Musterlösung zu ‚Down Syndrom’ Übungsaufgaben für das Abitur 3 Der Prüfling 1. ... skizziert mithilfe von Material A und B einen Stammbaum der Familie. Stammbaum der Familie ... entwickelt eine Hypothese über das gehäufte Auftreten der Krankheit. Material A gibt zwei mögliche Ursachen für das Auftreten des Down Syndroms an: a) eine nicht vererbbare Genommutation, deren Auftretenshäufigkeit nach Abb. 1 vom Alter der Mutter abhängig ist und b) vererbbare Chromosomenmutationen. Zu beachten bei der Ableitung der Hypothese ist, dass in dieser Familie Trisomie 21 in jeder Generation auftritt und dass alle betroffenen Frauen zum Zeitpunkt der Geburt der Kinder jünger als 23 Jahre alt waren. In diesem Alter ist die Wahrscheinlichkeit, ein Kind mit Down Syndrom zu gebären, am geringsten. Trisomie 21 ist eine Form von Genommutation, bei der das Chromosom 21 dreifach vorliegt. Je älter eine Frau zum Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes ist, desto größer ist das Risiko, dass das Kind von Trisomie 21 betroffen ist. Ist die Frau zum Zeitpunkt der Geburt etwa 30 Jahre alt, so kommt ein Kind mit Down Syndrom auf 700 Geburten. Ist die Frau zum Zeitpunkt der Geburt etwa 45 Jahre alt, so kommt ein Kind mit Down Syndrom auf 30 Geburten. zu a): Das Auftreten der Krankheit in jeder Generation spricht für Erblichkeit. Die Genommutation (a) ist nicht erblich. Die Häufigkeit ihres Auftretens ist abhängig vom Alter der Frau. Die Frauen in dieser Familie waren zum Zeitpunkt der Geburt sehr jung. Einige derartige Häufung von seltenen Ausnahmen in einer Familie über mehrere Generationen ist eher unwahrscheinlich. zu b): Chromosomenmutationen sind erblich. Die Geburt eines betroffenen Kindes ist daher nicht abhängig von dem Alter der Mutter. Bei balancierten Translokationen bleibt die Menge an Erbinformationen unverändert. Im Phänotyp der Betroffenen wird die Mutation nicht in jedem Fall sichtbar. Hypothese: Das gehäufte Auftreten von Trisomie 21 in der betroffenen Familie beruht auf balancierter Translokation. ... stellt ein Verfahren zur Überprüfung der Hypothese dar. Ein Verfahren, diese Hypothese zu überprüfen, ist das Erstellen von Karyogrammen der Familienmitglieder. Ziel eines Karyogramms ist es, Metaphase-Chromosomenpaare nach Länge, Lage der Centromers und Bandenmuster zu sortieren, sodass mögliche Abweichungen von der Norm sichtbar werden. Für ein Karyogramm wird etwas Blut benötigt, da sich Chromosomen leicht aus den Weißen Blutzellen isolieren lassen. Nach Abnahme einer Blutprobe und unter Zugabe einer Nährlösung werden die Zellen so lange im Brutschrank inkubiert, bis sie beginnen, sich zu teilen. Für die Herstellung des Karyogramms muss sich die Zelle in der Metaphase der Mitose befinden. In dieser Phase sind die Chromosomen am stärksten kondensiert und lassen sich nach den drei oben genannten Kriterien unterscheiden und sortieren. Unter Zugabe des Giftes Colchicin wird der Zellteilungsprozess abgebrochen. Im nächsten Schritt werden die Weißen von den Roten Blutkörperchen durch Zentrifugation getrennt. Unter Zugabe von Wasser, das die Blutkörperchen aufnehmen, zerplatzen die Roten Blutkörperchen und werden so zerstört, während die Weißen nur aufquellen. Nach dem Absaugen des Überstandes und erneuter Zentrifugation werden die Weißen Blutzellen auf einem Gemisch von Methanol und Eisessig (Verhältnis 3:1 ) fixiert. Beim „Auftropfen“ des Zentrifugats auf einen eiskalten Objektträger zerplatzen die Zellen und die Chromosomen breiten sich aus. Nach Färbung der Chromosomen (Giemsa-Färbung, s. G-Banden) und Fotografierens des Chromosomenbildes lassen sich die abgebildeten Chromosomen ausschneiden und nach Paaren entsprechend der Kriterien ordnen. Welches Ergebnis ist bei den Karyogrammen der Familienmitglieder zu erwarten? Bei allen von Trisomie 21 betroffenen Familienmitgliedern muss in den Weißen Blutzellen die Genmenge des Chromosoms 21 dreifach vorkommen. Bei einem Elternteil der betroffenen Personen sollte eine strukturelle u/o numerische Veränderung von Chromosom 21 zu beobachten sein. Alle übrigen Familienmitglieder sollten Karyogramme ohne cytogenetische Auffälligkeiten haben. 2. ... benennt das in Material C dargestellte Phänomen. Abb. 2 zeigt die Chromosomen 14 und 21 aus dem Karyogramm der Personen 2 bis 9. Person 9: - Anzahl der Chromosomen = 46 - Person 9 ist gesund - Chromosomenpaare 14 und 21 ohne strukturelle Auffälligkeiten. Personen 2, 3, 5 und 6: - Anzahl der Chromosomen = 45, eines weniger als normal - Die vier Personen sind gesund. - Chromosomenpaare mit strukturellen Auffälligkeiten: Die beiden q-Arme der Chromosomen 14 und 21 sind miteinander verschmolzen. Bei Chromosomenpaar 21 fehlt eines der beiden Chromosomen. → Es liegt eine balancierte Translokation vor: Die Lage eines Chromosoms hat sich verändert, die Genmenge ist aber gleich geblieben. Bei einer balancierten Translokation wird ein Chromosom oder ein Chromosomenabschnitt nach einem Bruch (Deletion) auf ein anderes Chromosom übertragen. Personen 4, 7 und 8: - Anzahl der Chromosomen beträgt 46. - Die drei Personen leiden am Down Syndrom. - Chromosomenpaare mit strukturellen Auffälligkeiten: Die beiden q-Arme der Chromosomen 14 und 21 sind miteinander verschmolzen. Chromosomenpaar 21 ist vollständig vorhanden. → Es liegt eine Translokationstrisomie vor. Die Genmenge von Chromosom 21 liegt dreifach vor: Das Chromosomenpaar 21 ist korrekt vorhanden, gleichzeitig ist ein drittes Chromosom 21 an ein Chromosom 14 gebunden. Diese Konstellation hat das Down Syndrom zur Folge. ... stellt cytogenetische Grundlagen dar... siehe Anlage 1 und Anlage 2 ... und erläutert das Zustandekommen der Phänotypen Bei der jungen Frau (6) können bei der Meiose einer Urkeimzelle die folgenden Meioseprodukte entstehen (bezogen auf die Chromosomen 14 und 21): Meioseprodukt 1 Meioseprodukt 2 Meioseprodukt 3 Meioseprodukt 4 Diese Meioseprodukte werden mit gleicher Wahrscheinlichkeit produziert und können mit gleicher Wahrscheinlichkeit von einer männlichen Keimzelle befruchtet werden. Ist die Chromosomenausstattung der männlichen Keimzelle normal, gibt es vier Kombinationsmöglichkeiten, siehe Anlage 3: - normaler Genotyp - balancierte Translokation - Monosomie 21 - Translokationstrisomie 21 Bei einer balancierten Translokation ändert sich die Erbgutmenge nicht, deshalb hat der Vorgang keine phänotypisch sichtbare Auswirkung auf die betroffene Person. Menschen mit balancierter Translokation haben eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, Nachkommen z. B. mit Down Syndrom zu zeugen. Sie bilden mit größerer Wahrscheinlichkeit als nicht betroffene Personen Keimzellen mit unbalancierter Translokation. Autosomale Monosomien sind letal. Findet eine Befruchtung zwischen Keimzellen mit unbalancierter Translokation und Keimzellen statt, bei denen das Erbgut wie üblich angeordnet ist, liegt die Erbgutmenge von Chromosom 21 dreifach vor. Das Kind hat eine Translokationstrisomie (Down Syndrom). ... ermittelt die Wahrscheinlichkeit der Geburt ... Wahrscheinlichkeit für ein Kind mit Down Syndrom liegt bei dem jungen Ehepaar bei 33 % (siehe Anlage 3). 3. ... leitet aus Material D begründend ab, welche der ... Eizellen ... geeignet ist. Bei der Meiose der weiblichen Urkeimzellen entstehen nicht vier gleich große Meioseprodukte. Alle Zellinhaltsstoffe außer den Chromosomen werden bei der 1. und 2. Reifeteilung ungleich zugunsten eines Meioseproduktes verteilt. Welches Meioseprodukt ‚bevorzugt’ wird, ist abhängig vom Zufall. Aus dem ‚bevorzugten’ Meioseprodukt entwickelt sich die Eizelle, die drei anderen werden zu Polkörpern. Die Polkörper-Analyse ist ein Verfahren, bei dem die Chromosomen der drei Polkörper einer Eizelle untersucht werden. Danach kann man auf die chromosomale Ausstattung der Eizelle rückschließen und so die Wahrscheinlichkeit einer Erbkrankheit ermitteln. Meioseprodukt 2 (s. o.) entspricht einer Eizelle ohne Chromosomen-Mutation. In gegebenem Beispiel werden drei Eizellen mit je drei Polkörpern getestet. Angegeben sind die Chromosomen der drei Polkörper. Die gewünschte Eizelle entspricht nur dann dem Meioseprodukt 2, wenn die drei Polkörper den Meioseprodukten 1, 3 und 4 entsprechen. Eizelle 1: Eizelle 2: Eizelle 3: Die Polkörper entsprechen den Meioseprodukten 1, 3 und 4. Die Polkörper entsprechen den Meioseprodukten 2, 3 und 4. Die Polkörper entsprechen den Meioseprodukten 1, 2 und 4. Nur die Eizelle 1 entspricht dem Meioseprodukt 2. Bei der Befruchtung dieser Eizelle mit einer normal gebildeten männlichen Keimzelle besäße die Zygote zwei Chromosomen 14 und zwei Chromosomen 21 ohne strukturelle Veränderungen. Nur Eizelle 1 ist deshalb für eine in vitro-Fertilisation geeignet. 4. ... nimmt Stellung zu vorgegebenen Positionen. Material E: - Bei der Polkörperanalyse wird nur der mütterliche Chromosomensatz untersucht. Der Chromosomensatz des Vaters ist unbekannt. - Es können nicht alle Fehler im Chromosomensatz diagnostiziert werden, da viele Fehler sich erst bei der Reifung der Eizelle entwickeln, also nach der Meiose. - Es ist nicht möglich, jedes Chromosom zu überprüfen. - Die Entnahme des zweiten Polkörpers ist nicht immer möglich. - Polkörper können bei der Entnahme oder Fixierung verloren gehen und stehen dann für Untersuchungen nicht zur Verfügung. - In einigen Fällen sind die Ergebnisse nicht eindeutig. - Die Analyse aller Polkörper kann ungünstig ausfallen. Dann werden alle Eizellen verworfen. Aus diesen Argumenten ergibt sich, dass die Polkörperanalyse keine sichere Methode ist, einen Fehler im Chromosomensatz des Embryos auszuschließen. Material F: - Schwangerschaftsabbrüche sind nach § 218 eine strafbare Handlung. - Der Abbruch einer Schwangerschaft ist nach § 218 nicht möglich, weil der Embryo oder Fötus fehlentwickelt ist oder das Kind nach der Geburt nicht lebensfähig wäre. - Ein Schwangerschaftsabbruch ist möglich, wenn die Schwangere physische oder psychische Schäden durch die Schwangerschaft oder die Geburt erleiden würde. - Die Fehlentwicklung des Embryos oder Fötus kann u. U. die psychische Gesundheit der Schwangeren gefährden. - Ein Schwangerschaftsabbruch aufgrund der drohenden Gefahr für die psychische Gesundheit der Schwangeren ist nicht an eine Frist gebunden, kann also auch noch bei weit fortgeschrittener Schwangerschaft erfolgen. Stellungnahme: § 218 sieht vor, dass bei Verdachtsfällen und dem Wunsch einer Abtreibung sowohl der Embryo getestet werden muss als auch die Mutter nachweisen muss, dass sie psychische Schäden davon tragen würde. Sollte die Mutter nicht nachweisen können, dass sie psychische oder physische Schäden erleiden wird, muss sie das Kind austragen, egal ob es krank ist oder nicht. Der Verdacht allein reicht für einen Schwangerschaftsabbruch nicht aus. Für die Überprüfung verlässt sich der Gesetzgeber auf unsichere Methoden. Diese Regelung ist fraglich, da nicht unbedingt nachgewiesen werden kann, dass ein Kind krank ist, da wie oben beschrieben nur der Chromosomensatz der Mutter überprüft wird und das Ergebnis nicht immer eindeutig ist. Außerdem ist es nicht immer möglich, das zweite Polkörperchen zu entnehmen. Mit der Polkörperanalyse ist die Erkrankung bzw. Gesundheit eines Embryos nicht einwandfrei nachweisbar. Andererseits ist die Untersuchung sehr nützlich, da mit ihrer Hilfe zumindest bei einer bestimmten Zahl von Fällen eine eventuelle Behinderung des Kindes festgestellt werden kann. Durch Polkörperanalyse muss die potenzielle Mutter nicht mehr abtreiben, sondern kann vor Beginn der Schwangerschaft eine Untersuchung vornehmen lassen. Dann gäbe es nicht mehr so viele Abtreibungen. Potenzielle Mütter sollten die Chance haben, selbst zu entscheiden, ob sie ein behindertes Kind möchten oder nicht, da z.B. eine alleinerziehende Mutter mit vier Kindern sich nicht noch um ein behindertes Kind kümmern kann. Falsch ist es, dass es keine zeitliche Frist für eine Spätabtreibung gibt. Der Test kann den Eltern nicht die Angst vor der Geburt eines kranken Kindes nehmen. Eltern, die ein sichereres Ergebnis möchten, um eine Erkrankung des Kindes auszuschließen, sollten eine andere Methode der pränatalen Untersuchung wählen. Autoren: Lena Bäumer, Nele Prinzhorn, Sebastian Albrecht (LK Bio 13)