TK4 Toleranz - Dr. Karsten Jung

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JLSWT,PIA,Ev.Religionspädagogik,Dr.Jung,TK4:Toleranz,S.1
Themenkreis4:ReligiöseToleranzundRespekt
ErgänzefolgendenSatz:ReligionwirdimKindergartenzumProblem,wenn...
RollenspielToleranz
Aufgabe:FindetEuchineinerGruppevon4Schüler/innenzusammen.Jede/rbekommteine
AufgabeinderDiskussion.EineristderCoach-DugreifstnichtindieDiskussionein,sondern
machstDirNotizen.Diskutiertetwa10Minuten.BesprechtdanachdieDiskussion.Nutzt
dafürdieAufzeichnungendesCoachs.
Zeit:10MinutenRollenspiel,10MinutenGruppen-Nachgespräch,10MinutenPlenum
Rolle1:Kindergartenleiterin
DuleitestdenKindergarten.EinePraktikantinistMuslimaundmöchtewährendderArbeit
ihrKopftuchtragen.DubistinderFrageselbsthin-undhergerissen.EinerseitsbistDuder
Auffassung,dassErzieherinnenstriktreligiösneutralseinsollten.AndererseitswillstDuaber
auchnichtalsintolerantgelten.NunhastDumitbekommen,dasseszumKrachzwischender
PraktikantinundeinerchristlichenErzieheringekommenist.DubittestbeidezuDirund
leitestdasGespräch.DeinZielistes,daskollegialeMiteinanderwiederherzustellen.Am
EndedesGesprächssolleineLösungstehen,dieDunotfallskraftDeinesAmtesdurchsetzen
musst.
Rolle2:muslimischePraktikantin
DumachsteinPraktikumimKindergarten.WährendderArbeitmöchtestDugernDein
Kopftuchtragen.AlsDumitKopftuchindenKindergartenkommst,wirstDuvoneiner
Erzieherinaufgefordert,dasKopftuchabzulegen.DuberufstDichaufDeinenGlauben.
DarüberkommteszumStreit.NunseidIhrbeidevonderLeiterinzueinemGespräch
gebetenworden.
Rolle3:christlicheErzieherin
Dubistseit15JahrenErzieherinimKindergarten.DuselbstbistChristin,trägstallerdings
keineäußerlichsichtbarenZeichenDeinerReligion.AlseineneuePraktikantinmitKopftuch
erscheint,forderstDusieauf,dasKopftuchabzulegen.Dubefürchtest,dassdiePraktikantin
dieKinderislamischbeeinflusst,wennsiedasKopftuchträgt.DarüberhinaushältstDudas
KopftuchfüreinZeichenderUnterdrückungderFrauen,wassichmitdenWerten,denendie
Kindergartenerziehungverpflichtetist,nichtverträgt.NachdemeszumStreitmitder
Praktikantingekommenist,hatdieLeiterinEuchbeidezueinemGesprächgebeten.
Rolle4:Coach
DubeobachtestdasGespräch.AchteaufÄußerungenDeinerMitschülerinnen.Welche
Argumentefallen?GehtdasGesprächimmerrespektvollvonstatten?DeineAufgabeistes,
nachderDiskussiondasGruppen-Nachgesprächzuführen.FrageDeineMitschülerinnen,wie
siesichinderRollegefühlthaben/obsiesichrespektvollbehandeltgefühlthaben/wie
mandasGesprächbesserhätteführenkönnen.
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Hintergrundinfos:KopftuchundFrauenimIslam
Kopftuch
ImKoranfindetsichkeinexplizitesGebot,einKopftuchodergareinenochweitergehende
Verschleierungzutragen,wenngleichdiesineinigeStellen(z.B.Sure24:31)hineininterpretiertwird.1
EsgiltallerdingseinallgemeinesGebot,sichnichtaufreizendzukleiden.
DasKopftuchwirdinDeutschlandoftmalsalssäkularessoziologischesUnterscheidungsmerkmal
getragen,ähnlichwiedasSchweinefleischverbotauchvonvergleichsweisesäkularenMuslimen
eingehaltenwird(vgl.oben).ObeinKopftuchgetragenwird,kannauchErgebnisvon
Gruppenstreitigkeitensein:TragenaneinerSchuleTürkinneneinKopftuch,tunesoftmalsKurdinnen
nicht,umnichtmitdiesenverwechseltzuwerden-undumgekehrt.
FrauenimIslam
DieStellungderFrauistsowohleinreligiöseswieauchsozialesProbleminislamischengeprägten
Kulturen.ImKoranistseltenpositivvonFrauendieRede,oftwerdensiealsungläubigundaufmüpfig
dargestellt,weswegenderMannderFraugrundsätzlichüberlegensei(Sure4:34).2
DieStellungderFraueninislamischenLändernistvielfachschlecht:„Frauenwerdenverprügelt,
ausgebeutet,alsGebärmaschinenbenutzt,wieGegenständebehandeltundbeiNichtgefallen
fortgeschickt.AberdasistnurdieeineSeitederMedaille.Denndort,woFrauenstudiert,ihrenBeruf
ausgeübtundsichberuflichdurchgesetzthaben,sindihreChancengutunddastraditionelle
PatriarchatverliertzunehmendanBoden“.3
WievieleFraueneinMuslimheiratendarf,istumstritten.ZwargestattetderKorangrundsätzlichdie
Polygynie,konkret:DieHeiratvonbiszuvierFrauen(Sure4:3).AllerdingsmüssenalleFrauengleich
behandeltwerden,keinedarfbevorzugtoderbenachteiligtwerden.AusdiesemGrundvertreten
einigeislamischeTheologendieAuffassung,dassderIslamfaktischdieMonogamiefordere,weiles
keinemMannmöglichsei,dieGleichbehandlunginderPraxisumzusetzen.
DieZwangsheiratistimIslamverboten,eineFraumussderHochzeitselbstzustimmen.Gleichwohl
istdasPhänomenderZwangsheirateinMassenphänomen:„Esistdavonauszugehen,dassetwaein
DrittelderinDeutschlandlebendenTürkinnenimmernochohnederenEinverständnisindieTürkei
verheiratetwird.BeiMusliminnenausanderenHerkunftsländerndürftedieserAnteilsogarnoch
höherliegen.“4
Scheidungsrecht:DerMannkanndurchdreimaligesAussprechenderScheidungsformeldieFrau
verstoßen,einProphetenwortsagtaber,dassdieVerstoßungdieverwerflichsteallerHandlungen
sei.UmgekehrtkanndieFrausichlediglichfreikaufen.
DiesekrasseFormdesScheidungsrechtswirdheuteabernurnochinLändernwieSaudi-Arabien
praktiziert.IndenmeistenislamischenLänderngibteseineVermengungvonSchariaundwestlichem
Familienrecht.„DieEntwicklungzeigtkeinekontinuierlichenFortschrittefürdieFrauen,eherimmer
wiederRückfälleindunkleZeitenihrerRechtlosigkeit.IndenwenigstenislamischenLändernkönnen
dieFrauenvonsichauseineScheidungerwirken.WirdMusliminnenaberdieMöglichkeitgewährt,
sicheinigermaßenproblemlosvonihrenMännernzutrennen,dannsinddieScheidungsratenschnell
sehrhoch,wiemannichtnurinderTürkeisieht.“5
NotizenzudenHintergrundinfos
Vgl., auch für das Folgende: Spuler-Stegemann, Ursula: Islam, München 32014, 58f.
Vgl. Spuler-Stegemann: Islam 64.
3 Ebd.
4 Ebd.
5 Ebd. 67.
1
2
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WasistToleranz?
Esistsinnvoll,beimToleranzbegriffmehrereEbenenzuunterscheiden.Esgibtzunächst
einenUnterschiedzwischendemFachpersonal,dasstrikteNeutralitätwahrenmussund
gegenüberdemeinsehrweitreichenderToleranzanspruchbestehtunddenKindern,fürdie
dieAnsprücheandieToleranzgeringersind.
DarüberhinausgibteseinenUnterschiedzwischenderformalenundderinhaltlichenEbene:
MankanneineMeinungfürinhaltlichfürfalschhalten,aufderformalenEbenemitdem
Menschen,dersieäußert,abertrotzdemwertschätzendumgehen.Mankanndieformale
ToleranzauchalsDuldungeinerMeinungoderreligiösenEinstellungbezeichnen,die
inhaltlicheToleranzalsAkzeptanz.
formaleToleranz/Duldung
inhaltlicheToleranz/Akzeptanz
Erzieherin
Kind
JLSWT,PIA,Ev.Religionspädagogik,Dr.Jung,TK4:Toleranz,S.4
ÜbungzurToleranz:Fallbeispiele
DieFallbeispielesindalsthemendifferenzierteGruppenarbeitzubearbeiten,d.h.dieKlassewirdin
max.7Gruppengeteilt,diealleeinunterschiedlichesFallbeispielhaben(10min).DieErgebnisseder
ArbeitwerdendannimPlenumvorgestellt(20min).
Aufgabe: Bearbeitet das folgende Fallbeispiel! Beachtet die Ebenen der Erzieherin und der Kinder
und die Facetten der formalen bzw. inhaltlichen Toleranz. Wie dürfen / sollen die Beteiligten
handeln?EntwickelteineLösung,diemöglichstvielenInteressengerechtwird!InallenFällennehmt
bitteeinenkommunalenKindergartenan(alsonichteineninkirchlicherTrägerschaft).
Fallbeispiel1:Essen
ImKindergartengibteszumFrühstückObst,GemüseundBrote,diemitWurst(ausSchweinefleisch)
oderKäsebelegtsind.DasmuslimischeKindF.möchteausreligiösenGründenkeinSchweinefleisch
essen. Für ihren Glauben dürfen auch keine Spuren von schweinefleischhaltiger Wurst an der
Nahrung sein (die beispielsweise durch ein unsauberes Messer übertragen werden können).
Gleichzeitig sind mehrere Eltern der Überzeugung, dass es nicht angehen kann, dass mit Rücksicht
aufeinKindaufWurstvollständigverzichtetwird.WiereagierstDu?
Fallbeispiel2:Tischaufräumen
DerauseinerorientalischenMigrantenfamiliestammendefünfjährigeAhmedweigertsich,denTisch
abzuräumen.„DasmachenFrauen,Jungenmüssendasnichtmachen“,sagterundbehauptet:„Das
stehtimKoran“.WiesolldieErzieherinreagieren?
Fallbeispiel3:Geburtstag
ImKindergartenistesüblich,dasszudenGeburtstagenderKindereinkleinesFestgefeiertwird.Kind
R., Zeugin Jehovas, lehnt das Feiern von Geburtstagen aus religiösen Gründen ab. Wenn jemand
anderes Geburtstag feiert, sitzt sie in einer Ecke und spielt. An ihrem eigenen Geburtstag wird
wunschgemäßkeinFestausgerichtet.IhreFreundinM.istenttäuschtundfragt,warum.SiehätteR.
gernetwasgeschenkt.WiereagierstDu?
Fallbeispiel4:Advent
Im Kindergarten werden regelmäßig in der Adventszeit Adventsbräuche durchgeführt: Zum
MorgenkreiswirdderAdventskranzentzündetundesgibteinenAdventskalender,wojedesKindan
einembestimmtenTageinkleinesGeschenkbekommt.
Die Eltern des muslimischen Kindes M. protestieren: Sie sind der Meinung, dass ihr Kind auf diese
Weisereligiösindoktriniertwerde.WiereagierstDu?
Fallbeispiel5:AllahundGott
ZweiKinder,einchristlichesundeinmuslimisches,geratenineinenhandfestenStreit.Siebeleidigen
sichstarkundbezeichnenAllahbzw.Gottals„scheiße“.WiereagierstDu?
Fallbeispiel6:HexenundZauberer
Eine Mutter kritisiert das derzeitige Monatsthema „Hexen und Zauberer“. Damit würden die
okkultenMächteindieserWeltverharmlost,unddieKinderhättenkeineMöglichkeit,sichdagegen
zu wehren. Sie findet, dass die Erzieherinnen in dieser Hinsicht sehr unsensibel mit Kinderängsten
umgehenwürden.WiereagierstDu?
Fallbeispiel7:Jesus-GeschichtenimKindergarten
EinigeElternbeschwerensich,dassimKindergartenzuvieleGeschichtenvonJesuserzähltwerden
würden.Siebittendarum,ReligionganzausdemKindergartenherauszuhalten.Manmüssejaauch
jeneKinderimBlickbehalten,diemitKircheundReligionersteinmalnichtsamHuthaben,unddas
seienjaimmerhinnochdiemeisten…WiereagierstDu?
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ToleranzaufderEbenedesFachpersonals
TheologischeDeutungendermultireligiösenSituation
IneinerPauseunterhaltensichmehrereErzieherinnenüberdasThemaReligion.Dabeiwerdensehr
unterschiedlicheVorstellungengeäußert.
Bring zunächst in Einzelarbeit diese Vorschläge in eine persönliche Reihenfolge. Gib stichwortartig
Gründe dafür an, warum Dir eine Position besonders gefällt bzw. Du eine Position besonders
ablehnst (10 min). Diskutiere dann mit Deiner Nachbarin darüber – vergleicht Eure Vorschläge (10
min).GebtaucheineAntwortaufdieFrage,welcheKonsequenzendiejeweiligenPositionenfürEure
Arbeithätten.
AmSchlusswollenwirmitdergesamtenKlassedarübersprechen.
„Jesussagt:TauftalleMenschen.MeineGebotegeltenfüralle.“
„EsgibtnureinenGott.UnterschiedezwischendenReligionenhabennurkulturelleGründe.“
„FürGottistnichtwichtig,obeinerindieKircheoderindieMoscheegeht.Wichtigistnur,dasser
einguterMenschist.AlleMenschen,diegutenWillenssind,gehörenimGrundezurgleichen
Religion.“
„NureineReligionkannrichtigsein.AußerhalbderchristlichenKirchegibteskeineErlösung.“
„ReligionistUnfugundhältdieMenschendavonab,ihrewirklichenProblemezulösen.Manmuss
siedazuerziehen,dasssienichtmehrreligiössind.“
„Wahrheitistsubjektiv.Wasfürmichwahrist,kannfürdichfalschseinundumgekehrt.“
„Wahrheitkannnichtsubjektivsein.Sowiezweimalzweivierist,istesauchinderReligion:Wenn
dasChristentumrechthat,hatderIslamunrechtbzw.umgekehrtwennderIslamrechthat,hatdas
Christentumunrechtusw.“
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ZweiKonzeptezurreligiösenBildung
BearbeitetdiefolgendenTexteundAufgabenineinerGruppevonetwa4Personen.Zeit:40
Minuten.
Mishmash-diefeineenglischeArt
MultireligiöserReligionsunterrichtinEngland/ChristaDommel
Aus:DieBrücke,ZeitschriftfürSchuleundRUinBremen,1999,Jg4,Heft2
Mischmasch-sonennenKritikerabwertendeinenenglischenpädagogischenAnsatz,allenKindern,
unabhängigvonihrerReligionszugehörigkeit,gemeinsamReligionsunterrichtzuerteilen.
,,Mishmash“6istdaherauchderTiteleinesBucheszumThema,geschriebenvoneinemder
wichtigstenBefürworterdiesesKonzepts,JohnHull.Waspassierteigentlichgenauindiesem
Unterricht,indem-soeineKritik-,,wirGefahrlaufen,unserspirituellesErstgeburtsrechtzu
verkaufenfüreinenfürchterlichensäkularenEintopf“7?Währendeinesmehrmonatigen
EnglandaufenthaltshatteichGelegenheit,meinerNeugiernachzugehen.
EineGruppevonKindern,etwazehnJahrealt,sitztinKreis,gespannteErwartungliegtaufden
Gesichtern.IhreLehrerinhatgeradesamtweicheroteGeheimnissäckchenverteilt,derenInhaltvon
außenvorsichtigbetastetwird.Klarist,dassetwasBesonderes,nichtsAlltäglichesdarinist.EinKind
nachdemanderenpacktseinenSchatzaus–essindreligiöseGegenständeausdemhinduistischen
Kulturkreis,diefür„Puja“,dastäglichGebetzuHauseoderimTempelgebrauchtwerden.Keine
EnttäuschungaufdenGesichternderKinder(daraufhatteichgewartet),sondernanhaltend
neugierigesInteresse.DieFigurdeselefantenköpfigenGottesGaneshaoderdiekleinenKerzenhalter
undBehälterwerdenmitRespektundFeingefühlindenHändengehaltenundvonallenSeiten
begutachtet.EinJunge,dessenElternausIndienstammenunddemdieseGegenständevertrautsind,
erzähltstolz,waserdamitverbindet.AndereKinder–christlich,muslimischoderkonfessionslos–
beteiligensichamGespräch,vergleichendieInhalteihrerSamtsäckchenundhören,wasesheißt,ein
HinduinEnglandzusein.DieLehrerinmoderiertundstelltzwischendurchFragenodererklärtetwas.
DieseSzene…spiegeltschulischenAlltagwieder:immultireligiösenReligionsunterrichtder
öffentlichenSchulenwerdendieSchülerinnennichtnachihrerReligions-odergar
KonfessionszugehörigkeitingetrennteKlassengeschickt,sondernlernenmiteinanderund
voneinanderüberdieeigeneunddieanderenReligioneninihrerStadt,diebuchstäblichgreifbar
werden.DabeispielenmethodischnichtnurdiegenanntenreligiösenArtefakteeinewichtigeRolle,
sondernauchBesucheinumliegendeTempel,Synagogen,MoscheenundKirchen.Nebendiesem
religionskundlich-informativenAnsatzspieltderthemenorientierteAnsatzeinewichtigeRolle.Hier
werdenexistentielleLebensthemenderSchülerInnenwiez.B.Natur,Familie,Freundschaft,Fest,Tod
odergesellschaftlicheNormeninBeziehunggesetztzudenreligiösenTraditonenundzureigenen
spirituellenEntwicklung(…).DennAusgangspunktvon„ReligiousEducation“(RE)istdaseinzelne
Kind,dasbefähigtwerdensoll,imreligiöspluralistischenUmfeldseinepersönlicheOrientierungzu
finden,moralischeMaßstäbezuentwickelnundharmonischmitAndersgläubigenzusammenzuleben.
GenerellhatteichinEnglanddenEindruck,dasseinpersönlicherreligiöserGlaube–unabhängig
davon,welcher–wenigeralsinDeutschlandalspeinlichoderuncoolgilt,beiErwachsenenwiebei
Kindern,sondernhoheWertschätzunggenießt….DiespirituelleEntwicklungjedesMenschengiltals
wichtigfürdenZusammenhaltderGesellschaft,nichtalsPrivatsache….Diesspiegeltsichanden
6
JohnM.Hull(l99l):Mishmash.ReligiousEducationinMulti-CulturalBritain.AStudyinMetaphor.JohnM.Hullist
ProfessorfürReligiousEducationanderUniversitätBirmingham.DerTitelgreiftdiepolemischeBildersprachederGegner
desmultireligiösenReligionsunterrichtsaufunduntersuchtdieinderDebattehäufiggebrauchtenEssens-Metaphern
(,,Eintopf“,,,Einheitssoße",,,Cocktail")undihreemotionalenundkulturellenHintergründe.
7
Ebd.,S.9
JLSWT,PIA,Ev.Religionspädagogik,Dr.Jung,TK4:Toleranz,S.7
öffentlichenSchulen(darin,dass)jedenMorgennochimmergemeinsameSchulandachten
stattfinden.DerenCharakteristdefactoebenfallsmultireligiös…
…Prof.Hull,TheologeundReligionspädagoge,beschreibtdiebeidenrivalisierendenKonzeptevon
Religionsunterricht.DenexklusivistischenAnsatz,dersichgegeneinengemeinsamenRUwehrt,
kennzeichneterso:„Diejenigen,dieAngsthabenvorMischmasch,sindzutiefstrespektvollanderen
Religionengegenüber.JederGlaubesollseineReinheitundIntegritätbewahren…..Ichbinheilig,sagt
dieAnti-Misch-Masch-Argumentation,undDubistheilig,aberderBodenzwischenunsistunheiliger
Boden,undwirwerdenunsgegenseitigvergiften,wennwirunstreffen,weilsichdadurchdasBlut
schädlicherweisemischt.“SeineneigeneninklusivenAnsatzbeschreibterumgekehrt:Wederdunoch
ichbinheilig,sondernderRaumzwischenunsistheiligerBoden,undHeiligkeitentstehtdurch
Begegnung.8
DieUniversitätenBirminghamundWarwickfandeninzweivoneinanderunabhängigenStudien
heraus,dassdasBewusstseindereigenenreligiösenIdentitätbeiKindernsichdurchdieBegegnung
mitanderenReligionenehervertieftalsauflöstoderverwirrt.Jacksonbetont,dassfürKindernicht
dieverschiedenenWelten,indenensieleben,verwirrendsind,sondern–wennüberhaupt–die
FragenderLehrer,diedaraufbestehen,dasssiezueinerdergroßenWeltreligionengehörenmüssen,
währendsievielleichtzueinerreligiösenGruppegehören,diekeineUnterschiedemachtzwischen
HindusundSkihs.9
(EineandereStudiezeigt:)DasvonallenBeteiligtenangestrebteZiel,Toleranz,Respektund
WertschätzungfürreligiöseVielfaltzuwecken,kannimReligionsunterrichtgefördertwerdennicht
nurdurchdasUnterrichtenüberReligionenalsseparateSysteme,sondernmehrnochdurcheine
besondereAufmerksamkeitfürdieMomentedesgegenseitigenZusammentreffensderReligionen-
beiKooperationen,DialogundgemeinsamentwickeltenVisionen,aberauchbeiSpannungenund
Konflikten.EinweiteresAnliegendiesesReports:nichtnurAngehörigeeinerReligionsgemeinschaft
sollendurchREangesprochenwerden,sonderninZukunftstärkerauchdiewachsendeZahlvon
„Ungläubigen“,daReligionkeineswegsdasPrivateigentumderKirchenoderanderer
Glaubensgemeinschaftensei.AuchHull(1998)betont:„ReligiöseundsäkulareKinderbrauchen
einander.“
VondenLehrerinnenundLehrernwirddabeivielKenntnisreichtumüberdiegroßenreligiösen
TraditionenerwartetsowiesozialeKompetenzenbeigenaudiesenentscheidendenMomentendes
ZusammentreffensderverschiedenenGlaubensrichtungenundWeltanschauungen–im
Klassenzimmerundaußerhalb.…
BeiallenGesprächenmitReligionspädagogeninBirminghamundBradfordfielmireinesbesonders
auf:ManhatSpaßanderSache,unddiesistauchdenreligionspädagogischenTextenundGebeten
anzumerken:
OGodleadmeinthepathofheone
Whoisseekingtruth
Andprotectmefromtheonewhohasfoundit
Aufgaben:
1) Erläutere,wasunter„Mischmasch“zuverstehenist.
2) WelcheGefahrenundwelcheChancenvonMischmaschwerdengenannt?
3) WelcheKompetenzenbenötigteinepädagogischeFachkraft,dieaufdieseWeiseKinder
begleitet?
4) StelltEureErgebnissedergesamtenKlassevor!
8
Ebd.,S.38
RobertJacksonundEleanorNesbitt(1993),HinduChildreninBritain,Zit.NachHull(1998)
9
JLSWT,PIA,Ev.Religionspädagogik,Dr.Jung,TK4:Toleranz,S.8
Familienreligionensensibelwahrnehmen
Aus:ReligioneninderKita,ImpulsezumZusammenlebeninreligiöserVielfalt,Arbeitshilfe
herausgegebenvomPädagogisch-Theologischen-ZentruminStuttgart,u.a.,2.Aufl.2014
Auchkommunaleundfreienicht-konfessionelleKitaskönnenunddürfensichausderreligiösen
BegleitungderKindernichtheraushalten.NachdenBildungsplänenderLänderimElementarbereich
gehörtesinallenKitas-gleichwelcherTrägerschaft-zudenpädagogischenAufgaben,Kinderin
ihrerBildungimLebens-undLernfeld„Sinn,WerteundReligion“10bzw.„Religiositätund
Werteorientierung“11zubegleitenundzuunterstützen.WasheißtdasfürdenBereichdes
interreligiösenLernens?
Anfang2011habendieviergroßenKircheninBaden-WürttembergeineHandreichungzur
UmsetzungdesBildungs-undEntwicklungsfelds„Sinn,WerteundReligion“imOrientierungsplanfür
dieKindertageseinrichtungeninBaden-Württembergherausgegeben.Dortwerdenunterder
Überschrift„KinderlebenineinerchristlichgeprägtenKultur“nebendemKennenlernenchristlicher
PhänomeneinunsererGesellschaftauchdieanderenReligionenindenBlickgenommen:
„GleichzeitigkönnenKinderauchreligiösgeprägteFesteundOrteandererReligionenerleben.Auch
diesesolltenberücksichtigtwerden.“DassauchdasJudentumundderIslamFesteundFeiertageim
Wochen-undJahresrhythmus,religiöseGebäude,SymboleundBräuchehaben,wirdalsfürKinder
wichtigdargestellt.Genausoselbstverständlichseies,dassKinderinderKitanichtnurnach
christlichenRitualenundGebotenfragen,sondernz.B.auchnachmuslimischen:„Warumbetendie
einensounddieanderenso?“–„WarumhatdeineMamaimmereinKopftuchauf?“„Wiesodarfstdu
keineWurstessen–bistdukrankodersowas?“12
DieHandreichungschlägtalsGrundkonzeptinterreligiöserBildungvor,vondemModelleiner
„Hausgemeinschaft“auszugehen:„HilfreichkanndasBildeinerHausgemeinschaftmitverschiedenen
Wohnungensein.ManistnurineinerWohnungzuHause,pflegtabereinenfreundschaftlichen
KontaktmitdenNachbarn.GegenseitigkönnensichdieBewohner/-inneneinladen,undimSinneder
GastfreundschaftwirdmanaufEssgewohnheitenu.ä.deranderenRücksichtnehmen.DochzuHause
istmannurineinerWohnung.SoistesauchmitdemGlaubenunddereigenen
Religionszugehörigkeit.“Indiesem„Haus“gibteskeinenBestimmer,keinenHausherrn,derdefiniert,
wasimGlaubenrichtigundfalschistunderstrechtnicht,welcherGlauberichtigundwelcheretwa
falschist.Sonderndaistjeder(jedesKind,jedeMutter,jederVater,jedepädagogischeFachkraft)in
seinerWohnungzuHauseundgehörtzugleichzurganzenHausgemeinschaftmitden
unterschiedlichen,dortvorhandenenReligionenundWeltanschauungen.Unddabeigehtesnichtum
abstrakteReligionen(z.B.„denIslam“)odertheologischeDenksysteme(z.B.„diemonotheistischen
Religionen“),sondernumReligion,sowiesieinderTraditiondieserbestimmtenFamiliegelebtund
vondenKindernerlebtwird.
Wichtigist,dassdieKinderinderKitaerleben,dassdieunterschiedlichenWohnungstüren–bildlich
gesprochen–nichtverschlossensind,sondernoffenzudenanderenundzurWohngemeinschafthin.
Sielernendabei:GemeinsamesEngagementundgegenseitigesHelfenüberalleUnterschiedehinweg
istwichtig,nötigundmöglich13.SokanndasErlebeninderKitaeinModellfürihrganzesLebensein.
AufgabederpädagogischenFachkräfteistes,alleKinder–gleich,welcherReligionoder
Weltanschauungsieangehören–„religionssensibelzubegleiten“14.Dasmeinteinerseitsdassensible
10
OrientierungsplanfürBildungundErziehunginbaden-württembergischenKindergärtenundweiteren
Kindertageseinrichtungen,2011,TeilB3.6.
11
„BildungvonAnfangan–Bildungs-undErziehungsplanfürKindervon0bis10JahreninHessen“,2007,S.79-81
12
Sinn,WerteundReligioninKindertageseinrichtungen–EinBeitragzurUmsetzungdesOrientierungsplans.Hrsg.von
derDiözeseRottenburg-Stuttgart,ErzdiözeseFreiburg,Evang.LandeskircheinBadenundEvang.Landeskirchein
Württembergu.a.Stuttgart2011,S.31-33
13
„KinderbringensichzusammenmitanderenindienachhaltigeGestaltungihressozialenundökologischenUmfeldes
ein.“BildungszielimBildungs-undEntwicklungsfeldSinn,WerteundReligiondesOrientierungsplansBadenWürttemberg.
14 nach:KatrinBedernaundHildegardKönig(Hrsg.):WohntGottinderKita?–ReligionssensibleErziehungin
Kindertageseinrichtungen.Berlinu.a.,2009.
JLSWT,PIA,Ev.Religionspädagogik,Dr.Jung,TK4:Toleranz,S.9
WahrnehmenderErfahrungenvonGlückundLeidderKindersowieihrerInteressenundBedürfnisse
–auchimBereichvon„Sinn,WertenundReligion“:„IneinerKita,inderKinderreligionssensibel
begleitetwerden,trauensichdieKinder,sichreligiöszuartikulieren.Siefühlensichbeiihrem
(religiösen)SuchenundFragenernstgenommen.“AndererseitserhaltenKinderImpulsefür
EntdeckungenundErfahrungenauchimBereichvonReligion.Kinder„erfahrenvonreligiösen
Inhalten,SymbolenundHandlungsweisenundlernenihreeigenenGedanken,Gefühleund
SehnsüchteinWortezufassen.“AlleKinderhabendieMöglichkeit,„ihrereligiösenWurzelnbzw.
ZugehörigkeiteinzubringenundeineeigenereligiöseIdentitätzuentwickeln.“AuchhabenalleKinder
dieMöglichkeit,grundlegendeInhalteundFormenderdieabendländisch-europäischeKultur
prägendenchristlichenReligionkennenundverstehenzulernen15.
GelegentlichwirddieBefürchtunggeäußert,durchinterreligiöseBegegnungwürdenUnterschiede
zwischendenReligionenverwischtunddieKinderimSinneeinerArt„Religionfüralle“vereinnahmt.
DemwidersprichtdieHandreichung:„EinereligionssensibleBegleitungzieltnichtaufGleichmacherei
odereineVermischungverschiedenerreligiöserTraditionen.SieachtetdieUnterschiedeundpflegt
einenangemessenenUmgangmitreligiösenGegenständen(z.B.religiösenSchriften)undrituellen
Handlungen.Womöglich,eröffnetsieKindernZugängezuauthentischemReligionserleben....In
diesemSinnewerdendieFesteundBesonderheitenderverschiedenenReligionenbeachtet,indem
z.B.denKindernzuihremFestgratuliertwirdundsomitWertschätzungihremGlaubengegenüber
ausgedrücktwird.“16
Aufgaben:
1) Erläutere,wasunter„ReligionssensiblerBegleitung“zuverstehenist.
2) WelchesBildwirddafürverwendet?
3) WelcheGefahrenundwelcheChancenhatdieserAnsatz?
4) WelcheKompetenzenbenötigteinepädagogischeFachkraft,dieaufdieseWeiseKinder
begleitet?
5) StelltEureErgebnissedergesamtenKlassevor!
15
vgl.dasBildungszielimOrientierungsplanBaden-Württemberg:„KinderkennenundverstehendiechristlichePrägung
unsererKultur.“oderimBildungs-undErziehungsplanHessen:„GrundwissenüberzentraleElementederchristlichabendländischenKulturerwerben“.
16
HandreichungSinn,WerteundReligion,S.46/47
JLSWT,PIA,Ev.Religionspädagogik,Dr.Jung,TK4:Toleranz,S.10
ReligionundToleranzaufderKinderebene
WiederholedenTextvonFriedrichSchweitzer:WarumglaubenmancheKinderanAllah(TK
1)!
Rollenspiel:„Teamsitzung“
ImKindergartenistesindenletztenTagenzuzweiSzenengekommen:
1. FolgenderDialoghatsichzwischeneinerErzieherin(E),einemmuslimischenKind(S)undeinem
konfessionslosenKind(C)ereignet:
E:Gibt’sdennetwas,wasihrgarnichtessenwürdet?
C:Nein.Aberichmagdasnicht.KeinKetchup.
S:Schweinefleisch.
E:Undwarummagstdudasnicht?
S:Weildas,weildasjaSchweinist.
E:Gibt’sdennetwas,wasihrnichtessendürft?
S:Schweinefleisch.
C:UndichdarfkeintürkischesEssen.DasisteineandereSprache.
(aus:Dubinski,Katjaet.al..:ReligiöseDifferenzwahrnehmungimKindesalter.Einequalitativ-empirische
UntersuchungmitKindernimAlterzwischen4und6Jahren;in:Edelbrock,A.,Schweitzer,F.undBiesinger,A.:
WievieleGöttersindimHimmel.ReligiöseDifferenzwahrnehmungimKindesalter,Münster2010,178).
2.EinmuslimischesKindbeschwertesichbeieinerErzieherin,woraufsicheinDialogentwickelt:
Kind:„WarumdarfichdennjetztkeinSchweinefleischessen?“
Erzieherin:„DeineMutterhatgesagt,dudarfstdasnicht,weilduMuslimbist.“
Kind:„Naja,alsodarfichkeinSchweinefleischessen.DieAnnedarfSchweinefleischessen.Danndarf
dieAnneaberkeinRindfleischessen.Dasistdanngerecht.“
(aus:Müller,R.:ReligiöseDifferenzwahrnehmungimKindesalter.EineislamischePerspektive,in:Edelbrock,A.,
Schweitzer,F.undBiesinger,A.:WievieleGöttersindimHimmel.ReligiöseDifferenzwahrnehmungim
Kindesalter,Münster2010,54).
Aufgaben(60min):
1. InterpretiertineinerGruppediebeidenDialoge.
- Waswirdeigentlichgesagt?
- Wasbleibtunausgesprochen?
- WelcheKompetenzenlassendieKinderjeweilserkennen?
- WieistdieletzteÄußerungvonCimerstenDialogzuverstehen?
- WiebewertetIhrdieReaktionderErzieherinimzweitenDialog?
- WiebewertetIhrdieletzteÄußerungdesKindesimzweitenDialog?
2. EntwickeltalsTeamMöglichkeitenzurKompetenzerweiterungderbeteiligtenPersonen.Denkt
dabeiauchandasToleranz-SchemaausderletztenUnterrichtsstunde.
JLSWT,PIA,Ev.Religionspädagogik,Dr.Jung,TK4:Toleranz,S.11
HaltetdieErgebnisseaufmehrerenPlakaten(gesondertnachPersonen)festundseidinderLage,
diesezupräsentieren!
- DesmuslimischenKindesinDialog1.
- DeskonfessionslosenKindesinDialog1.
- DesmuslimischenKindesinDialog2.
- DerMutterausDialog2.(Elternarbeit).
- DerErzieherininDialog2.
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