Diplomprüfung "Grundzüge der politischen Ökonomie" (für Wirtschaftsinformatiker) Kurzfassung zusammengestellt von Arno Hütter Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 1 Was versteht man unter Makroökonomik? Die Makroökonomik befaßt sich mit dem Studium der wichtigsten wirtschaftlichen Gesamtgrößen oder Aggregaten. Die Arbeitslosenquote etwa mißt die Anzahl der Wirtschaftssubjekte ohne Arbeit, die sich bemühen, Arbeit zu finden (oder zeitweilig freigesetzt sind) in Relation zu den Beschäftigten zuzüglich den Arbeitslosen. Die Inflationsrate ist der prozentuale Anstieg des durchschnittlichen Preisniveaus der Volkswirtschaft. Die Produktivität ist der durchschnittliche Betrag des Outputs, der pro Beschäftigtem oder pro Stunde produziert wird. Der Zinssatz ist die prozentuale Rate, die von Schuldnern an die Gläubiger gezahlt werden muß. Der ausländische Wechselkurs ist der Betrag an Währung einer anderen Nation, den Bewohner eines Landes für eine Einheit ihres eigenen Geldes erhalten können. Das Bruttosozialprodukt ist der Wert aller laufend produzierten Güter und Dienstleistungen, die auf dem Markt während eines bestimmten Zeitintervalls verkauft aber nicht wiederverkauft werden. Das nominelle Bruttosozialprodukt ist der Wert des Bruttosozialprodukts zu laufenden Preisen. Das reale Bruttosozialprodukt ist der Wert des Bruttosozialprodukts zu konstanten Preisen. Der implizite BSP-Deflator ist der aggregierte Preisindex der Volkswirtschaft und wird als das Verhältnis des nominellen BSPs zum realen BSP definiert. Er gibt damit das durchschnittliche Preisniveau der Volkswirtschaft wieder. Die Inflationsrate ist die Änderungsrate des impliziten BSP-Deflators. Das natürliche reale Bruttosozialprodukt bezeichnet das Niveau des realen BSPs, bei dem die Inflationsrate konstant ist und es keine Tendenz zu ihrer Beschleunigung oder Abschwächung gibt. Die in diesem Zustand herrschende Arbeitslosigkeit wird als die natürliche Arbeitslosenquote bezeichnet. In den Phasen, in denen das tatsächliche reale BSP das natürliche BSP übertrifft, steigt auch die Inflationsrate und die Arbeitslosenquote sinkt ab, liegt das tatsächliche reale BSP unter dem natürlichen BSP, ist das Gegenteil der Fall. Weder das natürliche Niveau des Outputs noch jenes der Arbeitslosigkeit sind optimal oder gar unveränderlich. Der nominelle Zinssatz ist der Marktzins, der tatsächlich von Finanzinstitutionen berechnet und von Wertpapierhaltern verdient wird. Der Realzins ist gleich dem nominellen Zinssatz minus der Inflationsrate. Die Geldpolitik versucht jene Werte, die für die Gesellschaft von Wichtigkeit sind, zu beeinflussen, indem das Geldangebot oder die Zinssätze oder beides Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 2 variiert werden. Die Fiskalpolitik kann auf die Zielvariablen durch Änderungen der Staatsausgaben und der Steuersätze einwirken. Durch eine Erhöhung der Staatsausgaben kann der Output und damit die Beschäftigung gesteigert werden. Die Fiskalpolitik kann auch die privaten Ausgaben durch eine Kürzung der Steuersätze stimulieren, wodurch wiederum Produktion und Output angeregt werden. Ein geldpolitischer Stimulus der Beschäftigung reduziert die Zinssätze und erhöht dadurch die Aktienkurse und veranlaßt die Geldinstitute, bereitwilliger Kredite zu gewähren. Höhere Zinssätze hingegen bewirken eine Stärkung des Wechselkurses. Die dadurch bedingten niedrigeren Importpreise drücken auch die Preise inländischer Güter und senken die Inflation. Man spricht von einer Stagflation, wenn Arbeitslosigkeit und Inflation übermäßig sind. Die Messung des Einkommens und der Preise Konsumausgaben sind die Käufe von Gütern und Dienstleistungen durch Haushalte für ihre Eigenverwendung. Die persönliche Ersparnis ist der Teil des persönlichen Einkommens, der weder konsumiert noch als Steuern gezahlt wird. Eine Volkswirtschaft, die nur einen kleinen Teil ihres Einkommens konsumiert, hat einen größeren Anteil für Ersparnisse und Investitionen übrig. Investitionen sind der Anteil des BSPs, der dem Bestand der einkommenserzielenden Anlagen einer Nation hinzugefügt wird oder alte, verschlissene Anlagen ersetzt. Sie existieren in Form von Lagerinvestitionen und von Anlageinvestitionen, und leisten einen positiven Beitrag für das natürliche reale BSP eines Landes in den darauffolgenden Jahren. Das BSP beinhaltet alle laufend produzierten Güter und Dienstleistungen, die durch den Markt verkauft werden. Dies schließt Transferzahlungen aus, das sind Zahlungen, für die keine Güter oder Dienstleistungen als Gegenstück produziert werden. Auch Zwischenprodukte sind vom BSP ausgeschlossen. Nettoexporte oder Nettoauslandsinvestitionen sind gleich den Exporten minus den Importen. Eine Aufwertung ist ein Anstieg im Wert der Währung eines Landes relativ zur Währung eines anderen Landes. Daraus erzielen inländische Konsumenten Vorteile, während Produzenten, die mit Importgütern in Konkurrenz stehen und Exporteure die Verlierer sind. Die Nettoexporte fallen in so einem Fall geringer aus. Das staatliche Budgetdefizit ist der Überschuß der Staatsausgaben für Güter und Dienstleistungen über die Nettosteuereinnahmen. Das staatliche Budgetdefizit bzw. der Budgetüberschuß gleichen die Erfordernisse des Kapitalmarkts und des Staatssektors aus. Abflüsse beschreiben den Anteil des Gesamtvermögens, der in Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 3 Form von Steuern oder Ersparnissen abfließt und nicht in den Kauf von Konsumgütern geht. Zuflüsse sind nicht konsumtive Ausgaben. Sobald der Staat einen Überschuß fährt, muß die private Wirtschaft sich anpassen, indem die Investitionen die Ersparnisse übersteigen. Hohe Staatsausgaben hingegen bedingen entsprechend niedrigere Investitionen. Das Nettosozialprodukt ist gleich dem Bruttosozialprodukt minus dem Kapitalverschleiß. Allgemein schließen Bruttogrößen Kapitalverschleißposten mit ein, während Nettogrößen diese ausgrenzen. Das Volkseinkommen oder Nettosozialprodukt zu Faktorkosten ist gleich dem Nettosozialprodukt minus indirekter Steuern, das sind Steuern auf die Verkäufe von Unternehmen. Das persönliche Einkommen ergibt sich aus dem Volkseinkommen abzüglich Sozialversicherungsbeiträge und nichtverteilter Gewinne zuzüglich staatlicher Transfer- und Zinszahlungen. Das persönliche verfügbare Einkommen ist gleich dem persönlichen Einkommen minus persönlicher Steuern. Der Wirtschaftskreislauf Eine nachvollziehbare Durchdringung der komplexen arbeitsteiligen Beziehungen innerhalb moderner Volkswirtschaften erfordert den Verzicht auf die Berücksichtigung aller Details. Wirtschaftssubjekte, die gleichartige Verhaltensweisen erkennen lassen, werden zu Sektoren zusammengefaßt. Für die jeweils entstandenen Gruppen werden vier wirtschaftliche Aktivitäten unterschieden: • • • • Produktion und Einkommenserzielung Einkommensverwendung Vermögensbildung Kreditaufnahme und -gewährung Im weiteren Verlauf werden folgende Wirtschaftssubjekte differenziert: • • • • • Haushalte Unternehmen Staat Private Organisationen Ausland Das Produktionskonto der Unternehmen beinhaltet auf der linken Seite die Faktoreinsätze (Löhne, Abschreibungen, indirekte Steuern minus Subventionen, Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 4 Vorleistungen, Zinsen, etc. und Gewinne als Salden) und auf der rechten Seite das Produktionsergebnis nach Güterkategorien (Konsumgüter und Investitionsgüter). Auch der Staat hat ein Produktionskonto, das auf der rechten Seite den Staatskonsum und Verkäufe von Verwaltungsleistungen enthält, ansonsten aber dem der Unternehmen gleicht, so wie das der privaten Organisationen. Da diese ihren Output jedoch nicht kostenbezogen, sondern in der Regel unentgeltlich zur Verfügung stellen, wird dieser mit Faktorkosten bewertet. Ein Gewinn oder Verlust kann somit nicht aufscheinen. Das Produktionskonto der Haushalte berücksichtigt im Soll nur die Löhne und Gehälter an Hausangestellte, im Haben die häuslichen Dienste (Eigenverbrauch der Haushalte). Einkommen entsteht durch den Einsatz von Produktionsfaktoren in der Produktion. Der Bruttoproduktionswert enthält auch noch Vorleistungen als Doppelzählungen. Nach deren Abzug enthält man den Nettoproduktionswert oder das Bruttoeinkommen. Das Nettoeinkommen ist gleich dem Bruttoeinkommen minus der Abschreibungen. In den Einkommenskonten kann links die Verwendung des Einkommens abgelesen werden, rechts die Einkommensentstehung. Beispielsweise steht bei den Haushalten im Soll der Konsum und die Ersparnisse, im Haben das Faktoreinkommen aus Arbeit, Unternehmenstätigkeit und Vermögen. Weiters sind links noch Steuern, und rechts Transfereinkommen zu berücksichtigen. Auch Unternehmen erzielen Einkommen in Form von unverteilten Gewinnen, die für direkte Steuern aufgewendet oder gespart werden. Der Staat bezieht sein Einkommen aus direkten und indirekten Steuern, empfangenen Übertragungen sowie seinem Faktoreinkommen und verwendet es für Umverteilungen, Zinsen, Ersparnisse und seinen Produktionswert, das sind unentgeltlich abgegebene Staatsleistungen aber auch Verwaltungsleistungen gegen spezielle Entgelte. Private Organisationen haben kein Einkommenskonto, da sie keine Gewinne oder Verluste erzielen. In dieser Kreislaufanalyse beschränkt sich das Vermögen auf Sachgüter und Forderungen. Die Differenz zwischen Bruttovermögen und Verbindlichkeiten wird als Reinvermögen bezeichnet. Die Nettoposition ist die Differenz zwischen Forderungen und Verbindlichkeiten. In den Vermögensänderungskonten wird links die Bildung des Produktivvermögens, rechts die Finanzierung dargestellt. Bei den Unternehmen sind das links die Bruttoanlageinvestitionen, Vorratsänderungen und eventuelle Finanzierungsüberschüsse, und rechts Abschreibungen, Ersparnisse und Finanzierungsdefizite. Beim staatlichen Vermögensänderungskonto ist grundsätzlich der selbe Aufbau gegeben, nur daß es keine Vorratsänderungen gibt. Bei den Haushalten steht im Soll ein Finanzierungsüberschuß und im Haben die Ersparnis. Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 5 In einer modellhaften Volkswirtschaft ohne Staat und Außenhandel ist die gesamtwirtschaftliche Ersparnis gleich den Nettoinvestitionen, welche die Änderungen des Produktionsapparats (Produktionsmittel, Lagerbestände) widerspiegeln. Da Ersparnis und Investitionen in ihrer Planung in der Regel nicht übereinstimmen werden, kommt es erst ex-post zu einem Ausgleich dieser Werte, entweder durch ungeplanten Lagerauf- bzw. abbau, ungeplante Ersparnisse oder die Durchsetzung von Preisänderungen. Das Auslandskonto erfaßt sämtliche außenwirtschaftliche Beziehungen und enthält Käufe, geleistete Einkommen, geleistete Übertragungen und Veränderungen der Forderungen des Auslands im Soll bzw. des Inlands im Haben. Die Gegenbuchungen von Finanzierungsüberschüssen/-defiziten erfolgen auf dem nationalen Vermögensänderungskonto, ebenso wie Ersparnisse, Abschreibungen und - auf der Sollseite - Bruttoinvestitionen. Das Bruttoinlandsprodukt ist die durch den Einsatz in- und ausländischer Produktionsfaktoren im Inland erstellte Produktion. Das Bruttosozialprodukt wird von Inländern durch den Einsatz ihrer Produktionsfakoren in In- und Ausland erzielt. Die einfache Keynesianische Theorie der Einkommensbestimmung Definitionsgemäß wird das verfügbare Einkommen der Haushalte zwischen Konsumausgaben und Ersparnissen aufgeteilt. Das Sparen ist negativ, wenn die Konsumenten ihre Sparkonten vermindern müssen, damit sie Konsumgüter kaufen können, die sie nicht mehr mit ihrem verfügbaren Einkommen erwerben könnten. Ein Gleichgewicht kann nur dann eintreten, wenn die induzierten Ersparnisse gleich den geplanten autonomen Ausgaben sind. Der durch eine Erhöhung der Staatsausgaben induzierte Einkommensanstieg wird teilweise gespart. Da die autonomen Investitionen unverändert bleiben, finanzieren diese Ersparnisse das entstandene staatliche Budgetdefizit. Der Effekt einer Steuersenkung im gleichen Ausmaß ist ein anderer, da nur ein Teil dieser Steuerersparnisse konsumiert wird. Eine Volkswirtschaft befindet sich im Gleichgewicht, wenn das Einkommen gleich den geplanten Ausgaben ist. Die marginale Abflußrate ist der Anteil des Einkommens, der besteuert oder gespart und nicht für den Konsum verausgabt wird. Automatische Stabilisierung ist der Effekt der Einkommensteuer, der den Multiplikatoreffekt einer Veränderung der geplanten autonomen Ausgaben vermindert. Die Einkommensteuer verringert damit den Multiplikator. Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 6 Ein Anstieg der geplanten autonomen Ausgaben erhöht das Einkommen über den ursprünglichen Anstoß hinaus. Es muß nämlich so lange ansteigen, bis hinreichend viel zusätzliche Ersparnisse induziert wurden, um den Zufluß der geplanten autonomen Ausgaben auszugleichen. Die Ausgaben, der Zinssatz und das Geld Die Zinssätze bewerkstelligen die Allokation der Ersparnisse auf alternative Verwendungen. Ein Budgetdefizit verursacht in der Regel höhere Zinsen, da die Geldnachfrage des Staates (durch den Verkauf von Wertpapieren) zu jener der privaten Investoren hinzukommt. Der Zinssatz beeinflußt das Niveau der unternehmerischen Investitionen und des Konsums der Haushalte. Mit steigenden Ausgaben sinken die Ertragsraten. Investitionen werden nur dann getätigt, wenn ihre Ertragsraten die Zinssätze übersteigen. Höhere Erwartungen der Unternehmen und Konsumenten bezüglich der Ertragsraten verschieben die Ertragslinie und damit den Schnittpunkt mit der Zinsgeraden nach rechts, steigern also die geplanten autonomen Ausgaben, genauso wie eine Senkung des Zinssatzes. Die IS-Kurve ist eine Kurve, die Kombinationen des Einkommens und das Zinssatzes identifiziert, zu denen der Gütermarkt im Gleichgewicht ist. Der horizontale Achsenabschnitt der IS-Kurve ist gleich dem Multiplikator mal dem Betrag der geplanten autonomen Ausgaben, der bei einem Zinssatz von Null getätigt würde. Jeder Faktor, der die autonomen Ausgaben oder den Multiplikator verändert, wird die IS-Kurve verschieben. Auch ein Anstieg des Optimismus in der Konsum- und Geschäftswelt wie ein Anstieg der Staatsausgaben erhöhen die autonomen Ausgaben und verschieben die IS-Kurve um den k-fachen Betrag nach rechts. Die Steigung der IS-Kurve hängt vom Multiplikator und von der Zinsempfindlichkeit der Ausgaben ab. Je größer einer dieser Werte ist, desto flacher verläuft die IS-Kurve. In der gesamten Fläche unterhalb der IS-Kurve herrscht eine Überschußnachfrage nach Gütern, darüber ist ein Überschußangebot gegeben. Ein gewisser Teil an Geldhaltung ist immer nötig, um Transaktionen zu erleichtern. Steigt das Realeinkommen, werden die Wirtschaftssubjekte reicher und benötigen größere Barbeträge. Bei höheren Zinssätzen gehen die Wirtschaftssubjekte eher die Unbequemlichkeit ein, ihre Geldhaltung zu kürzen. Fällt der reale Output, so halten die Wirtschaftssubjekte weniger Geld bei jedem gegebenen Zinssatz. Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 7 Die Kurve, welche die Kombinationen des Einkommens und des Zinssatzes, zu denen der Geldmarkt im Gleichgewicht ist, identifiziert, heißt LM-Kurve. Bei niedrigerem Einkommen ist auch die Geldnachfrage geringer und kann nur dann dem festen Geldangebot entsprechend, wenn ein niedrigerer Zinssatz herrscht. Unterhalb der LM-Kurve übersteigt die Geldnachfrage das verfügbare Angebot. Darüber ist hingegen ein Überschußangebot an Geld vorhanden. Punkte im Ungleichgewicht können durch eine Änderung des Zinssatzes, des Einkommens oder des Preisniveaus ins Gleichgewicht gebracht werden. Das Verhältnis des Realeinkommens zu den realen Kassensalden heißt Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. Je höher der Zinssatz ist, desto höher wird die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes sein. Eine Änderung des Geldangebots oder des Preisniveaus verschiebt die LM-Kurve horizontal. Je größer die Zinsempfindlichkeit der Geldnachfrage ist, desto flacher verläuft die LM-Kurve. Das allgemeine Gleichgewicht der Volkswirtschaft befindet sich im Schnittpunkt der IS- und der LM-Kurve. Anpassungen zur Erreichung des Gleichgewichts erfolgen durch Änderungen des Outputs oder des Zinssatzes. Bei einer Steigerung des Geldangebots werden die Wirtschaftssubjekte mit mehr Geld ausgestattet. Einen Teil davon verwenden sie für den Kauf von Wertpapieren, wodurch der Zinssatz sinkt, der Konsum und die Investitionen hingegen ansteigen, was wiederum die Produktion erhöht. Wenn die Geldnachfrage unabhängig vom Zinssatz ist, verläuft die LM-Kurve vertikal und ein Anstieg des Geldangebots hat wirkungsvollen Effekt auf das Realeinkommen. Wenn die IS-Kurve vertikal verläuft, was bei einer Zinsempfindlichkeit der autonomen Ausgaben gleich Null der Fall ist, hat eine Änderung des Geldangebots keinen Einfluß auf das reale BSP. Dagegen ist eine Liquiditätsfalle dann gegeben, wenn die LM-Kurve horizontal ist; hier ändert eine expansive Geldpolitik weder den Zinssatz noch das Einkommen. Die Zentralbank ist in beiden Fällen machtlos. Das Staatsbudget, der Wechselkurs und das IS-LM-Modell Im Gegensatz zur Zinssenkung im Falle einer Geldexpansion, steigt der Zinssatz bei einer fiskalpolitischen Expansion, wodurch inländische Investitionen und Nettoexporte verdrängt werden. Unter "Crowding Out" versteht man unter anderem auch, daß höhere Zinssätze den ausländischen Wechselkurs erhöhen. Neben Kriegen sind Rezessionen die wichtigsten Ursachen für staatliche Budgetdefizite. Das konjunkturelle Defizit ist der Betrag, um den das momentane staatliche Budgetdefizit das strukturelle (=natürliche) Defizit übersteigt, wel- Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 8 ches wiederum definiert ist als das Defizit, das entstehen würde, wenn sich die Ökonomie auf dem natürlichen realen BSP-Niveau befinden würde. Das natürliche Beschäftigungsdefizit ist demnach die Differenz zwischen den Staatsausgaben und einer hypothetischen Zahl, die für Staatseinnahmen berechnet wird, und zwar indem der Steuersatz mit dem natürlichen realen BSP multipliziert wird. Der Effekt einer expansiven Fiskalpolitik wird nicht durch den ursprünglichen Multiplikator wiedergegeben, da eine Erhöhung des Einkommens bei gleichbleibendem Geldangebot zu höheren Zinsen führt, was die geplanten Konsum- und Investitionsausgaben reduziert. Man spricht dabei auch vom Verdrängungseffekt, der dann vollständig ist, wenn die LM-Kurve vertikal verläuft. Die Fiskalpolitik hat dann starke Effekte, wenn die Geldnachfrage sehr zinsabhängig ist. Das natürliche BSP läßt sich entweder zu einem hohen Zinssatz bei knapper Geld- und lockerer Fiskalpolitik, oder zu einem niedrigen Zinssatz bei lockerer Geld- und knapper Fiskalpolitik erreichen. Demnach steigt entweder das Niveau der öffentlichen Dienstleistungen, oder das Produktivitätswachstum durch erhöhte Investitionen. Ein internationaler Verdrängungseffekt kann entstehen, wenn die Volkswirtschaft offen und in ein System flexibler Wechselkurse integriert ist. Eine Inflation bewirkt tendenziell eine Anhebung der Exportpreise und macht deshalb auch Importe aus dem Ausland attraktiver. Dann fragen Ausländer inländische Währung nach, um inländische Wertpapiere aufgrund der hier herrschenden höheren Zinsen zu kaufen, was den Wechselkurs des Dollars nach oben treibt. In einer offenen Volkswirtschaft verläuft die IS-Kurve flacher als in einem geschlossenen System, weil dann nicht nur die autonomen Ausgaben sondern auch die Nettoexporte auf Zinssatzänderungen reagieren. Das IS-LM-Modell und die aggregierten Nachfrage- und Angebotskurven Die aggregierte Nachfragekurve zeigt verschiedene Kombinationen des Preisniveaus und des realen Outputs, zu denen der Geld- und der Gütermarkt im Gleichgewicht sind. Sie verläuft negativ geneigt, da bei einem Anstieg der Preise das Realeinkommen tendenziell fällt. Die aggregierte Angebotskurve zeigt den Outputbetrag, den die Unternehmungen zu unterschiedlichen Preisen zu produzieren gewillt sind. Ein Gleichgewicht ist im Schnittpunkt der beiden Kurven gegeben. Die Nachfragekurve läßt sich aus den verschiedenen Positionen der LM-Kurve bei unterschiedlichen Preisniveaus und deren Schnittpunkt mit der IS-Kurve her- Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 9 leiten. Ein niedrigerer Preisindex erhöht das reale Geldangebot, senkt den Zinssatz und stimuliert autonome Ausgaben, die wiederum das BSP ansteigen lassen. Die aggregierte Nachfragekurve verläuft umso flacher, je flacher die IS-Kurve und je steiler die LM-Kurve geneigt sind. Eine Änderung des Geldangebots verschiebt die Nachfragekurve vertikal, eine Änderung der autonomen Ausgaben hingegen horizontal. Der Effekt einer Verschiebung der Nachfragekurve hängt auch von der Lage der aggregierten Angebotskurve ab. Verläuft die Angebotskurve horizontal, so ändert sich das Realeinkommen aber nicht das Preisniveau, verläuft sie vertikal, steigen oder sinken die Preise, aber das Realeinkommen bleibt gleich. Im Normalfall wird die Angebotskurve aber positiv geneigt sein, sodaß zumindest kurzfristig sowohl die Preise als auch der Output ansteigen. Das Grenzprodukt der Arbeit ist jener zusätzliche Output, den eine Unternehmung durch Hinzunahme einer Einheit an Arbeitsinput produzieren kann. Bei zusätzlichem Arbeitsinput durch die Einstellung von Arbeitskräften nimmt dieses Grenzprodukt zusehends ab. Die Unternehmen sind nur bis zu dem Punkt, in dem der Preis eines Produkts gleich seinen Grenzkosten ist, zu produzieren gewillt. Die Grenzkosten verändern sich invers zum Grenzprodukt. Da eine Maximierung des Gewinnes angestrebt wird, werden also so lange Arbeiter eingestellt, bis der erzielbare Preis gleich den Grenzkosten ist. Da sowohl der nominelle Lohnsatz als auch das Preisniveau durch den Markt vorgegeben sind, hat das einzelne Unternehmen nur eine Wahlmöglichkeit, nämlich wie viele Arbeiter es beschäftigen will. Die Arbeitsnachfragekurve zeigt alle Kombinationen von Reallohn und Beschäftigungsgrad. Sie hat eine negative Steigung, da die Arbeitsnachfrage bei niedrigerem Reallohn wachsen wird. Die Arbeitsnachfragekurve verschiebt sich nach oben, wenn es einen Anstieg des Grenzprodukts der Arbeit gibt; ihre Lage hängt demnach von der Steigung der Produktionsfunktion ab. Die Produktionsfunktion zeigt die Beziehung zwischen Beschäftigung und realem BSP und ist positiv geneigt, da eine höhere Beschäftigungsquote ein - wenngleich auch nicht im selben Ausmaß - ansteigendes BSP bewirkt. Die aggregierte Angebotskurve läßt sich aus der Arbeitsnachfragekurve und der Produktionsfunktion ableiten. Sie wird jeweils für einen gegebenen NominalLohnsatz gezeichnet (Achtung: Der nominelle Lohnsatz ist fix vorgegeben, aber der Reallohn kann sich durch verschiedene Preisniveaus verändern) und zeigt den gewinnmaximalen Output für verschiedene Preisindizes. Sie verläuft deshalb positiv geneigt, weil ein höheres Preisniveau den Reallohn reduziert und einen Anstieg der Produktion gewinnträchtiger macht. Die aggregierte Angebotskurve verläuft umso steiler, je stärker das Grenzprodukt der Arbeit bei zusätzlicher Beschäftigung sinkt. Eine Erhöhung des nominellen Lohnsatzes verschiebt die An- Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 10 gebotskurve nach oben, eine Steigerung der Produktivität (durch neue Entwicklungen, sinkende Rohstoffpreise, etc) nach rechts. Der gleichgewichtige Reallohn ist der reale Lohnsatz, zu dem sich die Arbeitsangebots- und die Arbeitsnachfragekurve schneiden, sodaß es keinen Druck zu einer Veränderung gibt. Erhöhen sich etwa die Preise, so sinkt der Reallohn und die Volkswirtschaft bewegt sich entlang der negativ geneigten Arbeitsnachfragekurve zu einem Punkt, in dem der Reallohn niedriger und die Beschäftigung höher ist als zuvor. Hier ist jedoch ein Ungleichgewicht gegeben, da die Arbeiter dann Reallohnerhöhungen fordern werden. Werden diese Erhöhungen schließlich eingeräumt, steigt der Reallohn wieder und die Volkswirtschaft bewegt sich zurück auf ihren Ausgangspunkt. Bei einer fiskalpolitischen Expansion erhöht sich der Output und die aggregierte Nachfragekurve bewegt sich entsprechend nach oben. Es steigen aber auch die Grenzkosten der zusätzlichen Produktion an und der Output kann sich nicht um den vollständigen Multiplikator steigern, da durch den Anstieg der Preise das reale Geldangebot gesunken ist. An dieser Stelle sind zwar die Unternehmen zufrieden, nicht aber die Arbeiter, deren Reallohn gesunken ist. Sie drängen auf eine Erhöhung des nominellen Lohnsatzes, was die Angebotskurve aufgrund der gestiegenen Grenzkosten nach oben verschiebt. Dadurch wird der Output zwar reduziert, aber die Preise steigen abermals, sodaß die Arbeiter wiederum Lohnerhöhungen fordern, usw. Nur wenn das natürliche Niveau des realen BSPs erreicht ist, gibt es keinen Druck auf die Reallöhne. Wenn sich die aggregierte Nachfragekurve und die aggregierte Angebotskurve schneiden, kann nur kurzfristig ein Gleichgewicht eintreten. Ein langfristiges Gleichgewicht ist aber nur dann gegeben, wenn der tatsächliche Reallohn gleich dem gleichgewichtigen Reallohn ist, und es keinen Druck mehr bezüglich Reallohnveränderungen gibt, also wenn sich die aggregierte Angebotskurve, die aggregierte Nachfragekurve und die Kurve des natürlichen realen BSPs in einem Punkt schneiden. Die Keynesianische Revolution und die neue klassische Makroökonomik Der Keynesianische Ansatz betont eine aktivistische Fiskalpolitik als Notwendigkeit, um den Konjunkturzyklus zu stabilisieren, während die neue klassische Makroökonomik die Politik ganz allgemein als uneffektiv einschätzt. Die klassischen Ökonomen vor Keynes nahmen an, daß Zyklen der aggregierten Nachfrage hauptsächlich das Preisniveau und nicht den realen Output beeinflussen würden. Der reale Output würde von Schwankungen durch die selbstkorrigie- Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 11 renden Kräfte der Preisflexibilität der Volkswirtschaft geschützt. Die hohe Arbeitslosigkeit während der großen Depression der Dreißiger Jahre konnten sie damit allerdings nicht erklären. Keynes teilte die wirtschaftlichen Probleme dieser Zeit in zwei Kategorien ein, nämlich in die monetäre Impotenz, die bei einer vertikalen IS-Kurve gegeben ist wodurch das reale BSP nicht auf einen Anstieg des Geldangebots reagiert, und rigide Löhne, die entstehen wenn der nominelle Lohnsatz nicht variabel genug ist, um ein Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt aufrechtzuerhalten. Eine vertikale IS-Kurve oder eine horizontale LM-Kurve (=Liquiditätsfalle) implizieren eine vertikale aggregierte Nachfragekurve und damit Deflationsimpotenz, weil damit ein Preisrückgang keinerlei stabilisierende Wirkung mehr auf eine Rezession oder Depression hat. Keynes glaubte an die Fiskalpolitik als Anti-Depressionswerkzeug, da ein Anstieg der autonomen Ausgaben die IS-Kurve um den gewünschten Betrag nach rechts verschieben könnte, egal ob eine horizontale LMKurve oder eine vertikale IS-Kurve gegeben wären. Pigou entgegnete, daß sinkende Preise das Vermögen und die Ausgaben erhöhen und dies alleine eine negativ verlaufende aggregierte Nachfragekurve garantieren würde, und damit keine fiskalpolitische Expansion nötig wäre, sondern eine Erhöhung des realen Geldangebots genügen würde. Erwartungs- und Umverteilungseffekte bei sinkenden Preisen entstehen, wenn Konsumenten noch niedrigere Preise für die Zukunft erwarten oder wenn das Einkommen von den Schuldnern zu den Sparern (die traditionell weniger ausgeben) verteilt wird, und senken damit die Nachfrage, was die stimulierenden Keynes- und Pigoueffekte zunichte machen kann. Keynes glaubte auch an starre Nominallöhne, welche die Preise hindern würden, sich hinreichend schnell anzupassen und das BSP auf sein natürliches Niveau zurückzubringen. Friedmans Täuschungsmodell besagt, daß die Arbeiter über das tatsächliche Preisniveau getäuscht werden und somit trotzdem zusätzlichen Arbeitsinput zur Verfügung stellen. Robert Lucas entwickelte das neue klassische Modell, das den Friedmannschen Annahmen der stetigen Markträumung und der unvollständigen Information die rationalen Erwartungen der Arbeitnehmer hinzufügte. Die Konjunkturzyklen im realen Output werden Erwartungsfehlern zugeschrieben. Die Politik-Ineffektivitätsproposition des neuen klassischen Modells behauptet, daß prognostizierbare Veränderungen der Geldpolitik den realen Output nicht beeinflussen können. Der monetäre Stimulus verschiebt zunächst die aggregierte Nachfragekurve nach rechts, doch wenn die Bevölkerung von der monetären Expansion informiert ist oder den Anstieg des Preises wahrnimmt, wird sich die aggregierte Angebotskurve schrittweise mitbewegen. Die Schwächen dieser Theorie liegen wiederum darin, daß demnach Konjunkturzyklen eliminiert würden, wenn Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 12 nur genaue Informationen über das Preisniveau vorliegen, und diese sind in der heutigen Praxis schon in kürzester Zeit verfügbar. Arbeitslosigkeit und Inflation: Kosten und politische Möglichkeiten Friktionelle Arbeitslosigkeit tritt im Rahmen der Arbeitsplatzsuche auf, wenn Individuen ihren Arbeitsplatz freiwillig aufgeben, erstmalig eine Arbeit suchen oder nach einer Unterbrechung ins Arbeitskräftepotential zurückkehren. Strukturelle Arbeitslosigkeit existiert dann, wenn es ein Ungleichgewicht zwischen den Qualifikationsanforderungen oder den örtlichen Gegebenheiten freier Stellen und den vorhandenen Qualifikationen oder der örtlichen Verfügbarkeit von arbeitslosen Individuen gibt. Zusammen ergeben sie die natürliche Rate der Arbeitslosigkeit, die mit einer konstanten Inflationsrate kompatibel und damit bei einem natürlichen Outputniveau gegeben ist, aber nicht als unveränderlich oder gar wünschenswert angesehen werden sollte. Die konjunkturelle Arbeitslosigkeit ist die Differenz zwischen der tatsächlichen Unterbeschäftigung und der natürlichen Rate der Arbeitslosigkeit. Das Okunsche Gesetz besagt, daß es zwischen der Outputgröße und der Differenz zwischen der tatsächlichen und der natürlichen Rate der Arbeitslosigkeit eine negative Beziehung gibt. Das Maß der Arbeitslosenquote hat einige Schwächen, etwa deshalb weil die durch den Verlust eines Arbeitsplatzes eigentlich entstandene soziale Last nicht gemessen werden kann. Das Arbeitslosigkeitskonzept läßt auch Personen außer acht, denen in Folge einer Rezession Arbeitsstunden gekürzt wurden, sodaß sie nur mehr Teilzeitarbeit verrichten. Außerdem verschwinden die sogenannten "entmutigten Arbeitnehmer" definitionsgemäß völlig aus dem Arbeitskräftepotential, da sie nicht mehr bestimmte Bemühungen unternehmen, um einen Arbeitsplatz zu finden. In einer realen Ökonomie mit ihren zahlreichen separaten Arbeitsmärkten koexistieren freie Stellen und Arbeitslosigkeit nebeneinander, was durch die fehlende Qualifikation der verfügbaren Arbeitskräfte verursacht wird, da die Kosten für die erforderliche Ausbildung, die Fahrtkosten zu neugeschaffenen Arbeitsplätzen oder sogar die mit der Arbeitsplatzsuche verbundenen Informationskosten zu hoch sind. In einer Situation mit geringer Arbeitslosigkeit und vielen freien Stellen, die durch ein starkes Wachstum der Nachfrage aufrechterhalten wird, beschleunigt sich die Inflationsrate tendenziell, weil die Firmen mit Lohnerhöhungen versuchen werden, Arbeiter von anderen Firmen abzuwerben. Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 13 Die Hindernisse, die zwischen freien Arbeitsplätzen und strukturell arbeitslosen Individuen stehen, sind sehr ernst zu nehmen und können nur durch erhebliche Investitionen in Ausbildung und Mobilität beseitigt werden. Friktionelle Arbeitslosigkeit hingegen ist nicht ganz so gravierend, weil oft nur vorübergehend Kosten im Zusammenhang mit der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz anfallen. Eine gewisse Höhe an friktioneller Arbeitslosigkeit erfüllt sogar eine wichtige Funktion, da den Individuen die Möglichkeit gegeben wird, den Arbeitsmarkt zu erforschen, ohne dem Zwang ausgesetzt zu sein, das erstbeste Angebot mit möglicherweise geringer Bezahlung und unattraktiven Arbeitsbedingungen annehmen zu müssen. Wie das Okunsche Gesetz zeigt, reagiert der Output prozentual stärker als die etwa durch eine Rezession entstandene höhere konjunkturelle Arbeitslosenquote. Dieser Umstand wird durch eine Reihe von Folgekosten höherer Arbeitslosigkeit hervorgerufen, zum Beispiel weil ein Teil der Beschäftigten entmutigt wird und völlig aus dem Arbeitskräftepotential herausfällt, weil die Überstunden und damit die Löhne sinken, weil die Unternehmensgewinne dramatisch fallen, wenn Firmen Beschäftigte, die eigentlich nicht mehr gebraucht werden, nicht entlassen und weil der Staat auf einen erheblichen Teil seines Steuereinkommens verzichten muß. Dazu kommen die Humankosten der Rezession, durch gesundheitliche Probleme, Kriminalität und sogar Selbstmord. Dies alles spricht für eine staatliche Stabilisierungspolitik in Richtung einer natürlichen Rate der Arbeitslosigkeit, anstelle eine radikalen Antiinflationspolitik. Die Inflation spielt in erster Linie für die Eigentümer von Finanzanlagen eine wichtige Rolle. Besonders hart werden aber auch die Ersparnisse und Rentenansprüche derjeniger getroffen, die sich im Ruhestand befinden oder in Kürze in der Ruhestand treten wollen. Der Nominalzinssatz ist der Marktzinssatz, der von den Geldinstituten verrechnet wird, und den die Wertpapierbesitzer tatsächlich erhalten. Der erwartete reale Zinssatz entspricht dem Nominalzinssatz abzüglich der erwarteten Inflationsrate. Der tatsächliche Realzinssatz entspricht dem Nominalzinssatz minus der tatsächlichen Inflationsrate. Eine nicht antizipierte Inflation bewegt Einkommen von den Gläubigern (Sparern) zu den Schuldnern. Die Gewinner sind also diejenigen, die hohe Schulden, aber keine finanziellen, sondern lediglich physische Anlagen haben, deren Preise mit der Inflation steigen. Der wichtigste Umverteilungseffekt einer unerwarteten Inflation besteht demnach darin, daß Realvermögen von den Reichen zu den Angehörigen des Mittelstandes transferiert wird. Umgekehrt verlagert sich Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 14 bei einer nicht antizipierten Deflation ein Teil des Realvermögens vom Mittelstand zu den Reichen. Der Grund, warum auch eine vollständig antizipierte Inflation zu gesellschaftlichen Wohlfahrtsverlusten führt, besteht unter anderem darin, daß die Leute Geld nicht um des Geldes willen, sondern aufgrund seiner Bequemlichkeitsvorteile nachfragen. Die Inflation führt dazu, daß die Leute weniger Geld nachfragen und daher in stärkerem Maße Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen müssen - wie zum Beispiel das vermehrte Aufsuchen von Banken zwecks Sparkonto-Abhebungen oder Wertpapierverkäufen. Dadurch entstehen die sogenannten "Schuhlederkosten" der Inflation, die allerdings (mit Ausnahme einer Hyperinflation) deutlich geringer sind als die Kosten einer Rezession zwecks Inflationseliminierung. Die Geldmengensteuerung der Zentralbank und ihre Grenzen Unter dem Zentralbankgeld versteht man die Summe aus dem Bargeld, die von den privaten Individuen (nicht den Banken) gehalten wird und den Bankreserven. Eine Erhöhung des Zentralbankgeldbestandes hat eine multiplikative Wirkung, weil ein Teil als Mindestreserve gehalten werden muß, der Rest jedoch verliehen werden kann und in Form von zusätzlichen Einlagen wieder zurückfließt, usw. Der Geldschöpfungsmultiplikatorprozeß endet erst, wenn der Gesamtwert der Gelder, die den Mindestreserven zufließen, den ursprünglichen Anstieg kompensiert. Vor der Gründung des Zentralbanksystems hatte der Staat keinerlei Möglichkeit, Bankhysterien, die dann auftraten, wenn die Kunden um die Sicherheit ihrer Einlagen fürchteten und panikartig begannen, ihre Guthaben abzuheben, auszugleichen. Die Zentralbank verfügt über drei wesentliche Instrumente: Offenmarktoperationen sind Verkäufe oder Käufe staatlicher Wertpapiere durch die Zentralbank mit dem Ziel, den Zentralbankgeldbestand zu beeinflussen. Bei einem Kauf staatlicher Wertpapiere durch die Zentralbank erhöht sich das Geldangebot um ein Vielfaches des ursprünglichen Betrages, bei einem Verkauf verringert es sich dementsprechend. Unter dem Diskontsatz versteht man den Zinssatz, den die Zentralbank für Kredite an die Geschäftsbanken verlangt. Diese Kredite werden in der Regel dann hoch sein, wenn der Zinssatz für kurzfristige Investitionen, den die Geschäftsbanken verlangen, deutlich über dem Diskontsatz liegt. Die Mindestreserven sind der Reservebetrag, den die Banken aufgrund einer Zentralbankvorgabe halten müssen. Bankreserven können in Form von Reservekonten bei der Zentralbank oder in Form von Tresorgeld gehalten werden. Durch eine Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 15 Verringerung der Mindestreserven kann die Zentralbank das Geldangebot erhöhen. Internationale Wirtschaftsbeziehungen Jede Volkswirtschaft ist mit dem Rest der Welt über Handelsbeziehungen und Finanzverflechtungen verbunden. Die Zahlungsbilanz erfaßt Transaktionen der Inländer mit dem Rest der Welt. Einen Teil der Zahlungsbilanz stellt die Leistungsbilanz dar, welche den Handel mit Gütern und Dienstleistungen und Transferzahlungen registriert, während die Kapitalbilanz Käufe und Verkäufe von Finanzanlagen beinhaltet. Jede Transaktion die zu einer Zahlung von Inländern an Ausländer führt, ist ein Defizitposten. Der jeweils benötigte Betrag an ausländischer Währung wird durch die Zentralbanken zur Verfügung gestellt. In einem festen Wechselkurssystem sind die Zentralbanken bereit, ihre Währungen zu einem festen Preis, ausgedrückt in der ausländischen Währung, zu kaufen und zu verkaufen. Entstehende Zahlungsbilanzüberschüsse oder -defizite müssen die Zentralbanken zum jeweils offiziellen Wechselkurs finanzieren, indem sie ausländische Währungsbeträge kaufen oder verkaufen. Um zu gewährleisten, daß der Wechselkurs fix bleibt, muß ein Bestand an Devisen gehalten werden, der im Austausch für inländische Währung verkauft werden kann. Bei andauernden Zahlungsbilanzdefiziten werden jedoch zu viele Devisenreserven verbraucht werden, so daß sich die Zentralbank entscheiden wird, die eigene Währung abzuwerten und damit die Zahlungsbilanz zu verbessern. Im Gegensatz dazu lassen in einem flexiblen Wechselkurssystem die Zentralbanken den Wechselkurs schwanken, damit er das Angebot und die Nachfrage nach ausländischer Währung ausgleicht. In einem System des reinen Floatens stehen die Zentralbanken völlig beiseite und lassen die Wechselkurse frei durch die Devisenmärkte bestimmen. In so einem System wäre die Zahlungsbilanz immer gleich Null. In der Praxis herrscht jedoch das schmutzige Floaten vor, das heißt die Zentralbanken intervenieren, indem sie ausländische Währungen kaufen und verkaufen, um die Wechselkurse zu beeinflussen. Änderungen der Wechselkurse beeinflussen die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Eine Aufwertung der inländischen Währung macht inländische Güter teurer, was zu einer Verschlechterung der Leistungsbilanz führt und die ISKurve nach links verschiebt. Andererseits versetzt etwa eine Einkommenserhöhung im Ausland die IS-Kurve bei jedem inländischen Einkommensniveau nach rechts, da sich die Nettoexporte durch die gesteigerte Nachfrage des Auslands nach inländischen Gütern erhöhen. Rückwirkungen sind Interdependenzen zwischen den Volkswirtschaften. Wenn zum Beispiel die Staatsausgaben gesteigert Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 16 werden, erhöht sich das Einkommen; ein Teil dieses Einkommensanstiegs wird für Importe ausgegeben, sodaß sich auch das Einkommen im Ausland erhöht. Das höhere ausländische Einkommen steigert wiederum die ausländische Nachfrage nach inländischen Gütern, usw. Die starke Verflechtung der internationalen Kapitalmärkte in der Praxis sichert die Konsistenz der Zinsraten zwischen den verschiedenen Ländern. Das Kapital wird in die Länder mit höheren Zinssätzen fließen und binnen kurzer Zeit die Zinssätze wieder ausgleichen. Kapitalströme können helfen, einen Handelsbilanzsaldo zu finanzieren und somit die Erreichung einer ausgeglichenen Zahlungsbilanz ermöglichen. Wenn kein größeres Zahlungsbilanzdefizit zugelassen werden soll, kann also auch ein Anstieg des inländischen Einkommens und der damit verbundenen Exportausgaben verkraftet werden, wenn gleichzeitig eine Erhöhung der Zinssätze ausländische Kapitalströme anlockt. Das Ziel eines Zahlungsbilanzgleichgewichts wird mit externem Gleichgewicht beschrieben, wohingegen ein internes Gleichgewicht dann gegeben ist, wenn Vollbeschäftigung herrscht. Die Zahlungsbilanzgleichgewichtskurve (BP=0-Kurve) zeigt alle möglichen Kombinationen des Einkommens und des Zinssatzes, bei dem der Zahlungsbilanzsaldo gleich Null ist, also externes Gleichgewicht herrscht. Sie ist positiv geneigt, da eine etwaige Erhöhung des Einkommens durch höhere Zinssätze ausgeglichen werden muß, um ein Zahlungsbilanzgleichgewicht zu halten. Je höher der Grad der Kapitalmobilität (das heißt wie stark die Kapitalflüsse auf eine Änderung des Zinssatzes reagieren) und je geringer die Grenzneigung zum Import ist, desto flacher verläuft die Kurve. Punkte oberhalb und links der Zahlungsbilanzgleichgewichtskurve entsprechen Überschüssen, rechts und darunter sind Defizite gegeben. Das Gesamtgleichgewicht, also externes wie internes Gleichgewicht, befinden sich im Schnittpunkt mit einer vertikalen Gerade auf Höhe der Vollbeschäftigung. In einem Punkt unterhalb der Zahlungsbilanzgleichgewichtskurve etwa und links der Vollbeschäftigung herrscht Arbeitslosigkeit, verbunden mit einem Defizit. Durch eine Reduzierung des Geldangebots können die Zinssätze erhöht und damit das Zahlungsbilanzdefizit ausgeglichen werden, doch das Einkommen sinkt weiter, sodaß eine expansive Fiskalpolitik vonnöten ist, um Vollbeschäftigung zu erreichen. Bei festen Wechselkursen und Kapitalmobilität kann also Geldpolitik verwendet werden, um externes Gleichgewicht zu erhalten, und Fiskalpolitik, um Vollbeschäftigung zu erlangen. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, daß höhere Zinssätze die Investitionen im eigenen Land einschränken werden. Weiters bedingt ein andauernder Kapitalzustrom aus dem Ausland eine derartige Auslandsverschuldung, daß die Zinszahlungen an die Ausländer zu einer schweren Last für die Volkswirtschaft werden können. Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 17 Bei festen Wechselkursen und vollständiger Kapitalmobilität (die BP=0-Kurve verläuft horizontal) kann ein Land keine unabhängige Geldpolitik durchführen. Die Zinssätze können nicht aus dem Gleichschritt mit denen auf dem Weltmarkt gebracht werden. Jeder Versuch einer unabhängigen Geldpolitik führt zu Kapitalströmen und zu einer Notwendigkeit zu intervenieren, bis die Zinssätze wieder zurück auf das Niveau des Weltmarkts gebracht werden (wodurch lediglich Reserveverluste entstehen). Dagegen ist eine fiskalische Expansion in so einer Situation extrem effektiv, da eine Rechtsverschiebung des IS-Kurve den Output und den Zinssatz erhöht, wodurch ein Kapitalzustrom einsetzt, der wiederum den Wechselkurs aufwerten würde. Um feste Wechselkurse zu gewährleisten muß die Zentralbank das Geldangebot ausweiten, wodurch das Einkommen weiter steigt, bis das Gleichgewicht wiederhergestellt ist. Bei voll flexiblen Wechselkursen ohne Interventionen seitens der Zentralbank ist die Zahlungsbilanz immer gleich Null. Jedes Leistungsbilanzdefizit muß durch private Kapitalzuströme finanziert werden, genauso wie ein Überschuß durch Kapitalabflüsse. Anpassungen im Wechselkurs sichern den Ausgleich der Leistungs- und der Kapitalbilanz. Bei einem Anstieg der Auslandsnachfrage nach inländischen Gütern zum Beispiel (oder bei einer fiskalischen Expansion) wird sich die IS-Kurve nach rechts verschieben. Durch die gleichzeitig ansteigenden Zinssätze wird tendenziell Kapital in das Inland strömen und zu einem Zahlungsbilanzüberschuß führen (der Schnittpunkt der IS- und der LM-Kurve liegt nun oberhalb der horizontalen BP=0-Kurve), sodaß es zu einer Währungsaufwertung und einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit kommt, sodaß sich die IS-Kurve wieder auf ihre ursprüngliche Position zurückverlagert und das Ausgangsgleichgewicht wieder erreicht ist. Im Gegensatz zu einer Situation mit festen Wechselkursen, bei der eine fiskalische Expansion den gleichgewichtigen Output höchst effektiv verändern kann, ist sie bei flexiblen Wechselkursen und Kapitalmobilität machtlos. Sie erreicht hier nur eine ausgleichende Wechselkursaufwertung und eine Veränderung der Zusammensetzung der Nachfrage weg von den Nettoexporten. Eine Erhöhung des Geldbestandes hingegen führt bei flexiblen Wechselkursen zu einer Erhöhung des Einkommens und zu einer Abwertung des Wechselkurses. Durch die Rechtsverschiebung der LM-Kurve sinkt der Zinssatz und starke Kapitalabflüsse setzen ein, sodaß eine Wechselkursabwertung impliziert wird, die inländische Güter attraktiver macht und die IS-Kurve ebenfalls nach rechts verschiebt, bis der inländische Zinssatz wieder das Niveau des Weltzinssatzes erreicht hat. Wenn eine Volkswirtschaft bei flexiblen Wechselkursen Arbeitslosigkeit aufweist, kann die Zentralbank intervenieren und den Wechselkurs abwerten und die Nettoexporte und damit die aggregierte Nachfrage erhöhen. Derartige Politiken kennt man als "Begger Thy Neighbor"-Politiken, da der Anstieg der Nachfrage Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 18 für den inländischen Output auf Kosten der Nachfrage nach dem ausländischen Output zustande kommt. Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 19 Abkürzungen und Symbole A a b BB BP C c c ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... CPI D d DD E e e ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... F f G H h I IU k MS MD MC MPN N NSP P PPI Q QD QN QN QP QQ R ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... Autonome Ausgaben Autonomer Konsum Zinsempfindlichkeit der autonomen Ausgaben Budgetgerade Zahlungsbilanzsaldo Konsumausgaben Marginale Konsumneigung Anteil der Bankeinlagen, der von den privaten Individuen als Kasse gehalten wird Konsumentenpreisindex Gesamtwert der Bankeinlagen Zinsempfindlichkeit des Wechselkurses Aggregierte Nachfragekurve Ausgaben Realer Wechselkurs Anteil der Bankeinlagen, den die Banken als Reserven halten Transferzahlungen Zinsempfindlichkeit der Geldnachfrage Staatliche Käufe von Gütern und Dienstleistungen Zentralbankgeld Einkommensempfindlichkeit der Geldnachfrage Investitionen Nicht beabsichtige Lagerinvestitionen Multiplikator Nominelles Geldangebot Nominelle Geldnachfrage Grenzkosten Grenzprodukt der Arbeit Beschäftigung Nettosozialprodukt Impliziter BSP-Deflator Produzentenpreisindex Reales Bruttosozialprodukt, Einkommen Persönliches verfügbares Einkommen Nettosozialprodukt zu Faktorkosten, Volkseinkommen Natürliches reales Bruttosozialprodukt Persönliches Einkommen Natürliche reale BSP-Kurve Steuereinnahmen Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 20 r RB RP RS ..................... ..................... ..................... ..................... S s SB SP SS T t U UN u V W X x Y ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... ..................... Zinssatz Indirekte Steuern Persönliche Steuern Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) Ersparnisse Marginale Sparneigung Nichtverteilte Gewinne, Ersparnisse der Unternehmen Abschreibungen Aggregierte Angebotskurve Nettosteuereinnahmen Einkommensteuersatz Tatsächliche Arbeitslosenquote Natürliche Arbeitslosenquote Reaktion der Nettoexporte auf eine Wechselkursänderung Umlaufgeschwindigkeit des Geldes Nomineller Lohnsatz Nettoexporte Marginale Nettoexportneigung Nominelles Bruttosozialprodukt Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 21 Formeln P = Y Q Inflationsrate t = Pt - P t - 1 Pt - 1 T = R - F T - G = I - S E = Q = C + I + G NSP = Q - SP QN = NSP - RB QP = Q N - RS - SB + F QD = Q P - R P C = a + c ⋅ QD - b ⋅ i S = - a + s ⋅ QD A = a - c⋅T + I + G + X 1 k = s ⋅ (1 - t) + t + x Q V = MS P X = X - x⋅Q - u ⋅e IS: Q = k ⋅ (A - b ⋅ r) MS LM: = h ⋅Q - f ⋅r P W MC = MPN W = MPN P Grundzüge der politischen Ökonomie Seite 22 U = U N - h ⋅ (100 ⋅ H = (e + c) ⋅ D MS = (1 + c) ⋅ D Q - 100) QN