Institut für Mathematik Prof. Dr. V. Schroeder Thomas Preu 13.12.2007 Übungen zur Vorlesung MAT 184, Mathematik für die Chemie HS 2007 - Lernkontrolle 2 Anmerkungen Da bei dieser Lernkontrolle viele Fehler gemacht wurden, von denen die Übungsleitung annahm, sie würden aufgrund der bisherigen Übungsaufgaben und deren Korrekturen nicht mehr auftreten, und die Zeit in den Übungen dazu fehlt, soll hier nochmals darauf eingegangen werden. Insbesondere waren die Rechenfehler eher unbedeutend. Problematisch sieht die Übungsleitung, dass eher mangelndes Verständnis für Punkteabzug verantwortlich war. 1 • Machen, was die Aufgabenstellung verlangt. Wenn in der Aufgabenstellung verlangt ist, man solle eine Tabelle mit 11 Unterpunkten auf das eigene Lösungsblatt übertragen und ausfüllen und einen Graphen zeichnen, dann soll man insbesondere nicht nach den 10 Punkten im Skript (Klemke), Seite 72 vorgehen. Wenn man die Rubrik f 0 , f 00 , f 000 ausfüllen soll, und f in der Aufgabenstellung als zur Abbildungsvorschrift x 7→ x4 e−x gehörige Funktion benannt wurde, soll man die ersten drei Ableitungen dieser Funktion angeben und nicht etwa einfach nur angeben, dass f im ganzen Definitionsgebiet differenzierbar ist, ohne die Ableitung hinzuschreiben und ohne etwas über die höheren beiden Ableitungen zu schreiben. Viele der weiteren Anmerkungen fallen in gewisser Weise auch unter die Kategorie Machen, ” was die Aufgabenstellung verlangt“, aufgrund der ausführlicheren Erklärungen werden sie aber gesondert behandelt. • Was ist das Randverhalten einer Funktion? Was ist ein/der Rand? – Anlass für diese längeren Ausführungen: Einige haben als Antwort auf die Frage nach dem Randverhalten u.a. hingeschrieben: limR3x→0 f (x) = 0. Dies hat in diesem Fall gar nichts mit der Aufgabe zu tun. – Der Rand einer Teilmenge M der rellen Zahlen ist die Menge der reellen Zahlen, zu denen es eine Folge in M gibt, die gegen diese Zahl konvergiert, aber zu der es kein offenes Intervall gibt, das diese Zahl enthält und die ganz in M liegt; man nimmt in unserem Fall formal noch −∞ hinzu, falls es ein unbeschränkte absteigende Folge in M gibt, und ∞, falls es eine unbeschränkte aufsteigende Folge gibt. Man schreibt den Rand von M als ∂M . Soviel zur Theorie. Beispiele: ∂R = {−∞, ∞}, ∂(R\{−1, 0, 1}) = {−∞, −1, 0, 1, ∞}, ∂R+ = {0, ∞}, ∂((−2, −1]∪ R+ 0 ) = {−2, −1, 0, ∞} ausgefallene Beispiele: ∂({x ∈ R; ∃n ∈ N : x = n1 }) = {x ∈ R; ∃n ∈ N : x = n1 } ∪ {0}, ∂Z = Z, ∂Q = R ∪ {−∞, ∞} – Um das Randverhalten einer Funktion zu untersuchen muss man erst den Rand des Definitionsgebietes einer Funktion kennen. ( 0 für x ∈ Q Beispiele: Für die Funktion g : R → {0, 1}, x 7→ ist der Rand 1 für x ∈ R \ Q {−∞, ∞}, da der Definitionsbereich R ist; ebenso für die Funktion h : R → R, x 7→ x2 . Für die Funktion i : [1, ∞) → R+ 0 , x 7→ ln(x) ist der Rand {1, ∞} – man bemerke, dass der Definitionsbereich hier nicht maximal gewählt wurde, was aber keinesfalls stört! Das Randverhalten zu untersuchen bedeutet nun, für alle Elemente des Randes (einseitige) Grenzwerte zu bilden und zu berechnen, falls dies möglich ist, sowie die Funktionswerte an diesen Stellen zu berechnen, falls die Funktion an diesen Stellen definiert ist. Was bedeutet Grenzwerte bilden, falls dies möglich ist“? Es kann vorkommen, dass es einen Punkt im ” Rand gibt, der isoliert“ ist, d.h. dass der Durchschnitt (mindestens) eines offenen Inter” valls, das diesen Punkt enthält, mit dem Definitionsbereich gerade aus diesem einen Punkt besteht. Da man nach Skript (Klemke), Abschnitt 3.5. diesen Punkt selbst für die Grenzwertbildung ausnehmen muss, um den Grenzwert zu berechnen, gibt es keine Folge, die zu einem solchen Punkt konvergiert und auch der Grenzwert existiert nicht. Beispiel: p + x(x + 1)2 . Der Rand wäre {−1, 0, ∞}, das Ergebnis der Unj : {−1} ∪ R+ 0 → R0 , x 7→ tersuchung des Randverhaltens lautet: j(−1) = 0, j(0) = 0; limR3x→0 j(x) = 0, limR3x→∞ j(x) = ∞; Der Grenzwert für den Randpunkt −1 existiert nicht, da −1 isoliert im Definitionsgebiet von j ist, genauso wenig, wie der Funktionswert am Randpunkt“ ∞, da man eine reelle Funktion nicht bei ∞ auswerten ” kann. Ausserdem sind am Randpunkt 0 Funktionswert und Grenzwert identisch. Für die Funktion h lautet das Ergebnis der Untersuchung des Randverhaltens: limR3x→−∞ h(x) = ∞, limR3x→∞ h(x) = ∞; wieder kann man an den unendlichen Stellen ” des Randes“ nicht auswerten. – Insbesondere war 0 kein Randpunkt von h, also brauchte der Grenzwert limR3x→0 h(x) nicht bestimmt werden, genauso wenig wie für f der Grenzwert limR3x→0 f (x). Einige haben aber gerade diesen letzteren Grenzwert bestimmt. Dies ist zwar per se nicht falsch“, aber es hat ” nichts mit der gestellten Aufgabe zu tun. Standardbsp.: auf die Frage Fährt der Zug auf Gleis 9 im Hauptbahnhof bald ab?“ ist die ” Antwort Nein, weil Hauptbahnhöfe gar nicht fahren können“ in gewisser Weise auch nicht ” falsch, beantwortet aber die Frage nicht. Im Übrigen kann es für die Bestimmung von Unestetigkeitsstellen (etwa bei stückweise definierten Funktionen an den Klebestellen“) nützlich sein, bei weiteren Punkten als den ” Randpunkten Grenzwerte zu bestimmen. Dies fällt aber eben nicht unter Bestimmung des Randverhaltens sonder die Bestimmung von eventuellen Unstetigkeitsstellen. • Definitionsbereich, maximaler Definitionsbereich, Wertebereich, Wertemenge (=Bild) – Darauf, dass all diese Begriffe unterschiedliche mathematische Objekte bezeichnen (können) und was die Unterschiede sind, wurde schon oft hingewiesen und man kann es im Skript (Klemke) auf der Seiten 27 nachlesen, und ab Seite 73 und in den Übungen hat es auch viele Beispiele. All diese Begriffe stehen für Mengen. Wie man Mengen hinschreibt und was Mengen (ungefähr) sind, wurde in der ersten Übungsstunde behandelt und steht auf dem Grundlagenblatt. Trotzdem scheint das für viele noch sehr schwierig zu sein. So geben einige den Definitionsbereich mit R → R+ an und die Wertemenge genauso. Das ist doch keine Menge – dieser Ausdruck R → R+“ wurde noch nicht einmal im Skript ” definiert und die Übungsleitung hat auch keine Ahnung, was das bedeuten soll. Die richtige Lösung ist: der maximale Definitionsbereich ist R, die Wertemenge ist R+ 0 (man beachte das Subskript 0“!) und eine zur Abbildungsvorschrift gehörige Funktion ist 4 ”−x R → R+ , wobei die Angabe der Funktion nicht durch die Aufgabenstellung 0 , x 7→ x e verlangt war. Analogie: Hans“ ist ein Substantiv, macht“ ist ein (konjugiertes) Verb und Hans macht ” ” ” Mathematik.“ ist ein deutscher Satz. Hans macht“ gibt aber keinen Sinn, auch wenn es ein ” Anfang eines deutschen Satzes ist, in dem ein Substantiv und ein Verb vorkommen. Genauso wenig macht der Anfang eines Ausdrucks für eine Funktion R → R+“ irgendeinen Sinn, ” auch wenn da zwei Mengen genannt werden, die für Definitionsbereich und Wertebereich (Wertebereich! Man mache sich nochmals klar, dass der Wertebereich nicht unbedingt die Wertemenge ist.) stehen können. – Soweit zum Satzbau“ der Mathematik. Allerdings werden auch bei der Wortbildung“/ Kon” ” ” jugation“/ Deklination“ von manchen immer noch unnötige Fehler gemacht. Ziemlich viele ” haben als Nullstelle der Funktion f den Punkt (0, 0) identifiziert, damit ist 0 insbesondere in der Wertemenge, und trotzdem schreiben dann einige in der Angabe der Wertemenge R+ , das 0 ja nicht enthält. Analogie: Wenn es in einer Aufgabenstellung in einem chemischen Praktikum heißt, dass Sie feststellen sollen, ob in einer Ihnen ausgehändigten Probe Alkohol enthalten ist, und Sie diese Frage nach einer Testreaktion mit ja“ beantworten können, und in einer späteren ” Teilaufgabe verlangt ist, dass Sie alle Stoffe der Probe angeben sollen, würden Sie dann Alkohol“ in Ihrer Angabe weglassen? ” Da vielleicht nicht allen klar ist, welche Mengen sich genau hinter welchem Symbol verbergen folgen einige Erläuterungen (quasi zur Wortbildung“): ” N sind alle natürlichen Zahlen, das sind insbesondere 1 und jede Zahl, die genau um 1 größer ist als eine andere Zahl, von der man weiß, sie ist eine natürliche Zahl. 0 gehört nicht zu N. Alternative Schreibweisen, die in der Vorlesung aber nicht gebraucht wird Z>0 . N0 sind die natürlichen Zahlen N und noch dazu 0. Mit Subskript 0“ drückt man aus, dass ” man zu einer Menge, bei der 0 (in der Regel) vorher nicht enthalten war, die 0 hinzunimmt. N0 ist also eine Abkürzung für N ∪ {0}. Man findet gelegentlich auch Z≥0 . Z bezeichnet die ganzen Zahlen, also die Zahlen, die entweder eine natürliche Zahl sind oder 0 oder das Negative einer natürlichen Zahl. Q bezeichnet die rationalen Zahlen, also alle Zahlen, die sich als Bruch einer ganzen mit einer natürlichen Zahl schreiben lassen. R bezeichnet die reellen Zahlen, das sind alle Zahlen, die Grenzwert einer konvergenten Folge von rationalen Zahlen sind. C bezeichnet die Zahlen, die sich als Summe von reellen Vielfachen der formalen“ Aus” drücke 1 und i schreiben lassen. R \ Q werden irrationale Zahlen genannt. Das sind gerade die reellen Zahlen, die nicht rational sind. Von diesen Zahlen gibt es sehr viele“. In gewissem Sinn mehr als es rationale ” Zahlen gibt. Für a, b zwei reelle Zahlen werden die Ausdrücke (a, b), (a, b], [a, b), [a, b] offenes, links halboffenes (rechts halbabgeschlossenes), rechts halboffens (links halbabgeschlossenes), abgeschlossenes Intervall genannt. Man meint damit die Menge aller reellen Zahlen, die (je nach Art der Klammer echt) zwischen a und b liegen. Diese Intervalle sind leer, falls a > b ist, und im Falle der Gleichheit der Zahlen a, b enthält das abgeschlossene Intervall genau die Zahl a, alle anderen Intervalle sind leer. In Prädikatenlogik formuliert: (a, b) := {x ∈ R; a < x < b}, (a, b] := {x ∈ R; a < x ≤ b}, [a, b) := {x ∈ R; a ≤ x < b}, [a, b] := {x ∈ R; a ≤ x ≤ b} Durch die Einführung der formalen Symbole −∞ und ∞ kann man auch unbeschränkte Intervalle bilden. Beispielsweise [a, ∞) := {x ∈ R; a ≤ x} oder (∞, a) := {x ∈ R; x < a}. Dabei nimmt man (zumindest in dieser Vorlesung) die Symbole −∞ und ∞ durch benutzen der Klammern (, ) immer aus. Ausserdem gilt: (−∞, ∞) := R Mit einem Superskript +“ bezeichnet man die Teilmenge, deren Elemente genau die positi” ven sind, analog für Superskript −“ und negativ. Die 0 ist weder positiv noch negativ nach ” Konvention. Gelegentlich finden sich −, + auch als Subskript, gemeint ist das selbe. Diese Schreibweise lässt sich auch mit dem Subskript 0 kombinieren, um die 0 zu inkludieren. Ungebräulich ist es aber + und 0 bzw. − und 0 beide Male im Subskript zu setzen. Ebenso gibt es die Schreibweise mit > 0, < 0, ≥ 0, ≤ 0 als Super- oder Subskript und diese Mengen kann man durch die Einführung der formalen Symbole −∞ und ∞ auch als Intervalle schreiben. Beispielsweise: R+ = R+ = R>0 = R>0 = (0, ∞) ≥0 R+ = R≥0 = [0, ∞) 0 =R − R0 = R≤0 = R≤0 = (−∞, 0] Z+ = Z>0 = Z>0 = N (erstere Schreibweise ist aber eher ungebräuchlich) ≥0 Q+ = Q≥0 = Q ∩ [0, ∞) 0 =Q Manchmal führt man auch Schreibweisen ein, die dieser Benamungskonvention nicht gehorchen. Dann muss man aufpassen. Ein Beispiel (das so wohl nicht in der Vorlesung dran− kommt): Die Menge C \ R− 0 wird gelegentlich mit C bezeichnet. Für die Mathematik gilt wie im Deutschen auch: keine (Rechtschreib-)regel ohne Ausnahme. . . • Nullstellen Bei der Kurvendiskussion einer Funktion f versteht man unter Nullstellen die reellen Lösungen der Gleichung f (x) = 0. Idealerweise schreibt man die Nullstellen als Menge von Paaren von xund y-Wert auf, also in der Form {(x1 , y1 ), (x2 , y2 )} wenn es zwei verschiedene Nullstellen gibt – dabei sind die y-Werte natürlich immer 0. Falls f bei 0 definiert ist und f (0) 6= 0, ist insbesondere (0, f (0)) keine Nullstelle, wie allerdings offenbar von vielen Studierenden angenommen wird. • Extremalstellen – Da es offenbar große Verwirrung bei der Berechnung von Extrema und Wendepunkten gab, insbesondere bei x = 0, folgt eine Übersicht über das Thema mit ein paar Beispielen am Ende. Die Begriffe globales Maximum, lokales Maximum, isoliertes lokales Maximum sowie die entsprechenden Begriffe mit Minimum werden im Skript (Klemke) Kapitel 5 eingeführt. Hier werden sie nochmals kurz in Formelsprache angegeben, ebenso die Begriffe Vorzeichenwechsel und strikter Vorzeichenwechsel (Vorsicht! Was im Skript (Klemke) mit Vorzeichenwechsel bezeichnet wird, heißt hier strikter Vorzeichenwechsel.). Anschließend werden einige Kriterien (Sätze) für Extrema wiedergegeben – man beachte, dass alle Implikationen, echt sind, d.h. falls in einer Aussage ⇒“ steht, wäre die Aussage mit ⇔“ falsch. ” ” Einige dieser Sätze können indirekt verwendet werden zur Bestimmung von Extrema. Man sollte die nachfolgende Auflistung eher zum Nachschlagen benutzen und nicht denken, dass man das alles auswendig können muss. Es geht eher darum ein Gefühl dafür zu entwickeln. Deshalb sind die Aussagen der Sätze nochmals prägnant in Klammern zusammengefasst. – Im Folgenden sei f : D → W, x 7→ f (x) eine reelle Funktion, d.h. D ⊂ R und W ⊂ R. f hat bei x0 ∈ D ein globales Maximum :⇔ ∀x ∈ D : f (x) ≤ f (x0 ) f hat bei x0 ∈ D ein lokales Maximum :⇔ ∃ ∈ R+ : ∀x ∈ D∩(x0 −, x0 +) : f (x) ≤ f (x0 ) f hat bei x0 ∈ D ein isoliertes lokales Maximum :⇔ ∃ ∈ R+ : ∀x ∈ (D ∩ (x0 − , x0 + )) \ {x0 } : f (x) < f (x0 ) f hat bei x0 ∈ D ein globales Minimum :⇔ ∀x ∈ D : f (x) ≥ f (x0 ) f hat bei x0 ∈ D ein lokales Minimum :⇔ ∃ ∈ R+ : ∀x ∈ D∩(x0 −, x0 +) : f (x) ≥ f (x0 ) f hat bei x0 ∈ D ein isoliertes lokales Minimum :⇔ ∃ ∈ R+ : ∀x ∈ (D ∩ (x0 − , x0 + )) \ {x0 } : f (x) > f (x0 ) Bei x0 ∈ D wechselt das Vorzeichen von f von − nach + :⇔ ∃ ∈ R+ : ((f (x0 ) = 0) ∧ (∀x ∈ D ∩ (x0 − , x0 ) : f (x) ≤ 0) ∧ (∀x ∈ D ∩ (x0 , x0 − ) : f (x) ≥ 0)) Bei x0 ∈ D wechselt das Vorzeichen von f von + nach − :⇔ ∃ ∈ R+ : ((f (x0 ) = 0) ∧ (∀x ∈ D ∩ (x0 − , x0 ) : f (x) ≥ 0) ∧ (∀x ∈ D ∩ (x0 , x0 − ) : f (x) ≤ 0)) Bei x0 ∈ D wechselt das Vorzeichen von f , genau wenn das Vorzeichen von f bei x0 ∈ D von − nach + wechselt oder das Vorzeichen von f bei x0 ∈ D von + nach − wechselt. Bei x0 ∈ D wechselt das Vorzeichen von f strikt von − nach + :⇔ ∃ ∈ R+ : ((f (x0 ) = 0) ∧ (∀x ∈ D ∩ (x0 − , x0 ) : f (x) ≤ 0) ∧ (∀x ∈ D ∩ (x0 , x0 − ) : f (x) ≥ 0)) Bei x0 ∈ D wechselt das Vorzeichen von f strikt von + nach − :⇔ ∃ ∈ R+ : ((f (x0 ) = 0) ∧ (∀x ∈ D ∩ (x0 − , x0 ) : f (x) ≥ 0) ∧ (∀x ∈ D ∩ (x0 , x0 − ) : f (x) ≤ 0)) Bei x0 ∈ D wechselt das Vorzeichen von f strikt, genau wenn das Vorzeichen von f bei x0 ∈ D strikt von − nach + wechselt oder das Vorzeichen von f bei x0 ∈ D strikt von + nach − wechselt. – Satz 1 ( globales Maximum ⇒ lokales Maximum“): f hat bei x0 ein globales Maxi” mum ⇒ f hat bei x0 ein lokales (nicht notwendigerweise isoliert) Maximum. Satz 2 ( globales Minimum ⇒ lokales Minimum“): f hat bei x0 ein globales Mini” mum ⇒ f hat bei x0 ein lokales (nicht notwendigerweise isoliert) Minimum. Satz 3 ( einmal stetig differentierbar: Vorzeichenwechsel von f 0 +− ⇔ loka” les Maximum“): Ist für ein x0 ∈ D und ein ∈ R+ eine Einschränkung von f auf D ∩ (x0 − , x0 + ) mindestens einmal stetig differenzierbar dann gilt: macht f 0 bei x0 einen Vorzeichenwechsel von + nach − ⇔ f hat bei x0 ein lokales Maximum. Satz 4 ( einmal stetig differentierbar: Vorzeichenwechsel von f 0 −+ ⇔ loka” les Minimum“): Ist für ein x0 ∈ D und ein ∈ R+ eine Einschränkung von f auf D ∩ (x0 − , x0 + ) mindestens einmal stetig differenzierbar dann gilt: macht f 0 bei x0 einen Vorzeichenwechsel von − nach + ⇔ f hat bei x0 ein lokales Minimum. Satz 5 ( einmal stetig differentierbar: strikter Vorzeichenwechsel von f 0 +− ⇒ ” isoliertes lokales Maximum“): Ist für ein x0 ∈ D und ein ∈ R+ eine Einschränkung von f auf D ∩ (x0 − , x0 + ) mindestens einmal stetig differenzierbar dann gilt: macht f 0 bei x0 einen strikten Vorzeichenwechsel von + nach − ⇒ f hat bei x0 ein isoliertes lokales Maximum. Satz 6 ( einmal stetig differentierbar: strikter Vorzeichenwechsel von f 0 −+ ⇒ ” isoliertes lokales Minimum“): Ist für ein x0 ∈ D und ein ∈ R+ eine Einschränkung von f auf D ∩ (x0 − , x0 + ) mindestens einmal stetig differenzierbar dann gilt: macht f 0 bei x0 einen strikten Vorzeichenwechsel von − nach + ⇒ f hat bei x0 ein isoliertes lokales Minimum. Satz 7 ( einmal stetig differentierbar: f (x0 ) = 0 < f 0 (x0 ) ⇒ strikter Vorzei” chenwechsel −+“): Ist für ein x0 ∈ D und ein ∈ R+ eine Einschränkung von f auf D ∩ (x0 − , x0 + ) mindestens einmal stetig differenzierbar dann gilt: ist f (x0 ) = 0 und f 0 (x0 ) > 0 ⇒ f macht bei x0 einen strikten Vorzeichenwechsel von − nach +. Satz 8 ( einmal stetig differentierbar: f (x0 ) = 0 > f 0 (x0 ) ⇒ strikter Vorzei” chenwechsel +−“): Ist für ein x0 ∈ D und ein ∈ R+ eine Einschränkung von f auf D ∩ (x0 − , x0 + ) mindestens einmal stetig differenzierbar dann gilt: ist f (x0 ) = 0 und f 0 (x0 ) < 0 ⇒ f macht bei x0 einen strikten Vorzeichenwechsel von − nach +. Satz 9 ( stetig und isolierte Nullstelle: Vorzeichenwechsel bei Testpunkten ⇔ ” strikter Vorzeichenwechsel“): Ist für ein x0 ∈ D und ein ∈ R+ eine Einschränkung von f auf D ∩ (x0 − , x0 + ) stetig, dann gilt: Ist x0 die einzige Nullstelle der eingeschränkten Funktion, d.h. ∀x ∈ D ∩ (x0 − , x0 + ) : f (x) = 0 ⇔ x = x0 und ∃x1 ∈ (x0 − , x0 ), x2 ∈ (x0 , x0 + ) : f (x1 ) < 0 < f (x2 ) ⇔ f macht einen strikten Vorzeichenwechsel bei x0 von − nach +. Satz 10 ( stetig und isolierte Nullstelle: Vorzeichenwechsel bei Testpunkten ⇔ ” strikter Vorzeichenwechsel“): Ist für ein x0 ∈ D und ein ∈ R+ eine Einschränkung von f auf D ∩ (x0 − , x0 + ) stetig, dann gilt: Ist x0 die einzige Nullstelle der eingeschränkten Funktion, d.h. ∀x ∈ D ∩ (x0 − , x0 + ) : f (x) = 0 ⇔ x = x0 und ∃x1 ∈ (x0 − , x0 ), x2 ∈ (x0 , x0 + ) : f (x1 ) > 0 > f (x2 ) ⇔ f macht einen strikten Vorzeichenwechsel bei x0 von + nach −. Satz 11 ( strikter Vorzeichenwechsel ⇒ Vorzeichenwechsel“): f macht bei x0 ∈ D ” einen strikten Vorzeichenwechsel von − nach + ⇒ f macht bei x0 ∈ D einen Vorzeichenwechsel von − nach +. Satz 12 ( strikter Vorzeichenwechsel ⇒ Vorzeichenwechsel“): f macht bei x0 ∈ D ” einen strikten Vorzeichenwechsel von + nach − ⇒ f macht bei x0 ∈ D einen Vorzeichenwechsel von + nach −. – Nun zur Anwendung dieser Sätze und Begriffe in einem Beispiel etwa der ersten Aufgabe der Lernkontrolle: Die Berechnung der ersten Ableitung von f ergibt f 0 : R → R, x 7→ x3 (4 − x)e−x , insbesondere ist f einmal stetig ableitbar, also insbesondere f 0 existent und stetig. Die Nullstellenmenge von f 0 ist {(0, 0), (4, 0)}, es handelt sich also um zwei isolierte Nullstellen einer stetigen Funktion. Man betrachte zuerst die Nullstelle bei x0 = 0. Da die Vorraussetzungen von Satz 9 für = 2 erfüllt sind und f 0 (−1) = 5e und f 0 (1) = 3e liegt bei x0 = 0 für f 0 ein strikter Vorzeichenwechsel von − nach + vor. Man sieht nun, dass die Vorraussetzungen von Satz 6 erfüllt sind, also muss bei x0 = 0 ein isoliertes lokales Maximum vorliegen. Ausserdem sind die Terme x4 und e−x in ganz R nicht-negativ. Da f (0) = 0 muss nach Definition sogar ein globales Maximum vorliegen. Nun zu x0 = 4: Berechne zunächst die zweite Ableitung von f : f 00 : R → R, x 7→ x2 (x2 − 8x + 12)e−x . Man sieht dass f 0 also auch mindestens einmal stetig differentier0 bar ist. Es ist f 00 (4) = −64 e4 . Es ist also Satz 8 für f und x0 = 4 mit etwa = 1 anwendbar, 0 also macht f bei x0 = 4 einen strikten Vorzeichenwechsel von + nach −. Nun sind alle Vorraussetzung von Satz 3 für f , x0 = 4 und etwa = 1 erfüllt, also liegt bei x0 = 4 ein isoliertes lokales Maximum vor. 5 für x < −1 (x + 1) Nun ein etwas exotischeres Beispiel: g : R → R, x 7→ 0 für − 1 ≤ x ≤ −1 (x − 1)5 für 1 < x Zuerst einmal mache man sich klar, dass limR3x→−∞ g(x) = −∞ und limR3x→∞ g(x) = ∞. g ist also nach oben und unten unbeschränkt, daher kann es keine globalen Extrema geben. 0 Zunächst sei x0 ein Punkt mit −1 < x0 < 1, und setze := min{ x02+1 , 1−x 2 } > 0, dann ist mit I := (x0 − , x0 + ) ⊂ (−1, 1) die Funktion g auf I konstant 0. Nach Definition von lokalen Extrema (siehe oben), ist x0 also sowohl ein lokales Minimum als auch ein lokales Maximum. Man rechnet nach, dass g einmal stetig differenzierbar ist. Bei x0 = −1 überprüft man direkt, dass f 0 einen Vorzeichenwechsel von + nach − macht, und bei x0 = 1 gilt das gleiche mit umgekehrten Vorzeichen. Also kann man Satz 3 bzw. Satz 4 anwenden und sieht, dass bei x0 = −1 ein lokales Maximum vorliegt und bei x0 = 1 ein lokales Minimum. Bei x0 = −1 kann kein Minimum vorliegen, da für ∈ R+ die Zahl −1 − 2 in (−1 − , −1 + ) liegt und g(−1 − 2 ) < 0, also die Definition von lokalem Maximum nicht erfüllt ist. Analog ist bei x0 = 1 kein lokales Minimum. Nach Satz 3 und Satz 4 müsste jedes Extremum einer stetig differentierbaren Funktion eine verschwindende Ableitung haben. Allerdings verschwindet g 0 genau in [−1, 1], so dass es keine weiteren Extrema geben kann. Ergebnis: In jedem Punkt von [−1, 1) liegt ein lokales Maximum vor und in jedem Punkt von (−1, 1] ein lokales Minimum. • Wendepunkte Die Erläuterungen, insbesondere die Sätze, die in obiger Diskussion zu den Extrema gemacht wurden, treffen auch hier zu. Ansonsten sind die Ausführungen im Skript (Klemke) in den Abschnitten 5.4 schon kompakt genug und den Studierenden nochmals zum Durchlesen nahegelegt. Für die Funktion f der Lernkontrolle gilt am Punkt (0, 0), dass die Funktion sowohl rechts als auch links von diesem Punkt etwa im Intervall (− 23 , 32 ) konvex ist, aber auf beiden Seiten nicht konkav. Denn f 00 hat bei 0 eine isolierte Nullstelle und nach dem Prinzip der Sätze 9 und 10 kann Vorzeichenwechsel durch Auswerten an Testpunkten bestimmt werden. Da f 00 (−1) = 21e > 0 < 5e = f 00 (1) kann kein Vorzeichenwechsel bei 0 vorliegen und nach Skript (Klemke) Satz 5.22 zusammen mit der Isoliertheit von 0 als Nullstelle von f 00 erhält man die obige Aussage über das Krümmungsverhalten. Daher kann nach Skript (Klemke) Def. 5.24 der Punkt (0, 0) kein Wendepunkt sein, wie vielfach von Studierenden geschrieben. Für die Funktion g die oben diskutiert wurde, gilt übrigens, dass für jeden x-Wert aus dem Intervall [−1, 1] ein Wendepunkt vorliegt. Wie gesagt, ein etwas exotisches Beispiel, das aber illustriert, dass bei einer Kurvendiskussion auch kompliziertere Situationen vorkommen können, bei denen in einem gesamten Intervall jeder Punkt sowohl zu einem Maximum, als auch zu einem Minimum, sowie einem Wendepunkt gehören kann. Solche exotischen“ Funktionen wie g werden sicher nicht in der Prüfung dran kommen. Es geht ” bei diesen Erläuterungen darum, dass Sie auch einmal gesehen haben, wo und wie Probleme auftauchen können, um so auch die Standardsituation“ besser einschätzen zu können. ” 2 • Fehlerschranken ohne Taschenrechner Da auf einem der abgegebenen Lernkontrollen ein etwas verwirrter Kommentar Fehlerschran” ken? Wie soll das gehen ohne TR?“ zu lesen war, möchte die Übungsleitung ausdrücklich auf Skript (Klemke) Satz 6.7 und Beispiel 6.8, sowie auf die Übungen Blatt 10, Aufgabe 2 und 4, Blatt 11 Aufgabe 2 und die zugehörigen Lösungen im Netz verweisen. 3 • Uneigentliche Integrale Zugegeben waren uneigentliche Integrale in den Übungen erst recht kurz vor der Lernkontrolle dran, so dass es hier nicht weiter verwunderlich ist, dass es da noch Probleme gibt. Jedoch: Bei uneigentlichen Integralen muss man unbedingt Grenzwerte verwenden, auch wenn es manchmal offensichtlich“ erscheint, wie man ∞ einsetzen muss. Dennoch läuft man auch hier in die ” gleichen Probleme wie sonst auch bei Grenzwerten, wenn man versucht mit −∞ und ∞ zu rechnen, als wären es Zahlen; letzteres sind sie nämlich nicht, es sind nur formale Symbole, die eingeführt wurden, um fünf Zeilen lange, prädikatenlogische Ausdrücke zu vermeiden. Zu Grenzwerten und uneigentlichen Integralen siehe man im Skript (Klemke), 3.4, 3.5 und 7.4, sowie Übungen Blatt 5, 6, 13 und Lernkontrolle 1. • Substitutionsregel Und schließlich noch ein Lob! Dass man bei der Substitutionsregel für Integrale auch die Integrationsgrenzen substituieren muss, war im letzten Jahr teilweise ein großes Problem. Dieses Jahr scheint das gut verstanden worden zu sein, auch wenn es notationell teilweise etwas holprig aufgeschrieben wird. :-)