweils den Inhalt der Fläche, die vom Graphen der Funktion selbst und dem ihrer
Umkehrrelation eingeschlossen wird:
a) f (x) = –
6.41
1
4
x2 + 2x, x ∈ R;
b) g (x) = –
1
4
x2 + 1 x +
2
15
4
, x ∈ R.
Eine 15 m breite Brücke mit in Bild 6.30 gezeigtem
Querschnittsprofil ist in A(0|0) und B(36|18) gelagert(Angabe in m); der Brückenbogen läuft mit Steigung m = 2 ins Festlager A ein. Berechnen Sie, wie
viel m3 Beton zur Schüttung der Brücke mindestens
erforderlich gewesen sind, wenn die Fahrbahn 25 m
über A verläuft.
Hinweis: siehe auch Aufgabe 5.23 (ĺ Bild 5.11)
Bild 6.30
6.42
Der in Bild 6.31 gezeigte stilisierte Fisch soll in einem
modernen Kirchenfenster (5 m × 5 m) mit dunkelblauem Glas dargestellt werden. Die Bleifassungen
hierfür sind Parabelstücke, wobei der am linken Fensterrand in 2 m Höhe beginnende Parabelast eine Steigung von m = -1 aufweist. - Berechnen Sie, wie viel
% der Fensterfläche vom blauen Fischsymbol eingenommen werden, wenn für den anderen Parabelast das
Optimum bei x = 4 liegen soll.
Bild 6.31
248
6 Integralrechnung
6.43
Gummiwerkstoffe (Elastomere) haben die Fähigkeit, große Formänderungen mitzumachen und
nach der Entlastung mit sehr geringer Verzögerung wieder in den Ausgangszustand zurückzukehren. Ihre Dämpfungsfähigkeit beruht darauf, weniger Arbeit aus dem Gummiwerkstoff herauszulassen als hineingesteckt wird. Das kann bei schnell anhaltenden Wechselverformungen zu einer
starken Wärmeentwicklung mit der Gefahr der Zerstörung des Werkstoffs führen: Ein einwandfreies Funktionieren des Werkstoffes setzt also eine geringe Eigenerwärmung voraus.
a) Prüfen Sie vor diesem Hintergrund rechnerisch die Funktionsweise der Dämpfung einer
Werkzeugmaschine durch Elastomerlager (Dämpfungsarbeit max. 50 Nm), wenn sich die bei
jedem Schwingungsspiel in Wärme umgesetzte Arbeit als Flächenmaßzahl einer von Be- und
Entlastungskurve eingeschlossenen Fläche ergibt und sich die Kurven wie folgt modellieren
lassen:
Belastung: FB ( x) = x3 − 9 x 2 + 28 x bzw. Entlastung: FE ( x) = x3 + x .
Hinweis: x steht dabei für das Schwingungsspiel in mm; F(x) wird in kN gemessen.
b) Stellen Sie zum besseren Verständnis das Be- und Entlastungsspiel im KO-System dar und
legen Sie den technologisch sinnvollen Definitionsbereich fest.
6.44
Für ein Unternehmen, das u. a. Stopper für Inline-Skater herstellt, ergibt sich in der Jahresbilanz
die Kostenfunktion durch K ( x) =1,5 x3 −12 x 2 + 60 x + 60 und die Erlösfunktion durch E ( x) = 60 x,
wobei x jeweils für Mengeneinheiten in 1000 Stück und die Funktionswerte für Geldeinheiten in
1000 € stehen.
a) Berechnen Sie das Flächenmaß für die Gewinnlinse, also die Fläche, die vom Graphen der
Gewinnfunktion und der x-Achse eingeschlossen wird.
b) Zeigen Sie rechnerisch, dass die Gewinnlinse flächenmäßig übereinstimmt mit der von den
Graphen zu K und E eingeschlossenen Fläche. - Begründen Sie, dass das generell so ist.
Rotationsvolumen
Wird ein beliebiges Flächenstück um eine Achse gedreht, so entsteht ein Rotationskörper.
Naheliegend werden zunächst Drehkörper betrachtet, die erzeugt werden durch
Rotation um die x-Achse
Die Entwicklung zur Berechnung der Volumina erfolgt allgemein. In den Aufgaben werden
dann solche Problemstellungen erfasst, die auf ganzrationale Integranden hinauslaufen.
Die Rotation des in Bild 6.32 dargestellten infinitesimalen
Flächenstücks um die x-Achse ergibt ein „hauchdünnes“
Zylinderscheibchen folgenden Volumens:
dVx = π ⋅ [f(x)]2 ⋅ dx.
Bild 6.32 Rotation um die x-Achse: dV = π ⋅ [ f (x)]2⋅ dx
6.1 Das bestimmte Integral
249
Das Rotationsvolumen resultiert als Summe aller (unendlich vielen) Zylinderscheibchen, aufsummiert von x = a bis x = b:
b
Vx = ∫ π ⋅[ f ( x)]2 ⋅ dx
b
Vx = π ⋅∫[ f ( x)]2 ⋅ dx
oder
a
(Rotation um die x-Achse).
a
Ź Beispiel: Ein Flächenstück, begrenzt durch Gerade g: f (x) = x, x-Achse sowie x = 0 und x = 3,
rotiert um die x-Achse. Das Kegelvolumen ist gesucht.
3
3
⎛ 33 03 ⎞
⎡ x3 ⎤
⎜ − ⎟
⎟= 9 π ⇒ Vx = 9π VE.
Lösung: Vx = π ∫ x 2 dx = π ⋅⎢ ⎥ = π ⋅⎜
3⎠
⎣ 3 ⎦0
⎝3
0
Hinweis: Das Kegelvolumen lässt sich auch herkömmlich berechnen (Aufgabe!).
• Aufgaben
6.45
Ein Flächenstück, begrenzt durch Funktionsgraph, x-Achse sowie die Grenzen x = a und x = b,
rotiert um die x-Achse. Berechnen Sie jeweils das Rotationsvolumen Vx:
1
a) f1(x) = x + 2, a = 0, b = 3;
b) f2(x) = x +1, a = 2, b = 4;
2
1
1 2
c) f3(x) = − x + 2, a = – 1, b = 2;
d) f4(x) = x , a = – 2, b = 2.
2
4
Bestätigen Sie die Ergebnisse von a) – c) herkömmlich.
6.46
Für das Kegelvolumen gilt V =
6.47
Ein durch den Graphen von f (x) = – x2 + 2x und die x-Achse markiertes Parabelsegment, rotiert
um diese. Berechnen Sie das Volumen.
6.48
Gegeben: f (x) = x , x ∈ [0; 4].
Wie groß ist das Volumen des durch Rotation um die x-Achse entstehenden Paraboloids ?
6.49
Die Randkurve eines waagerecht gehaltenen Weinglases (x-Achse ist Symmetrieachse) sei bei
cm-Skalierung der Koordinatenachsen durch die Funktionsgleichung f (x) = 2 ⋅ x symbolisiert.
An welcher Stelle x = h muss der Eichstrich für V = 0,2 l Inhalt angebracht werden ?
6.50
Die Randkurve eines waagerecht gehaltenen Sektkelches entspricht bei cm-Skalierung der Koor1 x x , x ∈ [0; 16].
dinatenachsen einer Neilschen Parabel1) mit der Funktionsgleichung f ( x) = 16
1
3
π ⋅ r2 ⋅ h. - Leiten Sie die Formel her.
Berechnen Sie das Inhaltsvermögen, wenn das Glas in Gebrauchslage randvoll gefüllt wird.
6.51
Ein Halbkreis mit Radius r = 2 ist durch f (x) =
4 − x 2 beschrieben.
a) Geben Sie den Definitionsbereich an.
b) Berechnen Sie das Rotationsvolumen Vx.
c) Entwickeln Sie mittels Integralrechnung die Volumenformel der Kugel.
Hinweis: Kreisgleichung (oberer Halbkreis) lautet y = r 2 − x 2 .
1)
auch semikubische Parabel genannt; allgemeinere Form: a ⋅ y 2 = x3 mit a ∈ R* (Sonderfall: a = 1)
250
6 Integralrechnung
Rotation um die y-Achse
Die Gebrauchslage vieler Gegenstände wie z. B. oben offene Rundbehälter etc. lassen es
zweckmäßig erscheinen, geeignete Flächenstücke um die y-Achse rotieren zu lassen. Vom
Prinzip her ändert sich kaum etwas: Ein infinitesimales Flächenstück mit Radius x = f(y) ergibt
ein „hauchdünnes“ Zylinderscheibchen folgenden Volumens:
dVy = π ⋅ [ f(y)]2 ⋅ dy.
Das Rotations-Volumen resultiert als Summe aller (unendlich vielen) Zylinderscheibchen,
aufsummiert von y = a bis y = b:
b
V y = ∫ π ⋅[ f ( y )]2 dy oder
a
b
V y = π ⋅∫ [ f ( y )]2 ⋅ dy
(Rotation um die y-Achse).
a
Ź Beispiel: Ein Flächenstück, begrenzt durch die Neilsche Parabel mit f (x) = x x , x ∈ R+
0 , y-Achse
sowie y = 0 und y = 2, rotiert um die y-Achse. Das Rotationsvolumen ist gesucht.
Lösung: Aus y = x x folgt y 2 = x3 , also
2
2 4
7⎞ 3
⎡3 7⎤ 3 ⎛ 7
V y = π ∫ y 3 dy = π ⋅⎢ y 3 ⎥ = π ⋅⎜ 2 3 − 0 3 ⎟= π ⋅4 3 2 Ÿ Vy ≈ 6,785 VE.
⎣7 ⎦ 7 ⎝
⎠ 7
0
0
Hinweis: Stellen Sie den Sachverhalt graphisch dar. - Tragen Sie insbesondere eines der um die y-Achse
rotierenden Flächenstücke ein.
• Aufgaben
6.52
Der Rührbottich in einer Großbäckerei hat die Form eines Paraboloiden mit Innendurchmesser
d = 2,4 m und Höhe h = 1,2 m.
a) Berechnen Sie das aufzunehmende Teigvolumen, wenn der Bottich höchstens bis 20 cm
unterhalb der Oberkante befüllt werden darf.
b) Bei welcher Höhe wäre der Bottich halb gefüllt?
6.53
Die Dachkontur eines aufgeständerten runden Ausstellungspavillons lässt sich im Querschnitt
durch die folgenden Funktionen symbolisieren:
f a ( x) =−x 2 + 4 und fi ( x) =− 14 x 2 + 3 .
Stellen sie den Sachverhalt im Querschnitt graphisch dar und berechnen Sie
a) die Ständerlänge;
b) das umschlossene Dachvolumen.
6.54
a) In einem kugelförmigen Erdtank (Ød = 2 m) steht das Öl noch etwa 750 mm hoch. Berechnen
Sie die Ölmenge in Liter.
b) Wie hoch steht das Öl, wenn sich noch etwa 1.047 Liter im Tank befinden?
6.55
Die Schnittflächen einer Kugelzone haben die Durchmesser d1 = 12 dm und d2 = 16 dm. Berechnen Sie das Volumen, wenn der Kugeldurchmesser 20 dm beträgt.
*6.2 Die Integration als Umkehrung der Differentiation
251
*6.2 Die Integration als Umkehrung der Differentiation
6.2.1 Stammfunktion und unbestimmtes Integral
Der Hauptsatz der Infinitesimalrechnung steht für die wichtige Erkenntnis:
¾ Die Integration ist die Umkehrung der Differentiation.
Dieser bislang am bestimmten Integral orientierte Sachverhalt lässt sich verallgemeinern:
Definition 6.3
Gilt für Funktionen f und F mit gleichem Definitionsbereich die Aussage F '(x) = f(x),
so heißt F Stammfunktion von f.
Beispiel: F1 ( x) = x3 – x2 + x ist eine Stammfunktion von f (x) = 3x2 – 2x + 1, denn
F1 ' (x) = 3x2 – 2x + 1 = f (x).
Offensichtlich ist, dass
F2 ( x) = x3 – x2 + x + 1
F3 ( x) = x3 – x2 + x – 1
F4 ( x) = x3 – x2 + x – 5
ebenfalls Stammfunktionen von f sind.
Es lassen sich unendlich viele Stammfunktionen angeben:
F (x) = x3 – x2 + x + C steht für die Menge aller Stammfunktionen von f .
¾ Stammfunktionen von f unterscheiden sich höchstens durch eine additive Konstante C ∈ R.
Die Beweisführung basiert auf der Konstantenregel der Differentialrechnung.
Die in Bild 6.33 dargestellte Kurvenschar veranschaulicht den
Sachverhalt. Die einzelnen Kurven stehen für Graphen von
Stammfunktionen gleicher Charakteristik. Sie sind wegen der
unterschiedlichen additiven Konstante C lediglich in y-Richtung
parallel verschoben.
¾ Alle Kurvenpunkte mit gleicher Abszisse x0 haben dieselbe
Steigung (wieso ?).
Für das Beispiel lässt sich die Menge aller Stammfunktionen an
das „Aufleiten“ erinnernd mit einem Integralzeichen schreiben:
∫ (3x 2 − 2 x +1) dx = x3 − x 2 + x + C .
Bild 6.33
Die Kurvenschar von F(x) = ³ (3x2 – 2x +1) dx
Das unbestimmte Integral
Der neu eingeführte Operator – Integralzeichen ohne Integrationsgrenzen – wird unbestimmtes
Integral genannt. Der Aufforderungscharakter besteht darin, zu einer Funktion ƒ die Menge
aller Stammfunktionen F zu ermitteln. – Genaueres steht in nachfolgender Definition.
252
6 Integralrechnung
Definition 6.4
Es sei f eine stetige Funktion und F eine (beliebige) Stammfunktion von f.
Dann nennt man die Menge aller ihrer Stammfunktionen unbestimmtes Integral von f
und schreibt
∫ f ( x) = F ( x) + C , wobei C ∈ R Integrationskonstante heißt.
Integrationsregeln
Die dargestellten Zusammenhänge zwischen Differential- und Integralrechnung führen zu den
folgenden selbstverständlich anmutenden Integrationsregeln:
Satz 6.4
(1)
∫ dx = x + C
(Konstantenregel)
n+1
(3)
x
+ C , n ∈ N*
n +1
∫ c ⋅ f ( x ) dx = c ⋅ ∫ f ( x ) dx , c ∈ R
(4)
∫[ f ( x) ± g ( x)] dx = ∫ f ( x) dx ± ∫ g ( x) dx
(2)
∫ x n dx =
(Potenzregel)
(Faktorenregel)
(Summenregel)
Das Verifizierungsprinzip dient zur Beweisführung. Mittels Differentiation wird gezeigt, dass
die im Satz enthaltene Aussage wahr ist.
Für (2): F (x) =
x n+1
n +1 n
+ C ⇒ F '( x) =
x = x n = f ( x) .
n +1
n +1
Anhand der vorgestellten Regeln kann für beliebige ganzrationale Funktionen die Menge ihrer
Stammfunktionen ermittelt werden. Ist zusätzlich eine sog. Randbedingung gegeben, lässt sich
sogar speziell eine Stammfunktion bestimmen.
Ź Beispiel: Für f (x) = x2 – 2x + 1 ist die Stammfunktion anzugeben, deren Graph durch P(1|2) geht.
Lösung: Die Menge der Stammfunktionen von f ist gegeben durch
1
F (x) = ∫ ( x 2 − 2 x +1) dx = x3 − x 2 + x + C .
3
1
5
Zur Ermittlung von C bedarf es der Punktprobe mit P (1|2): 2 = ⋅13 −12 +1+ C ⇔ C = .
3
3
1
5
3
3
Die Funktionsgleichung y = x3 − x 2 + x +
steht für die gesuchte Stammfunktion von f.
Erweiterung der Potenzregel
Die Aussage ∫ x n dx =
sogar n ∈ R \ {– 1}.
x n+1
+ C gilt nicht nur für n ∈ N*, sondern auch für n ∈ Q \ {– 1} und
n +1
*6.2 Die Integration als Umkehrung der Differentiation
253
Beispiele
x−2+1
−1
1
∫ x 2 dx = (−1)⋅∫ x−2 dx =−−2+1 +C = x + C ,
1.
1
1
d. h. y = + C ist die Menge der Stammfunktionen von y = f (x) = – 2 für x ∈ R*.
x
x
1
1
− +1
1
1
−
1 x 2
∫ 2 x dx = 2 ⋅∫ x 2 dx = 2 ⋅ − 1 + C = x 2 + C = x + C ,
2
1
2.
d. h. y = x + C liefert die Menge der Stammfunktionen von y = f (x) =
1
2 x
für x ∈ R+.
¾ Sonderfall: n = – 1
Es bedarf zusätzlicher Überlegungen; hier lediglich das Ergebnis:
1
∫ x−1 dx = ∫ dx = ln x + C .
x
• Aufgaben
6.56
6.57
Geben Sie jeweils die Menge der Stammfunktionen an:
a) f1(x) = 3x5 – 4x3 + x;
b) f2(x) = 2⋅ x ;
d) f4(x) = x⋅ x ;
1
g) f7(x) = 3 ;
x
e) f5(x) = x 2 ;
2 1
h) f8(x) = ⋅ 4 ;
3 x
−
d) f4(x) = –
5x4
+
2x3;
3
6.61
i) f9(x) = x +
b) f2(x) = – x3 + x – 1;
e) f5(x) =
x4
–
3x2
1
.
x
+ 2;
c) f3(x) = 4 x3 − x 2 + 2 x +1 ;
3
f) f6(x) = 6 x5 + x3 − x +
b) durch P(– 2|5) geht.
Ermitteln Sie jeweils die Funktion f, wenn gilt
a) f '(x) = x2 – x – 6 und (−3 | 2,5) ∈ Gf ;
6.60
f) f6(x) = x 4 ;
Geben Sie jeweils die Funktion f an, für die f '(x) = 2x – 1 gilt und deren Graph
a) durch den Ursprung;
6.59
1
Geben Sie die Stammfunktionen so an, dass deren Graphen alle durch P(1|2) gehen:
a) f1(x) = 3x2 – 2x + 1
6.58
c) f3(x) = 3 x 2 ;
b) f ' (x) = x2 – 2x + 6 und (1| 43 ) ∈ Gf.
Berechnen Sie die Nullstellen der Funktion f mit f '(x) = 3x2 + 4x – 5 und (– 2|4) ∈ Gf.
Ermitteln Sie jeweils die Funktion f, wenn gilt
a) f "(x) = x – 2 und Gf berührt die x-Achse in N(–2|0);
b) f "(x) = 3x2 + 2x + 3 und Gf geht unter 45° durch den Ursprung.
6.62
Es sei f " (x) =
−1
, x ∈ R+.
x⋅ x
Ermitteln Sie die Funktion f so, dass ihr Graph durch P1(1|3) und P2(4|1) geht .
1
.
2
254
6 Integralrechnung
6.2.2 Die Berechnung bestimmter Integrale mit Hilfe von Stammfunktionen
Die in Abschnitt 6.1.2 vorgestellten Integrationsregeln für die Berechnung bestimmter Integrale ganzrationaler Funktionen lassen sich jetzt unter gewissen Voraussetzungen verallgemeinern.
Der Hauptsatz der Infinitesimalrechnung lautet nun wie folgt:
Satz 6.5
Es sei f eine im Intervall [a; b] stetige Funktion und F beliebige Stammfunktion von f.
Dann gilt
b
b
∫ f ( x) dx =⎣⎡ ∫ f ( x) dx ⎦⎤a = [ F ( x)]ba = F (b) − F (a) .
a
b
Beispiel: Es ist verständlich, Satz 6.1 auch so zu schreiben:
b
b
⎡ x n+1 ⎤
∫ x n dx =⎡⎣ ∫ x n dx ⎤⎦a =⎢ n +1 ⎥
⎣
a
⎦a
usw.
Da die Integrationskonstante sowieso heraus fällt (wieso ?), wählt man C = 0.
• Aufgaben
6.63
Berechnen Sie folgende bestimmte Integrale:
4
a)
d)
6.64
∫
8
x dx ;
b)
1
−1
−1
4
−2
dx ;
3
−2 x
∫
e)
2
∫ 3 x dx ;
∫(x
c)
1
∫ x2 dx ;
1
64 3
x − x ) dx ;
1
f)
x2
dx .
x
∫ x⋅
1
Gegeben sei die Funktion f (x) = x , x ∈ R+
0 . - Berechnen Sie den Flächeninhalt für
a) das von Funktionsgraph, x-Achse und der Geraden x = 4 eingeschlossene Flächenstück ;
b) das von Gf und dem Graphen der zu f inversen Funktion f –1 begrenzte Flächenstück.
6.65
Berechnen Sie die Größe des von beiden Funktionsgraphen eingeschlossenen Flächenstücks:
a) f1(x) = x mit x ∈ R+
0 und f2 (x) =
1
2
x;
c) f1(x) = 2⋅ 3 x mit x ∈ R+
0 und f2(x) = 2x;
6.66
2
b) f1(x) = 2⋅ x mit x ∈ R+
0 und f2 (x) = x – 3x.
1
5
1
d) f1(x) = − x 2 + und f2(x) = , x ∈ R+.
4
4
x
1
, x ∈ R*.
x2
a) Berechnen Sie die Maßzahl des Flächenstücks, das vom Funktionsgraphen, der x-Achse sowie
Es sei f (x) = −
den Geraden x =
1
4
und x = 2 begrenzt wird.
b) Wie groß wird der Flächeninhalt werden, wenn bei fester unterer Integrationsgrenze (x =
1
4
)
die obere Integrationsgrenze über alle Maßen wächst?
c) Wie wird sich der Flächeninhalt verändern, wenn bei fester oberer Integrationsgrenze
(x = 2) die untere Integrationsgrenze gegen 0 strebt?
255
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
7.1 Weitere Differentiationsregeln
Die vorgestellten Differentiationsregeln reichen nicht aus, jede in ihrem Definitionsbereich
differenzierbare Funktion auch tatsächlich abzuleiten. Dazu bedarf es zusätzlicher Regeln.
7.1.1 Produktregel
Werden zwei auf demselben Intervall differenzierbare Funktionen additiv miteinander verknüpft, so erhält man die Ableitungsfunktion durch gliedweises Differenzieren der Summanden (Summenregel). Für die multiplikative Verknüpfung gilt nichts Analoges:
Satz 7.1
Für differenzierbare Funktionen der Form f(x) = u(x) ⋅ν (x) gilt
f(x) = u(x) ⋅ ν (x) Ÿ f '(x) = u'(x) ⋅ ν (x) + u(x) ⋅ ν '(x)
(Produktregel).
Beweis: Gemäß Definition 5.1 ist
y ' = lim
x→ x0
u ( x)⋅ν( x) − u ( x0 )⋅ν( x0 )
, (x ≠ x0);
x − x0
eine sachdienliche Umformung führt auf
u ( x)⋅ν ( x) − u ( x0 )⋅ν ( x) + u ( x0 )⋅ν( x) − u ( x0 )⋅ν( x0 )
x − x0
x→ x0
y ' = lim
oder
[u ( x) − u ( x0 )]⋅ν( x) + u ( x0 )⋅[ν( x) − ν( x0 )]
x − x0
x→ x0
y ' = lim
u ( x) − u ( x0 )
ν( x) − ν( x0 )
⋅ν( x ) + lim u ( x0 )⋅
x − x0
x − x0
x→ x0
x→ x0
⇒ y ' = lim
⇒ y ' = lim
x→ x0
u ( x ) − u ( x0 )
ν ( x) − ν( x0 )
⋅ lim ν( x) + lim u ( x0 )⋅ lim
x − x0
x − x0
x→ x0
x→ x0
x→ x0
⇒ y ' = u '( x0 )⋅ν( x0 ) + u ( x0 )⋅ν '( x0 ) oder auch
y' = u'(x) ⋅ν (x) + u(x) ⋅ν '(x).
Ź Beispiel: Zu differenzieren ist die Funktion y = f (x) = x2 ⋅ x3.
Lösung: Mit u(x) = x2 Ÿ u'(x) = 2x bzw. ν (x) = x3 Ÿ ν '(x) = 3x2 erschließt sich
y = x2 ⋅ x3 Ÿ y' = 2x ⋅ x3 + x2 ⋅ 3x2 oder y' = 5x4, was sich mittels Potenzregel bestätigt.
256
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
• Aufgaben
7.1
Differenzieren Sie je einmal unter Anwendung der Produktregel:
a) f 1(x) = (x2 + 2) (x3 – 1);
7.2
7.3
c) f 3(x) = (x4 – 1) (x4 – x2 – 1).
Ebenso:
a) f 1(x) = x⋅ x ;
b) f 2(x) = x ⋅ 3 x ;
c) f 3(x) = ( x +1)( x −1) ;
d) f 4(x) = (x2 – x + 1) ⋅ x ;
e) f 5(x) = (x2 – 2x) ( x −1) ;
f) f 6(x) = ( x +1)( x 2 −1) .
Es gilt (sin x)' = cos x bzw. (cos x)' = – sin x. - Geben Sie die 1. Ableitungsfunktion an für
a) f 1(x) = x ⋅ sin x;
7.4
b) f 2(x) = (1- x3) (x3 – x2);
b) f 2(x) = x2 ⋅ cos x; c) f 3(x) = sin x ⋅ cos x;
d) f 4(x) = sin x – x ⋅ cos x.
1
Ebenso, wenn gilt (ex)' = ex (!) bzw. (ln x)' = :
x
a) f 1(x) = x ⋅ ln x;
b) f 2(x) = x2 ⋅ ln x;
d) f 4(x) = x ⋅ ex;
e) f 5 (x) = ex ⋅ sin x;
1
⋅ ln x;
x
f) f 6(x) = ex ⋅ ln x.
c) f 3(x) =
¾ Die e-Funktion ist die einzige Funktion, deren Ableitung wiederum die e-Funktion ist.
7.1.2 Quotientenregel
Sie ist wichtig für gebrochen-rationale Funktionen und kann wie folgt formuliert werden:
Satz 7.2
Es sei f(x) =
u ( x)
ν( x)
Dann gilt f ( x) =
Beweis: y =
eine in ihrem Definitionsbereich differenzierbare Funktion mit v(x)  0.
u ( x)
ν( x)
⇒ f '( x) =
u '( x)⋅ν( x) − u ( x)⋅ν '( x)
ν 2 ( x)
(Quotientenregel).
u ( x)
⇔ u ( x) = y ( x)⋅ν( x)
ν( x)
⇒ u '( x ) = y '( x)⋅ν( x) + y ( x)⋅ν '( x)
⇔ y '( x) =
u '( x) − y ( x)⋅ν '( x)
; mit
ν( x)
u ( x)
⋅ν '( x)
ν( x)
ν( x)
u '( x) −
y '( x) =
y '( x) =
oder
u '( x) ν( x) − u ( x) ν '( x)
ν 2 ( x)
.
y ( x) =
u ( x)
ν( x)
folgt
7.1 Weitere Differentiationsregeln
257
Ź Beispiel: Zu bestimmen ist die 1. Ableitung der Funktion y =
x
, x ∈ R.
x 2 +1
Lösung: Mit u(x) = x Ÿ u'(x) = 1 bzw.ν (x) = x2 + 1 Ÿ ν '(x) = 2x erschließt sich
y=
x
1⋅( x 2 +1) − x⋅2 x −x 2 +1
⇒ y '=
= 2
x +1
( x 2 +1) 2
( x +1) 2
2
oder
y '=
1− x 2
.
(1+ x 2 ) 2
• Aufgaben
7.5
7.6
Differenzieren Sie je einmal mittels Quotientenregel:
x 4 −1
x2
x3 − x +1
;
;
c) f3 ( x) = 4
;
b) f 2 ( x) =
a) f1 ( x) = 2
2
x +1
x −4
x
d) f 4 ( x) =
1+ x
;
1− x
Bilden Sie die 1. Ableitung der Tangens- und der Kotangensfunktion.
Hinweis: Es gilt tan x :=
sin x
cos x
bzw. cot x :=
.
cos x
sin x
2x
mit x ∈ R \ {– 1}.
x +1
Geben Sie die Funktionsgleichung der Tangente in B(1|yB) an.
7.7
Es sei f (x) =
7.8
Es sei f (x) =
x +1
mit x ∈ R \ {1}.
x −1
a) In welchen Punkten berühren Geraden mit der Steigung m = – 2 den Graphen von f ?
b) Erstellen Sie die zugehörigen Tangentengleichungen.
7.9
3
3
Gegeben seien f1(x) =− x 2 + c mit x ∈ R und f2(x) =
mit x ∈ R \ {1}.
4
x −1
a) Berechnen Sie, für welche Abszisse x0 beide Funktionsgraphen dieselbe Steigung haben.
b) Bestimmen Sie c ∈ R so, dass sich die beiden Graphen berühren.
c) Skizzieren Sie den für b) geltenden Sachverhalt.
7.10
1+ 3 x
mit x ∈ R \ {1}.
1− x
Berechnen Sie, in welchen Punkten P ∈ Gf es Tangenten gibt, die durch den Ursprung gehen.
Es sei f (x) =
7.1.3 Kettenregel
Ein mehrmaliges Ableiten mittels Quotientenregel führt wegen des Nennerpolynoms ν 2(x)
auf Funktionsterme, die mit den bislang vorgestellten Differentiationsregeln nur unter zusätzlicher zeitraubender Anwendung der Produktregel zu differenzieren sind. Grund genug, eine
der wichtigsten Differentiationsregeln überhaupt vorzustellen, die Kettenregel. Sie bezieht sich
auf verkettete oder zusammengesetzte Funktionen, auf deren Besonderheiten zunächst anhand
eines Beispiels hinzuweisen ist:
258
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Die Funktion mit der Funktionsgleichung
y = F(x) = (3x – 1)2
setzt sich zusammen aus einer Funktion z := g(x) = 3x – 1, auf die danach die Funktionsvorschrift f(z) = z2 angewandt wird.
Also: Jeder Zahl x ∈ R ordnet man direkt einen Funktionswert F(x) = (3x – 1)2 zu oder es wird
– zunächst z = g(x) = 3x – 1 ermittelt und
– dann f(z) = z2 gebildet.
Beides läuft auf dasselbe hinaus; z. B. ist
F(1) = (3 ⋅ 1 – 1)2 = 4 oder aber
z(1) = g(1) = 3 ⋅ 1 – 1 = 2 Ÿ f(2) = 4.
Man nennt F eine zusammengesetzte Funktion und definiert allgemein wie folgt:
Definition 7.1
Eine Funktion der Form
F(x) = f [g(x)] mit x ∈ DF heißt zusammengesetzte Funktion.
Sie stellt in der Reihenfolge „ f nach g“ die Verkettung der Funktionen g mit f (z) dar,
wobei z = g (x).
Die Funktion g heißt innere, die Funktion f äußere Funktion.
Bild 7.1 veranschaulicht die Definition und unterstreicht, dass sich F(x) = f [g(x)] über den
„Umweg“ einer Verkettung von g mit f ergibt,
wobei die Reihenfolge wesentlich ist.
Bild 7.1 f ° g: f nach g
Beispiele
zusammengesetzte Funktion F
äußere Funktion f
innere Funktion g
a) F(x) = (2x – 1)3
f (z) = z3
z = g(x) = 2x – 1
⎛ 1− x ⎞2
b) F(x) =⎜
⎟
⎝ 1+ x ⎠
f (z) = z2
z = g(x) =
c) F(x) = x 2 −1
f (z) = z
z = g(x) = x2 – 1
d) F(x) = sin 2x
f (z) = sin z
z = g(x) = 2x
f (z) = ln z
z = g(x) =
e) F(x) = ln
1
x
1− x
1+ x
1
x
7.1 Weitere Differentiationsregeln
259
Hinweis: Die Variable der äußeren Funktion mit z zu bezeichnen, dient lediglich zur Unterscheidung von
der Variablen der inneren Funktion; man könnte auch wie gewohnt x verwenden.
Definitionsbereich von DF
Ohne auf Feinheiten eingehen zu wollen:
DF = Dg oder aber DF ⊂ Dg (kürzer: DF ⊆ Dg).
Beispiel 1: F1(x) = (x2 – 1)2
Beispiel 2: F2(x) = x 2 −1
Ÿ Dg = R, also
DF1 = R;
DF2 = R \ ]– 1; + 1[.
Für die Differentiation zusammengesetzter Funktionen gilt Folgendes:
Satz 7.3
Für zusammengesetzte differenzierbare Funktionen der Form y = f [g(x)] mit
y = f(z) und z = g(x) gilt
y = f [ g ( x) ] ⇒ y ' = f '( z )⋅ g '( x)
(Kettenregel).
Andere Schreibweisen: y = f [g(x)] Ÿ y' = f ' (z) z' oder
dy
dy dz
:= y ' = ⋅ .
dx
dz dx
¾ Merkregel: „Äußere Ableitung mal innere Ableitung.“
Ź Beispiel 1: Die Funktion y = f (x) = (1 – x)2 ist mittels Kettenregel abzuleiten.
Lösung: Es ist y = f [g(x)] = (1 – x)2 mit f (z) = z2 und z = g(x) = 1 – x; somit gilt
f ' (z) = 2z bzw. z' = g'(x) = – 1 und schließlich mit
y' = f '(z) ⋅ z' = 2z ⋅ (– 1) oder
y' = 2 (1 – x) ⋅ (– 1) ⇔ y' = – 2 (1 – x),
was sich auch durch Ausmultiplizieren von y = (1 – x) und anschließendem Differenzieren ergibt.
Ź Beispiel 2: Ebenso für y = x 2 −1 .
Lösung: Es ist y = f [g(x)] mit f(z) = z und z = g(x) = x2 – 1; somit gilt
1
bzw. z' = g'(x) = 2x und schließlich
f '(z) =
2 z
1
x
⋅2 x ⇒ y ' =
.
y' = f ' (z) ⋅ z' Ÿ y' =
2
2 z
x −1
Hinweis: Mit etwas Übung kann auf die Zerlegung in Teilfunktionen verzichtet werden.
Ausweitung der Kettenregel
Sind Funktionen durch mehr als zwei Teilfunktionen miteinander verkettet, lässt sich die
Kettenregel ebenfalls anwenden; so gilt z. B.
y = f (g [h(x)]) Ÿ y' = f ' (g [h(x)]) ⋅ g' [h(x)] ⋅ h'(x).
260
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Mit z := g(u) und u := h(x) lässt sich die 1. Ableitungsfunktion anschaulicher angeben:
y '=
Beispiel:
dy dy dz du
= ⋅ ⋅ .
dx dz du dx
(sin 2 x ) ' = cos 2 x ⋅
1
2⋅ 2 x
⋅2
dy
dz
du
=:
=:
dz
du
dx
Ausblick: Für noch mehr ineinander verschachtelte Funktionen muss die Kettenregel entsprechend oft
angewandt werden .
=:
• Aufgaben
7.11
Differenzieren Sie mittels Kettenregel:
a) f 1(x) = (3x2 – 4x)2;
7.12
b) f 2(x) = (2x2 – 1)3;
Ebenso:
a) f 1(x) =
2x
;
( x+1) 2
b) f 2(x) =
x2
;
(2 x −1)3
c) f 3(x) =
(2 x −1)3
;
(1− 3 x 2 )4
⎛ x3 ⎞2
e) f 5(x) =⎜
⎜ x 2 −1 ⎟
⎟ ;
⎝
⎠
⎛ x 2 + a 2 ⎞3
f ) f 6(x) =⎜
⎜ x2 − a2 ⎟
⎟ , (a ∈ R).
⎝
⎠
a) f 1(x) = 1− 2x ;
b) f 2(x) = x 2 − 2 x − 3 ;
c) f 3(x) =
d) f 4(x) = 2 x3 ⋅ 3 x −1 ;
e) f 5(x) =
⎛ 1+ x ⎞2
d) f 4(x) =⎜
⎟ ;
⎝ 1− x ⎠
7.13
c) f 3(x) = (x2 – 3x – 1)4.
Ebenso:
x⋅ x −1
;
x +1
7.14
Erstellen Sie für den Graphen zur Funktion
7.15
Gegeben seien f1(x) =
x+2
;
x −3
f ) f 6(x) = x − 1− x .
1+ y
= 4 x 2 die Gleichung der Tangente in B(0|yB) .
1− y
2
mit x ∈ R \ {0} und f2(x) =
x
x 2 − 3 mit x ∈ Df2.
a) Bestimmen Sie die Definitionsmenge Df2.
b) Berechnen Sie, unter welchem Winkel sich die Graphen beider Funktionen schneiden.
c) Skizzieren Sie den Sachverhalt im Koordinatensystem.
7.16
Abseits von einer geradlinig verlaufenden Landstraße liegt in 450 m
Entfernung eine Neubausiedlung S (Bild 7.2), die an das Gasversorgungsnetz angeschlossen werden soll.
Berechnen Sie, wie die Gasleitung am kostengünstigsten von der
bereits vor längerer Zeit eingerichteten Übergabestation Ü zur Siedlung hin verlegt werden kann, wenn das Verlegen der Rohre entlang
der Seitenstraße bzw. quer durch das Gelände 10 mal soviel kostet
wie eine Verlegung parallel zur Landstraße .
Bild 7.2
7.2 Kurvendiskussion gebrochen-rationaler Funktionen
7.17
261
Die Teilnehmer einer Rallye erfahren am Kontrollpunkt A (Bild
7.3), dass sie als Nächstes einen im Gelände liegenden Kontrollpunkt B anzufahren haben. Weiter wird ihnen bekannt gegeben,
dass es die örtlichen Gegebenheiten zulassen, auf der Landstraße
im Mittel ν1 = 80 km/h, im Gelände aber nur ν2 = 20 km/h zu
fahren. An welcher Stelle P sollten die Motorsportler die Landstraße verlassen, um schnellstens B zu erreichen ?
Hinweis: Die Koordinaten von B sind km-Angaben.
7.18
Bild 7.3
Eine zwischen den Orten A und B geradlinig verlaufende Bundesstraße (Bild 7.4) stellte bislang
die einzige Möglichkeit dar, um vom Küstenort C zum Küstenort D zu fahren.
Um diesem Umstand abzuhelfen, soll eine Eckverbindung mit
Kreuzung K wie dargestellt gebaut werden. Berechnen Sie, in
welcher Entfernung von A die Kreuzung K vorzusehen ist, damit
die Strecke von C nach D möglichst kurz wird. Maße wie folgt:
| AB | = 12 km, | AD | = 3 km, | BC | = 5 km; AD , BC
AB .
Bild 7.4
7.2 Kurvendiskussion gebrochen-rationaler Funktionen
Mit Kenntnis von Quotienten- und Kettenregel lässt sich nun die bereits praktizierte Form der
Kurvenuntersuchung auf gebrochen-rationale Funktionen übertragen. Neben der Bestimmung
von Schnittpunkten mit den Koordinatenachsen, Extrem- und Wendepunkten ist eine Untersuchung hinsichtlich der Definitionslücken, Polstellen und Lücken des Funktionsgraphen sowie
der Asymptoten vonnöten. Die in Abschnitt 4.1.3 gewonnenen Erkenntnisse kommen ebenso
voll zum Tragen wie auch das im Zusammenhang mit der Nullstellenbestimmung ganzrationaler Funktionen vorgestellte Verfahren der Gebietseinteilung (→ Abschnitt 2.3.3).
Ź Beispiel 1: Die Funktion f (x) =
Lösung: Mit y =
2x
ist zu diskutieren.
x −1
2
P( x)
2x
:=
bietet sich folgendes Verlaufsschema der Kurvendiskussion an:
Q ( x) x 2 −1
a) Angabe des max. Definitionsbereichs
Nenner Q(x) = 0: x2 – 1 = 0 ⇔ x = 1 ∨ x = – 1 Ÿ Df = R \ {– 1, + 1}.
b) Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen
y-Achse: x = 0 Ÿ y = 0
x-Achse: y = 0 Ÿ x = 0
Ÿ Funktionsgraph geht durch den Ursprung .
c) Polstellen und Lücken
Die Definitionslücken x = 1 bzw. x = – 1 liefern keine Lücken des Funktionsgraphen, weil die Linearfaktoren (x – 1) bzw. (x + 1) im Zählerpolynom P(x) nicht auftreten.
Zwecks Polstellen-Bestätigung sind die Grenzwerte für x → – 1 ± 0 bzw. x → + 1 ± 0 zu ermitteln:
262
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Grenzwert für x → – 1
⎛
⎛ 1⎞
1⎞
2⎜−1− ⎟
−2n⎜1+ ⎟
2x
⎝
⎝ n⎠
n⎠
= lim
= lim
=−∞
gl = lim
2
2
1
x→−1−0 x −1 n→∞⎛
n→∞
1⎞
+
2
−
−
−
⎜ 1
⎟ 1
n
⎝
n⎠
⎛
⎛
1⎞
1⎞
−2n⎜−1+ ⎟
2⎜−1+ ⎟
2x
⎝
⎝
n⎠
n⎠
= lim
= lim
=+∞
g r = lim
2
1
x→−1+0 x 2 −1 n→∞⎛
n
→∞
1⎞
2−
⎜−1+ ⎟ −1
n
⎝
n⎠
Ÿxp = – 1 ist Polgerade .
Grenzwert für x → + 1:
⎛
1⎞
2⎜+1− ⎟
2x
⎝
n⎠
= lim
= ... =−∞
gl = lim
2
x→+1−0 x 2 −1 n→∞⎛
1⎞
+
−
−
1
1
⎜
⎟
⎝
n⎠
⎛
1⎞
2⎜+1+ ⎟
2x
⎝
n⎠
= lim
= ... =+∞
g r = lim
2
x→+1−0 x 2 −1 n→∞⎛
1⎞
+
+
−
1
1
⎜
⎟
⎝
n⎠
Ÿ xp = + 1 ist Polgerade .
d) Asymptoten
Es müssen die Grenzwerte für x → ± ∞ bestimmt werden:
2x
2
=+0
⎛
1 ⎞
x→+∞
x⎜1− 2 ⎟
⎝ x ⎠
Ÿ yA = 0 ist Asymptote.
g1 = lim
x→+∞ x 2 −1
= lim
g 2 = lim
2x
x→−∞ x 2 −1
2
=−0
⎛
1 ⎞
x→−∞
x⎜1− 2 ⎟
⎝ x ⎠
= lim
e) Extrema
f '( x) =
2( x 2 −1) − 2 x⋅2 x
x 2 +1
; die notwendige Bedingung für Extremstellen führt auf
=−2 2
2
2
( x −1)
( x −1) 2
x2 + 1 = 0 ⇔ x2 = – 1 Ÿ keine Extrema !
f) Wendepunkte
f "( x) =−2⋅
f "( x) =−4
2 x ( x 2 −1)2 − ( x 2 +1)⋅2( x 2 −1)⋅2 x
( x 2 −1)4
(kürzen !)
x ( x 2 −1) − ( x 2 +1)⋅2 x
−x3 − 3 x
=−4 2
; die notwendige Wendepunkte-Bedingung liefert
2
3
( x −1)
( x −1)3
– x3 – 3x = 0 ⇔ x (x2 + 3) = 0. Einzige Lösung ist x1 = 0, denn x2,3 ∉ R, also Wp(0|0).
g) Graph
Der qualitative Kurvenverlauf ergibt sich mittels Gebietseinteilung fast zwangsläufig:
y=
2x
⇔ y (x2 – 1) = 2x ⇔ y (x + 1) (x – 1) = 2x;
x 2 −1
beim Überschreiten der Geraden x = – 1, x = + 1 und x = 0 ändert y jedes Mal das Vorzeichen.
7.2 Kurvendiskussion gebrochen-rationaler Funktionen
263
4
Da z. B. f (2) = 3 , resultieren „erlaubte“ bzw. „verbotene“
Gebiete unter Berücksichtigung des „Schachbretteffektes“
wie in Bild 7.5 zusammen mit dem Graphen dargestellt.
Bild 7.5
Graph von f ( x) =
2x
, x ∈ R \ {– 1, + 1}
x 2 −1
Hinweis: Die Gebietseinteilung vermag die häufig mühsame Grenzwertbetrachtung hinsichtlich der Polstellen einer Funktion zu ersetzen; denn von der Anschauung her erschließt sich, auf welche Weise die
Annäherung des Funktionsgraphen an die Polgeraden erfolgt.
Der Funktionsgraph schneidet seine waagerechte Asymptote, was durchaus nicht selten ist.
Rechnerisch nachzuweisen ist die Schnittstelle mittels Schnittpunktbedingung:
2x
x 2 −1
y=0
y=
Ÿ
2x
=0 ⇔ x=0 .
x 2 −1
Symmetrieverhalten
Der Funktionsgraph zeigt Punktsymmetrie zum Ursprung, was sich wie folgt nachweisen lässt:
Bedingung: f (x) = -f (-x), also
2x
2(−x)
; wahre Aussage!
=−
x 2 −1
(−x) 2 −1
Symmetriekriterien
Die bekannten Symmetrieeigenschaften lassen sich verallgemeinernd wie folgt angeben:
Satz 7.4
Es sei f(x) =
P ( x)
eine gebrochen-rationale Funktion.
Q( x)
Dann kennzeichnet den Graphen von f
– Achsensymmetrie zur y-Achse, wenn die Graphen von Zähler- und Nennerfunktion
beide entweder achsensymmetrisch zur y-Achse oder punktsymmetrisch zum Ursprung sind;
– Punktsymmetrie zum Ursprung, wenn die Zählerfunktion Achsensymmetrie zur
y-Achse und die Nennerfunktion Punktsymmetrie zum Ursprung aufzeigt oder umgekehrt.
Beweis: Es gilt f ( x) =
P ( x)
P(−x)
⇒ f (−x) =
.
Q( x)
Q(−x)
264
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Zeigen dann die Zählerfunktion P(x) und die Nennerfunktion Q(x) beide Achsensymmetrie zur
y-Achse, ergibt sich
f (−x) =
P (−x)
P ( x)
⇒ f (−x) =
⇒ f (−x) = f ( x) .
Q(−x)
Q( x)
Herrscht sowohl für die Zähler- als auch die Nennerfunktion Punktsymmetrie zum Ursprung,
lässt sich schlussfolgern
f (−x) =
P (−x)
−P ( x)
⇒ f (−x) =
⇒ f (−x) = f ( x) .
Q(−x)
−Q( x)
Die Beweisführung für den 2. Teil des Satzes verläuft entsprechend.
Der in Bild 7.5 dargestellte Graph von f(x) =
P(x) = 2x ist punktsymmetrisch
Q(x) = x2 – 1 ist achsensymmetrisch
2x
x 2 −1
veranschaulicht die Ausführungen:
Ÿ Gf zeigt Punktsymmetrie.
¾ Die Graphen gebrochen-rationaler Funktionen sind asymmetrisch, wenn Zähler- oder1)
Nennerpolynom keine Symmetrieeigenschaften aufweisen.
Ź Beispiel 2: Die Funktion f (x) =
2 x3 − 2 x 2 + 2 x
ist zu diskutieren.
x3 + x
Lösung (verkürzt wiedergegeben):
a) Angabe des max. Definitionsbereichs
Q(x) = 0: x3 + x = 0 ⇔ x (x2 + 1) = 0 Ÿ Df = R*.
b) Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen
y-Achse: (x = 0) – Vorsicht ! Grenzwertbetrachtung erforderlich !
x-Achse: y = 0 Ÿ x3 – x2 + x = 0 ⇔ x (x2 – x + 1) = 0; man erhält x1 = 0, wobei x2,3 ∉ R.
c) Polstellen und Lücken
Für x = 0 werden sowohl der Zähler als auch der Nenner 0; die Definitionslücke liefert eine Lücke des
Funktionsgraphen (vgl. Definition 4.6):
2 x3 − 2 x 2 + 2 x
2 x( x 2 − x +1)
gl = lim
= lim
=2 ,
3
x→−0
x→−0
x +x
x( x 2 +1)
2 x3 − 2 x 2 + 2 x
= ... = 2 also Lücke für L(0|2); keine Polstellen !
x→+0
x3 + x
g r = lim
Hinweis: Zweckmäßigerweise wird mit dem gekürzten Funktionsterm weiter gerechnet .
1)
oder ist hier im mathematischen Sinne gebraucht
7.2 Kurvendiskussion gebrochen-rationaler Funktionen
265
d) Asymptoten
2x2 − 2 x+ 2
= ... = 2
x→+∞
x 2 +1
g1 = lim
2 x2 − 2 x + 2
= ... = 2
x→−∞
x 2 +1
Ÿ yA = 2 ist Asymptote.
g 2 = lim
e) Extrema
y ' = 2⋅
x 2 −1
( x 2 +1) 2
Ÿ x2 – 1 = 0 ⇔ (x + 1) (x – 1) = 0.
y' = 0
Man erhält x4 = 1 mit Funktionswert y4 = 1 und x5 = – 1 mit Funktionswert y5 = 3.
Art der Extrema
y "= 4x
−x 2 + 3
,
( x 2 +1)3
also ist
y" (1) = 1 > 0 Ÿ TP(1|1) bzw.
y" (– 1) = – 1 < 0 Ÿ HP(–1|3).
f) Wendepunkte
y " = 4 x⋅
−x 2 + 3
( x 2 +1)3
Ÿ x (– x2 + 3) = 0 Ÿ x = 0 (s. oben!) ∨ x2 = 3.
y" = 0
Es ergeben sich x6 = 3 und x7 = – 3 mit Funktionswerten y6 ≈ 1,13 und y7 ≈ 2,87.
g) Graph
Unter Berücksichtigung „erlaubter“ bzw. „verbotener“ Gebiete ergibt sich Gf qualitativ gemäß Bild 7.6.
Der Funktionsgraph schneidet wiederum seine waagerechte Asymptote, wie folgende Rechnung zeigt:
2x2 − 2x + 2
x 2 +1
y=2
y=
Ÿ 2x2 – 2x + 2 = 2 (x2 + 1) ⇔ x = 0 (ĺ Lücke, s. o.).
Bild 7.6
Graph von f ( x) =
Hinweis:
2 x3 − 2 x 2 + 2 x
, x ∈ R*
x3 + x
Gf ist nicht punktsymmetrisch zum Ursprung, wohl aber punktsymmetrisch zu P(0|2), was
hier nicht bewiesen werden soll.
Schiefe Asymptoten
Bislang diskutierte gebrochen-rationale Funktionen führten bei Ermittlung des Grenzwertes
für x → ± ∞ auf waagerechte Asymptoten. Dieser Sachverhalt ist nicht immer gegeben, wie
das folgende Beispiel zeigt:
266
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Ź Beispiel: Für f(x) =
x2 − 2 x −3
ist die Funktionsgleichung der schiefen Asymptote anzugeben.
x −1
Lösung
Der Funktionsterm ist mittels Polynomdivision aufzuschlüsseln.
Das läuft für x ∈ R \ {1} wie folgt ab:
−4
(x2 – 2x – 3) : (x – 1) = x – 1 +
.
x −1
– (x2 – x)
–x–3
– (– x + 1)
–4
Es gilt demnach
f (x) =
x2 − 2 x −3
−4
,
⇔ f ( x) = x −1+
x −1
x −1
wobei
R(x)= x−1 und
P( x)
−4
−4
:=
mit lim
=0 .
Q ( x) x −1
x→±∞ x −1
Die Gerade yA mit der Funktionsgleichung A(x) = x – 1 ist schiefe Asymptote des Funktionsgraphen, d. h.
der Graph von f kommt dieser Geraden für x → ± ∞ beliebig nahe.
Bild 7.7 zeigt den Sachverhalt, wie er sich nach vollständiger Kurvendiskussion (Aufgabe!) ergibt.
Bild 7.7
Graph von f ( x) =
x2 − 2 x −3
, x ∈ R \ {1}
x −1
Der Sachverhalt bedarf der Verallgemeinerung:
Definition 7.2
f(x) =
P( x)
sei gebrochen-rationale Funktion mit voll gekürztem Funktionsterm.
Q( x)
Gilt dann
lim [ f ( x) − (mx + b)] = 0 ,
x → ±∞
so heißt die Gerade mit A(x) = mx + b (m, b ∈ R) Asymptote des Graphen von f.
Diese Definition schließt für m = 0 die waagerechten Asymptoten ein.
Für m ∈ R* existieren schiefe Asymptoten, deren Funktionsgleichungen sich mittels Polynomdivision erstellen lassen:
f ( x) =
P ( x)
P ( x)
⇔ f ( x ) = R ( x) +
, wobei
Q( x)
Q( x)
R(x) = mx + b und
P( x)
= 0.
x → ±∞ Q( x)
lim
7.2 Kurvendiskussion gebrochen-rationaler Funktionen
267
Asymptotenkriterien
Der Graph einer gebrochen-rationalen Funktion mit vollständig gekürztem Funktionsterm hat
genau dann eine schiefe Asymptote, wenn gilt:
¾ Der Grad des Zählerpolynoms P(x) ist genau um 1 größer als der Grad des Nennerpolynoms Q(x).
Zusammenfassend nochmals die unterschiedlichen Fälle:
1. np < nQ
Ÿ x-Achse ist waagerechte Asymptote: A(x) = 0;
1
x 2 −1
Beispiele: y = , y = 3 .
x
x
2. np = nQ
Ÿ Parallele zur x-Achse ist waagerechte Asymptote: A(x) = b (b ∈ R);
2 x −3
2
x3 − 8
⇒ A( x) = ; y =
⇒ A( x) = 12 .
Beispiele: y =
3x + 4
3
2 x3
3. np = nQ + 1 Ÿ schiefe Asymptote (Polynomdivision!): A(x) = mx + b (m ∈ R*, b ∈ R);
x3
x 2 +1
⇒ A( x) = x; y =
⇒ A( x) = x −1 .
Beispiele: y = 2
x +1
x −1
¾ Ist der Grad des Zählerpolynoms um mehr als 1 größer als der Grad des Nennerpolynoms,
ergeben sich keine Asymptoten. Der Funktionsgraph zeigt dann asymptotische Annäherung
an den Graphen einer ganzrationalen Funktion R(x) mindestens 2. Grades, die sich wiederum durch Polynomdivision ergibt.
x3
schmiegt sich für x → ± ∞ beliebig dicht an die Parabel mit der
x −1
x3
1
Funktionsgleichung y = x2 + x + 1 an; denn f(x) =
⇔ f (x) = x2 + x + 1 +
, wobei
x−1
x−1
P( x)
1
1
:=
mit lim
R(x): = x2 + x + 1 und
=0 .
Q ( x) x −1
x→±∞ x −1
Beispiel: Der Graph von f (x) =
• Aufgaben
7.19
7.20
Führen Sie Kurvendiskussionen durch:
a) f1(x) =
1
;
1− x 2
b) f2(x) =
2x
;
x −9
c) f3(x) =
x 2 −1
;
x2 − 4
d) f4(x) =
x2 + x
;
x + x −6
e) f5(x) =
4
;
x +1
f) f6(x) =
x2 −9
;
x2 +3
g) f7(x) =
36 − x 2
;
12 + x 2
h) f8(x) =
x2 + 4 x + 4
.
x2 − 4 x + 4
2
2
2
Ebenso:
a) f1(x) =
2 x +1
;
x2
b) f2(x) =
x2 + x − 2
;
x2
c) f3(x) =
10 x 2 −10 x − 20
;
x3
d) f4(x) =
x2 + x − 6
;
x 2 − 2 x +1
e) f5(x) =
x2 − 2 x
;
x 2 −1
f ) f6(x) =
x2 − x − 6
.
x2 + x − 6
Hinweis: Die Funktionsgraphen schneiden ihre Asymptoten.
268
7.21
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Ebenso:
a) f1(x) =
7.22
x +1
x3 − x 2 − 2 x
;
b) f2(x) =
x3 − 2 x 2 + x
;
x3 − 2 x 2 − x + 2
c) f3(x) =
x 4 +18 x 2 −12
.
x3
x2 − 4
sowie f2(x) = 1 x2 + c.
4
x2
a) Bestimmen Sie c ∈ R so, dass sich die Graphen beider Funktionen berühren.
Gegeben seien die Funktionen f1(x) =
b) Erstellen Sie die Funktionsgleichung der gemeinsamen Tangente im Berührpunkt B(xB|yB) mit
xB ∈ R+. - Berechnen Sie, in welchem Punkt diese Tangente Gf1 schneidet.
c) Stellen Sie den gesamten Sachverhalt graphisch dar.
7.23
4 x 2 + 4 x −8
, x ∈ R*.
x2
a) Berechnen Sie, in welchem Punkt B eine Tangente parallel zur 1. Winkelhalbierenden den
Funktionsgraphen berührt.
Es sei f (x) =
b) In welchem Punkt S schneidet diese Tangente den Funktionsgraphen ?
c) Stellen Sie den Sachverhalt graphisch dar, indem Sie eine für diese Problemstellung erforderliche Kurvendiskussion durchführen.
7.24
7.25
Führen Sie eine Kurvendiskussion durch:
a) f1(x) =
x2
;
x−1
b) f2(x) =
x 2 + 3 x +1
;
x
c) f3(x) =
−x 2 + 3 x − 3
;
x−2
d) f4(x) =
x 2 + 3x + 3
;
x +1
e) f5(x) =
−x 2 − 2 x −1
;
x+ 2
f) f6(x) =
x 2 − 2 x +1
.
| x|
−x3 + x 2 + 3 x − 2
;
x2
b) f2(x) =
−3 x3 + 24
;
4 x 2 +8 x + 4
c) f3(x) =
x3 + 3x 2 + 3 x − 7
.
x2 + 4x + 4
Ebenso:
a) f1(x) =
7.26
ax 2 + bx + c
weist einen Funktionsgraphen auf, der durch P(1|2)
x
geht und die Winkelhalbierende des 1. Quadranten als schiefe Asymptote hat.
Eine Funktion der Form y =
Bestimmen Sie die Koeffizienten a, b, c ∈ R und führen Sie eine Kurvendiskussion durch.
7.27
Eine gebrochen-rationale Funktion der Form y =
ax
sei für x ∈ R \ {–2,+2} definiert.
x2 +b
Bestimmen Sie a, b ∈ R so, dass der Funktionsgraph im Ursprung eine Steigung von m0 = –
3
4
aufweist. – Diskutieren Sie anschließend die Funktion.
7.28
Es sei f(x) =
ax 2 + b
mit a, b, c ∈ R.
x2 + c
Bestimmen Sie die Koeffizienten so, dass der Graph von f durch P1(– 2|0) und P2(0|2) geht und
einen Wendepunkt mit xWp = + 1 aufweist. – Führen Sie danach eine Kurvendiskussion durch.
7.2 Kurvendiskussion gebrochen-rationaler Funktionen
7.29
269
ax3 + bx + c
berührt die x-Achse für
x2
x1 = 1 und geht durch P(2|1). - Diskutieren Sie die Funktion.
Der Graph einer gebrochen-rationalen Funktion mit f (x) =
7.30
Gegeben sei die folgende Kostenfunktion: K ( x) = x3 −10 x 2 + 42 x + 24 , wobei die Variable x für
die Produktionsmenge in 1000 Stück steht. - Berechnen Sie, für welche Stückzahl xBo das Betriebsoptimum resultiert.
K ( x)
minimal werden.
Hinweis: xBo ist die Ausbringungsmenge, für die die Stückkosten k ( x) =
x
7.31
Ein Testpilot lenkt einen Überschall-Jet aus großer Höhe kommend im Sturzflug der Erde zu,
fängt ihn in bestimmter Höhe hx ab und geht dann wieder in den Steigflug über. Den Beobachtern
im Tower ergibt sich am Firmament eine Flugbahn, die der Computer unter bestimmten nicht näher zu erläuternden Voraussetzungen als Funktion wie folgt beschreibt:
h( x) =
x3−10 x 2 + 35 x +15
, x > 0. (Angaben in km, wobei die x-Achse den Horizont markiert.)
x2
Errechnen Sie die gegen Grund gemessene Höhe hx in Metern.
7.32
Die nachfolgende Funktion beschreibt als reduziertes mathematisches Modell unter verkehrsüblichen Größenzuordnungen verschiedener Parameter wie Bremsbeschleunigung, durchschnittliche Fahrzeuglänge, Sicherheitsabstand sowie Reaktionszeit die Verkehrsdichte D in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit v:
8v
D(v) =
.
v ² + 8v +160
Die Geschwindigkeit v ≥ 0 ist in m/s anzugeben; die Verkehrsdichte ergibt sich in 1/s.
a) Berechnen Sie, bei welcher Geschwindigkeit sich die größte Verkehrsdichte ergibt und geben
Sie diese in Fahrzeuge pro Stunde an.
b) Ermitteln Sie zusätzlich die Wendestelle, skizzieren Sie den Graphen und begründen Sie das
sich abzeichnende Grenzwertverhalten für v ĺ ∞.
7.33
Von einer 10 mm dicken Stahlblechtafel mit den Abmessungen 2000 mm × 1000 mm soll
dreieckförmig die rechte untere Ecke abgeschnitten werden. Der gerade Schnitt ist aus konstruktiven Gründen so zu führen, dass er durch einen Punkt geht, der 1500 mm von der linken Breitseite und 300 mm von der unteren Längsseite entfernt liegt. Berechnen Sie Anfangs- und Endpunkt
der Schnittführung, wenn das Abfallstück ein minimales Flächenmaß haben soll.
Hinweis: Rechnen Sie der Einfachheit halber in dm.
7.34
Für einen Kurgarten sollen Blumenbeete in Form von rechtwinkligen Dreiecken mit einer Beeteinfassung von jeweils 20 m Länge angelegt werden. – Ermitteln Sie, welche Abmessungen erforderlich sind, wenn aus gartenarchitektonischen Gründen angestrebt wird, möglichst kurze
Hypotenusen zu erhalten .
7.35
Das Querschnittprofil eines Bergwerkstollens entspricht angenähert dem Flächenstück, das vom
Graphen der Funktion f (x) =
25 − x 2
8+ x2
sowie der Abszissenachse begrenzt wird (Angabe in m).
Der Stollen soll aus Sicherheitsgründen so ausgemauert werden, dass sich eine rechteckige Querschnittsfläche maximalen Inhalts ergibt. – Geben Sie die Abmessungen an.
270
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
7.36
In einer Kathedrale ist ein 10,5 m hohes Chorfenster mit bedeutender Glasmalerei zu sehen,
dessen unterer Rand sich 3,5 m über dem Fußboden befindet. Aus welcher Entfernung muss ein
Kunstfreund (Augenhöhe: 1,5 m) dieses Werk betrachten, wenn er es unter möglichst großem
Blickwinkel ϕ (Bild 7.8) sehen will?
Hinweise
1. Erstellen Sie die Funktion tan ϕ = f (x). Sie sagt aus, wie sich ϕ in
Abhängigkeit vom Betrachtungsabstand x ändert.
2. Es ist tan (β – α) =
tan β − tan α
.
1+ tan α ⋅ tan β
Bild 7.8
7.37
In der Montagehalle eines Herstellers für Elektromotoren verschiedener Bauart sind eine Vielzahl von Monteuren mit der Montage diverser Motorteile beschäftigt. Wenn die Monteure Materialien und Werkzeuge benötigen, gehen sie zur Materialausgabestelle. Dort erfasst ein Beschäftigter die Daten am PC; er darf die Monteure nicht bedienen, das machen andere. Dabei kommt es
immer wieder zu Wartezeiten, die sich durch folgende Funktion modellieren lassen:
20
, wobei x für die Gesamtanzahl der Beschäftigten in der Materialausgabe steht und
x −1
sich t(x) in Minuten ergibt.
t ( x) =
Einem Unternehmensberater stehen weitere Daten zur Verfügung:
Der Stundenlohn der Beschäftigten in der Materialausgabe beträgt 22 €, der der Monteure 32 €;
33 Monteure kommen durchschnittlich pro Stunde zur Materialausgabestelle.
a) Geben Sie die Wartezeit an, wenn zwei Beschäftigte (davon 1 Datenerfasser), tätig sind.
Begründen Sie die Einschränkung des Definitionsbereichs.
b) Erstellen Sie die Funktionsgleichung der gesamten personellen Materialausgabekosten und
prognostizieren Sie rechnerisch belegt, wie viele Beschäftigte der Unternehmensberater vorschlägt in der Materialausgabe einzusetzen.
Integration gebrochen-rationaler Funktionen
Die Vorgehensweise hängt im Wesentlichen von der Gestaltung des Nennerpolynoms Q(x) ab.
Es gilt mehrere Fälle zu unterscheiden:
1. Das Nennerpolynom Q(x) ist (reine) Potenzfunktion
Das ist thematisiert worden:
∫
darüber ist informiert worden: ∫
1
1
dx =− + C (ĺ Potenzregel);
x²
x
1
dx = ln | x | +C .
x
Also bereitet ein Integral wie z. B. ∫
∫
ax 2 + bx + c
dx kein Problem; es wird zerlegt:
x
ax ² + bx + c
c
a
dx = ∫ (ax + b + )dx = x ² + bx + c⋅ln | x | +C.
x
x
2
7.2 Kurvendiskussion gebrochen-rationaler Funktionen
271
Ź Beispiel: Gesucht ist die Menge der Stammfunktionen für f ( x) =
Lösung:
∫
x3 + x 2 − 3 x − 2
.
x2
x3 + x 2 − 3x − 2
3 2
x2
2
(
1
)
dx
=
x
+
−
−
dx
=
+ x − 3⋅ln | x | + + C.
∫
2
2
x
2
x
x
x
2. Das Nennerpolynom Q(x) ist linear
In Analogie zum „Aufleiten“ von f (x) = 1 kann für gebrochen-rationale Funktionen mit lineax
rem Nenner Q(x) = a ⋅ x + b, a ≠ 0, die Menge der Stammfunktionen wie folgt angegeben werden:
1
1
dx = ⋅ln | a⋅ x + b | + C , was durch Differentiation (Aufgabe!) nachzuprüfen ist.
∫
a⋅ x + b
a
Besteht zusätzlich der Zähler aus linearem (oder quadratischem) Polynom, muss zunächst
mittels Polynomdivision der Funktionsterm passend umgeformt werden wie nachfolgendes
Beispiel zeigt:
4 x −5
schließt zusammen mit den Koordinatenachsen ein Flächen2x −3
stück ein, dessen Inhalt zu berechnen ist.
Ź Beispiel: Der Graph von f ( x) =
Lösung: Die Integrationsgrenzen ergeben sich zu a = 0 und b =
5
5
5
(wieso ?), also gilt
4
5
4
⎡
⎤4
4x −5
1
1
1
) dx =⎢ 2 x + ⋅ln | 2 x − 3 |⎥ = … = ⋅ (5 – ln6) ⇒ A ≈ 1,604 FE.
A= ∫
dx = ∫ (2 +
⎣
⎦0
−
−
2
2
3
2
3
2
x
x
0
0
4
3. Das Nennerpolynom Q(x) ist quadratisch
Bislang praktizierte Lösungsstrategien versagen; eine Partialbruchzerlegung ist vorzunehmen.
Zur grundsätzlichen Vorgehensweise beispielhaft soviel vorab:
Die beiden Funktionen g(x) =
1
1
und h(x) =
x− 2
x+1
bilden bei additiver Verknüpfung eine neue gebrochen-rationale Funktion
1
1
+
, was gleichbedeutend ist (Aufgabe!) mit
x − 2 x +1
2 x −1
f (x) =
, wobei x ≠ –1 und x ≠ 2.
x² − x − 2
f (x) = g(x) + h(x) =
In der Regel ist umgekehrt vorzugehen. Der Funktionsterm muss in seine Partialbrüche
(= Teilbrüche) zerlegt werden, wobei deren Zähler unbekannt sind. Folgender Ansatz hilft:
2 x −1
A
B
=
+
;
x ² − x − 2 x − 2 x +1
eine Multiplikation mit dem Nennerpolynom liefert
2 x −1 = A⋅( x +1) + B⋅( x − 2) .
272
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Um die Konstanten A und B zu bestimmen, werden die Grenzwerte wie folgt gebildet:
a) x ĺ – 1:
lim (2 x −1) = lim A⋅( x +1) + lim B⋅( x − 2)
x→−1
x→−1
x→−1
b) x ĺ 2:
lim(2 x −1) = lim A⋅( x +1) + lim B⋅( x − 2)
x→2
⇒ – 3 = A ⋅ 0 + B(– 3) oder
B = 1.
x→2
x→2
⇒ 3 = A ⋅ 3 + B ⋅ 0 oder
A = 1.
Das Integrieren geschieht nun wie folgt:
∫
2 x −1
x2 − x − 2
dx = ∫ (
1
1
+
) dx = ln | x − 2 | +ln | x +1| +C.
x − 2 x +1
¾ Verallgemeinerung
Gilt für das Polynom Q(x) = x2 + px + q = (x – x1) (x – x2) mit x1 ≠ x2, resultiert die Partialbruchzerlegung wie folgt:
P ( x)
P ( x)
A
B
, wobei P(x) ein Polynom 1. oder 0. Grades sein muss.
=
=
+
Q( x) x 2 + px + q x − x1 x − x2
Ź Beispiel: Gesucht ist die Menge der Stammfunktionen für f ( x) =
x3 + 2 x − 3
.
x2 − x − 6
Lösung: Die Partialbruchzerlegung kann zunächst nicht durchgeführt werden, da der Grad des Zählerpolynoms größer als der des Nennerpolynoms ist. Abhilfe erfolgt mittels Polynomdivision (Aufgabe !):
∫
x3 + 2 x − 3
9x +3
x2
3 x +1
dx = ∫ ( x +1+ 2
) dx = + x + 3⋅∫ 2
dx .
2
2
x − x −6
x − x−6
x − x−6
Die Partialbruchzerlegung wird eingeleitet mit dem Ansatz
3 x +1
A
B
=
+
und liefert A = 2 und B = 1.
x² − x − 6 x −3 x + 2
Somit folgt
∫
x3 + 2 x − 3
x2
2
1
dx = + x + 3⋅∫ (
+
) dx und schließlich
2
2
x −3 x+ 2
x − x−6
∫
x3 + 2 x − 3
x2
dx = + x + 3⋅(2⋅ln | x − 3 | +ln | x + 2 |) + C.
2
2
x − x−6
¾ Sonderfall: x1 = x2
Gilt für das Polynom Q(x) = x2 + px + q = (x – x1) (x – x1), geschieht die Partialbruchzerlegung wie folgt:
P( x)
P( x)
A
B
, was nicht weiter begründet werden soll.
=
=
+
Q( x) x 2 + px + q x − x1 ( x − x1 )2
7.3 Kurvendiskussion trigonometrischer Funktionen
• Aufgaben
7.38
2
Geben Sie den Integralwert an:
∫
1
273
x2 + 2
dx.
x2
3
x − 35 x − 30
die Stammfunktion zu, deren Graph durch P(5|5,6) geht.
x3
7.39
Ordnen Sie f ( x) =
7.40
In vielen technischen Geräten wie z. B. in Handy’s werden Datenübertragungsfunktionen verarbeitet. Das Integral dieser Funktionen ist unter bestimmten technologischen Voraussetzungen ein
Maß für den Energiebedarf bzw. ggf. auftretende Verluste eines solchen Systems.
2s + 3
Erstellen Sie für H ( s ) = 2
, s >1 , die Stammfunktion FH ( s ) = ∫ H ( s )⋅ds .
s −1
Hinweis: s steht für die Datenübertragungsfrequenz in 1/s.
7.41
Berechnen Sie jeweils das von Funktionsgraph, x- und y-Achse eingeschlossene Flächenstück:
a) f1 ( x) =
7.42
7.43
x −1
;
x2 − 4
b) f 2 ( x) =
x 2 − 2 x +1
;
x2 − 2 x −3
c) f3 ( x) =
x3 + x 2 −1
.
x 2 −1
x3 − 3x − 2
, die x-Achse und die zugehörige schiefe Asymptote
x2
markieren eine im 3. Quadranten liegende Fläche. Berechnen Sie deren Maßzahl.
Der Graph der Funktion f ( x) =
x3
.
3( x −1) 2
Die Koordinatenachsen, die Polgerade und die schiefe Asymptote markieren ein im 1. Quadranten liegendes Trapez. – Berechnen Sie, in welchem Verhältnis Gf die Trapezfläche teilt.
Gegeben sei die Funktion f ( x) =
7.3 Kurvendiskussion trigonometrischer Funktionen
7.3.1 Die Differentiation der trigonometrischen Grundfunktionen
Die Stetigkeit ist notwendige Bedingung für die Differenzierbarkeit einer Funktion. Insofern
müsste zunächst geprüft werden, ob auch die Winkelfunktionen diese Voraussetzung erfüllen.
Anschauungsorientiert wird ohne Nachweis davon ausgegangen, dass die trigonometrischen
Grundfunktionen diese Bedingung erfüllen. Demzufolge lassen sich die Sätze über Grenzwerte
von Funktionen und über Stetigkeit auf folgende Problemstellung anwenden:
sin x
.
x→0 x
Der Grenzwert lim
sin x
, x ∈ R*,
x
an der Stelle x = 0 stetig fortzusetzen. Das ist gleichbedeutend damit, den Differentialquotienten der Sinusfunktion an der Stelle x = 0 zu ermitteln.
Zwecks Grenzwertbetrachtung ist die Differenzenquotientenfunktion d: f ( x) =
274
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
sin x − sin x0
, ( x ≠ x0 ) , also
x − x0
x→ x0
sin x − sin 0
sin x
y '(0) = lim
= lim
, ( x ≠ x0 ) .
x −0
x→0
x→0 x
Definitionsgemäß gilt y '( x0 ) = lim
Ein Blick auf die Sinuskurve lässt vermuten, dass für die Steigung im Ursprung gilt: y'(0) = 1.
Veranlassung genug, die Grenzwertaussage wie folgt zu formulieren:
Satz 7.5
sin x
=1 .
x→0 x
Es gilt lim
Beweis
π
Gemäß Bild 7.9 gilt für 0 < x < 2 unter Berücksichtigung geometrischer Überlegungen folgende Abschätzung der Flächeninhalte:
A (ΔOPQ) < A (Sektor OPQ) < A (ΔOPR)
1
2
⋅ r ⋅ sin x <
mit r = 1 LE und ϕ =
sin x <
x
π ⋅r 2 D
⋅ϕ <
360D
180D
π
1
2
⋅ r ⋅ tan x,
⋅ x folgt
< tan x 1)
1<
x
1
<
sin x cos x
1>
sin x
> cos x .
x
Bild 7.9
sin x < x < tan x
Für den Grenzwert x → + 0 ergibt sich lim 1≥ lim
x→+0
x→+0
1≥ lim
x→+0
sin x
≥ lim cos x
x
x→+0
sin x
≥1 , d. h.
x
lim
x→+0
sin x
=1 .
x
sin x
π
> cos x bleibt auch für x ∈ ]−2 ; 0[ gültig; denn
x
sin (−x) −sin x sin x
cos (–x) = cos x und
=
=
(wieso ?).
−x
−x
x
Die Ungleichungskette 1>
1)
Für kleine Werte |x| ≤ 0,1 rad (≈ 5,75°) ist die Abschätzung x ≈ sin x ≈ tan x hilfreich.
7.3 Kurvendiskussion trigonometrischer Funktionen
275
sin x
≥ lim cos x
x→−0 x
x→−0
Für den Grenzwert x → - 0 ergibt sich lim 1≥ lim
x→−0
sin x
≥1 , d. h.
x→−0 x
sin x
=1 .
x→−0 x
1≥ lim
lim
Links- und rechtsseitiger Grenzwert existieren und stimmen miteinander überein, somit ist
sin x
lim
=1 .
x→0 x
tan x
.
x
sin x
tan x
sin x
= lim
folgt g = lim
, also
Lösung: Mit tan x :=
cos x
x→0 x
x→0 x⋅cos x
Ź Beispiel: Zu bestimmen ist der Grenzwert lim
x→0
sin x
1
⋅ lim
=1 .
x→0 x
x→0 cos x
g = lim
• Aufgaben
x
=1 .
x→0 sin x
7.44
Zeigen Sie, dass lim
7.45
Geben Sie folgende Grenzwerte an:
sin 2 x
;
x
x→0
a) lim
7.46
tan 2 x
;
x
x→0
b) lim
x→0
sin 2 x
;
x
d) lim
sin 2 x
x→0 sin 3 x
;
e) lim
x→0
tan 3 x
.
tan 2 x
Ebenso:
1− cos 2 x
;
x
x→0
b) lim
−1+ cos 2 x
;
x→0 3 x⋅ tan x
e) lim
a) lim
d) lim
7.47
c) lim
cos 2 x −1
;
x→0 x⋅sin x
1− cos 2 x
;
x→0
x2
c) lim
tan 2 x − cos 2 x +1
;
2 x⋅sin x
x→0
f) lim
1− cos x
;
x→0
x2
c) lim
1+ cos 2 x
.
x→0 2⋅cot x
Ebenso:
1− cos x
;
x
x→0
a) lim
d) lim
x→0
1− x sin x − cos x
;
x2
b) lim
e) lim
x→0
tan x − sin x
;
x2
x⋅sin x
;
x→0 cos x −1
f) lim
x→0
sin x − tan x
.
x3
x
Hinweis: Setzen Sie cos x = cos 2⋅ .
2
Die Ableitungen des Sinus und Kosinus
Sinus- und Kosinusfunktion gemeinsam ist, dass die Extremstellen der einen übereinstimmen
mit den Nullstellen der anderen. Der offensichtliche Zusammenhang zwischen der jeweiligen
Ausgangsfunktion mit der zugehörigen Ableitungsfunktion ergibt sich folgendermaßen:
276
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Satz 7.6
Satz 7.7
Für alle x ∈ R gilt y = sin x Ÿ y' = cos x.
Für alle x ∈ R gilt y = cos x Ÿ y' = – sin x.
Beweis zu 7.6
sin x − sin x0
, (x ≠ x0);
x − x0
x + x0
x − x0
⋅sin
folgt
mit dem Additionstheorem sin x − sin x0 = 2cos
2
2
x + x0
x − x0
x − x0
⋅sin
2cos
x + x0 sin 2
2
2
= lim cos
⋅
⋅
y '( x0 ) = lim
x − x0
2
x − x0
x→ x0
x→ x0
2
x − x0
sin
x + x0
2 , also
⇒ y '( x0 ) = lim cos
⋅ lim
2
x→ x0
x→ x0 x − x0
2
y' (x0) = cos x0 ⋅ 1, was sich vereinbarungsgemäß auch so angeben lässt:
x0 ∈ R ⇒ y '( x) = lim
x→ x0
y' = cos x.
( )
y ' = cos ( π2 − x )⋅(−1) ⇒ y ' =−sin x .
Beweis zu 7.7: Aus y = cos x = sin π2 − x folgt mit Hilfe der Kettenregel
Ź Beispiel: Zu berechnen ist, in welchem Punkt und unter welchem Winkel sich die Graphen von
⎡ π⎡
Sinus- und Kosinusfunktion im Intervall⎢ 0; ⎢ schneiden.
⎣ 2⎣
Lösung: Die Schnittpunktbedingung führt auf eine goniometrische1) Gleichung:
sin x = cos x ⇔ tan x = 1 ⇔ x =
⎛π ⎞ 1
Mit y = sin x Ÿ y’ = cos x ⇒ y '⎜ ⎟=2
⎝4⎠
π
4
(bzw. x = π4 ± n⋅π ∧ n ∈ N) :
2
und
(
Schnittpunkt S π4 |
2
2
).
⎛π ⎞
1
2
y = cos x Ÿ y’ = – sin x ⇒ y '⎜ ⎟=−
⎝4⎠
2
⎛ 1
⎞
1
2 ⎟ – arctan
2
resultiert für den Schnittwinkel ε = arctan⎜−
⎝ 2
⎠
2
Ÿ ε = 144,74° – 35,26° = 109,48° (≈ 1,91 rad).
Die Ableitungen des Tangens und Kotangens
sin x
cos x
und cot x: =
lassen sich die Ableitungsfunktionen des Tangens
cos x
sin x
und Kotangens aus den Sätzen 7.6 und 7.7 mittels Quotientenregel entwickeln (Aufgabe !):
Wegen tan x: =
1)
Goniometrie: Lehre von der Winkelmessung; von gonia (grch.): Winkel
7.3 Kurvendiskussion trigonometrischer Funktionen
277
Satz 7.8
π
1. Für alle x ∈ R \ {x | x = (2k + 1) 2 ∧ k ∈ Z} gilt: y = tan x ⇒ y' =
2. Für alle x ∈ R \ {x | x = k ⋅ π ∧ k ∈ Z} gilt:
1
.
cos 2 x
1
y = cot x ⇒ y' = − 2 .
sin x
Ź Beispiel: Für f (x) = tan x, x ∈ R \ [–π; +π], sind die Stellen des Funktionsgraphen mit der Steigung
m = 1 zu errechnen.
Lösung
y = tan x ⇒ y ' =
1
cos 2 x
⇒
mt = 1 ⇒ y’ = 1
1
=1
cos 2 x
⇔ cos2 x = 1⇔ cos x = 1 ∨ cos x = – 1;
der Graph von f weist für x1 = 0 sowie x2,3 = ± π (Nullstellen !) eine Steigung von m = 1 auf.
¾ Die Tangenskurve schneidet für x = k ⋅π mit k ∈ Z die x-Achse jeweils unter 45°.
• Aufgaben
7.48
Beweisen Sie (cos x)' = – sin x.
Hinweis: Gehen Sie analog zur Beweisführung von Satz 7.6 vor.
7.49
Entwickeln Sie die Ableitung der Kotangensfunktion mit Hilfe der Identitäten
⎛π
⎞
1
.
a) cot x = tan⎜ − x ⎟ ;
b) cot x =
⎝2
⎠
tan x
7.50
Berechnen Sie, in welchen Punkten und unter jeweils welchem Winkel sich im Intervall ] 0; 2 [
die Funktionsgraphen
π
a) der Tangens- und Kotangensfunktion;
b) der Sinus- und Kotangensfunktion;
c) der Kosinus- und Tangensfunktion schneiden.
7.51
Bilden Sie die 2. Ableitung der vier trigonometrischen Grundfunktionen und geben Sie den jeweiligen Definitionsbereich an.
7.52
Differenzieren Sie je einmal:
7.53
a) f 1(x) = sin 2x;
b) f 2(x) = – cos 3x;
c) f 3(x) = tan 2x;
d) ƒ4(x) = sin x2;
e) f 5(x) = cos
x ;
f) f 6(x) = cot 2 x ;
g) f 7(x) = 1+ cos 2 x ;
h) f 8(x) = 1− tan 2 x .
a) f 1 (x) = x ⋅ sin x;
b) f 2(x) = x2 ⋅ cos x;
Ebenso:
e) f 5(x) =
cos x
;
1− sin x
f) f 6(x) =
1+ 2⋅sin x
;
cos x
−2cot x
;
x
sin 2 x +1
h) f 8(x) =
.
sin 2 x −1
c) f 3(x) = x ⋅ tan x ; d) f 4(x) =
g) f 7(x) =
sin 2 x
;
cos x
278
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
7.3.2 Zusammengesetzte trigonometrische Funktionen
Für die in der Praxis häufig anzutreffenden und durch Überlagerung entstandenen zusammengesetzten trigonometrischen Funktionen ist eine nach bewährtem Schema ablaufende Kurvendiskussion erforderlich. Zusätzlich ist die Frage nach der Periodizität von Bedeutung. Aussagen hierüber erlauben es, sich bei der Kurvenuntersuchung auf eine Periodenlänge zu beschränken.
Ź Beispiel: Die Funktion f (x) = sin 2x + 2 ⋅ sin x mit x ∈ R ist vollständig zu diskutieren.
Lösung
1. Schnittpunkte mit den KO-Achsen
a) y-Achse: x = 0 Ÿ y = 0;
b) x-Achse: y = 0 Ÿ sin 2x + 2 sin x = 0
2 sin x cos x + 2 sin x = 0
sin x (cos x + 1) = 0.
Es gilt sin x = 0 ⇔ x = k ⋅ π ∧ k ∈ Z oder cos x + 1 = 0 ⇔ x = (2k + 1) ⋅ π ∧ k ∈ Z.
Die Periodizität beträgt 2π; man kann sich im Folgenden auf die Periodenlänge [0; 2π] beschränken.
2. Lage und Art der Extrema
y' = 2 ⋅ cos 2x + 2 ⋅ cos x
y' = 0
Ÿ cos 2x + cos x = 0 ⇔ 2 cos2x – 1 + cos x = 0
⇔ cos2x +
Substitution z : = cos x liefert
1
cos x –
2
1
2
= 0.
1
1
1
z 2 + z − = 0 ⇔( z +1) ( z − ) = 0 , also
2
2
2
cos x + 1 = 0 ⇔ cos x = – 1; man erhält x1 = π mit y1 = 0.
1
1
π
5π
mit y2,3 ≈ ± 2,598.
cos x − = 0 ⇔ cos x = ; es ergeben sich x2 = ; x3 =
2
2
3
3
y" = 2 ⋅ (– 2 sin 2x – sin x) Ÿ y" (π) = 0 Ÿ kein Extremum, sondern Sattelpunkt;
⎛π
⎞
Ÿ y "( π3 ) < 0 Ÿ HP⎜ | +2,598⎟;
⎝3
⎠
⎛ 5π ⎞
⎛ 5π
⎞
| −2,598⎟ .
Ÿ y "⎜ ⎟> 0 Ÿ TP⎜
⎝ 3 ⎠
⎝ 3
⎠
3. Wendepunkte
y" = 2 (– 2 sin 2x – sin x)
y" = 0
⎛
1⎞
Ÿ 2 sin 2x +sin x = 0 ⇔ 4 sin x⎜cos x + ⎟ = 0
⎝
4⎠
1
⇔ sin x = 0 oder cos x = − .
4
1
erhält man x4,5 = π ± 1,318,
4
d. h. x4 = 1,824 mit y4 = 1,45 bzw. x5 = 4,46 mit y5 = – 1,45.
Aus cos x = −
Im Intervall [0; 2π] ergeben sich somit fünf Wendepunkte, einer davon ist Sattelpunkt.
7.3 Kurvendiskussion trigonometrischer Funktionen
279
4. Graph
Der Graph ist punktsymmetrisch zu den Wendepunkten mit
den Abszissen xwp = k ⋅ π ∧ k ∈ Z und ergibt sich durch Überlagerung – Superposition1) – der Graphen zu g1(x) = sin 2x
und g2(x) = 2 sin x (Bild 7.10).
Bild 7.10
Graph von f (x) = sin 2x + 2 sin x, x ∈ [0; 2π]
• Aufgaben
7.54
Zur Berechnung der effektiven Stromstärke in der Wechselstromtechnik wird die reelle Funktion
f (x) = 2sin2x verwandt. Führen Sie für f eine Kurvendiskussion durch.
7.55
Diskutieren Sie folgende Funktionen:
a) f1(x) = sin 2x – 2 sin x;
7.56
b) f2(x) = sin x – cos x + 1;
c) f3(x) = cos 2x – 2 sin x.
Ebenso:
a) f1(x) = x – sin x;
7.58
c) f3(x) = – sin2x + sin x + 2.
Ebenso:
a) f1(x) = sin x + cos x;
7.57
b) f2(x) = sin2x – 2 sin x + 1;
b) f2(x) = x + sin 2x.
Ebenso:
2sin 2 x + sin x −1
2 − 4sin 2 x
3
;
c) f3(x) =
; b) f2(x) =
;
2 + cos x
sin x
sin x
sin x +1
;
e) f5(x) = tan2x – 2 tan x + 1;
f) f6(x) = tan x + cot x.
d) f4(x) =
cos x
Hinweis: Achten Sie auf den eingeschränkten Definitionsbereich .
a) f1(x) =
7.59
Wählen Sie rechnerisch begründet den Basiswinkel α eines sog.
Nurdach-Hauses (Bild 7.11) so, dass die als gleichschenkliges
Dreieck gestaltete Giebelseite bei vorgegebener Schenkellänge
einen maximalen Flächeninhalt aufweist .
Bild 7.11
7.60
Auf einem kreisrunden öffentlichen Platz mit Radius r sollen Fahnenmasten so aufgestellt werden, dass diese in ihrer Gesamtheit die Begrenzungslinien eines einbeschriebenen gleichschenkligen Dreiecks bilden.
Berechnen Sie, welche Dreiecksabmessungen sich ergeben, wenn der Dreiecksumfang wegen der
aufzustellenden Masten maximal sein soll .
1)
vgl. Abschnitt 2.3.2, Bilder 2.67 und 2.68
280
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
7.61
Beim schiefen Wurf nach oben ergibt sich die Wurfweite W unter Vernachlässigung des Luftwiderstandes zu
W=
ν02 sin 2α
g
. - Berechnen Sie, für welchen Winkel α die Wurfweite W maximal wird.
Hinweis: α ist der gegen die Horizontalebene gemessene Abwurfwinkel, ν 0 die Anfangsgeschwindigkeit des Körpers und g die Erdbeschleunigung.
7.62
7.63
Das Querschnittsprofil einer bestimmten Bauart eines
Förderbandes entspricht dem eines regelmäßigen Trapezes und besteht aus einem horizontal geführten Gurt und
zwei seitlich geneigten Gurten (Bild 7.12).
Ermitteln Sie den Neigungswinkel α so, dass während
der Betriebsdauer möglichst viel Stückgut abtransportiert werden kann.
a
a
a
a
Bild 7.12
Um einen Körper mit der Gewichtskraft FG auf einer
Horizontalebene fortzubewegen (Bild 7.13), ist eine
Kraft wie folgt erforderlich, wobei μ der Reibungskoeffizient ist:
μ ⋅ FG
.
Bild 7.13
cos α + μ ⋅sin α
a) Unter welchem Winkel α muss die Kraft F angreifen, wenn sie minimal sein soll ? – Geben
Sie das Ergebnis allgemein und für μ = 0,8 an.
F=
b) Leiten Sie die o. g. Gesetzmäßigkeit her.
7.64
In einem Haus geht ein 2,1 m breiter Korridor rechtwinklig über in einen nur noch 1,4 m breiten.
Berechnen Sie, wie lang Gegenstände unter Vernachlässigung ihrer Tiefe höchstens sein dürfen,
damit sie von einem Korridor in den anderen zu transportieren sind.
7.65
Bei der Konzeption eines Fahrstuhlschachts mit den Innenmaßen 2 m × 2 m gilt es zu berücksichtigen, dass für die Montage des Fahrstuhles Führungsschienen aus Edelstahl von jeweils 6 m
Länge eingebracht werden sollen. Berechnen Sie, welche Höhe für den Einschnitt in der Mauer,
der späteren Einstiegsöffnung, mindestens vorzusehen ist.
Hinweis: Der Schienenprofil-Querschnitt kann bei den Überlegungen unberücksichtigt bleiben.
7.66
Über einem runden Arbeitstisch mit dem Durchmesser d = 2 m soll mittig eine höhenverstellbare
Leuchte angebracht werden. Die Beleuchtungsstärke E für den Randbereich des Tisches ergibt
I
sich aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten zu E = 2 ⋅cosα .
s
I steht für die Lichtstärke in Candela und E wird in cd/m2 gemessen.
Das Maß s gibt die Entfernung der Leuchte zum Tischrand in Meter an, und α ist der im Bogenmaß anzugebende Winkel, den die zum Tischrand gerichteten Lichtstrahlen mit der Normalen des
Tisches einschließen.
a) Zeigen Sie, dass sich die Zielfunktion konkret zu E(α) = I ⋅ sin2 α ⋅ cos α ergibt.
b) Berechnen Sie, in welcher Höhe h über der Tischmitte die Leuchte hängen muss, damit die
Arbeitsplätze am Tischrand eine möglichst hohe Lichtausbeute haben.
7.67
Die periodische Spannung u ( x) = 5sin( x + 0,75) bewirkt in einer komplexen Schaltung einen
Strom von i( x) = 3sin( x − 0,5).
a) Stellen Sie beide Graphen in einem gemeinsamen KO-System dar für x ∈ [-1,5; 6,5].
7.4 Exponentialfunktionen
281
b) Skizzieren Sie auf der Basis der Ergebnisse von a) und unter Ermittlung der Nullstellen den
ungefähren Verlauf der Leistungskurve zu p(x) = u(x) ⋅ i(x).
c) Berechnen Sie die Extremalpunkte der Leistungskurve.
Hinweis: Der Funktionsterm p(x) muss vor dem Ableiten durch Substitution so umgeformt
werden, dass sich das Additionstheorem sin α ⋅sin β = 0,5⋅[cos(α − β ) − cos(α + β )] verwenden lässt.
7.68
⎡ π
π⎤
Es sei f (x) = cos x mit x ∈⎢− ;+ ⎥ .
⎣ 2
2⎦
a) Einem von Funktionsgraph und Abszissenachse begrenzten Flächenstück soll ein Rechteck
maximalen Flächeninhalts einbeschrieben werden. Geben Sie seine Abmessungen an.
b) Wie viel % der Gesamtfläche werden vom Rechteck abgedeckt?
Hinweis: Schätzen Sie die Lösung der sich für a) ergebenden goniometrischen Gleichung
unter Zuhilfenahme des ET-Rechners ab und wenden Sie das Newtonsche Näherungsverfahren an.
7.4 Exponentialfunktionen
7.4.1 Allgemeine Exponentialfunktionen
Die Struktur der Funktionsterme ist anders: Die Variable x tritt als Exponent auf.
Definition 7.3
Reelle Funktionen der Form f ( x) = a⋅b x
mit a ∈ R*, b ∈ R* \ {1}
heißen allgemeine Exponentialfunktionen.
¾ Terme der Form 2x, 3x usw. wachsen für x ∈ R+ stärker als ganzrationale Terme wie x2, x3 usw.
Zur Klärung grundlegender Eigenschaften werden zunächst die reinen Exponentialfunktionen
betrachtet.
Sonderfall: a = 1 (reine Exponentialfunktionen)
Alle Funktionsgraphen haben wegen b0 := 1 den Ordinatenschnittpunkt Sy(0|1).
Ansonsten ergeben sich abhängig von der Basis b zwei grundlegende Unterschiede:
1.
b>1
Bild 7.14 zeigt die Graphen „gängiger“ Exponentialfunktionen, wobei der „Klassiker“, die
e-Funktion gesonderter Ausführungen bedarf (→ S. 287 ff.).
282
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Offensichtlich dabei ist, dass alle Funktionsgraphen
a) sich bei fortschreitend kleiner werdenden Abszissen immer dichter an die x-Achse annähern,
also asymptotisches Verhalten zeigen und
b) insgesamt gesehen streng monoton steigend sind.
Bild 7.14
Kurvenbüschel ausgewählter Exponentialfunktionen
2.
0<b<1
Am konkreten Fall soll das Besondere herausgestellt werden:
b = 1 : f (x) = (
2
1 x
) = (2–1)x Ÿ f (x) = 2–x;
2
der Funktionsgraph geht aus dem Graphen zu
g(x) = 2x durch Spiegelung an der y-Achse hervor
(Bild 7.15).
Bild 7.15
Graphen von f (x) = 2–x und g(x) = 2x
Dieser Sachverhalt bedarf der Verallgemeinerung:
Satz 7.9
Die Graphen von f (x) = bx und g(x) = b–x sind achsensymmetrisch1) zueinander.
Beweis
Für x =
x0 gilt:
für x = – x0 gilt:
1)
f (x0) = bx0
bzw. g(x0) = b–x0,
f (– x0) = b– x0, also f (– x0) = g(x0).
Gemeint ist die Symmetrie zur y-Achse: f (x) = f (-x).
7.4 Exponentialfunktionen
283
¾ Verallgemeinerung: a ≠ 1
Für f (x) = a · bx mit a ≠1 resultiert generell der Ordinatenschnittpunkt Sy(0|a). Ansonsten
offenbart sich ein ähnlicher Effekt, wie er sich beim Formfaktor von Parabeln zeigt:
0 < a < 1:
Funktionsgraph verläuft flacher als der der reinen Exponentialfunktion;
a > 1:
Funktionsgraph verläuft im Vergleich entsprechend steiler.
a ∈ R : Spiegelung der Ausgangsfunktionsgraphen an der x-Achse; Wertemenge: R-.
• Aufgaben
7.69
Zeichnen Sie die Graphen folgender Funktionen mittels Wertetabelle in ein gemeinsames Koordinatensystem, formulieren Sie die zu beobachtenden Gesetzmäßigkeiten:
a) f1(x) = 3–x;
7.70
⎛ 1 ⎞−x
b) f2(x) =⎜ ⎟ ;
⎝3⎠
⎛ 2 ⎞−x
c) f3(x) =⎜ ⎟ ;
⎝5⎠
⎛ 5 ⎞−x
d) f4(x) =⎜ ⎟ .
⎝2⎠
Ebenso:
a) f1(x) = 3 ⋅ 2x;
1
b) f2(x) = − ⋅2−x ; c) f3(x) = – 2 ⋅ 2x–2;
4
⎛ 1 ⎞1−x
d) f4(x) = 4⋅⎜ ⎟ .
⎝ 3⎠
7.4.2 Euler’sche Zahl und e-Funktion
Diskretes exponentielles Wachstum: Zinseszinsrechnung
Es gilt die Gesetzmäßigkeit herauszufinden, wie sich ein Guthaben (= Anfangskapital) bei p %
Zinseszinsen vermehrt, wenn die am Jahresende anfallenden Zinsen dem Startkapital zugeschlagen und in den darauf folgenden Jahren mitverzinst werden.
Anfangskapital:
K0
Kapital nach 1 Jahr:
K1 = K0 +
⎛
K0 ⋅ p
p ⎞
= K 0⎜1+
⎟;
⎝ 100 ⎠
100
Kapital nach 2 Jahren:
K2 = K1 +
2
⎛
⎛
K1 ⋅ p
p ⎞
p ⎞
= K1⎜1+
⎟= K 0⎜1+
⎟ ;
⎝ 100 ⎠
⎝ 100 ⎠
100
Kapital nach 3 Jahren:
K3 = K2 +
3
⎛
⎛
K2 ⋅ p
p ⎞
p ⎞
= K 2⎜1+
⎟= K 0⎜1+
⎟;
⎝ 100 ⎠
⎝ 100 ⎠
100
#
Kapital nach n Jahren:
n
⎛
p ⎞
Kn = K0⎜1+
⎟ .
⎝ 100 ⎠
Satz 7.10
Ein Anfangskapital K0, das n Jahre lang mit jährlich p % verzinst wird, wächst mit
Zinseszinsen auf ein Endkapital
n
⎛
p ⎞
K n = K 0 ⋅⎜1+
⎟
⎝ 100 ⎠
(Zinseszinsformel).
284
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
¾ Der konstante Quotient
q :=1+
p
100
heißt Aufzinsungsfaktor1).
Letztendlich handelt es sich um eine Funktion Kn = f (n); genauer: eine Exponentialfunktion.
Die Variable n ∈ N tritt als Exponent auf.
Man spricht von diskretem exponentiellem Wachstum, weil dieser Vorgang „sprunghaft“ einmal im Jahr registriert wird.
ŹBeispiel: Einer Bank werden 7 Jahre lang 1 200 € zur Verfügung gestellt und mit 5 % jährlich verzinst. Zu errechnen ist das durch die Zinseszinsen angewachsene Endkapital.
n
7
⎛
⎛
p ⎞
5 ⎞
Lösung: Kn = K0 ⋅⎜1+
⎟ Ÿ K7 = 1 200 €⎜1+
⎟ = 1 200 € ⋅ 1,057, also K7 = 16 88,52 €.
⎝ 100 ⎠
⎝ 100 ⎠
• Aufgaben
7.71
Berechnen Sie, auf wie viel € folgende Guthaben bei Zahlung von Zinseszinsen anwachsen:
a) 720 € bei 3 % in 21 Jahren; b) 825 € bei 4,5 % in 12 Jahren; c) 650 € bei 8 % in 10 Jahren .
7.72
Auf welches Kapital wäre ein Cent am Ende des jetzt abgelaufenen Jahrtausends unter Vernachlässigung von Inflationen bzw. Änderungen des Währungsgefüges angewachsen, wenn er im Jahre Christi Geburt einer Bank bei 3 % Zinseszins zur Verfügung gestellt worden wäre ?
7.73
Ein Geschäftsmann vereinbart mit einem seiner Gläubiger, eine bestehende Schuld in drei Jahren
mit der Zahlung von 13 891,50 € zu begleichen. Welchen Barwert hat die Schuld heute, wenn 5 %
Zinseszins in Ansatz gebracht werden ?
7.74
Jemand will Geld anlegen und beabsichtigt, einen sog. abgezinsten Sparbrief zu erwerben, der
ihm bei 7 % Zinseszins nach einer Laufzeit von 4 Jahren mit 10 000 € ausgezahlt wird.
Mit wie viel Kapitaleinsatz kann dieser Sparbrief zum jetzigen Zeitpunkt erworben werden ?
7.75
Ein Landwirt will eines seiner Grundstücke als Baugelände verkaufen; vier Interessenten unterbreiten ihm dazu folgende Angebote:
A: 55 000 € bar auf die Hand;
B: 20 000 € bar, weitere 40 000 € nach 2 Jahren;
C: 5 000 € bar, 10 000 € nach 1 Jahr, weitere 50 000 € nach 4 Jahren.
D: 10 000 € nach 1 Jahr, 10 000 € nach 3 Jahren und weitere 50 000 € nach 6 Jahren.
Klären Sie, welches Angebot zumindest finanziell am reizvollsten ist, wenn eine Verzinsung von
5 % zugrunde gelegt wird .
7.76
Berechnen Sie, welches Sparguthaben bei 4 % Zinseszins in 12 Jahren zum selben Endkapital
anwächst wie 10 000 € bei 8 % Zinseszins in 6 Jahren. – Wie groß ist das Endkapital ?
7.77
Mit unterschiedlichem Zinssatz angelegtes Kapital hat sich verdoppelt, und zwar nach
a) 10 Jahren,
b) 15 Jahren,
c) 20 Jahren.
Berechnen Sie jeweils den über den gesamten Zeitraum festen Zinssatz der Geldanlagen.
1)
Die Verwendung von q soll auf die Gesetzmäßigkeit geometrischer Folgen hinweisen.
7.4 Exponentialfunktionen
285
7.78
Berechnen Sie, nach wie vielen Jahren sich ein Kapital verdoppelt bzw. verdreifacht, wenn Zinseszins wie folgt gezahlt wird:
a) 3 %,
b) 5 %,
c) 8 %.
7.79
Die Zentralbank eines Schwellenlandes offeriert auf dem deutschen Finanzmarkt Folgendes:
„Drei Jahre lang jeweils zu Beginn des Jahres 5.000 € einzahlen, am Ende des 3. Jahres erfolgt
unter Abzug einer Bearbeitungsgebühr eine Auszahlung in Höhe von 18.000 €.“
Berechnen Sie die effektive Jahresverzinsung.
Kontinuierliches exponentielles Wachstum: Unterjährige Verzinsung
Erfragt werden soll die Kapitalentwicklung, wenn sich die Zinszahlungsabstände verringern,
wenn Zinsen nicht sprunghaft einmal pro Jahr, sondern in immer kürzeren Zeitabständen dazu
geschlagen werden .
Der Einfachheit halber wird von einem Anfangskapital in Höhe von 1 € bei 100%-iger Jahresverzinsung1) ausgegangen.
Das Kapital vermehrt sich dann im Laufe eines Jahres wie folgt:
a) bei einjähriger Verzinsung: 1 € + 1 ⋅ 1 €
= (1 + 1) €;
b) bei halbjähriger Verzinsung:
nach
1
1
Jahr: 1 € + 1 ⋅ €
2
2
( 12 ) €,
1
= (1+ ) 2 €;
2
= 1+
( 12 ) € + (1+ 12 ) ⋅12 €
nach 1 Jahr: 1+
c) bei vierteljähriger Verzinsung:
1
1
Jahr: 1 € + 1⋅ €
4
4
1
1
1
1
nach Jahr: 1+ € + 1+ ⋅ €
4
4
2
4
3
1 2
1 2 1
nach Jahr: 1+
€ + 1+
⋅ €
4
4
4
4
1 3
1 3 1
nach 1 Jahr: 1+
€ + 1+
⋅ €
4
4
4
nach
( )
( )
( )
( )
( )
( )
d) bei monatlicher Verzinsung:
1
1
nach Jahr: 1 € + 1⋅ €
12
12
:
(
nach 1 Jahr: 1+
)
1 11
12
(
€ + 1+
e) bei tageweiser 2) Verzinsung:
nach 1 Jahr:
1)
2)
( 14 ) €,
1
= (1+ ) 2 €,
4
1
= (1+ ) 3 €,
4
1
= (1+ ) 4 €;
4
= 1+
(
1
12
(
1 12
12
(
1 360
360
= 1+
1
12
) ⋅121 €
= 1+
= 1+
) €,
)
)
€;
€.
Der absolute Wucher oder die Geldanlage schlechthin – je nach Standpunkt.
Im Bankgewerbe hat ein Jahr 360 Tage.
286
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Allerspätestens jetzt, bei der Frage nach der täglichen Verzinsung, beginnt die Angelegenheit
unrealistisch zu werden.
Überträgt man das Ganze auf organische Wachstumsprozesse wie z. B. auf das Wachstum von
Hefekulturen, auf die Vermehrung von Bazillen oder Viren, Zunahme des Baumbestandes
einer Region unter Idealbedingungen (kein Waldsterben, kein Abholzen), die Bevölkerungsexplosion, Müllprobleme, Umweltverschmutzungen aller Art, und, und, und ..., bekommen die
Überlegungen eine neue Bedeutung.
Dann ist es sinnvoll, zu fragen nach der mathematischen Gesetzmäßigkeit eines
kontinuierlichen, unentwegt stattfindenden Wachstums1).
Das Kernproblem bei stetiger Teilung ist offensichtlich die weitere Entwicklung der
⎛ 1 ⎞n
⎛ 1 ⎞n
Folge⎜1+ ⎟ , also die Frage nach dem Grenzwert lim ⎜1+ ⎟ .
⎝ n⎠
n⎠
n→∞ ⎝
Nochmals ein Blick auf die „wundersame“ Vermehrung des Anlagebetrages in Höhe von 1 €:
Die Funktionswerte, jetzt als Folgeglieder (ohne Einheit) geschrieben, sind
a1 = 2,0
a2 = 2,25
#
a4 = 2,441406
#
a12 = 2,613035
#
a360 = 2,714516
#
Es fällt auf: Die Folge ist monoton steigend 2).
Es bleibt die Frage: Ist sie auch beschränkt3)?
Es sei vorweggenommen: Sie ist es!
Das mathematisch korrekt nachzuweisen, ist ein aufwändiges und schwieriges algebraisches
Unterfangen. In diesem Rahmen soll es leichter nachvollziehbar gezeigt werden.
Also:
⎛ 1⎞
⎛ 1 ⎞n
an =⎜1+ ⎟ , Multiplikation mit dem Faktor⎜1+ ⎟ > 1,
⎝ n⎠
⎝ n⎠
⎛ 1⎞
⎛ 1⎞
⎛ 1 ⎞n ⎛ 1 ⎞
⎜1+ ⎟⋅an =⎜1+ ⎟ ⋅⎜1+ ⎟, mit bn: =⎜1+ ⎟an folgt
⎝ n⎠
⎝ n⎠
⎝ n⎠ ⎝ n⎠
⎛ 1 ⎞n+1
bn =⎜1+ ⎟ .
⎝ n⎠
Für die zahlenwertmäßig größere Folge (bn) ergeben sich die Glieder zu
b1 = 4; b2 = 3,38; ...; b4 = 3,05; ...; b12 = 2,83; ....
Die Überraschung ist groß: (bn) fällt monoton.
1)
2)
3)
Werden natürliche Zerfallsprozesse (= negativ-stetiges Wachstum) wie z. B. der des radioaktiven
Zerfalls einbezogen, ist die Legitimation für diese Ausführungen erst recht gegeben.
Müsste allgemein gezeigt werden, was hier wegen des rechnerischen Aufwandes unterbleibt.
Ein 2. Konvergenzkriterium: Jede monotone und beschränkte Folge ist konvergent.
7.4 Exponentialfunktionen
287
Die zahlenwertmäßig kleinere Folge (an) ist beschränkt:
⎛ 1 ⎞n
⎛ 1 ⎞n
2 <⎜1+ ⎟ < 4 ⇒⎜1+ ⎟ ist konvergent!
⎝ n⎠
⎝ n⎠
Ihr Grenzwert e lässt sich näherungsweise mit dem ET-Rechner ermitteln; so ist z. B.
3
a1000
10
⎛
1 ⎞
=⎜1+ 3 ⎟ = 2,7169 ;
⎝ 10 ⎠
#
6
Ÿ
⎛ 1 ⎞n
e := lim⎜1+ ⎟
n⎠
n→∞⎝
.
10
⎛
1 ⎞
a1 000 000 =⎜1+ 6 ⎟ = 2,71828 ;
⎝ 10 ⎠
Dieser Grenzwert e heißt Euler'sche Zahl 1) und ist Basis der e-Funktion, dem „Klassiker“ aller
Exponentialfunktionen.
Die e-Funktion
Noch einmal: Exponentialfunktionen sind Funktionen, bei denen die unabhängige Variable im
Exponenten einer Potenz auftritt: y = f (x) = bx .
Ist speziell die Basis b := e (= Euler'sche Zahl), erhält man die wichtigste aller Exponentialfunktionen, die
e-Funktion: f (x) = ex
, auch natürliche Wachstumsfunktion genannt.
Nach Erstellung einer Wertetabelle mit Hilfe des
ET-Rechners (ex-Taste) ergibt sich der in Bild
7.16 durchgezogen dargestellte Graph.
Er weist alle charakteristischen Merkmale reiner
Exponentialfunktionen auf:
– geht durch Sy(0|1);
– kommt der x-Achse bei immer kleiner werdenden Abszissen (x = –10, –100, -1000, …)
beliebig dicht nahe, berührt sie aber nicht;
– zeigt streng-monoton steigendes Verhalten.
Bild 7.16
Graphen von f (x) = ex und g(x) = e–x
1)
Eine irrationale Zahl (≈ 2,718281828459); sie ist Basis des natürlichen Logarithmensystems
288
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Die abgewandelte Funktion g(x) = e–x ist die Basisfunktion für negatives natürliches Wachstum (= Zerfallsprozesse). Ihr Funktionsgraph, ebenfalls in Bild 7.16 dargestellt, geht aus dem
Schaubild der e-Funktion durch Spiegelung an der y-Achse hervor.
*Hyperbelfunktionen
Verknüpfungen der Grundfunktionen f und g erschließen diese neue Klasse von Funktionen:
h1 ( x) = sinh x :=
e x − e−x
(gelesen: Sinus hyperbolicus x );
2
h2 ( x) = cosh x :=
e x + e−x
(gelesen: Cosinus hyperbolicus x );
2
h3 ( x ) = tanh x :=
sinh x e x − e−x
=
(gelesen: Tangens hyperbolicus x);
cosh x e x + e−x
h4 ( x) = coth x :=
cosh x e x + e−x
(gelesen: Cotangens hyberbolicus x).
=
sinh x e x − e−x
¾ Von besonderem Interesse ist h2, auch Kettenfunktion genannt.
Entsprechend heißt der Graph dazu Kettenlinie: Das Durchhängen von Gliederketten,
Drahtseilen etc. lässt sich mit dieser Funktion besser modellieren als es mit quadratischen
Funktionen bzw. ihren Parabeln möglich wäre.
• Aufgaben
7.80
Zeichnen Sie den Graphen von f (x) = ex zusammen mit den Graphen folgender Funktionen mittels Wertetabelle in ein gemeinsames Koordinatensystem, formulieren Sie vergleichend die zu
beobachtende Gesetzmäßigkeit:
a) f1(x) =
1 x
e ,
2
1
1
f2(x) = − e x , f3(x) = 2ex;
4
x
1
d) f9(x) = − e x + 2.
2
c) f6(x) = ex + 2, f7(x) = ex – 1 , f8(x) = 1 – ex;
7.81
3
x
b) f4(x) = e 2 , f5(x) = e 2 ;
Ebenso für g(x) = e-x :
a) g1(x) =
1
− x
4
1 −x
1
e , g2(x) = e−x , g3(x) = -2e–x,
4
2
b) g4(x) = e
c) g6(x) = e–x – 1, g7(x) = e–x + 2, g8(x) = 1 – e–x;
1
− x
2
);
5
− x
4
, g5(x) = e
;
1
d) g9(x) = − e x +1 .
4
1
− x
4 −1 .
7.82
Skizzieren Sie die Graphen: a) f(x) = 2(1 – e
b) g(x) = 2e
7.83
Zeichnen Sie den Graphen der Gaußfunktion mit f(x) = e–x , x ∈ R.
7.84
Eine 250kV-Freileitung soll so konzipiert werden, dass diese zwischen 30 m hohen im Abstand
von jeweils 200 m stehenden Masten an Isolatoren befestigt aufgehängt wird. Ein mit der Projektionierung beauftragter Ingenieur hält es für sinnvoll, das durchhängende Seil durch die Hyperx
− 335 modellieren zu können. Hat er recht damit?
belfunktion h( x) = 350⋅cosh 350
2
Berechnen Sie unter der Voraussetzung dieser Modellierung, wie weit das Seil durchhängt.
7.4 Exponentialfunktionen
7.85
289
a) Auf jeweils welchen Betrag wächst ein Einlagekapital von 10 000 € bei 3,25 % Jahreszinsen
in 7 Jahren an, wenn die Zinsen jährig, halb- bzw. vierteljährig dem Einlagebetrag zugeschlagen werden?
b) Wie hoch ist die effektive Jahresverzinsung bei halb- bzw. vierteljähriger Zinszahlung ?
c) Ermitteln Sie den effektiven Jahreszins, wenn kontinuierliche Verzinsung angenommen wird.
7.4.3 Wachstum und Zerfall
Die Wachstumsformel
Sie erschließt1) sich aus der Zinseszinsformel und lässt sich allgemein wie folgt angeben:
f (x) = a ⋅ er ⋅ x
mit a ∈ R+, r ∈ R+, x ∈ R+
0.
Hierbei steht
a für einen beliebigen positiven Anfangswert
und
r :=
p
100
für die Wachstumsrate.
Hinweis: r kann auch für eine spezielle anwendungsbezogene mit Einheit belegte Konstante stehen.
Bild 7.17 Wachstumskurve
Bild 7.17 zeigt eine Wachstumskurve, deren Steilheit von der Wachstumsrate abhängt. Die
Einschränkung des Definitionsbereichs ergibt sich aus dem Anwendungsbezug.
Hinweis: In der Anwendung wird die unabhängige Variable x oftmals mit dem Buchstaben t
belegt, da viele Wachstumsprozesse zeitabhängig sind.
Die Zerfallsformel
Für negatives Wachstum, also Abkling-, Dämpfungs-, Zerfallsprozesse kommt die Zerfallsrate
(– r) zum Tragen.
Allgemein gilt
g(x) = a ⋅ e–r ⋅ x
1)
mit a ∈ R+, r ∈ R+, x ∈ R+
0.
Auf die algebraisch aufwändige Herleitung soll hier verzichtet werden.
290
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Bild 7.18 Zerfallskurve
Ein Vergleich der beiden Kurven (Bilder 7.17 und 7.18) verdeutlicht den Unterschied beider
Prozesse: Er ist im Minus-Zeichen des Exponenten begründet.
¾ Sonderfall: a = 1 und r = 1
Es ergeben sich die klassischen Funktionen y = ex bzw. y = e–x.
* Zusammenhang zwischen e-Funktion und reiner Exponentialfunktion
Reine Exponentialfunktionen mit beliebiger Basis b ∈ R \ {1} lassen sich generell umwandeln
in eine e-Funktion:
Aus y = bx folgt mit b = eln b (siehe Exponentialgleichungen, S. 36)
y = (eln b)x = eln b ⋅ x
Mit λ := ln b kann geschrieben werden
­ λ > 0 streng monoton steigend ,
y = eλ ⋅ x, dabei ist die Funktion für ®
¯ λ < 0 streng monoton fallend .
Die Hinzunahme eines Formfaktors a ∈ R+ schließt den Kreis: y = a ⋅ eλ ⋅ x.
• Aufgaben
7.86
Nach Angaben der Vereinten Nationen leben zurzeit1) knapp 6,7 Milliarden Menschen auf der
Erde. Das Bevölkerungswachstum wird dabei unter Berücksichtigung leicht abnehmender Geburtenrate und zunehmender Lebensdauer der Erdenbürger auf 7,38 ‰ (= Promille) geschätzt.
a) Prognostizieren Sie rechnerisch belegt unter Berücksichtigung uneingeschränkten exponentiellen Wachstums, wie viele Menschen im Jahr 2050 unsere Erde bevölkern werden.
b) Innerhalb welcher Zeitspanne ist unter der Annahme der jetzigen Wachstumsrate mit einer
Verdoppelung der Menschheit zu rechnen ?
c) Nach dem o.g. UN-Bericht wird sich die Einwohnerzahl der fünfzig ärmsten Länder in der
Welt von zurzeit 0,8 auf 1,7 Milliarden Menschen im Jahre 2050 mehr als verdoppeln.
Geben Sie die Zuwachsrate in % an.
1)
Stand: März 2007
7.4 Exponentialfunktionen
291
7.87
Bei der Holzvorratsinventur eines Mischwaldes wurde der Holzbestand auf 12.000 Festmeter
Holz geschätzt, 10 Jahre später auf 15.000 Festmeter.
Berechnen Sie, wie viele Jahre nach der 2. Inventur 20.000 Festmeter Holz zu erwarten sind.
7.88
Der radioaktive Zerfall lässt sich in Abhängigkeit von der Zeit wie folgt beschreiben:
ln 2
nt = n0 ⋅ e–λ ⋅ t mit λ :=
.
T
Dabei steht n0 für die Anzahl der unzerfallenen Kernbausteine und λ ist die von der Halbwertzeit
T abhängige Zerfallskonstante.
a) Berechnen Sie die Zerfallskonstante für Uran 238 (Halbwertzeit: T = 4,5 ⋅ 109 Jahre).
b) Wie viele Jahre dauert es etwa, bis 1 % des strahlenden Materials zerfallen ist ?
7.89
Die Radiokarbonmethode – die Altersbestimmung organischer Organismenreste durch 14C-Isotopenanalyse – beruht auf dem Wissen über die Halbwertzeit des in der Luft nur in geringen, aber
beständigen Anteilen auftretenden Kohlenstoffisotops 14C (T = 5700 Jahre) und der Tatsache,
dass nach dem Tode eines Organismus kein 14C-Nachschub mehr aus der Atemluft erfolgt.
Bestimmen Sie das Alter für einen abgestorbenen Organismus mit 12,5% 14C-Anteil .
7.90
Auf einer Apfelplantage bestimmter Größe wird kurz vor der Ernte ein Pflanzenschutzmittel
gespritzt, das 50 kg Biozide enthält, die sich innerhalb von 8 Tagen auf 20 % abbauen. Berechnen
Sie, wie viele Tage nach dem Spritzen die Ernte vorgenommen werden darf, wenn zu Erntebeginn nur noch ein Restbestand von 1 kg Biozid auf der Plantage vorhanden sein darf.
7.91
Bei der Entladung eines Kondensators mit der Kapazität C (in Farad gemessen: 1 F = 1 As/V)
über einem ohmschen Widerstand R sinkt die Kondensatorspannung U0 in Abhängigkeit von der
Zeit t nach folgender Gesetzmäßigkeit ab:
−
U (t) = U0⋅ e
Zeitkonstante.
1
⋅t
CR .
- Der Faktor CR liefert die Abklingzeit, eine für den Stromkreis relevante
a) Bestimmen Sie die Abklingzeit τ : = CR für C = 1 μ F und R = 5 MΩ.
b) Geben Sie für diesen speziellen Fall und unter Berücksichtigung einer Kondensatorspannung
von 230 V die konkrete Funktionsgleichung an. – Skizzieren Sie den graphischen Verlauf.
c) Nach welcher Zeit ist die Kondensatorspannung auf 55 V abgesunken ?
1
d) Für den Entladestrom gilt gemäß Ohm’schen Gesetzes I (t ) =
U 0 − CR ⋅t
⋅e
.
R
Berechnen Sie den nach t = 0,5 s fließenden Strom in mA.
7.92
Der Luftdruck verändert sich in Abhängigkeit von der Höhe h bei konstanter Temperatur gemäß
ρ
− 0 g⋅h
p0
barometrischer Höhenformel p (h) = p0 e
.
Dabei ist p0 der auf Meereshöhe (h = 0) herrschende Druck der Dichte ρ0, und g ≈ 9,81 m/s2 ist
die Fallbeschleunigung.
Für z. B. 0 °C gilt dann p(h) ≈ 1,013 bar ⋅ e–0,125h, wenn h in km eingesetzt wird.
a) Bestimmen Sie die Abklingkonstante k :=
ρ0 ⋅ g
unter Mitführung der Einheiten.
p0
b) Berechnen Sie die Höhe des Luftdrucks auf der Zugspitze (h = 2963 m) .
c) In welcher Höhe ist der Luftdruck etwa auf die Hälfte abgesunken ?
292
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
7.93
Grünen Tee sinnvoll zubereiten heißt kochendes Wasser auf 80 °C abkühlen lassen, dann die
Teeblätter damit übergießen, je nach Geschmack 2 – 4 Minuten ziehen lassen und anschließend in
ein Aufbewahrungsgefäß abgießen.
Wie viele Minuten nach Bereitstellung kochenden Wassers und 2-minütigem Ziehen ist der Tee
trinkfähig (40 °C), wenn die Abkühlung von 100 °C auf 80 °C bei Raumtemperatur (20 °C) etwa
5 Minuten dauert und unterstellt wird, dass die Abkühlung gemäß Newton’scher Abkühlungsfunktion erfolgt, die da lautet T(t) = (T0 –Tu) · e–k · t + Tu.
1
[T0, T u: Anfangs-, Umgebungstemperatur; t: Zeit in Minuten, k: Abkühlungskoeffizient in min
].
7.94
In der Forschungsabteilung eines Automobil-Zulieferers wird für Bremssysteme bestimmter
Bauart eine neue Bremsflüssigkeit entwickelt, die einen hohen Siedepunkt besitzen und nach
Bremsvorgängen schnell wieder abkühlen soll.
Im Labor mit einer Umgebungstemperatur Tu kühlt
sich eine Bremsflüssigkeitsprobe in einem Gefäß
kontinuierlich ab (ĺ Messprotokoll):
Zeit t in min
Temperatur T in °C
0
5
10
100
60
40
a) Ermitteln Sie auf der Basis Newton’scher Abkühlungsgesetzmäßigkeit die Funktion, die den
Abkühlungsprozess der Bremsflüssigkeit modelliert. - Geben Sie TU an.
Hinweis: e−10 k = (e−5k ) 2 .
b) Berechnen Sie, welche Temperatur die Bremsflüssigkeit nach einer halben Stunde besitzt und
nach wie viel Minuten sie sich auf 50 °C abgekühlt hat.
7.95
In einem Ingenieurbüro für Wasserwirtschaft ist ein System entwickelt worden, das aus fließenden Abwässern Wärme gewinnt. Mit Hilfe eines so genannten Gegenstromwärmetauschers wird
die im Abwasser befindliche Wärme an eine kältere Flüssigkeit abgegeben, die in einem angrenzenden nicht isolierten Rohrsystem im Gegenstrom fließt.
Im konkreten Fall soll der Wärmetauscher rechnerisch untersucht werden.
Die Abkühlung des Abwassers lässt sich relativ gut modellieren mit der Funktionsgleichung
f1 ( x) = 20⋅(1+ 2⋅e−0,2 x ) , wobei f1(x) in °C und Strecke x in m gemessen werden.
Das Aufwärmen der kälteren Flüssigkeit kann nach Auswertung der im Ingenieurbüro ermittelten
Messdaten durch folgende Aufwärmfunktion beschrieben werden:
f 2 ( x) = 40⋅(1− e−0,1x ) , wiederum f2(x) in °C und Strecke x in Metern anzugeben.
a) Ermitteln Sie für jede der beiden Temperaturfunktionen bzw. ihre Graphen die Schnittpunkte
mit den Koordinatenachsen.
Berechnen Sie den für den technischen Sachverhalt wichtigen gemeinsamen Schnittpunkt der
beiden Funktionsgraphen.
Hinweis: Es gilt e−0,2⋅x =(e−0,1⋅x ) 2 .
b) Wählen Sie einen der Anwendung entsprechenden Definitionsbereich und stellen Sie beide
Funktionsgraphen unter Bestimmung des jeweiligen asymptotischen Verhaltens in einem gemeinsamen Schaubild bei sinnvoller Skalierung graphisch dar.
c) Die Fläche zwischen den beiden Graphen und der Ordinatenachse ist ein Maß für die übertragene Wärmemenge im Wärmetauscher. Berechnen Sie dieses Maß im Intervall [0; 10].
7.4 Exponentialfunktionen
293
7.4.4 Kurvendiskussion verknüpfter e-Funktionen
Thematisiert werden e-Funktionen, die multiplikativ mit Polynomfunktionen verknüpft sind:
f ( x) = P( x)⋅e x bzw. g ( x) = P( x)⋅e−x .
Die Kurvendiskussion - eingeschränkt auf lineare und quadratische Polynome - läuft nach bekanntem Schema ab, wobei neue Aspekte auftreten.
1. Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen
Beispiele
f1 ( x) = x⋅e x
f 2 ( x) = (2 x −1)⋅e
2
⇒ Graph geht durch den Ursprung;
x
⇒ Sy(0|-1), Sx(0,5|0);
−x
f3 ( x) = ( x − x − 2)⋅e
⇒ Sy(0|-2), Sx1(-1|0) und Sx2(2|0).
¾ Relevant ist immer nur P(x).
2. Extrema und Wendepunkte
Das gehört zum mathematischen Allgemeinwissen (ohne Beweis): (e x )' = e x .
Die Differentiation von f und g erfolgt mittels Produktregel; bei g kommt die Kettenregel dazu:
f ( x ) = P ( x )⋅e x
⇒ f '( x) = P '( x)⋅e x + P( x)⋅(e x )'
g ( x) = P( x)⋅e−x
⇒ g '( x) = P '( x)⋅e−x + P ( x)⋅(e−x )'
= P '( x)⋅e−x + P( x)⋅e−x ⋅(−1)
= P '( x)⋅e x + P ( x)⋅e x
f '( x) = [ P '( x) + P( x)]⋅e x
g '( x) = [ P '( x) − P( x)]⋅e−x
Beispiele
1
also Extremstelle für xE =− ;
4
7
g ( x) = (3 x − 4)⋅e−x ⇒ g '( x) = [3− (3x − 4)]⋅e−x = (−3 x + 7)⋅e−x , also Extremstelle für xE = .
3
f ( x) = (4 x − 3)⋅e x ⇒ f '( x) = [4 + (4 x − 3)]⋅e x = (4 x +1)⋅e x ,
Hinweis: Schrittweises Vorgehen unter Anwendung von Produkt- und ggf. Kettenregel ist auch möglich.
3. Graph
Die Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen, Extremal- und Wendepunkte liefern die gewohnt guten „Anhaltspunkte“. Das Grenzwertverhalten für x ĺ ± ∞ mit Rückschlüssen auf
asymptotisches Verhalten ermöglicht dann, den qualitativen Kurvenverlauf zu skizzieren.
Hierbei sind mehrere Fälle zu unterscheiden, abhängig davon, ob das Polynom P(x)
- linear (bzw. ungerade) oder quadratisch (bzw. gerade) ist,
- einen positiven oder negativen Leitkoeffizienten (= LK) enthält,
- multiplikativ mit dem Term ex oder e-x verknüpft ist.
In nachfolgender Tabelle sind die Möglichkeiten für Polynome 1. Grades zusammengefasst.
Diese lassen sich generell übertragen auf Polynome mit ungeradem höchsten Exponenten.
294
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
P(x) ist 1. Grades
f ( x ) = P ( x )⋅e x
g ( x) = P ( x)⋅e−x
P(x) mit negativem LK
lim f ( x) =+0
x→−∞
lim g ( x ) =∞
lim f ( x) =−∞
x→∞
lim g ( x) =−0
x→−∞
x→∞
P(x) mit positivem LK
lim f ( x) =−0
x→−∞
lim g ( x ) =−∞
x→−∞
lim f ( x) =∞
x→∞
lim g ( x) =+0
x→∞
ŹBeispiel: Die Funktion f ( x) = (3− 2 x)⋅e x soll diskutiert werden.
Lösung
1. Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen: Sy(0|3), Sx(1,5|0);
2. Extremalpunkte: f '( x) = (−2)⋅e x + (3− 2 x)⋅e x = (−2 x +1)⋅e x = 0, ⇒ also E (0,5 | 2 e ) .
3. Wendepunkte:
f ''( x) = (−2)⋅e x + (−2 x +1)⋅e x = (−2 x −1)⋅e x = 0 ⇒ also W (−0,5 |
4
).
e
Art des Extremums: f ''(0,5) =−3,3 < 0 ⇒ E ist Hochpunkt.
4. Asymptotisches Verhalten
⎧x →−∞ asymptotische Annäherung an die x-Achse ( + 0)
Nach Tabelle ergibt sich für ⎨
⎩ x →∞ uneigentliches Grenzwertverhalten ( −∞).
5. Graph (Aufgabe!)
Integration verknüpfter e-Funktionen
¾ Integration von f ( x) = P ( x)⋅e x
Sie verläuft unter Zugriff auf die Produktregel der Differentialrechnung:
( P ( x)⋅e x ) ' = P '( x)⋅e x + P( x)⋅(e x ) ' ⇔ P( x)⋅(e x )' = ( P( x)⋅e x ) '− P '( x)⋅e x oder
∫ P( x)⋅(e x ) ⋅' dx = ∫ ( P( x)⋅e x ) ⋅' dx − ∫ P '( x)⋅e x ⋅dx , also
∫ P(x)⋅e x ⋅dx = P( x)⋅e x − ∫ P '( x)⋅e x ⋅dx
.
ŹBeispiel: Die Funktion f ( x ) = (3− 2 x )⋅e x soll integriert werden.
Lösung
Gemäß dargestellter Regel folgt
∫ (3− 2 x)⋅e x ⋅dx = (3− 2 x)⋅e x − ∫ (−2)⋅e x ⋅dx
= (3− 2 x)⋅e x + 2⋅e x , also
∫ (3− 2 x)⋅e x ⋅dx = (5− 2 x)⋅e x .
Kontrolle: F ( x) = (5 − 2 x)⋅e x + C ⇒ F '( x) = (−2)⋅e x + (5 − 2 x)⋅e x = (3− 2 x)⋅e x = f ( x).
¾ Integration von g ( x) = P ( x)⋅e−x
Analog zu obiger Vorgehensweise und wegen ∫ e−x dx =−e−x + C (wieso?) resultiert
∫ P(x)⋅e−x ⋅dx = P( x)⋅e−x ⋅(−1) − ∫ P '( x)⋅e−x ⋅(−1)⋅dx
∫ P(x)⋅e−x ⋅dx = ∫ P '( x)⋅e−x ⋅dx − P( x)⋅e−x
.
oder
7.4 Exponentialfunktionen
295
ŹBeispiel: Die Funktion f ( x) = (2 − 3 x) ⋅ e − x soll integriert werden.
Lösung
Gemäß dargestellter Regel folgt
∫ (2 − 3x)⋅e−x ⋅dx = ∫ (−3)⋅e−x ⋅dx − (2 − 3x)⋅e−x
= −3⋅e−x ⋅(−1) − (2 − 3x)⋅e−x , also
∫ (2 − 3x)⋅e−x ⋅dx = (3x +1)⋅e−x .
Kontrolle: G ( x) = (3x +1)⋅e x + C ⇒ F '( x) = [3− (3 x +1)]⋅e−x = (2 − 3 x)⋅e−x = g ( x).
Produktregel der Integralrechnung
Die dargestellte Vorgehensweise ist dadurch begünstigt, dass die Funktionsterme ex bzw. e-x
auftreten; der Gültigkeitsumfang der Formeln ist entsprechend eingeschränkt.
Das Integrieren beliebiger multiplikativ verknüpfter Funktionen muss partiell erfolgen, was
sich verallgemeinernd folgendermaßen formulieren lässt:
Satz 7.11
Für differenzierbare Funktionen der Form f (x) = u(x)⋅ v(x) gilt
(1)
(2)
∫ u ( x)⋅v '( x)⋅dx = u ( x)⋅v( x) − ∫ u '( x)⋅v( x)⋅dx oder
∫ u '( x)⋅v( x)⋅dx = u ( x)⋅v( x) − ∫ u ( x)⋅v '( x)⋅dx .
Anmerkungen
1. Welche der beiden Formeln zweckmäßig ist, hängt von der Art der Integrandenfunktion ab. Treten
Terme wie ex bzw. e-x auf, ist die Version (1) mit der Festsetzung v′( x ) = e x geeignet (wieso?).
2. Bei komplizierteren Sachverhalten muss das partielle Integrieren mehrfach angewandt werden.
• Aufgaben
7.96
a) Führen Sie eine Kurvendiskussion durch für f ( x) = ( x − 2)⋅e x , bestimmen Sie also Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen, Extrema und Wendepunkte und zeichnen Sie Gf unter
Berücksichtigung des Verhaltens an den Rändern des Definitionsbereichs (ĺ Tabelle).
b) Berechnen Sie die Größe der von Gf und den Koordinatenachsen eingeschlossenen Fläche.
7.97
a) Führen Sie eine Kurvendiskussion durch für f ( x) = ( x 2 −1)⋅e x und zeichnen Sie Gf.
Erstellen Sie gemäß vorgegebener Struktur eine Tabelle, die für die multiplikative Verknüpfung von ex bzw. e-x mit quadratischen Polynomen P(x) Aussagen über das Verhalten an den
Rändern des Definitionsbereichs ermöglicht.
7.98
b) Erstellen Sie rechnerisch die Funktionsgleichung der Wendenormalen an der Stelle x = -1.
c) Berechnen Sie die Größe der Fläche, die von Gf und dem Graphen von f * ( x) = (1− x 2 )⋅e x
eingeschlossen wird.
Die Graphen der Funktionen f ( x) = 2( x − 2)⋅e x und g ( x) = ( x 2 − 4 x + 4)⋅e x schließen zusammen ein im 1. Quadranten liegendes Flächenstück ein. - Geben Sie seine Maßzahl an.
296
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
7.99
Stoßdämpfer haben die Aufgabe, die durch Fahrbahnunebenheiten verursachten Schwingungen
auszugleichen. Für einen von der Zeit t abhängigen Einschwingvorgang lassen sich die Höhenabweichungen des Fahrzeugaufbaues vom Normalniveau konkret durch f (t ) = 3⋅( t −1)⋅e−t und
t ≥ 0 beschreiben, wobei t in 0,1 s und f (t) in cm gemessen werden..
a) Berechnen Sie den Zeitpunkt, bei dem die Linie des Normalniveaus durchschritten wird, den
höchsten und tiefsten Punkt des Fahrzeugaufbaus sowie mögliche Wendepunkte im Kurvenverlauf.
b) Zeichnen Sie den Kurvenverlauf unter Einbeziehung markanter Punkte im Bereich 0 ≤ t ≤ 5 .
Geben Sie eine plausible Erklärung des Kurvenverlaufs nach Ursache und Wirkung ab.
c) Der hier eingesetzte Stoßdämpfer gilt als tauglich, wenn nach 0,5 s Einschwingdauer die Höhenabweichung des Fahrzeugaufbaus geringer als 0,1 cm ist. Überprüfen Sie diese Forderung
rechnerisch.
7.100 Ein Möbelhersteller produziert Schalensitze aus Kaltschaum, deren Sitzkontur sich annähernd
durch den Graphen Gf der Funktion f ( x) = 0, 4( x 2 − x +1)⋅e x im Bereich −2 ≤ x ≤1,1 (Angabe
in m) beschreiben lässt. Die Lehne ist im ersten, die Sitzfläche im zweiten Quadranten dargestellt. Die Abszissenachse ist als Bezugslinie für die Konturplanung anzusehen.
a) Berechnen Sie die Lehnenhöhe an der Stelle x = 1,1 und die gegenüber der Bezugslinie maximale Sitzflächenhöhe.
b) Berechnen Sie die Koordinaten der Sitzposition, an denen sich die Sitzflächenkrümmung
ändert (= Wendepunkt).
c) Zeichnen Sie Gf unter Einbeziehung markanter Punkte im Bereich x ∈⎡
⎣−2;1,1 ⎤
⎦.
d) Berechnen Sie dort, wo die Lehne gegenüber der Bezugslinie gemessen 80 cm hoch ist, ihren
Steigungswinkel.
Hinweis: Die fehlende x-Koordinate muss mit Hilfe des Newton’schen Näherungsverfahrens
berechnet werden (Startwert x1 = 1; zwei Iterationsschritte).
e) Berechnen Sie die Masse des Schalensitzes ( ρ = 0,055 kg/dm3 ) in kg, wenn er 50 cm breit ist.
*7.5 Krümmung und Krümmungsradius einer Kurve
Bisherige Überlegungen zur Krümmung haben sich darauf beschränkt, mit der 2. Ableitungsfunktion zu untersuchen, ob Kurven links- oder rechtsgekrümmt sind. Weiter ist in Verbindung
mit quadratischen Funktionen geäußert worden, der Scheitelpunkt zugehöriger Parabeln sei die
Stelle der stärksten Krümmung. - Keine Aussage ist darüber erfolgt, in welch’ starkem Maße
Kurven tatsächlich gekrümmt sind.
Betrachten wir zunächst einmal als einfachsten Fall Kreise mit vorgegebenem Radius und
fixiertem Mittelpunkt. Geometrisch-anschaulich dürfte klar sein:
­ klein, so ist der Kreis stark gekrümmt,
¯ groß, so ist der Kreis schwach gekrümmt.
Ist der Radius des Kreises ®
Es drängt sich auf, Krümmung als Quotient wie folgt festzulegen: Krümmung k =
wobei R für den Radius des Kreises steht.
1
.
mm
1
Für immer größere Kreise gilt dann letztendlich k ∞ = lim
=0.
R
R →∞
Beispiel: R = 100 mm, dann ist die Krümmung k = 0,01
1
,
R
*7.5 Krümmung und Krümmungsradius einer Kurve
297
¾ Schlussfolgerung: Geraden haben eine Krümmung vom Maß 0.
Um ein Maß für die Krümmung einer Kurve mit wechselndem Krümmungsverhalten zu erhalten, ist es sinnvoll, die Kurvenkrümmung in ihren verschiedenen Kurvenpunkten festzulegen.
Das bedeutet, in dem zu untersuchenden Punkt denjenigen Kreis (= Krümmungskreis) herauszufinden, der die Kurve dort berührt und die gleiche Krümmung wie sie hat.
Ist das getan, lässt sich jeweils auf Krümmungsradius R und Krümmung k schließen.
¾ Die Krümmung einer Kurve in einem Punkt ist ein Vergleichsmaß für die Abweichung der
Kurve von der Tangente in diesem Punkt.
Ź Beispiel: f ( x) =
1 2
x – Das Krümmungsverhalten im Punkt P0(4|1) ist gesucht.
16
Lösung
– Normale in P0
1
1
Aus f ' ( x) = x folgt f ' (4) = , also m N 0 = −2 .
8
2
Die Punktsteigungsform liefert
y − 1 = −2( x − 4) oder
y = −2 x + 9 . (*)
y
Mk
N1
N0
1
16
Bild 7.19
1 2
f ( x) =
x - Krümmungskreis in P0(4|1)
16
(4+h) 2
P1
1
P0
t0
4
4+h
1
( 4 + h) 2 ) :
16
1
1
8
Aus f ' ( x) = x folgt f ' (4 + h) = ( 4 + h) und damit m N 1 = −
.
8
8
4+h
1
8
Punktsteigungsform führt auf y − (4 + h) 2 = −
[ x − (4 + h)] oder
16
4+h
1
8
y=−
x + 8 + ( 4 + h) 2 .
16
4+h
Die Schnittpunktbedingung hilft weiter:
8
1
−2 x + 9 = −
x + 8 + ( 4 + h) 2
4+h
16
1
8
) x = −1 + (4 + h) 2
(−2 +
16
4+h
1
− 2hx = (4 + h)[−1 + (4 + h) 2 ]
16
h
1
− 2hx = (4 + h)(−16 + 16 + 8h + h 2 = (4 + h)(8 + h)
16
16
1
Ÿ x N = − (4 + h)(8 + h) .
32
– Normale im „dicht bei“ liegenden Punkt P1 (4 + h |
x
298
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Und nun die entscheidende Überlegung: Die Ermittlung des Grenzwertes für h → 0 liefert die xk -Komponente des Krümmungskreis-Mittelpunktes, also
1
xk = lim [− (4 + h)(8 + h)] = −1 .
32
h →0
Eingesetzt in (*):
yk = −2(−1) + 9 = 11 , also M k (−1 | 11) .
Der Krümmungsradius resultiert zu Rk = (4 − (−1)) 2 + (1 − 11) 2 Ÿ R ≈ 11,18LE ;
somit gilt für das Maß der Krümmung k ≈ 0,089
1
.
LE
Zugegeben: Die Rechnung ist nicht einfach und kann bei komplizierteren Funktionen selbst
bei CAS-Rechnereinsatz (ĺ Ausblick, nach Kapitel 10) immer aufwändiger werden.
Land ist in Sicht, wenn die Verallgemeinerung angegangen wird.
Verallgemeinerung
Für den Graphen einer zweimal differenzierbaren Funktion ƒ(x) ist das Krümmungsverhalten
im Punkt P0 ( x0 | f ( x0 )) gesucht. – Bild 7.19 hilft veranschaulichen, wenn die Koordinaten von
P0 und P1 entsprechend geändert werden.
– Normale in P0
Mit mt ( x0 ) = f ' ( x0 ) folgt mN 0 = −
1
1
und damit y − f ( x0 ) = −
( x − x0 ) oder
f ' ( x0 )
f ' ( x0 )
(**) y = −
1
1
x+
x0 + f ( x0 ) .
f ' ( x0 )
f ' ( x0 )
– Normale im „dicht bei“ liegenden Punkt P1 ( x0 + h | f ( x0 + h) :
Mit mt ( x0 + h) = f ' ( x0 + h) folgt mN1 = −
y − f ( x0 + h) = −
y=−
1
und damit
f ' ( x0 + h)
1
( x − ( x0 + h)) oder
f ' ( x0 + h)
1
1
x+
( x0 + h) + f ( x0 + h) .
f ' ( x0 + h)
f ' ( x0 + h)
Die Schnittpunktbedingung liefert
−
1
1
1
1
x+
x0 + f ( x0 ) = −
x+
( x0 + h) + f ( x0 + h)
f ' ( x0 )
f ' ( x0 )
f ' ( x0 + h)
f ' ( x0 + h)
(
und
1
1
1
1
1
)x = (
−
−
) x0 +
h + f ( x0 + h) − f ( x0 ) .
f ' ( x0 + h) f ' ( x0 )
f ' ( x0 + h) f ' ( x0 )
f ' ( x0 + h)
Und so geht es weiter – eine echte Herausforderung für Lernende – und führt zunächst auf
x N = x0 −
f ' ( x0 ) +
f ( x0 + h) − f ( x0 )
⋅ f ' ( x0 + h) ⋅ f ' ( x0 )
h
.
f ' ( x0 + h) − f ' ( x0 )
h
*7.5 Krümmung und Krümmungsradius einer Kurve
299
¾ Die xk -Komponente des Krümmungskreises resultiert als Grenzwert für h → 0 :
xk = lim x N = lim ( x0 −
h →0
f ' ( x0 ) +
h→0
f ( x0 + h) − f ( x0 )
⋅ f ' ( x0 + h) ⋅ f ' ( x0 )
h
) , also
f ' ( x0 + h) − f ' ( x0 )
h
xk = x0 −
f ' ( x0 ) + f ' ( x0 ) ⋅ f ' ( x0 ) ⋅ f ' ( x0 )
oder
f ' ' ( x0 )
xk = x0 −
1 + [ f ' ( x0 ]2
⋅ f ' ( x0 )
f ' ' ( x0 )
( xk -Komponente des Krümmungskreis-Mittelpunktes).
Zur Ermittlung der yk -Komponente wird xk in Gleichung (**) eingesetzt:
yk = −
1
1
xk +
x0 + f ( x0 ) oder
f ' ( x0 )
f ' ( x0 )
yk = −
1 + [ f ' ( x0 ]2
1
1
⋅ ( x0 −
⋅ f ' ( x0 )) +
⋅ x0 + f ( x0 ) , also
f ' ( x0 )
f ' ' ( x0 )
f ' ( x0 )
yk = f ( x0 ) −
1 + [ f ' ( x0 ]2
1
⋅ f ' ( x0 )) +
⋅ x0 + f ( x0 )
f ' ' ( x0 )
f ' ( x0 )
yk = f ( x0 ) +
1 + [ f ' ( x0 ]2
f ' ' ( x0 )
( yk -Komponente des Krümmungskreis-Mittelpunktes).
Für den Krümmungsradius gilt allgemein Rk = ( xk − x0 ) 2 +( yk − y0 ) 2 , also
2
§
· §
·
1 + [ f ' ( x0 )]2
1 + [ f ' ( x0 )]2
⋅ f ' ( x0 ) − x0 ¸ + ¨ f ( x0 ) +
− y0 ¸
Rk = ¨ x0 −
¨
¸
¨
¸
f ' ' ( x0 )
f ' ' ( x0 )
©
¹ ©
¹
2
2
§ 1 + [ f ' ( x0 )]2
· § (1 + [ f ' ( x0 )]2 ·
¸ =
Rk = ¨ −
⋅ f ' ( x0 ) ¸ + ¨
¸
¨
¸ ¨
f
'
'
(
x
)
f
'
'
(
x
)
0
0
©
¹ ©
¹
Rk =
(1 + [ f ( x0 )]2 )3
f ' ' ( x0 )
2
oder
(1 + [ f ' ( x0 )]2 ) 2 ⋅ ([ f ' ( x0 )]2 + 1)
[ f ' ' ( x0 )]2
bzw.
, wobei f ' ' ( x0 ) ≠ 0 .
In einschlägigen Formelsammlungen findet sich die Aussage häufig wie folgt geschrieben:
Rk =
(1 + [ f ' ( x0 )]2 )1,5
f ' ' ( x0 )
(Radius des Krümmungskreis-Mittelpunktes).
Damit erschließt sich für das Krümmungsverhalten inhaltlich folgender Satz:
300
7 Vertiefung der Differential- und Integralrechnung
Satz 7.12
Der Graph einer zweimal differenzierbaren Funktion ƒ hat an der Stelle x0 ein
Krümmungsverhalten von
k=
f ' ' ( x0 )
1
=
Rk (1 + [ f ' ( x0 )]2 )1,5
¾ k < 0: Kurve ist rechtsgekrümmt; k > 0: Kurve ist linksgekrümmt.
• Aufgaben
7.101 Berechnen Sie ohne Verwendung „fertiger“ Formeln den Krümmungsradius der Parabel zu
1 2
f ( x) =
x in ihrem Scheitelpunkt.
16
7.102 Berechnen Sie Krümmung und Krümmungskreismittelpunkt der Parabel mit f ( x) = 0,04 x 2
a) in ihrem Scheitelpunkt;
b) an der Stelle x = 5.
7.103 Weisen Sie generell nach, dass die xS-Komponente des Scheitelpunktes einer Parabel identisch ist
mit der Stelle ihrer stärksten Krümmung.
7.104 Für die in Bild 7.20 dargestellte mit einer parabelförmigen Zufahrt beginnende Loopingbahn ist das
Maß xS zu berechnen und die Parabelgleichung anzugeben (Angabe in m).
Bild 7.20
y
25
R10
xS
x
7.105 Greifen Sie zurück auf die Aufgabe 5.50 (ĺ S. 220) und berechnen Sie das Maß der Krümmung
im Stützpunkt P. – Äußern Sie sich generell über das Krümmungsverhalten in Wendepunkten.
7.106 Die Trassierung einer Straße soll für einen bestimmten Bereich x∈[-1; 5] (Angabe in 100 m)
1 4 1 3
modelliert werden gemäß der Funktion f ( x ) =
x − x + x2 .
24
3
a) Berechnen Sie jeweils das Krümmungsmaß für x0 = 0, x1 = 1, x2 = 2, x3 = 3 und x4 = 4.
b) Interpretieren Sie das Ergebnis für x2 = 2 und skizzieren Sie den Straßenverlauf.
7.107 Auf einem Umschlagplatz für Containerverladung verlaufen zwei Gleisanlagen, die vom Logistikcenter ausgehend gemessen den Graphen folgender Funktionen entsprechen:
1
1
f ( x) = und g ( x) = 2 , wobei gilt x ≤ 5 und y ≤ 5 bei einem Maßstab von 1:10.000.
x
x
Berechnen Sie, mit wie viel % die Gleisverläufe an der Weiche in ihrem Krümmungsverhalten
voneinander abweichen.
7.108 Berechnen Sie das Krümmungsmaß der Sinuskurve (Periodenlänge: 2π) in ihren Extremstellen.
7.109 Ermitteln Sie rechnerisch die Funktionsgleichung der Parabel, die an der Stelle x0 = 0 die gleiche
Krümmung wie der Graph der Cosinusfunktion g ( x) = cos x aufweist.
7.110 a) Berechnen Sie das Krümmungsmaß des Graphen zu f ( x) = e x im Ordinatenschnittpunkt.
b) Untersuchen Sie, an welcher Stelle die e-Funktion die stärkste Krümmung aufweist.
301
Teil B: Analytische Geometrie
Neben der Analysis gehört die Analytische Geometrie zu den bedeutsamsten Gebieten der
Mathematik. Es geht im Wesentlichen darum, den Anschauungsraum unter Angabe von Koordinaten geometrisch zu erfassen, also geometrische Sachverhalte und rechnerische Methoden
in einer sogenannten Koordinatengeometrie miteinander zu verbinden. Die Grundlagen dazu
finden sich bereits bei den Griechen, wesentliche Erweiterungen dieser Überlegungen sind
insbesondere René Descartes1) zu verdanken.
Der eigentliche Durchbruch ist mit Einführung der Vektorrechnung erfolgt. Vektoren2) als
Pfeile stehen im Mittelpunkt der folgenden Überlegungen. Zunächst ist es das elementare
Rechnen mit diesen mathematischen Objekten, die Vektoralgebra; dann erfolgt die Erweiterung auf Geraden und einschränkend auf Ebenen im Raum. Der eigentlichen Zielsetzung der
Analytischen Geometrie in ihrer Einführung auf schulischer Ebene wird damit Rechnung getragen. Angedeutet werden soll, dass sich mit den Vektoren mehrdimensionale Räume rechnerisch erfassen lassen und sich mannigfaltige Anwendungen wie z. B. in der Atomphysik erschließen.
Auf Nahtstellen zwischen der Analysis und der Analytischen Geometrie wird hingewiesen, so
u. a. durch Bezüge zu den Geraden im R2 und zu den komplexen Zahlen.
Ausblickend noch soviel: Mit der Vektoranalysis3) werden die Grenzen zwischen den beiden
Themengebieten verwischt.
1)
2)
3)
siehe Seite 40
Der Begriff Vektor stammt von William R. Hamilton (1805–1865); irischer Mathematiker. Er gilt
neben dem deutschen Mathematiker Graßmann (1809–1877) als Erfinder der Vektorrechnung.
Angelegenheit von Hochschulen und Universitäten
302
8 Vektoren
8 Vektoren
8.1 Grundlagen
8.1.1 Skalare und vektorielle Größen
Der Begriff der naturwissenschaftlichen oder technischen Größe wird als bekannt vorausgesetzt. Zur Erinnerung noch einmal die Kurzformel:
Größe = Zahlenwert mal Einheit.
Mit der Feststellung, ein Körper habe eine Masse von m = 75 kg, ist alles Wesentliche zu seiner Materialmenge gesagt. Wirkt auf diesen Körper eine bestimmte Kraft ein, z. B. 150 N,
reicht diese Angabe nicht aus, die physikalische Tragweite hinreichend zu erfassen. Die Richtung der einwirkenden Kraft muss gekennzeichnet werden, dann erst erschließt sich, wohin der
m
Körper sich mit hier a = 2 2 beschleunigt fortbewegt1).
s
Je nach physikalischer Charakteristik wird unterteilt in skalare und vektorielle Größen, wobei
wie folgt unterschieden wird:
Skalar :
Vektor :
Größe, bei der es nur auf die Angabe von Maßzahl und Einheit ankommt.
Eine Größe, bei der es zusätzlich der Angabe ihrer Wirkrichtung bedarf.
Beispiele für Skalare
Masse
m
t
Zeit
W
Arbeit
T
Temperatur
elektr. Spannung U
Beispiele für Vektoren
Kraft
Weg
Beschleunigung
elektrische Feldstärke
magnetische Feldstärke
F
s
a
E
H
Skalar- und Vektor-Begriff sind auch und gerade in der Mathematik unverzichtbar.
¾ Skalare sind schlichtweg Zahlen, den Unterschied zum Vektor herausstellend.
8.1.2 Der Vektorbegriff
Ein Blick auf das Wetter soll helfen, den Vektorbegriff weiter zu erhellen.
Von Millionen in den Medien mit Interesse verfolgt, ist es Aufgabe des meteorologischen
Dienstes, tägliche Voraussagen zu treffen.
1)
Newton’sches Axiom: Kraft = Masse mal Beschleunigung
8.1 Grundlagen
303
Üblich ist es, die Hoch- bzw. Tiefdruckgebiete in Wetterkarten darzustellen und ihre
voraussichtlichen Verlagerungen zu markieren.
Bild 8.1 zeigt den Ausschnitt einer solchen
Wetterkarte, hier mit einer durch Vollpfeil
gekennzeichneten
Kaltfrontverlagerung
und einer mit umrahmtem Pfeil dargestellten abziehenden Warmluft.
Jeweils e i n Pfeil repräsentiert a l l e
Verschiebungen der Luftpartikel in einer
Richtung.
Der Blick in den Mikrobereich erschließt
sich gemäß Bild 8.2:
Die dargestellten Pfeile kennzeichnen unter
Berücksichtigung eines geeigneten Maßstabes die auf einzelne Luftpartikel einer
jeweiligen Wetterfront wirkende Verschiebung. Sie veranschaulichen damit als gerichtete Strecke (ausschnittsweise) die
Gesamtheit aller Verschiebungen
Bild 8.1 Wetterkarte mit Kalt- und Warmfront
JJJG
Bild 8.2 AZ als Repräsentant
derselben Charakteristik.
Und genau diese Menge parallelgleicher Pfeile ist es, die V e k t o r 1) genannt wird.
G
Unter Verwendung des Symboles v (gelesen: Vektor v) ergibt sich
G
JJJJG JJJJG JJJJG
JJJG
v = { P1P1' , P2 P2' , P3 P3' ,..., AZ ,... }.
Definition 8.1
Ein Vektor ist eine Größe für die Gesamtheit aller Verschiebungen gleicher
Länge, Richtung und Orientierung.
G
Zwecks Schreibweise von Vektoren verwendet man neben v die Symbole
GG G G G G
a , b, c ,..., x , y, z .
Der aufgesetzte Pfeil stellt den geometrischen Aspekt der gerichteten Strecke heraus.
Die Definition offenbart es: Ein Vektor an sich ist von der Anschauung her ein unhandliches
Gebilde, in seiner Gesamtheit letztendlich nicht zu zeichnen. Gleichwohl genügt jeder Pfeil für
sich allein, den Vektor in seiner Charakteristik zu veranschaulichen.
1)
von vehere (lat.): fahren
304
8 Vektoren
G
Sinnvoll ist es daher, für den in A beginnenden Repräsentanten von v (Bild 8.2) kürzer zu
G
sagen, es sei der in A abgetragene Vektor v .
G JJJG
Die vereinfachte Schreibweise v = AZ , (gelesen: Vektor AZ), ist akzeptabel, obwohl gemäß
G
Definition 8.1 ein Unterschied besteht zwischen dem eigentlichen Vektor v und seinen Repräsentanten, den einzelnen Pfeilen.
Entsprechend tituliert man gelegentlich unter geometrisch-anschaulichem Aspekt
⎫
Anfangspunkt A als Fuß
⎬ des Vektors.
End − /Zielpunkt Z als Spitze ⎭
Im Klartext: Es ist verständlich und der Mathematik nicht abträglich, wenn bereits der einzelne
Pfeil (nicht ganz korrekt) als Vektor bezeichnet wird.
Betrag des Vektors
Man versteht darunter die Länge (= Betrag) des Vektors und schreibt
G
JJJG
| v | = | AB | = v mit v • 0.
Der Zahlenwert (in der Anwendung mit Einheit zu versehen) ist ein Skalar.
Sonderfälle
G
1. Einheitsvektor e : Vektor mit dem Betrag 1.1)
G
2. Nullvektor 0 :
Vektor mit dem Betrag 0. Es erfolgt keine Verschiebung.
Geometrische Merkmale eines Vektors
G
Bild 8.3 zeigt einen Repräsentanten von v .
Seine geometrischen Merkmale
– Betrag
– Richtung
– Orientierung (= Richtungssinn)
Bild 8.3 Betrag eines Vektors
ergeben sich aus der Darstellung.
Vektor und Gegenvektor
Ein Vektor wird durch einen Pfeil mit Anfangspunkt A und Zielpunkt Z repräsentiert (und
nicht umgekehrt). Das rechtfertigt den Begriff Orientierung (= Richtungssinn) zu verwenden.
G
Der zu v inverse Vektor (Bild 8.4) heißt Gegenvektor.2) Er ist gekennzeichnet durch gleiche
Richtung und gleichen Betrag, aber umgekehrte Orientierung.
1)
2)
über Bedeutung und weitere Schreibweisen später mehr
in der Mechanik beim Freimachen von Kräften von Bedeutung: „actio = reactio“
8.1 Grundlagen
305
JJJG JJG
G
Man schreibt - v = - AZ = ZA , wobei
G
G
|- v | = | v | = v.
Bild 8.4: Vektor und Gegenvektor
8.1.3 Eigenschaften von Vektoren
Gleichheit
Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass jeder andere der dargestellten parallelgleichen Pfeile den Vektor repräsentieren könnte. Somit ist es sinnvoll, die Gleichheit wie folgt zu
definieren:
Definition 8.2
G
G
G
G
Vektoren a und b sind gleich ( a = b ), wenn ihre Repräsentanten übereinstimmen nach
Länge, Richtung und Orientierung.
Kollinearität
Die Eigenschaft steht für gleichgerichtete Vektoren.
Definition 8.3
Vektoren heißen kollinear zueinander, wenn sich ihre Repräsentanten parallel verschieben
lassen auf eine
die gemeinsame Richtung vorgebende Gerade.
¾ Schlussfolgerung: Kollineare Vektoren sind zu ein und derselben Geraden parallel.
Sie heißen
⎫
− bei gleicher Orientierung parallel
⎬ zueinander.
− bei entgegengesetzter Orientierung anti- parallel ⎭
Parallele und anti-parallele Vektoren
Zwecks Unterscheidung formuliert man
anschaulicher, sie seien zueinander
− gleichsinnig (↑ ↑ ) ⎫
⎬ parallel.
− gegensinnig (↑ ↓ ) ⎭
Bild 8.5 Kollineare Vektoren
G
G
G
G
G
G
Aus Bild 8.5 ergibt sich z. B. a ↑ ↑ b bzw. a ↑ ↓ c , also folgt b↑ ↓ c (Transitivität!).
306
8 Vektoren
Sonderfall: Einheitsvektoren
G
G
G
Der zu v kollineare Einheitsvektor wird bezeichnet mit e v = v ° (Gelesen: v oben null).
G G G
G G G
Entsprechend: a °, b°, c °," , x °, y °, z °.
Und noch eine Besonderheit:
¾ Dem Nullvektor ist keine Richtung zuzuordnen; er ist kollinear zu jedem anderen Vektor.
Komplanarität
Trägt man zwei Repräsentanten nicht-kollinearer Vektoren an einem gemeinsamen Anfangspunkt an, spannen sie im Raum eine Ebene auf.
Definition 8.4
Vektoren heißen komplanar zueinander, wenn sich ihre Repräsentanten parallel verschieben lassen auf eine
durch zwei nicht-kollineare Vektoren aufgespannte Ebene.
¾ Schlussfolgerung: Komplanare Vektoren sind zu ein und derselben Ebene parallel.
Die im Tetraeder (Bild 8.6) durch Anfangspunkt P1 und die Endpunkte P2 bzw. P3 gekennzeichneten Repräsentanten der Vektoren
G G
G
a , b und c veranschaulichen, dass diese komplanar sind. Entsprechendes (Aufgabe!) lässt
sich unter Einbeziehung des Punktes P4 für die
drei anderen durch Vektoren aufgespannten
Ebenen aussagen.
¾ Der Nullvektor ist komplanar zu jedem
Vektor.
G G
G
Bild 8.6 Komplanare Vektoren a , b und c
Freie, linientreue, gebundene Vektoren
Der mathematische Vektorbegriff basiert auf der Gesamtheit aller Verschiebungen, der physikalische geht vom einzelnen Pfeil aus.
In der Anwendung ist es ratsam, weitere Eigenschaften von Vektoren einfließen zu lassen:
1. Freie Vektoren dürfen unter Beibehaltung von Betrag, Richtung und Orientierung frei
verschoben werden; sie entsprechen im Wesentlichen dem mathematischen Vektorbegriff.
Beispiel: Geschwindigkeitsvektor einer gleichförmigen Bewegung.
2. Linientreue (= linienflüchtige) Vektoren dürfen nur längs ihrer Wirkungslinie verschoben
werden; man nennt sie gelegentlich auch Linienvektoren.
Beispiel: Kräfte, die an einem (starren) Körper angreifen.
3. Gebundene Vektoren sind solche, die von einem festen Anfangspunkt ausgehen.
8.1 Grundlagen
307
a) Ortsvektoren (ĺ S. 308) stellen einen Spezialfall dieses Typs dar. Im Ursprung eines
beliebigen Koordinatensystems beginnend, markieren sie die Lage verschiedener Punkte in diesem System.
b) Feldvektoren sind von besonderer Bedeutung für Physik und Elektrotechnik.
Die Strömungsverhältnisse eines Flusslaufes sollen
als Beispiel dienen.
Das inhomogene Geschwindigkeitsfeld der Oberflächenströmung (Bild 8.7) erfordert, für z. B. zwei an
verschiedenen Stellen befindliche Körper (durch die
G
G
Ortsvektoren r1 und r2 markiert) auch verschiedene
Geschwindigkeitsvektoren anzugeben, die nicht
mehr frei verschiebbar sind.
Es leuchtet ein, dass für konkrete Anwendungen
Untersuchungen räumlicher Strömungsfelder notwendig sind.
Bild 8.7 Gebundene Vektoren
Durch Wahl eines geeigneten 3-dimensionalen Koordinatensystems lassen sich unterschiedliche vektorielle Größen exakt erfassen.
Die Ausführungen sind übertragbar auf das Kraftfeld unserer Erde1) und generell auf
magnetische oder elektrische Felder.
JJG
Der magnetische Feldstärkevektor H ist es, der jedem Punkt eines Magnetfeldes Richtung und Stärke der magnetischen Kraft zuordnet;
JG
für den elektrischen Feldstärkevektor E gilt Entsprechendes.
Freier Vektor hin, gebundener Vektor her. Ein Gemeinsames gibt es, das Rechnen mit Vektoren, die Vektoralgebra.
8.1.4 Vektoren im Anschauungsraum
Rückblickend könnte die Formulierung Gesamtheit aller Verschiebungen 2) durchaus noch auf
ein gewisses Unverständnis stoßen.
Zwei Beispiele sollen den vorgestellten mathematischen Vektorbegriff verinnerlichen helfen
und im Hinblick auf den algebraischen Umgang mit Vektoren behutsam erweitern.
1)
2)
Bezogen auf den Mittelpunkt der Erde weist ein Körper der Masse m je nach Lage unterschiedliche
Gewichtskräfte auf: Am Äquator ist die Gewichtskraft kleiner als an den Polen; je höher es hinaus
geht, desto leichter wird er.
Eine klassische Anwendung für eine solche „Gesamtheit“ liefern die Nachformfertigungsverfahren,
wie z. B. das Anfertigen eines Nachschlüssels.
308
8 Vektoren
1. Beispiel: Verschiebung in der R2-Ebene (x,y-Ebene)
Die Verschiebung der Normalparabel P: y = x2 aus dem Ursprung des Koordinatensystems
heraus in den Scheitelpunkt S(5|2) bedeutet letztendlich, das mit jedem Punkt der Parabel P
auf genau gleiche Art zu tun.
Tabelle 8.1
xi
yi
x i’
y i’
xi’- xi
yi’- yi
P1ĺP1’
-2
4
3
6
5
2
P2ĺP2’
-1
1
4
3
5
2
OĺS
0
0
5
2
5
2
P3ĺP3’
1
1
6
3
5
2
P4ĺP4’
2
4
7
6
5
2
y
P1 '
P4
P1
Bild 8.8 Verschiebung einer Parabel im R2
Z
v
P2'
A
P2
P3'
S
1 P3
0
P4 '
1
x
Gemäß Tabelle 8.1 repräsentiert jeder dargestellte Pfeil den geometrischen Vorgang,
⎧ x-Richtung um 5 Einheiten ⎫
⎬ zu verschieben.
jeden Punkt der Parabel P in ⎨
⎩ y -Richtung um 2 Einheiten⎭
Als Vektor geschrieben gilt für die Gesamtheit der Verschiebungen
JJJJG JJJJG JJJJG JJJG JJJG
⎛ 5⎞
G
v = { P1P1' , P2 P2' , P3 P3' ,..., AZ ,..., OS ,... } = ⎜ ⎟1) .
⎝ 2⎠
JJJG
G
Somit kann auch AZ in Bild 8.8 als Repräsentant für Vektor v herhalten, obwohl weder der
Anfangspunkt A(0,5|2,5) noch der End- oder Zielpunkt Z(5,5|4,5) auf der aus dem Ursprung
heraus verschobenen Parabel liegen.
G ⎛ x − x A ⎞ ⎛ 5,5 − 0,5 ⎞ ⎛ 5⎞
Das Charakteristikum der Verschiebung ist gegeben: v =⎜ Z
⎟=⎜
⎟=⎜ ⎟.
⎝ yZ − y A ⎠ ⎝ 4,5 − 2,5⎠ ⎝ 2⎠
Ortsvektor
G
Ein spezieller Repräsentant des Vektors v ist der (Orts-)Pfeil von O(0|0) nach S(5|2). Sein
Anfangspunkt liegt im Ursprung des Koordinatensystems; er wird Ortsvektor genannt.
Als gebundener Vektor markiert er die Lage von S bezüglich des Ursprungs: S(5|2).
G JJJG ⎛ 5⎞
Die Schreibweise v = OS =⎜ ⎟ steht im Einklang mit den bisherigen Ausführungen.
⎝ 2⎠
G
¾ Die skalaren Komponenten von v stimmen mit den Koordinaten von S überein.
1)
Vorwegnehmend: Bei dieser Darstellung handelt es sich um die Spaltenschreibweise eines Vektors im
R2; die Zahlen 5 und 2 werden Koordinaten (oder skalare Komponenten) des Vektors genannt.
8.1 Grundlagen
309
2. Beispiel: Verschiebung im R3
Das Beispiel aus der 3D-Fertigungstechnik zeigt ein in Bild 8.9 dargestelltes Formstück.
Tabelle 8.2
xi
yi
zi
x i’
y i’
zi’
xi’- xi
yi’- yi
zi’- zi
P1ĺP1’
0
5
0
5
2
-1
5
-3
-1
P2ĺP2’
0
6
-0,875
5
3
-1,875
5
-3
-1
P3ĺP3’
0
7
-1,5
5
4
-2,5
5
-3
-1
P4ĺP4’
0
8
-1,875
5
5
-2,875
5
-3
-1
S ĺ S’
0
9
-2
5
6
-3
5
-3
-1
P5ĺP5’
0
10
-1,875
5
7
-2,875
5
-3
-1
P6ĺP6’
0
11
-1,5
5
8
-2,5
5
-3
-1
P7ĺP7’
0
12
-0,875
5
9
-1,875
5
-3
-1
P8ĺP8’
0
13
0
5
10
-1
5
-3
-1
Ausgehend von der y,z-Ebene besteht
gemäß Tabelle 8.2 die Notwendigkeit,
jeden Punkt des Parabelbogens P1P8 zu
verschieben in
⎧ x-Richtung um + 5 Einheiten ⎫
⎪
⎪
⎨ y -Richtung um − 3 Einheiten ⎬ .
⎪
⎩ z -Richtung um −1 Einheiten ⎪
⎭
Bild 8.9 Verschiebung einer Parabel im R3
Die Charakteristik der Werkzeugbewegung in ihrer Gesamtheit ergibt sich als Vektor zu
G
v =
JJJJG JJJJG JJJJG
JJJG
{ P1P1' , P2 P2' , P3 P3' ,..., SS ',... }
⎛+5⎞
⎜ ⎟
= ⎜−3⎟ .
⎜ ⎟
⎝−1⎠
Wie auch im Beispiel 1 (R2-Ebene) fällt auf, dass die Koordinaten-Differenzen der Punktepaare Pi Pi' den Vektor ausmachen, und zwar unabhängig vom jeweiligen Anfangspunkt Pi.
Das ist Veranlassung, den in Definition 8.1 festgeschriebenen Vektorbegriff zu ergänzen:
310
8 Vektoren
Definition 8.5
Im R3 sei eine Verschiebung markiert durch
Anfangspunkt P1(x1|y1|z1) und Endpunkt P2(x2|y2|z2).
G
Dann steht Vektor v für die Gesamtheit aller gerichteten Strecken, die hinsichtlich ihrer
Koordinatendifferenzen (x2 - x1, y2 - y1, z2 - z1) der Reihe nach übereinstimmen.
⎛v ⎞ ⎛ x − x ⎞
2
1
⎟
Man schreibt v =⎜ v y ⎟=⎜ y2 − y1 ⎟
⎜
⎟
⎜ ⎟
⎝ vz ⎠ ⎝ z2 − z1 ⎠
G ⎜ x⎟ ⎜
(Spaltenschreibweise)
G
und nennt die Koordinatendifferenzen skalare Komponenten bzw. Koordinaten von v .
Bild 8.10 veranschaulicht die Ausführungen.
⎛x −x ⎞
G ⎜ 2 1⎟
Bild 8.10 v =⎜ y2 − y1 ⎟
⎜
⎟
⎝ z2 − z1 ⎠
Spalten- und Zeilenvektor
Der in Spaltenschreibweise angegebene Vektor heißt üblicherweise Spaltenvektor.
G
Bei Zeilenvektoren erfolgt die Koordinatenangabe in Zeilenschreibweise: v = (vx, vy, vz ).
Sonderfall: Vektoren im R2 (x,y-Ebene)
G ⎛ x −x ⎞
Die Koordinatendifferenz (z2 – z1) ist zu streichen, also v =⎜ 2 1 ⎟ (ĺ Beispiel 1, Bild 8.8).
⎝ y2 − y1 ⎠
Ortsvektoren
In Bild 8.11 wird die Verschiebung repräsentiert durch ein Punktepaar mit
Anfangspunkt O(0|0|0) und Endpunkt P(xP|yP|zP).
Die sich auf den Ursprung des 3-dimensionalen Koordinatensystems beziehenden Koordinatendifferenzen
G
markieren den Ortsvektor r :
⎛ x −0⎞ ⎛ x ⎞
p
⎟ ⎜ p⎟
r = OP =⎜ y p − 0⎟=⎜ y p ⎟.
⎜ z −0⎟ ⎜ z ⎟
⎝ p
⎠ ⎝ p⎠
G
JJJG ⎜
G
Bild 8.11 Ortsvektor r
Seine skalaren Komponenten entsprechen den Koordinaten des Punktes P(xP |yP |zP) im R3.
8.1 Grundlagen
311
¾ Ortsvektoren legen umgekehrt eindeutig Punkte im Raum fest.
G G G
Ortsvektoren r1, r 2 , r3 , ... markieren die Punkte P1, P2, P3 , ...;
G G
G
Ortsvektoren rA , rB , rC , ... führen zu Eckpunkten A, B, C , ...
G ⎛ 0⎞
Nullvektor: Die Koordinatenschreibweise liefert im R2: 0 =⎜ ⎟,
⎝ 0⎠
⎛ ⎞
G ⎜ 0⎟
im R3: 0 =⎜ 0⎟.
⎜ ⎟
⎝ 0⎠
Betrag des Vektors
Definition 8.5 sagt nichts über den Betrag des Vektors. Das ist auch nicht erforderlich, weil
JJJJG
sich durch P1P2 die Länge infolge zweimaliger Anwendung des Pythagoras1) erschließt.
Satz 8.1
JJJJG
G
Es seien P1(x1|y1|z1) und P2(x2|y2|z2) zwei Punkte im R3, die mit P1P2 Vektor v repräsentieren.
G
JJJJG
Dann gilt für seinen Betrag v = v =| P1P2 |= ( x2 − x1 ) 2 + ( y2 − y1 ) 2 + ( z2 − z1 )2 .
G
Für den konkreten Fall (Beispiel 2, Bild 8.9) ist v = v = 52 + (−3) 2 + (−1) 2 ⇒ v = 35 LE.
1. Sonderfall: R2-Ebene
G
JJJJG
Wegen Fortfalls der z-Koordinatendifferenz resultiert v = v =| P1P2 |= ( x2 − x1 ) 2 + ( y2 − y1 )2 .
G JJJJG
Für Beispiel 1 (Bild 8.8) ergibt sich v = v =| P1P2 |= 52 + 22 ⇒ v = 29 LE.
2. Sonderfall: Zahlengerade R
G
JJJJG
Die y-Koordinatendifferenz entfällt zusätzlich: v = v =| P1P2 |= ( x2 − x1 )2 oder v = | x2 − x1 | .
Gleichheit von Vektoren
Aus den Definitionen 8.2 und 8.5 erschließt sich für in Koordinatenschreibweise angegebene
Vektoren des R3 die Gleichheit wie folgt:
Satz 8.2
G
G
Vektoren a und b sind gleich, wenn sie in ihren skalaren Komponenten übereinstimmen:
⎛ a ⎞ ⎛ b ⎞ ⎧a = b ⎫
x⎪
⎜ x⎟ ⎜ x⎟ ⎪ x
⎨
a
=
b
⇔
a
=
b
y
y
y
y⎬ .
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎪
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎝ a z ⎠ ⎝ bz ⎠ ⎩ a z = bz ⎭
1)
Es ist nichts anderes, als die Raumdiagonale eines Quaders zu bestimmen.
312
8 Vektoren
Ɣ Aufgaben
8.1
Unterscheiden Sie zwischen skalaren und vektoriellen Größen:
Leistung, Geschwindigkeit, Druck, elektrische Stromstärke, Zugspannung, Drehmoment, Volumen, Dichte, elektrischer Widerstand, Reibung.
8.2
Für den in Bild 8.12 dargestellten Keil soll gelten
G
G
a = | a | = |AB|, b = | b | = |BC|,
JG
G
c = | c | = |CG|, d = | d | = |AE|.
a) Geben Sie alle weiteren Repräsentanten von
G G G G
a , b , c , d an.
G
b) Welche Beziehung besteht zwischen a und
JJJG
CD ?
JJJG
c) Benennen Sie den Gegenvektor zu BG ,
dessen Anfangspunkt nicht G ist.
Bild 8.12
G
d) Geben Sie drei verschiedene, zu c kollineare Vektoren an.
JJJG
JJJG
JJJG
JJJG
e) Welche Eigenschaft verbindet BC mit FG bzw. AC mit EG ?
JJJG
G
f) Welcher Vektor ist komplanar zu a und BG ? - Markieren Sie die aufgespannte Fläche.
g) Geben Sie mittels der Skalare a, b, c und d die Beträge von BD, BH, DF und EG an.
8.3
G
G
Welche Äquivalenz resultiert aus | a | = 0 bzw. | b | = 1?
8.4
G ⎛−3⎞
G ⎛ 2⎞
Die Ortsvektoren r1 =⎜ ⎟ und r2 =⎜ ⎟ markieren die Punkte P1 und P2 in der R2-Ebene.
⎝1⎠
⎝ 3⎠
JJJJG
Welchen Vektor repräsentiert P1P2 ?
8.5
8.6
G ⎛ 3⎞
1
Die Parabel P mit f (x) = − (x-2)2 + 8 wird mit v =⎜ ⎟ überführt in die Parabel P '.
⎝ 4⎠
4
Berechnen Sie die Nullstellen von P '.
a) Erstellen Sie die Funktionsgleichung für den in Bild 8.9 dargestellten Parabelbogen P1P8.
b) Ebenso für Parabelbogen P '1P '8 .
8.7
Ein Portalroboter fährt in einer Arbeitsebene E1 folgende Positionen an (Angabe in dm):
P1(1|3|5), P2 (5|4|3) und P3 (3|6|4);
in einer zweiten Arbeitsebene E2 sind es die Positionen R1(3|6|6), R2(7|7|4) und R3(5|9|5).
G
a) Ermitteln Sie den für die Punktsteuerung von E1 zu E2 relevanten Vektor v . Was schließen
Sie daraus hinsichtlich der geometrischen Lagebeziehung beider Ebenen zueinander?
b) Berechnen Sie den Weg in mm für die Punktsteuerung von P1 zu R8.
G
c) Geben Sie den zu v inversen Zeilenvektor an.
8.8
Prüfen Sie rechnerisch, welche der nachfolgenden Vektoren Einheitsvektoren sind:
8.2 Elementare Rechenoperationen
⎛1 2⎞
2
⎟
a) ⎜
⎜ 1 2 ⎟;
⎝2
⎠
8.9
⎛ 1 3⎞
2
⎟
b) ⎜
⎜1 6⎟ ;
⎝4
⎠
G
313
⎛ 1 3 ⎞
⎜ 3
⎟
1
⎟;
c) ⎜ 3
⎜
⎟
⎜− 1 3 ⎟
⎝ 3 ⎠
⎛1 5⎞
⎜5 ⎟
e) ⎜ 0 ⎟.
⎜ 2 ⎟
⎜
⎟
⎝ 5 ⎠
⎛ 0⎞
⎜ ⎟
d) ⎜1 ⎟;
⎜ ⎟
⎝ 0⎠
G
Für die folgenden Vektoren v gelte | v | = 3.
Bestimmen Sie jeweils die als Variable angegebene nicht-negative skalare Komponente:
⎛1⎞
⎜ ⎟
a) ⎜ 2⎟ ;
⎜ ⎟
⎝ z⎠
8.10
⎛ x ⎞
⎜ ⎟
b) ⎜ 5 ⎟;
⎜ 2⎟
⎝ ⎠
⎛−2 2 ⎞
⎜
⎟
c) ⎜ y ⎟;
⎜ 0 ⎟
⎝
⎠
⎛− 3 ⎞
⎜
⎟
d) ⎜− 2 ⎟ ;
⎜ z ⎟
⎝
⎠
⎛ x ⎞
⎜
⎟
e) ⎜1,5 2 ⎟ .
⎜ 1,5 ⎟
⎝
⎠
Ermitteln Sie die jeweiligen skalaren Komponenten nachfolgender Vektoren:
⎛ 2a ⎞ ⎛ b +1⎞
a) ⎜ ⎟=⎜
⎟;
⎝ b ⎠ ⎝ a +1⎠
⎛3a + 2⎞ ⎛ 2b − 3⎞
b) ⎜
⎟=⎜
⎟;
⎝ −3b ⎠ ⎝ 2a −1⎠
⎛ a ² −1⎞ ⎛ 2b + 5⎞
c) ⎜
⎟=⎜
⎟;
⎝ −4b ⎠ ⎝ 2a ⎠
⎛ a + 2⎞ ⎛ c − b ⎞
⎜
⎟ ⎜
⎟
d) ⎜ b ⎟=⎜ a − c ⎟;
⎜
⎟ ⎜
⎟
⎝ 2c ⎠ ⎝ a + 3⎠
⎛ 2a ⎞ ⎛ b + 3 ⎞
⎜
⎟ ⎜
⎟
e) ⎜b + 2⎟=⎜ a − c ⎟;
⎜
⎟ ⎜
⎟
⎝ c ⎠ ⎝3b − 2a ⎠
⎛ a ² − 4⎞ ⎛b ² +1⎞
⎜
⎟ ⎜
⎟
f) ⎜ b − 2 ⎟=⎜ c + 2 ⎟ .
⎜
⎟ ⎜
⎟
⎝ c +3 ⎠ ⎝ a −3⎠
8.2 Elementare Rechenoperationen
8.2.1 Vektoraddition und -subtraktion
Vektoraddition
Klassisches Beispiel aus der Mechanik: das
Kräfteparallelogramm.
Zwei
Massepunkt m angreifende Kräfte
G an einem
G
F1 und F2 (Bild 8.13) erzeugen eine Resultierende, die die gleiche physikalische Wirkung
erzielt wie die beiden Einzelkräfte, also
G
G G
FR = F1 + F2 .
FR
F2
m
F1
G
G
G
Bild 8.13 Resultierende FR = F1 + F2
Ihre zeichnerische Ermittlung erfolgt gemäß Parallelogrammregel:
Das von beiden Kraftvektoren aufgespannte Parallelogramm markiert die Diagonale als resulG
tierende Kraft FR .
314
8 Vektoren
8.2 Elementare Rechenoperationen
Definition 8.6
G
G
Unter der Addition zweier Vektoren a und b versteht man die Vorschrift, ihre Repräsentanten aneinander zu fügen unter Beibehaltung von
Betrag, Richtung und Orientierung.
G
Die gerichtete Strecke vom Anfangspunkt des Vektors a zum Endpunkt des angefügten
G
Vektors b repräsentiert den
G G G
Summenvektor s = a + b .
¾ Die Vektoraddition verlangt weder einen gemeinsamen Angriffspunkt noch die Parallelogrammkonstruktion.
Konstruktion des Summenvektors
Die grundsätzliche Vorgehensweise1)
zeigt Bild 8.14.
G
G
G
Bild 8.14 Vektoraddition s = a + b
G
G
G
Variante (a): Der Summenvektor s = a + b resultiert, indem
G
1. Vektor b parallel so verschoben wird, dass er mit seinem Anfangspunkt im Endpunkt
G
von a angreift;
G
2. die gerichtete Strecke
G vom Anfangspunkt des Vektors a zum Endpunkt des parallel verschobenen Vektors b gezeichnet wird.
G
Variante (b): Den Summenvektor s zu konstruieren heißt,
G
a parallel so zu verschieben, dass er mit seinem Anfangspunkt im Endpunkt
– erst Vektor
G
von b auftrifft und
G
– anschließend den Pfeil
G vom Anfangspunkt des parallel verschobenen Vektors a zum Endpunkt des Vektors b zu zeichnen.
Dass diese gerichtete Strecke nicht deckungsgleich zu der gemäß Variante (a) gezeichneten ist,
G
bleibt unerheblich: Beide Pfeile sind Repräsentanten des gleichen Summenvektors s .
1)
Bei der Beschreibung der Vorgehensweise wird bewusst auf den Terminus „Repräsentant“ verzichtet.
8.2 Elementare Rechenoperationen
315
G
G
Eine weitere Variante (Übung!) besteht darin, a und b in ihren gemeinsamen Anfangspunkt
zu verschieben und wie bei der Addition von Kräften die Parallelogrammregel anzuwenden.
G
Die Resultierende repräsentiert wiederum den Summenvektor s .
G
G
G
G
Diese Vorgehensweise veranschaulicht, dass es unerheblich ist, ob a zu b oder b zu a
addiert wird:
¾ Die Vektoraddition ist kommutativ.
Addition von drei Vektoren
Greifen drei (oder mehr) Kräfte an einem Massepunkt m an, lässt sich die die Einzelkräfte ersetzende Resultierende durch zwei- (oder mehr-)
malige Anwendung der Parallelogrammregel konstruieren.
Einfacher geht es in Anlehnung an Definition 8.6.
Bild 8.15 zeigt die Vorgehensweise.
Die gestrichelt eingezeichneten Parallelogramme
wären hierbei nicht erforderlich gewesen.
Sie zeigen die Gleichwertigkeit beider Verfahren.
Bild 8.15 Addition dreier Vektoren
G
G G
Die Ausführungen lassen sich übertragen auf die Addition beliebiger Vektoren a , b und c .
¾ Die Vektoraddition ist assoziativ.
Die Gültigkeit veranschaulicht Bild 8.16:
JJJJG JJJJG JJJJG
G G G G
s = a +b+ c
(= P1P2 + P2 P3 + P3 P4 );
JJJJG JJJJG
G G G G
s = (a + b) + c (= P1P3 + P3 P4 );
JJJJG JJJJG
G G G G
s = a + (b + c ) (= P1P2 + P2 P4 ) .
Bild 8.16 Die Vektoraddition ist assoziativ
Vektorsubtraktion
Wie beim Rechnen mit Zahlen wird die Subtraktion von Vektoren als Umkehrung der Vektoraddition verstanden: Es bedarf des Gegenvektors.
Definition 8.7
Unter dem Differenzvektor
JG
G
G
G
G
d = a − b = a + (−b)
G
G
versteht man die Addition des Vektors a mit dem zu b inversen Vektor.
316
8 Vektoren
Konstruktion des Differenzvektors
JG G G
Den Differenzvektor d = a − b gemäß Bild 8.17 zu konstruieren, bedeutet
G
1. Vektor b parallel so zu verschieben, dass
er mit seinem Anfangspunkt im Endpunkt
G
von a angreift;
G
b
b
a
2. zu dem parallel verschobenen
Vektor b
G
seinen Gegenvektor (- b ) einzutragen und
3. die gerichtete Strecke vom Anfangspunkt
G
G
des Vektors a zumG Endpunkt des zu b
inversen Vektors (- b ) zu zeichnen.
d
-b
JG
G G
G
G
Bild 8.17 Differenzvektor d = a − b = a + (−b)
Das kürzere Verfahren besteht darin, die
gleich so vorzunehmen,
Parallelverschiebung
G
dass Vektor b unter Änderung seiner OrienG
tierung im Endpunkt von a eingezeichnet
wird. Weiteres Vorgehen erfolgt dann gemäß
Position 3.
Die Gegenüberstellung der Konstruktion von
Summenvektor und Differenzvektor erfolgt
in Bild 8.18.
G
Sonderfall: Addition und Subtraktion kollinearer Vektoren
Bisherige Ausführungen gelten uneingeschränkt; der geometrische Sachverhalt vereinfacht sich (Bild 8.19):
a) gleiche Orientierung (ĹĹ)
JG G JG
JJG G JJG
Über s1 = a + b1 und s2 = a + b2 ergibt
G
G
G
sich der Sonderfall s = a + b .
Beispiel: Radfahren bei Rückenwind.
b) entgegengesetzte Orientierung (ĹĻ)
JJG G JG
JJG G JJG
Über d1 = a − b1 und d 2 = a − b2 ergibt
JG
G
Bild 8.18 Summenvektor s und Differenzvektor d
G G
sich der Sonderfall d = a − b .
Beispiel: Radfahren bei Gegenwind.
Bild 8.19
Addition und Subtraktion kollinearer Vektoren
8.2 Elementare Rechenoperationen
317
Vektor und Gegenvektor
G G
G
Werden Vektor und Gegenvektor addiert, resultiert der Nullvektor: v + (−v) = 0.
Beispiel: Jogging auf einem Laufband.
Gesetzmäßigkeiten der Vektoraddition
1. Die Vektoraddition ist abgeschlossen: Die Summe ergibt wieder einen Vektor.
G G G
2. Es gibt ein neutrales Element der Addition, den Nullvektor: a + 0 = a .
G
G G
G G
3. Zu jedem Vektor a existiert ein inverses Element, der Gegenvektor (−a ): a + (−a ) = 0.
G G G
G G G G G G
4. Es gilt das Assoziativgesetz (Verbindungsgesetz): a + (b + c ) = (a + b) + c = a + b + c .
G G
G
G
5. Es gilt das Kommutativgesetz (Vertauschungsgesetz): a + b = b + a .
¾ Diese Gesetzmäßigkeiten stimmen überein mit denen der Addition und Subtraktion reeller
Zahlen: Vektorgleichungen lassen sich gemäß bekannter zahlenalgebraischer Methoden
äquivalent umformen.
JG G G G G JG
Beispiel: d = a − b ⇔ a = b + d .
Vektorketten
Bei der Einwirkung zweier Kräfte auf ein Masseteil (Bild 8.20) gilt für die resultierende Kraft
JJG G
G
FR = F1 + F2 ;
G G
G JJG
die Äquivalenzumformung führt auf 0 = F1 + F2 − FR oder
G G G
JJG
0 = F1 + F2 + (−FR ) .
Bild 8.20 Kräftesystem im Gleichgewicht
Der Sachverhalt ist physikalisch begründbar:
JJG JG JG
JG
JJG
Wirkt auf FR = F 1 + F 2 eine entgegen gerichtete Kraft F =−FR ein, befindet sich das System im Gleichgewicht. Der Körper bewegt sich nicht bzw. behält seinen Bewegungszustand
bei. Die das Krafteck markierenden Vektoren haben alle den gleichen Umlaufsinn.
318
8 Vektoren
Die Erkenntnisse sind übertragbar auf mehrgliedrige Summen von Vektoren (= Vektorketten),
wie sie sich in Bild 8.21 zeigen.
Bild 8.21
Vektorketten mit unterschiedlichem Umlaufsinn
Für den zu ermittelnden letzten Vektor (= Schlussvektor) einer solchen Vektorkette gilt je nach
festgelegtem Umlaufsinn in der
Variante (a):
G G G G
JG
G
0 = a + b + c + (−d ) + (−x )
Variante (b):
G G JG
G
G
G
0 = x + d + (−c ) + (−b) + (−a )
0 = a +b+c − d − x
0 = x + d − c −b − a
G
G G G JG G
G G G G JG
x = a +b+c − d .
G
G
G JG G G
G G G JG
G
x = a +b + c − d .
Sinnvolle Vorgehensweise
1. Umlaufsinn festlegen (links- oder rechtsdrehend);
2. Vektoren, die zu dem willkürlich gewählten Umlaufsinn
G
-gleichsinnig orientiert sind, positiv ⎫
⎬ aufsummieren. - Die Summe ist der Nullvektor 0 .
-gegensinnig orientiert sind, negativ ⎭
G
3. Vektorgleichung unter üblicher Beachtung der Algebraregeln umstellen nach x.
G
¾ Gesuchter Vektor x = Vektoren zur Spitze – Vektoren zum Fuß.
Für das in Bild 8.22 dargestellte Beispiel1) heißt es
somit
G G
G
G JG
G
x = a −b+ c − d + e.
Man könnte auch an anderer Stelle „einsteigen“:
G
G
G
G
G JG
JG
G
G
G G
G
G G
G JG G
G
G G
G JG
a) c = b − a + x − e + d ⇔ x = a − b + c − d + e ;
G
G
b) d = e − x + a − b + c ⇔ x = a − b + c − d + e .
1)
Bild 8.22
G G G G JG G
Schlussvektor x = a − b + c − d + e
Es ist unerheblich, dass sich hier die Pfeile z. T. überkreuzen.
8.2 Elementare Rechenoperationen
319
Vektoraddition und -subtraktion im Anschauungsraum
Die bisherigen Ausführungen lassen sich elegant übertragen auf in Koordinatenschreibweise
angegebene Vektoren. Die geometrische Darstellung von Summen- und Differenzvektoren
rückt in den Hintergrund, der algebraische Aspekt gewinnt an Bedeutung.
Definition 8.8
⎛a ⎞
⎛ ⎞
x⎟
G ⎜ bx ⎟
Der Summenvektor s zweier Vektoren a =⎜ a y ⎟ und b =⎜by ⎟ ist erklärt durch Addition
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝ az ⎠
⎝ bz ⎠
ihrer skalaren Komponenten:
G ⎜
G
⎛
⎞ ⎛
⎞ ⎛
⎞
a
b
a +b
G G ⎜ x⎟ ⎜ x⎟ ⎜ x x⎟
G
s = a + b =⎜ a y ⎟+⎜by ⎟=⎜ a y + by ⎟ .
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜
⎟
⎝ az ⎠ ⎝ bz ⎠ ⎝ a z + bz ⎠
Entsprechend gilt für den Differenzvektor
JG
⎛
⎞ ⎛
⎞ ⎛
⎞
a
b
a −b
G G ⎜ x⎟ ⎜ x⎟ ⎜ x x⎟
d = a − b =⎜ a y ⎟−⎜by ⎟=⎜ a y − by ⎟ .
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜
⎟
⎝ a z ⎠ ⎝ bz ⎠ ⎝ az − bz ⎠
Betreffs Subtraktion bedarf es einer Ergänzung:
Die im R3 durch Punktepaare P1(x1|y1|z1) und P2(x2|y2|z2) eindeutig definierten Verschiebungen der Form
⎛
⎞ ⎛
⎞
v =⎜ v y ⎟=⎜ y2 − y1 ⎟
⎟
⎜ ⎟ ⎜
⎝ vz ⎠ ⎝ z2 − z1 ⎠
G ⎜ vx ⎟ ⎜ x2 − x1 ⎟
G
G
erklären sich als Differenz der Ortsvektoren r1 und r2 ,
G
JJG JG
also v = r2 − r1 (Bild 8.23).
G
JG JG
Bild 8.23 v = r2 − r1
Die Regel „Gesuchter Vektor = Vektor zur Spitze – Vektor zum Fuß“ wird bestätigt.
Hinweis: Die Aussagen über Addition und Subtraktion von in Koordinatenschreibweise angegebenen
Vektoren lassen sich auf Vektorketten übertragen.
ŹBeispiel
⎛ 3⎞
⎛ ⎞
⎛ 4⎞
G ⎜2⎟
G ⎜ ⎟
Gegeben seien die Vektoren a =⎜ 2⎟, b =⎜ 1 ⎟ und c =⎜−2⎟.
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝ 5⎠
⎝−2⎠
⎝1⎠
G ⎜ ⎟
Berechnen Sie, in welche Punkte eine durch P(0|1|0), Q(7|4|3) und R(2|3|7) aufgespannte Ebene verschoG G G G
ben wird, wenn dies mit v = a + b − c erfolgt.
320
8 Vektoren
Lösung
Die Verschiebung ergibt sich durch Addition bzw. Subtraktion der skalaren Komponenten, also
⎛
⎞ ⎛ ⎞
G ⎜ 3+ 2 − 4 ⎟ ⎜ 1 ⎟
v =⎜ 2 +1− (−2) ⎟=⎜ 5⎟ .
⎜
⎟ ⎜ ⎟
⎝ 5+ (−2) −1⎠ ⎝ 2⎠
⎧ P(0 |1| 0) über in P '(1| 6 | 2),
⎪
Somit geht ⎨Q(7 | 4 | 3) über in Q '(8 | 9 | 5),
⎪
⎩ R (2 | 3 | 7) über in R '(3 | 8 | 9).
Ɣ Aufgaben
8.11
Für die in
G Bild 8.24 repräsentierten Vektoren
G
a und b gilt
G
G
| a | = 4 cm, α = 20°; | b | = 5 cm, β = 60°.
b
a
b
Bild 8.24
G
G G JG
G G
JG
G
a
H
G
a) Konstruieren Sie s = a + b, d 1 = a − b und d 2 = b − a.
b) Bestimmen Sie durch Messung sowohl die zugehörigen Beträge des Summenvektors bzw. der
Differenzvektoren als auch jeweils den mit der Horizontalen H eingeschlossenen Winkel.
JG
JG
c) Welcher Zusammenhang besteht zwischen d 1 und d 2 ? (Begründung!)
8.12
G G
G
In Anlehnung an Bild 8.25 gilt für a , b und c Folgendes:
G
G
| b | = 3 cm, β = 30°;
G
| a | = 5 cm, α = 20°;
| c | = 8 cm,
b
c
Ȗ = 90°.
a
g b
a
Bild 8.25
Konstruieren Sie
G G
G
a) a + b + c ;
G G
G
b) a − b + c ;
G G
G
c) a + b − c ;
G G
H
G
d) a − b − c .
Messen Sie sowohl die Beträge der Resultatsvektoren als auch jeweils ihre Schnittwinkel zur
Horizontalen H.
8.13
G G
G
H
a , b und c spannen gemäß Bild 8.26 einen Spat1) auf.
JJJG JJJG JJJG
G
JJJG
Geben Sie die gerichteten Strecken AF , BH
, CE und DF
G G
G
jeweils durch geeignete Addition von a , b und c an.
E
F
D
C
c
b
Bild 8.26
1)
A
a
B
Parallelepiped oder Parallelflach genannt; ein Prisma, dessen Grundfläche ein Parallelogramm ist.
8.2 Elementare Rechenoperationen
8.14
321
Bestimmen Sie in Anlehnung an Bild 8.27 jeweils die folgende gerichtete Strecke:
a)
b)
c)
G
JJJJG JJJJG JJJJJG
JG
JJJJJG JJJJG JJJJG
x = P1P3 + P3Q3 − Q2Q3 ;
y = Q1Q3 − P3Q3 − P2 P3 ;
G
JJJJG JJJJJG JJJJJG JJJJG
z =−P1P3 + P1Q2 − P2Q2 + P2Q1 .
Bild 8.27
8.15
Geben Sie für die dargestellten Vektorketten (Bild 8.28a-c) jeweils die Vektorgleichung für den
G
Schlussvektor x an:
Bild 8.28
8.16
G
JJJG G
JJJG
G JJJG
JJJG
Durch a = BC , b = AC und c = AB ist ein Dreieck ABC markiert, ferner halbiere Punkt D die
JG
Strecke BC und es gelte d = AD.
G
G
a) Konstruieren Sie den Summenvektor (b + c ).
JG JG
G JJJG
G G
JJJG
Hinweis: Führen Sie hilfsweise den Vektor x = BD = DC ein.
b) Weisen Sie algebraisch die Richtigkeit nach: d + d = b + c .
c) Geben Sie den entsprechenden Lehrsatz aus der Geometrie an.
8.17
Zwei Vektoren sind wie folgt repräsentiert:
G
v1 durch Verschiebung von P1(3|1) nach P2(7|3);
G
v2 durch Verschiebung von Q1(1|3) nach Q2(2|6).
Bestimmen Sie zeichnerisch und rechnerisch
JG G G
G G G
a) s = v1 + v2 , b) d = v1 − v2 .
8.18
G G
Bestimmen Sie zeichnerisch und rechnerisch
G
G
G
G
G
G
G
G
a) x1 = r1 + r2 + r3 ; b) x2 = r1 + r2 − r3 ;
8.19
G
P1(5|1), P2 (-2|3) und P3 (-1|-2) markieren die Ortsvektoren r1, r2 und r3.
G
G
G
G
JJJJG
G
c) x3 = r1 −r2 + r3 ;
G
G
G
G
G
d) x4 = r1 − r2 − r3.
JJJJG
G
JJJJG
Auf der Basis der Daten von Aufgabe 8.18 soll gelten v1 = P1P2 , v2 = P2 P3 und v3 = P3 P1 .
322
8 Vektoren
Bestimmen Sie zeichnerisch und rechnerisch
JG
G
JG
G
JG
G
G
G
G
a) d 1 = v1 − v2 ; b) d 2 = v2 − v3 ; c) d 3 = v3 − v1 .
G
G
G
G
Zusatzfrage: Was gilt für s = v1 + v2 + v3 ? (Begründung !)
8.20
⎛−1⎞
⎛ ⎞
G ⎜2⎟
G ⎜ ⎟
Gegeben: a =⎜ 2 ⎟ und b =⎜−3⎟ .
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝3⎠
⎝−1⎠
G
Bestimmen Sie P2 ∈ R3, in welchen P1(1|-3|2) jeweils durch x verschoben wird, wenn gilt:
G
G G
G
G
G G
G
a) x − (a + b) = 0 ; b) x − (−a + b) = 0 .
8.21
Auf den Massemittelpunkt eines Körpers (m = 20 kg) wirken drei Kräfte ein (Angabe in daN):
G ⎛6⎞ G ⎛−2⎞ G ⎛−1⎞
F1 =⎜ ⎟, F2 =⎜ ⎟, F3 =⎜ ⎟ .
⎝1⎠
⎝ 5⎠
⎝−2⎠
Berechnen Sie die Beschleunigung in m/s2, mit der sich der Körper fortbewegt.
8.22
Drei Kräfte wirken auf den Massemittelpunkt eines Körpers ein (Angabe in kN):
⎛ ⎞
F1 =⎜ 1 ⎟ ,
⎜ ⎟
⎝1⎠
JJG ⎜ 4⎟
⎛ ⎞
JJG ⎜ 6 ⎟
F2 =⎜−3⎟ ,
⎜ ⎟
⎝4⎠
⎛ ⎞
JJG ⎜ 2 ⎟
F3 =⎜−2⎟ .
⎜ ⎟
⎝−2⎠
JJG
Berechnen Sie die Größe von F4 so, dass sich der Körper nicht fortbewegt.
8.23
Zwei am gleichen Ufer eines Flusses gelegene Orte A und B werden mehrmals täglich im Wechsel von einem Wassertaxi angefahren. Dabei benötigt das Boot bei Fahrt stromaufwärts für die
7,2 km lange Strecke eine Fahrzeit von 15 Minuten.
a) Mit welcher durch seinen Antrieb hervorgerufenen Geschwindigkeit vB fährt es, wenn die
relativ konstante Strömungsgeschwindigkeit des Flusses mit vF = 2 m/s zu veranschlagen
ist ?
b) Berechnen Sie die Fahrzeit für die Rückfahrt (also stromabwärts), wenn die Eigengeschwindigkeit des Bootes gleich der auf der Hinfahrt ist.
c) Mit welcher Eigengeschwindigkeit könnte das Boot zwecks Treibstoffersparnis stromabwärts
fahren, wenn die Fahrzeit wie bei der Hinfahrt mit 15 Minuten im Fahrplan kalkuliert wird ?
Hinweis: Die Vektorgleichung für die Geschwindigkeiten (kollineare Vektoren !) lässt sich
problemlos übertragen auf das Rechnen mit Beträgen.
8.24
Auf der Autobahn überholt ein 4,75 m langer Pkw mit einer Reisegeschwindigkeit vP =135 km/h
einen 15 m langen Sattelschlepper, dessen Geschwindigkeit vS = 72 km/h während des gesamten
Überholvorganges konstant bleibt.
Berechnen Sie die Überholzeit in Sekunden und den Überholweg in Metern, wenn der Pkw 70 m
hinter dem vor ihm fahrenden Sattelschlepper auf die Überholspur ausschert und 24 m vor diesem
wieder auf die rechte Fahrspur wechselt.
G
Hinweis: Erstellen Sie zunächst die Vektorgleichung für den Überholweg s .
8.2 Elementare Rechenoperationen
323
8.2.2 Multiplikation eines Vektors mit einem Skalar (S-Multiplikation)
Bei der Addition gleicher reeller Zahlen bedient man sich
zwecks kürzerer Schreibweise der Multiplikation:
a + a + a = 3a.
Bei der Addition gleicher Vektoren verfährt man analog:
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
Bild 8.29 s = a + a + a = 3a
s = a + a + a = 3a .
G
G
Der Summenvektor s erschließt sich gemäß Bild 8.29 als ein zu a gleichgerichteter Vektor
G
G
vom Betrag 3 ⋅ | a |; die gerichtete Strecke a wird verdreifacht.
Entsprechend lässt sich eine Aussage über die in drei gleiche Abschnitte aufgeteilte gerichtete
G
G
G
Strecke s vornehmen: 13 ⋅ s = a .
G
G
Hieße dagegen der Faktor „ − 13 “, ergäbe sich der Gegenvektor zu a , also −a.
Allgemeiner formuliert:
Aus der Multiplikation einer reellen Zahl (= Skalar) mit einem Vektor, S-Multiplikation genannt, resultiert ein hierzu kollinearer Vektor, der je nach Größe und Vorzeichen der reellen
Zahl
- eine Längenänderung erfahren hat und
- gleich oder gegensinnig orientiert ist.
Definition 8.9
G
G
Gegeben sei ein Vektor a ≠ 0 , ferner eine reelle Zahl λ.
G
G 1)
Dann steht b = λ⋅a
G
für einen Vektor, dessen Betrag das λ-fache von | a | ist.
Es erschließen sich drei Fälle:
G
G
1. λ > 0: b ist gleichsinnig parallel (↑ ↑ ) zu a ;
G
G
G
G
2. λ < 0: b ist gegensinnig parallel (↑ ↓ ) zu a , speziell: (−1)⋅a =− a ;
G
G
G
3. λ = 0: b ist der Nullvektor, also 0 ⋅ a = 0 .
G
G
¾ Obige Definition, die den Nullvektor nicht zulässt, wird sinnvoll ergänzt: λ⋅0 = 0.
Jetzt ergibt sich die Analogie zum Satz vom Nullprodukt reeller Zahlen.
1)
gelesen: Lamda mal a
Der Malpunkt muss nicht gesetzt werden. – Üblich ist es, den Skalar links vom Vektor zu schreiben.
λ (= l) soll auf die durch S-Multiplikation verursachte Längenänderung hinweisen.
324
8 Vektoren
Beispiele
G
G
a) b = 2 a:
G
G
b) b = - 12 a:
Streckung oder Stauchung
G
G
Ist |λ| > 1, resultiert | b | > | a |;
G
G
für |λ| < 1 folgt | b | < | a |.
G
G
G
G
G
G
b ist gleichsinnig zu a und 2-mal so lang wie a;
b ist gegensinnig zu a und 12 -mal so lang wie a.
Beispiele für die S-Multiplikation aus Physik und Technik
G
G
G
a) gleichförmige Bewegung: s = t ⋅ v 1) oder v =
G
1 G
G
G
⋅ s (t > 0: s ↑ ↑ v );
t
G
G
G
G
G
b) gleichmäßig beschleunigte Bewegung: v = t ⋅ a oder a = 1t ⋅v (t > 0 : v ↑ ↑ a ) ;
JG
G
JG
G
c) Newton'sches Axiom: F = m⋅a (m > 0 : F ↑ ↑ a ) ;
JG
d) elektrische Feldstärke E.
JG
Zur Kennzeichnung der Stärke eines elektrischen Feldes dient die Kraft F , die dort auf ein
positiv (+) oder negativ (-) geladenes Teilchen (Ladung Q in As gemessen) einwirkt:
JG 1 JG
JG
JG
JG
JG
JG
JG
E = Q F oder F = Q⋅ E (Q > 0 : E ↑ ↑ F ; Q < 0 : E ↑ ↓ F ) .
S-Multiplikation im Anschauungsraum
Die Aussagen lassen sich ähnlich elegant wie bei Vektoraddition und -subtraktion übertragen
auf in Koordinatenschreibweise angegebene Vektoren:
Definition 8.10
⎛a ⎞
⎛ a ⎞ ⎛ λ⋅a ⎞
x⎟
x⎟
G
⎜ x⎟ ⎜
G
Für Vektor a =⎜ a y ⎟und eine beliebige reelle Zahl λ gilt b = λa = λ⎜ a y ⎟=⎜ λ⋅a y ⎟.
⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜
⎟
⎝ az ⎠
⎝ a z ⎠ ⎝ λ⋅az ⎠
G ⎜
⎛ 4⎞
⎛ ⎞ ⎛ ⎞
G 1 G 1 ⎜ 4 ⎟ ⎜ 2⎟
G ⎜ ⎟
1
=
=
=
2
2 =⎜1 ⎟.
a
b
a
und λ = ergibt sich
Beispiel: Für
⎜
2
2⎜
2
⎜ ⎟
⎟
⎜ ⎟
⎟ ⎜ ⎟
6
6
⎝ ⎠
⎝ ⎠ ⎝ 3⎠
Gesetzmäßigkeiten der S-Multiplikation
1. Es gibt ein neutrales Element der Multiplikation:
2. Es gilt das Assoziativgesetz (Verbindungsgesetz):
3. Es gilt das Distributivgesetz (Verteilungsgesetz):
1)
G
G
G
G
1⋅ a = a.
G
G
λ(μ a ) = (λμ) a.
G
G
G
(a) (λ+μ) a = λ a + μ a ,
G
G G
G
(b) λ (a + b) = λ a + λ b.
Eine ungewöhnliche Schreibweise; geläufig ist s = v ⋅ t .
G
G
Die S-Multiplikation ist an sich nicht kommutativ; erst a ⋅ λ : = λ⋅ a macht sie dazu.
8.2 Elementare Rechenoperationen
325
Beweis des Distributivgesetzes (b)
⎛ a + b ⎞ ⎛ λ(a + b ) ⎞
x⎟ ⎜
x
x ⎟
⎜ x
Es gilt λ(a + b) = λ⎜ a y + by ⎟=⎜ λ(a y + by )⎟;
⎜
⎟ ⎜
⎟
⎝ a z + bz ⎠ ⎝ λ(a z + bz ) ⎠
G G
unter Verwendung des Distributivgesetzes reeller Zahlen folgt
⎛ λa + λb ) ⎞ ⎛ λa ⎞ ⎛ λb ⎞ ⎛ a ⎞ ⎛ b ⎞
x ⎟ ⎜ x⎟ ⎜ x⎟
⎜ x
⎜ x⎟ ⎜ x⎟
λ(a + b) =⎜ λa y + λby ) ⎟=⎜ λa y ⎟+⎜ λby ⎟= λ⎜ a y ⎟+ λ⎜by ⎟, somit
⎜
⎟ ⎜
⎟ ⎜
⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝ λa z + λbz ) ⎠ ⎝ λa z ⎠ ⎝ λbz ⎠ ⎝ a z ⎠ ⎝ bz ⎠
G G
G G
λ(a + b) = λa + λb .
G G
Bild 8.30 veranschaulicht die Gesetzmäßigkeit.
Es bietet sich auch an, den Beweis mit Hilfe des
Strahlensatzes zu führen (Aufgabe!).
Bild 8.30
Das Distributivgesetz der S-Multiplikation
ŹBeispiel
G ⎛−1⎞
G ⎛ 5⎞
G G G
G G
Gegeben seien die Vektoren a =⎜ ⎟ und b =⎜ ⎟. Bestimmen Sie rechnerisch x = a − 3b − 2(a − b) .
⎝ 2⎠
⎝3⎠
G
G
G
G
G
G G
G G
x = a − 3b − 2a + 2b =−a − b = (−1)(a + b) , also
Lösung:
⎛5+ (−1)⎞
⎛ 4⎞ ⎛−4⎞
G
x = (−1)⎜
⎟= (−1)⎜ ⎟=⎜ ⎟.
⎝ 2+3 ⎠
⎝ 5⎠ ⎝−5⎠
Sonderfall: Einheitsvektoren
v
G
Der zu v kollineare Einheitsvektor wird bezeichnet mit
G
G
ev = v ° (gelesen: v oben null).
Mit der S-Multiplikation eröffnet sich gemäß Bild 8.31
ein neuer Aspekt:
v°
1
v
G
G
Bild 8.31 v und v °
1 G
G G G
G
Es gilt v =| v |⋅ v ° oder aber v ° = G ⋅v (= Normierung eines Vektors).
|v |
G
G
G
1 G
.
5
Beispiel: Für einen Vektor v mit | v | = 5 gilt v ° = ⋅v
¾ Umgekehrt ist die Division mit einem Vektor nicht erklärt und damit nicht möglich.
326
8 Vektoren
⎛ 3⎞
G
Ź Beispiel: Gesucht ist der in Richtung a =⎜ 0⎟verlaufende Einheitsvektor a °.
⎜ ⎟
⎝ 4⎠
G ⎜ ⎟
⎛ 3⎞
1 G
1 ⎜ ⎟
G
Lösung: Es gilt a ° = G ⋅a = G ⋅⎜ 0⎟; mit | a |= 32 + 02 + 42 = 5 folgt
|a|
|a| ⎜ ⎟
⎝ 4⎠
G
⎛ 3⎞ ⎛0,6⎞
1⎜ ⎟ ⎜ ⎟
a ° = ⋅⎜ 0⎟=⎜ 0 ⎟.
5⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝ 4⎠ ⎝ 0,8⎠
G
Komponentendarstellung von Vektoren
Die Koordinatenschreibweise für Vektoren im R3 mit Angabe skalarer Komponenten in Spalten- oder Zeilenform lässt sich nun mit der S-Multiplikation begründen.
Das 3-dimensionale kartesische Koordinatensystem mit O(0|0|0) als Bezugspunkt ist ein durch
drei senkrecht aufeinander stehende Basisvektoren aufgespannter Raum, durch die Richtung
und Skalierung der Koordinatenachsen festgelegt sind. Es sind dies die
⎛1⎞
⎛ 0⎞
⎛ 0⎞
G ⎜ ⎟
⎜ ⎟ G ⎜ ⎟
Einheitsvektoren ex :=⎜ 0⎟, e y :=⎜1 ⎟ und ez :=⎜ 0⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝ 0⎠
⎝ 0⎠
⎝1⎠
G
(Basisvektoren des R3).
Jedem Punkt P( x p| y p | z p ) des Anschauungsraumes lässt sich umgekehrt eindeutig ein
G
Ortsvektor rp zuordnen (Bild 8.32).
Bild 8.32
G
Komponenten von r p
Es heißt nun unter Einbeziehung von
Basisvektoren, S-Multiplikation und Vektoraddition
⎛1⎞
⎛ 0⎞
⎛ 0⎞
G
G
G
G
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
rp = x p ⋅ex + y p ⋅e y + z p ⋅ez = x p ⋅⎜ 0⎟+ y p ⋅⎜1 ⎟+ z p ⋅⎜ 0⎟ oder
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝ 0⎠
⎝ 0⎠
⎝1⎠
⎛xp ⎞ ⎛ 0 ⎞ ⎛ 0 ⎞ ⎛ xp ⎞
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
rp =⎜ 0 ⎟+⎜ y p ⎟+⎜ 0 ⎟=⎜ y p ⎟.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
zp ⎠
⎝ 0 ⎠ ⎝ 0 ⎠ ⎝zp ⎠ ⎝
G
G
¾ x p , y p und z p sind die Koordinaten oder „skalare Komponenten“ des Vektors rp .
8.2 Elementare Rechenoperationen
327
Spricht man von vektoriellen Komponenten, sind die einzelnen vektoriellen Summanden gemeint, nämlich
G
G
G
x p := x p ⋅ex ,
G
G
G
y p := y p ⋅e y
G
und
G
G
G
z p := z p ⋅ez , somit gilt auch
rp = x p + y p + z p .
G
Entsprechende Aussagen resultieren für jeden beliebigen, nicht ortsgebundenen Vektor v ,
dessen Repräsentant markiert ist durch eine Verschiebung von P1(x1|y1|z1 ) nach P2(x2|y2|z2):
G
G
G
G
v = ( x2 − x1 )⋅ex + ( y2 − y1 )⋅e y + ( z2 − z1 )⋅ez oder
⎛1⎞
⎛ 0⎞
⎛ 0⎞ ⎛ x2 − x1 ⎞
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜
⎟
v = ( x2 − x1 )⋅⎜ 0⎟+ ( y2 − y1 )⋅⎜1 ⎟+ ( z2 − z1 )⋅⎜ 0⎟ =⎜ y2 − y1 ⎟.
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜
⎟
⎝ 0⎠
⎝ 0⎠
⎝1⎠ ⎝ z2 − z1 ⎠
G
Sonderfall: R2-Ebene
G
G
G
Der Basisvektor ez entfällt; ex und e y spannen die x,y-Ebene auf.
G
⎧vx eine Verschiebung in x-Richtung⎫
⎬ , dann gilt
Repräsentiert ⎨G
⎩v y eine Verschiebung in y -Richtung⎭
⎛1⎞
⎛ 0⎞
G G G
G
G
v = vx + v y = vx ⋅ex + v y ⋅e y = vx⎜ ⎟+ v y ⋅⎜ ⎟
0
⎝ ⎠
⎝1⎠
G ⎛ v ⎞ ⎛ 0 ⎞ ⎛ vx ⎞
v =⎜ x ⎟+⎜ ⎟=⎜ ⎟.
⎝ 0 ⎠ ⎝v y ⎠ ⎝v y ⎠
Für Ortsvektoren im R2 erfolgt die Zerlegung entsprechend.
Anmerkungen
1. In der mathematischen Literatur finden sich auch folgende Festlegungen für die Basisvektoren:
G
G
G
i := ex , j := e y , k := ez 1) .
⎛5⎞
G
⎜ ⎟
Beispiel: v = 5i - 3j + 2k =⎜−3⎟ .
⎜ ⎟
⎝2⎠
2. Ausblickend der Hinweis, dass
- die Komponentenbetrachtung auf n-dimensionale Räume (Rn) ausgedehnt wird, und
- Basisvektoren nicht rechtwinklig zueinander sein müssen.
1)
Die Kürzel i, j und k sind von H. G. Graßmann eingeführt worden.
328
8 Vektoren
Anwendung in Physik und Technik
a) Kräftezerlegung
y
G
Die in Bild 8.33 dargestellte Kraft F lässt
sich in ihre vektoriellen Komponenten zerlegen:
G
G
G
G
Fy
F
ey
G
F = Fx + Fy = Fx ⋅ex + Fy ⋅e y
Fx
ex
G
G
⎛1⎞
⎛ 0⎞ ⎛ Fx ⎞
F = Fx ⋅⎜ ⎟+ Fy ⋅⎜ ⎟=⎜ ⎟.
⎝ 0⎠
⎝1 ⎠ ⎝ Fy ⎠
x
G
G
Bild 8.33 F mit den Komponenten Fx und Fy
G
Ist Winkel α vorgegeben, unter dem Kraft F gegen die Horizontale gemessen wirkt, ergibt
sich gemäß einschlägiger trigonometrischer Beziehungen
G
G
G ⎛ F ⋅cosα ⎞
⎪
⎛ cosα ⎞
Fx = ( F ⋅cosα )⋅ex ⎫
G
G ⎬, also F =⎜
⎟= F ⋅⎜
⎟.
⋅
F
sin
α
⎝
⎠
⎝ sinα ⎠
Fy = ( F ⋅sinα )⋅e y ⎪
⎭
⎛ 0,5 3 ⎞ ⎛86,67 ⎞
G
⎛ cos30° ⎞
⎟=⎜
Beispiel: Für F = 100 N und α = 30° resultiert F =100 N⎜
⎟=100 N⎜
⎟N .
⎝ sin30° ⎠
⎝ 0,5 ⎠ ⎝ 50 ⎠
b) schiefer Wurf
G
Für einen Körper, der mit einer Geschwindigkeit v0 unter einem gegen die Horizontale
gemessenen Winkel α abgeworfen wird, gilt Entsprechendes:
⎛ cosα ⎞
G ⎛ vx ⎞ ⎛ v ⋅cosα ⎞
v =⎜ ⎟=⎜ 0
⎟= v0⎜
⎟.
v
⎝ sinα ⎠
⎝ y ⎠ ⎝ v0 ⋅sinα ⎠
Vorsicht: Um den tatsächlichen Bewegungsablauf mathematisch zu erfassen, muss die physikalische Gesetzmäßigkeit „freier Fall“ berücksichtigt werden:
G
G
In y-Richtung wirkt ein zusätzlicher Vektor vg =−g ⋅t , also
G ⎛ vx ⎞ ⎛ v ⋅cosα ⎞
v =⎜ ⎟=⎜ 0
⎟.
⎝ v y ⎠ ⎝ v0 ⋅sinĮ − gt ⎠
G ⎛ sx ⎞ ⎛ v0 ⋅cosα⋅t ⎞
G G
⎜
⎟.
Die Weg-Zeit-Gesetzmäßigkeit resultiert wegen s = v ⋅t zu s =⎜ s ⎟=⎜
1 2⎟
⎝ y ⎠ ⎝ v0 ⋅sinα ⋅t − 2 gt ⎠
c) waagerechter Wurf
Der Bewegungsablauf lässt sich auffassen als Spezialfall des schiefen Wurfes, also α = 0°.
Somit gilt
G ⎛ vx ⎞ ⎛ v ⎞
v =⎜ ⎟=⎜ 0 ⎟
⎝ v y ⎠ ⎝−gt ⎠
Ÿ
G ⎛ sx ⎞ ⎛ v0 ⋅t ⎞
⎜ 1 2⎟ .
s =⎜ ⎟=⎜
⎝ s y ⎠ ⎝− 2 gt ⎟
⎠
8.2 Elementare Rechenoperationen
329
ł Aufgaben
8.25
G
G
Konstruieren Sie aus zwei beliebigen nicht-kollinearen Vektoren a und b
G G
G
G G
G
G G
G G
a) x = (a + b) + (a − b) ; b) y = (a + b) − (a − b) .
G ⎛ 2⎞
G ⎛ 3⎞
Was fällt auf ? - Bestätigen Sie algebraisch die Vermutung für a =⎜ ⎟ und b =⎜ ⎟.
4
⎝ ⎠
⎝1⎠
8.26
Auf dem Freigelände einer Messe macht ein Aussteller auf seine Produkte durch das in Bild 8.34
schematisch dargestellte aufgeständerte Rohrmodell eines Parallelepipeds aufmerksam. Dabei beziehen sich die in der Tabelle unvollständig angegebenen Positionen (Angabe in m) auf den Informationsstand der Firma.
Tabelle 8.3
P1
P2
P3
P4
P5
P6
P7
P8
x
5
9
12
-
6
-
-
-
y
1
3
6
-
2
-
-
-
z
2
3
5
-
5
-
-
Bild 8.34
a) Vervollständigen Sie die Tabelle.
b) Zur Stabilisierung sind zusätzlich Rohr-Verstrebungen angebracht worden: P1 - P7 , P2 - P8 .
Geben Sie die Position (Angabe der Koordinaten) des Rohrverbinders S an.
Wie lang sind die einzelnen Rohre der beiden diagonalen Verstrebungen ?
Hinweis: Die Raumdiagonalen eines Parallelepipeds halbieren sich.
8.27
Die Stationen A und B eines geradlinig verlaufenden U-Bahn-Streckenabschnitts können bezogen
auf ein Kontrollzentrum mit folgenden Koordinaten (Angabe in m) markiert werden:
A(280|350|-12) und B(3200|410|-10).
Mit welchen Koordinaten ist eine auf ¾ der Strecke von A nach B montierte Signalschleife im
Kontrollzentrum ausgewiesen ?
8.28
Für eine andere U-Bahn-Strecke, ebenfalls geradlinig verlaufend zwischen den Stationen
C(-180|160|-9) und D(4200|-320|-12),
ergibt sich für die Signalschleife eine Abszisse xS = 2740. Geben Sie die fehlende Ordinate an,
wenn die Zahlen Meterangaben sind.
8.29
In einem geradlinig verlaufenden stark befahrenen Straßentunnel, dessen Ein- und Ausgang bezogen auf eine nahebei gelegene Leitstelle durch die Koordinaten (Angabe in m)
E(120|150|830) und A(180|990|850)
markiert sind, sollen zwecks Smog-Warnung zwischen E und A gleichmäßig verteilt drei Messpunkte installiert werden.
Gesucht sind die Koordinaten der einzelnen Messpunkte sowie der Abstand zwischen ihnen.
8.30
In einer automatischen Punktschweißanlage werden für ein Bauteil insgesamt 7 auf einer Geraden
gleichmäßig verteilt liegende Positionen angefahren. Für zwei von ihnen lauten die Koordinaten
(Angabe in mm) auf den Werkstück-Nullpunkt bezogen wie folgt:
P4 (510|245|195) und P5 (660|320|245).
Geben Sie die Koordinaten der zuerst (= P1) und zuletzt (= P7) anzusteuernden Position an.
330
8.31
8.32
8 Vektoren
G
Bestimmen Sie jeweils den Einheitsvektor c° , wenn gilt
a)
G ⎛ 2⎞
a =⎜ ⎟,
⎝1⎠
G ⎛1⎞ G
G G
G ⎛ 2⎞
b =⎜ ⎟, c = 5a + 2b ; b) a =⎜ ⎟,
⎝ 2⎠
⎝ 3⎠
c)
⎛1⎞
G ⎜ ⎟
a =⎜ 4⎟,
⎜ ⎟
⎝ 2⎠
⎛ ⎞
G ⎜ 3⎟ G G G
b =⎜ 2⎟, c = a + 3b ;
⎜ ⎟
⎝1⎠
⎛4⎞
G ⎜ ⎟
d) a =⎜−3⎟,
⎜ ⎟
⎝1⎠
G ⎛−2⎞ G
G G
b =⎜ ⎟, c = 3a − b ;
⎝ 3⎠
⎛ ⎞
G ⎜1⎟ G
G G
b =⎜−2⎟, c = 2a − 5b .
⎜ ⎟
⎝−2⎠
G ⎛ 6⎞
G ⎛−3⎞
G G
r1 =⎜ ⎟ und r2 =⎜ ⎟ markieren ein Winkelfeld der R2-Ebene mit ∠( r1, r2 ) <180° .
4,5
⎝ ⎠
⎝4⎠
G
Berechnen Sie den Richtungsvektor w der Winkelhalbierenden.
G
G
G
Hinweis: w = λ ( r1 °+ r2 ° ) .
8.33
Die Trassierung der Magnetschwebebahn zwischen
den Ortschaften A und B einerseits sowie C und D
andererseits soll geradlinig so verlaufen, dass ihre
Richtung der Winkelhalbierenden des sich abzeichnenden Winkelfeldes entspricht (Bild 8.35).
Geben Sie tabellarisch für die Abszissen
20
a
Tr
ss
e
C
B
10
x = 1,5; 2; 5; 10; 15 und 20
D
die Ordinaten der abzusteckenden Streckenpunkte
an, wenn für das mittels Satellitenmessung angelegte
Messblatt die folgenden Koordinaten (in km) gelten:
A
y
S
A(6|6), B(18|15), C(10|14), D(4|6) und S(1|2,25).
x
10
20
Bild 8.35
8.34
G
G
G
Eine Kraft mit | F | = 1 kN soll in ihre vektoriellen Komponenten Fx und Fy zerlegt werden.
G
Schreiben Sie F als Spaltenvektor (Angabe ohne Nachkommastelle, aufgerundet in N), wenn
ihre Wirkungslinie die x-Achse unter einem Winkel α wie folgt schneidet:
a) α = 20°,
8.35
b) α = 45°,
c) α = 70°.
Während eines Fußballspiels wird zur Überwindung der gegnerischen Abwehrmauer ein Freistoß
so ausgeführt, dass der Ball unter einem Winkel von 45° (gemessen gegen die Niveaulinie des
Fußballfeldes) in die Luft fliegt.
G
a) Geben Sie s in Koordinatenschreibweise an, wenn v0 = 10 2 m/s beträgt.
Hinweis: Rechnen Sie mit sin 45° = cos 45° =
1
2
2 und g ≈10 m/s2.
b) Erstellen Sie die Funktionsgleichung der Wurfparabel.
c) Wie weit fliegt der Ball unter Vernachlässigung des Luftwiderstandes, wenn er zwischenzeitlich von keinem Spieler berührt wird, und welche maximale Flughöhe wird erreicht?
8.36
Ermitteln Sie für den schiefen Wurf mit Anfangsgeschwindigkeit v0 und Abwurfwinkel α
a) die maximale Wurfweite sx max ;
b) die maximale Wurfhöhe sy max .
8.2 Elementare Rechenoperationen
331
8.37
Weisen Sie allgemein nach, dass sich sowohl die Flugbahn beim waagerechten als auch beim
schiefen Wurf durch quadratische Funktionen modellieren lässt.
8.38
Im unwegsamen Gelände eines Krisengebietes soll die Not leidende Bevölkerung aus der Luft
durch Abwurf von stoßfesten Behältern, gefüllt mit Grundnahrungsmitteln, versorgt werden.
a) Wie viele Meter vor der geplanten Auftreffstelle müssen die Behälter an Bord einer in 180 m
Höhe mit v = 90 km/h anfliegenden Transportmaschine ausgeklinkt werden ?
b) Wie groß ist die Auftreffgeschwindigkeit der Behälter ?
G
G
Hinweis: Zunächst s und v in Spaltenschreibweise angeben.
8.39
Bei der Tabletten-Herstellung werden diese nach dem Formungsprozess vom Fertigungsautomaten waagerecht aus einem Mundstück heraus mit einer Geschwindigkeit von v = 1 m/s in einen
Behälter katapultiert (Bild 8.36).
a) Berechnen Sie zwecks Behälterpositionierung das Maß sx.
b) Ermitteln Sie die Funktionsgleichung der
Wurfparabel.
c) Wie hoch darf der Behälter mit Durchmesser d = 200 mm maximal sein, wenn aus
praktischen Erwägungen die theoretisch
mögliche Höhe um 15 % gekürzt werden
soll ?
Bild 8.36
* S-Multiplikation in der Geometrie (Teilungsverhältnisse)
Bedeutsam sind das Herleiten von Gesetzmäßigkeiten sowie das Beweisen wichtiger Sätze, geometrische
Teilungsverhältnisse betreffend. – Zum Nachempfinden die folgenden drei Beispiele:
1. Mittige Teilung einer Strecke
P2 (x2 /y2 )
Für die in Bild 8.37 durch P1(x1|y1) und P2(x2|y2)
markierte Strecke sollen allgemein die Koordinaten
des Mittelpunktes M angegeben werden. Es gilt
G
G 1 G G
rM = r1 + ( r 2 − r1 ) oder
2
G
G 1G 1G
rM = r1 + r 2 − r1, somit
2
2
1 G G
G
rM = (r1 + r 2 ).
2
r2
rM
y
P1 (x1 /y1 )
r1
x
Bild 8.37 Mittige Teilung einer Strecke
1⎛ x + x ⎞
G ⎛x ⎞
G ⎛x ⎞
G
Mit r1 =⎜ 1 ⎟ und r 2 =⎜ 2 ⎟ folgt r M = ⎜ 1 2 ⎟ und somit
y
y
⎝ 1⎠
⎝ 2⎠
2⎝ y1 + y2 ⎠
⎛ x + x2 y1 + y2 ⎞
⎟
M⎜ 1
2 ⎠
⎝ 2
.
332
8 Vektoren
2. Nichtmittige Teilung einer Strecke
In einem Dreieck ABC teile ein Punkt T die Strecke BC im Verhältnis 3:2 (Bild 8.38).
JJJG
G
C
Bestimmen Sie den Vektor t := AT .
G
G
G
G
G
G
G
G
G
Es gilt t = c + 53 a ; mit a = b − c folgt
t
G
G
= c + 53 (b − c ) ,
G
3
2G
G
G
t = 5 b+ 5 c
G
T
somit
b
a
t
oder
B
3b + 2c
.
t=
5
A
c
Bild 8.38 Nichtmittige Teilung einer Strecke
C
c
3. Diagonalen-Schnittpunkt eines Parallelogramms
D
Folgender Satz soll vektoriell bewiesen werden:
S
Halbieren sich die Diagonalen eines Vierecks
ABCD, so handelt es sich um ein Parallelogramm.
G
JJJG JJJG
Gemäß Bild 8.39 gilt a = AS − BS , die Halbierung
vorausgesetzt folgt
G G
G
G
B
A
G
a = 12 (a + b) − 12 (b + c ) oder
G
G
G
G
G
G
G
G
G
b
d
a
Bild 8.39
G
a = 12 a + 12 b − 12 b − 12 c , zusammengefasst
a = 12 a − 12 c
oder durch Umstellen
a =−c .
G
JG
Gezeigt werden müsste noch, dass b =−d ist (Aufgabe!).
ł Aufgaben
8.40
T sei Teilungspunkt einer durch P1(x1|y1) und P2 (x2|y2) markierten Strecke.
Geben Sie jeweils den Ortsvektor zum Punkt T an, wenn die Teilung erfolgt im Verhältnis
a) 2:1; b) 3:4; c) 5:3.
8.41
G
JJJG G
JJJG
G
JJJG
(1) In einem Dreieck ABC mit a = BC , b = AC und c = AB teile
Ta die Strecke BC im Verhältnis 4:1 und Tb die Strecke AC im Verhältnis 2:3.
G
G
G JJJJG
G
G
G
G
Drücken Sie t = TaTb aus durch a) b und c ; b) a und b ;
c) a und c .
G
(2) Geben Sie jeweils t an für ein Dreieck mit A(0|1), B(6|3) und C(2|5).
8.3 Vektormultiplikationen
8.42
333
JJJG
G
G
JJJG
Gegeben sei ein Viereck ABCD mit a = AB und c =−CD.
Dann gilt für die gerichtete Strecke m vom Mittelpunkt der Strecke AD zum Mittelpunkt der
G G
G
Strecke BC die Vektorgleichung m = ½⋅( a + c ).
a) Zeigen Sie die Richtigkeit des Satzes konkret für A(0|2), B(9|1), C(7|9), D(2|6).
b) Beweisen Sie den Satz allgemein.
8.43
Ein mathematischer Satz lautet:
Verbindet man die Seitenmitten eines beliebigen Vierecks ABCD miteinander, so entsteht ein
Parallelogramm.
a) Weisen Sie die Richtigkeit des Satzes konkret nach für A(1|2), B(9|0), C(7|8), D(3|6).
b) Beweisen Sie den Satz allgemein.
8.44
Beweisen Sie:
Verbindet man die Mittelpunkte zweier Dreiecksseiten miteinander, so ist diese Strecke parallel
zur dritten Dreiecksseite und halb so lang wie diese.
8.45
G
G
G
G
Zeigen Sie, dass für den Schwerpunkt1) S eines Dreiecks ABC gilt: r S = 13 ⋅( rA + rB + rC ).
G
G
JJJG
Hinweis: Wählen Sie den Ansatz r S = rA + AS .
8.3 Vektormultiplikationen
8.3.1 Das Skalarprodukt
Aus dem Physik-Unterricht hinlänglich bekannt: Arbeit = Kraft mal Weg.
Eine einprägsame Gesetzmäßigkeit, die genauer untersucht werden soll.
Bild 8.40 zeigt schematisch, wie an einem Skifahrer, der mittels Schlepplift in einer Liftspur
einen Hang hinauf fährt, Arbeit verrichtet wird. Ihre Größe ergibt sich als Produkt aus
– der in Richtung des Weges wirkenden Kraft F und
– der Länge des Weges s.
G
G
Also: Arbeit W = | Fs |⋅| s | oder mit
G
G
| Fs | = | F |⋅ cos α
F
G
G
W = | F |⋅ cos α ⋅| s | bzw.
a
G G
W = | F |⋅| s |⋅ cos α .
il
Se
r
Liftspu
Fs
s
G G
Bild 8.40 Arbeit W = F ⋅ s
1)
Die Schwerelinien (= Seitenhalbierende) eines Dreiecks schneiden sich im Verhältnis 2:1; ihr Schnittpunkt ist der Schwerpunkt S des Dreiecks.
334
8 Vektoren
JG
G
Bei Vorgabe von F und s bewirkt der zwischen F und s auftretende Winkel α eine Veränderung der zu verrichtenden Arbeit W. Nachstehende Tabelle und Bild 8.41 helfen die Ausführungen zu veranschaulichen.
P4
P3
Dabei soll gelten:
JG
JG
JG
JG
JG
P2
| F 0 | = | F1 | = | F 2 | = | F 3 = | F 4 | = F .
F4 F3
P1
F2 F
Winkel α
1
F = 1000N
s = 2000 m
Fs in N
6
W in 10 Nm
0°
30°
45°
60°
90°
1000
867
707
500
0
α
2,0
1,73
1,41
1,0
0
Fs 3
Fs 2
Der Brückenschlag zur Eingangsaussage über die
physikalische Arbeit ist leicht getan; man schreibt
die Gesetzmäßigkeit mit Vektoren, dann stimmt's:
F0
Weg s
P0
Fs 1
Bild 8.41 Arbeit in Abhängigkeit von α
JG G
W = F ⋅s
JG G
⎫
⎪ JG G JG G
⎬ ⇒ F ⋅ s := F s ⋅cos α, Skalarprodukt genannt.
⎪
W =| F || s | cos α⎭
JG
G
¾ Die multiplikative Verknüpfung der Vektoren F und s ergibt die Arbeit W, eine skalare
Größe.
Die Verallgemeinerung schließt sich an:
Definition 8.11
G
G
G JG
G
Unter dem Skalarprodukt (= Punktprodukt) „ a Punkt b “ zweier Vektoren a , b ≠ 0 versteht man eine wie folgt ermittelte reelle Zahl:
G G
G G
G G
a ⋅b :=| a |⋅| b |⋅cos α , wobei α =∠(a , b) mit 0° ≤ α ≤180° ist.
G
G
G
G
G G
Für a = 0 oder b = 0 wird a ⋅b = 0 festgesetzt.
G
G
⎧
⎪ 0° ≤ α < 90° : a ⋅b > 0
⎨
Schlussfolgerungen, Winkel α betreffend:
G G
⎪90° < α ≤ 180° : a ⋅b < 0
⎩
Sonderfälle, Winkel α betreffend:
G G
G
G
1. α = 0° a ist parallel zu b (a ↑ ↑ b)
G G
G G
G G
G G
G
G
2. α = 180° a ist anti-parallel zu b (a ↑ ↓ b)
G G
G G
G G
a ⋅b = a ⋅ b ⋅cos 0° = a ⋅ b ⋅1
a ⋅b = a ⋅ b ⋅cos180° = a ⋅ b ⋅(−1)
a ⋅b = a⋅b.
a ⋅b =−a⋅b.
G G
G G
8.3 Vektormultiplikationen
335
Betrag eines Vektors
G
G
Für den Sonderfall mit α = 0° und a = b eröffnet sich ein neuer Aspekt:
G G G G
G G
Betrag eines Vektors
a ⋅a =| a |⋅| a |⋅cos 0° =| a |⋅| a |⋅1
Ÿ
G
G G
G G
a =| a |= a ⋅a
a ⋅a = a ².
1)
¾ Der Betrag eines Vektors ergibt sich nicht mehr als „Länge eines Pfeiles“ sondern als algebraische Aussage, die auch „pfeilfreien“ Vektoren Beträge zuzuordnen vermag.
Orthogonalität
α = 90°
G G
G G
G
G
a ist orthogonal zu b (a ⊥ b)
G G
G G
a ⋅b = a ⋅ b ⋅cos90° = a ⋅ b ⋅0
G G
a ⋅b = 0.
Es ist ein Sonderfall besonderer Qualität, den es festzuhalten gilt.
Satz 8.3
G G G
Zwei Vektoren a , b ≠ 0 sind genau dann orthogonal zueinander, wenn ihr Skalarprodukt
null ist:
G
G
G G
a ⊥ b ⇔ a ⋅b = 0
(Orthogonalitätsbedingung).
¾ Bemerkenswert ist der Unterschied zum Satz vom Nullprodukt reeller Zahlen: Das Produkt
a⋅b kann nur null sein, wenn mindestens einer der Faktoren a oder b null ist.
Eigenschaften des Skalarproduktes
Das skalare Produkt ist
a) kommutativ:
b) distributiv:
G G
G G
G G
G
G G
a ⋅b = b⋅a
G G
a ⋅(b + c ) = a ⋅b + a ⋅c
G G
G G G G
c) gemischt assoziativ: λ(a ⋅b) = ( λa )⋅b = a ⋅( λb) , wobei λ ∈ R.
1)
G G
a ⋅ a ≥ 0 ; das Skalarprodukt ist positiv definit.
336
8 Vektoren
G G G
G G G
¾ Die übliche assoziative Verknüpfung gilt nicht: (N
a ⋅b)⋅c ≠ a ⋅(N
b⋅c ).
Skalar
Skalar
G
Der linke Term liefert einen zu c , ⎫
G ⎬ kollinearen Vektor.
der rechte Term liefert einen zu a ⎭
Skalarprodukt für Vektoren des Anschauungsraumes
Hier gilt:
⎛
⎞⎛
⎞
a
b
G G ⎜ x ⎟⎜ x ⎟
G
G
G
G
G
G
a ⋅b =⎜ a y ⎟⎜
⋅ by ⎟= (ax ex + a y e y + a z ez )(bx ex + by e y + bz ez ) ,
⎜ ⎟⎜ ⎟
a
⎝ z ⎠⎝ bz ⎠
unter Anwendung der für skalare Produkte gültigen Gesetzmäßigkeiten (s.o.) ergibt sich
G G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
a ⋅b = a x ex (bx ex + by e y + bz ez ) + a y e y (bx ex + by e y + bz ez ) + a z ez )(bx ex + by e y + bz ez )
G G
G
G
G
G
G
G
G
G
= a x ex ⋅bx ex + a x ex ⋅by e y + ax ex ⋅bz ez + a y e y ⋅bx ex +...+ a z ez ⋅bx ex + az ez ⋅by e y + az ez ⋅bz ez
G G
G G
G G
G G
G G
G G
a ⋅b = ax bx ⋅ex ⋅ex + ax by ⋅ex ⋅e y + a x ⋅bz ⋅ex ⋅ez +...+ a x ⋅bx ⋅ez ⋅ex + az ⋅by ⋅ez ⋅e y + a z ⋅bz ⋅ez ⋅ez .
G G
G
G
G G
G G
G
G
G G
Mit ex ⋅ex = e y ⋅e y = ez ⋅ez = 1 und ex ⋅e y = e y ⋅ez = ez ⋅ex = 0 folgt schließlich
G G
a ⋅b = a xbx + a y by + a z bz .
Satz 8.4
G
G
Für zwei Vektoren a und b des R3 lautet das Skalarprodukt
⎛
⎞⎛
⎞
a
b
G G ⎜ x ⎟⎜ x ⎟
a ⋅b =⎜ a y ⎟⎜
⋅ by ⎟= a xbx + a y by + a z bz .
⎜ ⎟⎜ ⎟
a
⎝ z ⎠⎝ bz ⎠
¾ Für Vektoren des R2 gilt Entsprechendes: azbz entfällt.
⎛ 4⎞
⎟
⎛ ⎞
G ⎜r ⎟
⎝ 2⎠
⎝−1⎠
G ⎜
G
G
Ź Beispiel: Für a =⎜−2⎟ und b =⎜ r ⎟ ist die Zahl r so zu ermitteln, dass a ⊥ b.
⎜ ⎟
⎜ ⎟
G
Lösung:
G
⎫
⎪
a ⋅b = 4r + (−2) r + 2(−1)
⎬⇒ 2r − 2 = 0 ⇔ r =1 .
G G
⎪
a ⋅b = 0 (Orthogonalitätsbedingung )⎭
8.3 Vektormultiplikationen
337
Projektion eines Vektors
Es ist nicht sinnvoll, ein Skalarprodukt durch einen der an
seiner Entstehung beteiligten Vektoren teilen zu wollen. -
b2
Mit welchen seiner skalaren Komponenten sollte das wohl
geschehen?
b
G G
Bild 8.42 veranschaulicht,
dass es zu a ⋅b unendlich viele
G G
Vektoren b1, b 2 , ... Ggibt. Ihnen allen gemeinsam ist ihre
G
Projektion auf a : | b a |.
ba
G
G G
G G
G G
G G
G
G G
a
G
Berechnung von b a
Aus
b1
a
Bild 8.42 Projektionsvektor b a
G
G
a ⋅b = a ⋅ b ⋅cos α folgt wegen b a = b ⋅cos α | zunächst
a ⋅b = a ⋅ b a und somit
a ⋅b
|b a | = G .
|a|
G
G
G
G G
G
a ⋅b a
Für den in Richtung a verlaufenden Vektor b a gilt b a =| b a|⋅ ea = G ⋅ G oder
|a| |a|
G
G
G
G
G
G
a ⋅b G
G
b a = G 2 ⋅a (Projektion von b auf a ).
|a|
G
G
Für die Projektion von a auf b gilt entsprechend
G
G
a ⋅b G
ab = G 2 ⋅b .
|b|
G
G ⎛ 2⎞
G
G ⎛ 6⎞
G
Ź Beispiel: Für a =⎜ ⎟und b =⎜ ⎟ sollen die Projektionsvektoren b a und ab erstellt werden.
2
4
⎝ ⎠
⎝ ⎠
⎛ 6⎞⎛ 2⎞
⎜ ⎟⎜ ⎟ ⎛ ⎞
6⋅2 + 2⋅4 ⎛ 6⎞ 20 ⎛ 6⎞ ⎛3⎞
G ⎛ 2⎞
⎝ 2⎠⎝ 4⎠ 6
ba = 2
⋅ ⎟=
⋅⎜ ⎟= ⋅⎜ ⎟=⎜ ⎟. - Analog : ab =⎜ ⎟ .
2 ⎜
2
2
2
1
⎝ 4⎠
⎝ ⎠ 40 ⎝ ⎠ ⎝ ⎠
40
6 +2 ⎝ ⎠
G
Lösung:
Winkel zwischen zwei Vektoren
Die Division mit einem Vektor ist nicht möglich; wohl aber kann durch Vektorbeträge geteilt
werden, wenn sie ungleich 0 sind:
G G
a⋅b
G
G .
a ⋅b =| a |⋅| b |⋅cos α ⇔ cosα =
G G
G
G
| a | ⋅| b |
338
8 Vektoren
Damit ist die Möglichkeit gegeben, Winkel zwischen Vektoren bzw. deren Repräsentanten zu
bestimmen.
⎛8⎞
⎛ ⎞
G ⎜3⎟
G ⎜ ⎟
Ź Beispiel: Errechnet werden soll der von a =⎜ 0⎟ und b =⎜−4⎟ eingeschlossene Winkel.
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝ 6⎠
⎝0⎠
⎛8⎞⎛ 3 ⎞
⎜ ⎟⎜ ⎟
0 ⋅ −4⎟
⎜
⎜ ⎟⎜
⎟⎜ ⎟
⎝ 6⎠⎝ 0 ⎠
Lösung: cos α =
2
2
2
2
2
8 + 0 + 6 ⋅ 3 + (−4) + 0
2
= ... =
24
⇒ α = 61,32°.
50
Flächenberechnung eines Parallelogramms
G
G
Die Flächenmaßzahl eines durch zwei nicht-kollineare Vektoren a und b aufgespannten Parallelogramms ergibt sich als
Produkt der beiden Seiten, multipliziert mit dem Sinus des eingeschlossenen Winkels α,
G G
also A = a ⋅ b ⋅sin α , mit sin α = 1− cos ² α
G
G
G
G
G
(aG ⋅b)G
A =| a |⋅| b |⋅
oder
G
G G
2
| a |2 ⋅| b |2 −( a ⋅b )
G
2
G
2
| a | ⋅| b |
G G
2
A = a 2b 2 − ( a⋅b )
folgt
2
A =| a |⋅| b |⋅ 1− G 2
| a | ⋅| b |2
G
1)
G
G
G G
2
= | a |2 ⋅| b |2 −( a ⋅b ) und somit
G
G
(Parallelogrammfläche, aufgespannt durch a und b ).
G
G
¾ Bei der Flächenberechnung eines durch a und b aufgespannten Dreiecks kommt der Faktor
1
hinzu.
2
⎛8⎞
⎛ ⎞
G ⎜3⎟
G ⎜ ⎟
Ź Beispiel: a =⎜ 0⎟ und b =⎜−4⎟ spannen ein Parallelogramm auf. - Die Fläche ist gesucht.
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝ 6⎠
⎝0⎠
1)
Ergibt sich aus dem trigonometrischen Pythagoras: sin2 α + cos2 α = 1 (ĺ Einheitskreis).
8.3 Vektormultiplikationen
339
Lösung
2
G G
2
A = a 2b 2 − ( a ⋅b )
⎡⎛8⎞⎛ 3 ⎞⎤
⎢⎜ ⎟⎜ ⎟⎥
= 102 ⋅52 −⎢⎜ 0⎟⎜
⋅ −4 ⎥ = ... = 2500 − 576
⎜ ⎟⎜ ⎟
⎟
6
⎢
⎣⎝ ⎠⎝ 0 ⎠⎥
⎦
⇒ A = 43,86 FE.
Flächenberechnung eines Dreiecks im R2
1. Dreieck – durch zwei Spannvektoren markiert
G ⎛ bx ⎞
G ⎛ ax ⎞
Für die Maßzahl AΔ einer durch a =⎜ ⎟ und b =⎜ ⎟ aufgespannten Dreiecksfläche gilt
a
⎝ y⎠
⎝by ⎠
⎡⎛ a x ⎞⎛ bx ⎞⎤2 1
a x2 + a 2y ⋅ bx2 + by2 −⎢⎜ ⎟⎜ ⎟⎥ = ⋅
2
⎣⎝ a y ⎠⎝by ⎠⎦
AΔ = 12 ⋅
(
)(
)
(ax2 + a 2y )⋅(bx2 + by2 )−(axbx + a yby )
AΔ = 12 ⋅
(ax2 ⋅bx2 + ax2 ⋅by2 + a 2y ⋅bx2 + a2y ⋅by2 )−(ax2bx2 + 2axbx ⋅a yby + a 2yby2 )
AΔ = 12 ⋅
2
(ax2 ⋅by2 − 2axbx ⋅a yby + a 2y ⋅bx2 ) = 12 ⋅ (axby − a ybx )
2
AΔ = 12 ⋅( a xby − a y bx ) .
Mit 2-reihiger Determinante1) geschrieben:
Satz 8.5
G ⎛ bx ⎞
G ⎛ ax ⎞
Für die Flächenmaßzahl eines im R2 durch a =⎜ ⎟ und b =⎜ ⎟ markierten Dreiecks gilt
⎝a y ⎠
⎝ by ⎠
1 ax
AΔ = ⋅
2 ay
bx
.
by
¾ Für Parallelogrammflächen entfällt der Faktor
1
.
2
Hinweis: Satz 8.5 gilt nur im R2.
G ⎛−3⎞
G ⎛8⎞
Ź Beispiel: Die Flächenmaßzahl des von a =⎜ ⎟ und b =⎜ ⎟ aufgespannten Dreiecks ist gesucht.
⎝ 6⎠
⎝4⎠
1)
2-reihige Determinante (ĺ Seite 24 f.)
340
8 Vektoren
Lösung
Gemäß Satz 8.9 lässt sich sehr einfach schreiben
1 ax
AΔ = ⋅
2 ay
bx 1 8 −3
oder
= ⋅
by 2 6 4
1
AΔ = ⋅[8⋅4 − (−3)⋅6] ⇒ AΔ = 25 FE.
2
P3 (x3 /y3 )
2. Dreieck – durch die Eckpunkte markiert
Für die Flächenmaßzahl AΔ einer durch P1, P2 und
P3 markierten Dreiecksfläche (Bild 8.43) mit
b
JJJJG ⎛ x2 − x1 ⎞
JJJJG ⎛ x3 − x1 ⎞
P1P2 =⎜
⎟ und P1P3 =⎜
⎟
−
y
y
⎝ 2
⎝ y3 − y1 ⎠
1⎠
P2 (x2 /y2 )
a
heißt es nun
1 x −x
AΔ = ⋅ 2 1
2 y2 − y1
P1 (x1 /y1 )
x3 − x1
.
y3 − y1
Bild 8.43
Ausmultipliziert folgt die in Satz 2.9 (ĺ S. 70) festgehaltene Aussage (Aufgabe!).
Ź Beispiel: Gesucht ist die Flächenmaßzahl eines durch A(-1|-2), B(5|1) und C(2|6) festgelegten
Dreiecks.
1 5 − (−1) 2 − (−1) 1
Lösung: AΔ = ⋅
= ⋅(48 − 9) ⇒ A =19,5 FE.
2 1− (−2) 6 − (−2) 2
ł Aufgaben
8.46
G G
Berechnen Sie jeweils das Skalarprodukt a ⋅b, wenn gilt:
G
G
G
G
G G
G G
G
G
G
G
G G
G G
a) | a | = 3, | b | = 4, ∠( a , b) = 30°;
b) | a | = 4, | b | = 6, ∠( a , b) = 60°;
c) | a | = 2, | b | = 5, ∠( a , b) = 135°;
d) | a | = 5, | b | = 4, ∠( a , b) = 180°.
8.47
G
G G
G
Gegeben | a | = 5, | b | = 6, ∠( a , b) = 120°. - Berechnen Sie:
G G G G
G G G G
G G G G
a) ( a + b )( a + b ); b) ( a - b )( a - b ); c) ( a + b )( a - b ).
8.48
G
G
G G
G
G
a und b mit | a | = 8 cm, | b | = 6 cm und ∠(a , b) = 60° spannen ein Parallelogramm auf.
G G
a) Berechnen Sie die Länge der beiden Diagonalen e und f. Hinweis: e = e ⋅e .
b) Bestimmen Sie die Größe der Parallelogrammfläche.
8.49
Geben Sie jeweils das Skalarprodukt an:
G ⎛12⎞ G ⎛ 8 ⎞
a) a =⎜ ⎟, b =⎜ ⎟ ;
⎝5⎠
⎝−6⎠
⎛−6⎞
⎛2⎞
G ⎜ ⎟ G ⎜ ⎟
b) a =⎜ 3 ⎟, b =⎜−2⎟ ;
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝−6⎠
⎝−1⎠
⎛3⎞
⎛ 4⎞
G ⎜ ⎟ G ⎜ ⎟
c) a =⎜−5⎟, b =⎜ 2⎟ .
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝−2⎠
⎝1⎠
8.3 Vektormultiplikationen
8.50
8.51
⎛5⎞
⎛ ⎞
G ⎜−2⎟
⎟
Gegeben: a =⎜−2⎟ und b =⎜ r ⎟. Bestimmen Sie r ∈ R so, dass gilt:
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝4⎠
⎝ 3⎠
G G
G G
G G
a) a ⋅b = 6; b) a ⋅b = - 4; c) a ⋅b = 0.
G ⎜
G G
Ermitteln Sie, für welche Zahl r ∈ R folgende Vektorpaare ( a , b ) orthogonal zueinander sind:
⎛ r − 2⎞
⎛ r + 3⎞
G ⎜
⎟ G ⎜
⎟
a) a =⎜ 3 ⎟, b =⎜ 2 ⎟ ;
⎜
⎟
⎜
⎟
⎝ −2 ⎠
⎝ 1 ⎠
8.52
341
⎛ r −1⎞
⎛ 0 ⎞
G ⎜
⎟ G ⎜
⎟
b) a =⎜ 2r ⎟, b =⎜ r − 2⎟ ;
⎜
⎟
⎜
⎟
⎝ 2 ⎠
⎝ 1 ⎠
⎛ r ⎞
⎛ 2 ⎞
G ⎜
⎟ G ⎜
⎟
c) a =⎜ r +1⎟, b =⎜ r −1⎟.
⎜
⎟
⎜
⎟
⎝ 3 ⎠
⎝ r +1⎠
G ⎛1⎞
G ⎛1⎞
Nennen Sie algebraisch begründet, unter welcher Bedingung a =⎜ ⎟ und b =⎜ ⎟ mit
⎝ ma ⎠
⎝ mb ⎠
ma ,b ∈ R* orthogonal zueinander sind.
G G
8.53
Zeigen Sie allgemein, dass im R3 gilt: v = v ⋅v ⇒ v = vx2 + v 2y + vz2 .
8.54
G
G ⎛ 7 ⎞ G ⎛ 2⎞
Ermitteln Sie rechnerisch den Projektionsvektor b a für a =⎜ ⎟, b =⎜ ⎟.
⎝ 3⎠
⎝ 5⎠
8.55
⎛−2⎞
⎛−1⎞
G ⎜ ⎟ G ⎜ ⎟
G
Ebenso den Projektionsvektor ab , wenn gilt: a =⎜−2⎟, b =⎜ 3 ⎟ .
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝5⎠
⎝−2⎠
8.56
Ein Dreieck sei festgelegt durch A(-3|5|6), B(8|9|2), C(4|7|-2).
a) Weisen Sie rechnerisch nach, dass es sich um ein rechtwinkliges Dreieck handelt (Ȗ = 90°).
b) Berechnen Sie die beiden Hypotenusenabschnitte p und q.
Hinweis: p ist die Projektion von a auf c, q die von b auf c.
8.57
8.58
⎛ 4⎞
⎛ ⎞
G ⎜1⎟
Die Vektoren a =⎜ 2⎟ und b =⎜1⎟ spannen ein Parallelogramm auf.
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝1⎠
⎝3⎠
Ermitteln Sie den Schnittwinkel der beiden Diagonalen und die Maßzahl der Fläche.
G ⎜ ⎟
Ein Viereck sei im R3 festgelegt durch A(5|1|2), B(13|5|4), C(10|4|6) und D(6|2|5).
a)
b)
c)
d)
Weisen Sie nach, dass es sich um ein Trapez handelt.
Berechnen Sie die Innenwinkel α, β, Ȗ und δ.
Ermitteln Sie algebraisch den Schnittwinkel der beiden Diagonalen.
Berechnen Sie die Größe der Trapezfläche.
8.59
Bearbeiten Sie ggf. die Aufgaben 8.75 - 8.80 ohne Zugriff auf das Vektorprodukt.
8.60
⎛ 5⎞
Berechnen Sie, welche Winkel der Ortsvektor r =⎜ 4⎟ mit den Koordinatenachsen einschließt.
⎜ ⎟
⎝ 3⎠
G ⎜ ⎟
342
8.61
8 Vektoren
⎛x ⎞
p⎟
Der Ortsvektor r =⎜ y p ⎟ schließt mit den Koordinatenachsen die Winkel α, β und γ ein.
⎜z ⎟
⎝ p⎠
G ⎜
Zeigen Sie, dass gilt: cos2α + cos2β + cos2 Ȗ = 1.
8.62
Die beiden Kräfte F1 = 8 kN und F2 = 6 kN greifen wie dargestellt
(Bild 8.44) an einem Körper an.
a) Berechnen Sie die Größe der Resultierenden FR.
JG
b) Wie lauten die x- und y-Komponenten von F R ?
c) Unter welchem Winkel, gemessen gegen die x-Achse, wirkt die
JG
Resultierende F R ?
8.63
y
F1
45°
30°
x
F2
Bild 8.44
⎛ ⎞
JG ⎜50⎟
Mit einer Kraft (Angabe in daN) von F =⎜ 5 ⎟wird eine Skifahrerin zusammen mit ihrem Part⎜ ⎟
⎝10 ⎠
ner von P1(50|20|10) nach P2 (1650|50|410) geliftet, gemessen von einer in 1700 m Höhe gelegenen Talstation der Schleppliftanlage.
a) Geben Sie die Größe der Arbeit in Nm an.
b) Berechnen Sie die Leistung in kW, wenn das Liften 5 Minuten dauert.
8.64
Der Personen- und Zweiradverkehr zwischen den beiden Ufern eines 120 m breiten Flusses wird
mit einem Motorboot unterhalten, das aufgrund verschiedener technischer Gegebenheiten immer
nur mit einer mittleren Eigengeschwindigkeit von vB = 3,6 km/h fährt.
Berechnen Sie jeweils Fahrzeit und Kurs des Bootes, wenn die beiden Bootsanleger einander
direkt gegenüber liegen, und für die Strömungsgeschwindigkeit vS des Flusses gilt:
a) vS = 0,3 m/s; b) vS = 0,6 m/s; c) vS = 0,9 m/s.
Ermitteln Sie, bei welcher Strömungsgeschwindigkeit der Fährbetrieb einzustellen ist.
8.65
Zur Entlastung der Umwelt legt jemand seinen täglichen Weg zur Arbeitsstätte (s = 7,5 km) mit
dem Fahrrad zurück. Dabei wird aus einem gewissen sportlichen Ehrgeiz heraus angestrebt, die
Strecke stets in genau 20 Minuten zu schaffen.
Berechnen Sie, mit welcher tatsächlichen mittleren Geschwindigkeit vR der geradlinig an einem
Kanal entlang führende Radweg befahren werden muss, wenn der Wind mit vW =1,25 m/s annähernd gleichmäßig weht, und zwar
a) von vorn, b) von hinten, c) von der Seite.
8.66
Wie müsste für den in Aufgabe 8.65 beschriebenen Sachverhalt der Radfahrer seine Geschwindigkeit anpassen, wenn der Wind unter 45° zur Fahrtrichtung weht, und zwar
a) schräg von vorn; b) schräg von hinten?
8.3 Vektormultiplikationen
343
* Anwendung des Skalarproduktes in der Geometrie
Vorrangig geht es um das Beweisen wichtiger Sätze aus der Geometrie.
Beweis des Kosinussatzes
C
In Anlehnung an Bild 8.45 gilt die Vektorgleichung
G G G
a = b−c,
Quadrieren führt auf
G
G
G2
G2
2
2
G
a 2 = (b − c )2
oder
G G
G2
a = b − 2⋅b⋅c + c
a
b
A
a
B
c
und somit
Bild 8.45
2
a = b + c − 2bc⋅cos α.
Typisch ist dieser Beweis für die Einbringung des Skalarproduktes nicht. Oftmals basiert die
Vorgehensweise auf der Tatsache, dass das skalare Produkt Null werden kann, ohne dass einer
der beiden Vektoren der Nullvektor ist. Exemplarisch folgt zum Nachempfinden der
Beweis des Thalessatzes1)
G G
Zu zeigen ist, unter welcher Bedingung a ⋅b = 0 wird.
Gemäß Bild 8.46 gilt
G G
G G G G
a ⋅b = (−r + m)⋅(r + m) = 0 ⇒ m 2 − r 2 = 0 .
Das ist nur möglich, wenn m = r, somit muss C auf
dem Halbkreis über AB liegen.
C
b
a
m
A
r
r
M
B
Bild 8.46
ł Aufgaben
8.67
Beweisen Sie den Kosinussatz in der Form
a) b2 = a2 + c2 - 2ac ⋅ cosβ ;
b) c2 = a2 + b2 - 2ab ⋅ cosȖ.
8.68
Beweisen Sie den Lehrsatz des Pythagoras vektoriell.
8.69
Beweisen Sie folgenden Satz:
Ein Parallelogramm ist genau dann ein Rhombus, wenn die beiden Diagonalen orthogonal zueinander sind.
8.70
Ebenso:
Im Parallelogramm ist die Summe der Quadrate über den Diagonalen e und f gleich der doppelten Summe der Quadrate über den Seiten a und b.
8.71
Ebenso:
Die Winkelhalbierenden zweier sich schneidender Geraden sind orthogonal zueinander.
1)
Thalessatz: Jeder Winkel, dessen Scheitelpunkt auf einem Halbkreis liegt, ist ein rechter Winkel.
344
8 Vektoren
8.3.2 Das Vektorprodukt
Wiederum soll eine physikalische Größe der Aufhänger sein, diesmal ist es das Drehmoment.
Für einen um eine feste Achse drehbaren starren Körper hängt die Intensität der Drehung nicht
nur von der Größe der verursachenden Kraft F ab, sondern auch vom rechtwinkligen Abstand
ihrer Wirkungslinie vom Drehpunkt D, Kraftoder Hebelarm genannt:
Drehmoment = Kraft mal Kraftarm.
Gemäß Bild 8.47 gilt
JG G
Drehmoment M = F ⋅r0 =| F || r |⋅sin α,
JG
G
wobei F und r eine Ebene aufspannen, die senkrecht
zur Drehachse liegt.
JJG
G JG
Bild 8.47 Drehmoment M = r × F
Der Zahlenwert M des Drehmomentes, gemessen in Nm, ist nicht aussagekräftig genug hinsichtlich seiner physikalischen Wirkung.
Je nach Richtung der Kraft F ändert sich nämlich der Drehsinn.
JJG
Das Drehmoment bildet einen Vektor M , was wie folgt festgehalten werden kann:
JJG
G JG
M = r × F , Vektorprodukt 1) genannt.
JJG
G JG
Mit der Reihenfolge „r vor F “ wird dokumentiert, dass die Vektoren r , F und M ein Rechtssystem bilden, entsprechend der Anordnung von x-, y- und z-Achse des R3.
JJG
M=rxF
Anders formuliert: Die Richtung von M
ergibt sich im Sinne der RechtsschraubenJG
G
regel durch kürzeste Drehung von r nach F
F
(Bild 8.48).
Noch besser lässt sich der Sachverhalt mit
abgespreiztem Daumen, Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand veranschaulichen:
a
r
a
F
Bild 8.48
JJG G JG
Rechtsdrehendes Moment M = r × F
JG
G
¾ Markiert der Daumen r und der Zeigefinger F , dann gibt der Mittelfinger die Richtung
JJG
von M an.
JG G
G JG
¾ Das Vektorprodukt ist nicht kommutativ: r × F =−( F × r ) 2).
1)
2)
gelesen: „ r kreuz F “, daher auch Kreuzprodukt genannt.
Klar: Eine Schraube anzuziehen ist etwas anderes als sie zu lösen.
8.3 Vektormultiplikationen
345
Verallgemeinernd lässt sich das Vektorprodukt zweier Vektoren wie folgt definieren:
Definition 8.12
G
G
Das vektorielle Produkt zweier nicht-kollinearer Vektoren a und b steht für einen Vektor
G G G
c := a × b
mit folgenden Eigenschaften:
G
G G
GG
1. | c |=| a || b |⋅ sin α, wobei α =∠(a , b) mit 0° < α <180° ;
G
G
G
2. c ist orthogonal zu a und b ;
G
G
G G
3. a , b und c (mit c ≠ 0 ) bilden in dieser Reihenfolge ein Rechtssystem.
G
G
G
G
G G
G
Für a = 0 bzw. b = 0 wird a × b = 0 festgesetzt.
Die Veranschaulichung des Vektorproduktes erfolgt gemäß
Bild 8.49. Die zusätzliche Darstellung des Vektors
G G
G G
b × a =−(a × b) erinnert an das festgelegte Rechtssystem.
c := a x b
b
a
Sonderfälle
G
G
a
G
G
1. a ist kollinear zu b ( a ↑ ↑ b ):
G G
Wegen sin 0° = 0 folgt | a × b | = 0.
bxa
¾ Zwei Vektoren sind kollinear, wenn der Betrag ihres
Vektorproduktes null ist.
G
G
G
G
2. a ist orthogonal zu b ( a ⊥ b ):
G G
G G
G G
Bild 8.49
G G
G G
Vektorprodukt a × b =− (b × a )
G G
| a × b | = | a || b | ⋅ sin 90° ⇒ | a × b | = | a || b |.
Eigenschaften des Vektorproduktes
Das Vektorprodukt ist
G G
G G
G G G
G G G G
a × (b + c ) = a × b + a × c
b) distributiv:
G
G G
G G G
c) gemischt assoziativ: λ (a × b) = ( λ a ) × b = a × ( λb) , wobei λ∈ R.
a) nicht-kommutativ:
a × b = −(b × a )
Ausblick: Die übliche assoziative Verknüpfung gilt nicht. Wohl aber ist es sinnvoll, das Vektorprodukt dreier Vektoren anzugeben, das die Verbindung zum Skalarprodukt schafft.
G G G G G G G G G
Entwicklungssatz: a × (b × c ) = b⋅(a ⋅c ) − c ⋅(a ⋅b) .
346
8 Vektoren
Vektorprodukt für Vektoren des Anschauungsraumes
Aus den Sonderfällen erschließt sich zweierlei:
1. Das Vektorprodukt gleicher Einheitsvektoren ist der Nullvektor.
2. Das Vektorprodukt ungleicher Einheitsvektoren liefert den jeweils fehlenden dritten (positiven oder negativen) Einheitsvektor.
Nachstehende Tabelle fasst die Ergebnisse zusammen:
Beispiele
G
e y × ex =−ez ,
ey
ex
G
0
G
−ez
G
ez
ey
G
G
G
G
G
G
G
ex × e y = ez oder ex × ez =−e y ,
G
G
ex
G
G
G
G
G
ez × e y =−ex .
G
G
G
ey
ez
ez
G
0
G
−ex
−e y
G
G
G
ex
G
0
G
G
Für zwei beliebige Vektoren a und b des Anschauungsraumes heißt es zunächst einmal
G G
G
G
G
G
G
G
a × b = (a x ex + a y e y + a z ez ) × (bx ex + by e y + bz ez ) ;
die Anwendung des Distributivgesetzes liefert
G G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
a × b = a x ex × (bx ex + by e y + bz ez ) + a y e y × (bx ex + by e y + bz ez ) + a z ez × (bx ex + by e y + bz ez )
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
= ax ex × bx ex + a x ex × by e y + a x ex × bz ez +...+ az ez × bx ex + a z ez × by e y + a z ez × bz ez .
Da das vektorielle Produkt gemischt-assoziativ ist, folgt
G G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
a × b = a xbx (ex × ex ) + a x by (ex × e y ) + ax bz (ex × ez ) +
a y bx (e y × ex ) + a y by (e y × e y ) + a y bz (e y × ez ) +
G
G
az bx (ez × ex ) + az by (ez × e y ) + a z bz (ez × ez ).
Unter Berücksichtigung obiger Tabellenwerte resultiert
G G
G
G
G
G
G
G
a × b = a xby ⋅ez + axbz (−e y ) + a y bx (−ez ) + a y bz ⋅ex + az bx ⋅e y + a z by (−ex )
G
G
G
G
G
G
= axby ⋅ez − axbz ⋅e y − a y bx ⋅ez + a y bz ⋅ex + a z bx ⋅e y − a z by ⋅ex
G G
G
G
G
G
G
G
= (a y bz − a z by )⋅ex − (ax bz − az bx )⋅e y + (ax by − a y bx )⋅ez oder
a × b = (a y bz − az by )⋅ex + (az bx − axbz )⋅e y + (axby − a y bx )⋅ez .
Satz 8.6
G
G
Für zwei Vektoren a und b des R3 lautet das Vektorprodukt
⎛
⎞ ⎛
⎞ ⎛ a y bz − az by ⎞
⎟
a × b =⎜ a y ⎟×⎜by ⎟=⎜ az bx − axbz ⎟.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜a b − a b ⎟
y x⎠
⎝ az ⎠ ⎝ bz ⎠ ⎝ x y
a
b
G G ⎜ x⎟ ⎜ x⎟ ⎜
8.3 Vektormultiplikationen
347
G
⎛ a ⎞ ⎛b ⎞
¾ Sonderfall: Für az = 0 und bz = 0 resultiert ⎜ a x ⎟×⎜bx ⎟= (a xby − a y bx )⋅e z .
⎝ y⎠ ⎝ y⎠
Das Vektorprodukt als (symbolische) Determinante
Einfacher in der Anwendung ist die Determinantenschreibweise des Vektorproduktes.
G G
G
G
G
Aus a × b = (a y bz − a z by )⋅ex − (a xbz − az bx )⋅e y + (axby − a y bx )⋅ez erschließt sich die 3-reihige Determinante
G
ex
G
a ×b = ey
G
ez
G G
ax
ay
az
G
ex
bx
by = a x
bz
bx
G
ey
ay
by
G
ez
az .
bz
Hinweise
1. Symbolisch deshalb, weil mit dem Begriff der Determinante eigentlich ein Zahlenwert verknüpft ist;
hier ergibt sich jedoch ein Vektor.
2. Zeilen und Spalten einer Determinante dürfen miteinander vertauscht werden. G- Die zweite Form der
G
symbolischen Determinante empfiehlt sich insbesondere dann, wenn a und b in Zeilenform angegeben werden.
⎛−2⎞
⎛ ⎞
G ⎜2⎟
⎟
Ź Beispiel: Das Vektorprodukt ist zu bestimmen für a =⎜ 1 ⎟ und b =⎜−3⎟ .
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝−1⎠
⎝4⎠
G ⎜
Lösung
G
ex −2 2
G
G 1 −3 G −2 2 G −2 2
a × b = e y 1 −3 = ex
− ey
+ ez
−1 4
−1 4
1 −3
G
ez −1 4
G G
G G
G
G
G
a × b = e x + 6e y + 4 e z .
Geometrische Veranschaulichung des Vektorproduktes
Fläche eines Parallelogramms
G
G
Ein durch a und b aufgespanntes Parallelogramm
(Bild 8.50) hat folgende Fläche:
A = a⋅h = a⋅b⋅sin α, vektoriell geschrieben:
G G
A = | a || b |⋅ sin α oder
G G
A =| a × b | .
Bild 8.50
Parallelogrammfläche
348
8 Vektoren
⎛−2⎞
⎛ ⎞
G ⎜2⎟
⎟
Ź Beispiel: a =⎜ 1 ⎟ und b =⎜−3⎟ spannen im R3 ein Parallelogramm auf. - Die Fläche ist gesucht.
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝−1⎠
⎝4⎠
G ⎜
⎛ ⎞
G G
G G
Lösung: Wegen a × b =⎜ 6⎟ (siehe oben) folgt A =| a × b |= (a × b) 2 = ... = 53 ⇒ A ≈ 7, 28 FE.
⎜ ⎟
⎝ 4⎠
1
G G ⎜ ⎟
Fläche eines Dreiecks
Die Aussage über die Flächenbestimmung eines Parallelogramms lässt sich übertragen auf
Dreiecksflächen:
G G
G G
G G
A = 12 | a × b | , entsprechend: A = 12 | b × c | bzw. A = 12 | a × c | .
ł Aufgaben
8.72
⎛1⎞
⎛1⎞
⎟ G ⎜ ⎟
a) a =⎜ 2 ⎟, b =⎜3⎟ ;
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝−2⎠
⎝1⎠
b) a =⎜ 2⎟, b =⎜−1⎟ ;
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝ 5⎠
⎝2⎠
G
⎛ 300⎞
, r =⎜⎜ 200⎟⎟mm ;
⎜
⎟
⎝ 400⎠
⎛
⎞
JG ⎜−150⎟
b) F =⎜−120⎟N
⎜
⎟
⎝ 200 ⎠
G
⎛−500⎞
, r =⎜⎜−200⎟⎟mm .
⎜
⎟
⎝ 300 ⎠
G
G
Überprüfen Sie mit Hilfe des vektoriellen Produktes, ob a und b kollinear sind:
⎛ 3⎞
⎛−4⎞
G ⎜ ⎟ G ⎜ ⎟
a) a =⎜−2⎟, b =⎜ 3 ⎟ ;
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝−6⎠
⎝8⎠
8.75
⎛−3⎞
⎛ 2⎞
⎟ G ⎜ ⎟
c) a =⎜ 0 ⎟, b =⎜ 1 ⎟.
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝4⎠
⎝−2⎠
G ⎜
Ermitteln Sie die Größe der Drehmomente M in Nm und die Länge der Kraftarme r in mm:
⎛ ⎞
JG ⎜100⎟
a) F =⎜120⎟N
⎜ ⎟
⎝150⎠
8.74
G
⎛ 2⎞
⎛1⎞
G ⎜ ⎟ G ⎜ ⎟
G ⎜
8.73
G
G G
Bilden Sie die Vektorprodukte a × b bzw. b × a ; bestimmen Sie deren Beträge:
b)
⎛ 4⎞
⎛−4⎞
G ⎜ ⎟ G ⎜ ⎟
a =⎜−2⎟, b =⎜ 2 ⎟ .
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝ 3⎠
⎝−3⎠
Landvermesser haben ein Baugelände mit folgenden Koordinaten festgelegt (Angabe in m):
P1(0|0|0), P2(300|200|20), P3(150|500|25).
Errechnen Sie den Grundstückspreis, wenn das Bauland mit 150 €/m2 (ohne Erschließungskosten) ausgewiesen wird.
8.76
P3
Zur Gewinnung von Sonnenenergie werden Sonnenkollektoren
in einer Rahmenkonstruktion gemäß Bild 8.51 aufgeständert.
Berechnen Sie die Fläche, wenn die Halterungen, bezogen auf
eine Messstation, mit folgenden Koordinaten (Angabe in m)
gegeben sind:
P2
P1(20|10|1), P2(25|12|2), P3(22|15|3).
P1
Bild 8.51
8.3 Vektormultiplikationen
8.77
349
Ein Messepavillon in Form eines Tetraeders ist wie folgt markiert (Angabe in m):
A(0|0|0), B(4|0|0), C(0|4|0), D(1|1|4).
Das Dach (ausgenommen die Bodenfläche ABC) soll mit Kupferblech (s = 2 mm) belegt werden.
Berechnen Sie mit welchem Gewichtszuschlag die Statik beeinflusst wird ( ρCu = 8,9 kg/dm3 ).
8.78
Ein Sonnensegel in Form eines Parallelogramms soll zwischen folgenden Punkten einer Ausstellungsfläche aufgehängt werden (Angabe in m):
P1(5|1|2), P2(9|3|3), P3(12|6|5), P4(8|4|4).
Berechnen Sie den Leinenbedarf in m2, wenn 20 % für Verschnitt hinzuzurechnen sind.
8.79
An einem quaderförmigen Halbzeug aus Einsatzstahl soll zwecks Herstellung eines Ausschneidstempels eine trapezförmige Kontur mit folgenden Stützpunkten (Angabe in mm, bezogen auf
den Werkstück-Nullpunkt) angefräst werden:
P1(50|10|-2), P2(130|50|-12), P3(100|40|-22), P4(60|20|-17).
Berechnen Sie die durch die Stützpunkte markierte Fläche.
8.80
Vor der Nordseeküste hat ein Tanker Öl verloren, das sich angenähert in Form eines Vierecks auf
dem Wasser abzeichnet. Um den Bindemitteleinsatz zu kalkulieren, soll die Fläche des Ölteppichs ermittelt werden. Über Satellit werden die Eckpunkte des Vierecks, bezogen auf die Radaranlage des Entsorgungsschiffes (Angabe in m), wie folgt ermittelt:
P1(500|200|-10), P2(1300|500|-10), P3(1000|800|-10), P4(700/900/-10).
Berechnen Sie die Flächenmaßzahl für den Ölteppich.
8.81
Beweisen Sie den Sinussatz vektoriell.
Hinweis: Verwenden Sie die Flächenformeln für das Dreieck.
8.3.3 Das Spatprodukt
G G
GG
Das Skalar-/Punktprodukt a ⋅b =: (a , b), auch inneres Produkt genannt, ergibt einen Skalar.
G G
GG
Das Vektor-/Kreuzprodukt a × b =:[a , b], auch äußeres Produkt genannt, ergibt einen Vektor.
Die multiplikative Verknüpfung beider Produkte heißt Spatprodukt (= gemischtes Produkt)
und ist wie folgt definiert:
Definition 8.13
G G
G
Es seien a , b und c vom Nullvektor verschieden.
G G G
GG G
: a , b, c > .
Dann versteht man unter dem Spatprodukt die Verknüpfung (a ×b)⋅ c =<
G G
G G
G G
G G G
Für a = 0 oder b = 0 oder c = 0 wird < a , b, c >= 0 festgesetzt.
Das Spatprodukt liefert eine reelle Zahl (wieso?), ist also ein Skalar.
350
8 Vektoren
Geometrische Veranschaulichung
Das Spatprodukt liefert das Volumen eines durch drei
Vektoren aufgespannten Parallelepipeds (= Spat) (Bild
8.52):
V = Grundfläche mal Höhe , also
G G
axb
h
G
wegen h = | c |⋅ cos α folgt
V = | a × b |⋅ h ,
j
G G G
(a × b)⋅c
G
V = | a × b |⋅| c | cos α , mit cos α = G G G
G G
c
b
| a ×b || c |
a
erschließt sich
G G G
G G G ( a × b ) ⋅c
V = | a × b |⋅| c |⋅ G G G und somit
| a × b | ⋅| c |
G G G
G G G
Bild 8.52 Spatprodukt < a, b, c >
V = (a ×b)⋅c .
Entsprechend:
G G G
Volumen einer Pyramide: V = 13 < a , b, c >
G G G
Volumen eines Tetraeders: V = 16 < a , b, c >
G G
G
Hinweis: Die Aussagen sind nur richtig, wenn a , b und c ein Rechtssystem bilden. Ansonsten müssen
wie bei der Flächenberechnung mittels Vektorprodukt Betragsstriche gesetzt werden.
G G
G
Sonderfall: a , b und c sind komplanar
Liegen die drei Vektoren in einer Ebene, können sie keinen Spat aufspannen:
¾ Drei Vektoren sind komplanar, wenn ihr Spatprodukt Null wird.
Spatprodukt für Vektoren des Anschauungsraumes
⎛a ⎞
⎛ ⎞
⎛c ⎞
x ⎟ G ⎜ bx ⎟
G ⎜ x⎟
Für a =⎜ a y ⎟, b =⎜by ⎟ und c =⎜ c y ⎟ resultiert das Spatprodukt folgendermaßen:
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝ az ⎠
⎝ bz ⎠
⎝ zz ⎠
⎛ a y bz − a z by ⎞⎛ c ⎞
⎜
⎟⎜ x ⎟
G G G
< a , b, c >=⎜ a z bx − a xbz ⎟⎜
⋅ c y ⎟; das skalare Ausmultiplizieren liefert
⎜ a b − a b ⎟⎜ ⎟
y x ⎠⎝ cz ⎠
⎝ x y
G ⎜
G G G
< a , b, c >= (a y bz − a z by )⋅cx + (a z bx − axbz )⋅c y + (axby − a y bx )⋅c z .
Determinantenschreibweise:
cx
< a , b, c >= c y
cz
G G G
ax
ay
az
bx
ax
by =− a y
bz
az
cx
cy
cz
bx
ax
by = a y
bz
az
bx
by
bz
cx
cy .
cz
Hinweis: Vorzeichenwechsel finden jeweils dann statt, wenn zwei Spalten vertauscht werden.
8.3 Vektormultiplikationen
351
Satz 8.7
ax
G
G G
G G G
Für drei Vektoren a , b und c des R3 lautet das Spatprodukt < a , b, c >= a y
az
bx
by
bz
cx
cy .
cz
⎛ 4⎞
⎛ 3⎞
⎛ 5⎞
G ⎜ ⎟ G ⎜ ⎟
G ⎜ ⎟
ŹBeispiel: Das Volumen eines durch a =⎜ 2⎟, b =⎜ 3⎟und c =⎜1⎟ aufgespannten Spates ist gesucht.
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝1⎠
⎝ 2⎠
⎝3⎠
4 3 5
3 1
3 5
3 5
G G G
−2
+1
= ... =18 ⇒ V =18 VE
Lösung: < a , b, c >= 2 3 1 = 4
2 3
2 3
3 1
1 2 3
ł Aufgaben
8.82
P1(5|1|3), P2(9|4|5), P3(12|7|7) und P4(8|4|5) markieren die Grundfläche eines Parallelepipeds;
mit dem in der Deckfläche liegenden Punkt P5(7|8|10) ist die Kante P1P5 des Spates festgelegt.
Berechnen Sie Volumen und Oberfläche des Körpers.
8.83
Ermitteln Sie das Volumen des in Aufgabe 8.77 beschriebenen Messepavillons.
8.84
⎛ 4⎞
⎛ ⎞
⎛−1⎞
G ⎜−3⎟
G ⎜ ⎟
G ⎜ ⎟
Gegeben seien a =⎜−2⎟und b =⎜ 1 ⎟, ferner c =⎜ r ⎟ mit r ∈ R.
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝ 3⎠
⎝−5⎠
⎝2⎠
G
G
G
Bestimmen sie r so, dass c komplanar zu a und b ist.
G G G
G G G
8.85
Führen Sie rechnerisch den Nachweis, dass gilt (a × b)⋅c = a ⋅(b × c ).
Veranschaulichen Sie den Sachverhalt.
8.86
Der in Bild 8.53 abgebildete Körper (Maße in dm) stellt ein aus Baustahl gefertigtes kompaktes
Werkstück der Dichte ρFe = 7,85 kg/dm3 dar mit folgenden Eckpunkten:
O(0|0|0), P(3|0|0), Q(3|6|0),
R(0|8|0), S(0|7|4), T(0|0|4).
z
S
T
O
P
Bild 8.53
R
y
Q
x
Berechnen Sie, um wie viel Prozent die Masse des Werkstücks zunimmt, wenn dieses aus Korrosionsschutzgründen mit einer s = 1 mm starken Zinkschicht der Dichte ρZn = 7 kg/dm3 überzogen wird.
Hinweise: Das Zinkvolumen kann näherungsweise berechnet werden zu VZn ≈ AO ⋅ s, wobei AO
die Maßzahl für die Oberfläche ist.
352
9 Vektorgeometrie
9 Vektorgeometrie
9.1 Vektorgeometrie der Geraden
9.1.1 Die vektorielle Geradengleichung in Parameterform
Punkt-Richtungsform
Im euklidschen Sinn ist eine Gerade durch Punkt und Richtung hinreichend genau festgelegt.
Vektoriell gesprochen heißt das, ausgehend vom Ursprung O eines Bezugssystems (Bild 9.1)
G
– mit einem Ortsvektor r zu einem Punkt P0 einer Geraden g hinzuführen und
G
– die Richtung der Geraden durch den Richtungsvektor v anzugeben, dessen Repräsentanten
parallel zu dieser Geraden g verlaufen.
Um formal festhalten zu können, dass von P0 ausgehend jeder x-beliebige Punkt Px der GeraG
den g durch entsprechende Skalarmultiplikation der reellen Zahl
λ mit dem Richtungsvektor v
G JJJJG
erreicht werden kann, schreibt man für den Ortsvektor x := OPx die Vektorgleichung
G
G
G
x = r0 + λ⋅v .
Richtungsvektor
Stütz- oder Hinführungsvektor1)
Abtastvektor
Bild 9.1
G G
G
g: g: x = r0 + λ⋅v
G
Vektor x tastet gewissermaßen wie mit einem Laserstrahl in Abhängigkeit von λ jeden Punkt
der Geraden g ab:
⎧ λ< 0⎫
⎬ sind alle Punkte Px der Geraden
Mit ⎨
⎩ λ> 0⎭
⎧ links ⎫
⎨
⎬ von P0 erfasst.
⎩rechts⎭
Für λ > 1 ergeben sich alle Punkte Px der Geraden, die auf der Verlängerung der gerichteten
Strecke P0Pv liegen.
Mit 0 < λ < 1 werden alle Punkte Px innerhalb von P0Pv angesprochen.
Für λ = 0 sind Hinführungs- und Abtastvektor identisch.
Die Charakteristik der Geraden kann auf nachfolgende Weise festgehalten werden:
1)
auch Aufpunktvektor genannt
9.1 Vektorgeometrie der Geraden
353
Definition 9.1
G
G
Eine Gerade g sei festgelegt durch P0 bzw. Stützvektor r0 und einem zu v ≠ 0 kollinearen
Richtungsvektor.
G
G
G
Dann heißt x = r0 + λ⋅v mit λ ∈ R Punkt-Richtungsform der Geradengleichung zu g.
Zweipunkte-Form
Für eine durch zwei Punkte P1 und P2 markierte Gerade g (Bild 9.2) wird der RichtungsvekG JJJJG G G
tor repräsentiert durch v = P1P2 = r2 − r1 .
Auf die gesonderte Ausweisung eines Stützvektors kann verzichtet werden. Entsprechend
schreibt sich die vektorielle Geradengleichung in der
G
G
G
G
Zweipunkteform: x = r1 + λ⋅(r2 − r1 ), λ ∈ R .
Bild 9.2
G G
G G
g: x = r1 + λ⋅(r2 − r1 )
Die reelle Zahl λ wird Parameter1) genannt. Entsprechend fasst man die vorgestellten vektoriellen Geradengleichungen auch unter dem Begriff Parameterform der Geradengleichung
zusammen.
Geraden im Anschauungsraum
Die Gerade im R3
⎛ x ⎞ ⎛ x2 − x1 ⎞
⎜
⎟
Die Zweipunkteform lautet x =⎜ y1 ⎟+ λ⎜ y2 − y1 ⎟.
⎜ ⎟ ⎜
⎟
⎝ z1 ⎠ ⎝ z2 − z1 ⎠
G ⎜ 1⎟
ŹBeispiel: Die Gerade durch P1(1|-2|3) und P2(4|3|5) soll in Parameterform angegeben werden.
⎛ 1 ⎞ ⎛ 3⎞
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
G
G G G
Lösung: Mit Stützvektor r1 und Richtungsvektor v = r2 − r1 folgt x =⎜−2⎟+ λ⎜ 5⎟.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝ 3 ⎠ ⎝ 2⎠
Die aufgelisteten Punkte P der Gerade
sollen die Bedeutung des Parameters λ
nochmals veranschaulichen.
1)
Parameter: veränderbare Hilfsgröße
λ
-1
0
1
2
P∈g
(-2|-7|1)
(1|-2|3)
(4|3|5)
(7|8|7)
354
9 Vektorgeometrie
Die Gerade im R2
Die bisherigen Ausführungen gelten entsprechend für die R2-Ebene, lediglich die z-KompoG
nenten entfallen. Dass es hier sinnvoll ist, statt vom Richtungsvektor v vom Steigungsvektor
G
m zu reden, ist an sich von sekundärer Bedeutung. Es erleichtert aber das nachfolgende Unterfangen, die Gegenüberstellung vorzunehmen zwischen
vektorieller Geradengleichung und linearer Funktionsgleichung.
G ⎛ 3⎞
Für die in Bild 9.3 dargestellte Gerade g mit m =⎜ ⎟ergeben
⎝ 2⎠
sich z. B. folgende Möglichkeiten der Parameterform:
G ⎛−3⎞ ⎛ 3⎞
x1 =⎜ ⎟+ λ1⎜ ⎟ oder
⎝ 0 ⎠ ⎝ 2⎠
G ⎛ 0 ⎞ ⎛ 3⎞
x 2 =⎜ ⎟+ λ 2⎜ ⎟
⎝ 2⎠
⎝ 2⎠
oder
G ⎛ 3⎞ ⎛ 3⎞
x 3 =⎜ ⎟+ λ3⎜ ⎟
⎝ 4⎠
⎝ 2⎠
usw.
Bild 9.3
Verschiedene Einstiegspunkte
Die Umwandlung in eine lineare Funktionsgleichung geschieht wie folgt:
G ⎛−3⎞ ⎛ 3⎞ ⎧ (1) x =−3+ 3 λ1
x1 =⎜ ⎟+ λ1⎜ ⎟⇒ ⎨
⎝ 0 ⎠ ⎝ 2⎠ ⎩ (2) y = 0 + 2 λ1.
Multiplikation von Gleichung (1) mit Faktor 2 und von Gleichung (2) mit Faktor 3 führt nach
sich anschließender Subtraktion (1) – (2) auf
2 x − 3 y =−6 ⇔ y = 23 x + 2 .
G
G
Die Umwandlung von x2 und x3 geschieht analog und liefert das gleiche Ergebnis.
Verallgemeinerung
G ⎛1⎞ ⎛ 0 ⎞ ⎛ 1 ⎞
Gemäß Bild 9.4 gilt m =⎜ ⎟+⎜ ⎟=⎜ ⎟; somit gilt
⎝ 0⎠ ⎝ m ⎠ ⎝ m ⎠
G ⎛ 0⎞ ⎛ 1 ⎞ ⎧ (1) x = 0 + λ
g: x =⎜ ⎟+ λ⎜ ⎟⇒ ⎨
⎝b ⎠ ⎝ m ⎠ ⎩ (2) y = b + λ⋅m.
Multiplikation von (1) mit Faktor m und eine anschließende
Subtraktion (1) - (2) ergibt schließlich
mx − y =−b ⇔ y = mx + b .
G ⎛ 0⎞ ⎛ 1 ⎞
Bild 9.4 g: x =⎜ ⎟+ λ⎜ ⎟
⎝b ⎠ ⎝ m ⎠
Hinweis: Über Zweipunkteform in Koordinaten- und Determinantenschreibweise findet sich mehr in
Abschnitt 2.2.1.
9.1 Vektorgeometrie der Geraden
355
Ɣ Aufgaben
9.1
Geben Sie die Geradengleichung in Parameterform an und zeichnen Sie die Geraden:
G ⎛ 5⎞
G ⎛2⎞
G ⎛−2⎞
a) P1 (-2|-1), m1 =⎜ ⎟; b) P2 (-1|5), m 2 =⎜ ⎟; c) P3 (3|4), m 3 =⎜ ⎟ .
⎝ 2⎠
⎝−3⎠
⎝−5⎠
9.2
Geben Sie die Funktionsgleichungen an, zeichnen Sie die Geraden und begründen Sie die auftretende Besonderheit:
G ⎛−1⎞ ⎛−4⎞
G ⎛−2⎞ ⎛ 3⎞
a) x =⎜ ⎟+ λ⎜ ⎟; b) x =⎜ ⎟+ λ⎜ ⎟.
⎝−4⎠ ⎝ 4⎠
⎝5⎠ ⎝ 3⎠
9.3
Schreiben Sie so einfach wie möglich in Parameterform:
1
5
a) y = 3x − 4 ; b) y =− x + 2 ; c) y =− x +1 .
2
4
9.4
Geben Sie jeweils die Gerade in Parameterform an, die durch folgende zwei Punkte geht:
a) P1 (-2|5|-1), P2 (4|3|3); b) Q1 (2|-3|4), Q2(-1|-2|2).
Was lässt sich über den Verlauf beider Geraden Besonderes aussagen?
9.5
Gegeben seien die Punkte A(4|-2|3), B(2|-3|5) und C(1|-4|3).
Erstellen Sie jeweils die Gleichung für die Gerade g, die parallel verläuft zu
a) BC und durch A geht; b) AC und durch B geht; c) AB und durch C geht.
9.6
Der in Bild 9.5 dargestellte Quader hat die Abmessungen 8 dm × 6 dm × 4 dm (l × b × h);
seine Lage ist im R3 u. a. durch P1(1|2|1) und
P2 (9|2|1) festgelegt.
Geben Sie jeweils die Gleichung der Gerade an,
die durch folgende Punkte geht:
a) P1 und P7 ; b) P2 und P8 ;
c) P5 und Diagonalenschnittpunkt P1P2P3 P4 ;
d) P7 und Diagonalenschnittpunkt P1P4P8P5 .
Bild 9.5
9.1.2 Lagebeziehungen von Punkt und Gerade
Inzidenznachweis
Darunter versteht man die arithmetische Überprüfung, ob ein Punkt auf einer vorgegebenen
Geraden liegt oder aber nicht.
⎛ 1 ⎞ ⎛3 ⎞
G
ŹBeispiel: Zu überprüfen ist, ob P(-5|-12|-1) auf der Geraden g: x =⎜−2⎟+ λ⎜5 ⎟ liegt.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝ 3 ⎠ ⎝ 2⎠
Lösung: Der zum Punkt P hinführende Ortsvektor wird eingesetzt, also
⎛ −5 ⎞ ⎛ 1 ⎞ ⎛ 3⎞ ⎧ −5 =1+ 3 λ ⎫
⎪
⎜
⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
−12⎟=⎜−2⎟+ λ⎜ 5⎟⇒ ⎨−12 =−2 + 5 λ⎬ ⇔ λ=−2. Damit ist der Nachweis für P ∈ g erbracht.
⎜
⎜
⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎪
−1= 3+ 2 λ ⎭
⎝ −1 ⎠ ⎝ 3 ⎠ ⎝ 2⎠ ⎩
356
9 Vektorgeometrie
Ergäben sich unterschiedliche Lösungen für λ, läge der zu betrachtende Punkt nicht auf der Geraden.
Probieren Sie es aus für z. B. Q(8|5|2).
Schnittpunkt Gerade – Koordinatenachsen im R2
G
Für den Ansatz wird die jeweilige skalare Komponente des Abtastvektors x Null gesetzt:
Schnitt mit x-Achse
Schnitt mit y-Achse
G ⎛ x⎞
y = 0 setzen, also xx =⎜ ⎟.
⎝0⎠
G ⎛0⎞
x = 0 setzen, also x y =⎜ ⎟.
⎝ y⎠
G ⎛−2⎞ ⎛ 2 ⎞
ŹBeispiel: Die Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen sind gesucht für g: x =⎜ ⎟+ λ⎜ ⎟ .
⎝ 6 ⎠ ⎝−3⎠
Lösung
Schnitt mit x-Achse
Schnitt mit y-Achse
G ⎛ x ⎞ ⎛−2⎞ ⎛ 2 ⎞
Aus xx =⎜ ⎟=⎜ ⎟+ λ⎜ ⎟ folgt das LGS
⎝ 0 ⎠ ⎝ 6 ⎠ ⎝−3⎠
G ⎛ 0 ⎞ ⎛−2⎞ ⎛ 2 ⎞
Aus x y =⎜ ⎟=⎜ ⎟+ λ⎜ ⎟ folgt das LGS
⎝ y ⎠ ⎝ 6 ⎠ ⎝−3⎠
(1) x =−2 + 2 λ
(2) 0 = 6 − 3 λ ⇔ λ= 2
(1) 0 =−2 + 2 λ ⇔ λ=1
(2) y = 6 − 3 λ;
Eingesetzt in (1): x =−2 + 2⋅ 2 ⇔ x = 2 ⇒ S x (2 | 0).
Eingesetzt in (2): y = 6 − 3⋅1 ⇔ y = 3 ⇒ S y (0 | 3).
Schnittpunkt Gerade – Koordinatenachsen im R3
Für Geraden im R3 ist die Frage nach den Schnittpunkten mit den Koordinatenachsen in der
Regel nur dann sinnvoll, wenn eine Komponente gar nicht auftritt:
⎧ z -Komponente: Schnitt mit x- und y -Achse (siehe oben);
⎪
Keine ⎨x-Komponente: Schnitt mit y - und z -Achse;
⎪
⎩ y -Komponente: Schnitt mit x- und z -Achse.
Die Lösungsstrategie erfolgt ansonsten wie gehabt.
Schnittpunkt Gerade – Koordinatenachsen-Ebenen im R3
(Durchstoßpunkte)
Gemeint sind die Durchstoßpunkte einer Geraden durch die
jeweils von 2 Achsen aufgespannten Ebenen eines 3-dimensionalen Koordinatensystems (siehe Bild 9.6).
z
g
y
Dyz
Dxy
x
Bild 9.6
Durchstoßpunkte
Dxz
9.1 Vektorgeometrie der Geraden
357
Der Ansatz
G
x = ( x, y,0)⎫
⎪
G
x = (0, y, z )⎬ liefert den Durchstoßpunkt mit der
G
x = ( x,0, z )⎪
⎭
⎧x, y -Ebene: Dxy ;
⎪
⎨ y,z -Ebene: D yz ;
⎪
⎩ x,z -Ebene: Dxz .
⎛−5⎞ ⎛ 4 ⎞
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
ŹBeispiel: Von g: x =⎜ 3 ⎟+ λ⎜−2⎟ sind die Durchstoßpunkte Dxy, Dyz und Dxz gesucht.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝−1⎠ ⎝ 1 ⎠
Lösung
⎛ x ⎞ ⎛−5⎞ ⎛ 4 ⎞ ⎧ (1) x =−5 + 4 λ
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
Durchstoßpunkt Dxy: ⎜ y ⎟=⎜ 3 ⎟+ λ⎜−2⎟⇒ ⎨ (2) y = 3− 2 λ
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎝ 0 ⎠ ⎝−1⎠ ⎝ 1 ⎠ ⎩ (3) 0 =−1+ λ
Aus (3) folgt λ = 1. Eingesetzt in (1) und (2) liefert x = -1 bzw. y = 1, also: Dxy(-1|1|0).
Entsprechende Ansätze führen auf Dyz (0 | 12 | 14 ) und Dxz (1| 0 | 12 ) .
Ɣ Aufgaben
9.7
9.8
9.9
⎛ 7 ⎞ ⎛−1⎞
⎟ ⎜ ⎟
Überprüfen Sie, ob P(2|3|5) und Q(1|4|1) auf der Geraden g: x =⎜−2⎟+ λ⎜ 1 ⎟ liegen.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝−5⎠ ⎝ 2 ⎠
G ⎜
⎛ 0⎞ ⎛0⎞
⎟ ⎜ ⎟
Die Gerade g: x =⎜−2⎟+ λ⎜ 2 ⎟ begrenzt gemeinsam mit y- und z-Achse eine Dreiecksfläche.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝ 6 ⎠ ⎝−3⎠
Berechnen Sie deren Größe.
G ⎜
⎛0⎞ ⎛0⎞
⎛−8⎞ ⎛ 4 ⎞
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
Gegeben sind die Geraden g: x =⎜ 8 ⎟+ λ⎜−2⎟und h: x =⎜ 0 ⎟+ μ⎜ 0 ⎟ .
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝−1⎠ ⎝ 1 ⎠
⎝ 9 ⎠ ⎝−3⎠
a) Zeigen Sie, dass sich die Geraden g und h auf der z-Achse schneiden.
Geben Sie die z-Komponente an.
b) Die beiden Geraden spannen gemeinsam mit den Koordinatenachsen einen Tetraeder auf.
Berechnen Sie dessen Volumen.
9.10
9.11
⎛−5⎞ ⎛ 4 ⎞
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
Gegeben sei die Gerade g: x =⎜ 3 ⎟+ λ⎜−2⎟ .
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝−1⎠ ⎝ 1 ⎠
Bestimmen Sie die Durchstoßpunkte von g durch die a) x,y-Ebene; b) y,z-Ebene; c) x,z-Ebene.
⎛1⎞
G ⎜ ⎟
Von einer Spurgeraden sind Durchstoßpunkt Dxy(5|3|0) und Richtungsvektor v =⎜−2⎟gegeben.
⎜ ⎟
⎝ 2⎠
Errechnen Sie die beiden anderen Durchstoßpunkte Dxz und Dyz .
358
9 Vektorgeometrie
9.12
Ein Straßentunnel wird von zwei Seiten (A, B) geradlinig vorangetrieben, wobei das Planungsbüro den beiden Bautrupps folgende Daten, bezogen auf einen gemeinsamen Messpunkt (Angabe
in m), verbindlich vorschreibt:
Bautrupp 1
Bautrupp 2
Einstieg A(-340|-200|-10)
Einstieg B(150|-45|-15)
⎛ 20 ⎞
G ⎜
⎟
Richtung v A =⎜ 10 ⎟
⎜
⎟
⎝−0, 25⎠
⎛−22⎞
G ⎜
⎟
Richtung vB =⎜ −6 ⎟
⎜
⎟
⎝ 0, 2 ⎠
Der Durchstich ist für S(-180|-120|-12) vorgesehen.
Kontrollieren Sie diese Planungsdaten hinsichtlich des gemeinsamen Treffpunktes. Korrigieren
Sie ggf. den Übertragungsfehler.
9.13
Ein Passagierflugzeug befindet sich im geradlinigen Anflug auf die Landebahn eines Flughafens. Das Radar überwacht den Anflug und übermittelt in konstanten Zeitabständen die Koordinaten der Maschine an einen Rechner (Angaben in m):
P1(2625|2570|150) und P2(2475|2420|125).
a) Mit welcher Geschwindigkeit in km/h bewegt sich das Flugzeug, wenn das Radar im Zeitintervall von 3 Sekunden die Koordinaten der Flugroutenpunkte übermittelt?
b) An welcher Stelle setzt das Flugzeug auf, wenn der Einfachheit halber die z-Komponente der
Landebahn mit z = 0 angenommen wird?
c) Der mittige Anfang der Startbahn hat die Koordinaten Q(2175|2120|0). Untersuchen Sie
rechnerisch, ob das Flugzeug wie vorgesehen tatsächlich auf dieser Bahn landet.
9.1.3 Schnittpunkt zweier Geraden
Bild 9.7 offenbart es: Im Schnittpunkt zweier Geraden sind
die Abtastvektoren identisch.
G
G
¾ Schnittpunktbedingung: xg = xh
Bild 9.7
G
Schnittpunktvektor xS
Schnittpunkt zweier Geraden im R2
Das Verfahren stellt eine Alternative dar zur sonst üblichen Vorgehensweise, die Funktionsterme linearer Funktionen gleichzusetzen.
G ⎛ 3⎞ ⎛−1⎞
G ⎛1 ⎞ ⎛ 3 ⎞
ŹBeispiel: Gesucht ist der Schnittpunkt der Geraden g: x =⎜ ⎟+ λ⎜ ⎟ und h: x =⎜ ⎟+ μ⎜ ⎟.
⎝ 4⎠ ⎝ 3 ⎠
⎝5⎠ ⎝−4⎠
Lösung
Aus der Schnittpunktbedingung resultiert
9.1 Vektorgeometrie der Geraden
359
⎛ 3⎞ ⎛−1⎞ ⎛1⎞ ⎛ 3 ⎞ ⎧ (1) 3− λ=1+ 3 μ
⎜ ⎟+ λ⎜ ⎟=⎜ ⎟+ μ⎜ ⎟⇒ ⎨
⎝ 4⎠ ⎝ 3 ⎠ ⎝5⎠ ⎝−4⎠ ⎩(2) 4 + 3 λ= 5 − 4 μ
Das übliche Verfahren zur Auflösung des LGS’s ergibt λ = -1 bzw. μ = 1.
⎛−1⎞ ⎛ 4⎞
G ⎛ 3⎞
Für den zum Schnittpunkt führenden Abtastvektor resultiert xS =⎜ ⎟+ (−1)⎜ ⎟=⎜ ⎟⇒ S (4 |1).
4
⎝ ⎠
⎝ 3 ⎠ ⎝1⎠
Hinweis: Den Parameter μ = 1 in h einzusetzen führt zum gleichen Ergebnis.
¾ Lösbarkeitskriterien
Die Schnittpunktbedingung liefert
⎧ nicht parallel zueinander ⎫
⎬ sind;
– genau eine Lösung, wenn g und h ⎨
⎩nicht identisch miteinander⎭
– keine Lösung, wenn gϦh ist;
– unendlich viele Lösungen, wenn g Ԙ h ist.
Schnittpunkt zweier Geraden im R3
Die Vorgehensweise ist vom Grundsatz her dieselbe; die Kriterien zur Lösbarkeit bedürfen
einer wesentlichen Ergänzung.
⎛ 3 ⎞ ⎛1⎞
⎛−2⎞ ⎛ 3 ⎞
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
ŹBeispiel: Gesucht ist der gemeinsame Punkt von g: x =⎜−2⎟+ λ⎜ 2⎟ und h: x =⎜ 3 ⎟+ μ⎜−2⎟.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝ 5 ⎠ ⎝ 3⎠
⎝ 4⎠ ⎝1⎠
Lösung
Aus der Schnittpunktbedingung resultiert
⎛ 3 ⎞ ⎛ 1 ⎞ ⎛−2⎞ ⎛ 3 ⎞ ⎧ (1) 3+ λ =−2 + 3 μ ⇔ 5 + λ = 3 μ
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
−2 + λ⎜ 2⎟=⎜ 3 ⎟+ μ⎜−2⎟⇒ ⎨(2) − 2 + 2 λ = 3 − 2 μ ⇔ 5 − 2 λ = 2 μ
⎜
⎜ ⎟
⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝ 5 ⎠ ⎝ 3⎠ ⎝ 4 ⎠ ⎝ 1 ⎠ ⎪
⎩(3) 5 + 3 λ = 4 + μ ⇔ 1+ 3 λ = μ
Das überbestimmte LGS (2 Variable, 3 Gleichungen) lässt sich durch Einsetzen von (3) in (1) und (2)
überführen in
5+ λ= 3(1+ 3 λ) ⇔ 2 = 8 λ ⇔ λ= 14 ⎫
⎪
⎬⇒ Widerspruch! - Es gibt keine Lösung.
(2') 5 − 2 λ= 2(1+ 3 λ) ⇔ 3 = 8 λ ⇔ λ= 83 ⎪
⎭
(1')
Da die beiden Geraden keine Parallelen sind (wieso nicht?), müssen sie windschief 1) zueinander sein.
Die folgende auf die Richtungsvektoren bezogene Übersicht hilft, die verschiedenen Fälle auseinander zu
halten:
1)
Veranschaulichung zweier windschiefer Geraden im R3:
Halten Sie Ihre abgewinkelten Unterarme überkreuz schützend vor's Gesicht.
360
9 Vektorgeometrie
¾ Lösbarkeitskriterien
G
G
G
vg Ϧ vh
G
vg Ӟ vh
gӝh
gԘh
gӜh 1)
g,h windschief
keine Lösung
unendlich viele L.
eine Lösung
keine Lösung
Anmerkung: Das Schema gilt unter Wegfall der letzten Spalte (windschief) auch für den R2.
Ɣ Aufgaben
9.14
Ermitteln Sie den Schnittpunkt S vektoriell:
G ⎛ 0 ⎞ ⎛ 2⎞
G ⎛ 4 ⎞ ⎛−2⎞
G ⎛8⎞ ⎛ 4⎞
G ⎛ 0 ⎞ ⎛ 4⎞
a) g1: x =⎜ ⎟+ λ⎜ ⎟, h1: x =⎜ ⎟+ μ⎜ ⎟; b) g2: x =⎜ ⎟+ λ⎜ ⎟, h2: x =⎜ ⎟+ μ⎜ ⎟.
⎝ 2⎠ ⎝ 1 ⎠
⎝−3⎠ ⎝ 3⎠
⎝−2⎠ ⎝ 3 ⎠
⎝1⎠ ⎝ 3⎠
9.15
An der Längsseite eines dreieckigen Naherholungsgebietes entlang verläuft eine Straße. An welcher
Stelle P müsste ein Parkplatz angelegt werden, damit
der zum Ausflugslokal L anzulegende Fuß- und Radfahrweg minimale Länge hat?
Hinweis: Die erforderlichen Maße sind aus Bild 9.8
zu entnehmen (Angabe in m).
y
B
L
300
P
200
100
Bild 9.8
9.16
C
400
A
100
200 300 400 500
x
Ein Dreieck sei festgelegt durch A(-4|-3), B(4|1) und C(1|7).
a) Errechnen Sie vektoriell den Schnittpunkt der Winkelhalbierenden wα mit der Seite a.
b) Zeigen Sie am konkreten Fall, dass wα die Seite a im Verhältnis der anliegenden Dreiecksseiten teilt.2)
9.17
Prüfen Sie rechnerisch, ob sich die Geraden schneiden:
⎛ 3⎞ ⎛−1⎞
⎛ 0⎞ ⎛ 1 ⎞
⎛ 3 ⎞ ⎛1⎞
⎛−1⎞ ⎛−1⎞
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
a) g1: x =⎜ 0⎟+ λ⎜ 2 ⎟, h1: x =⎜ 3⎟+ μ⎜1 ⎟; b) g2: x =⎜ 1 ⎟+ λ⎜1⎟, h2: x =⎜ 0 ⎟+ μ⎜ 3 ⎟ .
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝ 3⎠ ⎝ 2 ⎠
⎝−2⎠ ⎝3⎠
⎝9⎠ ⎝−2⎠
⎝ 4 ⎠ ⎝−2⎠
9.18
Berechnen Sie Schnittpunkt und Schnittwinkel der wie folgt festgelegten Geraden:
a) P1(5|5|-3) und P2(8|7|-2) bzw. P3(4|5|2) und P4(5|6|5);
b) Q1(1|1|-7) und Q2(3|2|-4) bzw. Q3(-4|-3|2) und Q4(-1|-1|1).
1)
2)
Das Symbol steht für „g schneidet h“.
Generell gilt, dass die Winkelhalbierende eines Dreiecks die jeweils gegenüberliegende Seite im Verhältnis der anliegenden Dreiecksseiten teilt.
9.1 Vektorgeometrie der Geraden
9.19
361
Zwei fest montierte Bühnenscheinwerfer A und B haben bezogen auf den Regieraum eines Theaters die Positionen A(-3|2|6) und B(11|2|8) (Angabe in m).
Sie sollen von der Regie aus mit unterschiedlichen Farben bestimmte Objekte auf der Bühne
punktuell anstrahlen. Die Bühne selbst ist wiederum vom Regieraum aus gesehen wie folgt markiert: P1(-8|30|-5), P2(16|30|-5), P3(15|38|-5), P4(-7|38|-5).
a) Berechnen Sie, wie weit von P1 entfernt sich das anzustrahlende Objekt befindet, wenn die
Richtung der Scheinwerferstrahlen durch folgende Vektoren programmiert ist:
⎛1⎞
⎛−1⎞
G ⎜ ⎟
G ⎜ ⎟
v A =⎜ 3 ⎟ bzw. vB =⎜7,5⎟.
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝−1⎠
⎝−3 ⎠
b) Ermitteln Sie, welche Richtung für Scheinwerfer A anzusteuern wäre, wenn von diesem nachfolgend ein 2 m über P3 postiertes Objekt ausgeleuchtet werden soll.
9.20
Ein im Landeanflug befindliches Verkehrsflugzeug orientiert sich an dem vom Flughafen ausgesandten Leitstrahl. Die Positionen der anfliegenden Maschine (Angabe in m) werden in einem
bestimmten Zeitintervall wie folgt angegeben: P1 (3625|3270|315) und P2 (3025|2870|235).
Etwa zur gleichen Zeit wird vom Radar ein Hubschrauber erfasst, dessen Positionen zunächst mit
Q1(2560|2505|168), später dann bei offensichtlich geradlinigem Flug mit Q2 (2410|2427|150) registriert werden. – Werten Sie die Flugdaten im Interesse der Flugsicherheit aus.
9.21
Das architektonisch auffallend gestaltete Kassenhaus für einen Freizeitpark (Bild 9.9) besteht aus
einem glasverkleideten Stahlbau, der die Form eines abgeschrägten Vierflachs hat. Die Eckpunkte des Gebäudes sind wie folgt markiert(Angaben in m):
E
A ( 2 |−1|0) , B ( 7 |9 |0) , C ( 0 |1|2) ,
F
D ( 3 |1| 4) , E ( 5 |5 |6) , F ( 2 |2 |5) .
a) Die Dachfläche DEF ist mit 5 mm dicken
Kupferplatten ( ρCu = 8,96 kg/dm3 ) eingedeckt.
Ermitteln Sie, welche Gewichtskraft bei
der Planung unter Berücksichtigung einer
10%-igen Schneelast in die Statik einbezogen worden ist.
D
B
C
A
Bild 9.9
b) Berechnen Sie den umbauten Raum des Kassenhauses.
Hinweis: Zunächst muss die virtuelle Spitze S des Tetraeders ermittelt werden.
9.1.4 Abstand Punkt – Gerade
Die Abstandsproblematik ist in Verbindung mit linearen Funktionen thematisiert worden. Das
vorgestellte Verfahren (ĺ Satz 2.8, Abschnitt 2.2.1) lässt sich nicht direkt übertragen auf Problemstellungen im Anschauungsraum. Andererseits lassen sich die nachfolgend für den R3
angebotenen Lösungsstrategien „runterbrechen“ auf den R2.
Problem: Im Anschauungsraum soll der Abstand eines Punktes Q von einer durch verschiedene Punkte P1 und P2 festgelegten Geraden g rechnerisch ermittelt werden.
362
9 Vektorgeometrie
Gemäß Bild 9.10 gilt
G
G
G
G
G
d = x − rQ oder
G
d
G
G
d = r1 + λ(r 2 − r1 ) − rQ bzw.
G
G
G
G
G
d = (r1 − rQ ) + λ(r 2 − r1 ).
x
(*)
Die Multiplikation mit dem Richtungsvektor der Geraden
G
G G
vg = r 2 − r1 führt zunächst auf
G G
G
G
G
P2
Q
G
G
G
G
G
G
d ⋅(r 2 − r1 ) = (r1 − rQ )⋅(r 2 − r1 ) + λ(r 2 − r1 )⋅(r 2 − r1 ).
G
r2
rQ
P1
O
r1
g
Bild 9.10
Da nun wegen der Abstandsproblematik d orthogonal zur Geraden g und damit auch zu ihrem
Richtungsvektor ist, resultiert wegen der Orthogonalitätsbedingung
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
G
0 = (r1 − rQ )⋅(r2 − r1 ) + λ(r 2 − r1 )⋅(r 2 − r1 ) oder
λ=
G
(r Q − r1 )⋅(r 2 − r1 )
(r 2 − r1 )²
. (**)
Bei Vorgabe der Koordinaten von P1, P2 und Q lässt sich λ konkret berechnen. Es erschließt
G
sich letztendlich der gesuchte Abstand zu a = | d min |, was hier nicht in allgemeiner Form entwickelt werden soll.
Alternativlösung ohne Kenntnis von Skalarprodukt und Orthogonalitätsbedingung:
Gemäß Zeile (*) gilt
⎛ x − x + λ( x − x ) ⎞
1
Q
2
1 ⎟
d =⎜ y1 − yQ + λ( y2 − y1 ) ⎟, somit ergibt sich für den Betrag
⎜ z − z + λ( z − z ) ⎟
2
1 ⎠
⎝ 1 Q
G ⎜
G
d = [ x1 − xQ + λ( x2 − x1 )]2 +[ y1 − yQ + λ( y2 − y1 )]2 +[ z1 − zQ + λ( z2 − z1 )]2 .
Die Schlüsselüberlegung, die zur Vernetzung mit der Analysis führt:
G
Der Abstand a des Punktes Q von der Geraden g ergibt sich als Minimalwert von | d |.
Das ist nur möglich, wenn der von λ funktional abhängige Radikand minimal ist, also:
f ( λ) = [ x1 − x0 + λ( x2 − x1 )]2 +[ y1 − yQ + λ( y2 − y1 )]2 +[ z1 − zQ + λ( z2 − z1 )]2 ,
die 1. Ableitung erschließt sich unter Verwendung der Kettenregel zu
f '( λ) = 2⋅{[ x1 − xQ + λ( x2 − x1 )]( x2 − x1 ) +[ y1 − yQ + λ( y2 − y1 )]( y2 − y1 ) +[ z1 − zQ + λ( z2 − z1 )]( z2 − z1 )}.
Die notwendige Bedingung für Extrema liefert zunächst einmal
0 = [ x1 − xQ + λ( x2 − x1 )]( x2 − x1 ) +[ y1 − yQ + λ( y2 − y1 )]( y2 − y1 ) +[ z1 − zQ + λ( z2 − z1 )]( z2 − z1 )
0 = ( x1 − xQ )( x2 − x1 ) + λ( x2 − x1 )2 + ( y1 − yQ )( y2 − y1 ) + λ( y2 − y1 ) 2 + ( z1 − zQ )( z2 − z1 ) + λ( z2 − z1 ) 2
9.1 Vektorgeometrie der Geraden
363
und schließlich
λ=
( xQ − x1 )( x2 − x1 ) + ( yQ − y1 )( y2 − y1 ) + ( zQ − z1 )( z2 − z1 )
( x2 − x1 )2 + ( y2 − y1 )2 + ( z2 − z1 )2
.
Das geschulte Auge sieht die Übereinstimmung mit Zeile (**), was nicht vertieft werden soll.
Der komplizierte Sachverhalt entschärft sich, wenn konkret mit Zahlen gerechnet wird.
ŹBeispiel: Ein Passagierflugzeug P befindet sich im Landeanflug. Die mit konstanter Geschwindigkeit
registrierte Flugbewegung wird vom Radar im Tower im Minutenabstand wie folgt ausgewertet (Angabe
in km):
Zeitpunkt t1: P1(19|17|4), Zeitpunkt t2: P2(17|14|3).
Zu prüfen ist, ob das Flugzeug den erforderlichen Sicherheitsabstand von 4 km zu einem in Flugschneisennähe liegenden Kernkraftwerk Q(3|9|0) einhält.
Lösung 1 (unter Zugriff auf Methoden der Analysis)
Gemäß (*) ergibt sich
⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞
G ⎜19⎟ ⎜ 3⎟ ⎜−2⎟ ⎜16⎟ ⎜−2⎟
d =⎜17 ⎟−⎜9⎟+ λ⎜−3⎟=⎜ 8 ⎟+ λ⎜−3⎟ , somit für den Betrag
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝ 4 ⎠ ⎝0⎠ ⎝−1⎠ ⎝ 4 ⎠ ⎝−1⎠
G
G
d = (16 − 2 λ)2 + (8 − 3 λ) 2 + (4 − λ) 2 oder d = 14 λ2 −120 λ+ 336. (***)
Für das weitere Vorgehen bieten sich folgende Varianten an:
1. Variante
2. Variante
f (λ) = (16 – 2λ)2 + (8 – 3λ)2 + (4 – λ)2 und
f (λ) = 14λ2 – 120λ + 336 und
f '(λ) = 2(16 – 2λ)(–2) + 2(8 – 3λ)(-3) + 2(4 – λ)(–1), also
f '(λ) = 28λ – 120 usw.
f '(λ) = 28λ – 120; mit f '(λ) = 0 resultiert
0 = 28λ – 120, somit
λ=
3. Variante ohne Ableitung1)
30
.
7
λS = −
−120 30
=
.
2⋅14
7
Eingesetzt in (***):
G
⎛ 30 ⎞2
⎛ 30 ⎞
a = d min = 14⋅⎜ ⎟ −120⋅⎜ ⎟+ 336 =
⎝7⎠
⎝7⎠
G
552
, also a = d min ≈ 8,88 km.
7
Der Sicherheitsabstand reicht aus: Das Flugzeug fliegt 8.880 m am Kernkraftwerk vorbei.
1)
Abszisse des Scheitelpunktes einer Parabel: xS = −
b
(ĺ Abschnitt 2.2.2)
2a
364
9 Vektorgeometrie
Lösung 2 (mit Skalarprodukt unter Anwendung der Orthogonalitätsbedingung)
⎡⎛16⎞ ⎛−2⎞⎤ ⎛−2⎞
30
⎢⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎥ ⎜ ⎟
.
d ⋅(r 2 − r1 ) = 0 ⇒⎢⎜ 8 ⎟+ λ⎜−3⎟⎥⋅⎜−3⎟= 0 ⇔ (−32 + 4 λ) + (−24 + 9 λ) + (−4 + λ) = 0 ⇔ λ=
7
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎢⎝ 4 ⎠ ⎝−1⎠⎦
⎥ ⎝−1⎠
⎣
G G
G
Abstand Punkt – Gerade mit Vektorprodukt
G
G
G
JG
G
G
G
JG
Die Vektoren v = r 2 − r1 und w = r Q − r1 (Bild 9.10, ohne Eintrag von v und w ) spannen
ein Parallelogramm auf, dessen Flächenmaßzahl sich auf zweierlei Weise bestimmen lässt:
G
G
G
G
G
G
A = | (r 2 − r1 ) × (r Q − r1 ) | bzw. A = | r 2 − r1 |⋅d min .
G
¾ Schlussfolgerung: d min =
G
G
G
G
G
| (r 2 − r1 ) × (r Q − r1 ) |
| r 2 − r1 |
(Abstand von Q zu P1P2).
Die Anwendung auf obiges Flugzeugbeispiel sei den Lernenden überlassen (Aufgabe!).
Ɣ Aufgaben
9.22
Lösen Sie Aufgabe 9.15 alternativ mit den neu vorgestellten Methoden.
9.23
Berechnen Sie für ein gerades quadratisches Prisma mit 4 dm Grundflächenkantenlänge und
einer Höhe von 3 dm den Abstand des Punktes F von der Körperdiagonalen CE.
Hinweis: Grundfläche ABCD, Deckfläche EFGH; E liegt oberhalb A und F oberhalb B.
9.24
Nach einem Grubenunglück soll in einer Rettungsaktion versucht werden, von einem zwischen
A(1200|-500|0) und B(300|200|-500) geradlinig verlaufenden Wetterschacht einen Stollen zu den
in Position S(200|100|-520) verschütteten Bergleuten zu graben.
a) Berechnen Sie den kürzesten Abstand zwischen S und AB.
b) Ermitteln Sie, von welcher Stelle aus und mit welcher Richtung die Bohrung anzusetzen ist.
9.1.5 Abstand windschiefer Geraden
Es gibt mehrere Möglichkeiten, dieses Problem
zu bewältigen. Favorisiert wird hier die Vorgehensweise mittels Spatprodukt.
G
G
Die Repräsentanten von v und w spannen
einen Spat auf (Bild 9.11), dessen Volumen
sich auf zweierlei Weise berechnen lässt:
G JG
G G G
V =<
| p, v , w >| bzw. V =| v × w |⋅d .
Bild 9.11
G G G
¾ Schlussfolgerung:
|< p, v , w >|
d=
G G
| v ×w |
(Abstand windschiefer Geraden).
Hinweis: Die Perspektive in Bild 9.11 täuscht: d steht real senkrecht auf g1 und g2.
9.1 Vektorgeometrie der Geraden
365
ŹBeispiel: Gesucht ist der Abstand folgender windschiefer Geraden zueinander:
⎛ ⎞ ⎛ ⎞
⎛ ⎞ ⎛ ⎞
G ⎜ 1 ⎟ ⎜ 2⎟
JG ⎜1⎟ ⎜−1⎟
g: x =⎜ 0 ⎟+ λ⎜ 4⎟ und h: y =⎜3⎟+ μ⎜ 2 ⎟ .
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝−2⎠ ⎝1 ⎠
⎝5⎠ ⎝ 1 ⎠
G
G
G
Lösung: Die Spannvektoren v und w sind identisch mit den Richtungsvektoren der Geraden; p ergibt
⎛ 0⎞
sich als Differenz der beiden Stützvektoren, also p =⎜ 3⎟.
⎜ ⎟
⎝7⎠
G ⎜ ⎟
0 2 −1
3 4 2
7 1 1
47
47
Somit ist d =
=
=
⇒ d = 5,36 LE.
⎛ 2⎞ ⎛−1⎞ ⎛ 2 ⎞
77
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
4 ×⎜ 2 ⎟ ⎜−3⎟
⎜
⎜ ⎟
⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝1⎠ ⎝ 1 ⎠ ⎝ 8 ⎠
Ɣ Aufgaben
9.25
In einer neu zu konzipierenden Paketförderanlage sollen zwei Transportbänder zwischen jeweils
zwei ausgesuchten Punkten geradlinig wie folgt geführt werden (Angabe in m):
Transportband I von P1(10|10|18) nach P2(20|21|15),
Transportband II von Q1(30|0|10) nach Q2(28|12|11).
Prüfen Sie rechnerisch, ob der zwischen den beiden Transportbändern einzuhaltende Sicherheitsabstand von mindestens 1 m gewährleistet ist.
9.26
G
G
Berechnen Sie den Abstand der Vektoren g und h voneinander (Bild 9.12), wenn die Kantenlänge des dargestellten Würfels 5 dm beträgt und folgende Teilungsverhältnisse gelten:
S teilt AB im Verhältnis 4 : 1 und T teilt AE im Verhältnis
2 : 3.
Bild 9.12
9.27
Von einem militärischen Überwachungssatelliten werden 2 unbekannte Flugobjekte U1 und U2
zugleich geortet, deren Flugbahnen der Bordrechner wie folgt ausweist (Angabe in km):
⎛ 3 ⎞ ⎛1 ⎞
⎛ 10 ⎞ ⎛−1⎞
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
G ⎜
⎟ ⎜ ⎟
g1: x =⎜−7 ⎟+ t1⎜1 ⎟, g2: x =⎜−12⎟+ t2⎜ 2 ⎟ , wobei t1 und t2 für die Zeit in Sekunden steht.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜
⎟ ⎜ ⎟
⎝−6⎠ ⎝ 2⎠
⎝ −8 ⎠ ⎝ 2 ⎠
a) Zeigen Sie, dass sich die Flugbahnen von U1 und U2 kreuzen.
b) Überprüfen Sie rechnerisch, ob es bei vorliegendem Kollisionskurs tatsächlich zu einem Zusammenstoß der beiden Flugobjekte kommen kann.
Hinweis: Stellen Sie zunächst die Distanz d als Funktion von t (t1 = t2) dar.
366
9 Vektorgeometrie
9.2 Vektorgeometrie der Ebene
9.2.1 Die vektorielle Ebenengleichung in Parameterform
Punkt-Richtungsform
Aus Vorangegangenem gefestigt: Zwei nicht-kollineare Vektoren spannen eine Ebene auf.
Somit dürfte in Anlehnung an die vektorielle Schreibweise einer Geraden die Notwendigkeit
klar sein, ausgehend vom Ursprung O eines Bezugssystems (Bild 9.13)
G
– mit einem Ortsvektor r0 zu einem Punkt P0
einer Ebene E hinzuführen und
G
G
– die Vektoren v und w zu benennen, die diese
Ebene aufspannen.
E
w
Px
P0
r0
y
z
Bild 9.13
G G
G
G
x = r0 + λv + μ w
x
v
x
Um formal festzuhalten, dass von P0 ausgehend jeder x-beliebige Punkt Px der Ebene E durch
G
G
Skalarmultiplikation der reellen Zahlen λ und μ mit den Richtungsvektoren v und w erreicht
G JJJG
werden kann, schreibt man für x := OP x die Vektorgleichung
G
G
G
G
x = r0 + λ⋅v + μ⋅ w.
Spannvektoren
Stütz- oder Hinführungsvektor
Abtastvektor
Definition 9.2
G
G
G
Eine Ebene E sei festgelegt durch P0 bzw. Stützvektor r0 und die Spannvektoren v und w .
G
G
G
G
Dann heißt x = r 0 + λ v + μ w mit λ, μ ∈ R Punkt-Richtungsform der Ebenengleichung zu E.
G
G
¾ Sonderfall: Ist r0 = 0, so handelt es sich um eine Ursprungsebene.
Dreipunkte-Form
Ist die Ebene durch drei Punkte P1, P2 und P3 eindeutig markiert (Bild 9.14), repräsentieren
JJJJG G G
JJJJG G G
G
G
P1P2 = r 2 − r1 und P1P3 = r3 − r1 die Spannvektoren v und w. Auf gesonderte Ausweisung
G
eines Stützvektors kann verzichtet werden, z. B. übernimmt der P1 markierende Vektor r1
diese Aufgabe.
9.2 Vektorgeometrie der Ebene
367
Entsprechend schreibt sich die vektorielle Ebenengleichung in der
G
G
G
G
G
G
P3
Dreipunkteform: x = r1 + λ(r 2 − r1 ) + μ (r3 − r1 ) .
E
P1
Px
r3
y x
r1
Bild 9.14
G G
G G
G G
x = r1 + λ(r 2 − r1 ) + μ (r3 − r1 )
z
P2
r2
x
Die Ebene im Anschauungsraum
Die Analogie zu Geradengleichungen im R3 ist offensichtlich, so dass darauf verzichtet werden kann, die Form allgemein anzuführen.
ŹBeispiel: Die Ebene durch P1(1|2|1), P2 (3|-1|2) und P3 (0|3|0) soll in Parameterform erstellt werden.
G
G
G
G
G
G
G
Lösung: Mit Stützvektor r1 und Spannvektoren v = r 2 − r1 und w = r3 − r1 folgt
⎛1 ⎞ ⎛ 2 ⎞ ⎛−1⎞
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
E: x =⎜ 2⎟+ λ⎜−3⎟+ μ⎜ 1 ⎟.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝1 ⎠ ⎝ 1 ⎠ ⎝−1⎠
Ɣ Aufgaben
9.28
9.29
⎛−4⎞ ⎛ 2 ⎞ ⎛−1⎞
⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
Berechnen Sie, welche Punkte von E : x =⎜ 3 ⎟+ λ⎜−3⎟+ μ⎜ 1 ⎟ abgetastet werden, wenn
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝−5⎠ ⎝−1⎠ ⎝−3⎠
a) λ = –2, μ = 3; b) λ = 3, μ = –2 .
G ⎜
Geben Sie die Punkt-Richtungsform folgender durch drei Punkte festgelegten Ebenen an:
a) A(3|2|–4), B(–1|1|3), C(–3|4|3); b) A(–4|2|1), B(3|1|2), C(–2|3|3).
9.30
Geben Sie die Parameterform an für die
a) x,y-Ebene; b) y,z-Ebene, c) x,z-Ebene.
9.31
⎛−3⎞ ⎛ 7 ⎞
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
Ebenso für eine durch P(5|-3|-4) und g: x =⎜ 0 ⎟+ λ⎜ 3 ⎟ festgelegte Ebene.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝ 2 ⎠ ⎝−3⎠
9.32
⎛1⎞ ⎛1⎞ ⎛ 2⎞
⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
Gegeben sei die Ebenengleichung E: x =⎜−2⎟+ λ⎜−1⎟+ μ⎜−1⎟.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝−4⎠ ⎝−1⎠ ⎝−7 ⎠
G ⎜
Überprüfen Sie, ob die folgenden Punkte in dieser Ebene liegen:
a) A(0|0|0), b) B(-1|-1|3), c) C(-5|4|2).
368
9 Vektorgeometrie
9.2.2 Koordinatenform der Ebenengleichung
Die grundsätzliche Vorgehensweise soll am vorangegangenen Beispiel gezeigt werden:
⎛ x ⎞ ⎛ 1 ⎞ ⎛ 2 ⎞ ⎛−1⎞
⎧ (1) x =1+ 2 λ− μ
⎪
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
Aus x =⎜ y ⎟=⎜ 2⎟+ λ⎜−3⎟+ μ⎜ 1 ⎟ folgt ⎨(2) y = 2 − 3 λ+ μ
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎪
⎝ z ⎠ ⎝ 1 ⎠ ⎝ 1 ⎠ ⎝−1⎠
⎩ (3) z =1+ λ− μ .
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
Um die Parameter λ und μ zu eliminieren, bietet sich das Additionsverfahren an, also
(1) + (2):x + y = 3− λ⎫
⎬ ⇒ 2 x + y − z = 3 (= Koordinatenform der Ebenengleichung).
(3) + (2):z + y = 3 - 2 Ȝ⎭
Verallgemeinerung
In Analogie zur allgemeinen Koordinaten-Form der Geradengleichung (ĺ 2.2.1) nennt man
ax + by + cz + d = 0 Koordinatenform der Ebenengleichung.
Hinweis: Es dürfen nicht alle Koeffizienten zugleich null sein.
Determinantenschreibweise
G
G G
G G
G
Die Differenzvektoren x − r1, r 2 − r1, r3 − r1 liegen in der Ebene, deren Koordinatenform es
zu bestimmen gilt (ĺ Bild 9.14).
Die genannten Vektoren spannen keinen Spat auf, ihr Spatprodukt muss somit null sein:
G
G G
G G
G
¾ Koordinatenform einer Ebene: x − r1, r 2 − r1, r3 − r1 = 0 .
Satz 9.1
Für die von P1(x1|y1|z1), P2(x2|y2|z2 ) und P3(x3|y3|z3) aufgespannte Ebene gilt
x − x1
y − y1
z − z1
x2 − x1
y2 − y1
z2 − z1
x3 − x1
y3 − y1 = 0.
z3 − z1
ŹBeispiel: Gesucht ist die Koordinatenform der Ebene E durch P1(1|2|1), P2(3|–1|2) und P3(0|3|0).
Lösung
x −1
2
z −1
1
E: y − 2 −3
−1
1 = 0 ⇒ ( x −1)⋅2 − ( y − 2)⋅(−1) + ( z −1)(−1) = 0 ⇔ 2 x + y − z − 3 = 0.
−1
Umwandlung von Koordinaten- in Parameterform
Abschließend soll am obigen Beispiel der umgekehrte Weg gezeigt werden.
Mit Setzungen wie z. B. x := λ und y :=μ wird E: 2x + y - z - 3 = 0 zunächst überführt in
2 λ + μ - z - 3 = 0 ⇔ z = 2 λ + μ - 3, also gilt
9.2 Vektorgeometrie der Ebene
369
⎛ x⎞ ⎛
⎞ ⎛ 0 ⎞ ⎛ 1 ⎞ ⎛ 0⎞
λ
⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
x =⎜ y ⎟=⎜
= 0 ⎟+ λ⎜ 0 ⎟+ μ⎜1 ⎟.
μ
⎟
⎜ ⎟ ⎜
⎟ ⎜
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
z
2
+
−
3
λ
μ
⎝ ⎠ ⎝
⎠ ⎝−3⎠ ⎝ 2⎠ ⎝1 ⎠
G ⎜ ⎟ ⎜
Dass diese Parameterform anders aussieht als im obigen Beispiel genannt, mag zunächst irritieren. Doch nachgedacht: Letztendlich gibt es unendlich viele Vektor-Paare, die ein und dieselbe
Ebene aufspannen. Ein Gleichsetzen der beiden vorgestellten Parameterformen für
E: 2x + y - z - 3 = 0 bestätigt die Richtigkeit. - Probieren Sie es aus!
Normalenvektor
Bemerkenswert und hier doch nur angedeutet:
¾ Die Koeffizienten der Koordinatenform der Ebenengleichung stellen die skalaren Komponenten desjenigen Vektors, der auf dieser Ebene senkrecht steht:
⎛a⎞
G ⎜ ⎟
Normalenvektor nE =⎜ b ⎟.
⎜ ⎟
⎝c⎠
n=vxw
Mit dem Kreuzprodukt resultiert gemäß Bild 9.15
⎛a⎞
G G G
⎜ ⎟
n = v × w = ... =⎜ b ⎟.
⎜ ⎟
⎝c⎠
w
y
z
Bild 9.15
G G G
Der Normalenvektor n = v × w
E
v
x
⎛ 2 ⎞ ⎛−1⎞
⎛2⎞
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟
Für obiges Beispiel gilt dann n E =⎜−3⎟×⎜ 1 ⎟= ... =⎜ 1 ⎟. – Probieren Sie es aus.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝ 1 ⎠ ⎝−1⎠
⎝−1⎠
G
Ɣ Aufgaben
9.33
9.34
⎛−3⎞ ⎛ 3⎞ ⎛ 4⎞
⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
Geben Sie die Koordinatenform an: x =⎜ 2 ⎟+ λ⎜ 2⎟+ μ⎜1 ⎟.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝ 5 ⎠ ⎝ 3⎠ ⎝ 2⎠
G ⎜
Geben Sie die Koordinatenform folgender durch drei Punkte festgelegten Ebenen mittels Determinanten an, und überführen Sie anschließend die Koordinaten- in die Parameterform:
a) A(1|2|-3), B(3|4|1), C(2|2|4); b) A(1|2|-4), B(3|1|3), C(-3|4|5).
9.35
9.36
a)
Zeigen Sie, dass E: 3x + y - z = 0 Ursprungsebene ist.
b)
Ermitteln Sie die Koordinatenform der parallel zu E durch P(2|1|-3) verlaufenden Ebene.
Der Punkt P(-2|3|4) liegt in einer Ebene E, die senkrecht auf der Geraden durch P1(2|-1|1) und
P2(3|2|-1) steht. – Wie heißt E in Koordinatenform ?
370
9 Vektorgeometrie
9.2.3 Schnittpunkt Gerade – Ebene
Zwei Fälle gilt es zu unterscheiden, je nach dem, in welcher Form die Ebene angegeben ist.
1. Ebene E in Punktrichtungsform
⎛−3⎞ ⎛ 3⎞ ⎛ 4⎞
⎛−2⎞
⎛ 2⎞
G ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎟
⎜ ⎟
Den Schnittpunkt von g: x =⎜−5⎟+ λg⎜ 1 ⎟mit E: x =⎜−2⎟+ λ⎜ 2⎟+ μ⎜ 1 ⎟ zu ermitteln führt
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝ 5 ⎠ ⎝ 3⎠ ⎝ 2⎠
⎝ 4⎠
⎝ 4⎠
G ⎜
mittels Schnittpunktbedingung und wegen der Setzung λg := s auf folgende Gleichungen:
(1) -2 + 2s = -3 + 3λ + 4μ
(2) -5 + 1s = -2 + 2λ + 1μ
(3) 4 + 4s = 5 + 3λ + 2μ.
Einschlägig bekannte Vorgehensweisen (Aufgabe!) liefern s = -1 (sowie λ = -3 und μ = 2) .
⎛−2⎞
⎛ 2⎞ ⎛−4⎞
⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
Damit resultiert für den Schnittpunkt xS =⎜−5⎟+ (−1)⋅⎜ 1 ⎟=⎜−6⎟⇒ S (−4 | −6 | 0) .
⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝ 4⎠
⎝ 4⎠ ⎝ 0 ⎠
2. Ebene E in Koordinatenform
⎛−2⎞
⎛ 2⎞
⎟
⎜ ⎟
Den Schnittpunkt von g: x =⎜−5⎟+ λg⎜ 1 ⎟ mit E: x + 6y -5z + 40 = 0 zu ermitteln führt auf
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝ 4⎠
⎝ 4⎠
G ⎜
⎛−4⎞
⎜ ⎟
(-2 + 2λg) + 6(-5 +λg) -5(4 + 4λg) + 40 = 0 ⇔ λg = - 1, also xS =⎜−6⎟⇒ S (−4 | −6 | 0) .
⎜ ⎟
⎝ 0⎠
Anmerkung: Dass sich der gleiche Schnittpunkt ergibt, kommt nicht von ungefähr. Die in Koordinatenform gegebene Ebene E ist identisch mit der in Punktrichtungsform angegebenen (bitte nachweisen!).
Sonderfall: Spurpunkte mit den Koordinatenachsen
¾ Die jeweiligen nicht in Frage kommenden Variablen werden null gesetzt, also x- und yKomponente null gesetzt: Spurpunkt mit der z-Achse usw.
Beispiel
a) Ebene E in Koordinatenform: 0 + 6⋅0 -5z + 40 = 0 ⇒ S (0 | 0 | 8) .
⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞
⎛ ⎞
G ⎜0⎟ ⎜−3⎟ ⎜ 3⎟ ⎜ 4⎟
G ⎜ 0⎟
b) Ebene E in Punktrichtungsform: x z =⎜0⎟=⎜−2⎟+ λ⎜ 2⎟+ μ⎜1 ⎟⇒ λ=1, μ = 0 , also x z =⎜0⎟.
⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝8⎠
⎝ z ⎠ ⎝ 5 ⎠ ⎝ 3⎠ ⎝ 2⎠
9.2 Vektorgeometrie der Ebene
371
Ɣ Aufgaben
9.37
a) Berechnen Sie den gemeinsamen Punkt der Gerade g mit der Ebene E für:
⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞
⎛ ⎞
⎛1 ⎞
G ⎜−1⎟
G ⎜3⎟ ⎜1⎟ ⎜1⎟
⎜ ⎟
g: x =⎜ 3 ⎟+ λg⎜ 3⎟, E: x =⎜ 1 ⎟+ λ⎜ 5 ⎟+ μ⎜−1⎟.
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎝−2⎠ ⎝−5⎠ ⎝ 1 ⎠
⎝3⎠
⎝ 4⎠
b) Ermitteln Sie die Spurpunkte von E mit den KO-Achsen.
9.38
A(-1|4|-3), B(-3|1|2) und C(2|-2|3) spannen eine Ebene auf. Berechnen Sie die gemeinsamen
Punkte dieser Ebene mit einer durch P1(2|6|-5) und P2(7|6|-9) verlaufenden Geraden g.
9.39
Für ein in einen Steilhang hinein gebautes Haus mit pyramidenförmig angelegtem Walmdach (Bild 9.16) gelten folgende Zuordnungen (Angabe in m):
A(8|0|0), B(8|8|1), C(0|8|3), D(0|0|3), E(8|0|3), F(8|8|3),
S(4|4|11).
Bild 9.16
a) Berechnen Sie, an welcher Stelle S’ die Dachspitze S bei einer Sonneneinstrahlung von
⎛−3⎞
G ⎜ ⎟
v =⎜ 2 ⎟ Schatten in den durch die Positionen A, B und C markierten Hang wirft.
⎜ ⎟
⎝−1⎠
b) Vom Punkt E wird das Rohr einer Klimaanlage geradlinig zum Punkt Q(4|5|5) der Dachebene
FCS geführt. Prüfen Sie, ob Q tatsächlich der Dachaustrittspunkt ist.
Berechnen Sie den Abstand des Rohres von FS .
9.40
Für das in Bild 9.9 dargestellte Kassenhaus wird in D ein senkrecht auf DEF stehender Fahnenmast errichtet, der 4 m aus der Dachfläche herausragt. Die Verankerung des Mastes erfolgt als
Verlängerung in einem Punkt V der Bodenfläche ABC.
Berechnen Sie die Gesamtlänge des Fahnenmastes.
9.41
Im quaderförmigen Stahlblechgehäuse einer
Luftabsauganlage (Bild 9.17, Maße in dm) wird
ein prismatischer Luftfilter zwecks Oberflächenvergrößerung schräg durch das Gehäuse gezogen, positioniert durch angeschweißte Halterungen in C(8|6|0), D(0|10|0), E(0|8|5) und F.
a) Ermitteln Sie die Koordinaten von F.
b) Berechnen Sie, an welcher Stelle im Filter
die Durchgangsbohrung für eine durch A
und B markierte Kondenswasserleitung anzubringen ist.
Bild 9.17
c) Zur Verbesserung der Filterleistung wird angedacht, den Filtereinsatz unter Einbezug des
Koordinatenursprungs O(0|0|0) pyramidenförmig zu gestalten, somit könnte mehr Aktivkohle
wirken. - Berechnen Sie die Maßzahl für das Volumen dieses Filters in Liter.
372
9 Vektorgeometrie
9.2.4 Abstand Punkt – Ebene
Den Abstand eines Punktes von einer Geraden rechnerisch zu ermitteln, ist in den Abschnitten
2.2 (eingeschränkt auf den R2) und im Abschnitt 9.1.4 thematisiert worden. Hier geht es weitergehend darum, im Anschauungsraum vektoriell die Abstandsberechnung eines Punktes Q
von einer Ebene E vorzunehmen. – Bild 9.18 visualisiert den allgemeinen Sachverhalt.
Für den Abstandsvektor d Q gilt zunächst einmal d Q = (r Q − r P ) − a .
Multiplikation mit d Q führt auf
Q
dQ
d Q2 = (r Q − r P ) ⋅ d Q − a ⋅ d Q oder wegen a ⋅ d Q = 0 (wieso?)
w
d Q2 = (r Q − r P ) ⋅ d Q , also
dQ = (r Q − r P ) ⋅
dQ
| dQ |
P
.
E
z
Bild 9.18
y
x
v
Da der Abstandsvektor d Q kollinear zum Normalenvektor n E der Ebene ist, kann einfacher
mittels Einheitsvektorschreibweise angegeben werden
d Q = ( r Q − r P ) ⋅ n° E
(Abstand dQ des Punktes Q von der Ebene E durch P).
Ź Beispiel: Gesucht ist der Abstand von Q(4|5|7) zur Ebene E : 2 x + y − z − 3 = 0 .
Lösung
Ein Punkt der Ebene ist z. B. P (0 | 0 | z P ) , also muss sein zP = -3 (wieso?).
§ 2·
¨ ¸
¨1¸
¨ − 1¸
© ¹
ª§ 4 · § 0 ·º
«¨ ¸ ¨ ¸»
Gesuchter Abstand: d = «¨ 5 ¸ − ¨ 0 ¸» ⋅
«¨ 7 ¸ ¨ − 3 ¸» 2 2 + 12 + (−1) 2
¬© ¹ © ¹¼
§4· § 2 ·
¨ ¸ ¨ ¸
¨ 5 ¸⋅¨ 1 ¸
¨10 ¸ ¨ − 1¸
1
= © ¹ © ¹ , also d =
6.
2
6
Hinweis: Die Rechnung könnte z. B. auch mit P ( x P | 0 | 0) oder P(0 | y P | 0) erfolgen (Aufgabe!).
Hesse’sche Normalform1)
Unter Berücksichtigung der Koordinatenform E : Ax + By + Cz + D = 0 lässt sich die Abstandsbeziehung auch so schreiben:
d Q = (r Q − r P ) ⋅
1)
§ A·
¨ ¸
¨ B¸
¨C ¸
© ¹
A2 + B 2 + C 2
§ xQ − xP · § A ·
¸ ¨ ¸
¨
¨ yQ − y P ¸ ⋅ ¨ B ¸
¸
¨¨
zQ − z P ¸¹ ¨© C ¸¹
©
=
oder
A2 + B 2 + C 2
benannt nach Otto Hesse, (1811–1874), dt. Mathematiker
9.2 Vektorgeometrie der Ebene
dQ =
dQ =
dQ =
373
( AxQ − AxP ) + ( ByQ − By P ) + (CzQ − Cz P )
A2 + B 2 + C 2
( AxQ + ByQ + CzQ ) − ( AxP + By P + Cz P )
A2 + B 2 + C 2
AxQ + ByQ + CzQ + D
A2 + B 2 + C 2
;
bzw.
mit D = −( AxP + By P + Cz P ) folgt
(Abstandsformel Punkt – Ebene: Hesse’sche Normalform).
¾ Sonderfall: Für den Abstand des Ursprungs O(0|0|0) von der Ebene E gilt
d0 =
D
A2 + B 2 + C 2
. Hinweis: Vergleiche mit Satz 2.8 (ĺ Abschnitt 2.2.1).
Ɣ Aufgaben
9.42
Bearbeiten Sie – falls noch nicht geschehen – Aufgabe 9.41 und berechnen Sie zusätzlich, welche
Höhe der angedachte pyramidenförmig gestaltete Filter haben wird, ohne die Volumenformel für
spitze Körper zu verwenden.
9.43
Ein Rettungshubschrauber befindet sich im winterlich-alpinen Bereich im Anflug auf eine relativ
eben verlaufende Hochalm. Vom Bordcomputer mit der Position P(4|4|11) werden über GPS
markante Punkte der Ebene angesteuert und wie folgt erfasst: A(8|0|0), B(8|8|1) und C(0|8|3).
Berechnen Sie
a) mit welchem Gefälle der Hang verläuft,
b) welchen Mindestabstand der Hubschrauber vom geplanten Landeplatz hat und
c) an welcher Stelle der Hochalm die Hubschrauber-Crew landen muss, wenn der kürzeste Anflug angestrebt wird. Hinweis: Alle Zahlen sind Meterangaben.
9.45
In einem Messlabor für experimentelle Lasertechnik
ist ein Raum in Form eines Tetraeders angeordnet,
wobei die Eckpunkte wie folgt markiert sind:
A(-2|-5|0), B(7|1|0), C(5|6|0) für die Basisfläche und
T(0|2|6) für die Spitze. (Angabe in m).
100
200
Bild 9.19 zeigt einen Würfel mit der Kantenlänge 600
mm, der mit einem „über Eck“ angesetzten Sägeschnitt (Einstellmaß s = 215 mm) parallel zur dargestellten Schnittfläche abgeschrägt und durch anschließendes Fräsen auf das Fertigmaß abgetragen
worden ist.
a) Berechnen Sie das für den Fräsvorgang erforderliche Zustellmaß auf 0,1 mm genau.
b) Wie groß ist die Gewichtskraft des gefertigten Teiles, wenn ρ = 7,85 kg/dm3 beträgt?
300
9.44
600
Bild 9.19
Von A und B werden zwei Infrarot-Laser so ausgerichtet, dass ihre Strahlen auf die Positionen S1
und S2 gelenkt werden, die Schwerpunkte der markierten Dreiecksflächen BTC und ACT sind. Im
Kreuzungspunkt Z der beiden Laserstrahlen soll zur Testung einer Raumüberwachungsanlage ein
zylinderförmiger Drehspiegel installiert werden. Berechnen Sie den jeweiligen Abstand von den
Tetraederflächen unter Vernachlässigung der Spiegelabmessungen.
374
10 Komplexe Zahlen
10.1 Grundlagen
10.1.1 Zahlenbereichserweiterung von R auf C
Zur Erinnerung: Die algebraische Gleichung x2 + 1 = 0 hat für R keine Lösung. Es lässt sich
keine reelle Zahl angeben, die mit sich selbst multipliziert -1 ergibt.
Aus der abstrakten Festsetzung i 2 : =−1 resultiert i =
für obige Gleichung ergibt sich die Lösung wie folgt:
x 2 +1 = 0 ⇒ x1 = i
−1 (imaginäre Einheit genannt);
bzw. x2 =−i .
Entsprechend: x 2 + 4 = 0 ⇒ x1 = 2i bzw. x2 =−2i oder
x 2 + 9 = 0 ⇒ x1 = 3i bzw. x2 =−3i .
Fasst man die Vielfachen der imaginären Einheit (=imaginäre Zahlen) zusammen mit den
„richtigen“ 1), den reellen Zahlen, eröffnet sich die Möglichkeit einer sinnvollen Zahlenbereichserweiterung zur
Menge der komplexen Zahlen C := {z| z = x + y⋅ i ; x,y ∈ R} .
Dabei heißt x der Realteil und y der Imaginärteil von z; Schreibweise: x = Re z und y = Im z.
1
2
Beispiele: z1 = 2 + 3i ; z2 = 3 - 2i ; z3 = - + i; z4 = 1 -
1
i ; usw.
4
¾ Sonderfall: y = 0
Es treten nur die Realteile der komplexen Zahlen auf:
die reellen Zahlen als Teilmenge von C (Bild 10.1).
¾ Sonderfall: x = 0
Es werden alle imaginären Zahlen erfasst.
Bild 10.1 R als Teilmenge von C
ŹBeispiel: Die Lösung der Gleichung x2 – 4x + 5 = 0 ist gesucht.
Lösung: Unter Anwendung der p,q-Formel resultiert
x1,2 = 2 ± 22 − 5 = 2 ± −1 , also
x1 = 2 + i bzw. x2 = 2 – i.
1)
Der Begriff geht auf Carl-Friedrich Gauß zurück.
10.1 Grundlagen
375
Konjugiert-komplexe Zahlen
Das Beispiel liefert als Lösung zwei komplexe Zahlen, die sich im Imaginärteil lediglich hinsichtlich ihrer Vorzeichen voneinander unterscheiden. Sie heißen konjugiert-komplex zueinander und werden allgemein wie folgt angegeben: z = x + y i und z = x - y i.
Hinweis: Für Parabeln ohne Nullstellen (konjugiert-komplexe Lösungen) lassen sich dennoch die Scheitelstellen angeben durch xS = 12 ( x1 + x2 ) (ĺ Nullstellen quadratischer Funktionen).
10.1.2 Darstellung komplexer Zahlen
Die Darstellung komplexer Zahlen erfolgt in der Gauß'schen Zahlenebene, auch z-Ebene genannt. Diese Ebene ist nichts anderes als ein kartesisches Koordinatensystem, bei der
⎫
auf der x-Achse der Realteil
⎬ der komplexen Zahlen abgetragen wird.
auf der y -Achse der Imaginärteil⎭
¾ Die eigentliche komplexe Zahl ist abgebildet als Gitterpunkt der Real- und ImaginärteilKomponenten in der R2-Ebene.
Da sich umgekehrt eindeutig jedem Punkt der x,yEbene sowohl ein Paar als auch ein Ortsvektor zuordnen lässt, können komplexe Zahlen dargestellt werden
als
Paar mit
z := (a,b) = a + bi bzw.
⎛a⎞
Ortsvektor mit z :=⎜ ⎟= a + bi 1).
⎝b ⎠
Bild 10.2 veranschaulicht die Zusammenhänge.
Bild 10.2 Gauß’sche Zahlenebene
Komplexe Zahlen lassen sich auch mit Basisvektoren schreiben:
⎛ 0⎞
G ⎛1 ⎞ ⎛ 0⎞
z = a⎜ ⎟+ b⎜ ⎟, wobei hier i :=⎜ ⎟ ist. Die übliche S-Multiplikation liefert
⎝ 0⎠ ⎝1 ⎠
⎝1⎠
G ⎛ a ⎞ ⎛ 0⎞
z =⎜ ⎟+⎜ ⎟= a + bi .
⎝ 0 ⎠ ⎝b ⎠
Gleichheit
In Anlehnung an die Gleichheit von Vektoren (bzw. Paaren) dürfte klar sein, dass komplexe
Zahlen genau dann gleich sind, wenn sie gleiche Real- und gleiche Imaginärteile aufweisen.
Für z1 = a + bi und z2 = c + di heißt das z1 = z2 ⇔ a = c ∧ b = d.
1)
z wird im mathematischen Schrifttum bewusst ohne Pfeil geschrieben.
376
10 Komplexe Zahlen
10.2 Grundrechenarten
10.2.1 Addition und Subtraktion komplexer Zahlen
Die Ausführungen über Vektoraddition und -subtraktion können übernommen werden.
Für die komplexen Zahlen z1 = a + b⋅ i und z2 = c + d⋅ i gilt dann bei
Addition
Subtraktion
z1 + z2 = (a + b⋅ i ) + (c + d⋅ i )
z1 – z2 = (a + b⋅ i ) – (c + d⋅ i )
= (a+c) + (b+d) ⋅ i
= (a – c) + (b – d) ⋅ i
Addition und Subtraktion laufen in der Gauß'schen
Zahlenebene gemäß Parallelogrammregel ab, im
Bild 10.3 für die Addition veranschaulicht:
z1 = 5+ i ⎫
⎬ ⇒ zs = z1 + z2 = 6 + 4i .
z2 =1+ 3i⎭
Bild 10.3
Addition komplexer Zahlen
Sonderfall: Addition und Subtraktion konjugiert-komplexer Zahlen
Addition
z + z = (a + bi ) + (a − bi ) = 2a
Subtraktion
z − z = (a + bi ) − (a − bi ) = 2bi
¾ Die Summe ist immer reell.
¾ Die Differenz ist immer imaginär.
Ɣ Aufgaben
10.1
Lösen Sie nachfolgende quadratische Gleichungen in C:
a) x2 + 6x + 10 = 0;
10.2
b) x2 = 6x - 13;
1
c) - 2 x2 = x + 5.
Ermitteln Sie algebraisch und geometrisch die Summe z1 + z2 bzw. die Differenz z1 - z2 :
a) z1 = 2 + 3i, z2 = -3 + 2i ; b) z1 = - 5 + 4i , z2 = -4 - 5i ; c) z1 = -2 - 3i, z2 = 2 - 3i .
10.3
Berechnen Sie für z1 = 3 + 2i und z2= -2 + 3i folgende Verknüpfungen:
a)
10.4
z1 + z2 ; b) z1 + z2 ; c) z1 + z2 ; d) z1 − z2 ; e) z2 − z1 ;
Errechnen Sie die Beträge folgender komplexer Zahlen:
a) z1 = 6 + 8i ; b) z2 = 12 - 5i ; c) z3 = - 20 - 15i .
10.5
Beweisen Sie:
a)
z1 + z2 = z1 + z2 ; b) z1z2 = z1 ⋅ z2 .
f) z2 − z1 .
10.2 Grundrechenarten
377
10.2.2 Multiplikation komplexer Zahlen
Diese Verknüpfung hat mit der Multiplikation von Vektoren nichts zu tun; sie muss definiert
werden:
Definition 10.1
Für das Produkt komplexer Zahlen z1 = a + b⋅ i und z2= c + d ⋅ i gilt:
z1 ⋅ z 2 = (a + b ⋅ i ) ⋅ (c + d ⋅ i ) = (ac – bd) + (ad +bc) ⋅ i .
Zu kompliziert? – Einfacher geht's unter Anwendung der üblichen Klammerregeln:
z1⋅z2 = (a + bi)(c + di)
= a(c + di) + bi(c + di) = ac + adi + bci + bdi2; mit i2 = -1 folgt
z1⋅z2 = ac + (ad + bc)i + bd(-1) = (ac - bd) + (ad + bc)i.
Ein Vertausch der Faktoren liefert das gleiche Resultat:
¾ Das Kommutativgesetz gilt: z1 z2 = z2 z1 .
ŹBeispiel: Gesucht ist das Produkt von z1 = 2 + 5i und z2 = 3 - 4i.
Lösung:
z1⋅z2 = (2 + 5i)(3 - 4i) = 6 + 7i -20i2
z1⋅z2 = 26 + 7i.
Sonderfall: Multiplikation konjugiert-komplexer Zahlen
z ⋅ z = ( a + bi )(a − bi ) = a 2 + abi − abi − b 2i 2 , mit
i2 = -1 folgt
z⋅ z = a 2 + b2.
¾ Das Produkt konjugiert-komplexer Zahlen ist reell.
Betrag einer komplexen Zahl
Der Betrag einer komplexen Zahl z = a + bi ergibt sich zu | z | := z ⋅ z = a 2 + b 2 .
Obiges Bild 10.3 verdeutlicht die Analogie zum Betrag von Vektoren: Es ist nichts anderes als
das mittels Pythagoras bestimmbare Maß für den Abstand des Punktes (a|b) vom Ursprung.
Anmerkung: Für C gelten die Ordnungsaxiome nicht.
ł Aufgaben
10.6
Ermitteln Sie jeweils das Produkt z1 ⋅ z2:
a) z1 = 2 + 3i, z2 = -3 + 2i; b) z1 = -5 + 4i, z2 = 2 - 3i; c) z1 = -2 - 3i, z2 = -4 - 5i.
10.7
Zeigen Sie, dass die Multiplikation komplexer Zahlen kommutativ ist.
378
10 Komplexe Zahlen
10.2.3 Division komplexer Zahlen
Es bedarf einer weiteren Definition:
Definition 10.2
Für zwei komplexe Zahlen z1 = a + b⋅ i und z2 = c + d ⋅ i mit z2 ≠ 0 gilt:
z1 ac + bd bc − ad
=
+
⋅i .
z2 c 2 + d 2 c 2 + d 2
Zugegeben – kompliziert! Einfacher geht's, indem der Quotient mit der konjugiert-komplexen
Zahl des Nenners erweitert wird:
z1
z z 2 a + bi c − di ac − adi + bci − bdi 2
= 1⋅ =
⋅
=
z2 z2 z 2 c + di c − di
c2 + d 2
z1 (ac + bd ) + (bc − ad )i
=
z2
c2 + d 2
z1 ac + bd bc − ad
=
+
⋅i.
z2 c 2 + d 2 c 2 + d 2
Ź Beispiel: Der Quotient z =
oder
4 − 3i
ist gesucht.
1− 2i
Lösung: Erweitern des Bruches mit dem konjugiert-komplexen Term „1 + 2i“ führt auf
z=
(4 − 3i )(1+ 2i )
10 + 5i
= ... = 2
= 2 + i⋅
(1− 2i )(1+ 2i)
1 + 22
Ein Vertausch von Zähler und Nenner führt auf z ' =
1− 2i
= ... = 0, 4 − 0, 2i . (Überprüfen Sie es !)
4 − 3i
¾ Die Quotientenbildung ist nicht kommutativ.
Ausblick
1. Alle Rechengesetze, die für R gelten, gelten auch für C.
2. Die komplexen Zahlen bilden die Basis für mannigfaltige Problemlösungsstrategien in
Theorie und Praxis (z. B. Elektrotechnik).
Ɣ Aufgaben
10.8
Berechnen Sie für die in Aufgabe 10.6 genannten komplexen Zahlen jeweils
10.9
Entwickeln Sie allgemein für z1 = a + b⋅ i und z2 = c + d ⋅ i den Quotienten
z1
z
bzw. 2 .
z2
z1
z2
.
z1
379
Ausblick
Der Mathematikunterricht befindet sich im Umbruch. Die in diesem Buch dargestellten Verfahren, um die man wissen sollte, verlieren in ihrer Ausführung an Bedeutung: Das können
Rechner mit neuen Technologien besser und schneller. Am fortschrittlichsten arbeiten dabei so
genannte CAS-Rechner (CAS: Computeralgebrasysteme). Sie rechnen einerseits wie normale
Taschenrechner, aber sie rechnen andererseits auch mit allgemeinen Zahlen, lösen Gleichungen, differenzieren und integrieren, zeichnen Graphen, ordnen ihnen Nullstellen und markante
Punkte wie Extrema und Wendepunkte zu usw., usw., usw.
Anhand ausgewählter Operatoren soll ein grober Überblick bzw. Ausblick gegeben werden,
ohne dabei detailliert auf einen bestimmten Rechnertyp einzugehen.
1. expand-Befehl: Klammerausdrücke werden ausmultipliziert
a) expand ((2 x − 3 y ) 4 ) ↵ ergibt 16x4 - 96x³ + … - 216x + 81.
Feinheiten
expand ((a ⋅ x + b ⋅ y )3 , x)
3
expand ((a ⋅ x + b ⋅ y ) , y )
↵
liefert den Summenterm, sortiert nach fallenden Potenzen von x;
↵
liefert den Summenterm, sortiert nach fallenden Potenzen von y.
b) i und i - welch’ ein Unterschied:
expand ((i + 2)2)
führt auf die bekannte binomische Beziehung i2 + 4i + 4, aber:
↵
Die Eingabe (i + 2)2 ↵ liefert ohne Einsatz des expand-Befehls die komplexe Zahl 3 + 4i .
Entsprechend (ohne expand-Befehl): (5 + i ) /(3 − i ) ↵ führt auf 75 + 54 i .
c) expand ((x³-8)/(x-2))
↵
absolviert intern eine Polynomdivision; Ergebnis x2 + 2x +4.
Hinweis: Man könnte auch das expand weglassen.
2. factor-Befehl: Polynome werden faktorisiert (auch Primzahlfaktorenzerlegung)
a) factor ( x 2 − 2 x − 3)
↵
führt auf ( x − 3)( x + 1) ;
2
aber: factor ( x − 2 x − 2)
Abhilfe:
↵
liefert kein Ergebnis, da keine ganzen Zahlen auftreten;
2
factor ( x − 2 x − 2, x)
2
einfacher: factor ( x − 2 x − 2.)
↵,
↵,
was eine Exakt-Ergebnisausgabe impliziert;
was eine Gleitkomma-Ausgabe bewirkt.
Hinweis: Mit der Eingabe „2.“ erfolgt die Verarbeitung als rationale Zahl.
b) factor ( x 2 − 2 x + 2.)
↵
liefert kein Ergebnis;
2
Abhilfe: cfactor ( x − 2 x − 2)
↵:
Die Zerlegung erfolgt in C.
2
Hinweis: cfactor ( x − 2 x − 3) ↵ führt wiederum auf ( x − 3)( x + 1) - wieso?
c) factor ( x3 − 6 x 2 + 12 x − 9)
↵
zeigt den Linearfaktor (x-3) und ein Restpolynom 2. Grades.
Hinweis: Wird bei ähnlichen Problemstellungen kein Ergebnis angezeigt, hilft der Operator cfactor.
d) factor (52767)
↵
zerlegt in Primzahlen: 32⋅11⋅13⋅41
380
Ausblick
3. solve-Befehl: Gleichungen werden gelöst
a) solve (5a + 3b + c = 0) ↵ : Nichts geschieht, Variable a, b oder c wird vermisst.
solve (5a + 3b + c = 0,a) ↵ ; entsprechend „0,b“ bzw. „0,c“, jetzt geht’s.
b) solve (x2 + p⋅x + q = 0, x)
↵
liefert eine Variante der bekannten p,q-Formel,
10 − 2
− 10 − 2
or x =
.
2
2
Hinweis: Mit solve (2x2 + 4x - 3. = 0, x) ↵ werden die angenäherten Lösungen angezeigt.
solve (2x2 + 4x - 3 = 0, x)
↵
gibt als exakte Lösungen an x =
solve (2x2 + 4x + 3 = 0, x)
↵
zeigt false an, ein Hinweis für nichtreelle Lösung.
Abhilfe: csolve (2x2 + 4x + 3 = 0, x)
↵
liefert x = −1 +
2
2
⋅ i or x = −1 −
⋅i .
2
2
c) solve (a ⋅ x + b ⋅ y = c and d ⋅ x + e⋅ y = f,{x,y}) ↵ gibt die Lösungen des LGS’s an;
solve (y = 5x-3 and y = -3x +2, {x,y}) ↵ liefert den Schnittpunkt zweier Geraden;
solve (y = x2-3x and y = -½ x2 +2x +1, {x,y}) ↵ liefert die Schnittpunkte zweier Parabeln.
4. zeros-Befehl: Nullstellen von Funktionen werden ermittelt
zeros ( x3 − 6 x 2 + 12 x − 8, x) ↵ liefert als einzige Nullstelle x = 2.
Offen bleibt, ob es sich dabei um eine einfache oder eine dreifache Nullstelle handelt.
Hinweis: Es geht auch mit solve ( x3 − 6 x 2 + 12 x − 8 = 0, x) .
5. ¦-Befehl: Folgeglieder werden aufsummiert
a) ¦(n,n,1,100)
↵
liefert 5050 (Gauß: Addition der ersten hundert natürlichen Zahlen);
n(n + 1)
(Verallgemeinerung der unter a) genannten Problematik);
2
n(n + 1)(2n + 1)
c) ¦(k2,k,1,n) ↵ führt auf
.
6
b) ¦(k,k,1,n)
↵
führt auf
6. limit-Befehl: Grenzwerte werden ermittelt
a) limit ( ( x 2 − 5 x + 6) /( x 2 − x − 2), x, ∞ )
↵
liefert eine 1;
2
2
↵
weist aus ein undef ;
2
2
c) limit ( ( x − 5 x + 6) /( x − x − 2), x,2 )
↵
weist aus − 13 ;
d) limit ( ( x 2 − 5 x + 6) /( x 2 − x − 2), x,1 )
↵
weist aus -1.
b) limit ( ( x − 5 x + 6) /( x − x − 2), x,−1 )
Hinweis: Eine Interpretation der Ergebnisse erfolgt nicht durch das CAS-System.
7. d-Befehl: Funktionen werden differenziert
a) d (2 x 3 − 5 x 2 + 6 x − 4, x )
↵
b) d (2 x 3 − 5 x 2 + 6 x − 4, x,2)
liefert den Funktionsterm der 1. Ableitungsfunktion;
↵
c) d (2 x 3 − 5 x 2 + 6 x − 4, x,−1)
liefert den der 2. Ableitungsfunktion;
↵
integriert, gibt den Funktionsterm einer Stammfunktion an.
Ausblick
381
8.
∫ -Befehl: Funktionen werden integriert
a)
∫ (2 x3 − 5 x2 + 6 x − 4, x) ↵ gibt den Funktionsterm einer Stammfunktion an.
b)
∫ (2 x3 − 5 x2 + 6 x − 4, x,−1,3) ↵ liefert für das bestimmte Integral −³1
3
Integralwert
4
3
.
Hinweis: Inwieweit der Integralwert der Flächenmaßzahl entspricht, verrät das System nicht.
9. Graph-Befehl: Funktionsgraphen werden gezeichnet
4
2
3
Graph ( ( 2 x − 7 x + 3) / x ) ↵ zeichnet den Graphen.
Interpretationen betreffs der auftretenden Polgeraden und der schiefen Asymptote erfolgen
nicht. Wohl aber lassen sich durch ein Unterprogramm Abfragen bezüglich der Nullstellen,
Extrema und Wendestellen u.v.a.m. vornehmen, was hier nicht weiter vertieft werden soll.
10. det-Befehl: Der Zahlenwert von Determinanten wird bestimmt
det ([1,2, 3; 4,5,6; 7,8,9])
↵
gibt den Wert 0 an.
Hinweis: Das Spatprodukt dreier Vektoren lässt sich auf gleiche Weise ermitteln.
11. dotP-Befehl: Das Skalarprodukt (= Punktprodukt) zweier Vektoren wird berechnet
dotP ([1,2,3],[4,5,6]) ↵ liefert 32 als Ergebnis.
12. crossP-Befehl: Das Vektorprodukt (= Kreuzprodukt) zweier Vektoren wird berechnet
crossP ([1,2,3],[4,5,6])
↵
weist mit der Angabe [-3, 6, -3] einen Vektor aus.
13. norm-Befehl: Der Betrag eines Vektors wird berechnet
norm ([-3,6,-3])
↵
gibt den Betrag des Vektors an, nämlich 3 6 .
Hinweis: Der Befehl norm (crossP ([1,2,3],[4,5,6])) fasst beide Rechenoperationen zusammen.
14. rref 1)-Befehl: LGS’e werden gelöst
rref ([2,-3,1,4;-1,2,1,3;5,3,1,0])
↵
5 115
liefert als Lösung das Tripel {− 14
,− 11
, 33 } .
33
Anmerkung: Hinter dem Operator verbirgt sich das Gauß’sche Eliminationsverfahren, das in diesem
Buch bewusst nicht mehr behandelt worden ist.
1)
rref steht für reduced row echolon form: reduzierte Zeilenstaffelform
382
Sachwortverzeichnis
ε-Umgebung 13
„n über k“ 16
„n-Fakultät“ 16
1. Quadrant 41
2-reihige Determinante 24
3-reihige Determinante 27
A
abgeschlossen 3
Ableitung 191, 233
Abstand Punkt – Ebene 372
– Punkt – Gerade 69, 361
– windschiefer Geraden 364
– zweier Zahlen 14
Abszissenachse 40
Abtastvektor 352, 366
Achsenabschnittsform 69
Achsensymmetrie zur y-Achse 74, 110,
263
Addition komplexer Zahlen 376
Additionstheorem 124
Additionsverfahren 23
additiv-invers 9
Amplitude 130 f.
angeordnet 3
anti-parallel 305
Äquivalenz 20
Äquivalenzrelation 20
Arbeit als Skalarprodukt 333
arcus 120
assoziativ 335, 345
Assoziativgesetz (Verbindungsgesetz) 10,
317, 324
Asymptote 168
Asymptote, schiefe 265
Asymptote, senkrechte 168
Asymptote, waagerechte 168, 177
Aufleitung 233
Aufpunktvektor 352
Aufzinsungsfaktor 284
Aussageform 20
B
Basisvektor 326 f.
bestimmt divergent 160
Betrag einer komplexen Zahl 377
Betrag, absoluter 13
Betragsfunktion 94
Beweis, indirekter 7
bijektiv 116
Bildungsgesetz 134
Binomialkoeffizient 15, 17
binomische Formel 15
binomischer Satz 15, 18
biquadratisch 101
Bogenmaß eines Winkels 120
Bruchungleichung 30
Bruchzahl 9
C
Cramer’sche Regel 25
D
Definitionslücke 168, 176
Definitionsmenge 43
Determinantenmethode 24
Dezimalbruch 6
–, endlicher 6
–, unendlicher nicht-periodischer 6
–, unendlicher periodischer 6
Dezimalzahl, periodische 159
Diagramm 52
Differential 192
Differentialquotient 191
Differentialrechnung 187
Differentiationsregel 192
Differenzenquotientenfunktion 187
differenzierbar 191
Differenzvektor 315
disjunkt 9
Diskriminante 32, 82
distributiv 335, 345
Distributivgesetz (Verteilungsgesetz) 10,
324
– der S-Multiplikation 325
divergent 159
Division komplexer Zahlen 378
Doppelnullstelle 101, 108
Drehmoment 344
Dreieck, Fläche 348
Sachwortverzeichnis
–, Flächenberechnung 339
Dreiecksfläche 70
Dreifachnullstelle 101, 108
Dreipunkte-Form 366
Durchstoßpunkt 356
E
e-Funktion 287
eineindeutig 116
Einfachnullstelle 108
Einheit, imaginäre 374
Einheitskreis 120
Einheitsvektor 304, 325, 326
Einschachtelung 6
Einschachtelungsprinzip 8
Einselement 15
Element, neutrales 3
Ergänzung, quadratische 76
Euler'sche Gerade 73
– Zahl 287
Exhaustionsmethode 93
explizit 51
Exponentenvergleich 37
Exponentialfunktion 281
Exponentialgleichung 35
Extremstelle 204
Extremwert 204
Extremwertaufgaben 91, 221
F
Faktorenregel 194, 240
Fallbeschleunigung 74
Fläche zwischen Funktionsgraphen 244
Flächeninhaltsfunktion 229
Flächenproblem 228
Flachpunkt 212
Folge 133
–, alternierende 136
–, arithmetische 140
–, beschränkte 137
–, geometrische 147
–, Grenzwert 155
–, harmonische 162
–, monotone 136
–, unendliche geometrische 155
Form, normierte 31, 32
Formel, binomische 15
Formfaktor 77
383
Funktion 42
–, Anwendung linearer 52
–, Erstellung linearer 63
–, Erstellung quadratischer 88
–, ganzrationale 95
–, identische 49
–, inverse 114
–, konstante 50
–, lineare 47
–, monotone 116
–, Nullstellen linearer 54
–, Nullstellen quadratischer 80
–, quadratische 74
–, trigonometrische 120
–, zusammengesetzte 258
Funktionsbildungsoperator 44
Funktionsgleichung 44
Funktionssynthese 218
Funktionswert 43
G
Gaußklammer-Funktion 185
Gebietseinteilung 99
Gegenvektor 304
Geradengleichung, Normalform 49
Geradenschar 85
Gleichheit 305, 375
Gleichheitsaxiom 19
Gleichheitsrelation 19
Gleichung 19
–, quadratische 31
Gleichungssystem, lineares 23
Gradmaß 120
Graph 40, 43
Grenzgerade 99
Grenzwert 155, 165
–, linksseitiger 168
–, rechtsseitiger 168
–, uneigentlicher 159, 165
Grenzwertsatz 170
– für Grenzwerte x ĺ x0 174
H
Halbbreite 13, 156
Halbgerade 12
halboffen 12
Halbparabel 118
Hauptdiagonale 24, 28
384
Hauptsatz der Infinitesimalrechnung 235
Heaviside-Funktion 186
Hesse'sche Normalform 373
Hinführungsvektor 352, 366
Hochpunkt 204
Höhensatz 147
Hooke'sches Gesetz 53
Hornerschema 104
Hyperbel 168
Hyperbelfunktion 288
I
Identität 20
Imaginärteil 374 f.
implizit 51
Indikatorfunktion 186
Induktion, vollständige 144
Infimum 137
Infinitesimalrechnung 228
Integer-Funktion 185
Integral, bestimmtes 228
–, unbestimmtes 251
Integralrechnung 228
Integrand 235
Integrationsgrenze 235 f., 240
Integrationskonstante 252
Integrationsregel 239, 252
Integrierbarkeit 238
Intervall 12
Intervallschachtelung 8
Inversionsgesetz 30
Iterationsverfahren 106
K
kartesisches Koordinatensystem 40
Kettenfunktion 288
Kettenregel 257
Kleiner-Relation 3
Knickpunkt 199
Koeffizienten-Determinante 25
Koeffizienten-Matrix 26
Kollinearität 305
kommutativ 335
Kommutativgesetz (Vertauschungsgesetz)
10, 317
Komplanarität 306
Komplementbeziehung 127
Komplementwinkel 123
Sachwortverzeichnis
komplex 11
Komponente, skalare 326
–, vektorielle 327
Konstantenregel 194, 240, 252
konvergent 159
Konvergenzkriterium 164
konvergieren 156
Koordinate 308, 310
Koordinatenform der Ebenengleichung
368
Kosinusfunktion 121
Kosinussatz 125, 343
Kotangensfunktion 126
Kote 41
Krafteck 317
Kräfteparallelogramm 313
Krümmung 296
Krümmungskreis 297
Krümmungsradius 296
Krümmungsverhalten 204
Kurvendiskussion 213
–, gebrochen-rationaler Funktionen 176,
261
–, trigonometrischer Funktionen 273
–, verknüpfter e-Funktionen 293
Kurvenschar 251
L
Lagebeziehungen von Punkt und Gerade
355
Laplace’scher Entwicklungssatz 27
Leitkoeffizient 109
lineares Gleichungssystem 23
Linearfaktorenzerlegung 33, 99
Linkskurve 206
Logarithmen 8
Logarithmengesetz 35
Logarithmensystem 36
Logarithmus 35
Lücke 180
M
Matrix 26
Maximum 204
Menge 40
–, dichte 5
Minimum 204
Mittel, arithmetisches 140
Sachwortverzeichnis
–, geometrisches 147
–, harmonisches 162
Mittelwertsatz 201
Momentanbeschleunigung 200
Momentangeschwindigkeit 200
Monotonieaxiom 29
Multiplikation komplexer Zahlen 377
multiplikativ-invers 9
N
Nebendiagonale 24, 28
Neilsche Parabel 249
Nennerdeterminante 25
neutrales Element der Addition 3, 317
– – – Multiplikation 3, 324
Newton’sches Näherungsverfahren 202
Normale 86
Normalenvektor 369
Normalparabel 74
Normierung eines Vektors 325
Normzahl 150
Normzahlreihe 150
Nullelement 15
Nullfolge 156
Nullprodukt, Satz 33
Nullstellen 55
– der Sinusfunktion 124
– der Tangensfunktion 127
Nullstellensatz 98
nullteilerfrei 5
Nullvektor 304, 311
Numerus 35
O
Ohm'sches Gesetz 53
Optimalität 91, 221
Ordinatenachse 40
Ordnungsaxiome 10
Orientierung 304
orthogonal 335
Orthogonalität 61
Orthogonalitätsbedingung 61, 335
Ortsvektor 308, 310
P
p,q-Formel 32
Paar 23, 39
Paarmenge 39
385
Parabelsegmentfläche 93
parallel 305
Parallelogramm, Fläche 347
–, Flächenberechnung 338
Parallelogrammregel 313
Parameterform der Geradengleichung 353
Partialbruchzerlegung 271, 272
Partialsumme 139
Pascal'sches Dreieck 15
Passante 85
Periodenlänge 122, 130 f.
periodisch 122
Periodizität 124, 278
Permanenzprinzip 3
Pfeildiagramm 39
Phasenverschiebung 131
Polgerade 168, 176
Polstelle 176
Polynom 97
Polynomdivision 102
Potenzfunktion 95
Potenzregel 192, 236
Primzahl 8
Prioritätenstreit 200
Produkt, äußeres 349
–, gemischtes 349
–, inneres 349
Produktregel 255
– der Integralrechnung 295
Projektion eines Vektors 337
Proportionalitätsfaktor 48
Punktprodukt 334
Punkt-Richtungsform 352, 366
Punktsteigungsform 63
Punktsymmetrie zum Ursprung 109, 179,
263
punktsymmetrisch zum Ursprung 123, 127
Pyramide, Volumen 350
Pythagoras 7, 68
–, trigonometrischer 124
Q
Quadrupel 42
Quotientenregel 256
R
Radiant 121
Randextrema 205
386
Raumzeit 42
Realteil 374 f.
Rechtskurve 207
Reflexivität 19
Regel von Sarrus 28
Reihe 138
–, arithmetische 143
–, geometrische 151
–, harmonische 163
Rekursionsformel 135
Relation 42
Repräsentant 304
Restpolynom 105
Resubstitution 102
Richtungssinn 304
Richtungsvektor 352
Rotation um die x-Achse 248
– – – y-Achse 250
Rotationsvolumen 248
S
Sattelpunkt 210
Satz vom Nullprodukt 33
– von Viëta 33
–, binomischer 15, 18
Scheitelgleichung 76 f.
Scheitelpunkt 74
Schlussvektor 318
Schnittpunkt Gerade – Ebene 370
– Gerade – Koordinatenachsen 356
– Gerade – Koordinatenachsen-Ebenen
356
– zweier Geraden 56, 358
Schnittpunktbedingung 56
Schnittwinkel 58
Schranke 137
Schwerelinie 333
Schwerpunkt des Dreiecks 73, 333
Sekante 85, 187
Signum-Funktion 186
Sinusfunktion 121
Sinuskurve 122
Sinusschwingung 131
Skalar 302
Skalarprodukt 333
S-Multiplikation 323
Spaltenvektor 310
Spannvektor 366
Sachwortverzeichnis
Spatprodukt 349
Sperrbezirk 99
Stammfunktion 235, 251
Startwert 203
Steigung 48
Steigungsdreieck 48
Steigungsfaktor 48
Steigungsvektor 354
Stetigkeit 183
–, globale 186
–, lokale 186
Strecke, Länge 68
–, Mitte 72
Stützvektor 352, 366
Subtraktion komplexer Zahlen 376
Subtraktionsverfahren 89
Summationszeichen 139
Summenformel der arithmetischen Reihe
143
– der geometrischen Reihe 151
Summenregel der Differentialrechnung
195
– der Integralregel 240, 252
Summenvektor 314
Superposition 97, 279
Supplementwinkel 60
Supremum 137
Symmetrie 19
– zum Ursprung 96, 123, 263
– zur y-Achse 74, 96, 123, 263
Systemmatrix 26
T
Tangensfunktion 126 f.
Tangente 85, 187
Tangentenproblem 187, 228
teilerfremd 7
Teilintegral 237
Teilungsverhältnis 331
Testfolge 171
Tetraeder, Volumen 350
Thalessatz 343
Tiefpunkt 204
Transitivität 19
Tripel 41
Tripelmenge 41
Tupel 42
Sachwortverzeichnis
U
Umgebung 13, 156
Umkehrfunktion 113
Umkehrpunkt 199
Umkehrrelation 115
unbestimmt divergent 160
Ungleichung, lineare 29
Unterdeterminanten-Entwicklung 27
Urbild 43
Urmenge 40
Ursprung 41
Ursprungsgerade 47
V
Variable 43
Vektor 302, 308
–, Betrag 304, 311, 335
–, Gleichheit 311
–, Projektion 337
Vektoraddition 313
Vektorbegriff 302
Vektorgeometrie der Geraden 352
vektorielle Ebenengleichung in
Parameterform 366
vektorielle Geradengleichung in
Parameterform 352
Vektorkette 318
Vektorprodukt 344
Vektorsubtraktion 315
Verbindungsgesetz (Assoziativgesetz) 10,
317, 324
Verifizierungsprinzip 252
Vertauschungsgesetz (Kommutativgesetz)
10, 317
Verteilungsgesetz (Distributivgesetz) 10,
324
Verzinsung, unterjährige 285
Viëta, Satz von 33
Vorzeichenfunktion 186
387
W
Wachstum, diskretes 283
–, kontinuierliches 285
Wachstumsformel 289
Wachstumsrate 289
Wendenormale 217
Wendepunkt 208
Wendetangente 210
Wertemenge 43
Wertetabelle 47
windschief 359
Winkel zwischen zwei Vektoren 337
–, Bogenmaß 120
Winkelhalbierende 49
Wurf, schiefer 328
–, waagerechter 328
Wurzelfunktion 113
Wurzelgleichung 34
Z
Zahl, Betrag 14
–, ganze 3
–, irrationale 6
–, komplexe 374
–, konjugiert-komplexe 375
–, natürliche 2
–, negativ-ganze 3
–, positiv-ganze 3
–, rationale 4
–, reelle 8
Zahlenbereichserweiterung 3
Zahlenstrahl 3
Zählerdeterminante 25
Zeilenvektor 310
Zerfallsformel 289
Zerfallsrate 289
Zinseszinsformel 38, 283
Zinseszinsrechnung 283
Zuordnungsvorschrift 44
Zweipunkteform 65, 353
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