Soziologie des Arbeitsmarktes Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage: Das neoklassische Grundmodell Inhalt 1. Grundlegende Annahmen des neoklassischen Modells 2. Das Arbeitsangebot (Haushaltssektor) 3. Die Arbeitsnachfrage (Unternehmenssektor) 4. Der Arbeitsmarkt 5. Kritik Grundlegende Annahmen des neoklassischen Modells • Eigennutzaxiom - alle Akteure handeln völlig rational → Nutzenmaximierung der Haushalte → Gewinnmaximierung der Unternehmen Grundlegende Annahmen des neoklassischen Modells Vollkommener Markt • • • • • Homogenes Gut Flexible Preise Vollständige Transparenz Punktmarkt Abwesenheit von Präferenzen Grundlegende Annahmen des neoklassischen Modells Funktionierender Marktmechanismus • • • • Vollständige Konkurrenz Preisnehmerschaft Mengenanpassungsverhalten Marktgleichgewicht Das Arbeitsangebot Nutzenmaximierung der Haushalte Haushalte haben Nutzen aus: • Freizeit • Konsum Konsum wird durch Arbeitseinkommen finanziert. Arbeitszeit verringert die Freizeit. Das Arbeitsangebot Nutzenmaximierung der Haushalte Grenznutzentheorem: • Eindeutiges Präferenzfeld • Arbeitszeit und Freizeit sind frei substituierbar • Grenznutzen von Arbeit (Einkommen) und Freizeit sind gleich • Resultat: Konsum-Freizeit-Entscheidung Das Arbeitsangebot Nutzenmaximierung der Haushalte Graphische Darstellung: • Präferenzfeld ≙ Indifferenzkurven • Arbeitseinkommen ≙ Budgetgerade • Nutzenoptimum ≙ Tangentialpunkt Das Arbeitsangebot IDK Konsum C Budgetgerade Freizeit Arbeitszeit Freizeit Das Arbeitsangebot C Konsum IDK Budgetgerade Freizeit Arbeitszeit Freizeit Das Arbeitsangebot Nutzenmaximierung der Haushalte Steigender Reallohn: • Substitutionseffekt Arbeitsangebot wird ausgedehnt • Einkommenseffekt Arbeitsangebot wird eingeschränkt • Gesamteffekt je nach Stärke des Substitutions- und Einkommenseffekts Das Arbeitsangebot Auswirkungen des Einkommens- und Substitutionseffekts auf das Arbeitsangebot C EE SE Freizeit Das Arbeitsangebot 1. Fall: Einkommens- und Substitutionseffekt heben sich auf mehr Konsum C EE = SE Freizeit Das Arbeitsangebot 2. Fall: der Einkommenseffekt dominiert C mehr Konsum ? EE > SE mehr Freizeit Freizeit Das Arbeitsangebot 3. Fall: Der Substitutionseffekt dominiert C mehr Konsum EE < SE mehr Arbeit Freizeit Das Arbeitsangebot Neoklassische Annahme: • Der Substitutionseffekt dominiert → Mit steigenden Reallohn steigt das Arbeitsangebot der Haushalte Das Arbeitsangebot w p Y Arbeitsangebot SE > EE Freizeit Arbeitszeit Das Arbeitsangebot w p Y Arbeitsangebot SE = EE Freizeit Arbeitszeit Das Arbeitsangebot w p Y EE > SE Freizeit Arbeitsangebot Arbeitszeit Die Arbeitsnachfrage Gewinnmaximierung der Unternehmen • Produktionsbedingungen durch die Produktionsfunktion vorgegeben • Kapitalbestand kurzfristig gegeben • Jede Arbeit-Kapital-Kombination ist möglich Die Arbeitsnachfrage Gewinnmaximierung der Unternehmen graphische Darstellung: Produktionsniveau ≙ Isoquanten Kosten ≙ Isokostengerade Gewinnmaximum ≙ Tangentialpunkt Die Arbeitsnachfrage Gewinnmaximierung = Kostenminimierung K Isoquanten Isokostengerade N Die Arbeitsnachfrage Gewinnmaximierung der Unternehmen Grenzproduktivitätstheorem: • Produktivität der Arbeitnehmer • herrschender Reallohn • sinkende Grenzerträge Die Arbeitsnachfrage • Gewinnmaximierung der Unternehmen Grenzproduktivitätstheorem: Bei gegebener Produktionsfunktion und gegebenem Kapitalbestand ist die Arbeitsnachfrage ausschließlich abhängig vom Reallohn GPA = Reallohn Die Arbeitsnachfrage Bei vollständiger Konkurrenz müssen die Unternehmen den herrschenden Marktlohn zahlen. → Preisnehmer Die Unternehmen passen zum Reallohn ihre nachgefragte „Menge“ an Arbeit an. → Mengenanpassung Die Arbeitsnachfrage Y w1 p w2 p Produktionsfunktion N w GPA = Reallohn w1 p w2 p Arbeitsnachfrage N Der Arbeitsmarkt mit : w w = Lohn N = Beschäftigung L = max. Arbeitszeit w* Arbeitsangebot Arbeitsnachfrage N* L N Der Arbeitsmarkt • Schnittpunkt der Funktionen liefert den Gleichgewichtslohn w* und die gleichgewichtige Beschäftigung N* • Nachfrage nach Arbeit entspricht dem Angebot an Arbeit • Gleichgewicht durch Anpassung des flexiblen Lohnes • Neoklassisches Ideal der Selbstregulierung der Märkte Der Arbeitsmarkt Arbeitslosigkeit w • • • • Lohn w1 ist zu hoch Angebot > Nachfrage Lohn sinkt in Richtung w* Mengenentscheidungen werden neu getroffen • Arbeitsangebot (HH) • Arbeitsnachfrage (U) w1 Arbeitsangebot w* Arbeitsnachfrage N1 Gleichgewicht bei w* & N* erreicht N* L N Der Arbeitsmarkt Unterbeschäftigung w • • • • Lohn w2 ist zu niedrig Angebot < Nachfrage Lohn steigt in Richtung w* Mengenentscheidungen werden neu getroffen Arbeitsangebot W* Arbeitsnachfrage w2 • Arbeitsangebot (HH) • Arbeitsnachfrage (U) FA N2 Gleichgewicht bei w* & N* erreicht N* L N Freiwillige Arbeitslosigkeit • Im Gleichgewicht ist jede Arbeitslosigkeit freiwillig (Bereich FA) • Bei w* gilt: Jeder Arbeitsanbieter (Arbeitnehmer) der zu w* arbeiten möchte findet Arbeit, und jeder Unternehmer der zu w* Arbeitnehmer sucht, findet sie auch Freiwillige Arbeitslosigkeit = selbstgewählte Freizeit Annahmen des neoklassischen Modells • flexible Löhne • vollkommene Konkurrenz • vollständige Information • Arbeit als homogenes Gut • vollkommene Mobilität der Arbeitnehmer Annahmen des Modells & Kritik Flexible Löhne • Lohn = Preis der Arbeit • Lohn unterliegt keinerlei Friktionen Augenblickliche Anpassung an aktuelle Knappheitsrelationen Arbeitsmarkt als Gütermarkt Kritik : Löhne nicht flexibel – besonders nach unten hin beschränkt (Gewerkschaften, Staat, AG-Verbände) Auflösen der Annahme in der Keynesianischen Theorie Annahmen des Modells & Kritik Vollkommene Konkurrenz • keine Zutrittsbarrieren oder Wettbewerbsbeschränkungen Marktmacht am Arbeitsmarkt wird somit ausgeschlossen Wirtschaftsakteure als Preisnehmer Kritik: Arbeitsmarkt durch Marktmacht weniger Akteure gekennzeichnet (Gewerkschaften,AG-Verbände, Großunternehmen, Staat) Annahmen des Modells & Kritik Vollständige Information Arbeitnehmer: Arbeitgeber: - welche Stellen sind offen? - zu welchen Löhnen? - zu welchen Arbeitsbedingungen? - umfassende Übersicht über alle möglichen Bewerber für eine offene Stelle Akteure handeln mit vollkommener Sicherheit über die Zukunft Vollständige Transparenz Kritik: Unsicherheit und unvollständige Information sind kennzeichnend für den Arbeitsmarkt Auflösen der Annahme in der Kontrakttheorie Annahmen des Modells & Kritik Arbeit als homogenes Gut • Arbeitnehmer unterscheiden sich nicht in ihren Fähigkeiten • Arbeitnehmer sind gleich produktiv und substituierbar Austauschbarkeit des Produktionsfaktors Arbeit Kritik: Arbeitnehmer unterscheiden sich stark in ihren Fähigkeiten Auflösen der Annahme in der Humankapitaltheorie Annahmen des Modells & Kritik vollkommene Mobilität der Arbeitnehmer • Arbeitnehmer sind vollkommen mobilitätsfähig und -bereit Bei Verschlechterung der Arbeitsbedingungen erfolgt ein Wechsel dorthin, wo bessere Bedingungen vorliegen. Funktionsfähigkeit des Gleichgewichtsmechanismus Kritik: Zeit und Geld zur Suche einer neuen Stelle notwendig Arbeit kein „normales“ Gut Kritik Arbeitsangebotsfunktion • monoton steigender Verlauf nicht zwingend richtig, Verlauf der Funktion von individuellen Präferenzen abhängig • Nutzenfunktion der Arbeitnehmer von mehr Determinanten als Einkommen und Freizeit abhängig • starres Präferenzsystem unrealistisch, da einkommensabhängig • Flexibilität des Arbeitszeitangebotes nicht realistisch (Primary & secondary workers) Kritik Arbeitsnachfragefunktion • substitutionale Produktionsfunktion (Arbeit oder Kapital) entspricht häufig nicht der Problemstellung • Gesamtnachfragefunktion schwer haltbar, da weniger Lohn und Beschäftigung die Güternachfrage senkt • Keine Berücksichtigung des Zusammenhangs von Arbeitsund Gütermarkt Kritik Arbeitslosigkeit: • Empirisch beobachtbare, anhaltende Arbeitslosigkeit existiert im Modell nicht • Arbeitslosigkeit kann nur exogen verursacht und von kurzer Dauer sein (Anpassung der Wirtschaftsakteure) • Einziger Erklärungsansatz sind zu hohe Löhne und das Versagen des Preismechanismus durch rigide Löhne mögliche Klausurfragen • Beschreiben Sie wie im neoklassischen Modell des Arbeitsmarktes die gleichgewichtige Beschäftigung erreicht wird. • Welche vereinfachenden Annahmen stellt das neoklassische Modell? • Beschreiben Sie das Phänomen „Arbeitslosigkeit“ aus neoklassischer Sicht.