Mathematische Lernprozesse II. Thema: Logik Vorbemerkungen: • (griech.) „denkende Kunst“ • Lehre des vernünftigen Schlussfolgerns • Untersucht Gültigkeit von Argumenten hinsichtlich ihrer Struktur unabhängig vom konkreten Inhalt der eigentlichen Aussagen • Deshalb spricht man auch von „formaler Logik“ • Teilgebiet der Philosophie, der Mathematik und der Informatik • Seit dem 20. Jh. überwiegend symbolische Logik Womit befassen wir uns? Seit dem 20. Jahrhundert versteht man unter Logik überwiegend symbolische Logik. Diese baut auf einer künstlichen Sprache auf und verwendet streng definierte Schlussregeln. Ein einfaches Beispiel für ein solches formales System ist die Aussagenlogik. Wir befassen uns hier mit der Aussagenlogik. Die symbolische Logik nennt man auch mathematische Logik oder formale Logik im engeren Sinn. Die Logik hatte nicht immer eine in diesem Sinn formale Struktur, sondern befasste sich in der Antike und im Mittelalter überwiegend mit natürlichsprachlichen Argumenten. 1 Aussagenlogik Aussage und Wahrheitswert Definition: Eine (mathematische) Aussage ist ein sinnvolles sprachliches Gebilde (Satz), das entweder wahr oder falsch ist. Bezeichnung: große Buchstaben, z.B. A, B, C, … Bemerkung: • Das gilt für einfache und für verknüpfte Aussagen • Es gibt keine Halbwahrheiten • Es muss nicht bekannt sein, ob die Aussage wahr oder falsch ist • Die Logik befasst sich nur mit Aussagen, deren Wahrheit nicht von den Umständen ihrer Äußerung abhängt • Aufforderungen, Ausrufe, Definitionen, subjektive Meinungen sind keine Aussagen (Achtung: dies ist in der Literatur nicht einheitlich) 2 Beispiele für einfache Aussagen: a) 12 ist durch 3 teilbar b) Weihnachten 2009 liegt in Erfurt Schnee. c) Alle Studentinnen haben braune Haare. d) Berlin ist 300 km von Erfurt entfernt. Definition: Für eine Aussage A wird der Wahrheitswert W(A) definiert durch W(A)=1, falls A eine wahre Aussage ist, und W(A)=0, falls A eine falsche Aussage ist. Bemerkung: • Statt 0 und 1 wird häufig f (für falsch) und w (für wahr) verwendet. • In der Aussagenlogik interessieren wir uns häufig nur für den Wahrheitswert einer Aussage und nicht für den Inhalt einer Aussage, vor allem, wenn wir später Aussagen miteinander verknüpfen. 3 Aussageform und Wahrheitswertetabelle Definition: Eine Aussageform ist eine sinnvolle sprachliche Äußerung, die mindestens eine Variable enthält und die zu einer Aussage wird, wenn für die Variable(n) eine Zahl oder ein Wert aus dem Grundbereich eingesetzt wird. Beim Einsetzen eines konkreten Elements in eine Aussageform entsteht eine Einzelaussage, die etwas über dieses konkrete Element aussagt. Beispiel Aussageform konkretes Element Aussage Eine Figur ist ein Dreieck. Für „eine Figur“ ein konkretes Dreieck ABC einsetzen ABC ist ein Dreieck (wahr) Das Vierfache einer Zahl ist 12. Für „eine Zahl“ 2 einsetzen Das Vierfache von 2 ist 12. (falsch) Da wir uns insbesondere für die Wahrheitswerte der Aussageform interessieren, können wir die Variablen der Aussageform mit den beiden Wahrheitswerten w (wahr oder 1) oder f (falsch oder 0) belegen. Schreiben wir alle verschiedenen Möglichkeiten in eine Tabelle auf, so erhalten wir eine Wahrheitswertetabelle. 4 Beispiel: • Eine Variable A A oder 1 w 0 f • Zwei Variablen A B A B 1 1 w w 1 0 w f 0 1 f w 0 0 f f oder 5 Formale Sprache der Aussagenlogik Wir führen eine (formale) Sprache ein, mit der aus endlich vielen Aussagen Ausdrücke gebildet werden können. Definition: Ein Ausdruck ist eine zusammengesetzte Aussage. Syntaktische Regeln (Satzbau) der formalen Sprache Die Elemente („Wörter“) der Sprache sind die Ausdrücke. Die Grundzeichen („Buchstaben“) zur Bildung von Ausdrücken sind: • Aussagen (Bezeichnet mit großen Buchstaben) • Logische Operationen • Technische Zeichen (Klammern, =, ∈ , ∧ , ∨ , … ) Wir lernen folgende logische Operationen kennen: ¬ Negation ∧ Konjunktion (und) ∨ Disjunktion (oder) → Subjunktion (Implikation) (wenn…, dann…) ↔ Bijunktion (Äquivalenz) (genau dann, wenn…) Die Regeln zur Bildung von Ausdrücken sind: • Jede Aussage ist ein Ausdruck. • Sind A, B Ausdrücke, so sind 6 ¬ A A∧B A∨B A→B A↔B ebenfalls Ausdrücke • Für die Bindekraft der Operationen wird vereinbart: ¬ bindet stärker als ∧ , ∨ , → , ↔ ∧ , ∨ binden stärker als → , ↔ Ansonsten sind Klammern zu setzen. 7 Semantische Regeln (Satzbedeutung) der formalen Sprache Sind A und B Ausdrücke, so wird der Wahrheitswert der folgenden Ausdrücke in Abhängigkeit der Wahrheitswerte von A und B wie folgt festgelegt: A ¬ A 1 0 0 1 A B 1 1 1 1 1 1 1 0 0 1 0 0 0 1 0 1 1 0 0 0 0 0 1 1 A ∧ B A ∨ B A → B A ↔ B 8 Was haben wir eingeführt? Zum Vergleich: Grundmaterial Logik Arithmetik Aussagen Zahlen z.B. A:= 16 ist eine Quadratzahl Elemente 1,2,3,4,5,... Ausdruck Formel z.B. A v B 15 = 3 * 5 Operationen Negation, Junktoren (Bindewörter) ^, v , → , ↔ Variablen Aussagenvariablen Zahlenvariablen Grundrechenarten +,-,*,: z.B. A, B, C,... Formeln (A → B) ∧ (B → C) (A → C) a, b, c, x, y, z → (a+b)² = a²+2ab+b² 9 Logische Operationen - Verknüpfungen von Aussagen Wie verknüpfen wir in der Alltagssprache Aussagen miteinender? weder noch, und, oder, wenn dann, … aber auch während (in temporaler Bedeutung), weil (in kausaler Bedeutung) In der Aussagenlogik betrachten wir nur solche verknüpfende Partikel, bei denen der Wahrheitswert des Ausdrucks (=zusammengesetzte Aussage) allein von den Wahrheitswerten seiner (Teil-)Aussagen abhängt. Dies ist bei während und weil nicht der Fall. Dazu ein Beispiel: A : 18 ist keine Primzahl. B : 9 ist ein echter Teiler von 18. C : 18 ist ein echter Teiler von 36. Die Aussagen A, B, und C sind alle wahr. „A weil B“ ist ebenso wahr, denn das bedeutet: … „A weil C“ ist falsch. (Warum?) 10