Aspekte der Behandlung mit Psychopharmaka Peter Lehmann (Hg.) Psychopharmaka absetzen. Erfolgreiches Absetzen von Neuroleptika, Antidepressiva, Lithium, Carbamazepin und Tranquilizern Das weltweit erste Buch zum Thema ›Erfolgreiches Absetzen von Psychopharmaka‹ richtet sich an die Behandelten, die aus eigenem Entschluss die verordneten Psychopharmaka absetzen wollen. Gleichfalls angesprochen sind ihre Angehörigen und Therapeuten. Millionen von Menschen nehmen Psychopharmaka (z.B. Imap, Haldol, Saroten, Tavor, Valium, Zyprexa). Für sie sind detaillierte Erfahrungsberichte, wie diese Substanzen abgesetzt werden können, ohne gleich wieder im Behandlungszimmer des Arztes oder in der Anstalt zu landen, von existentiellem Interesse. In dem Praxisbuch schreiben 32 Betroffene aus Australien, Belgien, Dänemark, Deutschland, England, Jugoslawien, Neuseeland, Österreich, Schweden, Ungarn, der Schweiz, den Niederlanden und den USA über ihre Erfahrungen beim Absetzen. Alle leben jetzt frei von Psychopharmaka. Ergänzend berichten neun Psychiater, Ärzte, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter, Heilpraktiker und andere Professionelle, wie sie ihren Klientinnen und Klienten beim Absetzen helfen. Psychopharmaka absetzen - die Kapitel: Der schwere Entschluss / Absetzen ohne Entzugsprobleme / Stufenweises Absetzen / Absetzen mit Problemen / Gegengewichte / Absetzen mit professioneller Hilfe / Lieber manchmal Psychopharmaka als immer / Professionell unterstützen / Die Zeit danach Psychopharmaka sind extrem umstritten: 1. Viele Patienten stehen sehr skeptisch der Einnahme von Psychopharmaka gegenüber (eigene Handlungskompetenz ist eingeschränkt) 2. Organisationen (z.B.Scientology) machen Kampagnen gegen die Verordnung von Psychopharmaka 3. „Psychopharmaka verändern die Persönlichkeit“ 4. „Psychopharmaka machen süchtig“ 5. Die Nebenwirkungen von vielen Psychopharmaka sind erheblich 6. Statt Therapie Abspeisung mit Psychopharmaka 7. Psychopharmaka dienen der Bereicherung der Herstellerfirmen 8. Psychopharmaka sollen Menschen angepasst machen Psychopharmaka als Wirtschaftsfaktor: Psychostimulantien in Deutschland an 11. Stelle der meistverkauften Psychopharmaka In den USA 4 Psychopharmaka unter den 20 meistverkauften Medikamenten (In Deutschland kein Psychopharmakon unter den Top 20) Deutschland: 2001 Verordnung von Psychopharmaka durch Kassenärzte für insgesamt 1,3 Milliarden Euro 1999 Verordnung von 49 Millionen Schachteln Psychopharmaka durch Kassenärzte (ohne Privatrezepte oder ohne Rezept gekaufte und in Krankenhäusern verabreichte Medikamente!) Top 10 der Psychopharmaka-Verordnungen 1999 in Deutschland Insidon 1,6 Mio Stilnox 1,6 Mio Diazepam 1,3 Mio Adumbran 1,2 Mio Noctamid 1,2 Mio Saroten 1,2 Mio Ximovan 1,2 Mio Tavor 1,1 Mio Aponal 1,0 Mio Jarsin 1,0 Mio ....... Ritalin ca. 0,45 Mio (1998) Top 10 der Psychopharmaka-Kosten 2001 in Deutschland Zyprexa 120 Mio. Euro Risperdal 94 Mio. Euro Remergil 63 Mio. Euro Cipramil 52 Mio. Euro Trevilor 41 Mio. Euro Insidon 35 Mio. Euro Zoloft 34 Mio. Euro Seroxat 33 Mio. Euro Stangyl 26 Mio. Euro Solian 23 Mio. Euro z.B. Psychostimulantien bei Kindern: Mitte der 80er Jahre Definition des Krankheitsbildes „Aufmerksamkeits-Defizit/Hyperaktivitätsstörung (ADS, ADHS) In USA: 1990: < 1 Million Kinder behandlungsbedürftig 2000: > 10 Millionen Kinder behandlungsbedürftig Deutschland: 1990: ca. 1500 Kinder behandlungsbedürftig 2002: ca. 170 000 – 350 000 Theoretisches Modell: genetischer Mangel an Dopaminfreisetzung im Gehirn Abgeleitete Therapie: Methylphenidat (z.B. Ritalin) erhöht die Konzentration von Dopamin an den Synapsen Methylphenidat (Ritalin, Medikinet, ...) 2002: ca. 10 Millionen Kinder nehmen weltweit täglich MPH ein USA: 1994: 4 Millionen Kinder mit MPH behandelt 1998: 8 Millionen Kinder mit MPH behandelt (200 000 Kinder zwischen 2 und 4 Jahre alt) Produktion von Ritalin: 1990: 2,8 Tonnen 1997: 13,5 Tonnen Deutschland: 1995: 0,7 Millionen Ritalin-Tabletten verkauft 1999: 31 Millionen-Ritalin Tabletten verkauft 1993: 1,1 Millionen Tagesdosen = 34 kg 1997: 3,9 Millionen Tagesdosen = 119 kg 2001: 16,4 Millionen Tagesdosen = Ritalin-Verschreibung seit 1990 30-fach angestiegen = Ritalin-Absatz von 1995 bis 1999 40-fach angestiegen Verschreibungsdetails MPH Entwicklung eines Pharmakons Präklinische Phase (ca. 3 Jahre) : Pharmakologische Charakterisierung, Toxizitätsstudien, Anpassung des Herstellungsprozesses, Galenikstudien (diese Phase übersteht nur ein geringer Prozentsatz der Substanzen Klinische Phase (5 – 15 Jahre) : 1. Gesunde Probanden, meist keine doppel-blind Versuche, Verträglichkeitsstudien, Blutuntersuchungen, erster Test an Patienten, Wirkqualität (subjektiv), Vergleich mit herkömmlichen Substanzen (Unterschied innovative vs. nicht-innovative Substanzen), Verhältnis Wirkung/Nebenwirkung 2. Klinisch-therapeutische Versuche, Vergleich mit herkömmlichen Substanzen Geschichte der Psychopharmakologie Psychopharmaka = Psychotrope Substanzen = Substanzen mit Wirkung auf die Psyche, das Seelische (Erleben, Befinden, Verhalten) Geschichte der Psychotropen Substanzen: Rauschdrogen: Wein im alten Testament (Noah) = berauschend Haschisch bei Assyrern (700v.Chr.) Opium im antiken Rom = schmerzstillend Cocablatt bei südamerikanischen Indianern = Beseitigung von Hungergefühl, Erschöpfung, Traurigkeit Peyote-Kaktus bei mexikanischen Indianern Literarische Schilderungen des Opiumgebrauchs im 19. Jahrhundert griechische Antike: Helleboros bei psychischen Erkrankungen (schwarzer Helleboros = Nieswurz, weißer Helleboros = Germer) Mittelalter: alkaloidhaltige Pflanzenextrakte, z.B. Schlafschwamm, Hexentrunk (Stechapfel, Mandragora, Eisenhut, Rauwolfia, Hyoscyamus, Belladonna) Begriffsbildung: 1548: „Psychopharmakon“ hoc est: medicina animae (Reinhardus Lorichius) = Sammlung von Trost- und Sterbegebeten 1883: Über die Einwirkung einiger medikamentöser Stoffe auf die Dauer einfacherpsychischer Vorghänge (Kraepelin) 1892: Über die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel = „Pharmakopsychologie“ z.B. Alkohol, Tee, Chloralhydrat, Äther, Morphin, Paraldehyd (Kraepelin) 1955: „Neuroleptika“ (Delay) 1958: „Psycholeptika“ und „Psychoanaleptika“ (Delay) Überbegriff Psychopharmakologie. Durch psychopharmakologische Forschung Erkenntnisse über die Funktionsweise des Gehirns. Erforschung psychischer Störungen durch Pharmaka (Nebenwirkungen, Sucht, symptomatische Psychoe) in der Pharmakopsychiatrie. Erforschung der Modifizierung normaler psychischer Abläufe in der Pharmakopsychologie. Erste Psychopharmaka: 1803: Isolierung von Morphin aus Opium 1826: Kaliumbromid als Sedativum ab Mitte des 19. Jhdt.: Bromide als Beruhigungs- und Schlafmittel 1869: Chloralhydrat wird als Schlafmittel eingeführt 1903: Barbital als erstes Barbiturat wird synthetisiert 1920: Barbiturat-Schlafkuren durch Klaesi 1938: Einführung des Antiepileptikums Diphenylhydantoin 1949: Entdeckung der antimanischen Wirkung des Lithiums Moderne Psychopharmaka: 1951: Chlorpromazin: zunächst hibernation artificielle, 1951: cocktail lytique: Chlorpromazin (Megaphen) + Promethazin (Atosil) + Pethidin (Dolantin) 1952: Chlorpromazin (Megaphen): Behandlung erregter psychisch Kranker erstes modernes Psychopharmakon Vorgänger der Phenothiazin-Neuroleptika 1954: Reserpin: Behandlung erregter psychisch Kranker 1957: Iproniazid, erster MAO-Hemmer: Tuberkulose-Mittel, das stimulierend wirkt 1957: Imipramin (Tofranil) als Antidepressivum beschrieben erstes trizyklisches Antidepressivum 1958: Haloperidol (Haldol) durch Janssen entdeckt erstes Butyrophenon-Neuroleptikum 1960: Chlordiazepoxid (Librium) eingeführt erstes Benzodiazepin 1963: Diazepam (Valium) Körperliche psychiatrische Behandlungsmethoden vor Einführung der modernen Psychopharmaka: Internierung, Zwangsjacke, Fixierung, Isolierzelle Aderlaß Untertauchen in kaltes Wasser Auslösung von Brechdurchfall Erzeugen pfenniggroßer Verbrennungen Auslösung von eiternden Wunden Fiebertherapie: seit Ende des 19. Jhdt. mittels Injektion von Bakterien oder Schwefelöl Malariatherapie: bei progressiver Paralyse (Spätstadium der Syphilis) Dauerschlaf-Behandlung: seit 1920 durch Medikamente Erzeugung eines Schlafs von 8-10 Tagen Dauer zur Durchbrechung von Erregung und Regression üfr psychotherapeutische Behandlung. Anfälligkeit für Infektionen und Herz-Kreislauf-Komplikationen. Insulinkoma-Therapie: seit 1933 tägliches Erzeugen eines hypoglykämischen Komas durch i.m. Applikation von Altinsulin von bis zu 80-300-500 I.E. Erwecken durch Traubenzuckerzufuhr und später Glukagon-Injektion. Mortalität 0,4%. Körperliche psychiatrische Behandlungsmethoden vor Einführung der modernen Psychopharmaka 2: Chemische Heilkrampf-Behandlung: seit 1935 generalisierter tonisch-klonischer Krampf mit abruptem Bewußtseinsverlust nach Injektion eines krampfauslösenden Mittels. Mortalität 0,3%. Elektrische Heilkrampf-Behandlung: landläufig Elektroschock genannt, heute EKT = Elektrokrampftherapie seit 1937/38, Mortalität 0,07%. Heute in Narkose und Muskelrelaxation, dadurch nahezu gefahrlos. Heute indiziert bei perniziöser Katatonie, therapieresistenter Depression und ungünstig verlaufender Schizophrenie. Nebenwirkungen: Gedächtnisstörungen, Verwirrtheitszustände, Kopfschmerzen klingen im allgemeinen nach Tagen oder wenigen Wochen ab. Früher Frakturen und Luxationen. Stickstoff-Inhalation: seit 1938 zur Behandlung manisch-depressiver Erkrankungen Leukotomie oder Lobotomie: seit 1936 Durchtrennung des Marks beider Stirnlappen zur Besserung schizophrener oder anankastischer Symptome Einteilung der Psychopharmaka Antidepressiva: gegen Depressionen und Verstimmung, zur Antriebssteigerung oder Beruhigung Phasenprophylaxe affektiver Psychosen sowie Behandlung manischer Symptome: zur Behandlung von manischen und manisch-depressiven Verläufen Neuroleptika: zur Behandlung von Psychosen (Schizophrenie), Erregungszuständen und schweren anderen psychiatrischen Krankheitsbildern Tranquilizer: zur Beruhigung und Angstreduktion Hypnotika: Schlafmittel Nootropika: zur Besserung des Hirnstoffwechsels Psychostimulantien: zur Anregung, bei Hyperaktivität Behandlung extrapyramidalmotorischer Störungen: gegen Nebenwirkung von Neuroleptika, gegen Parkinson Antiparkinsonmittel Behandlung von Entzugssyndromen Antiepileptika: gegen verschieden Formen von zerebralen Krampfanfällen Einteilung der Psychopharmaka mit Untergruppen: Antidepressiva TZA = Trizyklische Antidepressiva MAO-Hemmer = Monoaminooxidasehemmer SSRI = Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (neue AD) Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (neuste AD) andere Phasenprophylaxe affektiver Psychosen sowie Behandlung manischer Symptome Lithiumsalze Antikonvulsiva Antidepressiva Neuroleptika Neuroleptika Trizyklische (v.a. Phenothiazine, Tioxanthene) Butyrophenone (z.B. Haloperidol) Diphenylbutylpiperidine Benzamide „atypische“ Neuroleptika (Serotoninrezeptorenblockade) Einteilung der Psychopharmaka mit Untergruppen: Tranquilizer Benzodiazepine Azapirone ß-Rezeptorenblocker Antidepressiva Neuroleptika Hypnotika Benzodiazepinhypnotika Zyklopyrrolone Imidazopyridine Derivate von Alkoholen und Aldehyden Antihistaminika Antidepressiva Neuroleptika Barbiturate Psychostimulantien Amphetaminderivate z.B. Ritalin (BTM-pflichtig) Einteilung der Psychopharmaka mit Untergruppen: Behandlung von Entzugssyndromen Clomethiazol Clonidin Naltrexon Nikotin Antidepressiva Neuroleptika Nootropika Ginkgo biloba Piracetam Nimodipin Co-dergocrin Nicergolin Pyritinol Behandlung extrapyramidalmotorischer Störungen (Antiparkinsonmittel) Dopaminvorstufen (L-Dopa) Dopaminagonisten Amantadin (setzt Dopamin frei) MAO-B-Inhibitoren Anticholinergika z.B. Biperiden (Akineton) Einteilung der Psychopharmaka mit Untergruppen: Antiepileptika Carbamazepin (z.B. Tegretal) Benzodiazepine (z.B. Clonazepam (z.B. Rivotril)) Phenobarbital (seit 1912) (z.B. Luminal) Phenytoin (z.B. Phenhydan, Zentropil) Primidon (z.B. Mylepsinum) Valproinsäure (z.B. Orfiril) Vigabatrin (Sabril) Sultiam (Ospolot) Lamotrigin (Lamictal) ACTH = Adrenocorticotrope Hormon (früher: Bromide (Dibro-Be) - seit Mitte des 19. Jahrhunderts) (Unspezifische) Psychopharmaka bei weiteren Krankheitsbildern: Medikamente zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen Antidepressiva Neuroleptika Benzodiazepine Lithium und Carbamazepin Medikamente zur Behandlung von Panikstörungen und Angsterkrankungen TZI, MAO-Hemmer Beta-Rezeptorenblocker Benzodiazepine Medikamente zur Behandlung von Zwangserkrankungen milde - mäßig starke Neuroleptika Antidepressiva, SSRI Medikamente zur Behandlung von Tic-Störungen Neuroleptika (Tiaprid, Pimozid, Haloperidol, Pipamperon) (Unspezifische) Psychopharmaka bei weiteren Krankheitsbildern: Aggressives Verhalten bei Störung des Sozialverhaltens bei genereller Impulskontrollstörung: Methylphenidat sonst: Pipamperon, Carbamazepin, Propranolol, v.a. bei GB+Aut. Rsiperidon Akute Belastungsreaktionen Erregung: Benzodiazepine verlängerte depressive Reaktion: Imipramin Angstreaktionen: Benzodiazepine, Propranolol Aufmerksamkeitsstörungen Stimulantien Imipramin, Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Hyperkinetische Störungen Stimulantien Pipamperon bei Angst und Depression: Imipramin Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (Antidepressiva) bei Tics: Tiaprid, Imipramin (Unspezifische) Psychopharmaka bei weiteren Krankheitsbildern: Frühkindlicher Autismus Stimulantien Neuroleptika (Pipamperon, Sulpirid, Haloperidol, Risperdal) Enkopresis Imipramin s. Depression und Aggression Enuresis Desmopressin (ADH) evtl. angstlösend, antidepressiv Eßstörungen bei begeleitender Depression: Amitryptilin, Doxepin, SSRI, neueste AD bei begleitenden Zwangsstörungen: SSRI, Clomipramin, Sulpirid Schlafstörungen Fraglich: Chloralhydrat Benzodiazepine, niederpotente Neuroleptika, Diphenhydramin Pavor nocturnus, Schlafwandeln: Imipramin, angstlösend oder antidepressiv (Unspezifische) Psychopharmaka bei weiteren Krankheitsbildern: Selbstverletzendes Verhalten Neuroleptika (Pipamperon, Thioridazin, Sulpirid, atypische) Carbamazepin, SSRI Propranolol Stottern Verapamil (Calciumantagonist) Neuroleptika (Haloperidol, Tiaprid) Vorbereitung auf ärztliche Maßnahmen Angst: Benzodiazepine Unruhe: Chloralhydrat, Promethazin + Levomepromazin, Diazepam Medikamente zur Behandlung von sexuellen Störungen (häufig Folge von Psychopharmaka-Behandlung) Paraphilie: Cyproteronacetat sexuelle Funktionsstörungen: intrakavernöse Injektion von Papaverin oder Prostaglandin E1, Yohimbin, Opiatantagonisten, Viagra Pflanzliche Psychopharmaka (Phytopharmaka mit psychotroper Wirkung): Kava-Kava (Rauschpfeffer): evtl. serotonerge Wirkung bei Angst- und Spannungszuständen, Antriebsarmut, Dysphorie, Konzentrations- und Leistungsschwäche (Antares, Ardedystin, Cefakava, Kavasedon, Kavatino, Kavosporal, Laitan) Nicht in der Schwangerschaft, vor allem in den ersten drei Monaten, nicht in der Stillzeit oder bei endogenen Depressionen! Johanniskraut: evtl. monoaminooxydasehemmend bei depressiver Verstimmung, Angst- und Spannungszuständen, psychovegetativen Störungen Gefahr der Photosensibilisierung bei hellhäutigen Personen (Cesradyston, Esbericum, Hyperforat, Jarsin, Kneipp Johanniskraut, Lophakomp Hypericum, Neuroplant, Psychatrin, Psychotonin, Rephahyval, Turineurin) Pflanzliche Psychopharmaka (Phytopharmaka mit psychotroper Wirkung): Baldrian: bei nervöder Unruhe und Einschlafstörungen (Baldrian-Phyton, Kneipp-Pflanzendragees, Nervipan, Sedalint, Valdispert) Nur Valeriana officinalis, mexikanischer Baldrian evtl. zelltoxisch! Hopfen: bei Schlafstörungen, Nervosität, Erregung (Seda Kneipp) Melissenblätter: leicht dämpfend und damit beruhigend bei nervös bedingten Einschlafstörungen Passionsblumenkraut: Wirkung nicht gesichert bei nervösen Unruhezuständen Pflanzliche Psychopharmaka (Phytopharmaka mit psychotroper Wirkung): Lavendel, indische Narde virginischer Wolfsfuß: beruhigend, affektiv entspannend weitere traditionell angewandte: Zitronenmelisse, Rosmarin, Salbei, Kamille, Pfefferminze, Quendel, Weißdorn, ... Kombinationspräparate: Kava-Kava + Johanniskraut (Hewepsychon) Johanniskraut + Rauwolfiaextrakt (Hyperforat forte) Johanniskraut, Baldrian, Passionsblume, Lerchenspornwurzel, Eschscholzienkraut (Neurapas) Johanniskraut + Baldrian (Sedariston) Baldrian + Hopfen (Ardeysedon, Euvegal, Hovaletten, Ivel, Luvased, Sensinerv) Wirkmechanismen der Psychopharmaka Synapsen Bausteine des Denkens und Fühlens aus neurobiologischer Sicht Barth: Was können Kinder und Jugendliche bewältigen – 23.11.2004 - 32 Angriffspunkte von Medikamenten an der Synapse Wichtige Neurotransmitter Azetylcholin Monoamine: Katecholamine: Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin Indoleamine: Serotonin Aminosäuren Gamma-amino-buttersäure (GABA), hemmend Glutamat, erregend Und viele andere! Wichtige Rezeptoren Dopamin: D2 antipsychotisch Noradrenalin: α1, α2, β1, β 2 alle sedierend, β: depressiv (längere Medikamentengabe verringert β -Rezeptoren) Serotonin: 5HT1 ... 5HT5 Acetylcholin: Nikotin- und Muscarinrezeptoren Glutamat: NMDA exzitatorisch, Lernen, Gedächtnis GABA: GABAA+B inhibitorisch Adenosin: A1+2 inhibitorisch Opioide: verschiedene Rezeptoren Schmerz, Stress, Verhalten Histamin: H1 Blockade ermüdet anxiolytisch, antidepressiv, antiemetisch 5HT2: antipsychotisch?, verringert motorische Nebenwirkungen Lernen und Gedächtnis Dopamin: Wirkung im Mesostriatalen System Geht von Substantia Nigra aus Innerviert Striatum: Nucleus Caudatus, Putamen, Globus Pallidus Degeneration (durch Altern oder Drogen) führt zu Schüttellähmung oder Parkinson‘scher Krankheit Wichtige Rolle für die Motorik! Dopamin: Mesolimbokortikales System Geht vom Mittelhirn aus (A10) Projiziert ins limbische System (Amygdala, Septum, Hippocampus) und in den Kortex Überstimulation führt zur Schizophrenie (Dopaminhypothese) Fünf verschiedene Rezeptortypen: D1 ... D5 Neuroleptika wirken v.a. auf D2 Rezeptor Auswirkungen der verschiedenen Angriffspunkte von Medikamenten Assoziationsbahnen und Transporter Dopamintransporter unter MPH-Therapie vorher unter Therapie Beeinflussung der Proteinsynthese Anwendung von Psychopharmaka Gabe von Psychopharmaka psychodynamische Aspekte biologische Aspekte Beziehungsaspekt der Verabreichung psychotherapeutischer Aspekt pharmakodynamischer Aspekt pharmakokinetischer Aspekt Verabreichung von Medizin ist Beziehungsgeschehen Verordnung v. Medikamenten hat immer auch eine über die pharmakologische Wirkung hinausreichende Bedeutung Wirkmechanismus des Medikaments Stoffwechsel des Pharmakons mit den zugehörigen Einflussfaktoren jede Verabreichung von Medikamenten soll gute Versorgung sein Medikament als konkretistische Hilfeleistung durch den Therapeuten betroffene Neurotransmitter Halbwertszeit bestimmt Serumspiegel und die Verabreichung des Pharmakons Jede Medikamentengabe muss gut vorbereitet sein beim Patienten und im Team ein Medikament führt einen unabhängigen und mächtigen "Dritten" in die ther. Beziehung ein (Antidepressiva: Serotonin, Noradrenalin, ...) Rezeptorprofil (Neuroleptika: klassisch D2, neuere 5HT2, ...) Sensibilisierung des Gehirns für psychotherapeutische Veränderung (z.B. Synapsenlockerung durch Cortison) Stoffwechseleinflüsse bestimmen Serumspiegel und damit Wirkungen und Nebenwirkungen Folgerungen für die Anwendung von Psychopharmaka Psychopharmaka haben nie nur eine ganz spezifische pharmakologische Wirkung. Die individuelle Reaktion auf jedes Medikament muss berücksichtigt werden. Die Wechselwirkungen zwischen Medikamenten muss berücksichtigt werden. Die Verabreichung von Psychopharmaka sollte soweit die Zeit dazu reicht gut vorbereitet werden. Bei ausbleibender oder unerwarteter Wirkung oder starken Nebenwirkungen muss nach Störungen in allen Aspekten der Psychopharmakaverabreichung gesucht werden. Nicht „Psychopharmakotherapie“ sondern „therapieunterstützende Psychopharmakagabe“! Nicht „Psychopharmakotherapie“ sondern „therapieunterstützende Psychopharmakagabe“! Behandlungsphasen und therapeutische Interventionen in der Schizophreniebehandlung VT und Medikament bei ADHS Wichtige Bausteine der Psychosentherapie ¾ Früherkennung von Psychosesymptomen ¾ Möglichst frühzeitiger Therapiebeginn ¾ Beziehung zum psychotisch Erkrankten ¾ Angstreduzierung durch personale Beziehung ¾ Erreichbarkeit eines Ansprechpartners über 24 Stunden ¾ Keine Diskussion über Wahn und Halluzinationen ¾ Klare Struktur ohne schnelle Änderungen ¾ Gute Reintegration in soziale Strukturen (Wohnung, Schule, Arbeit, Freizeitaktivitäten) ¾ Selbsterkennung drohender Rezidive Gängige Therapieverfahren der Psychosentherapie: ¾ Symptomreduzierende Psychopharmaka ¾ Psychoanalytische Einzeltherapie der fehlenden ObjektInternalisierung und der Separationsangst ¾ CBT = Cognitive Behaviour Therapie = Umstrukturierung "verrückter" Denkmuster ¾ Familientherapie, Schulung der Angehörigen ¾ Psychosoziale Reintegration Medikamentöse Behandlung schizophrener Patienten Wirkungen der Neuroleptika: antipsychotisch sedierend = beruhigend (vorübergehend) anxiolytisch = angstreduzierend antiemetisch = gegen Brechreiz schmerzdämpfend Wirkungsverlauf: 1. Woche: Sedierung 2. Woche: extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen 3. Woche: Krankheitseinsicht, emotionaler Ausgleich Starke Neuroleptika: Haldol, Fluanxol, Risperdal, Zyprexa, Leponex Mittelstarke Neuroleptika: Taxilan, Melleril Schwache Neuroleptika, stark sedierend: Neurocil, Truxal Rezeptorprofil von Neuroleptika: (stark vereinfacht) D2 Haloperidol 5HT2 Risperidon Olanzapin Taxilan Clozapin Neurocil Seroquel Solian Vorteile von atypischen Neuroleptika Wirkungen der Antidepressiva: Sedierend Antriebssteigernd Stimmungsaufhellend Wirkungsverlauf: In dieser Reihenfolge Stimmungsaufhellende Wirkung erst nach etwa 10 Tagen (vorher Gefahr der Suicidalität!) Überlappung von Medikamentennebenwirkungen und Krankheitssymptomen Gewichtszunahme durch Neuroleptika nach 10 Wochen Behandlungszeit Nebenwirkungen durch Antidepressiva Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit Vorsicht vor allem im ersten Drittel der Schwangerschaft, sonst Abwägen Psychopharmaka und Fahrtauglichkeit nicht bei Benzodiazepinen, sedierenden Antidepressiva, sedierenden Neuroleptika Es muss immer eine Abwägung erfolgen: bessert das Medikament die durch die Krankheit hervorgehobene Einschränkung der Fahrtüchtigkeit oder schränkt das Medikament selbst die Fahrtüchtigkeit eher mehr ein Suchtgefahr von MPH Suchtgefährdung: Benzodiazepine (Valium, Tavor, …) Methylphenidiat Entzugsphänomene: z.B. NoradrenalinWiederaufnahmehemmer Ursachen für Therapieresistenz Arzneimittelwechselwirkungen 1 Arzneimittelwechselwirkungen 3 Arzneimittelwechselwirkungen 5 Pharmakokinetik und Pharmakodynamik Entwicklungsabhängige biologische Faktoren Entwicklung und Psychopharmakologie Altersabhängigkeit der Plasmaspiegel Plasmaspiegel: Neuroleptikum Plasmaspiegel: Antidepressiva Altersabhängige Halbwertszeit Altersabhängige Nebenwirkungen Bedeutung der CYP450-Enzyme Folgerungen für den biologischen Aspekt der Anwendung von Psychopharmaka • Nicht nur das Rezeptorprofil bestimmt die individuelle Wirksamkeit und Nebenwirkungsrate eines Medikaments • Auch die Pharmakokinetik muß berücksichtigt werden um zufriedenstellende Wirkungen bei möglichst geringer Nebenwirkungsrate zu erreichen • Zur Pharmakokinetik gehört nicht nur die allgemein bekannte Halbwertszeit, sondern es gehören individuelle Besonderheiten des Stoffwechsels dazu • Es muß herausgefunden werden welche Besonderheiten im Stoffwechsel vorkommen • Es muß herausgefunden werden, welche Medikamente von diesen Besonderheiten betroffen sind • Es sollten einfache und sichere Wege zur Identifizierung der betroffenen Patienten gefunden werden Cytochrom P 450 - Enzyme Cytochrom P 450 nXm CY P nXm CYP = Cytochrom P 450 n = Nummer der Genfamilie (30 Genfamilien, davon 3 beim Menschen) X = Subfamilie (alle auf einem Chromosom) m = Gennummer CYP 3A: 30-50% aller Cytochrome CYP 3A3/4: (30%), Abbau von Benzodiazepinen, Carbamazepin, Antiarrhytmika u.a. CYP 2C19: (20%), Abbau von Diazepam, Barbituraten u.a. CYP 2D6: (2%), Abbau von Haloperidol, Risperidon, Morphin u.a. Polymorphismus bekannt für CYP 2D6 und CYP 2C19, selten 2C9/10 CYP 3A3/4 Kein genetischer Polymorphismus Inhibitoren: Substrate: Induktoren: Fluvoxamin Fluoxetin Erythromycin Dexamethason Midazolam Diazepam Clonazepam klass. AD Mirtazapin Terfenadin Cyclosporin Östrogene Diltiazem Amiodaron u.a. Carbamazepin Phenobarbital Phenytoin Rifampicin Erythromycin Ketokonazol Cimetidin Verapamil Dexamethason Valproinsäure u.a. Rauchen u.a. CYP 2D6 Mitochondrial und mikrosomal, v.a. in Leber und Darm, Gen auf langem Arm des Chromosoms 22 mit 4378 bp poor metabolizer (7%) normal/extensive metabolizer ultrarapid metabolizer (1-7%) 2 nichtfunktionierende Allele homozygot oder heterozygot Genamplifikation Inhibitoren: Substrate: Induktoren: Fluoxetin Moclobemid Haloperidol Levomepromazin Methadon Cimetidin u.a. Risperidon viele Neuroleptika klass. Antidepressiva z.T. moderne AD Carbamazepin Betablocker Antiarrhythmika Codein (durch CYP 2D6 aktiviert) u.a. Rauchen Gentypisierung für CYP 2D6 (über Polymerase-Kettenreaktion, DNA aus peripheren Lymphozyten ) wt mut Gesunde VP wt mut wt mut wt mut wt mut Patient M. wt mut wt mut *4-Mutante *4=bp 298 fehlender wt CYP 2D6*4-Mutante CYP 2D6Wildtyp CYP 2D6*4-Mutante 3 VP mit Enzymdefekt 2 gesunde VP 2 VP mit Enzymdefekt Referenzkb-Leiter Pharmakokinetik von Risperidon >99% enterale Absorption 66% Bioverfügbarkeit nach first pass Risperidon 9-OH-Risperidon Cytochrom P 450 2D6 wirksames Medikament wirksamer Metabolit 100% Gesamt-Bioverfügbarkeit oxidative N-Dealkylierung renale Exkretion ⇒ CYP 2D6 - Mangel sollte sich nicht auf die Gesamtmenge Risperidon + 9-OH-Risperidon auswirken. ⇒ CYP 2D6 - Mangel sollte sich nicht auf Wirkungen und Nebenwirkungen auswirken. Schlussfolgerungen Bei der Behandlung mit Psychopharmaka müssen alle psychodynamischen und pharmakologischen Aspekte berücksichtigt werden. Ungenügende Wirkung oder schlechte Verträglichkeit dürfen nicht voreilig auf schlechte „Compliance“ zurückgeführt werden. Moderne Neuroleptika sind nicht für alle Patienten besser verträglich als die klassischen. (Die unspezifischere Wirkung klassischer NL kann therapieunterstützender sein als die spezifischere Symptomunterdrückung der neuen NL.)