Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie II-8 Das natürliche Monopol als Spezialfall a) Spezielle Kostenverläufe als Ursache für ein natürliches Monopol “Natürliche Monopole“ beruhen auf einer speziellen Kostenstruktur bei der Produktion eines Gutes: Subadditivität. Eine Kostenfunktion c( X ) heißt subadditiv, falls für zwei beliebige Produktionsmengen x1 und x2 gilt: c( x1 + x2 ) < c( x1 ) + c( x2 ) . → Die Produktion in einer einzigen Firma ist kostengünstiger als in zwei getrennten Firmen. Die Produktion in einer einzigen Firma ist dann auch kostengünstiger als in einer beliebigen Zahl n von Firmen! II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 78 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Begründung: c( x1 + ... + xn ) < c( x1 ) + c( x2 + ... + xn ) < ... < c( x1 ) + ... + c( xn ) Im Zusammenhang mit natürlichen Monopolen erörtern wir zunächst zwei Fragen. Frage 1: Unter welchen Bedingungen kommt es zur Subadditivität einer Kostenfunktion? Die wichtigste hinreichende Bedingung für Subadditivität sind fallende c( X ) Durchschnittskosten DK= . X II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 79 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Begründung: Es sei x2 > x1 . Wg. fallenden DK hat man dann c( x1 + x2 ) c( x2 ) ⇒ < x2 x1 + x2 c( x2 ) c( x1 ) c( x1 + x2 ) < x1 + c( x2 ) < x1 + c( x2 ) = c( x1 ) + c( x2 ). x2 x1 Die Abschätzung folgt dabei aus fallenden DK und x2 > x1 . Dass die DK überall fallen, ist aber nicht notwendig für Subadditivität! Zur Begründung betrachten wir den in Abbildung II-10 dargestellten Uförmigen DK-Verlauf. II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 80 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Abb. II-10 Preis DK p( X ) 0 II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall c( X ) X X̂ X Menge 81 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Beachte: Es sind hier nur die Produktionsniveaus X < X (= Schnittpunkt c( X ) ) relevant. Für X > X der inversen Nachfrage p ( X ) mit DK-Kurve X wäre die Produktion nicht mehr kostendeckend! Liegt X ( > Xˆ ) nahe genug am DK-Minimum X̂ , hat man im Bereich ( 0, X ⎤⎦ Subadditivität. Trotzdem wachsen im Bereich Xˆ , X die DK. ( ) Konkretes Beispiel: 1 3 c( X ) = X − X 2 + 2 X ⇒ 3 c( X ) 1 2 = X − X +2 X 3 3 c( Xˆ ) 5 ˆ = sowie X = 2 . Es gilt X = mit 2 4 Xˆ II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 82 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Eine Rechnung ( → Übung!) zeigt c( x1 + x2 ) − c( x1 ) − c( x2 ) < 0 ( → Subadditivität) ⇔ x1 + x2 < 2 = X . 3 Wg. X = 2 > = Xˆ entspricht dies der Situation in Abbildung II-10. 2 Schlussfolgerung: In Teilbereichen steigende DK sind mit Subadditivität vereinbar. Bedingungen für fallende DK: Fallende DK ergeben sich, wenn die Grenzkosten GK = c′( X ) nirgendwo steigen und die Fixkosten FK = f strikt positiv sind. II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 83 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Begründung: Es gilt X ⎛ c( X ) ⎞′ c′( X ) X − c( X ) = ⎜ ⎟ = 2 X ⎝ X ⎠ c′( X ) X − ∫ c′( z )dz − f 0 X 2 . X Wenn die GK nirgendwo steigen, hat man c′( X ) X ≤ ∫ c′( z )dz (vgl. Abbildung II-11) II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 0 84 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie GK Abb. II-11 X c′( z ) = ∫ c′( z ) dz 0 = c′( X ) X c′( X ) 0 X Menge Sinkende DK erhält man also speziell bei konstanten Grenzkosten c′( X ) = c und positiven Fixkosten f > 0. II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 85 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Sinkende DK sind aber auch bei wachsenden GK und hinreichend hohen FK möglich ( → Übung!) Frage 2: Was sind die ökonomischen Konsequenzen der Subadditivität? Zentrales Ergebnis: Bei Subadditivität der Kosten ist zu erwarten, dass nur eine einzige Firma am relevanten Markt überlebt. Begründung: Angenommen, es sind n ≥ 2 Firmen aktiv und Firma i = 1,..., n n produziert mit Gewinn die Menge xi . Mit X := ∑ xi bezeichnen wir die Gesamtproduktion aller Firmen. i =1 Wg. der Subadditivität muss es dann mindestens eine Firma j geben, für c( x j ) c( X ) > die gilt. x X j II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 86 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie c( xi ) c( X ) Begründung: Angenommen, man hätte für alle Firmen ≤ xi X i = 1,..., n . Dann würde folgen n xi ∑ c( X ) c x ( ) ≤ ∑ i ∑ X xi = c( X ) i=X1 = c( X ) n n i =1 i =1 → Widerspruch zur Subadditivität! Wenn diese Firma j dann alleine die Menge X + ε anbietet, sinkt der Preis auf p ( X + ε ) → Alle Konsumenten kaufen bei Firma j . II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 87 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Der Gewinn von Firma j beträgt dann c( X + ε ) p ( X + ε )( X + ε ) − c( X + ε ) = ( X + ε )( p ( X + ε ) − )> X + ε c( x j ) x j ( p ( X ) − ) = Ursprünglicher Gewinn von Firma j . x j Diese Ungleichung gilt • wg. x j < X + ε c( x j ) c( X + ε ) • wg. > x j ( X + ε ) • wg. lim ( p ( X ) − p ( X + ε )) = 0 ε →0 Die Verdrängung der anderen Firmen lohnt sich also für Firma j → Die ursprüngliche Allokation mit n Firmen kann kein Gleichgewicht sein! II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 88 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Weil die Monopolbildung hier auf spezielle Eigenschaften der Produktionstechnik (und nicht einfach auf dem Verhalten der Firmen) beruht, spricht man von einem natürlichen Monopol. In der Realität treten natürliche Monopole v.a. als Folge hoher FK auf, die für Netzindustrien (Strom, Wasser, Schienenverkehr) charakteristisch sind. Ökonomisches Problem: Bei natürlichen Monopolen ist zu erwarten, dass sich der alleinige Anbieter (zum Schaden der Verbraucher und der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt) als Monopolist verhält. Was kann (politisch) getan werden, um diese negativen Effekte zu vermeiden? → Thema der nächsten Abschnitte. II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 89 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie b) Die Notwendigkeit staatlicher Eingriffe im Fall eines natürlichen Monopols Wir betrachten den einfachen Fall mit konstanten Grenzkosten c und positiven Fixkosten f > 0 . Preis GK DK Abb. II-12 p( X ) p c 0 E ′( X ) A XM II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall K B * X X GK DK = c( X ) X Menge 90 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Der natürliche Monopolist produziert die Menge X M , gesamtwirtschaftlich optimal wäre aber die höhere Menge X * (genau wie beim gewöhnlichen Monopol). Speziell für ein natürliches Monopol gilt aber: Zur Durchsetzung von X * muss der Staat den Monopolisten subventionieren, weil dieser ansonsten ein Verlust von ⎛ c( X * ) ⎞ * ⎛ c( X * ) *⎞ − c⎟ X = ⎜ − p ⎟X* ⎜ * * ⎝ X ⎠ ⎝ X ⎠ erleiden würde. II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 91 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie ) C ( X Die Menge X wird jetzt definiert durch die Bedingung = p ( X ) = p . X Eine Subventionierung des Monopolisten lässt sich vermeiden, falls eine Produktionsmenge X ≤ X angestrebt wird. X stellt also die Second-Best Lösung ohne Subventionsbedarf dar. Im Bereich zwischen X und X * sind bei Subventionierung des Monopolisten zwei Wohlfahrtskomponenten gegeneinander abzuwägen: • Der Wohlfahrtsgewinn durch Steigerung der Produktion ggü. X • Der Wohlfahrtsverlust durch die Finanzierung der Subvention (Excess Burdens der Besteuerung). Das "wahre" Second-Best-Optimum P liegt unter Berücksichtigung dieser beiden Wohlfahrtskomponenten irgendwo zwischen K und B . II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 92 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie In gewissen Situationen kann auf Grundlage der folgenden Überlegungen aber sogar an der Notwendigkeit einer staatlichen Regulierung des natürlichen Monopolisten gezweifelt werden: Angenommen der Monopolist erzielt einen Preis p > p . Aus der Sicht der Theorie bestreitbarer Märkte (Contestable Markets von W. J. Baumol) würde der dann positive Gewinn Mitbewerber anlocken. → Wenn der Monopolist solche Markteintritte neuer Firmen vermeiden will, muss er sich auf den Preis p beschränken → Die potentielle Konkurrenz diszipliniert den Monopolisten. → Die realisierte Lösung ist dann K . Bei irreversiblen versunkenen Kosten (z. B. Schienennetz, das sich logischerweise nur für Eisenbahnverkehr nutzen lässt) ist diese Hoffnung auf eine Selbstregulierung des Marktes aber nicht angebracht. II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 93 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Erklärung: Der alteingesessene Monopolist (Incumbent) erzielt bis zur Menge X * noch einen positiven Deckungsbeitrag → Durch Senkung des Preises bis p ( X * ) kann er neuen Firmen (Entrants) Verluste zufügen. Für die Entrants sind im Gegensatz zum Incumbent ja die Fixkosten von Bedeutung! Weil diese Drohung des Incumbent glaubhaft ist, wird eine neue Firma vom Markteintritt abgeschreckt → Der Monopolist kann die für ihn ideale Lösung ( X M , pM ) realisieren! Ergebnis: Bei einem natürlichen Monopol sind Staatseingriffe v.a. dann angezeigt, falls die Fixkosten f hoch und zu einem großen Teil versunken sind. Der potentielle Wettbewerb funktioniert in diesem Fall nicht! In Abbildung II-12 liegen bei hohen Fixkosten die Punkte K und B weit auseinander! II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 94 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie c) Die mögliche Ausgestaltung staatlicher Eingriffe c1) Die etatistische Lösung Verstaatlichung der entsprechenden Bereiche ("Beamtenbahn", "Beamtenpost" bis in die 1990er Jahre) Vorteile: ► Garantie der Daseinsvorsorge in Schlüsselbereichen durch den Staat ► Vermeidung von Kontrollproblemen ► Vermeidung von Erpressung des Staates, die bei fehlender Konkurrenz privater Anbieter eine realistische Gefahr darstellt. II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 95 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Nachteile: ► Es bestehen wenig Innovationsanreize ► Die Gefahr der Ausbeutung der Konsumenten ist auch bei staatlichem Monopol nicht ausgeschlossen (hohe Preise und schlechter Service bei Telefonversorgung in der BRD bis in die 1970er Jahre) ► Die Hoffnung auf bessere Kostenkontrolle und Verhinderung von Erpressung ist illusionär. Gründe: − Drohung mit unpopulären Leistungseinschränkungen bei Kürzung von Subventionen − Gewerkschaftsmacht in Staatsbetrieben als Kostentreiber − Gefahr der "Verfilzung" zwischen politischer Kontrollebene und Management von Staatsbetrieben. II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 96 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Diese Probleme lassen sich prinzipiell auch im Falle von Staatsbesitz durch verbesserte Governance-Strukturen beim Management natürlicher Monopole vermindern: Definitive Beschränkung der Subventionen, politisch unabhängiges Management mit effizienzorientierten Anreizstrukturen, flexibles Dienstrecht für die Beschäftigten, Outsourcing. Zusätzliche Option bei der Deregulierung natürlicher Monopole: Selbst wenn das Netz ein natürliches Monopol darstellt, gilt dies für die im Netz erbrachten Dienstleistungen in der Regel nicht. → Grundidee bei der Deregulierung in D/EU v.a. seit den 1990er Jahren: Entkopplung von Netzinfrastruktur (ohne Wettbewerb) und Leistungsangebot (mit Wettbewerb) in den Bereichen von Bahn, Telekom, Elektrizität. II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 97 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Dabei sind v. a. die folgenden Fragen zu klären: • Wem soll das Netz gehören? Wichtiger Punkt in der Diskussion um die Bahnprivatisierung in Deutschland! • Wie wird der Netzbetreiber reguliert? → Bundesnetzagentur (wird später ausführlich behandelt!) • Welche Markteintrittsbarrieren bestehen faktisch für neue Leistungsanbieter? Wegen hoher Fixkosten und hohem Risiko gibt es z. B. nur geringe Anreiz für neue Anbieter zum Kraftwerksbau. Konsequenz: Auch nach Deregulierung besteht (bei der Grundstruktur eines natürlichen Monopols) ein hoher Regulierungsbedarf. II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 98 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie c2) Preisregulierungen Dabei sind verschiedene Varianten zu unterscheiden: 1. Variante: Kostenorientierte Preisfestsetzung (Cost-Plus-Regulation) Die erlaubten Preise sind dabei an die Produktionskosten gekoppelt. Probleme: • Verlässliche Informationen über die Produktionskosten sind schwer zu beschaffen. Es entstehen Anreize zur Verlagerung von Gemeinkosten in den regulierten Bereich. • Die dynamische Anreizwirkung (=Streben nach Produktivitätssteigerung) ist stark behindert, weil Produktivitätsfortschritte zu sinkenden Preisen führen können. II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 99 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Eine besondere Form der Cost-Plus-Regulierung ist die Kapitalrenditeregulierung: Rate-of-Return-Regulation. Dabei wird dem Anbieter eine bestimmte Kapitalverzinsung gestattet. Probleme: • Es gibt kein eindeutiges Kriterium für die Bestimmung der angemessenen Rate of Return: Welche Risikoprämie ist zu veranschlagen? • Liegt die gewährte Rate of Return über dem Marktzinssatz, kommt es zu einer ineffizienten Überkapitalisierung des Unternehmens → Averch-Johnson-Effekt II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 100 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie 2. Variante: Preis-Obergrenzen-Regulierung (Price Caps) Die Festlegung des Price Caps orientiert sich v. a. an nicht direkt firmenspezifischen Daten, so z.B. an der Inflationsrate und der erwarteten allgemeinen Produktivitätssteigerung. Dadurch werden die Anreize zur Kostensenkung gestärkt. Probleme: • Gegenüber der kostenorientierten Preisfestlegung ist der Anreiz zur Qualitätsminderung größer → Zusätzliche Qualitätskontrollen werden erforderlich. • Wenn die Regulierungsbehörde den Konkurs einzelner Anbieter nicht zulassen will (Ziel: Versorgungssicherheit), besteht die Gefahr überhöhter Preisobergrenzen → Wohlfahrtsverluste drohen! II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 101 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Revenue Caps sind neben Price Caps ein weiteres Instrument der Anreizregulierung. Beim Benchmarking bzw. der Yardstick Competition orientieren sich die firmenspezifischen Vorgaben nicht nur an Durchschnittswerten der Branche, sondern an den Daten des effizientesten Betriebes. Dabei müssen (schwer zu ermittelnde) Sonderfaktoren der einzelnen Firmen berücksichtigt werden. In Deutschland wird die Anreizregulierung ab 2009 für Strom- und Gasnetze praktiziert. → Details später in Kapitel IV. II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 102 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie c3) Versteigerung des Marktes Der Wettbewerb im Markt wird durch einen Wettbewerb um den Markt ersetzt. Das exklusive Recht, als Anbieter aufzutreten, wird in periodischen Abständen versteigert → Beispiel: Schienenpersonennahverkehr in D. Bei der Auktion erhält der potentielle Anbieter den Zuschlag, der den niedrigsten Leistungspreis anbietet. Bei heterogenen Anbietern entspricht dieser Preis den Durchschnittskosten des Anbieters mit den zweitgünstigsten Produktionskosten. (Warum? Der kostengünstigste Anbieter kann seine Preisforderungen so weit ausdehnen, ohne den Zuschlag zu verlieren). Bei homogenen Anbietern ergibt sich der gerade kostendeckende Preis. II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 103 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie Der entscheidende Vorteil dieses Verfahrens ist, dass die Regulierungsbehörde die Kostenfunktion der Anbieter nicht kennen muss. Es gibt aber auch Nachteile: • Es besteht auch hier ein Problem der Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung. • Die Einforderung der Zusagen des Anbieters ist evtl. schwierig: Seine beschränkte Kapitalausstattung mindert das Haftungspotential und die effektive Höhe von Schadensersatzzahlungen. Bei Konkurs steht ein Ersatzanbieter oftmals nicht sofort zur Verfügung → hohes Drohpotential des Anbieters ex post. • Es ist nicht klar, wie lang der zeitliche Abstand zwischen den Auktionen sein soll. ¾ Bei einem zu kurzen Abstand besteht die Gefahr einer ineffizienten Unterkapitalisierung (aus Furcht, in der nächsten Runde den Markt wieder zu verlieren) II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 104 Prof. Prof. Dr. Wolfgang Buchholz Universität Regensburg Institut für Volkswirtschaftslehre einschließlich Ökonometrie ¾ Bei einem zu langen Abstand besteht die Gefahr der Qualitätsminderung (s.o.). Zudem werden Produktivitätsfortschritte durch Learning by Doing nicht an die Verbraucher weitergegeben. Gleichzeitig steigt die Marktmacht des alten Anbieters, wenn potentielle Konkurrenten mangels praktischer Erfahrung technologisch in der nächsten Bieterrunde nicht mithalten können. (Einwand: Bei zu häufigen Auktionen wäre dieses Branchen-spezifische Wissen möglicherweise aber gar nicht erst gebildet worden.) II-8. Das natürliche Monopol als Spezialfall 105