Tumortherapie mit schweren Ionen Einrichtung eines Patienten zur Schwerionen Therapie. Um den Tumor im Kopf präzise zu bestrahlen wird der Kopf mit einer Maske fixiert. Lins im Bild sieht man die Strahlmonitore. Schwerionentherapie ist eine neue, hochpräzise Form externer Strahlentherapie. Sie ermöglicht für besonders strahlenresistente Tumorformen größere Heilungschancen als andere Therapien. Schwerionentherapie ist jedoch keine allgemeine Lösung für die Behandlung von allen Tumorarten. Schwerionentherapie hat folgende Unterschiede zur konventionellen Strahlentherapie: • eine höhere Dosis im Tumor bei einer geringen Belastung des Normalgewebes im Eingangskanal • eine präzisere Konzentration der Dosis im Zielvolumen mit steileren Randabfällen zum Normalgewebe • eine höhere biologische Wirksamkeit für Tumoren, die sonst sehr strahlenresistent sind Diese Eigenschaften erlauben es, strahlenresistente Tumoren auch in der Nähe von empfindlichen Organen mit großem Erfolg zu behandeln. Vergleich von Kohlenstoffbestrahlung (links) und Photonenbestrahlung (rechts). Bei der Photonen (Intensitätsmodulierte Bestrahlung IMRT) werden 9 Eingangskanäle benutzt, um die hohe Dosis gleichmäßig zu verteilen. Für Kohlenstoff ist bei nur zwei Eingangskanälen die Belastung des gesunden Gewebes sehr viel kleiner. Weitere Information finden Sie unter:http://www.gsi.de/documents/DOC-2008-Jun-16-1.pdf Gerhard Kraft: Schwere Geschütze gegen Krebs, Physik Journal Heft 2/2007, Seiten 29-35 Tumortherapie bei GSI Am 13. Dezember 1997 wurde an der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) der erste Tumorpatient mit schweren Ionen bestrahlt. Dies war die erste intensitätsmodulierte Schwerionentherapie weltweit. Bis zum Ende des Projekts wurden insgesamt 440 Patienten mit strahlenresistenten Tumoren sehr erfolgreich behandelt 5 12 4 C−Ionen 250 MeV/u 300 MeV/u relative Dosis Die strahlenbiologische Forschung hatte gezeigt, dass Kohlenstoff der ideale Strahl zur Behandlung tiefliegender, strahlenresistenter Tumoren ist: eine niedrige Dosis im Eingangs-Kanal verursacht meist reparable biologische Schäden. Eine hohe Dosis am Strahlende kombiniert mit einer hohen biologischen Wirksamkeit ermöglicht eine effiziente Inaktivierung strahlenresistenter Tumoren. Die minimale Seitenstreuung ergibt eine Millimeter-Präzision im Ziel. Außerdem konnte mit dem Kohlenstoffstrahl erstmals ein Verfahren zur Strahllokalisierung im Patienten verwirklicht werden: Ionenstrahlen produzieren im Gewebe des Patienten zu einem kleinen Prozentsatz instabile Isotope, die über die Emission von Positronen zerfallen. Mit einer Kamera zur Positronen-Emissions-Tomographie (PET) kann man den Zerfallsort von außen lokalisieren. Damit lässt sich zum ersten Mal bei einer Tumortherapie der Strahl im Patienten während der Bestrahlung nachverfolgen. 3 2 18 MeV Photonen 1 60 Co−Gamma 120 keV Röntgen 0 0 5 10 15 20 Tiefe in Wasser [cm] Tiefendosis-Verteilungen von Photonen und Teilchen-Strahlen. Für Photonen fällt die Dosis mit der Tiefe ab. Teilchenstrahlen haben dagegen am Ende der Reichweite ein Dosismaximum, das über den Tumor gelenkt werden kann. Bis jetzt wurden an der GSI mehr als 400 Patienten mit Kohlenstoffionen mit großem Erfolg behandelt. Zunächst wurden nur Patienten mit Tumoren im Kopf- und Halsbereich bestrahlt. Hier ist die Geometrie des Zielvolumens zwar kompliziert, aber der Kopf kann besonders einfach mit einer Maske fixiert werden. Später wurde das Verfahren auf Tumoren längs der Wirbelsäule ausgedehnt. Mit der Bestrahlung von Patienten mit Prostatakrebs wurde begonnen. Die Bestrahlung erfolgt mit dem bei der GSI entwickelten extrem präzisen Rasterscanverfahren. Diese Therapie ist ein gemeinsames Projekt der GSI Darmstadt mit dem Universitätsklinikum Heidelberg, dem Krebsforschungszentrum Heidelberg und dem FZR Dresden. Prinzip des Rasterscan-Verfahrens. Der feine "Nadelstrahl" von einigen Millimetern Durchmesser wird mit zwei schnellen Magneten senkrecht und waagerecht über jede Scheibe des Tumors geführt. Derzeit ist es noch nicht möglich, Tumoren im Thorax- und Bauchbereich zu bestrahlen, weil sich die Organe aufgrund der Atmung und des Herzschlags bewegen. Ein Kompensationssystem wird z. Z. bei der GSI entwickelt. Parallel zu diesen Forschungsarbeiten und dem laufenden Pilotprojekt Therapie ist die GSI am technischen Aufbau einer dedizierten Kohlenstoff-Protonen-Therapie in Heidelberg führend beteiligt. Für ein ähnliches Projekt in Pavia (Italien) baut die GSI die erste Beschleunigerstufe. Die GSI hat an die Firma Siemens Partikel Therapie exklusive Patentlizenzen zu vielen technischen Einzelheiten vergeben und einen Vertrag über Wissenstransfer abgeschlossen. Damit und mit dem eigenen Medizingerätepark bietet die Firma Siemens weltweit ein führendes Schwerionentherapie-System an. In Marburg und in Kiel werden die ersten kompletten Schwerionentherapie Anlagen von der Fa. Siemens geliefert. Die ersten Patienten sollen 2010 bzw. 2013 bestrahlt werden.