Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 Tone Arnold Universität des Saarlandes 2. Juli 2008 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 1 / 110 Vertikale Restriktionen Bevor wir Zusammenschlüsse von Firmen auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette betrachten, wollen wir Produzenten komplementärer Güter betrachten, da bei ihnen vergleichbare Effekte auftreten (vgl. Pepall, Richards und Normann, Abschnitt 8.3.1, S. 433 f.). Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 2 / 110 Vertikale Restriktionen Beispiele für komplementäre Güter: Zink und Kupfer bei der Herstellung von Messing DVD Player und DVDs Hardware und Software Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 3 / 110 Vertikale Restriktionen Wir zeigen: Wenn zwei komplementäre Güter jeweils von einem Monopolisten hergestellt werden, reduziert dies den gemeinsamen Gewinn der beiden Firmen und führt zu einem Effizienzverlust für die Ökonomie. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 4 / 110 Vertikale Restriktionen Intuition: Jede Preisentscheidung eines Monopolisten führt zu einer Externalität für den anderen Monopolisten. Bsp. Laptop und Software: Ein hoher Preis für Laptops führt zu einer geringen Nachfrage nach Software. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 5 / 110 Vertikale Restriktionen Der Hersteller von Laptops berücksichtigt zwar, dass der höhere Preis zu einem Rückgang der Nachfrage nach Laptops führt. Er berücksichtigt aber nicht den Effekt, den seine Entscheidung auf die Nachfrage nach Software hat. Im Gleichgewicht werden die Preise für beide Produkte daher zu hoch sein. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 6 / 110 Vertikale Restriktionen Doppelte Marginalisierung: Wir wissen: Jeder Monopolist setzt Preis gleich Grenzerlös (Marginalbedingung). Daraus ergibt sich ein Preisaufschlag auf die Grenzkosten. Werden beide komplementären Güter jeweils von einem Monopolisten produziert, dann erfolgt dieser Preisaufschlag zweimal. Diesen Effekt nennt man doppelte Marginalisierung. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 7 / 110 Vertikale Restriktionen Umgekehrt gilt: Senkt der Laptop Hersteller seinen Preis, dann bewirkt dies zusätzliche Nachfrage und Gewinne beim Software Hersteller. Problem: Diese zusätzlichen Gewinne des Software Herstellers werden vom Laptop Hersteller nicht berücksichtigt, da er nur an der Maximierung seines eigenen Gewinns interessiert ist. Bei einer Zusammenarbeit bzw. Fusion beider Firmen würden ihre Preise sinken und ihr gemeinsamer Gewinn würde steigen. Auch die Konsumenten würden von den geringeren Preisen und dem erhöhten Angebot profitieren. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 8 / 110 Vertikale Restriktionen Fusion der beiden Monopolisten: Nach der Fusion existiert nur noch ein Entscheidungsträger. Dadurch kommt es zu einer Internalisierung der Externalität. Die fusionierte Firma wird ihren Gesamtgewinn maximieren, d. h. sie wird die Preise der beiden Güter so setzen, dass der gemeinsame Gewinn maximiert wird. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 9 / 110 Vertikale Restriktionen Fazit: Wenn monopolistische Unternehmen komplementäre Güter herstellen, dann besteht für diese Unternehmen ein starker Anreiz, entweder zu fusionieren oder mit Hilfe eines anderen Arrangements eine kooperative Herstellung und Preissetzung der beiden Produkte sicherzustellen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 10 / 110 Doppelte Marginalisierung Vertikale Unternehmenszusammenschlüsse Vertikalen Unternehmenszusammenschlüsse betreffen Firmen auf verschiedenen Stufen des Produktionsprozesses. Die Firma, die am weitesten vom Endverbraucher entfernt ist, wird als upstream Firma bezeichnet, und diejenige, die am dichtesten am Konsumenten ist, als downstream Firma. Bsp. Filmverleih (upstream) und Kinos (downstream), oder Gross– und Einzelhändler. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 11 / 110 Doppelte Marginalisierung Vertikale Beziehungen Vertikale Beziehungen zwischen Firmen sind analog zu solchen zwischen Produzenten komplementärer Güter. Daher gilt: Vertikale Beziehungen zwischen zwei Firmen mit Monopolstellung führen zu einer suboptimalen Preisgestaltung und zu Ineffizienzen, wenn es keinen Mechanismus gibt, mit dessen Hilfe die Entscheidungen der beiden Firmen koordiniert werden können. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 12 / 110 Doppelte Marginalisierung Ein Modell Wir betrachten einen monopolistischen upstream Anbieter, den Hersteller. Der Hersteller verkauft ein Produkt an einen monopolistischen Händler (downstream). Der Hersteller produziert das Gut mit konstanten Grenzkosten c und verkauft es dem Händler zum Grosshandelspreis r . Der Händler verkauft der Produkt an den Endverbraucher zum markträumenden Preis p. Vereinfachend wird angenommen, dass dem Händler keine weiteren Kosten entstehen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 13 / 110 Doppelte Marginalisierung Die Nachfrage der Konsumenten ist beschrieben durch die lineare Preis–Absatz–Funktion p(y ) = a − b y mit a > c. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 14 / 110 Doppelte Marginalisierung 1 Der Händler kauft eine bestimmte Menge des Gutes zum Grosshandelspreis r . 2 Dann verkauft er diese Menge weiter an die Konsumenten zum Endpreis p. 3 Der Gewinn des Händlers ist dann π D (y , r ) = (p(y ) − r ) y = (a − b y ) y − r y . Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 15 / 110 Doppelte Marginalisierung Die gewinnmaximale Menge ergibt sich durch Gleichsetzen von Grenzerlös und Grenzkosten des Händlers: MR D = a − 2 b y = r . Auflösen nach y ergibt die optimale Menge für den Händler yD = Tone Arnold (Universität des Saarlandes) a−r . 2b Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 16 / 110 Doppelte Marginalisierung Einsetzen von a−r 2b in die Preis Absatz Funktion ergibt den markträumenden Endverkaufspreis a+r pD = . 2 yD = Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 17 / 110 Doppelte Marginalisierung Der Gewinn des Händlers ist dann πD = Tone Arnold (Universität des Saarlandes) (a + r )2 . 4b Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 18 / 110 Doppelte Marginalisierung Achtung: Der Preis pD , den der Händler setzt, hängt vom Grosshandelspreis r ab, den der Hersteller verlangt. Damit beeinflusst der Grosshandelspreis r auch die Menge, die der Händler absetzt. Aber dies ist glechzeitig die Menge, die der Hersteller dem Händler verkaufen kann. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 19 / 110 Doppelte Marginalisierung Nachfrage des Herstellers Zum Endverbrauchspreis pD = (a + r )/2 verkauft der Händler y D = (a − r )/(2 b) Einheiten des Gutes. Diese Menge entspricht aber auch der Menge, die der Hersteller verkauft hat. Daher gibt die Funktion y = (a − r )/(2 b) gleichzeitig die Nachfragefunktion an, der sich der Händler gegenübersieht, wenn er den Grosshandelspreis r verlangt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 20 / 110 Doppelte Marginalisierung Nachfrage des Herstellers Die Grenzerlösfunktion des Händlers r = a − 2 b y ist gleichzeitig die inverse Nachfragefunktion, der sich der Hersteller gegenübersieht. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 21 / 110 Doppelte Marginalisierung Der Gewinn des Herstellers ist (r − c)y = (a − 2by − c)y . B.1.O. a − 4by − c = 0. Auflösen nach y ergibt die Angebotsmenge des Herstellers: yU = Tone Arnold (Universität des Saarlandes) a−c . 4b Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 22 / 110 Doppelte Marginalisierung a−c . 4b Der resultierende Grosshandelspreis ist y= rU = Tone Arnold (Universität des Saarlandes) a+c . 2 Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 23 / 110 Doppelte Marginalisierung Im Nash GG gilt: Der Hersteller setzt den Grosshandelspreis r U = (a + c)/2. Daraufhin setzt der Händler den Preis pD = (3 a + c)/4. Der Händler verkauft dann die Menge y D = (a − c)/(4 b). Dies entspricht genau der vom Hersteller produzierten Menge bei diesem Grosshandelspreis. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 24 / 110 Doppelte Marginalisierung Gewinne: Der Gewinn des Herstellers ist π U = (a − c)2 /(8 b). Der Gewinn des Händlers ist π D = (a − c)2 /(16 b). Der Gesamtgewinn beider Firmen ist 3(a − c)2 /(16 b). Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 25 / 110 Doppelte Marginalisierung Jetzt betrachten wir eine Fusion der beiden Monopolisten. D.h., der Hersteller ist nicht mehr unabhängig, sondern nur noch der Produktionsbetrieb eines integrierten Unternehmens. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 26 / 110 Doppelte Marginalisierung Der Gewinn der fusionierten Firma ist π I (y ) = (p(y ) − c) y = (a − b y ) y − c y . B.1.O. a − 2by − c = 0. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 27 / 110 Doppelte Marginalisierung Auflösen nach y ergibt die gewinnmaximale Menge des integrierten Unternehmens: a−c . yI = 2b Einsetzen in die inverse Nachfragefunktion ergibt den zugehörigen Preis für die Konsumenten pI = Tone Arnold (Universität des Saarlandes) a+c . 2 Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 28 / 110 Doppelte Marginalisierung Vergleich mit der Situation vor der Fusion: pI = Tone Arnold (Universität des Saarlandes) a+c < (a − c)2 /(16 b) = pD . 2 Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 29 / 110 Doppelte Marginalisierung Ergebnis: Der gewinnmaximale Einzelhandelspreis, den die integrierte Firma verlangt, ist geringer als der eines unabhängigen Händlers. Daher wird das fusionierte Unternehmen eine grössere Menge verkaufen als die beiden unabhängigen Firmen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 30 / 110 Doppelte Marginalisierung Vergleich der Gewinne vor und nach der Fusion: Der Gewinn der fusionierten Firma ist πI = (a − c)2 . 4b Der Gewinn des unabhängigen Herstellers war πU = (a − c)2 . 8b Der Gewinn des unabhängigen Händlers war πD = (a − c)2 . 16 b Die Summe der Gewinne vor der Fusion war πU + πD = Tone Arnold (Universität des Saarlandes) 3 (a − c)2 . 16 b Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 31 / 110 Doppelte Marginalisierung Fazit: Der Gesamtgewinn vor der Fusion ist um 1/16 kleiner als der Gewinn der integrierten Firma. Wohlfahrsteffekt der Fusion Die Fusion der beiden Monopolisten bewirkt eine Erhöhung der Wohlfahrt: Erstens ist der Gesamtgewinn gestiegen, und zweitens hat die Konsumentenrente zugenommen, da nach der Fusion eine grössere Menge zu einem geringeren Preis verkauft wird. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 32 / 110 Doppelte Marginalisierung Parallele zwischen vertikalen und komplementären Beziehungen der Anbieter: In beiden Fällen führt die Integration zu Effizienzgewinnen und zusätzlichen Profiten, da die getrennten Aktivitäten koordiniert werden und die Externalität dadurch internalisiert wird. Ohne Fusion spiegelt der Endpreis eine doppelte Marginalisierung wider: Der unabhängige Hersteller verlangt vom Händler einen Preisaufschlag, der wiederum einen Preisaufschlag vom Konsumenten verlangt. Aus wohlfahrtstheoretischer Sicht ist also eine Kette von Monopolen noch schlechter als ein einzelner Monopolist. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 33 / 110 Doppelte Marginalisierung Frage: Sind vertikale Fusionen daher uneingeschränkt positiv zu beurteilen? Die Ergebnisse hängen stark davon ab, dass die beiden beteiligten Firmen Monopolisten sind. Bei Preiswettbewerb auf einer der beiden Stufen gäbe es keine Effizienzgewinne aufgrund einer vertikalen Integration: 1 2 Preiswettbewerb upstream führt dazu, dass das Produkt zum Grenzkostenpreis c verkauft wird. Preiswettbewerb downstream führt dazu, dass der Einzelhandelspreis r beträgt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 34 / 110 Doppelte Marginalisierung Bei Preiswettbewerb gilt: In einer der beiden Produktionsstufen ist die Preis–Kosten Marge gleich null. Daher kann es nicht zu einer doppelten Marginalisierung kommen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 35 / 110 Forschung und Entwicklung Ziel von Forschung und Entwicklung (F & E) sind Innovationen, wobei unterschieden wird zwischen Prozessinnovationen, d. h. Neuentwicklungen, die zu einer Reduktion der Produktionskosten für ein bestimmtes Produkt führen, und Produktinnovationen, d. h. Technologien zur Herstellung neuer Produkte. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 36 / 110 Forschung und Entwicklung Die Modellierung von Forschung und Entwicklung ist nicht einfach, denn Forschung und Entwicklung bedeutet die Produktion von Wissen oder Know How. Dies wird dadurch modelliert, dass entweder die Produktionsfunktion geändert wird, oder eine neue Produktionsfunktion geschaffen wird. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 37 / 110 Klassifikation von Prozessinnovationen Kostenreduzierende Innovationen werden klassifiziert nach der Grösse der Kosteneinsparung. wir betrachten eine Industrie, in der ein homogenes Produkt hergestellt wird und die Firmen mit Preisen konkurrieren. Angenommen, alle Firmen haben anfangs die gleiche Technologie, d. h. alle Firmen produzieren mit den gleichen Grenzkosten c0 > 0. Es gibt also ein Bertrand Gleichgewicht mit p0 = c0 . Alle Firmen machen einen Gewinn von 0 und produzieren zusammen einen Output von Y0 . Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 38 / 110 Prozessinnovationen Angenommen, genau eine der Firmen hat die Möglichkeit ein Forschungslabor einzurichten, das eine kostensparende Technologie entwickelt, mit der die Firma mit Grenzkosten c < c0 produzieren kann. Durch diese Prozessinnovation würde sich ein asymmetrischer Bertrand Wettbewerb ergeben, in dem alle Firmen mit Grenzkosten c0 produzieren, während die innovierende Firma niedrigere Grenzkosten von c < c0 hat. Die innovierende Firma kann ihre Konkurrenten unterbieten und die gesamte Marktnachfrage auf sich ziehen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 39 / 110 Prozessinnovationen 2 Fälle: 1 Die Kostensenkung ist so stark, dass die innovierende Firma als Monopolist am Markt agieren wird, i.e. alle anderen Firmen aus dem Markt drängt. Dies nennt man eine drastische Innovation. 2 Die Kostensenkung reicht für die Firma nicht aus, um als Monopolist zu agieren. Dies ist eine nicht drastische bzw. kleine Innovation. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 40 / 110 Prozessinnovationen Firma als Monopolist: Die gewinnmaximale Monopolmenge ist bestimmt durch MR(y ) = c. Der Monopolpreis ist pM (c). Entscheidend ist nun, ob dieser Monopolpreis unterhalb der Grenzkosten c0 der Konkurrenz liegt oder nicht. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 41 / 110 Prozessinnovationen Definition 1 Sei pM (c) den Preis, den ein Monopolist mit Grenzkosten von c setzt. 1 Eine Innovation heisst drastisch, wenn pM (c) < c0 ist. 2 Eine Innovation heisst klein, wenn gilt pM (c) > c0 . Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 42 / 110 Prozessinnovationen p p1 = p 0 c0 MR(y ) p(y ) y0 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) y Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 43 / 110 Kleine Prozessinnovation p pM (c1 ) p1 = p 0 c0 c1 MR(y ) y1M p(y ) y0 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) y Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 44 / 110 Kleine Prozessinnovationen Eine Kostenreduktion von c0 auf c1 ist eine kleine Innovation, da der resultierende Monopolpreis oberhalb der Grenzkosten der Konkurrenzfirmen liegt. Würde die innovierende Firma ihren Monopolpreis setzten, würden die Konkurrenzfirmen sie also unterbieten. In diesem Fall kann die innovierende Firma sich also nicht als Monopolist verhalten. Sie wird den Preis der anderen Firmen knapp unterbieten, d. h., p1 = c0 − ǫ ≡ c0 setzen und die Menge y1 = Y0 anbieten. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 45 / 110 Kleine Prozessinnovationen Kleine Innovation Eine kleine Innovation ändert also den Marktpreis und die von den Konsumenten gekaufte Menge nicht. Die einzige Konsequenz einer kleinen Innovation ist, dass der Innovator den gesamten Markt bedient und den positiven Gewinn (c0 − c1 ) Y0 erhält. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 46 / 110 Drastische Prozessinnovation p p1 = p 0 c0 p2 = pM (c2 ) MR(y ) p(y ) c2 y0 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) y2 = y2M Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 y 2. Juli 2008 47 / 110 Drastische Prozessinnovation Die Kostenreduktion von c0 auf c2 ist eine drastische Innovation, da der resultierende Monopolpreis für die innovierende Firma unterhalb der Grenzkosten der Konkurrenzfirmen liegt. In diesem Fall wird die innovierende Firma den Monopolpreis setzen, den die Konkurrenzfirmen nicht unterbieten werden (sonst würden sie zu Preisen unterhalb ihrer Grenzkosten verkaufen und Verluste machen). Es ergibt sich als neuer Preis p2 der Monopolpreis der innovierenden Firma und als als Menge y2 ihre Monopolmenge. Man sieht, dass p2 = pM (c2 ) < c0 und y2 = y M (c2 ) > Y0 gilt. Trotz des Übergangs vom Bertrand–Wettbewerb zum Monopol sinkt also der Preis und die Menge steigt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 48 / 110 Drastische Prozessinnovationen Achtung: Die Definition stellt eine Verbindung zwischen einer Änderung in den Kosten und den Marktbedingungen her. Drastische Innovation Ob eine gegebene Prozesinnovation drastisch oder klein ist, hängt also nicht nur von der Kostenreduktion ab, die sie mit sich bringt, sondern auch von den Nachfragebedingungen im Markt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 49 / 110 Patentrennen Bei Produktinnovationen spielt es eine grosse Rolle, wann ein neues Produkt auf den Markt gebracht wird. Die Firma, die zuerst ein neues Produkt auf den Markt bringt, hat aus zwei Gründen einen Vorteil gegenüber den Konkurrenzfirmen: 1 Die innovierende Firma kann ein Patent auf das Produkt erwerben, das ihr für die Patentlaufzeit die Möglichkeit gibt, einen Monopolgewinn zu erzielen. 2 Die innovierende Firma wird von den Konsumenten als Produzent höherer Qualität bewertet, so dass sie bereit sind, einen höheren Preis für die Marke des Innovators zu zahlen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 50 / 110 Patentrennen Aus diesem Grund investieren viele Firmen grosse Summen in Forschung und Entwicklung mit dem Ziel, neue Produkte auf den Markt bringen zu können. Dabei nehmen wir in der Regel an, dass der Wert der Entdeckung eines neuen Produkts darin liegt, ein Patent zu erhalten. Es geht also darum, welche Firma zuerst eine patentfähige Entdeckung macht. Daher spricht man bei diesen Modellen von auch von Patentrennen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 51 / 110 Patentrennen Frage: Wird als Folge von Patentrennen aus gesellschaftlicher Sicht zu viel oder zu wenig in F & E investiert? Betrachten wir eine Industrie mit zwei Firmen k = 1, 2, die eine neue Technologie zur Herstellung eines neuen Produktes suchen. Der Erfolg von F & E zur Entdeckung der Technologie ist unsicher. Jede Firma k hat die Möglichkeit, einen Betrag I in ein Forschungslabor investieren. In diesem Fall hat sie mit der Wahrscheinlichkeit α Erfolg, d. h., mit dieser Wahrscheinlichkeit kann sie das neue Produkt auf den Markt bringen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 52 / 110 Patentrennen Der resultierende Gewinn eines Erfolgs der F & E Investition hängt davon ab, ob die Firma allein erfolgreich ist oder ob die andere Firma ebenfalls die Technologie entdeckt. Als alleiniger Anbieter des neuen Produkts macht eine Firma einen Gewinn von V . Entdecken beide Firmen die neue Technologie, macht sie nur noch den halben Gewinn, also V /2. Im Fall des Scheiterns ist der Gewinn der Firma gleich null. Der erwartete Gewinn einer Firma aus einer Investition I hängt also davon ab, wie viele Firmen in F & E investieren. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 53 / 110 Patentrennen Wir analysieren zuerst, unter welchen Bedingungen Investitionen in F & E getätigt werden, wenn (a) nur eine Firma oder (b) zwei Firmen investieren. Dann bestimmen wir das sozial optimale Niveau der F & E Investitionen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 54 / 110 F & E einer einzelnen Firma Wenn nur Firma 1 in F & E investiert, dann wird sie mit Wahrscheinlichkeit α erfolgreich sein und einen Gewinn von (V − I) machen. Mit der Restwahrscheinlichkeit wird sie die Entdeckung nicht machen und den Verlust −I realisieren. Der erwartete Gewinn ist also αV − I. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 55 / 110 Patentrennen Nur eine Firma investiert in F & E: Firma 1 investiert I, falls αV − I ≥ 0. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 (1) 2. Juli 2008 56 / 110 Patentrennen Zwei Firmen investieren in F & E: Wenn sich zwei Firmen an einem Patentrennen beteiligen, dann ergeben sich zwei Arten der Unsicherheit für jede der beiden Firmen: Zum einen ist es die technologische Unsicherheit, ob sie selbst das Produkt erfolgreich entwickelt oder nicht. Zum anderen ist es die Marktunsicherheit, ob das Produkt von der Konkurrenzfirma entdeckt wird. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 57 / 110 Patentrennen Wenn beide Firmen F & E betreiben, dann ist der erwartete Gewinn einer Firma α(1 − α)V + α2 V /2 − I. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 58 / 110 Optimales Niveau von F & E Auszahlungsmatrix I 0 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) I 0 2 αV (2 − α ) − I αV − I, 0 2 0, αV − I 0, 0 Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 59 / 110 Optimales Niveau von F & E Nash Gleichgewichte: 3 Fälle 1 2 3 Falls αV − I < 0, lautet das einzige Nash GG (0, 0), i.e. keine Firma forscht. Falls αV − I ≥ 0 und [αV (2 − α2 )]/2 − I ≤ 0, dann existieren 2 GGe, in denen jeweils genau eine Firma forscht: (I, 0) und (0, I). Falls [αV (2 − α2 )]/2 − I ≥ 0, dann lautet das einzige Nash GG (I, I), i.e. beide Firmen forschen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 60 / 110 Das gesellschaftlich optimale Niveau von F & E Frage: Welche Zahl von Firmen, die in F & E investieren, ist Pareto effizeient, d.h. maximiert die Summe der Gewinne beider Firmen? Einerseits steigt mit der Zahl forschender Firmen auch die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung eines neuen Produktes, dies führt aber andererseits zu einer Erhöhung der aggregierten F & E Ausgaben aufgrund einer Duplizierung der Forschungsaktivitäten. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 61 / 110 Optimales Niveau von F & E Falls αV − I < 0, ist das Nash GG keine Forschung Pareto optimal. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 62 / 110 Optimales Niveau von F & E Die Nash GGe (I, 0) bzw (0, I) sind Pareto optimal, falls 1. Forschung seitens einer Firma ist besser als gar keine Forschung: αV − I ≥ 0, also I ≤ αV . 2. Forschung seitens einer Firma ist besser als Forschung durch beide Firmen: ¶ µ αV (2 − α2 ) −I αV − I ≥ 2 2 ⇒ I ≥ αV (1 − α2 ). Es gilt: Forschung durch genau eine Firma ist Pareto optimal, falls αV ≥ I ≥ αV (1 − α2 ). Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 (2) 2. Juli 2008 63 / 110 Optimales Niveau von F & E Das Nash GG (I, I) ist Pareto optimal, falls Forschung durch beide Firmen besser ist als Forschung seitens nur einer Firma, also das Gegenteil von Bedingung (2): I ≤ αV (1 − α2 ). Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 64 / 110 Optimales Niveau von F & E Die Bedingung für die Pareto Optimalität von (I, I) I ≤ αV − α3 V ist restriktiver als die für ein Nash GG von (I, I) I ≤ αV − α3 V , 2 da αV − α3 V < αV − Tone Arnold (Universität des Saarlandes) α3 V . 2 Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 65 / 110 Optimales Niveau von F & E Daraus folgt: Wenn (I, I) Pareto optimal ist, impliziert dies, dass (I, I) auch ein Nash GG ist. Aber: Es gibt Fälle, in denen (I, I) ein Nash GG darstellt, aber nicht Pareto effizient ist, nämlich wenn αV − α3 V < I < αV − Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 α3 V . 2 2. Juli 2008 66 / 110 Optimales Niveau von F & E I I = αV I II I = αV − α3 V 2 III IV I = αV (1 − α2 ) α Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 67 / 110 Optimales Niveau von F & E In der Grafik kann man die folgenden vier Bereiche unterscheiden: Bereich I Hohe Innovationskosten und geringe Erfolgswahrscheinlichkeit oberhalb des Strahls mit I = αV : Selbst für eine Firma ist es nicht profitabel, in F & E zu investieren. In diesem Fall ist es auch Pareto effizient, keine F & E zu betreiben. Bereich II Kosten und Erfolgswahrscheinlichkeit liegen unterhalb der α3 V : Für Kurve I = αV und oberhalb der Kurve I = αV − 2 eine Firma lohnt es sich zu forschen, nicht jedoch für zwei Firmen. Dies ist auch Pareto optimal. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 68 / 110 Optimales Niveau von F & E Bereich III Kosten und Erfolgswahrscheinlichkeit “mittlerer Höhe”, i.e. α3 V zwischen den Kurven I = αV − und I = αV (1 − α2 ): 2 In diesem Bereich wollen beide Firmen investieren. Aber: Dies ist nicht Pareto optimal, da die Verdopplung der Forschungskosten (2 I) grösser als der Gewinn aus einer erhöhten Wahrscheinlichkeit der Entdeckung eines Produktes. In diesem Fall liegt Marktversagen vor. Bereich IV Kosten und Erfolgswahrscheinlichkeit liegen unterhalb der Kurve I = αV (1 − α2 ): Hier sind die Investitionskosten so gering, dass es sinnvoll ist, dass beide Firmen F & E betreiben. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 69 / 110 Optimales Niveau von F & E Fazit: Für Investitionskosten “mittlerer Höhe” kann der Fall auftreten, dass zuviel investiert wird (gemessen am Pareto effizienten Niveau). Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 70 / 110 Optimale Patentlaufzeit Die Dauer eines Patents ist in verschiedenen Ländern unterschiedlich lang: in den USA beträgt sie 17 Jahre, in Deutschland 20 Jahre und in Grossbritannien 14. Frage: Warum gibt es diese Unterschiede, und was ist die optimale Dauer eines Patents? Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 71 / 110 Optimale Patentlaufzeit Es besteht ein Trade off zwischen dem Anreiz, für eine Unternehmung die effiziente Forschungsaktivität zu entfalten, da es durch ein Patent für einen bestimmten Zeitraum höhere Gewinne erwirtschaften kann, und dem Nutzen, der den Konsumenten zuwächst, wenn das Patent endet und Wettbewerb einsetzt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 72 / 110 Optimale Patentlaufzeit Ein Modell Wir betrachten eine Wettbewerbsindustrie, in der jede Firma eine nicht drastische Innovation anstrebt. Die Grenzkosten jeder Firma vor der Innovation betragen c. Dies entspricht dem Preis des Produktes (p = MC). Wenn eine Firma F & E mit einer bestimmten Intensität x betreibt, dann erhofft sie, diese Kosten auf c − x senken zu können. Diese F & E Aktivitäten verursachen Kosten in Höhe von r (x). Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 73 / 110 Optimale Patentlaufzeit Vor der Innovation entspricht der Marktpreis bei Preiswettbewerb den Grenzkosten c. Die angebotene Menge im GG wird mit Y (c) bezeichnet. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 74 / 110 Optimale Patentlaufzeit Eine Firma, die die Innovation durchführt, senkt die Grenzkosten auf c − x und kann alle anderen Firmen vom Markt verdrängen, indem sie das Produkt etwas billiger verkauft (c − ǫ) als ihre Konkurrenten. Dann bleiben der Marktpreis und die angebotene Menge unverändert. Die innovierende Firma wird jedoch einen positiven Gewinn erzielen. Wenn das Patent T Jahre gilt, dann kann sie diesen Gewinn für T Jahre sicherstellen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 75 / 110 Optimale Patentlaufzeit Sobald die Patentlaufzeit endet, haben alle Firmen Zugang zu der neuen Technologie. Der Marktpreis sinkt auf c − x, und die Menge steigt auf Y (c − x), die optimale Menge beim Preis c und Grenzkosten (c − x). Der Gewinn der innovierenden Firma wird auf die Konsumenten als Konsumentenrente umverteilt. Darüber hinaus wird durch die höhere Menge zusätzliche Konsumentenrente generiert. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 76 / 110 Optimale Patentlaufzeit (Vgl. Oz Shy, Abschnitt 9.4.1, S. 236 f.) Je länger die Patentlaufzeit ist, desto länger kann die innovierende Firma ihren erhöhten Gewinn realisieren und desto grösser ist daher auch ihr Anreiz, in F & E zu investieren. Wir wollen den Gegenwartswert des Profits bestimmen, den eine Firma, die F & E mit der Intensität x betreibt, über die T Perioden der Patentlaufzeit erzielt. Diesen bezeichnen wir mit π M (x, T ). Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 77 / 110 Optimale Patentlaufzeit Während der Patentlaufzeit verkauft die innovierende Firma die Menge Y (c − x) zum Preis c (bzw. c − ǫ). Ihr Gewinn pro Periode beträgt dann Preis c minus Grenzkosten c − x mal Menge Y (c): [c − (c − x)] Y (c) = x Y (c). Bei einem Diskontfaktor δ mit 0 < δ < 1 ist der Gegenwartswert des Profits T h i X M δ t−1 x Y (c) − r (x). π (x, T ) = t=1 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 78 / 110 Optimale Patentlaufzeit Für jede vorgegebene Patentlaufzeit wird eine Firma Innovationsaktivitäten in Höhe von x ∗ (T ) so wählen, dass dieser Ausdruck maximiert wird. Im Optimum ist der zusätzliche diskontierte Gewinn genauso gross wie die Grenzkosten der Forschung. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 79 / 110 Optimale Patentlaufzeit Natürlich wird ein Patentamt den Zusammenhang zwischen Laufzeit des Patentes und der Höhe der Forschungsaktivitäten bei einer Entscheidung über die Laufzeit mit berücksichtigen. Um nun eine optimale Wahl von T treffen zu können, muss das Patentamt diejenige Laufzeit wählen, die die volkswirtschaftliche Rente (also Konsumenten- plus Produzentenrente) maximiert. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 80 / 110 Optimale Patentlaufzeit Der Gegenwartswert der Zunahme an Konsumentenrente, die ab der Periode realisiert wird, in der die Laufzeit des Patents endet, wird mit CS(x, T ) bezeichnet. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 81 / 110 Optimale Patentlaufzeit Der Gegenwartswert der gesamten zusätzlichen volkswirtschaftlichen Rente aufgrund einer Innovation beträgt π M (x ∗ (T ), T ) + CS (x ∗ (T ), T ) − r (x ∗ (T )) . Dies ist der Gewinn der Firma während der Patentlaufzeit plus die Konsumentenrente nach Ende der Patentlaufzeit minus die Kosten der Innovation. Daraus die optimale Patentlaufzeit T ∗ zu ermitteln, ist nicht einfach, aber man kann intuitiv zeigen, dass sie endlich ist. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 82 / 110 Optimale Patentlaufzeit Argumentation: Wenn das Patentamt die Laufzeit erhöht, dann führt dies zu grösseren Forschungsaktivitäten und anfänglich zu grösserer volkswirtschaftlicher Rente. Wenn die Patentlaufzeit null beträgt, dann sind die Erträge für innovierende Firmen null, da jede Innovation sofort imitiert wird. Daher wird es keine F & E geben und die volkswirtschaftliche Rente ändert sich nicht. Wenn wir die Patentlaufzeit nun auf einen Wert T > 0 setzen, dann führt das zu F & E und damit zu einer Zunahme an volkswirtschaftlicher Rente. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 83 / 110 Optimale Patentlaufzeit Ab einer bestimmten Laufzeit wird eine weitere Erhöhung von T jedoch trotz erhöhter F & E Aktivität und daraus resultierender Senkungen der Produktionskosten zu einer Verringerung der volkswirtschaftlichen Rente führen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 84 / 110 Optimale Patentlaufzeit Zunehmende Grenzkosten für F & E: Um eine zusätzliche Kostenersparnis zu realisieren muss die Laufzeit daher überproportional erhöht werden. Diskontierung zukünftiger Erträge: Der Zuwachs an Konsumentenrente wird erst realisiert, wenn die Laufzeit des Patents beendet ist. Wenn also T sehr gross ist, dann ist der Gegenwartswert der zusätzlichen Konsumentenrente sehr gering. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 85 / 110 Optimale Patentlaufzeit Dies ist insofern ein wichtiges Ergebnis, als bisweilen der Vorschlag gemacht wird, dass ein Patentschutz eine unbegrenzte Laufzeit haben sollte. Dies würde jedoch nur die Gewinne der innovierenden Firma, nicht aber die zusätzliche Konsumentenrente berücksichtigen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 86 / 110 F & E Kooperationen Im Abschnitt über Patentrennen hatten wir gesehen, dass es unter bestimmten Umständen zu einer ineffizient grossen Investition in F & E kommen kann. Es stellt sich daher die Frage, ob die Firmen nicht durch Forschungskooperationen eine solche Doppelinvestition vermeiden können. Empirische Untersuchungen zeigen, dass solche Kooperationen zwischen Firmen häufig vorkommen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 87 / 110 F & E Kooperationen Ein Modell Wir betrachten ein einfaches Cournot–Duopol. Annahme: Zwischen den Firmen existieren technologische Spillovers, d. h. die Forschungsergebnisse einer Firma haben eine positive Auswirkung auf den Gewinn der anderen Firma. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 88 / 110 F & E Kooperationen Wir untersuchen: 1 Welche Auswirkung hat das Ausmass von Spillovers auf die Anreize der Firmen, in F & E zu investieren? 2 Welche Konsequenzen hat dies auf die Wohlfahrt? 3 Wie wirken sich Forschungskooperationen bzw. Research Joint Ventures aus? Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 89 / 110 F & E Kooperationen Die Preis Absatz Funktion ist p(Y ) = a − b Y . Es gibt zwei Firmen i = 1, 2, die das Gut mit konstanten Grenzkosten c herstellen. Durch Investitionen in F & E kann eine Firma Prozessinnovation erzielen, die diese Kosten senken. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 90 / 110 F & E Kooperationen Spillovers Eine derartige Innovation hat auch positive Auswirkungen auf die Kosten der anderen Firma, d. h. die Forschungsergebnisse einer Firma werden zum Teil auch der anderen Firma bekannt (durch Zufall, Industriespionage, Zwischenergebnisse etc.). Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 91 / 110 F & E Kooperationen Die Kostenfunktionen der beiden Firmen in Abhängigkeit von ihren F & E Intensitäten x1 und x2 sind c1 (x1 , x2 ) = c − x1 − β x2 und Tone Arnold (Universität des Saarlandes) c2 (x1 , x2 ) = c − x2 − β x1 Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 92 / 110 F & E Kooperationen Dabei nehmen wir an, dass 0 < β < 1, d. h., es existieren partielle Spillovers. Die Kosten für F & E mit Intensität x sind gegeben durch die Kostenfunktion x2 . r (x) = 2 Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 93 / 110 F & E Kooperationen Ergebnis: Man kann zeigen, dass die angebotene Menge einer Firma in den eigenen Forschungsausgaben zunimmt. Die Forschungsaktivitäten der anderen Firma bewirken prinzipiell zwei gegenläufige Effekte: Zum einen gibt es Spillovers, die die eigenen Kosten senken und dadurch die Ausbringungsmenge im Cournot Nash GG erhöhen; zum anderen gibt es den direkten Effekt, dass die andere Firma effizienter wird, was die eigene Menge im Cournot Nash GG senkt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 94 / 110 F & E Kooperationen Welcher Effekt überwiegt, hängt davon ab, ob β grösser oder kleiner als 0.5 ist. Wenn β > 0.5 ist, dann überwiegt der erste, andernfalls der zweite Effekt. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 95 / 110 F & E Kooperationen Jede Firma wird ihre Forschungsinvestition so wählen, dass sie, gegeben das Forschungsniveau der anderen Firma, ihren Gewinn maximiert. Wir müssen also die Reaktionsfunktionen bezüglich der Forschungsaktivitäten betrachten. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 96 / 110 F & E Kooperationen Man kann zeigen: Die Steigung der Reaktionsfunktionen der Firmen hängt davon ab, ob die Spillovers hoch oder niedrig sind. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 97 / 110 F & E Kooperationen Bei grossen Spillovers sind die Forschungsaktivitäten strategische Komplemente, d. h., die Reaktionsfunktionen haben eine positive Steigung. In diesem Fall führt eine Erhöhung der Forschungsinvestitionen einer Firma dazu, dass durch den hohen Spillover auch der Gewinn der anderen Firma steigt. Dadurch hat diese ebenfalls einen Anreiz, vermehrt in Forschung zu investieren. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 98 / 110 F & E Kooperationen Sind die Spillovers jedoch gering, dann sind die Forschungsinvestitionen strategische Substitute, und die Reaktionsfunktionen haben einen fallenden Verlauf. In diesem Fall führen erhöhte Forschungsinvestitionen einer Firma zu einem Wettbewerbsvorteil und einem verringerten Gewinn für die Konkurrenzfirma, die daraufhin mit einer Reduktion ihrer F & E Investitionen reagiert. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 99 / 110 F & E Kooperationen Beispiel: Die Preis Absatz Funktion ist p(Y ) = 100 − 2 Y . Die Grenzkosten sind c = 60. Die Firmen können wählen zwischen hoher Forschungsinvestition xi = 10 oder geringer Forschungsinvestition xi = 7.5. Die Spillovers sind entweder β = 1/4 oder β = 3/4. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 100 / 110 F & E Kooperationen Betrachten wir zuerst den Fall mit geringen Spillovers, also β = 1/4. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 101 / 110 F & E Kooperationen Auszahlungsmatrix: In jeder Zelle der Matrix ist zuerst der Gewinn der Firma 1 (Zeilenspieler) und zweitens der Gewinn der Firma 2 (Spaltenspieler) angegeben (auf ganze Zahlen abgerundet). x2 = 7.5 x2 = 10 x1 = 7.5 107,107 100,110 x1 = 10 110,100 103,103 Die Auszahlungen im Nash GG sind rot markiert. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 102 / 110 F & E Kooperationen Das Nash Gleichgewicht im Fall geringer Spillovers führt dazu, dass beide Firmen eine hohe Forschungsinvestition wählen. Die Auszahlungsmatrix entspricht der eines Gefangenendilemmas, denn beide Firmen könnten sich verbessern, wenn beide niedrige F & E Ausgaben wählen würden. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 103 / 110 F & E Kooperationen Intuitiv führen geringe Spillovers dazu, dass beide Firmen übermässig aggressive F & E betreiben, da sie sich jeweils einen Wettbewerbsvorteil von der Kostenreduktion versprechen, an der ihr Konkurrentin kaum partizipiert. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 104 / 110 F & E Kooperationen Für hohe Spillovers, also für β = 3/4, ist die Auszahlungsmatrix x2 = 7.5 x2 = 10 x1 = 7.5 128,128 136,125 x1 = 10 125,136 133,133 Die Auszahlungen im Nash GG sind rot markiert. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 105 / 110 F & E Kooperationen Bei hohen Spillovers wählen beide Firmen im Nash Gleichgewicht geringe F & E Ausgaben. Auch hier entspricht aber die Auszahlungsmatrix der eines Gefangenendilemmas. Diesmal wäre die Pareto Verbesserung die gemeinsame Wahl hoher F & E Ausgaben. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 106 / 110 F & E Kooperationen Intuition: Hohe Spillovers machen F & E Ergebnisse zu quasi öffentlichen Gütern. Die F & E Aktivität einer Firma übt einen positiven externen Effekt auf die andere Firma aus. Daher reduzieren sich die Anreize jeder Firma, selbst F & E zu betreiben. Beide Firmen möchten als Trittbrettfahrer von der F & E der jeweils anderen Firma profitieren. Dies führt zu insgesamt zu niedrigen F & E Investitionen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 107 / 110 F & E Kooperationen Frage: Wie können die beiden Duopolisten diese Trittbrettfahrer Problem lösen? Forschungskooperation: Die beiden Firmen koordinieren ihre Forschungsaktivitäten so, dass sie ihren Gesamtgewinn maximieren. Dadurch internalisieren sie die externen Effekte durch die Spillovers. Wichtig: Dabei bleiben sie auf dem Produktmarkt weiterhin Konkurrenten. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 108 / 110 F & E Kooperationen Ergebnis: Die Möglichkeit, durch eine Koordination der Forschungsaktivitäten die externen Effekte der Forschungsinvestitionen zu internalisieren, führt dazu, dass der Gewinn bei Koordination immer mindestens so hoch ist, wie bei nichtkooperativem Verhalten. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 109 / 110 F & E Kooperationen Allerdings sind Forschungskooperationen nicht immer vorteilhaft für die Konsumenten. Wenn die Spillovers gering sind, dann werden im nichtkooperativen Gleichgewicht grosse Forschungsaktivitäten unternommen, die zu Kostensenkungen, einem grösseren Output und damit zu geringeren Preisen führen. Tone Arnold (Universität des Saarlandes) Vorlesung Industrieökonomik Teil 4 2. Juli 2008 110 / 110