Prof. Dr. Robert Schwager Georg-August-Universität Göttingen Volkswirtschaftliches Seminar Mikroökonomik II Wintersemester 2004/05 Mikroökonomik I: Einzelwirtschaftliche Entscheidungen • Entscheidungen einzelner Wirtschaftssubjekte (Haushalte, Unternehmen) • Optimierungsprinzip Mikroökonomik II: Märkte und strategisches Verhalten • Interaktion mehrerer Wirtschaftssubjekte (Anbieter und Nachfrager, zwei Anbieter, ...) • Optimierungsprinzip und Gleichgewichtsprinzip Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 1 C. Wettbewerbsmärkte Mikroökonomische Markttheorie Gegenstand: Die Erklärung von Preisen und gehandelten Mengen auf Märkten. Unterscheidung verschiedener Ansätze ... danach, wie umfassend die Erklärung sein soll: • Gleichgewicht auf einem Markt, Partialmarkttheorie → Kap. 12, 13 • Gleichgewicht auf allen Märkten, Theorie des Allgemeinen Gleichgewichts → Kap. 14 ... nach der Marktform Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 2 Marktformen Marktform Zahl der Anbieter Verhaltensannahme Wettbewerb, „viele“ Konkurrenz, Polypol Jeder Anbieter wählt seine Menge für gegebenen Preis, „Preisnehmerverhalten“ Oligopol, bzw. Dyopol „wenige“, bzw. zwei Jeder Anbieter wählt seine Menge oder seinen Preis für gegebenes Verhalten der anderen Anbieter und unter Berücksichtigung der Nachfragekurve Monopol einer Der Anbieter wählt Menge und Preis unter Berücksichtigung der Nachfragekurve Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 3 12. Wettbewerbsgleichgewicht auf einem einzelnen Markt Endogene Größen: • Menge eines Gutes y • Preis des Gutes p • langfristig: Zahl der Anbieter m Exogene Größen: • Preise aller anderen Güter, insbesondere der Inputs in die Produktion von y • Kostenfunktionen • Einkommen der Konsumenten • kurzfristig: Zahl der Anbieter m • Steuern Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 4 Jeder bietet die für den herrschenden Preis optimale Menge an bzw. fragt die optimale Menge nach. → Optimierungsprinzip Es stellt sich ein Preis ein, bei dem jeder seinen Plan realisieren kann. → Gleichgewichtsprinzip Preisnehmerverhalten Wenn der Marktpreis p ist, ist die Nachfrage nach dem Output des Unternehmens → null, wenn es einen höheren Preis verlangt als p , → unendlich, wenn es einen niedrigeren Preis verlangt als p , → beliebig (zwischen 0 und ∞), wenn es auch p verlangt. Es ist optimal für das Unternehmen, auch p zu verlangen. Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 5 Angebot eines Unternehmens bei vollkommener Konkurrenz Angebotsfunktion und Produktionsfunktion → Kap. 3, Mikroökonomik I Wenn die Kostenfunktion c(y) bekannt ist, kann das optimale Angebot y eines Unternehmens ohne Rückgriff auf die Produktionsfunktion bestimmt werden. Gewinnmaximierung max y p y − c ( y) Notwendige und hinreichende Bedingungen für ein inneres Gewinnmaximum mit y > 0: Preis = Grenzkosten p = c '( y ) c ′′( y ) ≥ 0 p > AVC ( y ) Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 6 y(p) Angebotsfunktion inverse Angebotsfunktion p(y) Diese beiden Funktionen drücken das optimale Verhalten des Unternehmens aus. p(y) ist der Preis, der am Markt herrschen muß, damit das Unternehmen y Einheiten anbietet. MC Preis p( y) kfr. AC p( y) lfr. AVC p0 p1 y0 AVC MC AC y1 y (p0) Output durchschnittliche variable Kosten Grenzkosten = c´(y) (totale) Durchschnittskosten Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 7 Fixkosten variable Kosten FC VC An y0 gilt zwar c '( y0 ) = p0 , aber eine Erhöhung oder Senkung der Menge erhöht den Gewinn, da c′′( y0 ) < 0 . An y1 ist p1 < AVC ( y1 ) ⇔ p1 < VC ( y1 ) y1 ⇔ p1 y1 < VC ( y1 ) Wenn y1 Einheiten produziert werden, deckt der Erlös nicht einmal die variablen Kosten. Wenn die Produktion eingestellt wird, ist der Gewinn p1 ⋅ 0 − VC (0) − FC = − FC. Mit y1 ist der Gewinn p1 y1 − VC ( y1 ) − FC < − FC. Das optimale Angebot ist 0, weil so der Verlust geringer ist. Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 8 Kurzfristig ist das Angebot positiv, wenn der Preis mindestens so groß ist wie das Minimum der variablen Durchschnittskosten. Langfristig müssen die Fixkosten nur dann bezahlt werden, wenn auch produziert wird. Deshalb ist das Angebot langfristig nur positiv, wenn der Preis mindestens so groß ist wie das Minimum der totalen Durchschnittskosten. Die kurzfristige (langfristige) inverse Angebotsfunktion p(y) besteht aus dem über der Kurve der variablen (totalen) Durchschnittskosten verlaufenden Teil der Grenzkostenkurve und der Preis-Achse von 0 bis zum Minimum der variablen (totalen) Durchschnittskosten. Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 9 Angebotsfunktion bei konstanten Skalenerträgen c′( y ) = c ( y) =c y p>c⇒ Eine Erhöhung des Angebots erhöht den Gewinn. p<c⇒ Das optimale Angebot ist 0, da jedes y > 0 zu Verlust führt. p =c⇒ Jedes Angebot y ≥ 0 führt zum selben Gewinn, nämlich 0. p p=c MC = AC y Die inverse Angebotsfunktion ist bei konstanten Skalenerträgen waagerecht. Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 10 Kurzfristiges Marktangebot Angebotsfunktion des Unternehmens i = 1, 2,...,m yi ( p ) m S ( p ) = ∑ yi ( p ) Marktangebotsfunktion i =1 Die Zahl der Unternehmen ist kurzfristig fest vorgegeben. Marktnachfrage Nachfrage des Nachfragers i = 1, ..., n xi ( p ) n D ( p ) = ∑ xi ( p ) Marktnachfragefunktion i =1 Bestimmung der Nachfragefunktionen: Konsumgut → Haushaltstheorie, Kap. 8 Zwischenprodukt → Faktornachfragefunktion, Kap. 3 Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 11 Graphische Bestimmung der Marktangebotskurve durch horizontale Aggregation der Angebotskurven der Unternehmen p p MC1 p MC2 S y1(p0) y2(p0) p0 y1(p1) p1 y1 Unternehmen 1 Menge y2 Unternehmen 2 Markt S Marktangebotskurve Die Marktnachfrage wird ebenso durch horizontale Aggregation der Nachfragekurven der Konsumenten bestimmt. Gleichgewichtspreis p* D (p*) = S(p*) Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 12 Wohlfahrt Auf dem Markt werde die Menge y0 zum Preis p0 gehandelt. Gibt es eine andere Allokation, die gesamtwirtschaftlich vorzuziehen ist? Die gesamtwirtschaftliche „Qualität“ der Allokation wird mit „Wohlfahrt“ bezeichnet. Ein Maß für die Wohlfahrt in diesem Modell ist die Summe aus Konsumenten- und Produzentenrente. Konsumenten- und Produzentenrente Konsumentenrente = aggregierte Differenz zwischen Zahlungsbereitschaft und Preis Produzentenrente = aggregierte Differenz zwischen Preis und Grenzkosten der Anbieter Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 13 p S =ˆ MC KR p0 PR D y y0 variable Kosten PR = Erlös - VC = Gewinn + Fixkosten Die Allokation des Konkurrenzgleichgewichts maximiert die Summe aus KR und PR. Preis S KR+PR D y* Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht Menge 14 Komparative Statik Wie ändern sich der Gleichgewichtspreis und die Gleichgewichtsmenge, wenn sich eine exogene Größe ändert. Beispiele für exogene Größen: • Inputpreise • Einkommen der Konsumenten • Steuersatz Mengensteuer Der Staat erhält t Euro pro Einheit des Gutes, die verkauft wird. Beispiele: Mineralölsteuer, Tabaksteuer Verkäuferpreis, Produzentenpreis Käuferpreis, Konsumentenpreis ps pd pd = ps + t Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 15 Die Verkäufer bezahlen die Steuer. Preis t S pd* ps* D y* Menge y* sinkt pd* steigt ps* sinkt. Die Käufer tragen einen Teil der Steuerlast. Die Steuer wird teilweise auf die Käufer überwälzt. Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 16 Die Käufer bezahlen die Steuer. Preis S pd* ps* t D y* Menge y*, pd* und ps* sind genau so groß wie im Falle der Steuerzahlung durch die Anbieter. Die Überwälzung der Steuer hängt nicht davon ab, wer sie bezahlt. Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 17 Spezialfälle 1) Vollständige Überwälzung auf die Nachfrager b) a) p p D D ps+t ps S S t t y y 2) Vollständige Überwälzung auf die Anbieter b) p a) p S S t D D t y y Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 18 Wohlfahrtswirkung der Mengensteuer p S t pd ps D y1 y0 y Durch Steuer geht die Menge von y0 auf y1 zurück. KR nach Einführung der Steuer PR nach Einführung der Steuer Steueraufkommen Wohlfahrtsverlust Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 19 Das langfristige Wettbewerbsgleichgewicht Unterschiede zwischen kurzfristiger und langfristiger Betrachtung • langfristige statt kurzfristige Kostenfunktion • langfristige statt kurzfristige Angebotsfunktionen der einzelnen Unternehmen • häufig: identische Kostenfunktionen, da Imitation möglich ist • Markteintritt und Marktaustritt Annahme: Es gibt keine Markteintritts- oder Marktaustrittskosten. Optimierungsprinzip Wenn auf dem Markt Gewinne erzielt werden, treten neue Unternehmen ein. Wenn Verluste gemacht werden, treten Unternehmen aus. Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 20 Gleichgewichtsprinzip Die Zahl der Unternehmen ändert sich nicht mehr, wenn kein eintretendes Unternehmen einen Gewinn erzielen könnte und kein im Markt aktives Unternehmen Verluste macht. ⇒ Im langfristigen Gleichgewicht sind die Gewinne 0. ⇒ Im langfristigen Gleichgewicht ist der Preis so groß wie die Durchschnittskosten. Die notwendige Bedingung für ein GewinnMaximum gilt auch langfristig: p = MC. Deshalb gilt p = MC=AC. Im langfristigen Gleichgewicht ist der Preis so groß wie das Minimum der Durchschnittskosten. Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 21 Marktzutritt und langfristiges Wettbewerbsgleichgewicht Preis MC=S1 D S3 S2 ... AC S8 S langfristig p* y* Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht Menge 22 Der Gewinn muß nicht exakt null sein, da die Unternehmensanzahl eine ganze Zahl sein muß. p D Sm Sm+1 min A C y Anwendung: Überwälzung einer Mengensteuer Langfristig tragen die Nachfrager einen größeren Teil der Steuerlast als kurzfristig, weil das Angebot elastischer reagiert. Im typischen Fall (waagerechte langfristige Angebotskurve) tragen die Nachfrager die Steuer langfristig alleine. Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 23 Marktzutrittsschranken Die etablierten Unternehmen wollen Marktzutritt verhindern, um sich Gewinne zu sichern („Renten“). „Rente“ ist eine Zahlung an einen Anbieter, die nicht notwendig ist, um dessen Leistung hervorzubringen. Beispiele • nur beschränkt verfügbare Produktionsfaktoren. Hier ist der Gewinn, der langfristig verbleibt, eine Rente für diesen Faktor. • Absprachen der etablierten Anbieter; Drohungen an potentiell eintretende Unternehmen, z. B. „Preiskrieg“. Problem: Es ist oft nicht im Interesse eines etablierten Unternehmens, sich an die Absprachen zu halten und die Drohung wirklich wahr zu machen. • staatlicher Schutz, z. B. durch Lizenzen, Importquoten, Qualitätsstandards, ... Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 24 Zusammenfassung langfristige • Die kurzfristige inverse Angebotskurve eines Unternehmens ist der über dem Minimum der totalen variablen Durchschnittskosten verlaufende Teil der Grenzkostenkurve. • Die Marktangebotskurve ergibt sich durch horizontale Aggregation der Angebotskurven aller Unternehmen. • Im Wettbewerbsgleichgewicht ist die Summe aus Konsumentenrente und Produzentenrente maximal. • Im langfristigen Marktgleichgewicht sind die Gewinne 0, wenn Marktzutritt und –austritt möglich sind und die beste Technologie imitiert werden kann. Mikroökonomik II: 12 Wettbewerbsgleichgewicht 25