Kapitel 11

Werbung
Mindestlohn im Monopol - S. - 1 -
Mindestlohn im Monopol
(Betz)
In Kapitel 14 haben wir angenommen, daß das Unternehmen nur auf dem Markt, auf dem es
anbietet eine Monopolstellung inne hat. Daher war zwar der Preis des Produktes von der
Outputmenge abhängig: dies reflektiert die PAF, nicht aber der Preis der in der Produktion
eingesetzten Faktoren.
Dies erlaubte die Unterstellung konstanter Grenzkosten, denn die Kosten sind ja gleich Preis der
eingesetzten Faktoren mal Menge der eingesetzten Faktoren. Und wenn der Preis konstant ist, und,
bei konstanten Skalenerträgen, die eingesetzten Mengen linear mit dem Output steigen, dann
bedeutet eine Verdopplung der Produktion, weil sie eine Verdopplung des Faktoreinsatzes verlangt,
eine Verdopplung der Kosten. Die Kosten pro erzeugter Einheit bleiben damit konstant, ebenso die
Grenzkosten.
Was passiert aber, wenn das Unternehmen sowohl am Gütermarkt als auch am Faktormarkt eine
Monopolstellung inne hat?
In diesem Fall bedeutet eine Ausweitung der Produktion zweierlei:
Erstens sinken die am Gütermarkt erzielbaren Preise (PAF).
Und zweitens steigen die Preise der Faktoren, die das Unternehmen für die Produktion einkaufen
muß.
Um diesen zusätzlichen Effekt zu analysieren, seien einige vereinfachende Annahmen getroffen.
a) Das Unternehmen setzt als einzigen Produktionsfaktor Arbeit ein.
b) Es produziert unter konstanten Skalenerträgen. Für die Erstellung einer Einheit seines Produkts x
seien a Einheiten Arbeit nötig.
c1) Der betrachtete Markt sei relativ klein im Vergleich zur Gesamtwirtschaft. Der Grund: Der
Preis der Arbeit ist ja nicht der Geld-, sondern der Reallohnsatz, also der Geldlohn geteilt durch das
Preisniveau. Nun geht aber der Preis des vom Monopolisten produzierten Gutes in das Preisniveau
ein. Ist der Anteil der Ausgaben für dieses Gut sehr gering, können wir diesen Effekt
vernachlässigen. Hinzu kommt: Wenn das Unternehmen groß ist, dann kann ja die Nachfrage nach
seinem Produkt schlecht unabhängig von der Lohnsumme sein, die es auszahlt - schließlich sind
seine Beschäftigten zugleich seine Nachfrager. Als anderes Extrem wird anschließend der Fall c2)
betrachtet werden:
c2) Das Unternehmen sei das einzige Unternehmen in der Volkswirtschaft.
Wie stets maximiert das Unternehmen seinen Gewinn als Differenz von Umsatzerlös minus Kosten.
max G = E - K
x
also benutze die Variable x (den Output), um Deinen Gewinn (Erlös minus Kosten) zu maximieren.
Wichtig ist jetzt, daß x sowohl in der Erlösfunktion zweimal erscheint also auch in der
Kostenfunktion
Erlösfunktion:
E = p(x) ▪ x
Also Erlös gleich Preisabsatzfunktion mal Absatz.
Kostenfunktion:
K = x ▪ w (x)
Kosten gleich Outputmenge mal Lohn pro Einheit Arbeit - wobei der Lohnsatz jetzt von der
Beschäftigung abhängt. Bei entsprechender Normierung - eine Arbeitseinheit erzeugt eine Einheit
Output - können wir ihn aber, wie hier geschehen, auch von der Outputmenge abhängig machen: Da
Mindestlohn im Monopol - S. - 2 wir in der Wahl der Einheiten frei sind, nehme ich an, daß die Zeiteinheit, auf die sich der Lohnsatz
bezieht, gerade die Zeit sei, die nötig ist, um eine Einheit x herzustellen. Wenn also in einer Stunde
von einem Arbeiter sechs Einheiten Output erstellt werden können, dann ist der Lohnsatz eben der
Lohn für 10 Minuten. (Wenn das für Sie intuitiver ist, können Sie auch annehmen, daß Stücklohn
gezahlt wird. Unter unseren Annahmen - homogene Arbeit (alle Arbeiter leisten in der gleichen Zeit
gleich viel) - kommt das auf's gleiche raus.) Die Annahme ist nicht wesentlich, erspart aber eine
Variable in der Kostenfunktion: Letztlich ist es eben wenn Sie Ihr Zimmer mit einem Zollstock
vermessen, einfacher, die Werte in Zentimeter zu notieren als in Inch. Letzteres geht zwar auch,
aber Sie müssen immer noch einen Umrechnungsfaktor mit sich herumschleppen.
Es sei nun die Preisabsatzfunktion (also die nach p aufgelöste Nachfragefunktion):
p = 100 - x
und die Lohnfunktion (also die nach w aufgelöste Arbeitsangebotsfunktion):
w = 0,5 ▪ x.
Hinweis: Die Lohnfunktion besagt nicht, dass die Arbeiterinnen eine halbe Einheit x bekommen,
wenn sie eine Einheit herstellen. w ist ja hier nicht in Einheiten von Gut x ausgerückt. Vielmehr
bekommen sie, wenn 10 Einheiten Arbeit gebraucht werden (mit denen sich genau 10 Einheiten x
herstellen lassen), einen Stücklohn von 5 [€ oder was immer]. Wie viel Einheiten von Gut x sie sich
kaufen können, wie hoch der Anteil der Löhne am Wert des Output ist, hängt aber vom Preis von
Gut x ab.
Die Gewinnfunktion ist also
G = x ▪ (100 - x) - x ▪ (0,5 ▪ x)
Damit ist die Bedingung (erster Ordnung) für die Gewinnmaximierung:
G' = E' - K' =! 0
und damit hier:
G' = 100 - 2 ▪ x x
=! 0
E'
K'
Also ist die den Gewinn maximierende Angebotsmenge 100/3, die Beschäftigung ist wegen unserer
Normierung ebenso hoch und der Lohnsatz ist 50/3. (100/3 eingesetzt in die Lohnfunktion.)
Nehmen wir nun an, die Regierung schreibe diesem Unternehmen einen Lohnsatz in Höhe von
wmin vor.
Dann ändert sich für das Unternehmen die Gewinnmaximierungs Bedingung zu:
G = x ▪ (100 - x) - x ▪ wmin =>
G' = 100 - 2 ▪ x - wmin = 0
Wie viel das Unternehmen anbietet hängt, also jetzt von der Höhe des Mindestlohnsatzes ab. Auf
diesen hat es jedoch nun keinen Einfluß mehr.
Es ist: das Angebot des Monopolisten (die Gewinnmaximierungs Bedingung aufgelöst nach x):
xAT = (100 - wmin)/2
Wegen der überaus geschickt gewählten Normierung (für eine Einheit Output brauche ich eine
Einheit Arbeit) ist dies zugleich seine Arbeitsnachfragefunktion:
ANE = (100 - wmin)/2
Die Arbeitsangebotsfunktion hatten wir schon (die hat ja die Lohnfunktion geliefert):
AAT = 2 ▪ wmin
Damit ist der Mindestlohnsatz, bei dem der Arbeitsmarkt geräumt wäre, gleich 20, Beschäftigung
und Output liegen bei 40.
Man sieht: Ist ein Unternehmen sowohl am Güter- als am Faktormarkt Monopolist, führt die
Einführung eines über dem bisherigen Lohnsatz liegenden Mindestlohns zu einer steigenden
Beschäftigung.
Dieses zunächst verblüffende Ergebnis hat einen ziemlich leicht nachvollziehbaren Grund: Ist das
Unternehmen Preisnehmer, so sind seine Grenzkosten gleich dem Lohnsatz. Ist es hingegen
Mindestlohn im Monopol - S. - 3 Preissetzer am Faktormarkt, so sind die Kosten für eine weitere Einheit gleich dem Lohnsatz, der
erforderlich ist, um die zusätzliche Arbeiterin anzuwerben plus den zusätzlichen Lohnkosten für die
bereits beschäftigten Arbeiter, die sich daraus ergeben, dass das Lohnniveau jetzt allgemein steigt.
Nehmen wir an, das Unternehmen habe bisher 10 Einheiten angeboten und überlege, was die
Grenzkosten einer 11 Einheit sein mögen.
Bei Konkurrenz am Faktormarkt ist der Lohn für es ein Datum. War der Lohnsatz z.B. 5,5, so sind
die Grenzkosten der 11. Einheit eben der Lohn für eine weitere Arbeitseinheit, also 5,5.
Ist das Unternehmen hingegen Monopolist am Arbeitsmarkt, dann hat es bisher, gegeben die
Arbeitsangebotskurve, einen Lohnsatz von 5 zahlen müssen, um die 10 Einheiten Arbeit zu
bekommen, die erforderlich waren, um 10 Einheiten Output herzustellen. Will es 11 Einheiten
herstellen, so muß es einen Lohn von 5,5 anbieten, weil es sonst den 11. Arbeiter nicht bekommt.
Die Grenzkosten einer weiteren Einheit Output sind für es daher: die 5,5 Lohn für den 11. Arbeiter
und die 0,5 Lohnerhöhung pro Nase für die bisher beschäftigten 10 Arbeiterinnen, zusammen 15,5.
Wenn das Unternehmen Monopolist am Arbeitsmarkt ist, verläuft seine Grenzkostenkurve also
steiler und - jedenfalls in der Umgebung des Gleichgewichts - oberhalb der Grenzkostenkurve des
Monopolisten, der am Faktormarkt Preisnehmer ist.
Daher bietet das Unternehmen weniger an, zahlt niedrigere Löhne und verlangt höhere Preise wenn
es auch Preissetzer am Faktormarkt ist. Diese beiden Konstellationen vergleicht Abb. 1, wobei die
schwarzen Einträge das Angebot bei vollständiger Konkurrenz,1 die blauen die des Monopols am
Gütermarkt und die roten die eines Unternehmens bezeichnen, das Monopolist sowohl am Güterwie am Faktormarkt ist.
Die Konkurrenzlösung erhalten Sie, wenn Sie aus der Nachfragefunktion eine
Arbeitsnachfragefunktion machen: Die Grenzkosten sind gleich w/2, also ist der Preis bei
vollständiger Konkurrenz gleich w/2. Folglich ist die Arbeitsnachfrage gleich 100 - w/2. Es folgt:
x* = 80, w* = 40, p* = 20.
Die Lösung für das Monopol nur am Gütermarkt haben wir auch schon: Sie ist identisch mit der
Lösung für den maximalen Mindestlohnsatz: x* = 40 (also: p = 60), w = 20 (also: GK = 10).
Und die Lösung für das Monopol an Güter- wie Faktormarkt war: x* = 33,3 (also: p* = 66,7).
Die Grenzkosten sind ebenfalls 33,3 (Die Kostenfunktion: x ▪ (0,5 ▪ x) abgeleitet nach x an der
Stelle x = 33.)
1 Hinweis:
Mindestlohn im Monopol - S. - 4 Abbildung 1: Drei Marktlösungen bei unterschiedlicher Marktmacht:
p
100
XNE ;
PAF
K'
p*
p*
K'
p*
K'
GE
x* x*
x*
100
x
Was geschieht jetzt, wenn ein Mindestlohnsatz eingeführt wird? Nun bis zu diesem
Mindestlohnsatz hat die Angebotsentscheidung des Monopolisten keinen Einfluß auf den Lohnsatz
und daher auf seine Grenzkosten. Die Grenzkostenkurve bekommt also jetzt einen Knick: Bis zum
Mindestlohnsatz verläuft sie parallel zur x-Achse und erst nach Erreichen des Mindestlohnsatzes
knickt sie nach oben ab. Im konkreten Beispiel wäre das bei x = 2 * wmin der Fall, weil ja erst ab
dieser Menge ein höherer als der Mindestlohnsatz gezahlt werden muß, um genug Arbeitseinheiten
am Arbeitsmarkt zu bekommen.
Dies illustriert Abb. 2, in der die hellrote GK-Kurve die Situation vor und die dunkelrote die nach
Einführung des Mindestlohnsatzes wiedergibt. Solange zum Mindestlohnsatz weitere Arbeit
verfügbar ist, sind die Grenzkosten konstant (= wmin), weil für jedes weitere produzierte Gut genau
eine Einheit Arbeit erforderlich ist. Sobald die Outputmenge erreicht ist, bei der alle am
Arbeitsmarkt zu wmin angebotene Arbeit benötigt wird, springt die Grenzkostenkurve auf den alten
Verlauf - weil jetzt wieder Lohnerhöhungen für alle Beschäftigten erforderlich sind, um eine
weitere Einheit Arbeit zu akquirieren. (Nur der Übersichtlichkeit halber ist die neue Kurve in
diesem Abschnitt unterhalb der alten eingezeichnet.)
Mindestlohn im Monopol - S. - 5 Abb. 2 Veränderung der Grenzkostenkurve bei Einführung eines Mindestlohnes
p
100
XNE ;
PAF
K'
K'
p*
p*
wmin
GE
x
*
x = 2*
wmin
100
x
Ein geschickt gewählter Mindestlohnsatz (der zwar nicht zu hoch sein darf, auf jeden Fall aber über
dem bisherigen Lohnniveau liegen muss) verschiebt also das Angebot des Monopolisten nach rechts
und erhöht so den Output, die Beschäftigung und die Löhne. Lohnsumme und Konsumentenrente
steigen, die Monopolrente und der Nettowohlfahrtsverlust gehen zurück.
c2) Der Monopolist ist der einzige Anbieter und damit auch der einzige Arbeitgeber.
Der Fall ist besonders leicht: Jetzt bestimmt der Preis des Produkts oder der Produkte den
Reallohnsatz (w/p). Da eine Einheit Arbeit eine Produkteinheit herstellt, bedeutet dies,
1) daß der Reallohnsatz zwischen 0 und 1 liegen muß - der Lohn kann nicht negativ werden und die
Arbeiter können nicht mehr von Output bekommen, als überhaupt hergestellt wurde.
2) Der Gewinn ist gleich dem Teil des Outputs, der nicht als Lohn ausgezahlt wird:
G = (1 - w) * x
Da der geforderte Lohn von der Beschäftigung abhängt, ist der
Gewinn = x - x * w(x)
Da w mit steigendem x monoton steigt, ist dies eine Parabel, die für x = 0 den Wert 0 annimmt,
zunächst ansteigt, und dann an der Stelle xmax, an der w(x) den Wert eins annimmt wieder Null
wird. (Das Ding sieht also so aus, wie eine Laffer Kurve)). Der Unternehmer wird den Gewinn
maximierenden Output wählen der jedenfalls unter der maximalen Outputmenge liegen wird.2
2 Was aber, wenn die Unternehmenseigentümer zwar den Gewinn maximieren wollen, diesen aber gar nicht ausgeben
möchten? In diesem Falle ist die Nachfrage eine Beschränkung der Produktion und wir sind im keynesianischen Fall
gelandet. Auf diesen kann im Rahmen dieser Veranstaltung nicht eingegangen werden.♠) Einen (sehr, sehr kurzen)
Einstieg bietet aber der Anhang 2 zu Kapitel 15.
♠)
Es genüge hier, zu sagen, daß dann eben nur so viele Arbeiterinnen beschäftigt werden, wie erforderlich, damit
diese ihre eigenen Lohngüter und die Konsumnachfrage der Unternehmenseigentümer befriedigen können. (Jau,
Mindestlohn im Monopol - S. - 6 Erneut kann ein staatlicher Mindestlohnsatz das Ergebnis verbessern: Je höher der Lohnsatz, desto
höher das Arbeitsangebot, desto mehr kann produziert werden. Ein höherer Mindestlohnsatz kann
also, in dem er dem Monopolisten die Möglichkeit nimmt, durch eine geringere Arbeitsnachfrage
die Lohnsätze niedrig zu halten, Beschäftigung und Volkseinkommen erhöhen.
Abb. 3: Gewinnmaximierung einziges Unternehmen
Gewinn
G
*
w*
wmin
1
w
A*
x*
Arbeit, Output
ANE
c3) Letzter Fall: Konkurrenz am Gütermarkt, Monopolist am Faktormarkt.
Zuerst wollte ich den Fall gar nicht anfassen: Bei freier Faktormobilität ist er unplausibel, denn
wenn ich mehrere Anbieter habe, warum wechseln die Arbeiterinnen dann nicht zu dem Anbieter,
der am meisten zahlt - und dann habe ich doch Wettbewerb unter den Faktornachfragern.
Aber was, wenn das Unternehmen am Weltmarkt anbietet, aber keine Migration möglich ist? Im
Kontext der Globalisierungdebatte ist der Fall also gar nicht so unwahrscheinlich. Allerdings liefert
er gegenüber c2) keine neuen Informationen. Da hier der (Weltmarkt)preis gegeben ist, läuft das in
der Sache aufs gleiche raus wie in c2, wo der Preis ja auch vorgegeben war, das das Gut X
gleichzeitig als Lohngut eingesetzt wurde. Also gleicher Fall wie oben: Mindestlohnsätze können
die Beschäftigung erhöhen.
Anmerkung
Machen Sie sich aber bitte klar, daß wir in allen drei Fällen von einem "funktionierenden"
Arbeitsmarkt ausgegangen sind: Immer fand jede, die wollte, auch eine Arbeit. Nur waren die
Löhne so niedrig, daß wenige wollten. Daher steigerten die Mindestlöhne das Arbeitsangebot und
deswegen die Produktion.
Den anderen Fall, daß es auf den Märkten auch "richtige" (unfreiwillige) Arbeitslosigkeit geben
könnte, diskutieren erst die Anhänge zwei und drei zum Kapitel 15 an.
klingt von der Logik her schon ziemlich wie eine Sklavenhaltergesellschaft.)
Herunterladen