SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese von Insulin Insulin ist ein Hormon der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), das bei Wirbeltieren den Transport von Glukose aus dem Blut in die Körperzellen reguliert. Bei einem Ausfall (z.B. durch Autoimmunzerstörung der Insulin bildenden Zellen des Pankreas bei Diabetes mellitus) kommt es im Blut zu einem Zuckeranstieg und in den Zellen zu einer Unterversorgung. Insulin wurde erstmalig Anfang der 1920er Jahre von Bantig und Best aus tierischen Bauchspeicheldrüsen isoliert und kurze Zeit später zur Therapie bei Diabetes eingesetzt. Die Isolierung des Präparates erfolgte für lange Zeit aus Bauchspeicheldrüsen von Schweinen und Rindern. Dieses Verfahren ist aufwändig und führte, obwohl sich die Insuline von Schwein und Rind nur in einer bzw. drei Aminosäuren (siehe Abb. 1) vom Humaninsulin unterscheiden, bei den Patienten häufig zu Nebenwirkungen (immunologische Reaktion). Anfang der 1980er Jahre konnte Humaninsulin mit Hilfe einer enzymatischen Umwandlung aus Schweineinsulin hergestellt werden. Dabei wird die endständige Aminosäure Alanin des Schweineinsulins durch eine Behandlung mit Trypsin abgespalten und durch die Aminosäure Threonin ersetzt. Dieses Verfahren hilft zwar die Nebenwirkungen zu verringern, es werden jedoch nach wie vor große Mengen an Schweineinsulin benötigt. Abhilfe kam durch die gentechnische Herstellung von Humaninsulin mit Escherichia coli bzw. Saccharomyces cerevisiae. Mit Hilfe von synthetischen cDNAs können heute große Mengen an Insulin gewonnen werden. Der Bedarf an Insulin ist stetig steigend, da die Diagnose Diabetes ansteigt. Weltweit liegt die Zahl bei 370 Millionen, in Deutschland sind 6 Millionen an Diabetes erkrankt, davon 1,8 Millionen insulinpflichtige (Quelle: Gesundheitsbericht 2013 Deutsche Diabetes Hilfe). A-Kette R S H G-I-V-E Q-C-C-A-S-V-C-S-L-Y-Q-L-E-N-Y-C-N G-I-V-E-Q-C-C-T-S-I-C-S-L-Y-Q-L-E-N-Y-C-N G-I-V-E-Q-C-C-T-S-I-C-S-L-Y-Q-L-E-N-Y-C-N B-Kette R S H F-V-N-Q-H-L-C-G-S-H-L-V-E-A-L-Y-L-V-C-G-E-R-G-F-F-Y-T-P-K-A F-V-N-Q-H-L-C-G-S-H-L-V-E-A-L-Y-L-V-C-G-E-R-G-F-F-Y-T-P-K-A F-V-N-Q-H-L-C-G-S-H-L-V-E-A-L-Y-L-V-C-G-E-R-G-F-F-Y-T-P-K-T Abb1: Aminosäuresequenz von Rinderinsulin (R), Schweineinsulin (S) und Humaninsulin (H) 2 SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese von Insulin Humaninsulin besteht aus 51 Aminosäuren und ist aus zwei verschiedenen Ketten aufgebaut. Die A-Kette enthält 21 Aminosäuren, die B-Kette besteht aus 30 Aminosäuren (siehe Abb. 2). Die beiden Ketten sind über zwei Disulfid-Brücken kovalent miteinander verknüpft. Die Synthese in der Bauchspeicheldrüse erfolgt als Prä-Proinsulin. Es enthält zusätzlich eine Signalsequenz von 19 Aminosäuren, die die Kette zur Prozessierung in das Endoplasmatische Reticulum dirigiert und ein 31 Aminosäure großes C-Peptid, das im Zuge der Reifung entfernt wird. Abb.2: Sekundärstruktur von Humaninsulin Durch den Zusatz von Reduktionsmitteln (ß-Mercaptoethanol, Dithiothreitol) können die Disulfidbrücken gelöst und das Insulin-Molekül in die A- und B-Kette gespalten werden. Der Nachweis der Spaltung kann über SDS-Gelelektrophorese oder HPLC (high pressure liquid chromatography) erfolgen. Humaninsulin hat eine Größe von 5,8 kDa, wobei die A-Kette eine Größe von 2,38 und die BKette von 3,4 kDa aufweist. Die übliche SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese [SDS-PAGE] (Tris-Glycin-Methode nach Laemmli, 1970) ist für die Auflösung von kleinen Proteinen/Peptiden nicht geeignet. Schägger (2006) hat eine alternative SDS-PAGE entwickelt (Tris-Tricin), die im Praktikum zur Anwendung kommt. Mit Hilfe der SDS-PAGE können die einzelnen Proteine einer Proteinmischung in Abhängigkeit von ihrer Größe aufgetrennt und anschließend über verschiedene Färbemethoden sichtbar gemacht werden. So lassen sich sowohl Proteinmuster als auch die Reinheit von einzelnen Proteinen nachweisen. Die Behandlung der Proteine mit Mercaptoethanol bzw. Dithiotreitol führt zu einer Reduktion von Disulfiden und damit zu einer Entfaltung der Proteine. Durch den Zusatz von Sodiumdodecylsulfat (SDS), einem anionischen Detergenz welches an die Proteine bindet, 3 SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese von Insulin werden die Proteine unabhängig von ihrer Eigenladung negativ geladen. Die Auftrennung der nun linearen und in Abhängigkeit von ihrer Größe negativ geladenen Proteine erfolgt über eine Gelmatrix (Polyacrylamid) im elektrischen Feld (Wanderung der Proteine zur Anode). Die Wanderungsgeschwindigkeit hängt dabei nur noch von der Größe der Proteine ab. Durch den Molekularsiebeffekt des Polyacrylamidgels ergeben sich in Abhängigkeit von der Größe der Proteine unterschiedliche Wanderungsstrecken. Durch gleichzeitiges Auftragen von sogenannten Markerproteinen (Proteine mit bekannter Größe) auf das Gel lässt sich die Größe von unbekannten Proteinen ungefähr bestimmen. Aufgabenstellung: Humaninsulin (Actrapid, NovoNordisk) soll zur Größenabschätzung und Beurteilung einmal reduziert und einmal nicht-reduziert auf einem Tris-/Tricingel aufgetrennt werden. Abb.3: Versuchsaufbau Durchführung: Material: Bechergläser, Gelapparatur (Biometra), Spannungsgeber (Bio-Rad), Thermomixer, Gelwippe Lösungen: Insulin Humaninsulin Actrapid, NovoNordisk, Penfill, 3 ml (100 IE/ml entspricht 3,5 mg/ml) 4 SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese von Insulin Acrylamid-Lösung (AB-6; 49,5 % T, 6% C -> T ist die Prozent-Gesamtkonzentration der beiden Monomere, Acrylamid und Bisacrylamid; C ist die Prozentkonzentration des Crosslinkers Bisacrylamid) Acrylamid 46,5 g Bisacrylamid 6 g Ad 100 ml Aqua bidest Acrylamid und Bisacrylamid sind giftig und können Krebs erzeugen sowie die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen. Bei der Arbeit IMMER Handschuhe tragen! Gelpuffer (3fach) Tris-(hydroxymethyl)aminomethan TRIS HCl Na-Dodecylsulfat (SDS) pH 3M 1M 0.3 % 8,45 Anodenpuffer (10fach) TRIS HCl pH 1M 0,225 M 8,9 Kathodenpuffer (10fach) TRIS Tricin SDS pH 1M 1M 1% ca. 8,25 Das Gelsystem besteht aus einem Trenn-, einem Spacer- und einem Sammelgel, die unterschiedlich zusammengesetzt sind. Trenngel (16%, 6 M Harnstoff) Für 2 Gele AB-6 Gelpuffer (3fach) Harnstoff Aqua bidest Ammoniumpersulfat APS (10%) TEMED 5 ml 5 ml 5,04 g 0,5 ml 50 µl 5 µl Spacergel AB-6 Gelpuffer (3fach) 3, Aqua bidest APS (10 %) TEMED Für 2 Gele 1,5 ml 1 ml 3,1 ml 35 µl 3,5 µl Sammelgel AB-6 Gelpuffer (3fach) Aqua bidest APS TEMED Für 2 Gele 0,75 ml 2 ml 5,3 ml 60 µl 6 µl 5 SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese von Insulin Reduzierender Probenpuffer SDS 12% Mercaptoethanol 6% Glycerin 30 % Coomassieblau G-250 0,05% 150 mM Tris/HCl pH 7,0 Nicht reduzierender Probenpuffer Wie reduzierender Probenpuffer ohne Mercaptoethanol Färbelösung Coomassie Brillinat Blue G-250 Methanol Eisessig Aqua bidest. 1,75 g 550 ml 92 ml ad 1000 ml Entfärbelösung 9% Eisessig 1) Gießen der Polyacrylamidgele Während der Arbeit Handschuhe tragen! Es werden zwei Gelvorrichtungen zusammengesetzt. Dafür je zwei Glasplatten zusammen mit der Dichtung zusammenbauen und mit den Klammern fixieren. Von der ausgeschnittenen Glasplattenkante 1,2 cm abmessen und mit einem Edding markieren (Stand des Sammelgels). Von diesem Strich 1 cm abmessen und markieren (Stand des Spacergels) [siehe Abbildung 3] Abb.4: Gelvorrichtung Trenn- und Spacergel können GLEICHZEITIG gegossen werden. Dazu Trenngel und Sammelgel getrennt in zwei Bechergläser nach Rezept (s.o.) zusammen pipettieren. APS und TEMED zum Start der Polymerisation als letztes zugeben und zunächst das Trenngel bis zur 6 SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese von Insulin zweiten Markierung, dann das Spacergel bis zur ersten Markierung mit Hilfe einer 10 mlGlaspipette zwischen die beiden Gelplatten einpipettieren. Nach dem Gießen werden die Gele mit ein paar Tropfen Aqua bidest überschichtet. 30 Minuten polymerisieren lassen. Anschließend das Wasser entfernen. Das Sammelgel nach Rezept (s.o.) zusammen pipettieren und wie oben beschrieben gießen. Den Kamm für die Taschen einstecken und 30 Minuten polymerisieren lassen. Ausgehend von der Lösung in der Insulinampulle (3,5 mg Insulin/ml) 1 ml einer Stammlösung mit 0,266 mg Insulin/ ml ansetzen (Verdünnung mit Wasser). Von dieser Stammlösung 30 µl Insulin mit 10 µl Probenpuffer (eine Probe mit reduzierendem und eine weitere Probe mit nicht-reduzierendem Puffer) versetzen und 15 Minuten bei 37 °C im Thermomixer inkubieren. Nach Ablauf der Polymerisationszeit die Dichtung aus dem Gel entfernen und das Gel in die Apparatur einspannen. Die Gelapparatur mit Kathoden- (OBEN) und Anoden-Puffer (UNTEN) befüllen. Die Taschen gründlich mit Puffer ausspülen. Auf das Gel eine Spur mit 5 µl Marker (PageRuler Plus Prestained Protein Ladder, Fisher Scientific), je eine Spur mit 5 µl der denaturierten und der nicht-denaturierten und mit 12,5 µl der denaturierten und der nicht-denaturierten Probe auftragen. 2) Gellauf Den Gellauf mit einer konstanten elektrischen Spannung von 30 V starten, bis die Proben in das Gel eingelaufen sind (ca. 15 min). Dann den Lauf mit einer konstanten elektrischen Stromstärke von 97 mA fortsetzen (die Spannung wird unter diesen Bedingungen zu Beginn bei ca. 200 V liegen). Den Gellauf stoppen sobald die Bromphenolblau-Bande das untere Drittel des Trenngels erreicht hat (ca. 45 min). Die Gelvorrichtung auseinanderbauen, das Gel vorsichtig in eine Schale geben und mit Coomassie-Färbelösung überschichten. Nach 5 Minuten Anfärbung auf der Gelwippe die Farblösung abschütten. Die Entfärbung erfolgt mit warmer 9%iger Essigsäure unter dem Abzug bis die gewünschten Banden zu sehen sind. 7 SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese von Insulin Abb.5: Tris-/Tricin-SDS-Gel. 1: Marker, 2: Insulin denaturiert, 3: Insulin nicht-denaturiert Eine weitere Methode Insulin auf seine Reinheit zu überprüfen, stellt die Auftrennung mittels HPLC dar. Dabei lassen sich im Gegensatz zu der SDS-Gelelektrophorese auch nichtproteinogene Verunreinigungen/Zusätze detektieren. Mit Hilfe eines Dioden Array Detektors können alle Stoffe nachgewiesen werden, die Licht zwischen 200 und 500 nm absorbieren. Durchführung: Die Insulinlösung wird mit 0,1 N HCl verdünnt, so dass eine Konzentration von 500 µg/mL erhalten wird. Diese wird anschließend in ein HPLC Vial überführt und 20 µl dieser Lösung in die HPLC injiziert. HPLC: 1260 Infinity (Agilent Technologies) Säule: Poroshell RP-C18, 100 × 4,6 mm, 2,7 µm particle size (pore size 120 Å) Agilent Detektor: Diode Array Detector Wellenlänge: 200-500 nm Injektionsvolumen: 20µL; Flußrate: 1,0 mL/min; Elutionsmodus: isokratisch Mobile Phase: 62 % KH2PO4 Puffer (0 .1M), 26 % Acetonitril, 12 % MeOH; pH 3,1 Länge des Laufs: 15 min Da die Vorbereitung und Nachbereitung der HPLC Anlage sehr zeitaufwendig ist, wurde der Lauf schon im Vorfeld des Praktikums durchgeführt. Die Auswertung dieses Laufes wird aber während der Laufzeit der SDS_PAGE durchgeführt. 8 SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese von Insulin Abb.6: HPLC-Chromatogramm von Insulin Literatur: Laemmli, U.K. Cleavage of structural proteins during the assembly of the head of bacteriophage T4. Nature, 227 (1970), 680-685. Najjar, A., Alawi, M., AbuHeshmeh, N., Sallam, A. A rapid, isocratic HPLC method for determination of insulin and its degradation product. Advances in pharmaceutics, 2014 (2014), 1-6. Schägger, H. Tricine-SDS-PAGE. Nature Protocols, 1 (2006), 16-22.