Wettbewerbstheorie und -politik 10-1 Dr. Florian Englmaier 10 Preisabsprachen bei Wettbewerb auf mehreren Märkten Die Vorstellung, dass Kontakt auf mehreren Märkten den Anreiz, von einer kollusiven Vereinbarung abzuweichen, vermindern sollte, wird von Corvin Edwards wie folgt formuliert. Corvin Edwards: [Firms that compete against each other in many markets] may hesitate to fight vigorously because the prospects of local gain are not worth the risk of general warfare... A prospect of advantage from vigorous competition in one market may be weighed against the danger of retaliatory forays by the competitor in other markets. Ein Unternehmen kann aber nicht nur auf einem Markt von der kollusiven Vereinbarung abweichen, sondern auf allen Märkten gleichzeitig. Weshalb sollte sich also der Wettbewerb bzw. die Möglichkeit zur Kollusion verändern, wenn Unternehmen nicht nur auf einem Markt, sondern auf vielen Märkten im Wettbewerb stehen? Dazu betrachten wir das folgende Beispiel c Monika Schnitzer 2008 Wettbewerbstheorie und -politik 10-2 Dr. Florian Englmaier Modell nach Bernheim und Whinston: • Markt für Autos: N Hersteller, produzieren zu konstanten symmetrischen Grenzkosten homogene Güter, stehen im Preiswettbewerb • Markt für LKWs: 2 Hersteller, produzieren zu konstanten symmetrischen Grenzkosten homogene Güter, Preiswettbewerb Beachten Sie Wenn beide Märkte völlig unabhängig voneinander sind, dann gilt: • Kollusion auf dem Automobilmarkt ist stützbar, falls δ ≥ NN−1 • Kollusion auf dem LKW-Markt ist stützbar, falls δ ≥ 1 2 Falls also 1 N −1 ≤δ< 2 N (10.1) kann Kollusion nur auf dem LKW-Markt gestützt werden. Wettbewerbstheorie und -politik 10-3 Dr. Florian Englmaier Behauptung Wenn die beiden Märkte strategisch miteinander verknüpft sind, weil die beiden LKW-Anbieter gleichzeitig auch zwei der N Automobil-Anbieter sind, dann kann Kollusion auf beiden Märkten gestützt werden, genau dann wenn πLM + (N − 1)πAM δ≥δ≡ 2πLM + N πAM (10.2) Um zu zeigen, dass diese Behauptung stimmt, betrachten wir die folgenden Triggerstrategien für Automobil- und LKW-Hersteller. • Automobilhersteller: Wähle in jeder Periode den Monopolpreis, solange noch niemand bisher vom Monopolpreis abgewichen ist. Andernfalls wähle Preis gleich Grenzkosten. • LKW-Hersteller: Wähle auf beiden Märkten in jeder Periode den Monopolpreis und beliefere auf dem Automobilmarkt einen Marktanteil von 1−(N −2)(1−δ) , solange 2 bisher noch niemand von seiner Triggerstrategie abgewichen ist. Andernfalls wähle auf beiden Märkten Preis gleich Grenzkosten. Wettbewerbstheorie und -politik 10-4 Dr. Florian Englmaier Periodengewinn eines einfachen Automobilherstellers, wenn er sich an die Vereinbarung hält πAM − 2 1−(N −2)(1−δ) 2 N −2 πAM = (1 − δ)πAM (10.3) Eine Abweichung lohnt sich für den Automobilhersteller nicht, wenn gilt 1 (1 − δ)πAM ≥ πAM 1−δ (10.4) Diese Bedingung ist erfüllt. Periodengewinn eines LKW-Herstellers, wenn er sich an die Vereinbarung hält πLM 1 − (N − 2)(1 − δ) M + πA 2 2 (10.5) Eine Abweichung lohnt sich für den LKW-Hersteller nicht, wenn gilt Wettbewerbstheorie und -politik 10-5 Dr. Florian Englmaier ⎡ ⎤ 1 ⎢⎢ πLM 1 − (N − 2)(1 − δ) M ⎥⎥ + πA ⎦ ⎣ 1−δ 2 2 ⎡ ⎤ 1 ⎢⎢ πLM πAM ⎥⎥ N − 2 M + πA ⎣ ⎦ − 1−δ 2 2 2 1 M πL + πAM 1−δ πLM + πAM 2πLM + N πAM ≥ πLM + πAM ≥ πLM + πAM ≥ 2πLM + N πAM ≥ 1−δ 2πLM + N πAM − πLM − πAM δ ≥ 2πLM + N πAM πLM + (N − 1)πAM = 2πLM + N πAM Beachten Sie • Falls πAM = 0, dann ist δ = 12 . • Falls πLM = 0, dann ist δ = N −1 N . D.h. δ ist um so größer, je größer πAM und je kleiner πLM ist. Wettbewerbstheorie und -politik 10-6 Dr. Florian Englmaier Fazit Wenn Unternehmen auf mehreren Märkten gegeneinander konkurrieren, dann kann das kollusive Potential eines Marktes auf für Kollusion auf anderen Märkten genutzt werden. Das ist aber nur möglich, wenn sich die Märkte unterscheiden, d.h. wenn unterschiedliche Diskontierungsfaktoren zur Stützung der Kollusion nötig sind. Solche Unterschiede in den Diskontierungsfaktoren kann es aus verschiedenen Gründen geben: • Die Zahl der Anbieter auf den einzelnen Märkten ist unterschiedlich (unser Beispiel). • Die Perioden sind unterschiedlich lang, d.h. die Zeitabstände zwischen den Verkäufen auf den einzelnen Märkten). • Potentielle Abweichungen können mit unterschiedlicher Zeitverzögerung beobachtet werden.